Herzwärmer - Claudia Neudörfer - E-Book

Herzwärmer E-Book

Claudia Neudörfer

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Beschreibung

Das Leben ist vielseitig, voller Emotionen, und nie beständig. Es sind dabei vor allem die kleinen Dinge und die alltäglichen Situationen, die uns aufzeigen, wie bunt und besonders jeder Tag ist. Neben amüsanten, nachdenklichen und nervenaufreibenden Situationen gibt es auch die Momente, die uns vor Trauer erstarren lassen. Die Kurzgeschichten dieses Buches sind abwechslungsreich wie das Leben selbst und dabei vor allem eines: herzerwärmend.

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Seitenzahl: 63

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Texte von Claudia Neudörfer Fotos von Alfred und Claudia Neudörfer Cover Gestaltung von Isabella Chaib und Eddie Krieger

Inhaltsverzeichnis

Das ist jetzt so Mode!

Der 60. Geburtstag

Der Apfel

Nanni

Komm, wir gehen zum Tierarzt!

Das Paket

Kinder sind was Tolles?!

Zerrissene Erinnerung

Wo wollten wir noch mal hin?

Das Gift der Blüte

Dominik

Die gute Tat

Ferdinand der Weihnachtsbaum

Die Christbaumspitze

Der Weihnachtstraum

Foto: Alfred Neudörfer

Das ist jetzt so Mode!

Frauen gehen gerne einkaufen! Ein Vorurteil, das man sich als Frau öfters anhören muss. Bei mir sieht das anders aus – ich hasse einkaufen! Besonders die Suche nach einem geeigneten Outfit für den ersten Besuch bei meiner Schwiegermutter in spe stellte mich vor eine große Herausforderung.

Dieses Outfit sollte meine Vorzüge (welche waren das doch gleich?) betonen, aber auch nicht zu auffällig sein.

In den ersten Läden stieß ich nur auf Garderobe für Teenager und Size-Zero-Models und das bin ich beim besten Willen beides nicht – weshalb ich diese rückwärts wieder verließ.

Ich erinnerte mich dabei an eine Begebenheit in einem Kleidungsgeschäft, das ich vor ein paar Jahren zusammen mit meiner Mutter betrat. Wir schlenderten durch die Reihen mit Kleidungsständern, während uns der Verkäufer auffällig musterte. Schließlich trat er an uns heran und sagte: „Sie sind zu alt und Sie sind zu fett, ich kann Ihnen leider nichts anbieten.“ Ich war sprachlos. Ganz offensichtlich waren wir nicht das richtige Publikum für seinen Laden.

„Na danke fürs Gespräch, eigentlich wollten wir etwas für meinen Mann kaufen, aber das hat sich ja jetzt erledigt“, stieß meine Mutter hervor.

So wurde ich unsanft darauf hingewiesen, es vielleicht lieber mit „großen Größen“ zu versuchen.

Endlich fand ich einen Laden, in dem es auch für mich etwas zu geben schien, und ich lief suchend durch die Gänge. Ich fragte mich, warum die Marken der großen Größen eigentlich immer so beleidigende Namen haben müssen. „Grandiosa“, „BIG Fashion“, „Rubens Collection“? Dann könnten sie doch gleich „Elefantenzeltverleih“, „Happy Hippo“ oder „Hella von Sinnen Kollektion“ heißen, dann hätten die molligen Damen in ihrem Elend wenigstens etwas zu lachen.

Schließlich hatte ich einen „neutralen“ Klamottenständer gefunden und machte mich daran, ihn nach etwas Geeignetem zu durchforsten. Im Eilschritt kam eine junge Verkäuferin auf mich zu. Ich überlegte gerade noch, ob ich unter dem Verkaufsständer abtauchen und so tun sollte, als ob ich einen Ohrring verloren hätte, da stand sie schon vor mir. Schlank wie eine Gazelle, top gestylt, gezupfte Augenbrauen, perfekter Lidstrich.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie übertrieben freundlich und mit einem strahlendweißen Zahnpastalächeln.

Leider musste ich einsehen, dass ein bisschen Hilfe wohl nicht verkehrt wäre und antwortete: „Ich suche ein Outfit, um mich bei meiner Schwiegermutter in spe vorzustellen.“

Die junge Dame nickte und steuerte einen Kleiderständer mit der Aufschrift „Dralle Dörte“ an. Dabei hatte ich mir doch geschworen, dass ich nichts von diesen unhöflichen Ständern kaufen würde! Aber was blieb mir anderes übrig. Ergeben wackelte ich der Bohnenstange hinterher und schaute zu, wie sie ein schwarzes Kleid herauszog. Es schien mir, als würde es ihr Mühe bereiten, das breite Kleid zu halten, und sie suchte mit den Augen nach einer Kollegin, die ihr beim „Ausklappen“ des Stoffes helfen könnte. „Schwarz?“, fragte ich. „Ich gehe doch nicht zu einer Beerdigung.“

„Bei Ihren weiblichen Rundungen wäre diese Farbe sehr ansprechend“, gab sie zurück. Das sagte sie, was sie aber meinte war: „Sie sind einfach zu fett, Schwarz ist die einzige Farbe, die Sie überhaupt tragen können, machen Sie sich da keine Illusionen.“

Also lächelte ich nur freundlich und die Verkäuferin hängte das Kleid in die Kabine.

Sie schien es als ihre Mission und auch Herausforderung anzusehen, mir ein bisschen etwas über Mode beizubringen.

Ich ging in die Kabine, stülpte das Kleid über meinen Kopf und machte mir dabei Gedanken, wie ich je wieder herauskommen sollte. Ich hielt die Luft an und bekam das Kleid tatsächlich zu. Als ich mich im Spiegel betrachtete, fiel wieder einmal auf, wie grausam diese Spiegel in den Kabinen waren. Bevor ich den Anblick verdaut hatte, riss die Verkäuferin den Vorhang auf und überhäufte mich mit Komplimenten.

„Das ist genau das richtige Kleid für Sie, das wird Ihrer Schwiegermutter bestimmt gefallen.“

Ich stellte mir vor, wie ich in diesem Aufzug vor meiner Schwiegermutter stand und ihr lächelnd die Hand reichte: „Gestatten, Rollmops – ich möchte Ihren Sohn heiraten!“ „Meinen Sie nicht, dass das Kleid etwas zu eng sitzt?“, fragte ich.

„Nein, nein, das trägt man so. Das ist jetzt so Mode!“, antwortete sie überzeugt.

Ich schluckte und verschwand wieder in der Kabine. Langsam zog ich mich wieder aus, ganz vorsichtig, um das Kleid nicht zu zerreißen.

Nachdem ich mich wieder angezogen hatte, hörte ich, wie die Verkäuferin von einem anderen Kunden angesprochen wurde und ihren Wachplatz vor meiner Kabine verließ. So schnell mich meine Füße trugen, eilte ich an den Kassen vorbei aus dem Geschäft hinaus. Das Kleid ließ ich in der Kabine zurück. Spontan beschloss ich, zu dem Treffen mit der Schwiegermama meine alte blaue Strickjacke und meine Lieblingsjeanshose anzuziehen.

„Wenn sie mich nicht mag wie ich bin, dann soll sie es halt lassen“, dachte ich trotzig und klopfte am nächsten Tag mit einem Blumenstrauß in der Hand an die Haustür meiner Schwiegermutter. Sie öffnete und reichte mir lächelnd die Hand.

„Schöne Strickjacke!“, sagte sie. „Ich hab die gleiche in Grün.“

Foto: Claudia Neudörfer

Der 60. Geburtstag

„Manchmal treibst du mich wirklich in den Wahnsinn!“ Hilde schnaubte verächtlich und warf einen kapitulierenden Blick auf ihren Mann.

„Ich habe keine Ahnung, was du meinst!“, gab ihr Göttergatte Manfred zurück und starrte in seine Zeitung. Hilde konnte hinter der Zeitung nur die schüttere Haarpracht ihres Mannes hervorlugen sehen. Wobei auch sein kleines Wohlstandsbäuchlein etwas hervorstand.

„Natürlich nicht, du merkst ja nie was!“ Der zuckte einfach nur mit den Schultern und machte keine Anstalten aufzusehen.

„In Wirklichkeit ist es dir einfach egal, denn bis jetzt hat sich immer jemand anderes darum gekümmert!“, rief Hilde trotzig.

„Ja, genau.“ Er ließ die Zeitung sinken und ein spitzbübisches Lächeln kam zum Vorschein.

„Genau, nämlich ich!“ Hildes Stimme überschlug sich fast vor Wut. Sie kniff die Augenbrauen zusammen.

„Wenn du meinst, dass es dir hilft, die Planung deines 60. Geburtstages auf die lange Bank zu schieben, dann irrst du dich. Und du wirst trotzdem 60, ob du nun feierst oder nicht!“ Hilde ließ sich auf einen Stuhl fallen, um sich von ihrer Schimpftirade zu erholen.

„Du hast ja nicht mal einen Saal bestellt oder Einladungen an die Familie verschickt.“

„Ach, immer diese bucklige Verwandtschaft! Ich dachte, wir könnten mal alleine feiern!“ Er rieb sich seinen weit nach hinten gerutschten Haaransatz und warf seiner Frau einen entschuldigenden Blick zu.

„Das ist nicht dein Ernst, Manfred!“

„Wir könnten doch eine Kreuzfahrt buchen. Nur du und ich … ohne die bu… äh, Verwandtschaft.“ Manfred wagte es kaum, seiner Frau in die Augen zu sehen. Ihre Blicke durchstachen ihn wie Tausende von Nadeln.

„Das kann man bei einem 60. Geburtstag nicht machen, die Familie erwartet ein Fest! Die freuen sich doch bestimmt schon alle, dass sie dich reich beschenken dürfen.“

Hilde versuchte mit einem kleinen Lächeln die Stimmung zu heben.

„Du meinst, sie freuen sich darauf, auf meine Kosten umsonst essen und trinken zu können bis zum Umfallen!“

„Manfred!“ Sie knallte so heftig ihre Hand auf den Tisch, dass er zusammenzuckte.