In den finsteren Wäldern - Richard Laymon - E-Book

In den finsteren Wäldern E-Book

Richard Laymon

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Beschreibung

Wie böse Deine Fantasie auch sein mag – die von Richard Laymon ist schlimmer! Neala und ihre Freundin Sherri nutzen ihre Ferien, um durch die Berge Kaliforniens zu wandern. Sie ahnen nicht, dass man in dem Städtchen Barlow schon auf sie lauert.Die Bewohner verschleppen die Frauen in den Wald und fesseln sie an Bäume – dann laufen sie davon und lassen die beiden zurück.Die Gefangenen können nur warten. Auf die Dunkelheit … den Wahnsinn … die Schmerzen … die hungrigen Krulls.THE WOODS ARE DARK ist ein echter Horror-Klassiker. Laymons schockierendster Roman – erstmals auf Deutsch und in der ungekürzten Originalfassung. Mit einem Vorwort von Kelly Laymon, der Tochter des Autors, und einem Nachwort von Brett McBean. Dean Koontz: 'Laymon treibt es immer auf die Spitze … Keiner schreibt wie er, und seine Bücher bereiten immer wieder großes Lesevergnügen.' Stephen King: 'Wer sich Laymon entgehen lässt, verpasst einen Hochgenuss.'

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Seitenzahl: 239

Veröffentlichungsjahr: 2011

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Aus dem Englischen von Michael Krug

Folgendes ist passiert ...

von Kelly Laymon

... meine ursprüngliche Fassung von In den finsteren Wäldern kann nach der umfangreichen Umgestaltung, die mein Lektor von Warner Books verlangt hat, nie mehr wiederhergestellt werden ...

Richard Laymon

Nun, das Buch, das Sie in Händen halten, ist diese ursprüngliche Fassung. Bevor ich erkläre, wie genau mir das gelungen ist, möchte ich die Geschichte dieses Buches zusammenfassen.

Mein Vater bezeichnete In den finsteren Wäldern oft als das Buch, das seine Karriere ruinierte. Die lustige Erklärung dafür lautet, dass Warner Books die vorgeschlagene Umschlagsillustration änderte und das Design um die berüchtigte hässliche grüne Folienprägung ergänzte. Die etwas kompliziertere, unschöne und schmerzliche, aber genauso wahre Erklärung ist, dass Warner Books unzählige Neufassungen forderte und anschließend zu allem Überfluss noch eigene Eingriffe daran vornahm.

Den guten Leuten bei Warner Books gefiel nicht, was abgegeben wurde, und sie hatten mehrere Vorschläge, wie man es verbessern könnte. Sie wollten, dass die Kapitel mit Lander Dills entfernt und andere Handlungsstränge ausgebaut wurden. Obwohl Freunde wie Dean Koontz und Gary Brandner die ursprüngliche Fassung für gut befanden und bereit waren, ihr Lob dafür zitieren zu lassen, erklärte sich mein Vater mit den Änderungen einverstanden.

Ich war jung und eingeschüchtert und ich gab nach. Mann, und wie ich nachgab! Es war erbärmlich. Zu der Zeit wollte ich nur, dass die Leute von Warner Books den Roman annehmen. Ich hatte überhaupt kein Selbstvertrauen.

Richard Laymon

Er war mit der neuen Fassung recht zufrieden. Zwar stimmte es ihn traurig, dass große Teile des Romans entfernt werden mussten, aber alles, was zählte, war, dass Warner mitspielen würde. Dann erhielt er die Fahnen und sah, dass »ein analphabetischer Möchtegernlektor den Text überarbeitet hatte«. An der Stelle artete die Geschichte in den Albtraum jedes Schriftstellers aus.

Sätze, die dieser Schwachsinnige aneinandergereiht hatte, ergaben keinen Sinn mehr. Ganze Absätze waren herausgestrichen worden. Zeitliche Abfolgen waren durcheinandergeraten. Durch Änderungen an der Zeichensetzung waren grammatikalische Fehler entstanden. Ich kann gar nicht beschreiben, wie übel der Roman verstümmelt worden war. Ich war davon dermaßen erschlagen und frustriert, dass ich einmal tatsächlich in Tränen ausgebrach.

Richard Laymon

Er korrigierte jeden einzelnen Fehler und schickte das Manuskript zurück. Danach wurde ihm mitgeteilt, dass es Warner ein Vermögen kosten würde, die Fehler auszubessern, und dies daher nicht infrage käme. Das Chaos wurde unverändert veröffentlicht und verkaufte sich nicht gut. Mein Vater meinte immer, das hätte wahrscheinlich nicht an den Änderungen gelegen; allein der Umschlag hätte gereicht, um die Leute davon abzuhalten, das Buch überhaupt erst aufzuschlagen. Ein winziger Hoffnungsschimmer war, dass die Fehler für spätere, britische Ausgaben beseitigt wurden. Und das Buch eine wesentlich bessere Umschlagsgestaltung erhielt.

Diese Geschichte ist die Erklärung meines Vaters dafür, dass er fast 20 Jahre lang in Großbritannien erfolgreich war, in den Vereinigten Staaten jedoch außer in Anthologien und bei Kleinverlagen nirgendwo erschien. Seine Verkaufschancen waren im Eimer und so etwas verfolgt einen Autor jahrelang.

Das war so ziemlich das Ende der Geschichte.

Bis jetzt.

Die Fassung, die Sie gleich lesen werden, ist jene, die Warner Books ursprünglich vorgelegt wurde und für die Dean Koontz und Gary Brandner lobende Worte fanden. (Und da wir schon dabei sind, die Dinge richtigzustellen, sind ihre Zitate auf dieser Ausgabe zu finden!)

Wer die Warner-Ausgabe gelesen hat, wird feststellen, dass sich die beiden Bücher ab etwa Kapitel 8 stark voneinander unterscheiden.

Wie mir das gelungen ist? Zumal mein Vater selbst gemeint hatte, es sei unmöglich?

Ich bin nicht sicher. Es war alles da. Nur befanden sich die Teile nicht am selben Ort.

Seine 30 Jahre alten Manuskripte lagen in mehreren Kartons verstaut und im Verlauf der letzten sechs oder sieben Jahre spielte ich viele Male mit den verschiedenen Entwürfen herum. Ich war immer überzeugt davon, dass es möglich sei, die ursprüngliche Fassung zu rekonstruieren. Allerdings hatte ich dabei reichlich Fehlstarts. Ich musste mich mit jedem Entwurf des Manuskripts vertraut machen. Nicht anhand des Inhalts der Seiten, sondern anhand der Seiten selbst. Ich wertete sie aufgrund des Stils der Seitennummerierung und anderer Durchgängigkeitsmerkmale aus. Ich wollte keinen Entwurf lesen, bis sich für mich etwas herauskristallisiert hatte, das ich für das wahre Manuskript hielt.

Und natürlich waren alle Entwürfe von In den finsteren Wäldern vollständig und in der richtigen Reihenfolge – bis auf die Fassung, die sich als das Original erwies und über drei verschiedene Orte verteilt war.

Letztlich hatte ich zwei Seitenstapel. Einer bestand aus den ursprünglichen Kapiteln mit Lander Dills. (Diese wurden einmal gesammelt und bei einem Kleinverlag veröffentlicht.) Der andere Stapel enthielt das ursprüngliche Manuskript, in dem etliche Seiten fehlten. Die Lücken entsprachen genau den gelöschten Lander-Dills-Seiten. Die Kapitel und die Seitennummerierungen passten perfekt zueinander. Es war, als mische man zwei Hälften eines Kartenspiels. Alles fügte sich zusammen. Ich erklärte das Werk für vollbracht, las das Manuskript und begann es abzutippen. Wie ich vermutete, hielt es meiner Prüfung stand. Es zeigten sich weder Lücken in der Geschichte noch Fehler in der Durchgängigkeit oder Logik.

Ein kleines Problem allerdings hatte ich: Ich konnte die Seiten 264 und 265 nicht finden. Ich hatte den gesamten Roman und die letzte Seite – nur die vorvorletzte und die vorletzte Seite fehlten.

Handelte es sich lediglich um einen Fall fehlerhafter Seitennummerierung? Alles passte tadellos zusammen. Sollten diese beiden Seiten vielleicht bewusst leer bleiben? Offensichtlich war jedoch, dass diese Seiten den Abschluss der Geschichte von Lander Dills enthalten mussten. Es war das einzige ungelöste Problem. Ich sah in der Ausgabe des Kleinverlages mit den aus In den finsteren Wäldern gelöschten Szenen nach. Kein Glück. Auch darin fand sich kein Abschluss dieses Handlungsstrangs.

Waren die Seiten für immer verloren? Hatte mein Vater deshalb gesagt, es sei unmöglich, die ursprüngliche Fassung wiederherzustellen?

Ein letztes Mal setzte ich mich mit den Kartons voll Manuskripten hin. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, wenn ich nichts fände. Und ich wollte gar nicht erst daran denken, diese Aufgabe unvollendet lassen zu müssen. Dann stieß ich am Boden des Kartons mit dem handschriftlichen Entwurf auf eine mit Schreibmaschine getippte Seite. Es handelte sich um Seite 264, betitelt mit »Epilog«. In der ersten Zeile sang Lander ein beschwingtes Lied. Die Seite dahinter war Nummer 265 und brachte Landers Geschichte zu Ende.

Ich war so erleichtert, dass ich erst lachte und dann ein wenig weinte. Es war vollbracht. Knapp 30 Jahre lang hatte ein Unrecht bestanden. Das Buch war vor meiner Geburt geschrieben worden, und ich war noch keine 6 Monate alt, als das Manuskript schließlich eingereicht wurde. Als die Sache den Bach runterging, war ich noch ein Baby, doch ich habe die Geschichte zu Lebzeiten meines Vaters viele Male gehört.

Jedenfalls hoffe ich, dass mein Unterfangen keine gewaltige, aber vergebliche Liebesmühe war. Ich hoffe, die langjährigen Fans werden diese ursprüngliche Fassung genauso sehr (oder mehr!) genießen als jene, der sie zuvor ausgesetzt wurden. Und ich hoffe, sie wird den neueren Fans so sehr gefallen, dass sie nie neugierig genug werden, um nach der Warner-Ausgabe bei eBay zu suchen. Aber sollte ich dennoch versagt haben, so hätte es nie getan werden sollen, dann wäre das nur der nächste logische Schritt in der Saga dieses Buches.

Kapitel 1

Neala O’Hare verlangsamte ihren MG, als die schmale Straße eine Kurve beschrieb. Die Abendsonne befand sich nicht mehr hinter ihr. Schatten der hohen Bäume verhüllten mit ihren dunklen Umhängen die Fahrbahn. Neala nahm ihre Sonnenbrille ab.

Sherri, die neben ihr saß, sog plötzlich scharf die Luft ein.

Neala sah es auch. Sie stieg auf die Bremse.

Ihre Freundin stützte sich reflexartig mit einer Hand an der Windschutzscheibe ab, als der Wagen jäh zum Stehen kam.

Vor ihnen schleppte sich mit kraftvollen, haarigen Armen ein beinloses Ding über die Straße.

»Was um alles in der Welt ist das?«, murmelte Sherri.

Neala schüttelte den Kopf.

Dann wandte es sich ihnen zu.

Nealas Hände umklammerten das Lenkrad. Verblüfft versuchte sie zu begreifen, was sie vor sich sah. Das Gesicht erinnerte nur entfernt an das eines Mannes.

Die Kreatur änderte die Richtung und begann, sich auf den Wagen zuzuschleppen.

»Weg hier!«, rief Sherri. »Schnell! Setz zurück!«

»Was ist das?«, fragte Neala.

»Fahr endlich!«

Neala fuhr rückwärts, allerdings langsam, gerade schnell genug, um Abstand zu der sich nähernden Kreatur zu halten. Sie konnte den Blick nicht von deren aufgedunsenem Gesicht abwenden.

»Überfahr es!«, herrschte Sherri sie an.

Neala schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Ich glaube, es ist ein Mann.«

»Wen interessiert’s? Um Himmels willen, überfahr es und lass uns verschwinden!«

Das Geschöpf richtete sich auf und balancierte auf seinem Rumpf, um die Arme freizubekommen. Es starrte Neala anzüglich an.

»O Gott«, stieß Sherri hervor.

Es fingerte an einer Öffnung seiner pelzigen Weste. Eine Tasche? Dann zog es eine abgetrennte menschliche Hand daraus hervor, küsste deren Handfläche und warf sie. Die Hand flog auf Neala zu. Sie duckte den Kopf, spürte sie in ihrem Haar und schlug sie weg. Die Hand fiel in die Lücke zwischen den Schalensitzen.

Das beinlose Wesen schleppte sich von der Straße und verschwand im Wald.

Neala blickte auf die Hand hinab, auf die gekrümmten Finger, die korallenrot lackierten Nägel, den weißen Hautstreifen, wo sich mal ein Ehering befunden hatte. Sie beugte sich seitwärts über die Tür und übergab sich auf den Asphalt. Anschließend drehte sie sich ihrer Freundin zu.

»Wir müssen sie loswerden«, sagte Sherri.

»Ich ...«

Sherri knurrte, als wäre sie wütend, ergriff die Hand an den Fingern und schleuderte sie aus dem Auto. »Gott!« Angewidert wischte sie sich ihre eigene Hand an den Shorts ab.

Neala raste los.

Während sie fuhr, lief der Zwischenfall in ihrem Geist immer und immer wieder ab. Sie verspürte den Drang, einen Sinn darin zu erkennen, aber egal, wie sehr sie sich konzentrierte, es ergab sich kein Muster, das sie akzeptieren konnte. Die Szene gehörte in einen Albtraum, nicht auf eine friedliche Straße auf dem Weg nach Yosemite.

Sie war froh, als sie eine Ortschaft auftauchen sah – keine besonders große, das war klar. Hier oben in dieser Gegend gab es keine großen.

»Vielleicht haben sie hier eine Polizeistation.«

»Du hast doch nicht etwa vor, anzuhalten!«

»Wir sollten es jemandem sagen.«

»Sag es Pater Higgins, um Himmels willen. Heb’s dir für die Beichte auf. Herrgott, lass uns einfach abhauen.«

»Wir können es nicht einfach vergessen.«

»Es vergessen? Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich vor mir dieses widerliche, aufgedunsene ...« Sherri schüttelte jäh den Kopf, als wolle sie das Bild abschütteln. »Verdammt, das werde ich nie vergessen. Aber wir müssen deswegen nicht rumlaufen und eine große Sache daraus machen, okay? Wir behalten es einfach für uns. Weißt du, was passiert ist, ist passiert.«

Die Hälfte der Ortschaft hatten sie bereits hinter sich gelassen. Vor ihnen sah Neala einen Laden für Angelköder, Terk’s Diner und das Sunshine Motor Inn.

»Warum halten wir nicht bei dem Imbiss?«, schlug Neala vor.

»Warum lassen wir es nicht?«

»Komm schon, es ist fast sieben. Wir könnten beide ein Abendessen vertragen.«

»Du meinst, du kannst nach dieser Geschichte noch essen?«

»Ich kann es zumindest versuchen. Auf jeden Fall möchte ich aus dem Auto und mich entspannen. Darüber nachdenken. Darüber reden. Außerdem haben wir keine Ahnung, wann wir das nächste Mal an einem Restaurant vorbeikommen.«

»Du nennst das ein Restaurant?«

»He, das ist genau der richtige Laden für dich. Wahrscheinlich verdreckt, mit schmutzigen Löffeln und zwielichtigen Gestalten.«

Sherri brachte ein Lächeln zustande. »Na schön. Aber das mit dem Freak behalten wir für uns.«

Neala bog auf den Schotterparkplatz ein und stellte den Motor ab. Sie schlossen das Verdeck, kurbelten die Fenster hoch und verriegelten die Türen. Bevor sie sich in Bewegung setzten, streckte sich Neala. Von dem langen Tag im Auto fühlte sie sich völlig steif. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, drückte die Schultern zurück und spürte wohlig, wie sich ihre Muskeln anspannten. Die Bewegung straffte ihre Bluse über ihren Brüsten. Es gefiel ihr, wie sich der Stoff an ihren Nippeln anfühlte. Dabei musste sie dran denken, wie lange es zurücklag, seit sie zuletzt die leidenschaftliche Berührung der Finger oder Zunge eines Mannes an ihren Brüsten gespürt hatte.

Vielleicht würde sie in Yosemite Glück haben.

Und einen rauen Gebirgskerl kennenlernen.

Und für Sherri auch einen. Ich bin ja nicht selbstsüchtig.

»Ich fühle mich fast schon wieder menschlich«, sagte sie, als sie hinter dem Auto zu Sherri trat.

Die beiden überquerten den Schotterparkplatz zum Eingang des Lokals. Sherri zog die Insektenschutztür auf und sie traten ein.

Neala gefiel die Wärme. Die vertrauten Gerüche weckten in ihr die Lust auf einen Cheeseburger mit Pommes. »Theke?«, fragte sie, als sie zwei leere Stühle am Ende erblickte. Die anderen sechs waren besetzt.

»Nehmen wir einen Tisch«, erwiderte Sherri, womit sie Neala überraschte. Für gewöhnlich zog Sherri die Theke vor, wo sie gern Unterhaltungen mit Fremden anfing.

An diesem Abend anscheinend nicht.

Sie nahmen einander gegenüber an einem Tisch etwas abseits Platz. Kurz begegnete Sherris Blick jenem Nealas, dann senkte sie ihn.

»Jetzt sei wieder fröhlich«, forderte Neala sie auf.

»Klar.«

»Sei nicht so. Bitte.«

»Oh, wie sollte ich denn sein?«

»Wie die mutige Siegerin, die alle kennen und bewundern.«

Damit entlockte sie Sherri nicht einmal ein Lächeln.

Neala brauchte dieses Lächeln. Sie hatte sich noch nie so verängstigt, so allein gefühlt. Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt dafür, dass Sherri so schweigsam und trübsinnig wurde.

»Hilft es, wenn ich mich entschuldige?«, fragte Neala.

»Du kannst nichts dafür.«

»Der Wanderurlaub war meine Idee.«

»Der Freak war nicht deine Idee.«

»Das ist mal sicher. Aber wenn wir zu Hause geblieben wären ...«

»Schon gut. Vergiss es.«

Die Kellnerin kam. »Tut mir leid, dass ihr warten musstet.« Sie stellte Gläser mit Wasser auf den Tisch und gab ihnen beiden jeweils eine Speisekarte.

Als sie ging, sahen die beiden jungen Frauen die Speisekarten durch. Normalerweise unterhielten sie sich über das Angebot, entschieden vielleicht, sich Pommes oder Zwiebelringe zu teilen oder diskutierten darüber, ob sie »drauf pfeifen« und nur Milchshakes bestellen sollten. An diesem Abend schwiegen sie beide.

Die Kellnerin kam zurück. »Schon gewählt?«

Neala nickte. »Ich nehme euren Terkburger Special und Eistee.« Sie beobachtete, wie die dürre Frau ihre Bestellung mit ernster Miene notierte.

Kann heute Abend denn gar niemand lächeln?, fragte sie sich.

Mit einem solchen Ring am kleinen Finger sollte sich diese Frau wie ein Schneekönig freuen.

»Ein Rindfleischsandwich mit Zwiebeln und Käse«, sagte Sherri. »Pommes und eine Pepsi.«

Die Frau nickte und ging davon.

Sherri sah ihr mit gerunzelter Stirn nach.

»Hast du ihren Ring gesehen?«, fragte Neala in der Hoffnung, die betretene Stimmung zu durchbrechen.

»Wie hätte ich den übersehen können? Das Ding hätte mich fast geblendet.«

»Glaubst du, er ist aus Glas?«

»Für mich hat er ziemlich echt ausgesehen. Natürlich bin ich keine Expertin. Außerdem habe ich meine Juwelierlupe zu Hause gelassen.«

Neala lachte und erblickte den Ansatz eines Lächelns in Sherris Gesicht. »Hat wie ein Ehering ausgesehen«, meinte sie.

»Falscher Finger. Und falsche Hand. Wahrscheinlich ist sie rausgewachsen.«

»Die? Sie besteht ja nur aus Haut und Knochen.«

»Vielleicht ist es ein Freundschaftsring«, schlug Sherri vor. »Ich könnte so einen Freund brauchen. Dem das Geld nur so aus dem Arsch quillt. Wäre ich diese Frau, ich würde innerhalb von etwa zwei Sekunden auf dieses Kaff scheißen. Mir den Kerl schnappen und in die große Stadt verduften.«

Als die Kellnerin ihr Essen brachte, beobachteten sie beide deren Hand.

»Was glaubst du?«, fragte Neala, als sie fort war.

»Ich glaube, er ist echt.«

Neala biss in ihren Terkburger: eine dicke Frikadelle auf Sesambrötchen. Saft rann ihr übers Kinn. Sie wischte ihn mit dem Handrücken ab und griff nach einer Serviette. »Köstlich«, sagte sie.

»Meins auch«, erwiderte Sherri. Seitlich aus ihrem Sandwich baumelten lasche Zwiebelstreifen.

»Zwiebelatem.«

»Hast du vor, mich zu küssen?«, fragte Sherri.

»Nicht heute Nacht.«

»Verdammt, und dabei hatte ich mich schon so drauf gefreut.«

»Du wirst mit Sicherheit das Zelt vollstinken. Vielleicht sollten wir besser unter freiem Himmel schlafen.«

»Was, wenn es regnet?«, fragte Sherri mit vollem Mund, wodurch ihre Worte gedämpft klangen.

»Dann werden wir nass.«

»Das will ich nicht.«

»Besser nass als Zwiebelgase im Zelt.«

»Ach ja?« Sherri hob die obere Sandwichscheibe hoch, ergriff mit Zeigefinger und Daumen einen verworrenen Klumpen Zwiebeln und ließ ihn auf Nealas Teller fallen. »Du isst auch davon. Zu meiner Absicherung.«

Lachend legte Neala die Zwiebeln auf ihren Terkburger und aß.

Bald waren ihre Teller leer. Neala dachte daran, zum Auto zurückzukehren. Sie wollte es aber nicht.

»Was hältst du von Nachtisch?«, fragte Sherri, als hätte auch sie es nicht eilig damit, zu gehen.

»Gute Idee.«

Dies war kein Zeitpunkt zum Kalorienzählen. Neala zerbrach sich darüber ohnehin selten den Kopf; sie hatte kein Problem damit, ihre schlanke Figur zu halten. Trotzdem fühlte sie sich bei fettigen Desserts immer schuldig. An diesem Abend allerdings war es die Schuldgefühle wert, die Rückkehr zum Auto hinauszuzögern.

Beide bestellten einen Eisbecher mit Karamellsauce. Sie aßen langsam, stocherten in der Eiscreme, in dem dicken warmen Sirup, in der mit gehackten Nüssen bestreuten Schlagsahne.

»Das Ding wird mir gute zwei Zentimeter auf die Hüften packen«, meinte Sherri. Sie war ein Handbreit größer als Neala und hatte breite Schultern, einen üppigen Busen und ausladende Hüften. Sherri war keineswegs dick, aber ein, zwei Zentimeter mehr an der Hüfte würden bei ihr nicht besonders auffallen. Neala beschloss, diese Beobachtung für sich zu behalten.

»Das schuften wir diese Woche locker wieder runter«, sagte sie stattdessen.

»Schon toll, wenn man seinen Urlaub mit Müh und Plag verbringt.«

»Es wird dir gefallen.«

»Klar doch. Es würde mir dann super gefallen, wenn Robert Redford zu unserem Lagerfeuer käme, ich ihn mit meinem Esprit und Charme glatt umhaue und er mich mitnimmt. Aber bei meinem Glück würde er sich in dich verknallen.«

»Ich würde ihn mit dir teilen.«

Als die Eisbecher leer waren, bestellten sie Kaffee.

Danach müssen wir gehen, dachte Neala. Zurück zum Auto. Zurück auf die schmale, dunkle Straße durch die Wälder.

Wir können nicht die ganze Nacht hierbleiben.

Sie beobachtete, wie die Kellnerin die hölzerne Eingangstür schloss. Durch das Fenster sah sie, dass die Abenddämmerung angebrochen war. Der Schotter des Parkplatzes zeichnete sich als verschwommenes Grau ab. Auf der anderen Straßenseite blinkte das Schild des Sunshine Motor Inn in tristem Blau. Es zeigte an, dass Zimmer frei waren.

Ihr Blick begegnete jenem Sherris.

»Kommt nicht infrage«, sagte Sherri.

»Ich weiß. Ich will auch nicht bleiben. Ich will nicht gehen und ich will nicht bleiben.«

»Wir werden uns wesentlich besser fühlen, sobald wir einige Meilen hinter uns haben.«

Neala nickte zustimmend.

»Aber bevor wir irgendetwas tun, muss meine Wenigkeit mal aufs Klo.«

Während sie weg war, trank Neala eine weitere Tasse Kaffee.

Als Sherri zurückkam, ging Neala. Die Toilette, die sich im hinteren Bereich des Lokals befand, erwies sich als sauber und angenehm. Sollte sie auch sein, dachte Neala. Immerhin scheint das Lokal stinkreichen Leuten zu gehören.

Sie kehrte zum Tisch zurück. Sherri hatte das Trinkgeld bereits hingelegt. Sie brachten die Rechnung zur Kasse. Diesmal war Neala mit dem Bezahlen an der Reihe.

Für unterwegs kaufte sie noch zwei Packungen Minzbonbons.

Die Kellnerin ließ Wechselgeld in ihre Hand rieseln. »Beehrt uns bald wieder«, sagte sie.

Sherri griff nach dem Türknauf und versuchte, ihn zu drehen. Er rührte sich nicht. Sie versuchte es erneut. »He, Miss?«, rief sie zur Kellnerin.

Die Köpfe aller Gäste an der Theke drehten sich ihnen zu.

»He, Miss, die Tür klemmt.«

Die Gäste starrten sie an. Ein paar der Jüngeren lächelten, die meisten jedoch schauten düster drein.

»Die klemmt nicht, Schätzchen. Sie ist abgesperrt.«

Neala spürte, wie blanke Angst ihre Eingeweide zusammenkrampfte.

»Wie wär’s damit, sie aufzusperren?«, fragte Sherri.

»Ich fürchte, das kann ich nicht tun.«

»Ach ja? Und warum nicht?«

»Weil ihr beide hierbleibt.«

Mit einem breiten Grinsen wandte sich die Kellnerin den anderen Gästen zu – denselben Gästen, wie Neala plötzlich erkannte, die bereits an der Theke gesessen hatten, als Sherri und sie vor so langer Zeit angekommen waren.

Schweigend kletterten vier der Männer von ihren Hockern.

Kapitel 2

Lander Dills schaltete das Fernlicht aus, als sich um eine Kurve ein Wagen näherte. Als das Fahrzeug verschwunden war, schaltete er es wieder ein und verdoppelte so die Helligkeit der Straße und des Walds vor ihm.

»Das ist der Urwald«, verkündete er. »Murmelnde Kiefern und Schierling.«

»Das ist Dad, wenn er sein Evangeline-Programm abspult«, sagte Cordelia auf dem Rücksitz zur Erklärung für Ben. »Er hat regelmäßig dichterische Anwandlungen.«

»Macht doch nichts«, meinte Ben.

Guter Junge, dieser Ben. Er konnte zwar Jambus nicht von Daktylus unterscheiden, was ihn nicht mal interessierte, aber er schien einigermaßen intelligent und höflich zu sein. Als Highschool-Lehrer hatte Lander von der anderen Sorte genug für ein Dutzend Leben kennengelernt. Gott sei Dank hatte seine Tochter guten Geschmack, was Freunde anging.

»Longfellow kannte sich aus«, sagte Lander. »Der Urwald. Man kann ihn in den Knochen spüren – die Stille, die Abgeschiedenheit. Da draußen hat sich seit tausend Jahren nichts verändert. ›Beim dunstigen Sumpf von Auber, in dem spukhaften Waldland von Weir.‹«

»Das Poe-Programm«, erklärte Cordelia.

»Mittlerweile hätte ich nichts gegen sein Motel-Programm«, meldete sich Ruth zu Wort.

»Mom ist auch geil.«

»Das habe ich nicht gemeint, Cordie, und das weißt du genau!«

Cordelia und Ben lachten. Das Motel-Programm. Es versetzte Lander einen Stich im Herzen, als er sich seine Tochter unter Ben vorstellte, nackt und stöhnend. So, wie die beiden sich verhielten, hatten sie es bereits getan. Der Gedanke verursachte ihm Übelkeit, als hätte er etwas Kostbares verloren. Allerdings war sie 18. Alt genug, um zu wissen, was sie tat, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Er konnte sie nicht davon abhalten. Er wollte es auch nicht versuchen. Trotzdem schmerzte es ihn.

»Wir sollten ziemlich bald nach Barlow kommen«, sagte Ruth und leuchtete mit der Taschenlampe auf die Straßenkarte auf ihrem Schoß. »Wie wär’s, wenn wir dort anhalten?«

»Willst du nicht versuchen, zum Mule Ear Lake durchzufahren?«, fragte Lander.

»Bis dorthin sind es noch Stunden, Schatz. Wir wären frühestens um Mitternacht dort, und wir haben Mr. Elsworth gesagt, wir würden um neun eintreffen. Wahrscheinlich würde er schon schlafen. Außerdem waren wir den ganzen Tag unterwegs.«

»Wenn wir tatsächlich den ganzen Tag unterwegs gewesen wären, dann wären wir inzwischen dort.«

»Da haben wir’s«, sagte Cordelia. »Dad, der General. Seine Vorstellung von Urlaub ist, sich vor Sonnenaufgang auf die Straße zu schwingen.«

»Also, ich persönlich habe kein Problem damit, in diesem Barlow zu übernachten«, gab Lander zurück. »Ich mein’s nur gut mit euch.« Er grinste Ruth durch die Dunkelheit an. »Ich hoffe, dir ist klar, dass es dort kein Hyatt geben wird.«

»Solange die Laken sauber sind ...«

»Kinder, möchtet ihr lieber anhalten oder zur Hütte durchfahren?«

»Lass uns anhalten«, antwortete Cordelia. »Das wird lustig.«

»Mir ist beides recht, Mr. Dills.«

»Naja, wir werden sehen«, brummte er.

Er würde nicht darüber streiten. Das war es nicht wert. Lander übernahm gern die Rolle des Anführers, allerdings nur, solange niemand seine Entscheidungen anzweifelte. Und seine Entscheidung war von Anfang an gewesen, durchzufahren. Nun war er überstimmt worden.

Zufrieden und ohne es jemandem zu sagen, wechselte er die Rolle vom Anführer zum Chauffeur.

Wenn sie die Dinge in die Hand nehmen wollten, dann sollten sie ruhig. Er würde sich, der Verantwortung entbunden, zurücklehnen und die Sache beobachten. Mit größter Wahrscheinlichkeit würden sie es vermasseln.

Bald erreichten sie die Ortschaft Barlow. Lander fuhr an einer geschlossenen Tankstelle, einem Gemischtwarenladen und Biffs Eisenwaren- und Sportartikelgeschäft vorbei. Weiter vorne rechts befand sich Terk’s Diner. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand auf der blinkenden blauen Hinweistafel des Sunshine Motor Inn »Zimmer frei« zu lesen.

»Hier wollt ihr bleiben?«, fragte Lander und wurde langsamer. Es war kein richtiges Motel, sondern eine Ansammlung von Hütten hinter einem schäbigen Büro.

»Ich weiß nicht recht«, meinte Ruth zweifelnd.

Lander grinste.

»Was denkst du?«, fragte sie ihn.

»Deine Entscheidung. Sollen wir es versuchen?«

»Was meint ihr, Kinder?«, fragte Ruth.

»Ich weiß auch nicht«, antwortete Cordelia. »Sieht irgendwie unheimlich aus.«

Lander hielt den Wagen mitten auf der Straße an. Er wartete und behielt den Rückspiegel im Auge, falls ein Auto käme.

»Sollen wir?«, wollte Ruth von ihm wissen.

»Wenn du willst.«

»Du bist ja eine große Hilfe«, beschwerte sie sich.

»Sag etwas, dann bleiben wir.«

»Na schön«, meinte Ruth. »Versuchen wir’s.«

Lander schaltete den Blinker ein, bog ab und hielt neben dem Büro, in dem Licht brannte. »Ihr könnt ruhig hier warten.«

»Moment«, sagte Ruth. »Was hast du vor?«

»Uns anmelden.«

»Du weißt, was ich meine.«

»Ich glaube kaum, dass wir alle in eine dieser Hütten passen, du etwa?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Also besorge ich uns zwei. Eine für die Jungs, eine für die Mädchen.«

»O Dad!«

»Nein«, sagte er. »Ich bin gern bereit, die Nacht hier zu verbringen, wenn das alle wollen, aber ich werde nicht Cordelias sexuelle Eskapaden fördern.«

»Lander!«

»Herrgott, Dad!«

»Das war unnötig«, schalt ihn Ruth.

Lander hatte mit einer Auseinandersetzung wegen der Schlafordnung für die Reise gerechnet. Es wäre besser gewesen, das schon vorher zu klären, aber er hatte gehofft, es irgendwie zu vermeiden. »Tut mir leid, aber so sehe ich es nun mal«, blieb er hart. »Solange wir alle zusammen sind, schlafen die beiden nicht in einem Zimmer. Nicht hier, und auch nicht in der Ferienhütte.«

»Na toll«, brummte Cordelia. »Einfach toll.«

»Entweder so, oder wir drehen um und blasen die ganze Sache ab.«

»Damit hätte ich kein Problem«, gab Cordelia zurück.

»Ich aber schon«, warf Ruth ein. »Wir sind hier hochgefahren, um eine schöne Zeit zu verbringen, und das werden wir auch tun. Ich bin mit deinem Vater einer Meinung. Wir haben Ben zu Hause nie erlaubt, die Nacht mit dir zu verbringen, und ich wüsste nicht, weshalb wir jetzt damit anfangen sollten, nur, weil wir im Urlaub sind. Wärt ihr verheiratet, dann wäre das etwas anderes, aber ...«

»Ehe. Die Lizenz zum Vögeln.«

»Wenn du so denkst«, sagte Lander, »dann hast du noch einen weiten Weg vor dir, bis du erwachsen bist.«

»Ich stimme deinen Eltern zu«, meldete sich Ben zu Wort.

»Herzlichen Dank.«

»Nicht wegen dem Erwachsenwerden. Du weißt schon, was ich meine.«

Cordelia seufzte. »Was soll das werden? Verschwören sich heute Abend alle gegen mich?«

»Ich besorge uns die Zimmer«, sagte Lander. Er war froh, das Auto und die Diskussion zu verlassen.

Glocken bimmelten, als er das Büro betrat. Er wartete einige Sekunden an der verwaisten Theke. Dann öffnete sich etwas abseits eine Tür. Ein Mann kam aus dem trüb erhellten Zimmer dahinter. Die Tür schwang hinter ihm zu, jedoch nicht ganz. Es blieb ein Spalt von etwa 10 Zentimetern. Ein Gesicht tauchte dahinter auf und starrte mit einem Auge zu Lander heraus.

»Zimmer?«, fragte der Mann, der recht nett wirkte. Er war mollig und kahl, besaß ein engelsgleiches Lächeln und hätte sich hervorragend für eine Parodie in einer Comedy-TV-Serie geeignet.

»Äh, ja«, antwortete Lander. »Zwei Zimmer.«

Das Auge hinter der Tür beobachtete ihn. Nur ein schmaler Schlitz davon zeigte sich durch das fleischige Lid.

»Wir sind zu viert. Haben Sie Zimmer mit Verbindungstür?«

»Tut mir leid, nein. Aber wir können sie alle in einem Zimmer unterbringen, wenn Sie wollen. Wir haben eines für drei Personen und könnten ein Zusatzbett reinstellen.«

»Nein, schon gut. Haben Sie zwei Zimmer frei?«

»Sicher.« Der Mann lächelte. »Würden Sie bitte das Anmeldeformular ausfüllen?«

Als Lander die erforderlichen Angaben eintrug, zitterte seine Hand leicht. Die Person an der Tür ... Zweimal schaute er auf. Das Gesicht befand sich noch immer hinter dem Spalt. Es war ein altes Gesicht. Ob es einem Mann oder einer Frau gehörte, ließ sich nicht abschätzen. Das Auge blinzelte. Flüssigkeit tropfte aus den Winkeln.

Lander füllte das Formular zu Ende aus und gab es zusammen mit seiner MasterCard zurück.

Der Mann zog die Karte durch die Maschine. »Das macht $ 42,50 für die Zimmer. Eine Nacht. Abreise bis Mittag. Würden Sie bitte hier unterschreiben?«

Lander unterzeichnete die Rechnung.

Er schaute zur Tür. Geschlossen.

»Alles klar, Mr. Dills.« Der Mann bückte sich und richtete sich mit zwei Schlüsseln wieder auf. »Das wären dann die Bungalows Drei und Zwölf.«

»Liegen die nah beisammen?«

»Naja, einer ist gleich hinter dem Büro. Der andere liegt etwas weiter hinten.«

»Haben sie welche, die nicht so weit voneinander entfernt sind?«

»Das ist das Beste, was ich Ihnen anbieten kann, Mr. Dills. Wir sind heute Nacht ziemlich gut belegt.«

»Na schön. Das geht schon so. Danke.«

»Genießen Sie Ihren Aufenthalt bei uns.«

Lander nickte. Er zog die Tür auf und trat hinaus. Erleichtert darüber, das Büro verlassen zu haben, stieg er zurück ins Auto.

»Und?«, erkundigte sich Ruth.

»Hab die Zimmer. Bungalows Drei und Zwölf.« Seine Hand zögerte am Zündschlüssel.

»Was ist?«

»Vermutlich nichts. Wahrscheinlich die Mutter des Kerls.«

»Was?«

»Irgendjemand hat mich beobachtet, während ich da drin war. Hat mich ein wenig nervös gemacht. Er – sie ... was auch immer, die Person hat mich unentwegt durch einen Spalt in der Tür angestarrt.«

»Dad!« Cordelia hörte sich verängstigt an.

»Ich bin sicher, das hat überhaupt nichts zu bedeuten«, meinte Ruth.