Die Gefangene des Zauberers - W. K. Giesa - E-Book
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Die Gefangene des Zauberers E-Book

W. K. Giesa

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Beschreibung

Die Gefangene des Zauberers Fantasy-Roman von W. K. Giesa Der Umfang dieses Buchs entspricht 246 Taschenbuchseiten. Ein bisher unveröffentlichter Fantasy-Roman des 2008 verstorbenen Autors. Der alternde Sklave Yos erhält von seinem Herrn, dem reichen, ehrenwerten Sator Roba, für seine treuen Dienste die Freiheit geschenkt. Doch als Elayne, die schöne Tochter Robas, von zwei Assassinen der Mördergilde entführt wird, sieht Yos es als seine Pflicht, das Mädchen zu finden und nach Hause zurückzubringen. Er weiß nicht, warum der mächtige Zauberer Aaraa den Auftrag gab, Elayne zu rauben, doch macht er sich mutig auf den Weg zu den glühenden Bergen, wo Dämonen herrschen und das Böse seinen Ursprung hat. Unterwegs trifft Yos auf Tani, ein geheimnisvolles Mädchen mit goldenem Haar und ebensolchen Augen, das auf einem Einhorn reitet und mit den Tieren spricht ...

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Seitenzahl: 303

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Die Gefangene des Zauberers

W. K. Giesa

Published by Cassiopeiapress/Alfredbooks, 2017.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Die Gefangene des Zauberers

Copyright

Vorwort

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

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About the Publisher

Die Gefangene des Zauberers

Fantasy-Roman von W. K. Giesa

Der Umfang dieses Buchs entspricht 246 Taschenbuchseiten.

Ein bisher unveröffentlichter Fantasy-Roman des 2008 verstorbenen Autors.

Der alternde Sklave Yos erhält von seinem Herrn, dem reichen, ehrenwerten Sator Roba, für seine treuen Dienste die Freiheit geschenkt. Doch als Elayne, die schöne Tochter Robas, von zwei Assassinen der Mördergilde entführt wird, sieht Yos es als seine Pflicht, das Mädchen zu finden und nach Hause zurückzubringen. Er weiß nicht, warum der mächtige Zauberer Aaraa den Auftrag gab, Elayne zu rauben, doch macht er sich mutig auf den Weg zu den glühenden Bergen, wo Dämonen herrschen und das Böse seinen Ursprung hat. Unterwegs trifft Yos auf Tani, ein geheimnisvolles Mädchen mit goldenem Haar und ebensolchen Augen, das auf einem Einhorn reitet und mit den Tieren spricht ...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

© by Author

© Lebenswerk Werner Kurt Giesa durch Jörg Munsonius und Alfred Bekker

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Vorwort

Werner Kurt Giesa (* 7. September 1954 in Hamm; † 14. Februar 2008 in Altenstadt) war in den 70er- bis 90er-Jahren einer der produktivsten deutschsprachigen Autoren im Bereich der Fantastik. Dass man seinen Namen außerhalb des Fandoms kaum kennt, liegt daran, dass er wie seine Kollegen Helmut Rellergerd (alias Jason Dark) oder Fritz Tenkrat (A. F. Morland) hauptsächlich unter Pseudonymen schrieb, als da wären H. P. Usher, Mike Shadow oder Art Norman. Sein Werk umfasst vor allem Heftromane, darunter Beiträge für Serien-Hits wie Perry Rhodan oder SF-Serien Ren Dhark und Die Terranauten, die heutzutage Kultstatus bei den Fans haben.

Bereits seit dem Jahr 1978 schrieb er jedoch vor allem unter dem Sammelpseudonym Robert Lamont die Mystery-Serie PROFESSOR ZAMORRA, zuerst mit vielen Co-Autoren, dann nur noch zusammen mit Rolf Michael, den er nicht nur als Kollegen, sondern als guten Freund ansah, und ab Band 362 schließlich alleine, mit wenigen Ausnahmen, zu denen auch eines der Erstlinkswerke von Wolfgang Hohlbein gehörte. Werner Giesa prägte diese Serie wie kein anderer, machte aus der nur mittelmäßigen Grusel-Serie einen Mystery-Hit, der das Horrorheft-Genre mit Elementen aus der Fantasy und Science Fiction verband, ersann viele der heute noch aktuellen Nebenfiguren wie Robert Tendyke oder Ted Ewigk und ist für die zahlreichen ZAMORRA-Fans immer noch der einzige und wahre Robert Lamont.

Werner war ein sehr engagierter Autor, der sich nicht scheute, in seinen Unterhaltungsromanen auch immer wieder gesellschaftlich brisante oder politische Themen anzusprechen (womit er mich als seinen Lektor, ich muss es zugeben, manchmal bis zur Weißglut trieb). So schrieb er in seinen fantastischen Romanen auch über Nationalismus oder Ausländerfeindlichkeit, und er war der wohl erste Autor der eher konservativ geprägten Heftroman-Literatur, der sich nicht scheute, homosexuelle Helden in seinen Geschichten auftreten zu lassen. Für ihn war es stets wichtig, seinen Lesern mehr als gute Unterhaltung zu bieten, nämlich auch Denkanstöße und die Utopie einer besseren, gerechteren Welt.

Sicher hätte Werner Kurt Giesa noch eine große Zukunft als Autor vor sich gehabt, wäre er nach langer Krankheit nicht viel zu früh verstorben. Seine Versuche, als Fantasy-Autor auch im Buchmarkt Fuß zu fassen, scheiterten an der damaligen Doktrin der Verlage, dass sich dort nur US-amerikanische Schriftsteller verkaufen könnten, und dies zu einer Zeit, als Wolfgang Hohlbein bereits der auflagenstärkste Fantasy-Autor Deutschlands war. Hätte Werner noch gelebt, als mit Beginn des neuen Jahrtausends der deutsche Fantasy-Boom losbrach, würde man ihn heutzutage sicher in einer Reihe mit großen Autoren des Genres wie Markus Heitz oder Michael Peinkofer nennen.

Der vorliegende Roman war einer von Werners Versuchen, auch die Taschenbuch-Verlage auf sich aufmerksam zu machen, wurde aber von diesen abgelehnt mit dem ewigen Verweis, deutsche Autoren würden sich in dem Genre nicht durchsetzen. Später verwendete Werner Kurt Giesa einzelne Handlungsstränge des Romans für einen ZAMORRA-Mehrteiler. Hier können ihn die vielen Fans der Fantasy und von W. K. Giesa und Robert Lamont zum ersten Mal in seiner ursprünglichen Fassung lesen.

Werner, wir alle vermissen dich und Heike immer noch schmerzlich!

Peter Thannisch, September 2017

Prolog

Das Schicksal ist wie ein Schwert.

Jeder schmiedet es sich selbst.

Der eine erobert damit ein Weltreich.

Der andere stürzt sich hinein.

1. Kapitel

Es war eine Nacht, die Furcht erzeugt, und auch Yos war nicht frei von dieser Furcht. Vergeblich versuchte der alte grauhaarige Sklave, die Barriere zu durchdringen, die vor ihm aus dem Nichts entstanden war.

Er kam nicht hindurch!

Und draußen rauschte der Regen hernieder! Jäh, von einem Moment zum anderen, waren die Wolken heraufgezogen, hatten den sternenklaren Nachthimmel verdüstert. Und in der Düsternis lauerte jetzt das Böse.

Yos spürte es mit jeder Faser seines hageren Körpers. Nie zuvor hatte er ähnlich empfunden, nicht einmal damals, als man ihm Frau und Kind genommen hatte, um sie irgendwohin zu verkaufen. Niemals mehr hatte er von ihnen gehört.

Und wie der Sturm schrie! Wie er um das Sator-Haus pfiff und die Bäume im Garten beutelte! Sie bogen sich mit ihren dicken Stämmen unter der Wucht der Windsbraut. Erwachte denn niemand im Haus von diesem Orkan?

Ein Orkan dieser Stärke mitten im Sommer, in der heißesten Jahreszeit? Und dieser gewaltige Regen, fast stärker noch als in den grünen Wäldern tief unten im Süden, wo die Sonne so grell und heiß brannte, dass sie die Menschen schwarz färbte!

Stärker noch als zuvor heulte der Sturm. Kalte Schauer rannen über den Rücken des alten Mannes, der sein Zimmer nicht mehr verlassen konnte. Das Zimmer, das ihm nach dem Willen des Dominus, des Herrn, nur noch ein paar Tage zur Verfügung stehen sollte!

Plötzlich zweifelte Yos daran, diese paar Tage noch zu erleben. Er sah draußen im Park zwischen den ächzenden Bäumen die grauen Wächter, die halbzahmen Wölfe aus den dunklen Wäldern. Die zuverlässigsten Wächter, die man sich für ein Haus wie dieses denken konnte - sie lagen da und rührten sich nicht mehr! Auch nicht, als das Regenwasser um sie herum zu breiten Pfützen und kleinen Seen wurde und immer höher anstieg, weil es nicht schnell genug im Boden versickern konnte!

Tot ...?

Zehn graue Wölfe tot?

“Zauberwerk!”, keuchte Yos entsetzt. Zauberwerk wie diese unsichtbare Sperre, die ihn daran hinderte, sein Zimmer durch die Tür oder das Fenster zu verlassen.

Und auch das Unwetter musste Zauberwerk sein ... das war nicht normal ...

“Parco!”, schrie er gellend den Namen des anderen Sklaven. Doch der Junge antwortete nicht. Drang Yos’ Stimme nicht durch die dünnen Türen zu ihm vor? Oder hatte Parco sich vor Furcht verkrochen?

“Parco, du Narr! Du musst etwas tun!”, schrie Yos und sah die beiden Schatten durch den Park eilen. Sie waren Gespenstern oder Dämonen gleich über die weiße Mauer geschwebt und eilten förmlich über das Wasser, zwischen den Wölfen hindurch.

Der schreiende, brüllende, tobende Orkan schien ihnen nichts anhaben zu können. Da waren sie im Haus! Da turnten sie gedankenschnell am Balkon empor, hinter dem die Gemächer der Elaynes lagen.

“Parco!”, heulte Yos verzweifelt in seiner Ohnmacht und warf sich immer wieder gegen die Barriere. “Die Herrin! Rette die Herrin! Tu etwas, du von den Göttern verfluchter Feigling!”

Parco rührte sich nicht.

Die Wände und Türen waren dünn. Yos hätte es hören müssen, wenn Parco wie er eine Sperre zu durchbrechen versucht hätte. Doch der junge Sklave, gerade einen Tag im Dienst seines Herrn, versuchte es erst gar nicht. Furchtsam verkroch er sich unter seinen Decken, während die Unheimlichen in die Gemächer der Herrin eindrangen!

“Dominus!”, schrie Yos verzweifelt, weil er zur Untätigkeit verurteilt war. “Dominus, wach auf - deine Tochter wird überfallen ...”

Er glaubte, seine Stimme müsse durch das ganze Haus schallen. Warum hörte ihn niemand? Lag das ganze Gebäude unter einem bösen Zauberbann?

Jäh fuhr er herum, riss das Kurzschwert aus dem Gehänge, das an einem Haken an der Wand baumelte. Er war einer der wenigen Sklaven dieses Landes überhaupt, die das Recht hatten, Waffen tragen zu dürfen. Sein Dominus, den er liebte und verehrte, hatte es ihm ermöglicht.

Die Klinge blitzte in der Dunkelheit des Zimmers, fuhr gegen die unsichtbare Sperre, drang in sie ein!

Yos wollte triumphierend aufschreien. Niemand, der ihn in diesem Moment hätte sehen können, konnte ahnen, welche Überwindung ihn der Griff zur Waffe gekostet hatte. Er besaß das Recht, aber er war das Schwert nicht gewohnt, weil er von seinem Recht so gut wie nie Gebrauch gemacht hatte. Jetzt aber lag sie gut in seiner Hand, die Waffe, und sie durchschnitt die Sperre wie Butter.

Da hob irgendwo draußen, auf der Krone der weißen Mauer, eine finstere Gestalt eine Hand. Das weite kuttenähnliche Gewand mit den weit geschnittenen Ärmeln flatterte im Orkan. Jetzt sprühten Funken auf, verflüchtigten sich und entstanden jäh im Zimmer auf der Schwertklinge. Die Funken wurden zu brausenden Flammen, die nach Yos schlugen. Er schrie gellend und ließ das Schwert los.

Hörte denn niemand sein Rufen? Schlief der Herr denn? War er auch durch den bösen Sturm nicht erwacht?

Oder war Yos der Einzige, der einem Zauber nicht unterlag ...?

Die schmerzende Hand haltend und reibend sprang der grauhaarige Sklave wieder zum Fenster. Da sah er die Schatten wieder. Mit ihrer Last jagten sie über den nassen Rasen, und auch jetzt rührten die Wölfe sich nicht. Ebenso wenig das schlanke Mädchen, das hilflos auf den Schultern eines der beiden Schatten lag.

Da waren sie die Mauer hinauf, und da sah Yos auch den anderen.

Er erschauerte.

Glühende Augen in einem schwarzen Nichts! Blasse Hände in ständiger Bewegung, lange, spinnenbeindürre Finger, die blitzschnell Muster in die Luft woben und erst davon abließen, als auch der zweite Fremde hinter der Mauer verschwunden war.

Yos sank zusammen. Ihm schwanden die Sinne. Er sah nicht mehr, wie sich der Zauberer auf der Mauerkrone jäh verflüchtigte wie ein Nebelstreif in der Sonne.

Das Toben des Sturms verebbte. Kein Regen fiel mehr vom klaren Himmel.

Und im Sator-Haus war es still.

Totenstill ...

*

IRGENDWANN SPÄTER, vielleicht nur Minuten, vielleicht auch Stunden, wachte Yos wieder auf. Mit einem Satz war er an der Tür, riss sie auf. Keine Barriere hielt ihn mehr auf. Sie gab es seit dem Augenblick nicht mehr, in dem der Zauberer sein finsteres Wirken einstellte und auch der Sturm sein Toben beendete.

Im Nebenraum fand Yos Parco, den Jungen.

Zusammengerollt wie ein kleines Kind kauerte er unter seiner Decke. Yos marschierte zu ihm, von Zorn erfüllt. Nicht einmal einen einzigen Versuch hatte Paco gemacht, zu helfen.

“Narr und Feigling!”, zischte Yos. “Die Domina wurde entführt! Und was tatest du, es zu verhindern?”

Furchterfüllt starrte der Junge ihn an.

“Ich hörte dich toben, Yos”, flüsterte er. “Und da dachte ich, ich würde mein Zimmer auch nicht verlassen können ...”

“Nicht einmal versucht hast du es, Narr”, murmelte Yos. “Dabei hättest du es gekonnt. Niemand wusste, dass du hier bist. Der verdammte Zauberer kann nichts von dir gewusst haben. So kann er auch dein Zimmer nicht versperrt haben ... hier!”

Er hob einen Ast auf, der mitten im Zimmer lag. Vom Orkan von einem Baum abgerissen und durchs offene Fenster geschleudert. Fenster und Tür nicht magisch verschlossen ...

“Wo etwas hinein kann, kann auch jemand hinaus”, fauchte Yos. “Ich gehe jetzt zum Dominus, und du bete zu den Göttern, dass ich die Kraft habe, zu deinen Gunsten zu lügen!”

Angstvoll sah ihm der Junge aus geweiteten Augen nach, als Yos davonstapfte. Niemand sah ihm in diesem Moment sein hohes Alter an, und als seine Hand zum Hals hinaufglitt, spürte er auch das Eisen nicht mehr.

Nein, seit heute Mittag trug er den Sklavenring nicht mehr ...

Und seine Gedanken rasten zurück zum frühen Morgen des vergangenen Tages, an dem alles seinen unheilvollen Anfang genommen hatte ...

2. Kapitel

Der ehrenwerte Dominus Sator Roba hatte sich verändert. Nicht äußerlich und auch nicht so, dass es jedermann sogleich aufgefallen wäre. Aber jene, die ihn schon so lange und so gut kannten wie sein treuer Sklave Yos, bemerkten es. Als Sator Roba von seiner mehrere Monde währenden Reise zurückkehrte, war er anders als zuvor. Zu bestimmten Dingen äußerte er seine Meinung wie früher, er war auch immer noch freundlich, zuvorkommend und immer bereit, zu helfen. Aber etwas nicht Greifbares an ihm war anders als früher.

Zudem hatte er sich angewöhnt, seit seiner Reise zu jedem Vollmond für einige Tage die Stadt zu verlassen. Wenn er zurückkehrte, führte sein erster Weg zum Goldschmied, und stets danach schwamm er förmlich im Geld. Kaum jemand ahnte, woher dieses Gold kam, und der Goldschmied war äußerst verschwiegen. Auch warf der Dominus die Dukaten nicht mit vollen Händen zum Fenster hinaus, aber Yos fiel es natürlich stets auf, wenn sein Herr reicher war, als es ihm bestimmt war.

Er war auch so nie arm gewesen. Das Sator-Haus war eines der größten und prunkvollsten der Stadt, nur noch übertroffen vom Tempel und vom Palast des Königs. Sator Roba gehörte zu den wenigen Männern in der Stadt, denen dieser König auch stets sein Ohr lieh. Doch durch die Macht und den Einfluss war Roba nicht hochfahrend geworden. Häufig lud er in seinen Gärten zum Fest, und dann war es nicht der Adel, der Zutritt hatte, sondern das einfache Volk. Es vertraute dem Dominus, und brauchte jemand Hilfe, so wurde sie ihm gern gewährt.

Yos war froh, keines anderen Dominus Sklave zu sein. Nie hatte er die Peitsche gespürt, und nur selten einmal drang leichter Tadel an sein Ohr. Er wohnte gut, und er wurde auch mit Geld nicht sonderlich knapp gehalten. Yos hätte ebenso gut ein freier Arbeiter sein können. Er liebte und verehrte seinen Herrn und dessen Familie. Und doch ... der Herr gefiel dem Sklaven plötzlich nicht mehr, seit er von seiner langen Reise zurückkehrte, die er allein getan hatte.

Irgendetwas war dort vorgefallen, worüber Sator Roba niemals sprach.

Yos, mittlerweile schon weit in der zweiten Hälfte des Lebens vorgerückt, war Sklave im Sator-Haus, seit er denken konnte. Und er war der einzige Sklave seines Herrn. Viele Arbeiten verrichteten Tagelöhner, und selten genug wurde es Yos selbst bewusst, wie wenig er eigentlich in der Gesellschaft galt, wie niedrig sein Stand war. Der eiserne Ring um seinen Hals war keine Last, nur Schmuck im Hause seines Herrn. Schon dem alten Roba hatte Yos gedient, und als jener starb, hatte sein Sohn Sator ihn in seinen Dienst genommen.

Einmal nur war ihm Furchtbares widerfahren, doch nicht von seinem Herrn, und er hatte die Erinnerung an jenes Geschehen tief in den dunkelsten Kammern seines Herzens verschlossen, um niemals mehr daran zu denken. Er ahnte nicht, wie bald die Erinnerung wieder aufbrechen würde an das, was damals geschah ...

Als man ihm Frau und Kind nahm ...

Und mit einem sehr unguten Gefühl erhob er sich an diesem Morgen, um sein Tagewerk zu beginnen ...

*

“WAS MACHST DU FÜR EIN seltsames Gesicht, Yos?”, fragte der Dominus lächelnd. “Bist du krank heute Morgen, oder hat dir die Sonne beim Aufwachen auf die Nase geschienen?”

Der hagere Sklave mit dem schon längst ergrauten Haar schüttelte den Kopf und sah seinen Herrn nachdenklich an. Sator Roba stand vor ihm, hoch aufgerichtet, schlank gewachsen und in der Blüte seiner Jahre. Wenn er im Palast des Königs die Stufen hinaufschritt, um mit dem Herrscher über Stadt und Land zu sprechen, konnte er sicher sein, dass nicht nur die Sklavenmädchen, sondern auch die Damen bei Hofe ihm bewundernd nachschauten. Die grauen Augen funkelten leicht, die Züge seines Gesichts waren etwas kantig geschnitten, und ein blonder Bart umrahmte das kaum merklich vorspringende Kinn. Yos dagegen war der direkte Gegensatz zu seinem Herrn. Wohl war er hoch gewachsen, aber von Natur aus dürr, gleich wie viel er auch essen mochte. Das graue Haar fiel ihm fast bis auf die Schultern, und das schmale Gesicht mit der leicht gebogenen Nase und den hellen Augen drückte Ehrlichkeit und Treue aus. Aber der gute Yos, dessen Haut von Natur aus die Bräune aufwies, die sich sein Herr durch die wärmende Sonne besorgte, war schon alt geworden. Er war nicht mehr so schnell wie früher, wenn auch seine Muskeln kaum an Kraft verloren hatten.

“Mein Herr, ich bin gesund”, sagte Yos leise. “Doch habe ich ein ungutes Gefühl, das mir verrät: Irgendetwas wird heute geschehen.”

“Da wirst du recht haben, mein lieber Yos”, sagte der Dominus. “Wir werden nämlich auf den Markt gehen.”

Yos sah ihn verwundert an. “Du, Herr? Du willst selbst auf den Markt gehen? Traust du mir nicht mehr zu, einen gesunden Kohlkopf von einem solchen zu unterscheiden, in dem bereits ein ganzer Volksstamm von Maden Quartier bezogen hat?”

Sator Roba lachte leise.

“Ich will keine Kohlköpfe kaufen”, sagte er. “Aber die Auswahl eines neuen Sklaven möchte ich doch lieber selbst treffen, wenn Du gestattest.”

Yos fielen fast die Augen aus dem Kopf.

“Einen neuen Sklaven, Dominus? Du willst einen neuen Sklaven kaufen?”

“Ja”, erwiderte Sator Roba knapp, und dies war etwas, das den Sklaven wieder einmal auf die kaum merkliche Veränderung hinwies, die mit seinem Herrn vorgegangen war. Früher hätte er sich nicht mit einem so knappen Ja begnügt, sondern mit seinem Sklaven über die Gründe seines Tuns gesprochen. Immer waren sie mehr Freunde gewesen als Herr und Diener, wenngleich Yos es auch nie gewagt hätte, diese Freundschaft auszunutzen.

Aber dieses knappe Ja - es ließ keine weitere Diskussion mehr zu. Es war so und blieb so. Dominus Sator wollte einen neuen Sklaven kaufen. Aus!

Warum? Fragte sich Yos. Reiche ich ihm nicht mehr aus für die anfallenden Arbeiten? Oder will er fürderhin auf Tagelöhner verzichten und stattdessen mehr Sklaven einsetzen? Aber Sklaven wollen ständig verköstigt werden, auch wenn einmal keine Arbeit für sie anliegt. Wohl waren Haus und Garten weiträumig, aber da Yos mit den Tagelöhnern immer darauf achtete, dass sich alles in bestem Zustand befand, war die Zahl der anfallenden Reparaturen oder die Menge des zu vernichtenden Unkrauts zwischen den Blumen recht gering.

Nun, dachte er schließlich, der Dominus wird wohl seine Gründe haben. Und wenn es an der Zeit ist, wird er sie mir auch darlegen.

Doch das ungute Gefühl, das ihn seit dem Aufstehen begleitete, ließ ihn nicht mehr los.

*

VERBORGEN HINTER DEN Stämmen mächtiger alter Bäume, halb verdeckt von den breiten, harten Schatten standen zwei Gestalten in weiten Mänteln, deren hochgeschlagene Kapuzen selbst die Gesichter fast unkenntlich machten. Es war ein befremdlicher Anblick an diesem Sommermorgen, doch die beiden Gestalten hatten ihre Gründe, sich trotz der Wärme so zu vermummen. Denn sie wollten nicht erkannt werden, nicht einmal durch einen dummen Zufall. Zu gefährlich konnte es für sie werden ...

“Da”, flüsterte einer der beiden Männer. Der andere schaute jetzt ebenfalls wieder zu der weißen, hohen Außenmauer hinüber, die den parkähnlichen Garten des Sator-Hauses umgab. Das eiserne, goldbeschlagene Tor schwang nach innen auf, und zwei Reiter erschienen. Sekundenlang wurde der kantige Schädel eines großen Tieres sichtbar, das Ähnlichkeit mit einem der grauen Wölfe aus den dunklen Wäldern hatte, aber ein scharfer Zuruf trieb das Tier zurück. Darauf schloss sich das Tor wieder.

“Wölfe!”, zischte der zweite Mann. “Gut, dass wir es jetzt wissen. Er hat halbwilde Wölfe als Wächter! Es war doch gut, dass wir die Morgenstunde nutzten, uns hierher zu bewegen ...”

Sein Gefährte unterbrach ihn mit einer kurzen Handbewegung.

Die beiden Reiter entfernten sich in die entgegengesetzte Richtung; ihre bestickten Mäntel, die sie sich locker um die Schultern geschwungen hatten, wehten hinter ihnen her.

“Der Dominus und sein Sklave ... schau dir das an! Bei dem feinen Herrn möcht’ ich auch Sklave sein! Er ist kaum weniger prächtig gekleidet als sein Herr, und schau, er trägt sogar ein Kurzschwert!”

“Vielleicht fungiert er als Leibwächter”, brummte der zweite.

“Der? Der alte Knochen? Das Schwert trägt er bestimmt nur zur Zierde. Aber dreist genug von beiden, es so offen zu zeigen! Bei mir würde der Alte gefälligst zu Fuß hinter dem Pferd herlaufen, statt wie ein Freier im Sattel zu sitzen ...”

“Bei mir würde er voranlaufen, um den Weg freizuräumen”, sagte der zweite. “Sitten sind das heutzutage ... man möchte meinen, die Welt ginge unter!” Er spie auf den Boden.

“Was nun?”, fragte der erste. “Kehren wir wieder zurück?”

Stechende Augen im tiefen Schatten der Kapuze verengten sich. “Warte. Ich glaube ...”

Der Mann sprach nicht weiter, sondern begann plötzlich am mächtigen Stamm des Baumes hinaufzuturnen. Die dunkle Kutte hielt stand; das Gewebe war rau und fest und zerriss nicht. Und es schien den Mann seltsamerweise auch nicht sehr am Klettern zu behindern. Plötzlich stand er auf einem starken Ast, fast zwei Mannslängen über dem Kopf seines Gefährten. Die Blätter verdeckten ihn völlig, doch er selbst konnte hindurchschauen und spähte über die Straße.

Niemand außer den beiden Reitern, die sich zügig entfernten, war auf den Beinen. In dieser Gegend der Stadt schlief man lange. Die Vornehmen hatten es nicht nötig, sich früh zu erheben und für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, dafür dauerten aber ihre Gelage bis in den frühen Morgen.

“Was siehst du?”, fragte der Kapuzenmann unten.

“Warte”, wiederholte der andere und sah über die weiße Mauer hinweg. Der Garten war mit Bäumen bepflanzt, doch diese reichten nicht aus, den Blick auf die Mauern des Sator-Hauses zu verwehren. Und just in diesem Moment öffnete sich dort eine Tür, und jemand trat auf einen Balkon hinaus.

Viel konnte der Kletterer auf diese Entfernung nicht erkennen, doch was er sah, war genug. Ein junges Mädchen mit langem Haar war auf den Balkon gekommen.

Der Kletterer zählte die Balkonreihe ab, dann schätzte er die Entfernung vom Balkon bis zum Boden. Er nickte und ließ sich gewandt wie eine Katze wieder am Baumstamm hinunter.

“Ich weiß jetzt, wo das Täubchen schläft”, sagte er vergnügt. “Es hat sich soeben erhoben und die Morgensonne begrüßt. Der Balkon ist leicht zu erreichen. Das Problem werden nur die Wolfshunde sein. Der alte Knabe hat sich gut abgesichert.”

“Wir könnten sie vergiften.”

“Wölfe? Wölfe, und wenn sie noch so zahm geworden sind, vergiftest du nicht. Die riechen das Gift, die Kameraden aus den dunklen Wäldern. In dieser Beziehung sind sie wie ich.”

Er kicherte leise.

“Nein”, fuhr er fort. “Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass wir uns eines Helfers bedienen. Und ich hoffe, der Preis, den er fordert, ist nicht zu hoch.”

Und wie Schatten verschwanden die beiden Männer zwischen Bäumen und Häusern. Sie nahmen den kürzeren Weg.

*

DER MARKT SPRÜHTE FÖRMLICH von Leben. Überall standen die bunten Zelte der Händler, die mit ihren Kostümen dieser Pracht Konkurrenz boten. Auf flachen Tischen oder Teppichen waren alle Dinge ausgebreitet, die man in einem Haushalt braucht oder die einen guten Verdienst versprachen. Da boten die Gärtner ihre Waren feil, dort die Fleischer und Bäcker. Von der Küste kamen täglich die Fischer, um die Yos gern einen Bogen machte. Bei ihnen roch es zuweilen ein wenig streng. Der Weg zur Küste war weit und mancher Fisch nicht mehr ganz so jung, wie er angepriesen wurde. Nur wenn die Herrschaft unbedingt auf Fisch als Speise erpicht war, überwand sich Yos und drang in diese Regionen vor.

Ein paar Stände weiter wurden Reittiere feilgeboten, ein Schmied pries sorgfältig geschliffene Klingen an, die in seiner Werkstatt entstanden waren, und direkt neben ihm bot ein fahrender Händler kostbar verzierte Dolche und auch manches Schwert feil, das aus einem fernen Land stammte. Wenn er mit dem heimischen Schmied konkurrieren wollte, musste er sie schon sehr, sehr günstig eingehandelt haben, um dennoch einen geringen Verdienst erzielen zu können. Oder er hatte ein Schlachtfeld geplündert ...

Hier und da lagerten die Alleshändler, die sich nicht mit einer einzigen Warensorte zufrieden gaben. Zwischen Tontöpfen fanden sich Schmuck, Felle oder Kartoffeln, und hier und da hing neben harmlosen Gewürzen in einem versteckten Winkel auch ein Beutelchen mit geheimnisvollen und gar wundersamen Kräutern, die trunken machten, ohne dass man einen einzigen Schluck Wein zu sich nahm. Auch Heilkräuter wurden gehandelt - kurzum alles, was man benötigt oder nicht benötigt, aber gern besitzen möchte.

Trödler, Händler und Marktweiber überschrien sich gegenseitig, ihre Waren an den Kunden zu bringen, und hier und da verließ auch mal ein Händler seinen Stand, um einem Mann oder einer Frau nachzueilen, die mit dem geforderten Preis nun wirklich nicht einverstanden waren und zur Konkurrenz eilen wollten. Meist waren es Sklaven, die für ihre Herrschaften einkauften, hier und da tauchte auch mal ein Mann zu Pferd oder eine Lady in einer Sänfte auf, um aus der Höhe heraus dies und jenes zu erhandeln. Hier winkte jemand abfällig und ritt weiter, dort flog einer ausgestreckten Händlerhand ein Beutel mit Dukaten oder kleineren Münzen zu. Und wehe dem, der zu viel herausgriff.  Nur eines lauten Rufes bedurfte es, und die Schlichter tauchten auf, die mit langen Schwertern und flinken Dolchen bewaffneten Soldaten des Königs, die auch hier für Ordnung sorgten und so manchen Betrüger oder Dieb, den sie an Ort und Stelle überführten, vom Markt hinfort oder gar in den Kerker beförderten.

Was die Diebe und Beutelschneider nicht daran hinderte, ihrem Gewerbe fröhlich und meist unerkannt nachzugehen. Meist waren sie schneller als die Schlichter. Vor ihrem blitzschnellen und unerwarteten Zugriff sicher war im Grunde nur, wer sich zu Pferd oder in einer Sänfte durch das Gewühl tragen ließ.

Aus diesem Grund hatte auch Sator Roba beschlossen, die Pferde zu benutzen, obgleich der Markt nur drei Straßen von seinem Haus entfernt begann. Doch um jenen Bezirk zu erreichen, in welchem die Ware Mensch feilgeboten wurde, galt es, den Markt in seiner ganzen Länge zu durchqueren, und Roba hatte keine Lust, seine Dukaten vorzeitig an jemanden zu verlieren, dem sie nicht zugedacht waren und der ihm statt eines Gegenwertes höchstens ein höhnisches Gelächter bot. In früheren Zeiten hatten Yos’ scharfes Auge und seine schnelle Hand ihn vor dem Zugriff der Diebe geschützt. Aber die schnelle Hand wurde alt und weniger schnell, die Diebe hingegen blieben stets jung.

Am Ende des Marktes nahm das Gedränge erheblich ab. Hier standen die Zelte der Sklavenhändler, die meist aus dem Süden kamen und hier in der Hauptstadt ihr Geschäft machten. Zwei, drei Zelte standen heuer nur hier, entsprechend gering war die Auswahl. Doch in den Sommertagen verzichteten viele Händler auf den langen Weg zur Hauptstadt, der schweißtreibend war, und verkauften ihre Sklaven für etwas geringeres Entgelt lieber in den kleineren Städten und Dörfern entlang ihres Reiseweges.

Ein muskulöser Riese mit nacktem Oberkörper und feuerrotem Turban auf dem Schädel, um sich vor er Sonne zu schützen, döste auf einer Bank vor seinem rot-weiß gestreiften Zelt.

Sator Roba hielt sein Pferd an und gab Yos einen kurzen Wink. Der alte Sklave ließ sich Haus dem Sattel gleiten und schritt zu dem dösenden Mann hinüber.

“Heda, Handelsmann!”, rief er ihn an. “Mein Herr wünscht deinen Bestand zu sehen.”

Der Riese hob langsam den Kopf.

Er sah an Yos vorbei zu Sator Roba hinauf und wurde plötzlich sehr flink. Mit einem Satz verschwand er im Innern des Zeltes und kam Augenblicke später wieder zum Vorschein. Ein hutzliges Männlein mit verschlagenem Blick erschien.

“Oha, Dominus, stets zu Euren Diensten”, sagte der Gnom fistelnd und verneigte sich rasch mehrmals. “Wenn Ihr geruhen möchtet, meine prachtvoll gebauten Mädchen und starken Jünglinge näher in dero Augenschein zu nehmen ... womit kann ich Euch dienen? Sucht Ihr eine zärtliche Gespielin für Euer Vergnügen, eine hervorragende Köchin oder gar eine zierliche Tänzerin aus ...”

“Schwätzer”, murmelte Sator Roba und stieg nun endlich auch ab.

Yos grinste.

“Du redest zu viel, Händler”, sagte er. “Wir können auch zu deinem Nachbarn gehen. Wir wollen nicht reden sondern begutachten, ob sich ein Kauf lohnt. Einen Sklaven, der arbeiten kann, und nicht zu alt darf er sein”, verlangte er.

Der Dominus nickte dazu.

“Einen solchen”, sagte er bestätigend und fügte grinsend hinzu: “Aber nicht einen, der von der Insel Ruka stammt und der mir davonläuft, ehe der Mond sein Gesicht wendet!”

“Oh, Ihr kennt die Rukaner”, fistelte der Gnom. “Nun, ich habe auch willige Burschen dabei, zu Eurem Wohlgefallen. Kommt doch herein, edler Dominus, ins Zelt, und trefft Eure Wahl.”

“Oh nein”, fauchte Yos abweisend. “Nicht in deinem finsteren Zelt, wo du uns einen Krüppel mit schlechten Zähnen unterschieben kannst, weil man’s im Dämmerlicht nicht so gut sieht. Außerdem stinkt es darinnen nach Ratten.”

“Ratten?”, empörte sich der filzige Sklavenhändler. “Bei mir gibt es keine Ratten!”

Yos zog die Nase kraus. “Dann muss der üble Geruch wohl von dir kommen, Handelsmann. Er ist jedenfalls sehr ähnlich.”

“Wenn dir mein edler Duft nicht passt, dann sag deinem Herrn, er mag seine Sklaven anderswo kaufen, aber bei den anderen bekommt er kein so gutes Material zu so gutem Preis.”

“Gut für wen?”, grinste Yos. Er war zufrieden. Das Gespräch bahnte sich zufriedenstellend an. Diese Art von Vorbereitung für einen guten Handel war seine Spezialität. “Für dich oder für uns?”, fuhr Yos fort. “Los, hol sie ins Freie. Mein Dominus will sie bei hellem Tageslicht begutachten.”

“Ha”, knurrte der Händler, murmelte ein paar Flüche in südländischer Mundart und klatschte in die Hände. Wenig später erhielt der Hüne mit dem Turban Gesellschaft durch einen zweiten Mann seiner Art. Die beiden Helfer des gnomenhaften Sklavenhändlers trieben fast zehn junge Männer von unterschiedlichem Wuchs und unterschiedlicher Hautfarbe ins Freie. Alle trugen den eisernen Ring um den Hals und waren daran aneinandergekettet.

Yos betrachtete sie mit gemischten Gefühlen, den Händler aber mit deutlicher Abneigung.

Er selbst besaß einen glatten Halsring. Niemals hatte sich eine Kette daran befunden. Yos hatte es auch nie für nötig erachtet davonzulaufen. Er war mit seinem Los zufrieden und konnte sich nichts anderes vorstellen, als Sklave im Sator-Haus zu sein. Er hatte Unterkunft und Verpflegung und brauchte sich um nichts zu sorgen. Die Sorgen hatte Sator Roba.

Aber es war Yos nur zu deutlich bewusst, dass es abertausende Sklaven gab, die es schlecht hatten, sehr schlecht. Die getreten und geschlagen wurden, die verlaust waren, schmutzig, hungrig und krank.

Yos hasste nicht die Herren dieser Sklaven dafür. Sie waren gedankenlos. Er hasste die Sklavenhändler, die immer wieder Menschen an solche Herren verkauften und ihnen so ein entsetzliches Schicksal bereiteten. Doch was konnte er ändern? Es war ihm nicht gegeben, etwas dagegen zu tun. Und auch Sator Roba, der seiner Meinung nicht abgeneigt war, konnte nichts tun. Wenn er seine Stimme am Palast hob, um dieses Problem dem König ruchbar zu machen, so würde all sein Einfluss nicht ausreichen, es auch durchzusetzen. Denn Sklaven waren gute Arbeiter und im Übrigen, auch wenn es im Sator-Haus niemals so gehalten wurde, nicht mehr als Dinge, die man nach Gebrauch nach belieben fortwerfen konnte. Versuchte man es zu ändern, würde eine Welt zusammenbrechen. Doch die Machthaber dieser Welt würden das mit allen Mitteln zu verhindern wissen.

Die Zeit war noch nicht reif ...

Yos sah die Sklaven der Reihe nach an, diese jungen Männer, einige fast noch Kinder. Sie hielten die Köpfe gesenkt. Einige zeigten ihre Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung offen, in den Augen anderer funkelte die Verschlagenheit und der unbeugsame Wille, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit dem Herrn seinen eigenen Dolch in den Rücken zu stoßen und zu fliehen.

Misstrauisch betrachteten sie Sator und Yos. Sie sahen wohl Yos mit seinem glatten Sklavenring, sahen auch, dass er gut gekleidet war, direkt prunkvoll, und mit einem Kurzschwert bewaffnet. Aber was wussten sie schon! Er konnte auch Leibwächter eines grimmigen Herrn sein, der seinerseits die anderen Sklaven kommandierte und schlug.

Yos trollte sich abseits, während sein Herr die nackten Körper der Sklaven begutachtete, die in einer Reihe auf der Bank Aufstellung genommen hatten. Der alte Sklave näherte sich dem Zelteingang und warf einen Blick ins Innere.

Ein dritter Helfer des Händlers saß auf einem Schemel und sah sich äußerst wachsam um. Die anderen Sklaven selbst waren angekettet. Man hatte einen stabilen Eisenpfahl in den Boden gerammt, und selbst wenn sich alle einig waren, in die gleiche Richtung zu ziehen, mochten sie lange Zeit benötigen, ihn aus dem Boden zu zerren. Und selbst dann waren sie noch miteinander verbunden und behinderten sich gegenseitig bei der Flucht.

Nicht zum ersten Mal erkannte Yos, dass es für ihn als Einzelnen unmöglich sein würde, diese Bedauernswerten zu befreien. Und die Helfer waren wachsam und gut bewaffnet. Sah der Händler, dass seine Sklaven entwichen und er sie nicht wieder einfangen konnte, dass somit ohnehin kein Geschäft mehr mit ihnen zu machen war, würde er nicht zögern, sie erschießen zu lassen, noch während sie flohen. Und ein entflohener Sklave war vogelfrei.

Er sah sie der Reihe nach an, der alte Grauhaarige. Zwei ältere Männer kauerten da, die der Händler erst gar nicht nach draußen geschickt hatte, die Forderung nach jungen Arbeitern noch im Ohr. Und ein gutes Dutzend gut gewachsener junger Frauen und Mädchen ...

Plötzlich erstarrte Yos.

Er glaubte in einen tiefen, schwarzen Abgrund zu stürzen.

“Saki”, flüsterte er entsetzt.

*

DIE ALTE WUNDE IN SEINEM Herzen brach wieder auf.

Saki ...

Es waren ihre Gesichtszüge. Damals war sie noch ein Kind gewesen, als sie ihm geraubt wurde. Als seine Frau starb und die Tochter verschwand. Nie hatte er sie wiedergesehen, aber den Dolch, der damals seine Frau niederstreckte, bewahrte er heute noch auf. Damals hatte er geschworen, dass dieser Dolch den Mörder eines Tages treffen würde. Doch was war schon der Schwur eines Sklaven?

Er war nie dazu gekommen, ihn einzulösen, und heute ... heute war die Wunde vernarbt, überwachsen, verdrängt. Bis zu diesem Moment. Saki, seine Tochter! So musste sie jetzt, heute, aussehen! So wie dieses wunderschöne Mädchen dort im finsteren Zelt mit dem Sklavenring um den Hals.

Der Wächter wurde aufmerksam, und seine nervige Faust spannte sich um den Schaft der Doppelaxt. In der Hand eines geübten Kämpfers eine mörderische Waffe.

“Saki”, flüsterte Yos wieder. “Bist du es, mein Mädchen?”

Er starrte sie forschend an. Und in seinem Herzen brannte und fraß es. Aber dann sah er, dass sie verständnislos den Kopf schüttelte.

“Shayna heiße ich, Herr”, hauchte sie.

Herr! Wie das Wort sich in seine Brust brannte, mit flammenden Messern eingeschnitten! Herr! Er, der Sklave!

“Halte den Mund!”, befahl der Wächter. Er musterte Yos aufmerksam. “Willst du sie kaufen? So sprich mit Carolus, doch du siehst nicht danach aus, als ob du genügend Geld hast. Bist du nicht selbst ein Sklave?”

Ruckartig wandte sich Yos ab.

Shayna ... nicht Saki? Aber diese Ähnlichkeit, wenn auch zehn Jahre dazwischen liegen mussten. Oder war es Zufall?

Die Zweifel nagten tief in ihm, als er wieder ins warme Sonnenlicht hinaustrat.

Dort war Dominus Sator Roba fündig geworden!

*

SATOR SCHWANG SICH auf die breite Bank hinauf und blieb direkt vor dem Jüngling stehen. Seine Hand glitt prüfend über die Muskeln, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos.

“Wie heißt du?”

“Parco, Dominus.”

Sator Roba sprang wieder nach unten und starrte den Händler an. “Was willst du für dieses schwache Knäblein, Carolus?”

“Zehn Dukaten, Herr!”, fistelte der gnomenhafte Händler. “Bedenkt, dass er vielleicht schwach aussehen mag, aber doch über beträchtliche Muskelkräfte verfügt. Zudem stammt er aus edlem Haus und kann Euch ...”

“Geschwätz”, knurrte Sator. “Zehn Dukaten für einen verweichlichten Burschen aus edlem Hause, der nicht einmal weiß, wie man Unkraut jätet! Du bist irre, Händler! Vier Dukaten, nicht mehr!”

Nach längerem Feilschen einigten sie sich auf sieben Dukaten.

Carolus strich die Münzen ein, nachdem er sie auf ihre Echtheit geprüft hatte, dann händigte er Sator einen kleinen Schlüssel für den Halsring des Sklaven Parco aus. Aber Sator Roba winkte ab.

“Nicht jetzt und nicht hier”, sagte er. “Ich nehme ihn nicht sofort mit. Yos wird ihn am Abend - nein, besser doch schon in den Mittagsstunden holen. Und du wirst darüber schweigen, dass du mir einen Sklaven verkauftest. Dafür bekommst du einen achten Dukaten.”

Nachdenklich sah Carolus den beiden nach, als sie davonritten - der Dominus und Yos. Aber er würde schweigen. Das war er seiner Berufsehre schuldig. Aber eigenartig fand er es schon, dass der Dominus seinen neuen Sklaven nicht sofort mitnahm...

*

“ES GIBT EINE GANZE