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In einem abgeschiedenen Dorf im Großbritannien des 17. Jahrhunderts: Es ist eine finstere Zeit und im Schatten der Nacht lauern viele Gefahren … Die junge Heilerin Abigail führt ein einsames und beschwerliches Leben. Die meisten Dorfbewohner misstrauen ihr, trotz ihrer Hilfsbereitschaft und ihrer liebenswerten Art. Als ihr eines Nachts drei Männer auflauern und sich an ihr vergehen wollen, scheint ihre Situation aussichtslos. Überraschende Hilfe erscheint in Gestalt des Vampirs Lucien, der ganz eigene Pläne mit der hübschen Abigail verfolgt. Befreit von der ersten Gefahr, stolpert Abbie in die nächste. Verängstigt und fasziniert zugleich schafft sie es nicht, der Verführung des Vampirs zu widerstehen. Schnell wird ihr bewusst, dass sie nicht nur um ihr Leben fürchten muss, sondern auch um ihr Herz.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Danksagung
Weitere Bücher von Vanessa Carduie
Vanessa Carduie ist ein Mitglied der „Schicksalsweber“.
DAS BUCH
In einem abgeschiedenen Dorf im Großbritannien des 17. Jahrhunderts: Es ist eine finstere Zeit und im Schatten der Nacht lauern viele Gefahren …
Die junge Heilerin Abigail führt ein einsames und beschwerliches Leben. Die meisten Dorfbewohner misstrauen ihr, trotz ihrer Hilfsbereitschaft und ihrer liebenswerten Art. Als ihr eines Nachts drei Männer auflauern und sich an ihr vergehen wollen, scheint ihre Situation aussichtslos.
Überraschende Hilfe erscheint in Gestalt des Vampirs Lucien, der ganz eigene Pläne mit der hübschen Abigail verfolgt. Befreit von der ersten Gefahr, stolpert Abbie in die nächste. Verängstigt und fasziniert zugleich schafft sie es nicht, der Verführung des Vampirs zu widerstehen.
Schnell wird ihr bewusst, dass sie nicht nur um ihr Leben fürchten muss, sondern auch um ihr Herz.
DIE AUTORIN
Vanessa Carduie erblickte an einem grauen Herbstmorgen 1988 in Dresden das Licht der Welt. Geschichten faszinierten sie von klein auf und bald folgten die ersten eigenen Erzählungen. Mittlerweile hat sie einen Masterabschluss in Biologie und einige ihrer Geschichten veröffentlicht.
Ihre Geschichten sind eine Mischung aus Liebesroman, Krimi und Fantasy, je nachdem, an welchem Projekt sie gerade arbeitet. Mit ihren Büchern möchte sie ihre Leserinnen und Leser zum Lachen, Weinen und manchmal auch zum Nachdenken bringen. Dafür beschreitet sie auch gern ungewöhnliche Wege.
http://www.vanessa-carduie.com/
https://www.facebook.com/VanessaCarduieAutorin
Im Schatten der Nacht
Vanessa Carduie
Impressum
Text Copyright © 2016/2017 Vanessa Carduie
Dieses Buch unterliegt dem deutschen Urheberrecht. Das Vervielfältigen oder Veröffentlichen dieses Buches oder Teilen davon, ohne Zustimmung der Autorin, ist untersagt.
Coverdesign: Yvonne Less - art4artists.au Bildnachweis Cottage: http://depositphotos.com/2670855/stock-photo-old-clay-house.html
Korrektorat: Sandra Grüter
Lektorat: Jeanette Lagall - lektorat-lagall.de
2. überarbeitete Auflage (13. Dezember 2017)
Vanessa Carduie
Bärwalder Str. 3
01127 Dresden
Für alle, die ungeachtet ihres Alters noch gern Märchen lesen und an ein glückliches Ende glauben.
„Trenne dich nie von deinen Träumen.
Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben, zu leben.“
Mark Twain
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
dieses besondere Märchen ist ein eigenständiges Werk, was in keinem Bezug zur Schattenseiten-Trilogie steht. Der Ursprung dieser Geschichte reicht viele Jahre zurück und liegt tatsächlich in meiner Schulzeit.
Ich schrieb diese Geschichte vor den Schattenseiten und überarbeitete sie dieses Jahr zusammen mit meinen Testleserinnen und Testlesern und meiner wunderbaren Lektorin Jeanette Lagall. Auch wenn es eines meiner früheren Werke ist, wollte ich euch diese Geschichte nicht vorenthalten, und hoffe, dass ihr trotzdem Freude damit haben werdet.
Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank!
Eure
Vanessa Carduie
Es war einmal vor langer, langer Zeit. Damals lebte eine wunderschöne Frau in einem kleinen Dorf in einer ruhigen englischen Provinz. Ihr Name war Abigail. Sie war eine einsame, junge Frau von zweiundzwanzig Jahren, die in einfachen Verhältnissen lebte. Ihre Eltern waren sechs Jahre zuvor an einer mysteriösen Krankheit gestorben. Aber Abigail war stark und wollte sich von diesem Schicksalsschlag nicht unterkriegen lassen. Sie hatte gegen den Willen einiger Dorfbewohner darum gekämpft, weiterhin in der kleinen Hütte ihrer Eltern leben zu dürfen und schließlich gewonnen. Nach all den schlimmen Dingen, die ihr in der Vergangenheit widerfahren waren, musste sie nun hart arbeiten, aber sie war fest entschlossen, den Mut nicht zu verlieren und ihren Weg zu gehen.
Abbie verließ eines Abends mit zügigen Schritten das Dorf. Sie wusste, dass einige Männer ihr hinterherblickten und gierig betrachteten, wie ihre sanft gerundeten Hüften bei jedem Schritt mitschwangen. Manchmal taten sie mehr, als sie nur anzustarren, aber bis jetzt hatte sie immer alleine geschlafen. Leider war unter den Männern aus ihrem Dorf niemand, den sie mochte oder der gar ihr Herz schneller schlagen ließ. Die meisten ihrer Bewunderer hatten allerdings auch kein ehrenwertes Motiv - also Heirat - im Sinn. Daher ignorierte Abbie diese Männer die meiste Zeit und wagte auch nicht, zu lange in einsamen Gassen oder Schatten zu verweilen. Abbie war weder naiv noch optimistisch genug, um zu glauben, dass sie immer in der Lage sein würde, die Männer abzuschütteln. Ein- oder zweimal war es schon ein harter Kampf gewesen, sich von einem der aufdringlichen Kerle zu befreien. Das steigerte ihre Vorsicht, wenn sie außerhalb ihres Hauses unterwegs war.
Schon oft hatte sie ihr feuerrotes Haar verflucht, welches in Locken bis zu ihren Hüften reichte. Ein leichter Wind wehte ihr eine Strähne ins Gesicht, die sie unwirsch hinter ihr Ohr klemmte. Sie bereute, dass sie vorhin ihren geflochtenen Zopf geöffnet hatte, weil er zu straff geworden war und ihre Kopfhaut deshalb schmerzte. Auch wenn es unpraktisch war, so trug sie es gern offen. Das tat sie allerdings nur, wenn sie zu Hause war, denn ihre Lockenpracht schien die Rüpel nur noch stärker anzuziehen. Im Licht leuchtete es wie ein Signalfeuer und machte es schwer, sich unauffällig zu bewegen. Abbie seufzte. Vor dem Tod ihrer Eltern war sie relativ sicher gewesen, denn ihr Vater war ein respektiertes Mitglied der Dorfgemeinschaft und ein Mann, mit dem man sich nicht anlegen wollte. Aber die Zeit verging und aus dem süßen, kleinen Mädchen, auf das ihre Eltern immer so stolz gewesen waren, wurde eine erwachsene Frau. Eine Frau, der viele Blicke folgten, wenn sie im Dorf unterwegs war, um Einkäufe zu erledigen oder Kranke zu besuchen. Abbie war Heilerin und kümmerte sich um die Kranken im Dorf. Ein solcher Krankenbesuch war auch der Grund, warum sie erst zu so später Stunde nach Hause zurückkehrte. Ihre Fähigkeit, andere zu heilen, war für sie gleichzeitig Segen und Fluch. Sie sorgte dafür, dass sie etwas zu essen kaufen konnte, aber gleichzeitig animierte es die Leute - zusammen mit ihrem roten Haar - sie hinter ihrem Rücken als Hexe zu beschimpfen. Auch jetzt tuschelten ein paar Dorfbewohner hinter vorgehaltener Hand, während sie an ihnen vorbeiging. Sie wussten genau, dass Abbie zu gutherzig war, um jemanden zu verletzen oder zu verfluchen. Aber die Männer, die sie mit allen Mitteln haben wollten, waren gefährlich. Eine Frau ohne Ehemann oder Familie, die sie schützen konnte, galt als leichte Beute. Es war viel zu einfach, unheimliche Gerüchte zu verbreiten, die in den Köpfen der Abergläubischen schnell Wurzeln schlugen, und sich nur schwer wieder zerstreuen ließen. Allerdings hatte Abbie Glück, dass der Priester der kleinen Dorfkirche ihre Heilkünste als Gabe Gottes betrachtete und somit die Leute immer wieder beruhigte. Abbie war Pater Christoph dafür sehr dankbar, denn sie wusste, dass viele Kirchenväter anderer Meinung waren.
Die Männer und deren niedere Absichten waren nicht die einzige Gefahr, die sie im Schatten der Nacht verfolgte. Das ganze Gebiet wurde seit einigen Monaten von einer furchterregenden Finsternis der besonderen Art heimgesucht. In letzter Zeit waren schon viele Menschen nachts von unheimlichen Wesen getötet worden, weshalb die Dorfbewohner ihre Häuser nach Sonnenuntergang nur noch selten verließen. Nicht, dass es die Leute ausnahmslos schützen würde, aber das machte es den Kreaturen der Nacht etwas schwerer, an sie heranzukommen. Anfangs hatten sie gedacht, dass es Wölfe wären, die die Menschen so zugerichtet hatten. Bald darauf konnte das einzige überlebende Opfer jedoch berichten, dass der Täter ein Dämon in menschlicher Gestalt mit leuchtend roten Augen war, bevor es an seinen schweren Verletzungen verstarb. Man hatte Abigail als Heilerin herbeigerufen, doch da war es bereits zu spät. Obwohl sie alles Menschenmögliche versucht hatte, konnte sie sein Leben nicht retten.
Abbie war sehr froh, dass sie bis jetzt keinem dieser Dämonen begegnet war, denn sie wusste nun, was sie anrichten konnten. Allein der Gedanke an die zerfetzten Hälse und die anderen tiefen Wunden, die wahrscheinlich von Klauen oder Fängen stammten, die die Leichen der Opfer aufwiesen, ließ sie erschaudern.
„Verdammte Ausgeburten der Hölle!“, murmelte Abbie, als sie an diesem Abend nach Hause lief. Ihre kleine Hütte lag außerhalb des Dorfes und war mehr oder minder von Wald umgeben. Mit zügigen und sicheren Schritten ging sie den schmalen Pfad entlang, der zu ihrem Häuschen führte. Doch es war später, als ihr lieb war, denn die Nacht verdrängte bereits den Tag.
Erst vor Kurzem hatte sie gesehen, was sorglosen Menschen geschah, die nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen unterwegs waren. Der letzte Angriff hatte drei Menschenleben gekostet. Diesmal hatte es einen fahrenden Händler und seine Familie erwischt, die öfter im Dorf ihre Waren anboten. Es hätte nicht viel gefehlt und die Identifizierung der Opfer wäre unmöglich gewesen. Ein Rudel tollwütiger Wölfe hätte keinen größeren Schaden anrichten können, so zerfetzt waren ihre Leiber. Das Merkwürdigste allerdings war das fast vollständige Fehlen von Blut. Abbie wusste genau, dass der Boden am Fundort der Leichen eigentlich mit Blut hätte durchtränkt sein sollen. Trotz der vielfältigen Verletzungen gab es zu wenig davon.
Ein leichtes Schaudern ging durch ihren Körper und ihre Schritte beschleunigten sich bei der Erinnerung daran. Normalerweise wäre sie um diese Zeit schon längst zu Hause, aber der kleine Michael, erst sechs Sommer alt, war ernsthaft krank. Es schmerzte sie, den kleinen, lebensfrohen Jungen blass und bewegungslos im Bett liegen zu sehen. Sie hoffte inständig, dass ihre Kräutertränke ihn heilen konnten. Während der letzten Tage hatte sich sein Zustand etwas gebessert. So hatte sie ihrem Bedürfnis nachgegeben, zurück nach Hause zu gehen und endlich wieder mehr als nur ein paar Stunden zu schlafen.
Abbie war so tief in ihren Sorgen um Michael versunken, dass sie die drohende Gefahr viel zu spät erkannte. Das Geräusch von heimlichen Schritten und zerbrechenden Ästen hier und da ließ ihren Kopf hochschnellen und sandte einen kalten Schauer ihren Rücken hinunter. Ihre rechte Hand glitt zu ihrer Hüfte und umfasste den Griff des kleinen Dolches, den sie immer bei sich trug. Sie hasste es, anderen Wesen Schmerzen zuzufügen, aber sie würde alles tun, um die Männer davon abzuhalten, sich an ihr zu vergehen. Abigail wusste, dass sie es nicht rechtzeitig bis zu ihrer Hütte schaffen würde. Seit Tagen hatte sie nicht richtig geschlafen und war erschöpft, sonst hätte sie ihre Verfolger schon früher bemerkt. Sie holte tief Luft und stellte sich ihnen entgegen.
„Kommt raus. Ich weiß, dass ihr mir auflauert“, sagte sie mit lauter, sicherer Stimme, die keine Angst verriet.
Drei Männer traten aus dem Schatten der Bäume auf die kleine Lichtung, in deren Mitte Abbie stand, bereit, für ihre Jungfräulichkeit zu kämpfen. Ein Blick in die Augen der Männer genügte ihr, um zu erkennen, dass sie dieses Mal nicht nur um ihre Unschuld, sondern wohl auch um ihr Leben würde kämpfen müssen. In Gedanken fluchte sie. Es war schon schwierig genug, sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen und zu entkommen, aber diese drei waren fest entschlossen, sie für ihre wiederholte Zurückweisung teuer bezahlen zu lassen.
„Was wollt ihr?“, fragte Abbie und sah ihnen direkt in die Augen. Ein Anzeichen von Furcht oder Schwäche konnte sie umbringen.
Der größte und gleichzeitig auch der schlimmste der Männer, Callum, ging einen Schritt auf sie zu, während Rob und Pete abwarteten.
„Was denkst du, Schlampe?“, antwortete er mit einem bösen Lächeln. „Wir werden dich nehmen, wie es sich für eine Hure gehört, und du wirst für deine Arroganz bezahlen. Wie alle anderen Dirnen wirst du nach mehr lechzen, wenn wir mit dir fertig sind.“
Nun wurde Abbie wütend. „Meine Arroganz?! Ich wusste nicht, dass ein Mädchen verpflichtet ist, jedem Mann zur Verfügung zu stehen, wenn es ihm nach ihr gelüstet.“ Sie warf ihnen einen angewiderten Blick zu. „Ich würde euch noch nicht mal anfassen wollen, wenn ihr mehr als einmal im Jahr baden würdet! Ihr stinkt.“
Das war keine Lüge. Diese Männer waren alles andere als reinlich und ein Atemzug war genug, um einen auf Distanz zu halten. Ihre einfache Kleidung wies verschiedenste Schmutzflecken auf. Es wäre wahrscheinlich allzu nicht zu schwierig herauszufinden, was sie in den letzten Tagen gegessen hatten. Diese Männer waren Schweine, in mehr als einer Hinsicht.
Callums nicht gerade hübsches Gesicht lief rot an und seine Augen brannten vor Lust und Hass.
„Dafür wirst du büßen! Es ist Zeit, dir deinen vorlauten Mund zu stopfen. Du wirst lernen, wo dein Platz ist, und uns auf Knien um Vergebung anbetteln.“
„Niemals“, schwor Abbie. Sie wusste, dass die Chancen für sie äußerst schlecht standen, aber sie würde nicht kampflos aufgeben.
Im Schatten der Bäume lauerte jedoch etwas, das noch viel gefährlicher war, aber keiner der Menschen bemerkte es. Ein Vampir namens Lucien lehnte am Stamm einer alten Eiche und studierte die Szene, die sich ihm bot. Selbst unter seinesgleichen war er gefürchtet, was dafür sorgte, dass ihm selten ein Konkurrent in die Quere kam. Die Nacht war über den Wald und das Dorf hereingebrochen und er war auf der Jagd. Beim Erwachen nach Sonnenuntergang war der Blutdurst am stärksten. Der Geruch von drei erregten und wütenden Männern befeuerte seinen Hunger. Gleich mehrere Menschen zu finden, die sich in der Dunkelheit außerhalb ihrer sicheren Häuser aufhielten, war genau das, was er brauchte. Deswegen war er den Männern gefolgt, bis er sah, was sie vorhatten. Seine Augen glitten über die kleine Frau mit den flammendroten Haaren. Sie trug ein einfaches, dunkelgrünes Kleid, was jedoch ihren lieblichen Körper nicht verstecken konnte. Er benötigte weder seinen ausgeprägten Geruchssinn noch sein Gehör, um zu wissen, was die Männer wollten. Die Frau war jung und schön. Zudem besaß sie eine besondere Aura, deren Reinheit und Intensität sie förmlich erstrahlen ließ. Trotz der aussichtslosen Situation versteckte sie ihre Angst gut und trat ihren Verfolgern mit erhobenem Haupt entgegen. Es war beeindruckend, dass sie bereit war zu kämpfen und die Männer sogar noch verspottete.
Nur schade, dass sie dafür wohl teuer bezahlen wird. Lucien konnte seine Faszination und auch eine gewisse Achtung für sie nicht leugnen. Es war selten, dass sich eine Frau gegen Männer behauptete und sich nicht einfach unterdrücken ließ, wie es nach den Regeln der Gesellschaft erwartet wurde. Sein Blick wanderte über ihren Körper und er stellte sich vor, was sie noch so alles mit diesem vorlauten Mund tun könnte. Ein anderer Hunger erwachte zum Leben, den er nur zu gern stillen wollte. Lucien zwang seine Augen zurück zu den Männern, die ihre Beute eingekesselt hatten. So, wie sie sich bewegten, war es nicht das erste Mal, dass sie einer Frau auflauerten.
Es wäre nicht allzu schwierig, sie zu verjagen oder zu töten. Er reckte seine fein geschnittenen Gesichtszüge in die Luft und schnüffelte leicht. Intensive Gefühle, wie Lust oder Angst, gaben dem Blut eine besondere Note. Lucien lächelte, als er bemerkte, wie sich seine Fänge verlängerten. Er wusste, wem er welches Aroma verleihen wollte: Die Angst würde dem Lebenssaft der Männer eine herbe Note geben, während das Blut der Frau nach süßer Lust schmecken würde. Allerdings wäre es ratsam, seinen Blutdurst zuerst an den Angreifern zu stillen, bevor er sich der Frau widmete, sonst hätte er nicht genug Zeit, sich mit ihr zu vergnügen. Das wäre doch eine große Schande ...
Während er die Männer betrachtete, starteten sie ihre Attacke auf die Frau. Sie lieferte ihnen einen guten Kampf, war sogar in der Lage, einen von ihnen zu verletzen. Es dauerte dennoch nicht lange, bis sie flach auf ihrem Rücken lag und von zwei Männern festgehalten wurde. Lucien musste bald handeln, wenn er sie unversehrt haben wollte.
Abigail starrte wütend auf die Männer über ihr. Es verletzte ihren Stolz, dass sie sie so schnell überwältigt hatten, aber das wäre ihre geringste Sorge, falls sie das hier überleben sollte.
„Ihr seid so mutig. Drei Männer gegen eine kleine Frau. Hattet ihr Angst, dass ihr allein gegen mich verlieren würdet?“, schleuderte sie den Männern entgegen.
Als Antwort schlug Callum ihr kräftig ins Gesicht und für einen Moment sah Abbie Sterne. Sie wehrte sich dennoch gegen den festen Griff, der sie am Boden hielt. Auf jeder Seite hockte einer dieser Widerlinge und umklammerte ihre Handgelenke. Callum stand schadenfroh über ihr und leckte sich vor Gier die Lippen. Während des Kampfes hatte sie ihren Dolch verloren, allerdings erst, nachdem sie Callums Arm aufgeschlitzt hatte. Jetzt war er wirklich sauer.
„Verrückte Hexe! Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, dass du niemals geboren worden wärst“, drohte er.
Panik stieg in Abbie auf, aber sie würde ihnen nicht die Befriedigung geben und es zeigen. „Zur Hölle mit euch!“, zischte sie und spuckte ihm ins Gesicht.
Callum holte aus, um sie wieder zu ohrfeigen. Abbie schloss ihre Augen und versuchte, sich gegen den Schmerz zu wappnen. Doch der Schlag kam nicht, stattdessen spürte sie einen kalten Windhauch, der über ihren Körper fuhr. Verwundert öffnete sie die Augen und das Blut gefror in ihren Adern.
Ihr Peiniger schwebte wenige Schritte von ihr entfernt in der Luft und wurde von einem kräftigen Arm umklammert. Im nächsten Moment wurde sein Kopf zur Seite gerissen und die dunkle Gestalt hinter ihm vergrub ihre Fänge in seinem Hals. Alles ging so schnell, dass Abbie nur die roten Augen und die großen Reißzähne in einem schwarzen Nebel zu sehen bekam. Während Callum um sein Leben kämpfte, konnte sie erkennen, dass schulterlange, dunkle Haare das Gesicht des Vampirs verhüllten. Kalte Angst durchfuhr sie. Wenn ein starker Mann schon keine Chance gegen diese Kreatur hatte, dann war sie definitiv verloren. Sie versuchte erneut, sich aus dem Griff der anderen Rüpel zu befreien, und schaffte es diesmal tatsächlich. Rob und Pete waren so schockiert von dem Anblick, der sich ihnen bot, dass sie sie ganz vergessen hatten. Abbie kroch von den Männern und dem Monster weg und stand schließlich auf wackligen Beinen. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie ihren Dolch holen sollte, der neben den Männern lag, aber da ließ das Monster den leblosen Körper von Callum fallen. Sie wirbelte herum und rannte um ihr Leben.
Lucien leckte sich das Blut von den Lippen und beobachtete die zwei verbliebenen Menschen. Die Frau war so geistesgegenwärtig gewesen, sich aus ihrem Griff zu befreien und zu fliehen. Die beiden Männer waren jedoch noch immer erstarrt. Ihre kleinen Gehirne schienen nicht begreifen zu können, dass ihr ‚schöner‘ Plan mit der Vergewaltigung gescheitert war.
„Was? Seid ihr es nicht gewohnt, jemanden zu treffen, der stärker ist als ihr?“, fragte Lucien spöttisch und machte einen Schritt auf sie zu.
Das schien sie aus ihrer Starre zu lösen, aber zu spät. Lucien packte beide im Genick und schlug ihre Köpfe gegeneinander. Dann ließ er die bewusstlosen Männer achtlos auf den Boden fallen. Für den Augenblick war sein Blutdurst gestillt, aber er wollte sich die Gelegenheit auf einen weiteren Happen nicht entgehen lassen. Sich jetzt an ihnen zu nähren, würde zu lange dauern. Dann wäre die junge Frau außerhalb seiner Reichweite und das wollte er unter allen Umständen verhindern, deswegen fesselte er die Rüpel an einen Baum. Leichtfüßig sprang er über die zusammengesunkenen Gestalten und machte sich lautlos an die Verfolgung.
Abigail rannte, so schnell wie sie konnte, doch die Dunkelheit machte es ihr schwer, sich zu orientieren. In ihrer blinden Panik hatte sie den Pfad zu ihrer Hütte verfehlt und war in den Wald gelaufen. Gebüsch und Wurzeln hinderten sie am Vorankommen und brachten sie schließlich zu Fall. Schnell rappelte sie sich wieder hoch, aber da stellten sich ihre feinen Nackenhärchen auf. Abbie wusste, dass sie nicht mehr allein war. Vorsichtig sah sie sich um und versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung ihr Angreifer kommen würde. Sie war sich sicher, dass es diesmal nicht die Männer waren, denn außer dem Gefühl der Vorahnung gab es kein Anzeichen, dass sich jemand im Wald bewegte. Alles war still, zu still. Die Vögel waren schon lange verstummt. Auch alle anderen Tiere hatten sich versteckt und schienen den Atem anzuhalten. Eine verschwommene Bewegung zu ihrer Linken ließ sie herumfahren und ihr Herz setzte für einen Schlag aus.
Der Vampir hatte sie gefunden ...
Lucien sprang elegant von dem Ast, auf dem er gesessen und sein Opfer beobachtet hatte. Es war ein Leichtes gewesen, dem Geruch der jungen Frau zu folgen und an ihr vorbeizuhuschen. So konnte er genüsslich dabei zusehen, wie sie direkt in seine Arme lief.
Sie hatte etwas Faszinierendes an sich, was ihn magisch anzog. Langsam schritt er auf sie zu und verfolgte belustigt, wie sie rückwärts ging. Selbst jetzt wollte sie sich nicht geschlagen geben. Bewundernswert, dachte Lucien. Die meisten Menschen erstarrten bei seinem Anblick oder flohen kopflos. Diese dummen Leute glaubten doch wirklich, dass sie mich abschütteln könnten. Dabei war es gerade die Jagd, die Geschöpfe wie ihn reizte. Allerdings würde sie ihm nicht entkommen. Noch ein Schritt ...
Abigail blickte fassungslos auf den Vampir, der bedrohlich ruhig auf sie zukam. Sie machte einen weiteren Schritt nach hinten und prallte gegen etwas Hartes. Ihren Feind nicht aus den Augen lassend, tastete sie hinter sich, spürte jedoch nur Rinde und Moos. Nichts, was sie als Waffe benutzen könnte.
Jetzt bin ich verloren, dachte sie verzweifelt und beobachtete ihn.
Das fiel ihr überraschenderweise nicht so schwer. Das Monster verbarg sich in Gestalt eines gut aussehenden Mannes, der mindestens einen Kopf größer war als sie. Er trug schwarze Kleidung, die auf einen gewissen Reichtum schließen ließ und es ihm ermöglichte, mit den Schatten zu verschmelzen. Der Vampir bewegte sich mit einer unleugbaren Eleganz, die jedoch nicht vertuschen konnte, dass es sich bei ihm um ein Raubtier handelte. Als er nah genug war, um Details zu erkennen, sog Abbie die Luft zischend ein. Er hatte das Gesicht eines Engels mit glatter Haut, ebenmäßigen Gesichtszügen, sündigen Lippen, und Augen von einem dunklen Blau. Sein leicht gewelltes Haar reichte ihm bis zu seinen Schultern und war rabenschwarz. Je näher er kam, desto schneller schlug ihr Herz, allerdings nicht nur vor Angst. Diese Kreatur der Nacht war mit Abstand der attraktivste Mann, der ihr begegnet war. Nur leider war er kein Mann und würde sie töten ...
Fasziniert verfolgte Lucien jede Regung, die sich in ihrem hübschen Gesicht zeigte. Es war interessant, ihre Überraschung zu beobachten, während er ihr immer näher kam. Einen Schritt von ihr entfernt blieb er stehen und ließ seinen Blick genüsslich über ihren Körper schweifen. Unter dem Saum ihres Kleides schauten zierliche Füße in einfachen Schuhen hervor. Ihre schlanken Beine zeichneten sich unter dem dunklen Stoff ebenso deutlich ab wie ihre leicht gerundeten Hüften. Seine Aufmerksamkeit verweilte einen Moment auf ihren Brüsten, die sich mit jedem Atemzug hoben und senkten. Der Ausschnitt ihres Gewandes zeigte ein verführerisches Dekolleté und ließ einen Teil der Schultern sowie ihren zarten Hals frei. Ihr feuerrotes Haar ringelte sich in seidigen Locken und reichte fast bis zu ihrem Gesäß. Luciens Finger wollten sich in ihre Mähne wühlen und über ihren eleganten Hals streichen. Sein Blick wanderte zu ihren Augen, die von einem faszinierenden Grün waren und von dichten, dunklen Wimpern umrahmt wurden. Die rötlichen Augenbrauen darüber waren zart geschwungen und auf ihrer kleinen Nase saßen ein paar Sommersprossen.