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"Kendzierski, sind Sie verrückt geworden? Hören Sie auf, Schimanski zu spielen!"Nach einer gescheiterten Beziehung und von einem ehrgeizigen Jungjuristen als neuem Chef aus seiner Position bei der Polizei in Dortmund vertrieben – so kommt Paul Kendzierski mitten in der Weinlese als neuer Bezirkspolizist zur Verbandsgemeinde-Verwaltung nach Nieder-Olm.Der gebürtige Sauerländer mit der polnischen Großmutter fühlt sich überall fremd: In seinem Büro nicht weniger als in seiner – wie er sie nennt – "gefliesten" Zwei-Zimmer-Wohnung. Kein Wunder also, dass er den grausamen Tod des polnischen Saisonarbeiters Jozef im Essenheimer Weingut Bach zu seinem persönlichen Fall macht – der ihn von Rechts wegen nichts angeht, denn zuständig ist die Mainzer Kripo. Und für die ist es ein bedauerlicher Gärunfall, wie er immer mal wieder bei der Kellerarbeit vorkommt …Der Essenheimer Winzer Andreas Wagner erzählt in seinem ersten Krimi überaus spannend von einem Fall, der neben Paul Kendzierski noch einen zweiten Helden hat: den Wein!
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Seitenzahl: 242
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Herbstblut
Für Nina, Phillip, Hanna, Fabian und Justus.
Die Handlung und alle Personen sind völlig frei erfunden; Ähnlichkeiten wären rein zufällig.
© Leinpfad Verlag
Oktober 2016
Alle Rechte, auch diejenigen der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne die schriftliche Genehmigung des Leinpfad Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlag: kosa-design, Ingelheim
Lektorat: Birgitte Blähr, Ingelheim
Satz: Leinpfad Verlag, Ingelheim
Leinpfad Verlag, Leinpfad 5, 55218 Ingelheim,
Tel. 06132/8369, Fax: 896951
E-Mail: [email protected]
www.leinpfadverlag.com
ISBN 978-3-945782-27-9
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Du gehst nach oben. Die Leiter hoch. Und ziehst den Hebel. Feste. Wie gestern auch. Hast du mich verstanden?“
Zum zweiten Mal schon füllten sie heute die Kelter. Es war Anfang Oktober und die Weinlese war in vollem Gang. Kein schlechter Jahrgang, wie Bach seinen Kunden erzählte. Viel Sonne gab’s übers Jahr und auch mal wieder ausreichend Wasser, jetzt muss es nur noch die nächsten beiden Wochen einigermaßen stabil bleiben, damit sie alles einfahren können. Bisher war die Lese glatt gelaufen. Probleme waren keine aufgetaucht. Die wichtigsten Geräte, vor allem die Kelter und die Kühlung der Weinfässer, hielten. In den kommenden Tagen würden sie in die heiße Phase der diesjährigen Ernte eintreten. Bis dahin mussten die Maischebehälter, in denen die Rotweine vergoren, wieder frei sein. Die frühen Sorten mussten nach einer Woche Platz machen für den Spätburgunder.
Der war Bachs Liebling und nach Meinung der Weinkritiker seine Spezialität. Auch wenn er selbst nicht viel von diesen Leuten hielt, die kostenlose Probeflaschen anforderten und sich dann über seine Weine ereiferten. Die meisten hatten wenig Ahnung und kein wirkliches Interesse an seinen Weinen. Die verkaufen sich selbst und nicht seinen Wein. Eigentlich verachtete er diese Leute und fühlte sich gehemmt, wenn sie auf seinen Hof nach Essenheim kamen. Wenn er nach wenigen Minuten auf ihre Fragen nur noch störrisch mit ja und nein antwortete, so war das genau genommen der Normalzustand. Sie machten dann daraus ohnehin, was sie wollten. „Am Wochenende waren wir bei Karl Bach in Rheinhessen und durften seine neuen Spätburgunder testen. Was dem so sympathisch zurückhaltenden Rheinhessen mit dem neuen Jahrgang gelungen ist, kann wohl nicht hoch genug gelobt werden. Die Spätburgunder waren durchweg von betörender Frucht und Intensität und zeigten, dass wir es mit einem sehr talentierten Rotweinmacher zu tun haben.“
Bach wusste nicht, was er von solchen Dingen halten sollte. Er war zuletzt heilfroh gewesen, als der schwitzende Dicke mit dem Gesicht eines Zwanzigjährigen wieder vom Hof runter war.
„Mensch, worauf wartest du? Mach endlich!“
Noch immer war keine Bewegung in der großen Maischerutsche zu spüren, die von den mächtigen Gärbehältern im darüber liegenden Stockwerk hinunter zur Kelter führte. Für das Befüllen der Kelter mit dem halb vergorenen Saft und den Traubenschalen mussten zwei Sicherungsschrauben am Behälter aufgedreht werden. Danach konnte man das Türchen mit einigem Krafteinsatz langsam nach oben ziehen. Wenn sich etwas verkeilte, konnte das länger dauern und man musste dann zu zweit daran rütteln.
„Soll ich hochkommen oder schaffst du das? Gib doch mal einen Mucks von dir, damit ich weiß, was los ist, Petr!“
Bach wurde langsam ungehalten. Petr musste sich doch direkt über ihm befinden. Zumindest dann, wenn er versuchte, das Maischefass zu öffnen. Warum war denn gar nichts von ihm zu hören?
Um die vergorene Masse aus Saft, Schalen und Kernen nicht unnötigen Belastungen auszusetzen, hatte Bach vor einigen Jahren den Zwischenboden seiner Scheune, in der sich der große Kelterraum befand, verstärken lassen. Massige Stahlträger hatten sie eingezogen, über die gesamte Breite der Scheune und damit eine zweite Ebene geschaffen. Sie ermöglichte es Bach, die riesigen Bottiche, die er für seine Rotweine brauchte, unmittelbar über der Weinpresse zu positionieren. Fünf Edelstahlbehälter standen mittlerweile dort oben. Der größte fasste über zehntausend Liter. Mit leuchtenden Augen hatte er seiner Frau damals diese Neuerung präsentiert. Die Maische konnte jetzt direkt auf die Kelter rutschen und wurde nicht mehr von einer lauten Pumpe malträtiert. „Die alte Pumpe beschädigt mir die Kerne und die machen dann den Wein bitter. Du magst doch auch lieber die weichen Roten.“ Mit dieser Argumentation hatte er sogar seine Frau von der notwendigen Investition überzeugen können. Wenn er sie nicht hätte, dann würde er wahrscheinlich jeden Euro, den er verdiente, in seinen Keller stecken.
„Petr, jetzt mach’ endlich.“ Bach brüllte die Worte heraus. Der Junge machte ihn noch wahnsinnig. „Gib doch endlich mal einen Ton von dir, damit ich weiß, woran es hängt.“
Petr war aus Polen und zum ersten Mal bei der Weinlese im Einsatz. Er war groß und stark und bemüht. Aber eine Verständigung war mit ihm nur schwer möglich. Kaum ein Wort Deutsch konnte er und die Arbeiten waren ihm nach zwei Wochen immer noch nicht so richtig vertraut. „Ich komme hoch und bringe das Stemmeisen mit. Da hängen bestimmt ein paar Kerne dazwischen. Aber warte auf mich, damit wir hier nicht noch alles versauen!“
Langsam kletterte Bach von seiner Kelter herunter und griff nach dem alten Eisenrohr, das an der Wand genau für diesen Zweck bereit stand. Während der Weinlese konnte man nicht noch lange suchen. Mit ein paar Schritten hatte er den Kelterraum durchquert, um über eine alte Holzleiter die darüber liegende Etage mit den fünf Gärbehältern zu erreichen.
„Achtung, kommt“, kam es ihm auf halbem Weg entgegen.
„Mann, warte, bis ich wieder unten bin, sonst läuft die Kelter über!“
Bach sprang, so schnell es ihm seine Gummistiefel ermöglichten, wieder nach unten. Mit ihm kam unten auch der erste Schwung roter Maische in der Kelter an. Bach stellte sich auf den Rand der unter der Kelter stehenden Saftwanne, um besser in die sich füllende Kelter blicken zu können. Er atmete tief durch und nahm den Duft der gärenden Maische in sich auf. Das war der Geruch des Herbstes. Reife Trauben, Gärung. Er liebte diese Zeit, trotz der Hektik und der brutalen Anspannung. Mit einem dumpfen Laut schlug ein schwerer Klumpen auf dem Boden der Kelter auf. Bach konnte eine Hand erkennen, die unter der nachschießenden Dornfelder-Maische verschwand.
„Stopp! Halt an!“, brüllte er. „Scheiße!“
Paul Kendzierski war gerade damit beschäftigt, sein Büro einzuräumen. Es war Freitag kurz vor zehn und er war neu hier. Neu in dieser Stadt, neu in diesem Job. Es war der Erste des Monats und sein Dienst begann heute. Er hätte die Stelle sicher auch erst am Montag antreten können, wenn er das gewollt hätte. Aber er hatte sich vorgenommen, seine neue Heimat über das Wochenende kennen zu lernen. In seiner alten hatte ihn nichts mehr gehalten.
Einrichten konnte man das, was er gerade machte, kaum nennen. In dem kleinen Raum der Verbandsgemeindeverwaltung Nieder-Olm, Blick in den dunklen und verdreckten Hinterhof, fühlte er sich nicht wirklich wohl und hatte daher für sich beschlossen, nichts als das Allernotwendigste aufzustellen. Da der Computer auf dem schräg zum Fenster stehenden Schreibtisch bereits lief und einige gebrauchte leere Ordner schon vor seinem Eintreffen ihren Weg in das Wandregal gefunden hatten, wollte er es eigentlich dabei belassen.
Die mit Schwung aufgestoßene Tür ließ ihn zusammenzucken. Er hatte das Klopfen sicher überhört. So tief war er in seine Gedanken versunken gewesen.
„Lieber Kendzierski, ich darf Sie recht herzlich hier bei uns in Rheinhessen begrüßen. Wir als kleine Verbandsgemeinde, die acht Kommunen betreut, sind natürlich sehr erfreut, dass wir mit Ihnen einen so erfahrenen Mann gewinnen konnten. Auch wenn Ihre neue Aufgabe kaum mit Ihren bisherigen Tätigkeiten vergleichbar sein dürfte, so kann ich mir doch lebhaft vorstellen, dass Sie gerade im Neuen eine echte Herausforderung erkennen können. Lieber Kendzierski, ich darf Ihnen noch einmal, auch im Namen aller Mitarbeiter – wir sind über hundert – ein herzliches Willkommen aussprechen.“ Kurzes Schweigen. Der andere kam noch einen Schritt näher und nickte ihm wohlwollend zu. „Mein lieber Mann, wenn alle Ihre Arbeitsdisziplin hätten. Mein Lob, dass Sie schon heute hier sind. Nutzen Sie das Wochenende. Schauen Sie sich um in unseren Landgemeinden. Es gibt hier so viel zu entdecken. Jedes Dorf hat seinen ganz eigenen Charme. Wir sind sehr stolz auf unsere Heimat.“
Danach herrschte Schweigen. Vor Kendzierski, der mit seinen gut 1,80 nicht wirklich groß war, stand ein knapp zwei Köpfe kleinerer Mittfünfziger und schaute milde lächelnd und erwartungsvoll zu ihm hoch. Er war mit seinem beigefarbenen Anzug richtig ordentlich gekleidet. Die Krawatte leuchtete in hellem Rosa. Kendzierski hätte so etwas nie angezogen. Mit seinen kurzen dunkelblonden Haaren würde er dann sicher wie ein Schweinchen aussehen.
Er liebte seine Jeans. In zwei Farbvarianten: die blauen für Tage wie den heutigen, Schwarz für besondere Anlässe. Den Anzug nur für den äußersten Notfall. Dazu trug er eigentlich immer ein Hemd, das für die notwendige Abwechslung zu sorgen hatte. Heute in dunklem Blau. An kühlen Tagen kam darüber einer seiner zwei dunklen Wollpullover mit V-Ausschnitt. Die hatte er gerne, da sie seinen leichten Bauchansatz fast vollständig verschwinden ließen. An ihm und den ersten lichten Stellen auf seinem Kopf merkte er, dass es nicht mehr weit war bis zur 40. Irgendwann musste er mit seinem Vorsatz brechen, ein sportfreies Leben zu führen, um zumindest das eine Problem im Zaum zu halten. Nur eine rosa Krawatte würde er nie anziehen. Ganz bestimmt nicht. An rosa Krawatten konnte man die Männer erkennen, deren tägliches Aussehen von den Einkäufen ihrer Ehefrauen bestimmt wurde. Eine rosa Krawatte würde kein Mann eigenhändig einkaufen. Da war er sich ganz sicher.
Der, auf den Kendzierski hinunterblickte, schien einer von dieser Gattung zu sein.
Am Klang der Stimme und am Dialekt, den er noch von den vielen Telefonaten in Erinnerung hatte, erkannte er den hauptamtlichen Bürgermeister Ludwig-Otto Erbes. Dieser hatte sich vor ihm aufgebaut und fuchtelnd seine kleine Begrüßungsansprache gehalten. Er war wohl schon länger hier in dieser Verwaltung, in diesem Gebäude, mit ihm ergraut. Das Hochdeutsch schien Erbes einige Mühe zu bereiten. So sprach er wohl sehr selten. Nur mit ihm, dem Neuen hier. Per Telefon hatten sie über seine Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle als Bezirkspolizeibeamter verhandelt und Kendzierski hatte sich danach amüsiert zurückgelehnt und genüsslich versucht, den breiten Dialekt nachzuahmen. Sein damaliger Bürokollege im Dortmunder Stadthaus hatte vor Lachen Tränen in den Augen gehabt, als Kendzierski Erbes spielte. Kendzierskis bester – „Liebä Kendsiäke, mir Roihässe sinn andäsdär“ – hatte es innerhalb kürzester Zeit zum erfolgreichsten Flurwitz der letzten Jahre gebracht.
Darüber hatte Kendzierski zumindest gut lachen können.
Wenn er aber an die Art und Weise dachte, wie sein nicht ganz freiwilliger Wechsel von Dortmund in die rheinhessische Provinz zustande gekommen war, verfinsterte sich seine Miene in Sekundenschnelle. Sein Dortmunder Vorgesetzter, ein junger dynamischer Jurist, wie ihn nur die Verwaltung hervorbrachte, mit Parteibuch und reichlich Ehrgeiz für den Weg nach oben, hatte diesen systematisch vorbereitet. Ihr Verhältnis hatte sich seit dem Amtsantritt des Jungjuristen Schritt für Schritt verschlechtert, bis eines Morgens ein ganzes Bündel Stellenausschreibungen auf seinem Schreibtisch lag. Fein säuberlich hatte da einer für ihn gesammelt. Möglichst weit entfernt. In Bezirken, von denen er noch nie etwas gehört hatte. Seinen Widerstand gab Kendzierski dann schnell auf. „Kendzierski, Sie gehen freiwillig, das weiß ich ganz bestimmt. Ich habe die Rückendeckung des OB für alles Weitere. Aber das wollen wir doch beide nicht.“
So war er nach Rheinhessen gegangen, in eine Stadt, die mit ihren knapp neuntausend Einwohnern kaum mehr Charme auf ihn ausstrahlte als das Nest im Sauerland, aus dem er vor zwanzig Jahren nach Dortmund gekommen war. Nach dem Abitur hatte er dort seine Ausbildung bei der Polizei begonnen und war der Stadt immer treu geblieben. Bis zu seinem 39. Lebensjahr. Naja, in einer Stadt war er jetzt zumindest wieder gelandet. Wenn auch nur in einer Stadt in Miniaturausführung. Kendzierski musste lächeln. Die Größe des Bürgermeisters passte dazu. Alles ist hier eben kleiner.
Unter den erwartungsvollen Blicken von Erbes hatte Kendzierski sich genötigt gefühlt, einige der Dinge, die sich in der braunen Umzugskiste befanden, auf seinen neuen Schreibtisch zu räumen. Er hatte keine Lust, sich mit ihm zu unterhalten und so zu tun, als sei Nieder-Olm schon immer der Traum für seine nächsten zwanzig Arbeitsjahre gewesen.
„Ja, danke.“ Mehr fiel ihm in dieser Situation nicht ein und offensichtlich war auch nicht viel mehr von ihm erwartet worden.
„Kommen Sie doch einfach später noch zu mir. Wenn Sie Ihr neues Büro fertig eingeräumt haben. Wir besprechen dann mit dem Dezernenten genau Ihre Einsatzgebiete. Sie sind für alle acht Kommunen zuständig. Das bringt Ihnen viel Abwechslung.“
Die Tür war zu und Kendzierski konnte durchatmen. Ob es Erbes aufgefallen war, dass er bei den letzten Sätzen nur noch unter äußerster Kraftanstrengung beim Hochdeutsch geblieben war? „Komme Sie doch einfach spädä noch zu miä“, sprach er halblaut vor sich hin und versuchte das hektische Armfuchteln Erbes auch noch zu imitieren. Es war zu verlockend. Diese Sprache, mit ihrer singenden Melodie. Er würde höllisch aufpassen müssen, um dem Bürgermeister nicht irgendwann einmal mit dem lang gezogenen „ä“ zu antworten. „Abber sichä, gärne.“
Er schüttelte den Kopf. Wie unwirklich war doch diese ganze Situation – seine Situation. Von Dortmund nach Nieder-Olm, von der Abteilung Verkehrsangelegenheiten einer Großstadt zur Leitung derselben in einem kleinen Städtchen und den umliegenden Dörfern, vom Kollegen zum Einzelkämpfer. Das war vielleicht der einzige Lichtblick, den man mit sehr viel gutem Willen erahnen konnte. Er würde sein eigener Herr sein, zumindest dann, wenn er draußen unterwegs war, Baustellen besuchte, geänderte Verkehrsführungen überwachte oder falsch parkende Fahrzeuge abschleppen ließ. Das war seine Aufgabe als Bezirksbeamter. Nicht wirklich spannende Aussichten. Aber er hoffte darauf, endlich seine Ruhe zu haben. Er unterstand dem Polizeipräsidenten in Mainz und war zur Verwaltung hier abgeordnet. Aus Mainz kamen seine Anweisungen, Erbes hatte ihm eigentlich nichts zu sagen. Das müsste ihm genügend Freiräume eröffnen.
„Kendzierski, Sie müssen sofort nach Essenheim hoch. Da soll ein Toter sein, im Weingut Bach. Bis die Mainzer Kollegen da sind, passen Sie dort auf, dass keiner etwas anrührt. Die machen den Rest dann schon. Dass die auch mit ihren gärenden Kellern nicht vorsichtig umgehen können! Wir haben hier sonst keinen, der das machen könnte. Es wird bestimmt nicht lange dauern, bis die Mainzer Kripo da ist. Sie können dann sofort wieder weg.“
Erbes stand mit hochrotem Kopf vor ihm. Er schien die zwei Etagen zu ihm heraufgerannt zu sein.
Für die fünf Kilometer nach Essenheim brauchte er knapp zehn Minuten. In dem am Hang klebenden Dorf, das von Weinbergen umschlossen wurde, musste er einmal nachfragen.
Die alte Frau, die er auf der Straße ansprach, beäugte ihn misstrauisch. „Was wollen Sie denn da? Wein kaufen?“ Und als er darauf nichts antwortete, sondern langsam seine Seitenscheibe wieder hoch kurbelte: „Und dafür kommen Sie extra aus Dortmund hierher?“
Wenig später signalisierte ihm ein großes weißes Schild, dass er auf dem richtigen Weg war. Weingut Bach 300 Meter stand in roten geschwungenen Buchstaben darauf, Weinprobe, Weinverkauf.
Die Häuser standen wie Festungen entlang der Straße. Alle Hoftore, die er passierte, waren verschlossen, kein Blick ins Innere war zu erheischen. Er hatte Höfe wie im Sauerland erwartet, von weiten Wiesen, Weiden umgeben. Reihen alter Bäume säumten dort die kleinen Straßen, die zur Hofeinfahrt führten, wiesen den Weg. Aber hier wirkte alles verschlossen, abweisend.
Noch einmal ein Schild: Weingut Bach. Kendzierski bog ab und steuerte seinen Wagen zwischen zwei mächtigen Häusern hindurch. Er gelangte auf einen großen gepflasterten Innenhof. Zahlreiche Gebäude umschlossen ihn. Kendzierski trat fest auf die Bremse. Er fühlte sich gefangen, eingekreist von Mauern, von großen hellgelben Bruchsteinen. Er hatte keine Ahnung, wo er hin musste. Die beiden Häuser, zwischen denen er hindurch gefahren war, sahen eher nach Wohnhäusern aus. An beide schlossen sich rechtwinklig niedrigere Gebäude an. Links und rechts führten sie weiter bis zu einer riesigen Scheune.
Vor dem offenen Scheunentor standen zwei Männer, die ihn schweigend anblickten. Einer der beiden kam auf ihn zu. Er war vielleicht Ende vierzig, Anfang fünfzig, hatte lockiges dunkles Haar. Es stand ungeordnet auf seinem Kopf. An einigen Stellen schimmerte Grau durch. Sein Gesicht war gebräunt. Wie Farbspritzer leuchteten kleine rote Punkte auf seiner Haut. Er trug ein ausgewaschenes graues T-Shirt. Seine dunkle Jeans war dreckig und mit braunen und roten Fle-cken übersät.
„Wollen Sie Wein kaufen?“
„Nein, ich bin der neue Bezirkspolizist, Kendzierski.“
„Ich bin Karl Bach. Sind Sie aus Dortmund?“
„Ja.“
„Zwangsversetzt?“
„Nein, freiwillig und aus Liebe zu der Gegend hier.“
Bach konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen den Weg. Dort hinten in der Kelter liegt er.“
Schweigend führte Bach Kendzierski durch die Scheune in den ganz hinten gelegenen Kelterraum. Mit jedem Schritt wurde es Kendzierski kühler. Die Luft war alkoholisch schwer. Erst langsam gewöhnten sich seine Augen an die dunklere Umgebung. Vor ihm zeichnete sich ein mannshohes Stahlungetüm ab, mit Schläuchen an beiden Enden mit dem Nirgendwo verbunden. Über der Öffnung der Kelter hing ein mächtiges Rohr. Es erinnerte ihn an eine Lüftungsanlage. Viereckig, aus Stahl.
Im Raum standen weitere Geräte und Gegenstände, mit denen er wenig anfangen konnte. Sein fragender Blick bewegte Bach zu keinen weiteren Erklärungen.
„Wo ist der Tote?“
„Der liegt in der Kelter.“
Kendzierski beugte sich vorsichtig in Richtung der Öffnung, konnte aber nicht über den Rand schauen.
„Sie müssen sich auf den Rand der Saftwanne stellen, sonst sehen Sie gar nichts.“
Kendzierski stellte sich vorsichtig auf den schmalen Rand der großen Stahlwanne, die den gesamten Raum unter der Kelter ausfüllte und in die immer wieder einzelne Tropfen fielen.
Vorsichtig näherte er sich der Öffnung. Einen Toten hatte er noch nie aus nächster Nähe gesehen. Diesen müsste er sich eigentlich gar nicht anschauen. Noch blieb Zeit, sich wegzudrehen und auf die Kollegen aus Mainz zu warten, die sich der Sache annehmen sollten. Die dunkle Öffnung der Kelter zog seinen Blick an. Nur einen kurzen Blick, nahm er sich vor.
„Da liegt er drin?“
„Er muss unter der Maische sein. Ich konnte den Behälter nicht so schnell wieder schließen.“
Kendzierskis Blick blieb an dem hängen, was er durch die Öffnung sah. Eine rötlich schimmernde Masse. Ein Ganzes, das sich langsam in seine Einzelteile auflöste. Sein Blick begann rötlich verfärbte Stiele, zerquetschte Beeren, kleine Kerne einzufangen. Warmer Dunst stieg auf. Er versuchte sich gegen den Geruch zu wehren, wollte einatmen, ohne ihn wahrzunehmen. Das gelang ihm nicht. Er spürte Wärme, roch Alkohol, Wein, süßliche Gärung. Er glaubte, in ein geöffnetes Grab zu schauen. Der Sarg war hinabgelassen. Die Trauernden waren gegangen. Langsam wurde frische Erde aufgefüllt. Er spürte den Druck auf seiner Brust, den Druck der Erde, der Stiele, der zerquetschten Beeren und kleinen Kerne.
„Sind Sie der neue Nieder-Olmer?“
Kendzierski drehte sich ruckartig um. Er wäre beinahe vom Rand der Wanne gerutscht. Er blickte gegen das grelle Licht, das durch das geöffnete Scheunentor hereinfiel. Der ruhige Hof hatte sich verändert. Zwei Polizeiwagen standen da. Mehrere Personen kamen auf ihn zu. Langsam zeichneten sich ihre Gesichter vor dem hellen Hintergrund ab.
„Gerd Wolf. Wir sind von der Mainzer Kripo. Willkommen im rheinhessischen Hügelland.“ Mit einem Lächeln streckte er Kendzierski seine Hand entgegen. Wolf strahlte die Ruhe des erfahrenen Kripobeamten aus. Kendzierski schätzte ihn auf mindestens sechzig. Er war groß, wirkte sportlich. „Wir werden zwar wahrscheinlich wenig miteinander zu tun haben, aber kennen lernen wollte ich Sie trotzdem. Hätte nicht gedacht, dass das so schnell möglich ist. Wer von Dortmund freiwillig hierher kommt. Das spricht sich herum. Sogar bis zu uns nach Mainz.“
Wolf schien keine Antwort zu erwarten. Er wandte sich der Kelter zu. „Was ist passiert?“
„Ich habe die Kelter befüllt, von oben, aus dem Gärbehälter. Eine Hand habe ich gesehen, rot. Bevor ich die Tür oben zumachen konnte, war er weg, unter der Maische.“ Bachs Stimme war ganz rau.
„Wer ist der Tote?“
„Keine Ahnung.“
„Keine Ahnung? Das ist Ihr Betrieb hier. Sie haben doch Helfer, Polen. Vermissen Sie jemanden?“
„Nein, wir haben einen Polen, der hat heute seinen freien Tag. Gesehen habe ich ihn noch nicht. Aber das ist meistens so. Der fährt nach Mainz, was weiß ich.“
Wolf schien zu überlegen. „Gehen Sie und schauen Sie nach, wo Ihr polnischer Helfer ist. Halt, einen Moment noch. Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“
„Gestern Abend. Ich glaube, wir waren gegen zehn mit der letzten Kelter fertig. Haben danach zusammen gegessen. Er ist dann in seine Wohnung. Guckt häufig Fernsehen. Das hört man ziemlich laut. Polnisches Programm haben wir hier. Ein paar Polen aus der Nachbarschaft kommen dann meistens noch vorbei.“
„Könnte er danach noch einmal in den Keller gegangen sein?“
„Hoffentlich.“
„Hoffentlich?“
„Ja, er schaut immer noch einmal vor dem Schlafengehen nach dem Rechten.“
Wolfs fragender Blick ließ Bach fortfahren.
„Der Jozef kommt seit über zehn Jahren in die Weinlese. Der ist quasi mein Kellermeister. Er kennt alles, alle Abläufe. Der könnte das Keltern komplett selbst übernehmen. Dem macht das Spaß, hier zu stehen und zu sehen, wie aus den schönen Trauben, die wir dieses Jahr haben, ein guter Jahrgang wird. In der Nacht kontrolliert er immer noch mal, ob die Kühlung für den Weißwein noch läuft und ob bei den Rotweingärbehältern alles in Ordnung ist. Das mache ich auch noch mal, bevor ich ins Bett gehe. Wenn hier etwas schief läuft, ist die Arbeit eines ganzen Jahres hin und das weiß er.“
„Schauen Sie mal nach, ob Sie ihn finden.“
Bach verschwand in Richtung Hof.
„Ich tippe auf Gärunfall. Bietet einer mehr?“
Das Nicken der anderen Polizisten war eindeutig.
„Der wievielte in diesem Jahr?“, hörte Kendzierski einen fragen.
„Es ist mein dritter Fall. Zwei Mal im Gärkeller. Die klassische Variante: Beide wollten nur schnell noch nachschauen, ob die Fässer nicht durch die heftige Gärung überlaufen. Ihre Frauen haben sie dann gefunden. Keine Lüftung im Keller und eine hektische Weinlese. Da denkt keiner mehr an das Kohlendioxid. Schnell ohnmächtig, schnell erstickt, eigentlich ein schöner Tod.“
Wolf drehte sich um. Er suchte Kendzierski, der noch immer neben der Kelter stand. „Solche Todesfälle haben Sie in der Stadt wohl kaum, hab ich Recht?“
Kendzierski nickte. Er fühlte sich nicht wohl in dieser Situation. Die Routine um den Tod. Die geöffnete Kelter, aus der noch immer dampfend der süßliche Geruch der Gärgase aufstieg. Er hatte den Eindruck, dass auch die Kripo nicht so recht wusste, wie es nun weitergehen sollte. Keiner machte Anstalten, sich des Leichnams in der Presse annehmen zu wollen. Stille.
„Wir warten, bis Bach zurück ist. Dann schauen wir, wie wir den Toten da rausbekommen. Ich meine, alles deutet auf einen Unfall hin. Da werden wir wohl einfach die Kelter nach unten drehen können, damit die Maische herausläuft. Was meint ihr?“
Allgemeines Nicken.
„Einer könnte mal nach oben gehen und sich die Öffnung des Maischebehälters anschauen. Ob da alles in Ordnung ist. Vorerst nichts anfassen. Wir müssen erst nach dem Toten sehen. Hat jemand den Arzt gesehen? Der müsste doch auch bald da sein. Der Rest baut hier eine ordentliche Beleuchtung auf, damit wir was sehen können.“
Unter den Blicken Kendzierskis verwandelte sich der dunkle Kelterraum in eine ausgeleuchtete Bühne. Wolfs Kollegen stellten mehrere große Strahler auf, die alles mit gleißendem Licht durchfluteten. Kendzierski konnte mehr und mehr Dinge erkennen, die die Ecken des feuchten Raums ausfüllten. Zahlreiche Behältnisse in den verschiedensten Formen standen schräg hinter der Kelter. Zwei große grüne Bottiche waren ineinandergeschoben. Kleinere Wannen und eine große Zahl blauer Eimer lagen davor. Daneben lehnten an der Wand zwei große Mistgabeln und zwei an langen Holzstielen befestigte löchrige Bretter, die tiefrot eingefärbt waren.
Lautes Schnaufen kündigte Bach an. Der war gerannt. Außer Atem. Schnappte nach Luft. „Der Jozef ist nicht aufzufinden. Ich hoffe, der liegt nicht da drin. Dann kann ich die Weinlese vergessen. Für den finde ich so schnell keinen Ersatz.“
„Herr Bach, können wir die Saftwanne herausziehen und dann die Kelter langsam drehen, um einen Teil der Maische herauslaufen zu lassen?“, wurde er von Wolf unterbrochen.
Der schien – nach einem Blick auf seine Uhr – nun endlich weiterkommen zu wollen. Ein Hauch Ungeduld lag in seiner Stimme. Bach zog vorsichtig die Saftwanne mit der wabernden dunkelroten Flüssigkeit unter der Kelter heraus. Ein Kollege Wolfs half ihm dabei, alles bis hinaus auf den Hof zu schieben. Die beiden anderen Polizisten breiteten eine weiße Plane, die sie aus einem der Wagen geholt hatten, unter der Kelter aus. Wolf und Kendzierski standen als stille Beobachter dabei, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.
„Drehen Sie die Kelter langsam mit der Öffnung nach unten. Sobald die Maische herauszulaufen beginnt, halten Sie an. Vielleicht kommen wir so an den Toten heran.“
Bach ging an den großen Schaltkasten, der sich an der rechten Seite der Kelter befand und klappte eine Kunststoffverkleidung nach oben. Darunter befanden sich leuchtende Knöpfe, Schalter und verschiedene runde Anzeigen. Kend-zierski konnte erkennen, wie Bach einen großen roten Knopf drückte und dann mit einem Hebelschalter die Kelter ruckartig in Bewegung setzte. Langsam setzte sich die rot verfärbte Stahlröhre in Gang. Die klaffende Öffnung drehte sich mit einer gleichmäßigen Bewegung vor Kendzierskis Augen. Einzelne rote Tropfen fielen auf die weiße Plane. Platschend schlug der erste Schwall der roten Masse auf. Rote Flüssigkeit begann nach vorne über den weißen Untergrund zu laufen und weiter über den grauen Betonboden zu ziehen. Lautlos ergoss sich mehr und mehr der Mischung aus Schalen, Kernen und gärendem Saft über den unter der Kelteröffnung heranwachsenden Haufen. Die Presse stand jetzt still. Der Maischestrom ebbte langsam ab. „Ich darf die Herren bitten.“
Wolf bewegte sich in Richtung der Kelteröffnung und zog dabei seine Gummihandschuhe fest.
„Ich brauche Licht hier unten. Betz, holen Sie die große Taschenlampe aus dem Wagen. Metzler, machen Sie mir mit der Schaufel da ein wenig Platz unter der Öffnung. Wir müssen nachher ohnehin die Maische durchschauen. Der Maischehaufen muss da weg. So komme ich unmöglich in die Presse.“
Mit der Lampe in der Hand schob sich Wolf vorsichtig unter die Kelter. „Ich kann hier noch nichts sehen.“
Wolfs Stimme war nur gedämpft zu hören. Mit dem Oberkörper war er fast vollständig in der Öffnung der Stahlröhre verschwunden. Kaum hörbar floss schubweise mehr der roten Masse aus der Kelter hervor. „Hier ist noch viel zu viel Maische drin. Wenn ich die weiter herausschaufeln muss, dann bin ich bald betrunken.“ Wolfs Stimme war nun wieder klar zu vernehmen. Er schaute unter der Kelter hervor, rote Spritzer in seinem Gesicht.
„Bach, wir müssen da noch ein klein wenig weiterdrehen. Nur ein kleines Stück.“
Nachdem Wolf langsam unter der Kelter hervorgekrochen war und sich neben Kendzierski aufgerichtet hatte, setzte Bach die Kelter mit einem leichten Ruck in Bewegung, um sie sofort wieder anzuhalten. Mit einem Schwung floss ein ganzer Strom roter Maische unter der Kelter hervor. Ein zerdrückter und dunkelrot verfärbter Hausschuh schwamm obenauf. Unter der weiterfließenden Maische konnte Kendzierski einen bläulich roten Fuß erkennen. Die nackten Zehen ragten aus dem Strom hervor.
Wolf zog den Körper unter der Kelter heraus. Der Mann war fast nackt. Ein zerfetztes Unterhemd und die Reste einer Jogginghose hingen an ihm. Seine Haut war bläulich-violett verfärbt, sein Körper mit dunklen Flecken übersät. Blutergüsse groß wie Handteller. An mehreren Stellen hatte seine Haut Risse. Der Brustkorb war tief eingedrückt. Dort, wo Kendzierski die rechte Hand erwartete, war nur ein Stumpf zu sehen.
Im gleichen Moment wie Kendzierski wandte sich auch Bach von dem Toten ab. Ihre Blicke trafen sich. Kendzierski sah im Gesicht des Winzers Schrecken und Verzweiflung.
Schweigend verließen beide das Kelterhaus. Heraus an die frische Luft. Kendzierski spürte, dass es aus seinem Magen nach oben drängte. Er schluckte und stemmte sich dagegen. Er folgte Bach über den großen leeren Hof. Vor dem linken Wohnhaus stand unter einer alten Linde ein großer runder Tisch. Kendzierski musste sich setzen. Bach verschwand wortlos im Haus und kam nach einiger Zeit mit zwei Gläsern und einer Flasche Schnaps wieder. „Trinken Sie. Das hilft. Das ist ein Hefebrand.“ Bach goss beide Gläser voll und nahm einen großen Schluck. Schweigend saßen sie sich gegenüber. Die alte Holztür des Wohnhauses stand einen Spalt offen. Kendzierski konnte wenig erkennen. Sein Blick wanderte über die hellen Steinblöcke der Hauswand und blieb an einem großen Fenster hängen. Das Laub der Linde spiegelte sich in der Scheibe. Die Küche schien dahinter zu sein. Die sich bewegenden Blätter des Baumes ließen ihn die hellen Fronten der Schränke nur erahnen. Stand da jemand? Kendzierski erkannte deutlich ein Gesicht. Die schulterlangen dunklen Haare einer Frau. Glatte helle Haut. Sie hatte schmale Lippen, zarte Züge. Ihre Augen starrten in Richtung Scheune. Tränen rannen über ihre Wangen. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, dann war sie aus seinem Blickfeld verschwunden. Kendzierski nahm das schnaufende Atmen Bachs war.