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DEIN IST MEIN GANZES HERZ von LAURENS, STEPHANIE
Londons High Society kennt nur noch ein Thema: das Debüt der bezaubernden Schwestern Dorothea und Cecily! Besonders beharrlich um deren Gunst wirbt der attraktive Lord Hazelmere. Wem aber gilt sein Begehren? Der hinreißenden Cecily mit den goldblonden Locken - oder der hübschen Dorothea mit den strahlend grünen Augen? Niemand ahnt, dass der Lord längst ein pikantes Geheimnis mit einer der Schwestern teilt …
WER BIST DU, SCHÖNE JUNO? von LAURENS, STEPHANIE
Als der Earl of Merton die Augen aufschlägt, glaubt er in das Gesicht eines Engels zu blicken. Verwirrt betrachtet er die Fremde, die ihn für einen Straßenräuber gehalten und beherzt niedergestreckt hat! Gemeinsam setzen sie ihre Reise fort, und der Earl gerät immer mehr in den Bann der Schönen. Doch ehe er sich versieht, ist sie verschwunden - ohne ihm ihren Namen zu nennen. Wird er sie nun nie mehr wiedersehen?
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Seitenzahl: 467
Stephanie Laurens
HISTORICAL MYLADY PLATIN BAND 2
IMPRESSUM
HISTORICAL MYLADY PLATIN erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
Neuauflage by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg, in der Reihe: HISTORICAL MYLADY PLATIN, Band 2 – 2015
© 1992 by Stephanie Laurens Originaltitel: „Tangled Reins“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Eva Wagner
© 1994 by Stephanie Laurens Originaltitel: „Fair Juno“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roy Gottwald
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733766450
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY
Dorothea genoss den Geschmack der sonnenreifen Brombeeren auf der Zunge. Die Sträucher am Rande der kleinen Lichtung strotzten von reifen Früchten. Sie stellte ihren Korb ins Gras und begann zu pflücken. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu ihrer jüngeren Schwester Cecily, die sie gebeten hatte, beim Kräutersammeln einen Umweg zu der Brombeerhecke im Wald des Nachbargutes zu machen.
Dorothea seufzte. Sie hoffte, der geplante Aufenthalt in London würde Cecily aus ihrem langweiligen Dasein herausreißen. Ihre Mutter, Lady Cynthia Darent, war vor einem halben Jahr gestorben und hatte ihre beiden Töchter der Vormundschaft ihres Cousins, Lord Herbert Darent, überlassen. Fünf endlose Monate, die sie in Darent Hall in Northamptonshire verbracht hatten, während die Anwälte damit beschäftigt gewesen waren, alle Testamentsangelegenheiten zu regeln, hatten Dorothea überzeugt, dass sie aus dieser Richtung nichts zu erwarten hatten. Herbert war ein unerträglicher Pedant und seine spießige Frau Marjorie noch schlimmer. Wenn ihre Großmutter nicht wie eine gute Fee aus dem Märchen erschienen wäre, hätte sie sich keinen Rat gewusst.
Plötzlich merkte sie, dass sich ihr Rocksaum in den Dornen verfangen hatte. Zum Glück pflegte sie bei ihren Wanderungen ein altmodisches grünes Kleid zu tragen, sodass sie die unvermeidlichen Risse im Stoff nicht kümmerten. Da es auf der sonnendurchfluteten Lichtung sehr heiß war, löste Dorothea die Nadel, die ihre Haare im Nacken zu einem Knoten bändigten, sodass ihr die dunkelbraune Pracht in üppiger Fülle über den Rücken fiel. Dann fuhr sie mit Beerenpflücken fort.
Dorothea wusste, dass London für sie selbst keine Überraschung bereithielt. Auch mit größter Mühe würde ihre Großmutter keinen Ehemann für sie finden. Ihre großen, smaragdgrünen Augen mochten ja noch als Vorzug gelten, alles andere an ihr entsprach jedoch nicht der derzeitigen Mode. Ihre Haare waren dunkel und nicht blond. Ihr Teint war weiß wie Alabaster und nicht pfirsichfarben wie der von Cecily. Außerdem war sie hoch gewachsen und schlank – im Gegensatz zu der vorherrschenden Mode, die weibliche Rundungen bevorzugte. Hinzu kam, dass sie bereits zweiundzwanzig war und einen starken Unabhängigkeitssinn besaß. Alles in allem gehörte Dorothea nicht zu dem Typ von Frauen, der das Interesse eleganter Gentlemen erregte.
Es störte sie nicht im Mindesten, dass sie als alte Jungfer galt. Sie war vermögend genug, um in Grange ein bequemes Leben führen zu können. Die hiesigen Landedelleute, die sich um sie bemüht hatten, hatten nicht den Wunsch in ihr erweckt, ihre Selbstständigkeit gegen den Ehestand einzutauschen. Sie sah keinen Grund, dem Beispiel ihrer Geschlechtsgenossinnen zu folgen, die alles daransetzten, einen Ring an den Finger gesteckt zu bekommen. Alles in allem war sie mit ihrem wohlgeordneten Dasein zufrieden.
Ihre Schwester Cecily sehnte sich nach einer anderen, glitzernden Welt. Die Welt von Grange war zu eng für sie. Sie war jung, hübsch, voller Anmut und würde mit Sicherheit einen sympathischen und reichen Ehemann finden, der ihr alles geben konnte, was ihr Herz begehrte. Das war auch der Hauptgrund, weshalb sie nach London fuhren.
Dorothea streckte die Hand nach einer besonders großen Beere aus, die sich fast außerhalb ihrer Reichweite befand, als sich plötzlich ein kräftiger Arm um ihre Taille legte. Sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein sonnengebräuntes Gesicht, bevor sie leidenschaftlich geküsst wurde.
Dorothea erstarrte. Da sie hoffte, auf diese Weise schneller freizukommen, zwang sie sich dazu, sich nicht zu rühren. Leider hatte sie ihre eigenen Reaktionen unterschätzt. Ein warmes Gefühl stieg in ihr auf, und sie empfand das fast unwiderstehliche Verlangen, sich dieser Umarmung hinzugeben und den Kuss zu erwidern. Trotz ihrer Verwirrung gelangte sie zu dem Schluss, dass es sich bei dem Fremden weder um einen Vagabunden noch um einen Landstreicher handeln konnte. In ihrem Kopf drehte sich alles. Doch ebenso abrupt, wie er begonnen hatte, endete der Kuss.
Dorothea blickte hoch – direkt in ein Paar nussbraune Augen, in denen ein belustigter Ausdruck stand. Voller Zorn holte sie aus, um den dreisten Fremden zu ohrfeigen.
Blitzschnell fing er ihre Hand ab. „Bitte schlagen Sie mich nicht“, sagte er. „Woher sollte ich wissen, dass Sie nicht die Tochter des Hufschmieds sind?“
Dorothea wunderte sich nicht, dass er sie ihrer äußeren Erscheinung nach falsch eingeschätzt hatte.
„Wenn Sie also nicht die Tochter des Hufschmieds sind, wer sind Sie dann?“, fuhr die sonore Stimme fort, die zweifellos einem gebildeten Mann gehörte.
Sein spöttischer Ton bewirkte, dass sie kriegerisch das Kinn hob. „Ich bin Dorothea Darent“, erklärte sie. „Würden Sie mich jetzt bitte loslassen?“
„Miss Darent? Von Grange?“, fragte er, ohne den Arm von ihrer Taille zu nehmen.
Dorothea nickte nur. Ihr fiel das Sprechen schwer, solange er sie so fest an sich drückte.
„Ich bin Hazelmere“, stellte er sich vor.
Im ersten Augenblick glaubte sie, sich verhört zu haben. Andererseits konnte dieses arrogante Gesicht eigentlich niemand anders gehören. Gerüchte über ihn waren ihr bereits zu Ohren gekommen. Während sie sich in Darent Hall aufgehalten hatte, war ihre alte Freundin, Lady Moreton, auf deren Ländereien dieser Wald lag, gestorben. Ihr Großneffe, der Marquess of Hazelmere, hatte Moreton Park geerbt. Die Neuigkeit, dass eines der bekanntesten Mitglieder des ton Besitzer des größten Gutes in der Grafschaft geworden war, hatte einiges Aufsehen erregt.
„Nichts auf der Welt könnte mich dazu bewegen, einen Mann mit einem so schlechten Ruf zu empfangen“, hatte die Frau des Pfarrers missbilligend geäußert. Als Dorothea fragte, wie dieser Ruf zustande gekommen sei, hatte sich Mrs Matthews plötzlich daran erinnert, mit wem sie sprach und sich entschuldigt, sie müsse das Gebäck herumreichen. Bei Mrs Mannering hatten die Gäste über die Leidenschaft des Marquess für das Spiel und schöne Frauen sowie seine Zügellosigkeit ganz im Allgemeinen geklatscht. Da Lord Hazelmere nach wie vor in der Gesellschaft verkehrte, hatte Dorothea das Gerede für übertrieben gehalten, zumal sie der äußerst respektablen Lady Moreton keinen zügellosen Großneffen zugetraut hatte.
Jetzt revidierte sie ihre Meinung über den Marquess of Hazelmere grundlegend. Allem Anschein nach war er noch schlimmer als sein Ruf.
Die Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, spiegelten sich in ihrem Gesicht wider. Auf einen Mann, der daran gewöhnt war, dass die Damen der Gesellschaft niemals auch nur die leiseste Gemütsbewegung zeigten, wirkte ihr schönes und ausdrucksvolles Gesicht ungeheuer faszinierend.
Er ließ sie widerstrebend los. „Und was hat Miss Dorothea Darent dazu bewogen, unbefugt mein Land zu betreten?“, fragte er.
„Lady Moreton hatte uns erlaubt, aus ihrem Wald zu holen, was immer wir wollten“, erwiderte sie so kühl wie möglich. „Doch da Sie jetzt der Eigentümer sind …“
„… wird sich daran natürlich nichts ändern“, fiel er ihr in Wort. „Ich verspreche auch, Sie bei unserer nächsten Begegnung nicht mit der Tochter des Hufschmieds zu verwechseln.“
Dorothea knickste. „Besten Dank, Mylord. Ich werde Hetty warnen.“ Sie wandte sich zum Gehen.
Er hielt sie zurück. „Wer ist Hetty?“
„Die Tochter des Hufschmieds natürlich.“
Sein Lachen hatte etwas Entwaffnendes. „Ich denke, wir sind quitt, Miss Darent, also laufen Sie nicht weg. Ihr Korb ist erst halb voll, und dieser Strauch trägt noch viele Beeren, die Sie nicht erreichen können. Stellen Sie sich da hin und halten Sie den Korb. Wir haben ihn gleich gefällt.“
Dorothea wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Die Pfarrersfrau hätte zweifellos von ihr erwartet, dass sie sich sofort entfernte, andererseits würde dieser dominierende Mann das vermutlich nicht dulden. Da er ihren Korb bereits mit den saftigsten Beeren füllte, wäre ihr das auch sehr unhöflich erschienen. Sie blieb daher stehen und nutzte die Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten.
Seine breiten Schultern und die sportliche Gestalt vermittelten den Eindruck männlicher Kraft. Die nach der vorherrschenden Mode kurz geschnittenen schwarzen Haare lockten sich über der Stirn. Die aristokratische Nase, der feste Mund und das entschlossene Kinn ließen keinen Zweifel daran, dass er es gewöhnt war, Befehle zu erteilen. Dorothea ahnte, dass sein Lächeln verheerend auf Frauen wirkte, die leichter zu beeindrucken waren als sie selbst. Über eine ganz bestimmte Ausstrahlung, die von ihm ausging, pflegten wohlerzogene junge Damen nicht zu sprechen.
Lord Hazelmere beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Miss Darent war ein echtes Juwel. Das klassisch geformte Gesicht wurde von einer Fülle dunkler Locken umrahmt. Ihre ausdrucksvollen Augen leuchteten wie kostbare Smaragde. Vor allem ihre weichen, schön geschwungenen Lippen, die er bereits gekostet hatte, bezauberten ihn. Eines war ihm klar: Wenn er die Bekanntschaft mit ihr vertiefen wollte, musste er sehr behutsam vorgehen.
Er nahm ihr den gefüllten Korb aus der Hand und holte von der anderen Seite der Lichtung sein Jagdgewehr. „Ich werde Sie nach Hause begleiten, Miss Darent“, erklärte er. Ehe sie protestieren konnte, setzte er hinzu: „In meinen Kreisen trifft man keine junge Dame allein im Freien an.“
Dorothea, der keine passende Antwort einfiel, ging widerwillig neben ihm her.
„Nur um meine Neugier zu befriedigen …“, begann er. „Warum haben Sie bei Ihrem Spaziergang im Wald nicht wenigstens irgendein Dorfmädchen mitgenommen?“
„Ich bin in der Nachbarschaft bekannt und brauche in meinem Alter keine Anstandsdame“, erwiderte Dorothea.
Er lachte. „Mein liebes Kind, so alt sind Sie nun wirklich nicht. Und dass Sie den Schutz einer Anstandsdame brauchen, ist ganz offensichtlich.“
Dass er vor Kurzem den Beweis dafür geliefert hatte, konnte sie schwerlich leugnen. „Wenn ich in Zukunft Ihren Wald betrete, werde ich eine Begleiterin mitnehmen. Allerdings sehe ich die Notwendigkeit nicht ein“, fuhr sie nach kurzem Nachdenken fort. „Haben Sie nicht gerade versprochen, Sie würden mich nicht mehr mit einem Dorfmädchen verwechseln?“
„Das bedeutet aber nur, dass ich das nächste Mal weiß, wessen Lippen ich küsse.“
„Oh!“ Dorothea hielt abrupt inne und funkelte ihn wütend an.
Lord Hazelmere blieb ebenfalls stehen und berührte mit dem Zeigefinger ihre Wange – eine Geste, die sie noch mehr ärgerte. „Ich kann mich nur wiederholen, Miss Darent. Riskieren Sie nicht im Wald oder sonst wo allein herumzulaufen. Dazu sind Sie viel zu hübsch – trotz Ihres fortgeschrittenen Alters.“
Dorothea verschlug es die Sprache. Empört drehte sie sich um und setzte ihren Weg fort.
Er suchte nach einem unverfänglichen Thema. „Ich habe gehört, dass Sie kürzlich Ihre Mutter verloren haben“, begann er. „Wenn ich mich recht erinnere, erzählte mir meine Großtante, dass Sie bei Verwandten im Norden waren.“
Dorothea schaute ihn mit großen Augen an. „Haben Sie sie denn gesehen, bevor sie starb?“
Ihr offenkundiger Zweifel ärgerte ihn sonderbarerweise. „Ob Sie es nun glauben oder nicht, Miss Darent, aber ich hatte meine Tante sehr gern und habe sie regelmäßig besucht. Da ich aber selten länger als einen Tag geblieben bin, wundert es mich nicht, dass Sie nichts davon bemerkt haben. Während der letzten drei Tage vor ihrem Tod war ich bei ihr, und als ihren Erben hat sie mich über die Familien der Nachbarschaft informiert.“
Anstatt sich abzuwenden, wie er erwartet hatte, blickte sie ihn direkt an. „Lady Moreton und ich waren gute Freunde. Es tat mir sehr leid, dass ich sie nicht noch einmal gesehen habe.“
„Ihr Ende war ganz friedlich. Sie ist im Schlaf gestorben. Ihr Tod bedeutete angesichts der Schmerzen, die sie während der vergangenen Jahre erdulden musste, eine Erlösung für sie.“
Dorothea nickte niedergeschlagen.
„Beabsichtigen Sie und Ihre Schwester für immer in Grange zu bleiben?“, fragte er.
Ihre Miene erhellte sich. „Nein, wir besuchen Anfang nächsten Jahres unsere Großmutter, Lady Merion.“
Lady Hermione Merion, die verwitwete Lady Darent, war wie ein frischer Sommerwind durch die düsteren Korridore von Darent Hall gefegt. Sie hatte die Schwestern zusammen mit ihrer Tante Agnes, die offiziell als ihre Anstandsdame fungierte, zurück nach Grange mitten in Hampshire verfrachtet, wo sie das Trauerjahr abwarten sollten. Nach dessen Ablauf erwartete sie die beiden Mädchen in ihrem Londoner Stadthaus.
„Lady Merion will uns in die Gesellschaft einführen“, berichtete Dorothea. „Cecily ist sehr hübsch und wird bestimmt eine gute Partie machen“, setzte sie hinzu.
„Und Sie selbst?“
Auf den spöttischen Unterton, den sie in seiner Stimme zu entdecken glaubte, reagierte sie empfindlich. „In meinem Alter tauge ich nicht mehr für den Heiratsmarkt“, entgegnete sie schroffer, als beabsichtigt. „Ich habe vor, die Tage in London zu genießen und alle Sehenswürdigkeiten zu besuchen.“ Plötzlich kam ihr ein Gedanke. „Kennen Sie Lady Merion?“
Er lächelte. „Jeder im ton kennt Lady Merion. Was mich betrifft – sie ist eine enge Freundin meiner Mutter.“
„Erzählen Sie mir von ihr“, bat Dorothea. „Ich habe sie seit meiner Kinderzeit nicht mehr gesehen, außer in jener Nacht, die sie Anfang des Jahres in Darent Hall verbrachte.“
„Nun, Ihre Großmutter bekleidet eine führende Stellung in der eleganten Welt und kennt die einflussreichsten Leute in London. Sie ist eng befreundet mit Lady Jersey und Princess Esterhazy – beides Patronessen von Almack’s, wo Sie Zutritt erhalten müssen, wenn Sie dazugehören wollen. In Ihrem Fall dürfte das allerdings kein Problem sein. Lady Merion ist enorm reich und lebt in einem Haus am Cavendish Square, das ihr ihr zweiter Gatte, Lord George Merion, der vor fünf Jahren gestorben ist, hinterlassen hat.“ Lord Hazelmere schmunzelte. „Sie achtet sehr auf gute Formen. Ich würde Ihnen daher nicht raten, allein in London herumzuwandern. Andererseits verfügt Ihre Großmutter über viel Humor. In gewisser Weise gilt sie als exzentrisch, schon weil sie kaum je die Stadt verlässt. Alles in allem ist niemand besser geeignet, Sie und Ihre Schwester in der Gesellschaft vorzustellen.“
Dorothea dachte noch über diese Beschreibung nach, als sie das Tor in der Steinmauer erreichten, hinter der die Gärten von Grange lagen.
„Hier werde ich Sie verlassen“, sagte Lord Hazelmere, der sie begleitet hatte, um länger mit ihr zusammen zu sein, aber nicht wünschte, dass sie zusammen gesehen wurden. Den daraus entstehenden Klatsch konnte er sich nur zu gut vorstellen. Als er ihre Hand an die Lippen zog, erglühten ihre Wangen. „Und vergessen Sie meine Warnung nicht. Wenn Sie sich die Gunst ihrer Großmutter sichern wollen, gehen Sie in London nicht unbegleitet aus“, setzte er hinzu. „Leben Sie wohl, Miss Darent.“
Während Dorothea durch den Garten lief, schenkte sie zum ersten Mal den blühenden Blumen keine Beachtung. In der Halle blieb sie stehen, weil die hier herrschende Kühle ihren brennenden Wangen gut tat. Ihren Korb drückte sie einem Hausmädchen in die Hand. „Bringen Sie diese Beeren in die Küche, Doris“, bat sie. „Und richten Sie meiner Tante aus, dass ich mich bis zum Dinner hinlege. Ich habe mich anscheinend zu lange in der Sonne aufgehalten.“
In ihrem Zimmer setzte sie sich auf die Fensterbank und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Ein Kuss und ein Paar nussbraune Augen hatten sie völlig durcheinander gebracht. Sie begriff einfach nicht, dass sie so naiv sein konnte, einem Wüstling gegenüber so etwas wie Zuneigung zu empfinden. Schließlich zwang sie sich dazu, die Angelegenheit vernünftig zu betrachten. Zweifellos sollte sie wütend sein, musste aber ehrlicherweise zugeben, dass sie ihn durch ihre unpassende Aufmachung zu seinem Benehmen herausgefordert hatte. Außerdem hätte eine wohlerzogene junge Dame, die sich plötzlich in den Armen des Marquess of Hazelmere wieder fand, sicherlich anders reagiert, als sie es getan hatte. Das Gute an der Sache war nur, dass er ihr wertvolle Informationen gegeben hatte, die ihre Großmutter betrafen.
Vierzehn Tage später kehrte der Marquess nach Hazelmere House zurück, das am Cavendish Square, beinahe gegenüber von Merion House lag. In der Bibliothek blätterte er den Stapel von Briefen und Einladungen durch, der sich während seiner Abwesenheit angesammelt hatte. Er nahm einen rosa Umschlag heraus, der stark nach einem schweren Parfüm duftete und die geschnörkelte Handschrift seiner derzeitigen Mätresse trug. Nachdem er die wenigen Zeilen gelesen hatte, warf er ihn ins Kaminfeuer. Dann setzte er sich hinter den Schreibtisch und verfasste eine Antwort. Er läutete einem Diener und trug ihm auf, das Schreiben persönlich abzuliefern.
Das bedeutete das Ende einer weiteren Affäre. Zehn Jahre lang hatte er sich allen Vergnügungen gewidmet, die unter seinesgleichen üblich waren, und plötzlich langweilten ihn diese Episoden. In Gedanken verglich er die reife und erfahrene Cerise, von der er sich soeben getrennt hatte, mit dem grünäugigen Mädchen, dessen Gesicht ihn verfolgte. Natürlich wusste er, dass er die Unzufriedenheit mit seinem derzeitigen Dasein hauptsächlich der Begegnung im Wald von Moreton Park zu verdanken hatte.
Marc St. John Ralton Henry war mit einunddreißig Jahren der fünfte Marquess of Hazelmere und einer der reichsten Peers des Landes. Er erinnerte sich noch gut daran, wann er zum ersten Mal von Miss Darent gehört hatte. Ihr Name war im Laufe eines Gespräches mit seiner Großtante in der Nacht vor ihrem Tod gefallen. Als sich die alte Dame nach seinen Heiratsabsichten erkundigt hatte, hatte er derartige Pläne verneint.
„Ich kann dir nicht verdenken, dass du keines dieser albernen Gänschen heiraten magst, die jedes Jahr in die Gesellschaft eingeführt werden“, hatte sie gesagt. „Doch warum schaust du dich nicht woanders um? Es gibt viele nette Mädchen, die aus dem einen oder anderen Grund niemals in London anzutreffen sind.“
Nach einem Blick auf sein skeptisches Gesicht fuhr sie fort: „Auch Mädchen vom Lande sind in der Lage, sich in ein Leben in der Gesellschaft einzufügen. Da wäre zum Beispiel Dorothea Darent jung, schön, mit einer ansehnlichen Mitgift und von genauso guter Herkunft wie du. Während der letzten sechs Jahre führte sie ihrer verwitweten Mutter den Haushalt und war deshalb nicht in der Stadt. Cynthia Darent hat es leider unterlassen, sie nach London zu bringen. Vor ein paar Monaten ist sie gestorben, und ihre beiden Töchter halten sich zurzeit in Darent Hall auf. Es tut mir sehr leid, ich hätte Dorothea gern noch einmal gesehen.“
„Warum ist dieses Prachtexemplar denn noch nicht verheiratet?“, fragte er. „So begriffsstutzig können die Herren vom Lande doch nicht sein.“
Großtante Etta kicherte. „Ich glaube, dass kein Gentleman ihr einen guten Grund für die Ehe geliefert hat. Betrachte die Angelegenheit doch einmal aus ihrer Sicht. Sie führt ein angenehmes Leben, ist vermögend und unabhängig. Warum sollte sie also heiraten?“
„Mir fielen da verschiedene Gründe ein.“
„Das kann ich mir vorstellen, aber die spielen keine Rolle, da du Dorothea wahrscheinlich nie kennenlernen wirst. Es sei denn, Hermione Merion greift ein. Ich habe ihr nämlich geschrieben. Da wäre auch noch die jüngere Schwester Cecily Darent – ebenfalls eine Schönheit, wenn auch von anderer Art. Sie würde allerdings selbst die Geduld eines Heiligen auf die Probe stellen. Und das bist du wahrhaftig nicht, daher kommt sie für dich nicht infrage. Doch genug von den Schwestern Darent. Ich habe sie lediglich als Beispiel genannt.“ Damit war das Thema erledigt.
Großtante Ettas Worte waren auf fruchtbaren Boden gefallen. Seit der Begegnung mit Dorothea Darent hatte er diese bemerkenswerte junge Dame als mögliche Ehefrau in Erwägung gezogen.
Während der vergangenen zehn Jahre hatte keines der verwöhnten Geschöpfe, die man ihm bei Almack’s oder sonst wo vorgestellt hatte, ernsthaft sein Interesse erregt. Einige Mitglieder seiner Familie hatte das gestört, vor allem seine beiden älteren Schwestern Maria und Susan, die ständig die eine oder andere Schönheit gelobt hatten. Seine Mutter und Großtante Etta jedoch hatten ihn in seiner Zurückhaltung bestärkt. Beide hatten begriffen, dass ihn unerträgliche Langeweile befiel, sobald er sich auch nur ein paar Minuten mit einem dieser ewig kichernden und geistlosen Mädchen unterhielt. Natürlich wünschte sich seine Mutter, dass er heiratete, hatte aber wiederholt betont, dass sie sich keine Debütantin als seine Ehefrau vorstellen konnte.
Großtante Etta hatte vor jener Nacht nie ein Wort über dieses Thema verloren. Sie kannte ihn zu gut, um nicht zu wissen, dass sie ihn nicht direkt darauf ansprechen durfte. Stattdessen hatte sie lediglich beiläufig erwähnt, dass sie Dorothea Darent für eine passende Ehefrau hielt und alles Weitere ihm überlasse.
Cecily, die in einer Ecke der Kutsche kauerte, stöhnte leise. Ihre Augen waren geschlossen, doch die Falten auf ihrer Stirn zeigten, dass sie nicht schlief. Die Kutsche schwankte bedrohlich, da die Pferde auf der vereisten Straße ständig strauchelten. Die Regentropfen, die an den Scheiben hinunterrannen, versperrten die Sicht auf die trübsinnige Landschaft. Der graue Februarnachmittag neigte sich dem Ende zu. Plötzlich tauchten die dunklen Umrisse des „Three Feathers Inn“ vor ihnen auf. Da es auf halbem Weg zwischen Grange und London lag, wollten sie dort übernachten. Dorothea allein hätte die Fahrt an einem Tag zurückgelegt. Mit Cecily zusammen war das jedoch unmöglich, denn sie vertrug das Reisen schlecht.
Außer ihnen saß noch ihre Zofe Betsy, die sie seit ihrer Kinderzeit betreute, in der Kutsche. Nach reiflichem Überlegen hatten sie Tante Agnes zurückgelassen. Deren Rheumatismus war legendär, und Dorothea war davor zurückgescheut, sich mit der zwar geliebten, aber ständig jammernden alten Dame zu belasten. Zudem hegte Tante Agnes eine tiefe Abneigung gegen das starke Geschlecht, was nicht gerade hilfreich gewesen wäre, wenn man für Cecily einen Ehemann finden wollte. Jedenfalls hatte Dorothea in ihrem Schreiben, mit dem sie Lady Merion von ihrer Ankunft informierte, die Tante nicht erwähnt.
Das „Three Feathers Inn“ war eine der größten Poststationen des Distriktes. Als die Kutsche im Hof zum Stehen kam, eilten ein paar Knechte herbei, um die dampfenden Pferde auszuspannen. Gleichzeitig erschien der Wirt und führte die Schwestern ins Haus, wo sie mit einem neuen Problem konfrontiert wurden.
Während sie sich in einem kleinen Raum vor dem Kaminfeuer aufwärmten, teilte ihnen MrSimms entschuldigend mit: „Im Dorf findet ein Boxkampf statt, Miss. Wir sind ausgebucht. Ich habe zwar ein Schlafzimmer für Sie reserviert, aber leider keinen Privatsalon mehr frei.“
Dorothea interessierte es nach der langen, anstrengenden Fahrt wenig, was in der Nachbarschaft passierte, solange sie und Cecily für die Nacht bequem untergebracht waren. Einen fehlenden Privatsalon konnte sie verschmerzen. Sie stand auf und nickte dem Wirt zu. „Schon gut, das macht nichts. Wenn Sie uns jetzt bitte unser Zimmer zeigen wollen?“
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