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Ich liebe Hunde. Sie hasst sie. Besser kann es gar nicht laufen, oder? Gerüchte haben mir nie etwas ausgemacht. Wenn die Leute über mich spekulieren wollen, weil ich beruflich Hundekleidung entwerfe – sollen sie doch. Ich kenne die Wahrheit. Seit ich Teegan Lowery engagiert habe, kann ich an keine andere Frau mehr denken. Ich habe sie wegen ihrer hervorragenden PR-Fähigkeiten eingestellt, aber sie schleicht sich langsam in mein Herz, das ich seit Jahren mit einem NO VACANCY-Schild gekennzeichnet habe. Alles an Teegan schreit danach, dass sie nicht verfügbar ist. Und das Letzte, was ich brauche, ist eine weitere dramatische, pflegeintensive Frau in meinem Leben. Glaubt mir, das habe ich schon erlebt. Aber die explosive Spannung zwischen uns ist wie ein Tauziehen. Und keiner von uns will verlieren. Alle Bände der Hollywood Hearts-Reihe von Piper Rayne: Band 0/Novella: It Started in L.A. Band 1: Hollywood Hearts – Mr. Nanny Band 2: Hollywood Hearts – Mr. Dreamer Band 3: Hollywood Hearts – Mr. Womanizer
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Deutsche Erstausgabe
© ANIMAL ATTRACTION by Piper Rayne 2017
© der deutschsprachigen Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München 2025
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Cherokee Moon Agnew
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
Covergestaltung: Giessel Design
Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt
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Cover & Impressum
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Epilog
Und zum Schluss noch einbisschen Einhorngeplauder …
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Für unsere vierbeinigen Freunde, die uns trotz allunserer Makel lieben.
LEO
Ich muss erst gar nicht von der einshampoonierten Golden Retriever-Dame namens Paisley aufblicken, um genau zu wissen, wer eben zur Tür hereingekommen ist: Mrs. Winters. Mir steigt der Duft ihres Parfüms bereits in die Nase, bevor sie mit zittriger Stimme meinen Namen ruft. »Leo.«
»Mrs. Winters!« Ich setze ein Lächeln auf und winke ihr zu. Ihre beiden Zwergspitze sitzen in einem Hundebuggy und tragen die neuesten Canine Couture-Regenmäntel, die ich für sie designt habe.
Ja, ganz richtig. Ich bin Besitzer eines Hundespas und entwerfe Kleidung für Vierbeiner. Ihr könnt jetzt darüber lachen und die üblichen Vermutungen anstellen, aber ich kann euch versichern, dass nichts davon der Wahrheit entspricht.
Ich setze Paisley in den abgetrennten Bereich mit dem Föhn, um meine beste Kundin zu begrüßen. Ich bin noch nicht einmal halb bei ihr, da streckt mir Mrs. Winters bereits ihre Hände entgegen. Vorsichtig nehme ich sie in meine und gebe ihr links und rechts ein Küsschen.
»Wir brauchen Badeanzüge.« Sie grinst und entblößt ihre Zähne, an denen ein wenig rosafarbener Lippenstift klebt.
»Wohin soll’s gehen?«, frage ich und hole das Lookbook mit meiner Bademode vom letzten Jahr.
»Auf die Britischen Jungferninseln. Don hat für eine Weile die Nase voll von Los Angeles.« Seite für Seite blättert sie durch das Buch. Ich weiß schon, was sie sagen will, bevor sie wieder das Wort ergreift. »Ich will Brie und Feta nicht in der Mode vom letzten Jahr einkleiden.« Sie legt eine Hand auf meinen Unterarm. »Hättest du vielleicht Zeit …«
Ich lege meine Hand auf ihre. »Für Sie immer.«
Als sie ihre freie Hand auf meine bettet, funkelt der riesige Diamant an ihrem Finger im Licht. »Du bist ein Goldschatz. Wie kommt es, dass du nicht längst unter der Haube bist?«
Ich habe keine Ahnung, was die Leute erwarten, wenn sie einem diese Frage stellen. Dass ich mich für Spaß statt für die Ehe entschieden habe? Ich wurde oft genug verarscht von Frauen, die es nicht ernst meinten. Lieber genieße ich die Sonne am Hafen, statt einen weiteren verrückten Fisch aus dem Wasser zu ziehen, der sich weigert, zurück in die Freiheit entlassen zu werden.
Klingeling.
Wir blicken auf und beobachten, wie eine Brünette mit ihrem Smartphone am Ohr zur Tür hereinkommt. »Schick es per Post«, sagt sie knapp und klingt ziemlich genervt.
Mrs. Winters und ich wechseln einen Blick.
»Ich werde nie wieder auch nur einen Fuß in diesen Laden setzen.« Jetzt wird sie lauter. Da sie die einzige weitere Kundin im Laden ist, ist es schwer, ihr nicht zuzuhören, aber ich gebe mir größte Mühe, so zu tun, als würde ich sie nicht bemerken.
»Was hatten Sie denn im Sinn, Mrs. Winters?« Ich trete hinter die Theke und greife mir meinen Skizzenblock und ein paar Stoffmuster. Es ist nicht das erste Mal, dass sie mich um eine Sonderanfertigung bittet.
»Dann schick es eben per Kurier!« Die Frau streicht sich eine dunkle Haarsträhne hinters Ohr, und ihr diamantener Ohrring funkelt im opulenten Deckenlicht, das ich angebracht habe, um meinen Shop bestmöglich in Szene zu setzen. Instinktiv fällt mein Blick auf ihren Hals.
»Die ist aber ganz schön stur«, flüstert mir Mrs. Winters zu und verzieht das Gesicht, bevor sie sich wieder auf den Skizzenblock konzentriert. »Ich will auf jeden Fall Rüschen. Irgendwas Fünfzigerjahre-mäßiges, aber verspielt. Mit Punkten.«
»Sind die beiden gerade läufig?«, frage ich lachend.
Mrs. Winters rollt mit den Augen und drückt meinen Arm. »Du weißt doch, dass ich keinen Rüden an meine Mädchen ranlasse.«
Ich lächle.
»Es sei denn, dir wäre es lieber, wenn ich meinen Anwalt anrufe.« Die Brünette klingt langsam immer wütender und sieht aus, als wäre sie kurz davor, durch das Telefon zu klettern, um die Person am anderen Ende zu erwürgen.
»Weißt du was, Leo? Ich komme einfach morgen noch mal vorbei«, lässt mich Mrs. Winters wissen.
Und ich kann es ihr nicht verübeln. Es ist schwer, sich zu konzentrieren, wenn direkt neben einem jemand ausrastet. »Nein, das ist nicht nötig. Geben Sie mir eine Sekunde.« Ich umrunde die Theke, passiere die Kleiderständer mit der Hundemode und steuere auf die Ecke mit den Mänteln zu, in der die Frau nun steht. Als ich ihr auf die Schulter tippe, wirbelt sie so schnell herum, dass mir ein Hauch von Jasmin in die Nase steigt.
»Warte kurz, Ashley.« Sie senkt das Smartphone.
»Hätten Sie etwas dagegen, draußen zu telefonieren? Ich versuche gerade, eine Kundin zu beraten.«
Sie lässt den Blick durch den Laden schweifen, als würde sie erst jetzt registrieren, wo sie eigentlich ist. »Oh, tut mir leid.« Dann führt sie das Smartphone wieder ans Ohr. »Es ist mir egal, was du tun musst, Hauptsache, ich kriege diesen Scheck.« Sie legt auf, steckt das Smartphone in die überdimensionale Handtasche an ihrem Arm und streckt mir ihre Hand entgegen. »Ich bin Teegan Lowery.«
Ich schüttle ihr die Hand. »Hi, Teegan. Ich bin Leo. Ich bin sofort bei Ihnen, sobald ich mit meiner anderen Kundin fertig bin.«
Ich lasse ihre Hand los, und sie lässt den Blick über meinen Körper schweifen. Und zwar sehr offensichtlich. »Ich bin von der PR-Agentur Lowery Relations. Wir hatten bereits geschrieben.« Ihr Lächeln könnte sich nicht mehr von dem von Mrs. Winters unterscheiden. Ihre Lippen sind nur leicht geschminkt und entblößen perfekte weiße Zähne, die sich von ihrer zarten Haut und den großen braunen Augen, die mich sofort in ihren Bann ziehen, abheben. Sie ist wunderschön – und ich glaube, das weiß sie auch.
»Oh. Richtig.« Ich werfe Mrs. Winters, die uns neugierig beobachtet, über die Schulter einen Blick zu. »Ich bin sofort bei Ihnen, falls Sie noch ein paar Minuten Zeit haben.«
»Ich warte solange.« Jetzt verhält sie sich ganz anders als eben am Telefon.
Bei den Designerleinen bleibe ich stehen und wende mich noch einmal zu ihr um. »Und würden Sie hier drin bitte nicht mehr telefonieren?«
Zwar runzelt sie die Stirn, lächelt dann aber ein wenig. »Kein Problem.«
Ich widme mich wieder Mrs. Winters, und gemeinsam entscheiden wir uns für ein Design für die Badeanzüge.
»Würden Sie mir ungefähr eine Woche Zeit geben?«, frage ich. »Wann reisen Sie ab?«
Mrs. Winters schlingt ihren Seidenschal um den Kopf. »Erst Ende des Monats. Du hast also noch genügend Zeit, Leo.« Sie schließt den Reißverschluss des Hundebuggys, in dem Brie und Feta zusammengerollt auf ihren Decken liegen.
»Danke noch mal«, sage ich und bin wirklich dankbar, dass sie eine so treue Kundin ist.
»Wenn du nicht bald jemanden kennenlernst, muss ich mich wohl oder übel einmischen.« Drohend wedelt sie mit dem Zeigefinger.
»Ist nicht leicht, die richtige Person zu finden.«
Die Glocke klingelt, als sie die Tür öffnet. »Du solltest dich bei Grindr anmelden. Mein Neffe meint auch, dass man über Dating-Apps am besten jemanden kennenlernt.«
Ich nicke. »Danke, Mrs. Winters. Ich denke mal darüber nach.«
Die Tür fällt zu, und ich blicke meiner treuesten und auch anstrengendsten Kundin hinterher.
»Also.«
Ich zucke vor Schreck zusammen, denn Teegan ist ohne Vorwarnung vor mir aufgetaucht, hat die riesige Handtasche auf den Tresen gestellt und hält nun Block und Stift in der Hand.
»Ich weiß nicht, ob das funktionieren wird«, lasse ich sie wissen.
»Wie meinen Sie das?« Sie klingt wie jemand, der gerade den Spruch Lass uns besser Freunde bleiben zu hören bekommen hat.
»Danke fürs Vorbeikommen, aber ich bin eher der entspannte Typ und …« Ich halte inne, um nach dem passenden Wort zu suchen, sonst rammt sie mir noch ihren Absatz ins Auge. »Sie wirken so«, anstrengend, denke ich mir, »energiegeladen.«
Schnaubend strafft sie die Schultern. »Ich? Energiegeladen?« Sie zeichnet Gänsefüßchen in die Luft. »Eins können Sie mir glauben, Mr. Vaughn. Genau das sollte eine PR-Beraterin auch sein.«
Ich schüttle den Kopf. »Tut mir leid, dass Sie extra vorbeigekommen sind, aber ich weiß einfach nicht, wie das mit uns funktionieren soll.« Da Paisley in dem Moment anfängt zu bellen, gehe ich zurück nach hinten.
Wo zur Hölle steckt bloß John? Er kommt zu spät zu seiner Schicht.
Das Klackern von Absätzen folgt mir. »Mr. Vaughn, ich weiß zwar nicht, was ich Ihnen getan habe, aber ich garantiere Ihnen, dass ich auf meinem Gebiet die Beste bin.«
»Die Beste?«, frage ich und schalte den Föhn aus. »Wie kommt es dann, dass Fink and Deed Sie vor zwei Monaten entlassen hat?«
Sie errötet.
Scheiße. Ich verhalte mich wie ein Arschloch.
»Weil ich eine Vagina habe.« Sie verschränkt die Arme vor der Brust und verlagert das Gewicht auf ein Bein.
Ich stehe einfach da und blinzle sie an, denn ich habe keine Ahnung, was ich darauf erwidern soll. Zum Glück fährt sie einfach fort.
»Mein Chef bei Fink and Deed war total oldschool. Bei Beförderungen wurde ich immer übersehen, und die guten Aufträge gingen immer an meine männlichen Kollegen, denn er ist ein Frauenfeind, der meint, Männer würden einen besseren Job machen als Frauen. Und das ist die bittere Wahrheit. Ich hatte die Schnauze voll und habe beschlossen, mich selbstständig zu machen. Aber leider habe ich ihnen gesagt, was ich von der Firma halte, bevor ich kündigen konnte, also haben sie mich gefeuert.«
Ich spüre, dass sie aufrichtig ist. Irgendwie tut sie mir jetzt leid. Das muss hart gewesen sein, jeden Tag mit dieser Situation konfrontiert zu werden.
»Nun, was soll ich sagen … Manche Männer sind eben Arschlöcher.« Ich führe Paisley aus dem Raum, um sie zu bürsten.
Teegan löst sich aus ihrer arroganten Haltung und tritt beiseite. »Hören Sie«, versucht sie es erneut. »Ich weiß, dass ich vielleicht ein bisschen zu energisch auftrete, aber das liegt nur daran, dass ich denke, Ihnen helfen zu können. Ich nehme meinen Job ausgesprochen ernst.« Sie lächelt unsicher. Aus irgendeinem Grund hält sie den Blick starr auf Paisley gerichtet, die brav vor meinen Füßen sitzt.
»Wie wäre es mit einer Probewoche?«, schlage ich vor.
»Eine Woche? Ich weiß nicht, ob das …«
»Genug Zeit ist?«, beende ich ihren Satz.
Sie nickt, doch sie ist kreidebleich geworden und wendet den Blick nicht von Paisley ab. »Ein Monat wäre mir lieber. Es dauert, bis man Ideen umsetzen kann und erste Ergebnisse sieht.«
»Wissen Sie, was? Sie tun in der kommenden Woche irgendetwas für mich, das ich nicht selbst hinbekomme, dann haben Sie den Job.«
Endlich reißt sie den Blick von dem Hund los und sieht mich an. »Deal.«
Mit ausgestreckter Hand kommt sie auf mich zu. Als Paisley aufspringt, um gestreichelt zu werden, erstarrt Teegan jedoch zur Salzsäule. »Nun, Sie scheinen alle Hände voll zu tun zu haben. Heben wir uns das Händeschütteln lieber für später auf, wenn Sie mich offiziell engagieren.«
Dann macht sie auf dem Absatz kehrt. Als mein Blick auf ihre langen schlanken Beine fällt, stelle ich mir unweigerlich vor, wie sie sich um meine Taille schlingen. Um eine Taille, meine ich natürlich. Nicht um meine.
»Miss Lowery«, rufe ich ihr hinterher. Sie dreht sich um, während ihre Hand bereits auf der Klinke der Tür liegt, die das Hinterzimmer vom Verkaufsraum trennt. »Es wäre von Vorteil, wenn Sie sich an Hunde gewöhnen würden.«
Wie vorhin strafft sie auch jetzt wieder die Schultern. »Ich liebe Hunde, Mr. Vaughn. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.«
Dann ist sie weg, und die Türglocke ertönt.
Ich beuge mich zu Paisley hinunter und streichle sie. »Teegan Lowery ist eine Lügnerin. Aber leider ist sie auch wunderschön. Meinst du, sie bedeutet Ärger?«
Paisley bellt einmal und blickt schwanzwedelnd zu mir hoch. In solchen Momenten wünsche ich mir, ich könnte tatsächlich mit Tieren sprechen. Ihr siebter Sinn wäre jetzt bestimmt nützlich. Sicherlich würde sie mir sagen, ob ich mich auf unsere neue Freundin einlassen oder lieber davonlaufen soll.
***
Bei Surfing Tacos ist es heute brechend voll. Jagger entdeckt mich zuerst und winkt. Ich schlängle mich gerade durch die Feierabendmenge, als mir jemand auf den Rücken springt und mir die Augen zuhält.
Diesen kleinen Körper würde ich überall sofort erkennen. Mit einer Hand löse ich ihn von meinem Rücken und ziehe ihn nach vorn. »Payne«, begrüße ich den Jungen. »Was hast du denn in einer Bar verloren?«
»Vance sagt, es ist ein Restaurant.«
Ich lasse den Blick über die Gäste schweifen, die alle Alkohol trinken. »Das wird deiner Mom bestimmt nicht gefallen.«
Darauf erwidert er nichts mehr. Ich trage ihn hinüber zum Tisch und setze ihn auf den Stuhl neben meinem Kumpel Vance, der nun praktisch sein Stiefvater ist.
»Was hat denn so lange gedauert?«, fragt Jagger und winkt die Kellnerin herbei.
»Weiß Layla davon?« Ich beäuge Payne. Ich könnte wetten, dass seine Mutter nicht weiß, dass er hier ist.
»Sie und Via veranstalten heute einen Mädelsabend.« Vance gibt Payne eine Gettofaust. »Also machen wir eben einen Männerabend.«
Payne strahlt über beide Ohren.
»Bei Surfing Tacos«, erwidere ich trocken.
»Für Bier und Fisch-Tacos ist man nie zu jung«, kommentiert Jagger und hält immer noch Ausschau nach einer Kellnerin.
»Malzbier und Tacos, richtig?« Vance lächelt Payne an.
»Japp. Und kein Piep zu Mom.« Payne presst die Lippen zusammen und schüttelt den Kopf.
Vance wuschelt ihm durch das Haar. »Du bist so clever.«
Endlich tritt eine der Kellnerinnen an unseren Tisch. Ihr Pferdeschwanz löst sich, und sie ist ganz rot im Gesicht vom vielen Rennen.
»Hey, Cami.« Jagger lächelt sie an mit seinen Grübchen. Damit gewinnt er für gewöhnlich alle Frauen für sich.
»Hey, Jagger.« Die Erdbeerblonde sieht uns der Reihe nach an. »Vance. Leo.« Dann richtet sie den Blick auf Payne. »Und wer bist du?«
»Payne.«
»Er ist der Sohn meiner Freundin.« Vance legt einen Arm auf Paynes Rückenlehne.
Cami schenkt ihm ein Lächeln, nimmt unsere Bestellung auf und wendet sich dann Jagger zu. Sie unterhalten sich leise. Es ist so laut in dem Restaurant, dass ich kein einziges Wort verstehe, obwohl ich direkt daneben sitze.
Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir versuchen zu lauschen, doch als Jagger ihren Arm streichelt, verliere ich jegliches Interesse. Alle wissen, was zwischen Jagger und Cami geht – außer Payne natürlich. Sie hatten mal was miteinander, und jetzt will Cami mehr. Wann begreift sie es endlich?
Nachdem sie das Gespräch beendet haben, sieht Cami uns alle an. »Essen kommt sofort«, lässt sie uns wissen und geht.
»Dir ist schon klar, dass du lieber aufhören solltest, ihr Hoffnungen zu machen, wenn du weiter hier essen willst?« Fragend zieht Vance die Augenbrauen hoch.
»Wir haben nur ein bisschen Spaß«, erwidert Jagger patzig.
»Ich habe auch gern Spaß«, wirft Payne ein.
»Ich rede nicht vom Ninja Turtles spielen, Kumpel.« Jagger lehnt sich auf seinem Barhocker zurück.
»Wovon redest du dann?«, bohrt Payne nach.
Jagger lässt die Schultern hängen und sieht Vance genervt an. »Das findest du raus, wenn du älter bist«, erwidert er, und Payne wendet sich Vance zu.
»Darüber reden wir später.« Vance funkelt Jagger böse an, doch der scheint nicht zu begreifen, dass er ihn in eine blöde Situation gebracht hat.
»Und? Was hat bei dir so lange gedauert?« Jagger schlägt mir auf die Schulter.
»Zuerst hatte ich eine sehr fordernde Kundin da, und dann kam auch noch eine PR-Lady vorbei, als ich gerade mit dem letzten Hund beschäftigt war.«
»Ach ja?« Vance richtet sich auf und stützt die Ellbogen auf den Tisch.
»Es ist rein beruflich«, stelle ich klar. Seit er seine große Liebe gefunden hat, ist er ganz erpicht darauf, dass wir auf den Zug aufspringen.
»War es mit Layla am Anfang auch. Und dann kam alles anders«, erwidert Vance.
Jagger schnaubt. »Leo weiß eben, wo seine Grenzen sind, du Vollpfosten.«
Vance deutet mit einer Kopfbewegung auf Payne.
»Sorry, Kumpel, aber du hast bestimmt schon schlimmere Wörter gehört.« Jagger beugt sich über den Tisch und wuschelt ihm durch das Haar.
»Halten wir es heute jugendfrei, okay?« Vance sieht Jagger durchdringend an.
»Und das soll ein Männerabend sein?« Jagger lacht, doch niemand stimmt mit ein.
»Also … Wer ist sie?«, will Vance wissen.
»Wie es scheint, hat sie sich erst vor Kurzem selbstständig gemacht.«
»Wofür brauchst du eigentlich eine PR-Beraterin?«, fragt Jagger.
»Ich will meinen Umsatz erhöhen und meine Sachen in einer Tierhandlungskette verkaufen. Das wäre mein Ziel, aber ich habe weder die Zeit noch die Kontakte, um das zu ermöglichen.«
»Verkaufst du über diese eine Seite, auf der jeder seinen selbstgebastelten Scheiß anbietet, denn nicht genug?«, hakt Vance nach.
»Du hast ein böses Wort gesagt!«, wirft Payne ein.
Jagger grinst Vance frech an, und dieser verdreht die Augen.
»Layla bestellt da ständig«, fährt Vance fort.
»Der Onlineshop läuft super und bringt mir gutes Geld ein, aber ich würde meine Sachen gern in Läden verkaufen, damit ich sie in einer Fabrik produzieren lassen kann.«
Hätte mir vor zehn Jahren jemand gesagt, dass ich mein Geld mit Hundemode verdienen würde statt in Los Angeles eine Karriere als Schauspieler zu starten, hätte ich Chicago niemals verlassen. Aber mein Lebensweg hat mich weit weg vom roten Teppich geführt. Jetzt sind es die Hunde, die ich ankleide, die über den besagten Teppich schreiten.
»Klingt nach einem guten Plan. Und? Magst du sie?«, fragt Vance.
»Hat sie einen hübschen Hintern?«, fügt Jagger hinzu.
Vance seufzt genervt und hält Payne die Ohren zu. »Hör jetzt auf damit.«
»Ich zensiere mich für niemanden. Das solltest du mittlerweile wissen. Warum hast du ihn mitgebracht, wenn du nicht willst, dass er unsere Gespräche mitbekommt?«, fragt Jagger.
»Weil ich dachte, dass es ihm Spaß machen würde. Mir war nicht bewusst, dass du dich kein bisschen zusammenreißen kannst.«
Die beiden diskutieren weiter, während uns Cami die Getränke serviert.
»Okay, ich höre ja schon auf.« Schnaubend hebt Jagger die Hände, als würde er sich ergeben.
»Danke.« Vance nimmt die Hände von Paynes Ohren und wendet sich dann mir zu. »Und? Hast du sie engagiert?«
»Ich habe ihr eine Woche gegeben, um sich zu beweisen. Eigentlich wollte ich sie gar nicht engagieren, doch das hat sie nicht akzeptiert.«
»Dann musst du dem Ganzen sofort einen Riegel vorschieben. Niemand steht auf Klammeraffen.« Jagger führt sein Bier an den Mund.
»Sie ist kein Klammeraffe. Sie ist … hartnäckig. Ich glaube, sie ist dringend auf den Job angewiesen.«
Vance und Jagger wechseln über den Tisch einen Blick. »Sie hat den Job«, bemerken sie gleichzeitig.
»Nein, hat sie nicht.«
Vance lacht, während Jagger sein Bier auf mich richtet. »Gib’s zu. Sobald du merkst, dass sie den Job dringend braucht, engagierst du sie. Sehr nobel von dir. Aber so bist du nun mal.« Er zuckt mit den Schultern.
Jetzt bin ich der, der die Augen verdreht, denn wahrscheinlich haben sie recht. Ich trinke einen Schluck von meinem Bier. »Hier geht es um meine Karriere. Das ist etwas ganz anderes. Ich lasse mich von nichts und niemandem aufhalten.«
Und schon gar nicht von einer ein Meter sechzig kleinen Brünetten mit mandelbraunen Augen.
Meine beiden Freunde wechseln einen weiteren Blick und grinsen mich an. Arschlöcher.
TEEGAN
Ich sollte wirklich öfter Sport machen, denke ich mir, während ich mich die Treppe hochquäle. Wieder in das Fitnessstudio gehen, für das ich alle zwei Wochen meinen Mitgliedsbeitrag bezahle.
Im zweiten Stock angekommen, biege ich um die Ecke zu meinem Apartment. Als ich sie vor meiner Tür liegen sehe, versteift sich mein gesamter Körper augenblicklich. Schlafend oder ohnmächtig, da bin ich mir nicht sicher. Eins weiß ich jedoch genau: Sie ist hier, um sich bei mir auszuheulen.
Ich gehe in die Hocke, rüttle an ihrer Schulter und bemerke die kleine Reisetasche neben ihr. »Mom.«
Sie lächelt ein wenig, bevor sie die Augen aufschlägt. »Tee?«, fragt sie.
»Ja, Mom.« Ich hake mich bei ihr unter, um ihr aufzuhelfen. »Was ist passiert?«
»Carl hat sich von mir getrennt. Ist zurück zu seiner Frau gegangen.« Sie legt den Kopf auf meine Schulter, während ich versuche, die Tür aufzuschließen und gleichzeitig sie und meine Einkaufstüten zu halten.
»Das überrascht mich ehrlich gesagt nicht«, murmle ich vor mich hin, denn es hilft jetzt nichts, wenn ich ihr mit »Ich hab’s dir ja gesagt« komme. »Geh schon mal ins Gästezimmer. Ich mache uns etwas zu essen.«
Sie stolpert in mein Apartment und bleibt abrupt stehen. Dann legt sie die kalten Hände an meine Wangen und sieht mich an, als wäre ich ihre Retterin in der Not. »Du bist die Beste, Schätzchen.« Sie geht den Flur hinab und murmelt vor sich hin: »Ich habe die beste Tochter überhaupt.«
Zumindest hat sie die Tochter, die am schlechtesten Grenzen ziehen kann.
Ich hole ihre Tasche aus dem Flur und schließe die Tür ab.
Während ich die Einkäufe auspacke, die ich auf dem Heimweg besorgt habe, kriege ich Leos Gesicht nicht aus meinem Kopf. Er ist verdammt heiß und so … männlich. Ganz anders, als ich es erwartet hätte, als ich Canine Couture betreten habe. Ich muss die ganze Zeit an seine muskulösen Arme und an sein blondes Haar mit den von der Sonne gebleichten Strähnen denken. Und dieses Lächeln. Da fällt es mir verdammt schwer, die Mauer zwischen Professionalität und Porno in meinem Gehirn aufrecht zu erhalten.
Vielleicht ist es einfach schon viel zu lange her.
Wem will ich hier etwas vormachen? Natürlich ist es viel zu lange her.
Ich nehme das Hühnchenfleisch und die Paprika aus der Tüte und lege sie auf die Küchentheke, als es an der Tür klopft.
Zuerst werfe ich einen Blick durch den Spion, bevor ich die drei Schlösser öffne. Vor der Tür steht meine Nachbarin Sophie mit einer Weinflasche in der Hand.
»Du versorgst mich mit Nahrung, und ich versorge dich mit Flüssigkeit.« Ohne Einladung betritt sie mein Apartment und steuert schnurstracks auf die Küche zu.
»Meine Mom ist hier.« Ich folge ihr und nehme zwei Gläser aus dem Schrank. »Sie ist im Gästezimmer.«
Sophie seufzt zwar, erwidert jedoch nichts. Das muss sie auch nicht. Ich weiß auch so, dass sie mir sagen will, dass ich eines Tages lernen muss, Nein zu sagen. Und ich verstehe sie ja, aber hier geht es nun mal um meine Mutter.
Sophie öffnet die Weinflasche und schenkt uns zwei Gläser ein. »Lass uns schnell die ganze Flasche trinken, bevor sie aufwacht.« Sophie weiß, wie es läuft. Alkohol und meine Mom sind keine gute Mischung. Vielleicht ist die Mischung aber auch viel zu gut. Bisher habe ich noch nicht herausgefunden, welche der beiden Aussagen eher zutrifft.
Ich gebe das Hühnchen in die Bratpfanne und nippe an meinem Wein, während ich es wende.
»Erzähl mir von deinem Tag«, bitte ich Sophie, denn ich kann nur daran denken, ob ich es schaffe, den heißen Typen als Klienten zu gewinnen, und wie lange es diesmal dauern wird, bis meine Mom wieder auf die Beine kommt.
Sophie setzt sich auf die Theke und hält ihr Glas in beiden Händen. »Nun, mein Artikel erscheint nächsten Monat auf dem Zeitschriftencover.« Sie ist eine tolle Freundin. Wahrscheinlich wollte sie mir das schon erzählen, als ich die Tür geöffnet habe. Bestimmt ist das der Grund für den Wein.
»Soph«, jammere ich. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Sie zuckt mit den Schultern, aber wir wissen beide, warum. Der Grund schläft gerade in meinem Gästezimmer seinen Rausch aus.
Ich stoße mit ihr an und kümmere mich dann wieder um das Hühnchen. »Ich bin so stolz auf dich. Ist das der Artikel über die Foodtrucks?«
»Ja.« Sie könnte sich das Lächeln selbst dann nicht verkneifen, wenn man ihr die Lippen zusammentackern würde. »Es ist zwar kein besonders langer Artikel, und während der Recherche habe ich mindestens zehn Kilo zugenommen, aber es ist mein erster, der es auf die Titelseite geschafft hat.«
»Rede deine Arbeit jetzt nicht klein. Sei lieber stolz auf dich, Soph.« Ich führe das Weinglas zum Mund und trinke einen kleinen Schluck.
»Vielleicht schaffe ich es eines Tages, für ein großes New Yorker Magazin zu arbeiten, aber What’s Up L. A. ist zumindest ein Anfang.«
Da hat sie schon mehr erreicht als ich seit meinem Abschluss. Ich habe drei Jahre meines Lebens an Fink and Deed verschwendet.
»Moment mal!« Sie springt von der Theke.
Ich wedle mit den Händen und deute mit dem Kopf in Richtung Hinterzimmer. Meine Güte, wie alt bin ich bitte? Dreizehn? Als würde ich mich um drei Uhr nachts in die Wohnung schleichen.
»Sorry.« Sie senkt die Stimme. »Hast du dich nicht heute mit einem neuen Klienten getroffen?«
»Nächstes Thema, bitte.« Ich seufze frustriert.
Sie lehnt sich an die Küchentheke und führt das Glas an die Lippen. »So schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein.«
»Er gibt mir eine Woche, um mich zu beweisen, ansonsten kriege ich den Job nicht. Und dann ist er auch noch so verdammt attraktiv, dass ich mich gar nicht richtig konzentrieren konnte. Zumindest die Geschäftsfrau in mir. Meine private Seite hat ihm vielleicht ihre Brüste entgegengestreckt und beim Gehen die Hüften schwingen lassen, damit er den Hund links liegen lässt und mich über die Theke legt.«
Sie verkneift sich das Lachen und trinkt schnell einen Schluck Wein. »Tee, so schlimm kann es unmöglich gewesen sein. Wer ist er?«
»Sein Name ist Leo Vaughn. Er hat auf Etsy angefangen, und ihm gehört …«
»Canine Couture. Ich weiß. Ich habe schon von ihm gehört.« Sie reißt die Augen auf und nickt enthusiastisch.
»Dann weißt du auch, wie heiß er ist?«
Kurz wird ihr Lächeln noch breiter, bevor es komplett verschwindet. »Er ist schwul.« So, wie sie mich ansieht, könnte man glatt meinen, sie hätte mir gerade mitgeteilt, dass mein Freund mich betrügt.
»Schwul? Das glaube ich nicht.« Kopfschüttelnd wende ich das Hühnchen in der Pfanne.
»Jetzt mal im Ernst. Ich habe gehört, dass die Frauen bei ihm Schlange stehen, um ihn beim Frisieren der Hunde zu beobachten, dass er sein Privatleben mit seinen männlichen Liebschaften aber streng geheim hält.«
»Von wem hast du das denn gehört? Ich kann dir versichern, dass der Mann, den ich heute kennengelernt habe, definitiv nicht schwul ist. Er hat mir ununterbrochen auf die Brüste gestarrt.«
Sie zuckt mit einer Schulter. »Es ist aber so, Tee. Er ist schwul.«
»Mein Gay-Radar funktioniert eigentlich ganz gut. Und bei ihm ist er nicht angesprungen.« Ich greife nach meinem Weinglas und trinke einen ordentlichen Schluck, denn was ich da höre, enttäuscht mich mehr als es sollte.
Wieder zuckt Sophie mit den Achseln. »Du weißt, dass der Klatsch und Tratsch, den ich weiterverbreite, immer stimmt. Vielleicht hing deine Brust ja raus.«
Ich lasse das Treffen im Kopf Revue passieren. Nein, ich bin zu neunzig Prozent sicher, dass meine Brüste sicher verstaut waren und meine Bluse zugeknöpft war.
»Wahrscheinlich hat er auf den kleinen Kaffeefleck gestarrt.« Sophie deutet auf meine Bluse. Ich blicke an mir hinab und seufze.
»O Gott, kein Wunder, dass er mir den Job nicht geben wollte.« Ich lege den hölzernen Kochlöffel auf den Herd und greife nach einem Lappen. Während ich tupfend versuche, den Fleck zu beseitigen, muss ich an die Worte der älteren Dame denken, die zur selben Zeit in seinem Laden war.
»Vielleicht hast du doch recht. Als ich ankam, war noch eine Kundin da. Und als sie gegangen ist, hat sie irgendetwas von Grindr gesagt. In dem Moment habe ich mir gar nichts dabei gedacht.«
»Ich hab’s dir ja gesagt«, erwidert sie, die Lippen immer noch am Weinglas.
»Wenn ich ihm das nächste Mal begegne, muss ich sicherstellen, dass ich präsentabel aussehe. Kein Wunder, dass er mich nicht engagieren wollte.«
»Ich dachte, er würde dir eine Woche Zeit geben?«, hakt sie nach.
Ich gebe auf und werfe den Lappen in die Spüle. Wieder eine Reinigungsrechnung. »Das ist doch schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Was soll ich bitte in einer einzigen Woche erreichen, wenn ich bisher kaum etwas über seine Marke weiß? Ich bräuchte mindestens einen Monat. Er weiß genau, dass ich so schnell nichts liefern kann, aber so muss er wenigstens kein schlechtes Gewissen haben.«
»Zieh die Bluse aus.« Sophie streckt mir ihre Hände entgegen.
Ich öffne die Knöpfe und reiche sie ihr. Die kühle Luft von der Klimaanlage bereitet mir sofort eine Gänsehaut. Sie greift sich das Spülmittel unter dem Waschbecken und beginnt wie wild, mit bloßen Fingern zu schrubben.
»Ich helfe dir. Ich habe Beziehungen. Was will er denn?«, fragt sie, während ich mich um das Essen kümmere und sie weiter den Fleck bearbeitet.
»Er will seine Produkte in Tierhandlungen verkaufen. Aber dafür muss er erst seine Reichweite erhöhen, damit die Leute merken, dass seine Sachen gefragt sind.«
Sie nickt. »Okay, gib mir ein paar Tage. Ich lasse mir etwas einfallen. Du kriegst diesen Job. Und jetzt, da du weißt, dass er schwul ist, kannst du dich voll und ganz auf deine Arbeit konzentrieren.«
»Er sieht aber wirklich unheimlich gut aus, Soph.« Als ich mich daran erinnere, wie sein T-Shirt um seine Schultern spannte, als er den Hund hochgehoben hat, fällt mir glatt der Kochlöffel aus der Hand.
»Die schönsten Männer sind immer schwul. Ein schwuler Mann würde niemals mit seiner Hand in der Hose auf dem Sofa sitzen und den Sportkanal schauen.«
»Ähm …«
Wir müssen beide lachen.
»Du weißt, was ich meine«, fährt sie fort. »Der Job gehört auf jeden Fall dir, Tee.«
Ich nicke und hoffe inständig, dass sie recht hat, denn dieser Auftrag könnte für meine Zukunft entscheidend sein. Ich lasse es nie wieder zu, dass sich ein Mann zwischen mich und meinen Erfolg stellt.
TEEGAN
Ich überprüfe noch einmal die Adresse, um sicherzugehen, dass ich hier richtig bin. Warum braucht dieser Kerl noch mal Hilfe?
Ich warte nur darauf, dass es aus den Fenstern des Wohnkomplexes, vor dem ich stehe, gleich Hundert-Dollar-Scheine regnet. Das Meeresrauschen bestätigt den Wert der Wohnanlage. Ich weiß nur, dass Leo im ersten Stock wohnt, also steige ich die Treppe hoch.
Doch als ich zwei Stimmen höre, die sich streiten, bleibe ich auf halber Strecke stehen. Ein Mann und eine Frau rennen die Stufen auf der anderen Seite hinunter.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du den Timer stellen sollst«, schimpft sie und meistert die Stufen mühelos in ihren High Heels.
»Habe ich doch.« Unten bleibt er stehen und streckt die Arme nach ihr aus. »Ich fange dich auf.«
Sie bleibt stehen. Zwar zögert sie noch, doch auf ihren Lippen breitet sich ein Lächeln aus.
Tu es nicht. Das sind sechs Stufen.
»Wirklich?«
Der Kerl streckt ihr die Arme noch näher entgegen. »Vertraust du mir denn nicht?«
Sie strahlt ihn an, als wäre er ein Prinz auf seinem weißen Ross. »Natürlich vertraue ich dir, aber ich will mir vor den Dreharbeiten nichts brechen. Das wäre gar nicht gut.«
»Komm schon. Sei kein Feigling.«
»Solche Kindersprüche funktionieren bei mir nicht, Rose.«
So belustigt, wie sie dreinblickt, könnte ich wetten, dass sie springt. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor, aber ich kann sie nicht richtig zuordnen. Bestimmt irgendeine drittklassige Schauspielerin. Davon gibt es in Los Angeles Millionen.
Keine Sekunde später wagt sie mit geschlossenen Augen den Sprung. Sie landet so sanft in seinen Armen wie das Baby aus der Waschmittelwerbung auf dem Kissen. Er wirbelt sie herum, doch als er stehen bleibt, richten sich beide Augenpaare auf mich. Schlagartig wird mir bewusst, dass ich mit zwei Kaffeebechern in den Händen auf einer Treppe stehe und ein Liebespaar beobachte. Wie peinlich.
»Hey«, begrüßt mich der Typ.
Die Frau haut ihm auf die Schulter, also stellt er sie ab.
»Hi«, sagt sie.
»Kommst du oder gehst du?«, fragt er. Er ist süß. Er hat diesen Bad-Boy-Vibe mit tollem gewelltem Haar und einem Dreitagebart, den jetzt fünfzig Prozent der Männer in L. A. tragen. Lockere Ausstrahlung, in Jeans und T-Shirt. Bestimmt hat er im Gegensatz zu mir keine Stunde gebraucht, um sich fertigzumachen.
»Ich komme gerade. Wisst ihr zufällig, in welchem Apartment Leo Vaughn wohnt?«
»In dem am Ende des Flurs«, erwidert der Mann.
»Bist du mit ihm befreundet?«, fragt die Frau, macht einen Schritt nach vorn und setzt ihre Sonnenbrille auf.
»Nicht wirklich«, entgegne ich.
»Erwartet er dich?«, will der Typ wissen und ergreift ihre Hand.
»Ähm, auch nicht. Ich bin quasi seine PR-Beraterin.«
Als der Kerl den Kopf in den Nacken fallen lässt, wird mir klar, dass sie nicht nur Nachbarn, sondern Freunde sind.
»Er hat mir von dir erzählt. Du hast eine Woche, richtig?«, fragt er.
Ich nicke.
Die Frau starrt ihn ungläubig an. Er murmelt ihr irgendetwas zu, dann landen beide Augenpaare wieder auf mir. »Na ja, eigentlich sollte er zu Hause sein. Er und Cooper sind vor ungefähr fünfzehn Minuten von ihrer morgendlichen Joggingrunde zurückgekommen.«
»Oh, super. Danke.«
Cooper ist bestimmt sein Freund.
»Viel Glück.« Die beiden winken mir noch kurz zu, bevor sie eilig die Straße überqueren und auf einen Mercedes SUV zusteuern.
»Danke«, murmle ich vor mich hin.
Ich blicke die letzten Treppenstufen hinauf, die mir beinahe unüberwindbar erscheinen. Ich gehe hier ein Risiko ein. Leo würde gern mit jemandem zusammenarbeiten, der entspannter ist als ich, aber ich weiß, dass ich die Richtige bin für den Job.
Reiß dich zusammen, Teegan. Zeig Fink and Deed, was sie an dir verloren haben.
Entschlossen steige ich auch noch die restlichen Stufen hinauf und klopfe laut an die Tür.
Nichts.
Also klopfe ich erneut.
Da höre ich auf der anderen Seite der Tür ein scharrendes Geräusch.
Ich klopfe wieder.
Das Kratzen wird lauter und auch hektischer.
»Moment«, ertönt von drinnen Leos Stimme. »Ich komme.«
Das Kratzen verstummt, und die Tür öffnet sich. Ich bete dafür, dass Sophie recht hat. Hoffentlich ist er wirklich schwul, denn wenn nicht, muss man mich in eine Zwangsjacke stecken, damit ich die Finger von ihm lasse.
»Hi.« Ich halte die beiden Kaffeebecher in die Höhe und versuche, nicht auf seine tropfnasse Brust zu glotzen.
»Wie zur Hölle haben Sie mich gefunden?«, fragt er, ohne mich anzulächeln. Eher im Gegenteil.
»Ich kann ja schlecht all meine Quellen offenbaren, nicht wahr?« Ich schiebe mich an ihm vorbei. »Ich muss Ihnen heute folgen. Ich muss ein besseres Gespür für Ihr Unternehmen bekommen, um zu sehen, welche Richtung wir einschlagen sollten.«
Er schließt die Tür und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich reiße den Blick von seinem Sixpack los. In seinen Jeans mit dem offenen Knopf und barfuß verströmt er diesen Christian-Grey-Vibe. Selbst eine Nonne würde bei diesem Mann in Versuchung geraten. Bestimmt will mich der liebe Gott für irgendetwas bestrafen.
»Und warum tauchen Sie einfach unangekündigt bei mir zu Hause auf?« Er steht da, während zu seinen Füßen ein riesiger Hund sitzt. Ein sabbernder Hund. Igitt.
»Wer ist denn Ihr Freund?«, versuche ich, das Thema zu wechseln.
Er blickt nach unten. »Mein Hund.«
»Hat er auch einen Namen?«
Leos starrer Blick schüchtert mich so sehr ein, dass ich wegsehen muss. Ich begutachte sein aufgeräumtes Apartment, in dem alles einen bestimmten Platz zu haben scheint. Selbst die Fernbedienung liegt ordentlich neben dem Fernseher.
»Teegan, ich habe Ihnen gesagt, dass ich Ihnen eine Woche gebe. Das heißt aber nicht, dass Sie in mein Apartment eindringen sollen.« Er geht an mir vorbei in Richtung Flur. »Ich ziehe mir nur noch schnell ein T-Shirt an, dann begleite ich Sie zur Tür.«
Okay, ich habe es auf die nette Art probiert. Man kann mir nicht vorwerfen, dass ich es nicht versucht hätte. »Mich zur Tür begleiten? Genau, ziehen Sie sich ein T-Shirt an, dann unterhalten wir uns.«
Abrupt bleibt er stehen und dreht langsam den Kopf.
Scheiße.
Zu viel?
»Ich bin gleich wieder da«, knurrt er und verschwindet.
Ich höre eine Tür knallen, stelle die Kaffeebecher auf die Küchentheke und nehme sie aus dem Papphalter. Als ich den Deckel von meinem Becher abnehme, muss ich feststellen, dass sie meine Kaffeesahne vergessen haben. Ohne meinen morgendlichen Kaffee kann ich keine volle Leistung bringen.
Ich werfe einen Blick den Flur hinab und kann weder etwas sehen noch hören. Es stört ihn doch sicherlich nicht, wenn ich mir ein bisschen von seiner Milch stibitze. Wenn ich Glück habe, hat er sogar Kaffeesahne da. Ich schleiche mich zum Kühlschrank, öffne das Monstrum aus rostfreiem Edelstahl und schnappe mir den erstbesten weißen Karton. Ich gieße ein wenig in meinen Kaffee, schließe schnell den Deckel und stelle ihn zurück.
»Wollen Sie etwa Muskelmasse aufbauen?«
Ich wirble herum. Leo steht auf der anderen Seite der Kücheninsel.