Hexe und Druide - W. K. Giesa - E-Book

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W. K. Giesa

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Beschreibung

Hexe und Druide von W.K. Giesa Unheimliche Begegnungen mit den Mächten des Bösen, finstere Geschöpfe des Todes, die die Lebenden mit ihren namenlosen Schrecken heimsuchen und Dämonen, die durch einen unbedachten Gedanken gerufen wurden oder einem Ort anhaften wie ein böser Fluch - darum geht es in den Romanen von WERNER KURT GIESA.

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Hexe und Druide

W. K. Giesa

Published by Casssiopeia-XXX-press, 2017.

Hexe und Druide

von W.K. Giesa

Unheimliche Begegnungen mit den Mächten des Bösen, finstere Geschöpfe des Todes, die die Lebenden mit ihren namenlosen Schrecken heimsuchen und Dämonen, die durch einen unbedachten Gedanken gerufen wurden oder einem Ort anhaften wie ein böser Fluch – darum geht es in den Romanen von WERNER KURT GIESA.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

© by Author

© Lebenswerk Werner Kurt Giesa durch Jörg Munsonius und Alfred Bekker

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Inhaltsverzeichnis

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Hexe und Druide

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About the Publisher

Mister William Peabody, Butler bei Lord MacGavery, hatte Feierabend.

Schwungvoll warf er sich in den bequemen Sessel, köpfte seine abendliche Flasche Ale und ließ die goldgelbe Flüssigkeit im Glas aufschäumen. Wenn Peabody Feierabend hatte, erinnerte an ihm nichts mehr an einen würdigen Butler. Dann wurde er Mensch.

Lord MacGavery hatte sich verabschiedet und würde nicht vor zwei Tagen zurückkehren. Geschäftsreise. Deshalb konnte es Peabody sich schon mal erlauben, sich in den hochherrschaftlichen Sessel zu werfen und den ebenso hochherrschaftlichen Fernseher zu missbrauchen. Selbst leistete sich Peabody, Endfünfziger mit Bierbauch und Halbglatze, aber in seiner Livree dennoch ein Ausbund an unauffälliger Eleganz, keinen TV-Empfänger. Aber wenn sein Lord gerade mal unterwegs war, schaltete er schon mal das Ding ein. Per Fernbedienung war das vom ledergepolsterten Sessel, in dem der Lord normalerweise seinen philosophischen Gedanken nachhing, ein Kinderspiel.

Gleich musste Fredy Canvass’ Talkshow beginnen wie jede Woche an diesem Tag um diese Zeit. Zweimal hatte Peabody die Sendung bereits erleben können und war begeistert von der Art, in der Canvass mit seinen Gästen umging. Deshalb freute er sich schon auf diese Sendung.

Der Vorspann wurde eingeblendet, und dann erschien das dezent lächelnde Gesicht von Fredy Canvass auf der Scheibe.

Im gleichen Moment setzte William Peabodys Herz aus.

Und das Ale im Glas wurde schal...

»Nein«, murmelte Constabler Urran im Halbschlaf. »Ich träume nur, dass das Telefon klingelt. Es klingelt überhaupt nicht.« Er blinzelte einmal kurz, sah auf die Uhr und erfasste irgendwie in seinem Dahindämmern, dass es kurz nach 23 Uhr war. Dann schloss er das halbgeöffnete Auge wieder und wälzte sich herum.

Doch das Klingeln riss nicht ab.

Mit einem Ruck richtete Urran sich im Bett auf. Der Tag war haarsträubend gewesen; die Nacht davor war er auch auf den Beinen gewesen, weil irgend ein Vollidiot nachts den Vampir spielen musste, um ängstlichen Leuten Furcht einzujagen. Urran hatte der Anzeige nachgehen müssen und sich die Nacht um die Ohren geschlagen, um schließlich feststellen zu müssen, dass der vermeintliche Vampir der siebzehnjährige Sohn des Bürgermeisters war, der seinen nächtlichen Umtrieben frönte. Kein Wunder, dass er morgens meistens den Wecker überhörte und zu spät bei seinem Brötchengeber erschien.

Urran hatte sich deshalb ausnahmsweise einmal früher niedergelegt, in der trügerischen Hoffnung, den versäumten Schlaf nachholen zu können. Diesem Vorhaben stand das Telefon entgegen, dessen Erfinder Pete Urran in den tiefsten, dunkelsten und heißesten Winkel der Hölle verwünschte.

Das verdammte Ding stand auch noch drei Meter vom Bett entfernt, so dass er auf jeden Fall aufstehen musste. Wütend schwang er sich aus den Federn, rieb sich den Schlaf aus den Augen und taumelte mehr als er ging zum Apparat. »Vampirschutzbund Glasgow Town, Vorzimmer Doktor Frankenstein«, murmelte er in die Sprechmuschel des Hörers.

»Ihre dummen Ausreden nützen Ihnen gar nichts«, säuselte eine bekannte Stimme aus dem winzigen Lautsprecherteil. »Kommen Sie so schnell wie möglich zum Castle raus, und lassen Sie den Ärger zu Hause, mich hat man nämlich nicht nur aus dem Schlaf, sondern aus einer viel wichtigeren Beschäftigung gerissen! Ich bin auch da!«

»Rumms«, murmelte Pete Urran, obwohl es nirgendwo laut geworden war. Mit sanftem Klicken nur war die Telefonphase unterbrochen worden, weil der andere Gesprächspartner aufgelegt hatte.

»Es ist nicht zu fassen«, flüsterte Pete Urran verbittert. »Ich kündige. Ich suche mir einen anderen Job. Zum Teufel!, warum muss es immer mich treffen und nicht ein einziges Mal Cavendish, diesen Super-Faulenzer?«

Cavendish war sein Kollege und hatte sich dadurch einen Namen gemacht, dass er es immer wieder schaffte, jede Menge Überstunden aufzuweisen, obwohl er in wirklich pro Woche mindestens zehn Minusstunden machte. Trotzdem war der Rechnungshof immer noch nicht dahinter gekommen, dass Constabler Cavendish hier mit faulen Tricks arbeitete. Auch Chief Constabler Ty Thomassen konnte Cavendish nicht einmal eine Fehlstunde nachweisen.

Dafür war Pete Urran grundsätzlich immer derjenige, auf den Thomassens Auge fiel, wenn es darum ging, Sondereinsätze durchzuführen. Urran wünschte seinen Chef zum Teufel wie kurz zuvor das Telefon und kleidete sich wieder dienstmäßig an. Dann verließ er sein Häuschen, kletterte in den Morris und schaffte es beim vierten Versuch, den Motor in Gang zu setzen. Mit rostzerfressenem und deshalb verboten laut dröhnendem Auspuff knatterte er gen Norden. Jeder andere Autofahrer hätte sich eine Anzeige eingefangen, aber Urran war ja selbst die Polizei. Momentan fehlten ihm Geld und Zeit, einen neuen Auspuff-Schalldämpfer zu montieren, obgleich ihm der Krach selbst nicht gefiel.

Urran knatterte zum Castle hoch. Das einige hundert Jahre alte Schloss, mehr einer Trutzburg gleichend denn einem bewohnbaren Gebäude, befand sich auf der höchsten Erhebung der Bergkette der Monadhlian Mountains. Urran wusste nicht mehr, als dass dort der MacGavery-Clan ansässig war, der zurzeit aus dem Lord, seinem Sohn und dessen Frau bestand. Mit den MacGaverys hatte es nie Ärger gegeben. Was zum Teufel war geschehen, dass Thomassen ihn mitten in der Nacht dorthin bestellte?

Der altersschwache Morris quälte sich den Berg hinauf und rumpelte schließlich über die Zugbrücke in den Burghof. Urran stoppte und stieg aus.

Gavery-Castle war hell erleuchtet. Der Dienstwagen der Police-Station von Moy stand mit flackerndem Blaulicht mitten im Hof; offenbar war vergessen worden, die Festbeleuchtung des Wagens abzuschalten. Daneben erkannte Urran den chromblitzenden Chrysler Cavendishs.

Erstaunt hob Urran die Brauen. Cavendish machte ebenfalls einen Nacht-Sondereinsatz mit? Das musste rot im Kalender vermerkt werden, beschloss er. Aber wenn alle drei Beamten der kleinen Station sich hier versammelt hatten, war wirklich etwas los.

Der Haupteingang des großen Gebäudes stand weit offen. Ohne zu zögern trat Urran ein und sah sich um. Auf Gavery-Castle befand er sich zum ersten Mal und stolperte fast über die Ritterrüstungen, die jemand in heroischen Posen knapp hinter der Tür aufgestellt hatte. »Huch«, murmelte Urran. Ihm fehlte jetzt nur noch, dass die Dinger lebendig wurden, aber seines Wissens gehörte das Castle nicht zu den Spukschlössern.

Irgendwo tönten Stimmen. Urran ging dem Geräusch nach und fand Thomassen und Cavendish in einem großzügigen Raum, in dem ein Fernsehgerät das Testbild zeigte. Im Sessel davor lag ein Toter, neben dem ein Glas Bier stand.

»Hello, Pete«, murmelte Ty Thomassen, der Chief Constabler, als Urran eintrat. »Konnten Sie nicht schneller kommen?«

Urran schüttelte nur den Kopf. Er trat hinter den Toten im Ledersessel. »Wer?«

»Der Butler«, sagte Cavendish ölig. »Die Wirtschafterin entdeckte ihn, als sie im Clubraum den Fernseher dröhnen hörte und zu später Stunde noch nachforschen wollte, wer in Abwesenheit des Lords die Frechheit besitzt, den Kasten einzuschalten. Tja, und da fand sie ihn.«

»Der Butler«, echote Urran. »Woran ist er gestorben?«

»Das weiß keiner von uns«, ergriff Thomassen das Wort. »Wir warten noch auf den Arzt.«

»Und – was soll ich hier?«, fragte Pete Urran knurrend. »Wie ich sehe, haben Sie und Cavendish die Situation doch voll im Griff.«

»Dies ist nicht der einzige Fall«, erklärte Thomassen ruhig. »Wir haben schon zwei weitere Anrufe bekommen, gehen aber nach Wichtigkeit vor. Und Gavery-Castle ist hier in der Gegend wohl das Wichtigste. Wir wollen sehen, wie wir uns von hier aus verteilen.«

»Wie viele?«, fragte Urran tonlos. Er bereitete sich bereits darauf vor, auch diese Nacht in den Wind zu schreiben.

»Drei«, hielt ihm Thomassen entgegen. »Das bedeutet, dass Cavendish und Sie von hier aus einzeln zu den beiden anderen Fällen fahren werden. Hoffentlich kommt der Doc bald.«

Er kam.

Er untersuchte den Mann, der einmal Lord MacGaverys Butler gewesen war. Mit erstauntem Gesichtsausdruck richtete er sich schließlich auf.

»Gentlemen, dass der Mann tot ist, kann ich Ihnen gern bescheinigen, nicht aber, woran er gestorben ist!«

Thomassen sah Doc Winters scharf an. »Ich dachte, Sie wären Mediziner? Oder sind Sie zur Zeit so überlastet wie wir?«

»Bitte, sie können gern einen Kollegen hinzuziehen«, erwiderte Winters spitz. »Nur wird der auch nichts anderes feststellen als ich. Es gibt im Grunde keine Todesursache. Theoretisch müsste der Mann noch am Leben sein.«

Cavendish tippte sich im Hintergrund respektlos an die Stirn. Nur Urran bemerkte es und warf seinem Kollegen einen giftigen Blick zu.

»Können Sie wenigstens sagen, wann der Tod eingetreten ist?«, wollte Thomassen wissen.

»Gegen 21 Uhr«, murmelte der Arzt. »Plusminus zehn Minuten, möchte ich schätzen.«

Urran sah auf den noch immer laufenden Fernseher, der nur noch das Testbild zeigte. Das Programm war auf diesem Sender für heute beendet.

»Wurde um 21 Uhr nicht die Canvass-Talkshow gezeigt?«, fragte er.

»Und? Dass Fernsehen gesundheitsschädlich ist, wissen wir seit langem, nur gestorben ist daran bisher noch keiner«, warf Cavendish ein.

Urran schüttelte den Kopf. »Sie sind ein Narr, lieber Kollege«, murmelte er. »Sir, wohin darf ich jetzt fahren? Es wäre vielleicht interessant, die Daten über die Todesfälle unabhängig voneinander zu sammeln, um hinterher vorurteilsfrei vergleichen zu können...«

Thomassen nannte ihm die Adresse. Achselzuckend wandte sich Urran um und stiefelte hinaus. Draußen wartete sein Morris auf ihn.

Sein Bett wartete zu Hause auch, aber der Dienst war wichtiger.

Urran ahnte nicht einmal, dass er sich auf einer heißen Spur befand!

***

RAMONA BREVERSTON GEHÖRTE nicht zu dem Typ Mensch, der sich hinter einem Schreibtisch wohl fühlt und mit innigem Behagen dahinter vertrocknet. Mit ihren 21 Jahren war sie überraschend zur Leiterin des weltweiten Breverston-Konzerns geworden und damit ins kalte Wasser geworfen worden. Ebenso überraschend war sie mit den ersten Einstiegsschwierigkeiten fertig geworden, bei denen sie ihr Generalbevollmächtigter, Mike McCall, tatkräftig unterstützte. Dennoch ließ es sich nicht vermeiden, dass Ramona selbst häufig ihrem Schreibtisch in der Konzernzentrale in der Breverston’s Road in London einen Besuch abstattete.

Für ein paar Tage hatte sie sich wieder einmal in London einquartiert, zusammen mit Mike McCall, der nicht nur ihr Generalbevollmächtigter war, sondern auch ihr Freund. Als Ramonas Eltern eines gewaltsamen Todes starben, hatten sie und Mike sich kennen gelernt und sofort Gefallen aneinander gefunden. Damals war McCall noch Versicherungsdetektiv gewesen. Aber in seine neue Stellung als Ramonas rechte Hand hatte er sich ebenso schnell eingelebt wie Ramona in ihre Rolle als Konzernchefin.

Pünktlich um neun Uhr morgens stieß Ramona die Tür ihres Büros auf und trat ein. Eine Minute später klopfte Romano Tozzi an.

Ramona öffnete. Tozzi sah sie überrascht an, weil es nicht gerade an der Tagesordnung war, dass seine oberste Chefin persönlich die Tür aufriss, kaum dass er geklopft hatte, aber Ramona strahlte ihn an: »Sie brauchen sich nicht zu wundern, denn ich war gerade auf dem Weg zum Aktenschrank. Guten Morgen, Mister Tozzi!«

Der Generalbevollmächtigte erwiderte den Gruß. »Miss Breverston, haben Sie ein paar Minuten für mich Zeit?«

»Für Sie immer, Mister Tozzi!«, erwiderte Ramona und bot ihm einen Sessel der kleinen Sitzgruppe in einer Zimmerecke an. Von Unterhaltungen quer über einen Schreibtisch hatte sie nie viel gehalten und darum als erstes diese Ecke einrichten lassen, wenngleich der Raum dadurch etwas kleiner wurde. Wie ihr Vater, James F.

Breverston, legte sie keinen Wert auf einen Riesensaal als Büro.

Sie setzte ihren Weg zum Schrank fort, holte einen Aktenordner heraus und beförderte ihn mit einem Schwung auf den Schreibtisch, um sich dann zu Tozzi zu setzen. »Was liegt denn am frühen Morgen an?«

Im Konzerngebäude begann der allgemeine Dienst um neun Uhr.

Tozzi war dafür bekannt, dass er immer eine halbe Stunde früher da war. »Miss Breverston, vor einer halben Stunde kam ein Anruf von Scotland Yard.«

Sie zog die geschwungenen Brauen hoch. »Und? Hat der Konzern sich einer Steuerhinterziehung schuldig gemacht?«

Tozzi schüttelte den Kopf. »Der Fall liegt etwas komplizierter«, sagte er und musterte seine Chefin. Ein schlanker, wohl geformter Körper mit einem aufregenden Gesicht, das von rabenschwarzem, schulterlangem Haar weich umrahmt wurde. Über einem zum Küssen förmlich auffordernden Mund eine kleine Stupsnase, und darüber ausdrucksvolle dunkle Augen – wie eine Konzernchefin sah sie wahrlich nicht gerade aus, sondern eher mädchenhaft und äußerst attraktiv. Vielleicht war das ein Grund dafür, dass man sie in der ersten Zeit nicht ganz für voll genommen hatte, aber in Tozzi hatte sie einen guten Freund gewonnen, und Mike McCall, der ihr den größten Teil ihrer Arbeit abnahm, ließ in diesen Dingen auch nicht mit sich spaßen. Einigen führenden Köpfen des Breverston-Konzerns hatte er Feuer unterm Hintern gemacht und in einem Fall sogar stärkstes Geschütz aufgefahren mit der Bemerkung, dass ein neuer Besen zuweilen vorzüglich kehre. Der betreffende Subdirektor hatte von selbst den Hut genommen, weil er sich, wie er sich ausgedrückt hatte, nicht in der Lage sah, sich von einem blutjungen Girl Vorschriften machen zu lassen.

Wenige wussten, dass Ramona Breverston nur selten in die Geschäftsführung eingriff. Sie verließ sich auf die eingearbeiteten und erfahrenen Angestellten, was aber nicht ausschloss, dass sie sich als Chefin und Erbin des Konzerns die abschließende Kontrolle vorbehielt. Offenbar verstanden viele Mitarbeiter das falsch.

Ramona schlug die schlanken, langen Beine übereinander, die in einer dunkelblauen Samthose steckten. Weiße Spitzenbluse und ein blutroter Schal ergänzten ihr legeres, aber überaus elegantes Aussehen. In dieser Hinsicht wusste sie sich stets gut in Szene zu setzen.

»Was liegt denn an, Mister Tozzi?«

Der Generalbevollmächtigte machte eine weit ausholende Handbewegung. »Zwei unserer Mitarbeiter sind tot, und in MacGaverys Schloss hat es ebenfalls einen Todesfall gegeben.«

»Deshalb ruft Scotland Yard bei uns an?«, fragte Ramona mit hochgezogenen Brauen. Ihre Stimme klang hell und melodisch.

»Die beiden Mitarbeiter sind einfach so gestorben, heißt es. Obwohl sie kerngesund waren. Das Eigenartigste ist dabei, dass die Todesursache nicht festzustellen ist. Niemand kann sagen, warum und woran die beiden gestorben sind.«

»Es sterben häufig Menschen«, sagte Ramona ruhig, die nicht begriff, warum Tozzi sie mit der Angelegenheit belästigte. Wenn zwei Mitarbeiter des Konzerns starben, war das zwar traurig, aber im Grunde in einer derart gigantischen Organisation relativ unbedeutend. Ramona war sicher, dass sie beide Männer nie im Leben gesehen hatte. In gewisser Hinsicht war dies eine herzlose Einstellung, aber durch die Organisation des Mammutunternehmens Breverston-Konzern bedingt.

»Es gibt Parallelen zwischen beiden Todesfällen«, fuhr Tozzi fort.

»Beide Toten saßen vor dem Fernsehapparat. Beide hatten die gleiche Sendung eingeschaltet, als sie starben. Der Todeszeitpunkt konnte einigermaßen klar fixiert werden: Es war etwa der Beginn der Canvass-Show.«

»Fredy Canvass mit seiner Talk-Show?«, fragte Ramona überrascht und beugte sich leicht vor. »Die wollte ich mir eigentlich auch ansehen, aber dann kam mir etwas dazwischen...«

»Hm...«, murmelte Tozzi. Ramona legte ihre glatte Stirn in Falten.

»Tozzi, Ihr hm gefällt mir nicht...«

Der Generalbevollmächtigter zog eine Grimasse. »Wenn’s mir nur selber gefallen könnte, Miss Breverston... da sind nämlich noch ein paar andere Dinge. Drei Mitarbeiter haben angerufen und sich krankgemeldet, weil sie seit gestern Abend unter wahnsinnigen Kopfschmerzen leiden. Und raten Sie mal, wann die begonnen haben.«

»Doch wohl nicht mit der Canvass-Talkshow?«

»Doch!«, bestätigte Tozzi. »Genau da. Und da habe ich vorhin noch Gavery-Castle erwähnt, den Sitz des MacGavery-Clans. Dort ist der Butler vor dem Bildschirm mit der laufenden Canvass-Show gestorben. Die gleichen Symptome: keine erkennbare Todesursache!«

»Und?«, fragte Ramona gespannt. »Was haben wir mit MacGavery zu tun?«

Tozzi lächelte. »MacGavery ist unser größter Handelspartner im schottischen Bereich!«

Ramona hob die Schultern. »Aber MacGavery ist doch nicht gestorben, sondern sein Butler...«

»Weil der die Abwesenheit des Lords ausnutzte, sich vor das Gerät zu klemmen, vor dem normalerweise der Lord gesessen hätte!«

Ramona ahnte plötzlich, worauf Tozzi hinauswollte. »Wollen Sie andeuten, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt? Dass diese drei Leute gestorben sind, weil sie sich die Canvass-Sendung ansahen und weil sie so oder so mit dem Breverston-Konzern zu tun haben?«

Tozzi nickte nur.

»Mister Tozzi, das ist doch absurd!«, stieß sie hervor. »Das würde bedeuten, dass die Leute ermordet wurden und...«

»Vergessen Sie die Breverston-Leute nicht, die von der Sendung unerträgliche Kopfschmerzen bekamen, unter denen sie heute morgen noch so leiden, dass sie sich krankgemeldet haben!«, warf Tozzi ein.

»Außerdem stammt die Vermutung nicht von mir, sondern von Scotland Yard. Der Leiter der Polizeistation von Moy, der die Todesfälle untersuchen wollte, stieß auf den Zusammenhang, witterte Unheil und informierte den Yard, der seit heute früh fünf Uhr die Angelegenheit übernommen hat.«

Ramona war verblüfft von der Schnelligkeit, in der diese organisatorischen Dinge abgewickelt worden waren. Schneller hätte die Zusammenarbeit und Koordination im Breverston-Konzern auch nicht laufen können.

»Moy... Moy, das ist doch Schottland, Mister Tozzi!«

»Richtig«, bestätigte der Generalbevollmächtigter. »Etwas südlich von Inverness, ein paar Meilen nur, und in unserer Filiale in Inverness waren die beiden Toten angestellt. Gavery-Castle liegt ebenfalls in der Nähe...«

»Also örtlich begrenzt«, stellte Ramona scharfsinnig fest. Plötzlich war sie in der Lage, sich mit dem Gedanken an eine zusammenhängende, gesteuerte Aktion anzufreunden. »Und die Krankmeldungen...«