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Jessica braucht dringend einen Mann - jemand, der sich als ihr Geliebter ausgibt, damit ihr Chef sie endlich in Ruhe lässt. Da kommt Daniel wie gerufen. Allerdings spielt er seine Rolle schon fast zu gut. Seine Nähe ist so erregend, dass Jessica statt an ihren Job nur noch an lustvolle Nächte mit Daniel denkt...
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Seitenzahl: 212
IMPRESSUM
In heißen Nächten erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2004 by Jolie Kramer Originaltitel: „Arm Candy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXYBand 14 - 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein
Umschlagsmotive: ThinkstockPhotos_KatarzynaBialasiewicz
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733777753
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Ein Mann findet am kalifornischen Strand eine Flasche. Er entkorkt sie, und heraus kommt ein Geist.
Aus lauter Dankbarkeit gewährt der Geist seinem Befreier einen Wunsch.
„Ich wollte schon lange mal nach Hawaii, aber ich habe Angst vorm Fliegen, und auf dem Schiff wird mir immer schlecht. Könntest du eine Straße von hier nach Hawaii bauen?“
„Unmöglich“, sagt der Geist. „Das sind Tausende von Kilometern, und der Ozean ist viel zu tief. Wünsch dir etwas Einfacheres.“
Der Mann überlegt einen Moment. „Ich würde gern die Frauen verstehen können.“
„Soll die Autobahn vier- oder sechsspurig sein?“
In wenigen Sekunden würde Jessica Howell das Gebäude unbehelligt verlassen haben. Sie ging davon aus, dass sich an einem gewöhnlichen Donnerstag kurz vor Mitternacht niemand mehr in den Räumen von Geller and Patrick, Inc., aufhielt. Was für ein Irrtum.
Ihr Chef Owen McCabe, früher ihr Mentor und jetzt eine entsetzliche Nervensäge, trat aus seinem Büro, gerade als sie den Fahrstuhl gerufen hatte. Vor Schreck ließ sie ihre Aktenordner fallen, was ihm eine willkommene Gelegenheit gab, ihr beim Aufheben der Papiere zu helfen.
„So spät noch bei der Arbeit, Jessica?“
„Ja, aber jetzt bin ich auch todmüde. Wenn Sie mir also bitte die Unterlagen geben würden …“
Er reichte ihr die Prospekte von den neuen Lidschattenprodukten. „Was halten Sie davon, wenn wir noch einen kleinen Schlummertrunk zu uns nehmen?“
Sie holte tief Luft. „Danke, Owen, aber ich bin schrecklich müde und möchte nur noch nach Hause.“
„Mein Wagen steht direkt vor dem Gebäude.“
„Nein, danke. Ich nehme ein Taxi. Fahren Sie nach Hause. Ellen macht sich sicher Sorgen.“
„Sie ist schon seit Stunden im Bett“, erwiderte er. „Die Jungen haben sie heute völlig geschafft.“
Jessica drückte nochmals den Fahrstuhlknopf. Wo blieb nur der Aufzug?
„Wie sieht es aus?“ fragte Owen und lehnte sich übertrieben lässig gegen die Wand, um einen entspannten Eindruck zu vermitteln. „Ist für die nächste Woche alles vorbereitet?“
„So gut wie. Wir müssen nur noch ein paar Kleinigkeiten erledigen. Die Veranstaltung wird ein großer Erfolg.“
„Ja, das wird sie. Dank Ihrer Bemühungen.“
„Ich war nur ein kleiner Teil des Ganzen“, wehrte sie ab. „Alle haben hart gearbeitet.“
„Aber Sie hatten die Projektleitung.“
Noch vor einem halben Jahr hätte Jessica sich über das Kompliment gefreut, aber inzwischen hatten sich die Dinge geändert.
Irgendwann war ihr Chef auf die Idee gekommen, dass sie mehr als nur Kollegen sein könnten. Obwohl er verheiratet und Vater von Zwillingen war. Obwohl sie ihn nie ermutigt hatte. Obwohl er wusste, dass sie weder Lust noch Zeit hatte, mit einem Mann auszugehen.
Jessica hatte lange über die Situation nachgedacht. Natürlich könnte sie Owen wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz anzeigen, aber dann wäre sie letztendlich die Verliererin. Egal, wie die Geschichte ausging, eine Klage würde ihrer Karriere schaden. Also hatte sie beschlossen, sich irgendwie mit Owen zu arrangieren, bis die neue Kosmetiklinie erfolgreich auf den Markt gebracht war. Danach würde sie sich neu orientieren. Revlon hatte Interesse an ihrer Mitarbeit gezeigt, und auch bei Clinique standen personelle Veränderungen an.
„Kann ich Sie wirklich nicht überreden?“ fragte Owen, als die Fahrstuhltüren aufglitten.
„Heute Abend nicht. Trotzdem vielen Dank. Ich weiß Ihre Einladung zu schätzen.“
Er berührte ihren Arm, als sie die Kabine betrat. „Ich weiß Sie zu schätzen.“
Sie lächelte, bis sich die Türen schlossen. Dann stieß sie einen lauten Seufzer aus. Was für ein Albtraum. Und es würde sicher noch schlimmer werden. Owen war nicht der Typ, der schnell aufgab.
In vier Tagen sollte die neue Kosmetiklinie mit großem Medienrummel und einer ausgefeilten Kampagne auf den Markt gebracht werden. Eine Woche lang standen Werbetermine mit hochkarätigen Prominenten auf dem Programm. Alle Veranstaltungen fanden in Manhattan statt, angefangen beim noblen Rainbow Room bis hin zum Central Park. Und Jessica war dafür verantwortlich, dass nichts schief ging. Zum Glück hatte sie ein erstklassiges Team. Vor allem ihre Assistentin Marla war Gold wert, so dass Jessica sich ganz auf den Gesamtablauf konzentrieren konnte, statt sich mit irgendwelchen Kleinigkeiten herumschlagen zu müssen. Das größte Problem war leider Owen.
Zu allem Überfluss würden sie während der Werbekampagne gemeinsam im Willows Hotel wohnen, und Owen hatte für Jessica eine Suite neben seiner eigenen gebucht. Wahrscheinlich mit Verbindungstür.
Irgendetwas musste geschehen. Irgendetwas, das aber nicht zu ihrem Rauswurf führte und gleichzeitig Owen ein für alle Mal zeigen würde, dass sie nicht verfügbar war.
Der Fahrstuhl hielt in der Lobby. Jessica nickte dem Mann vom Sicherheitsdienst zu, als sie zum Ausgang schritt. Ihre Absätze klapperten auf dem Marmorboden. Draußen blieb sie einen Moment lang stehen und atmete tief die frische Luft ein. Es war Herbstanfang, eine Jahreszeit, die sie in New York besonders liebte. Die ganze Stadt schien aufzuwachen. Endlich waren die schwülen, heißen Tage vorüber.
Sie trat auf den Bürgersteig und rief ein Taxi. In etwa zehn Minuten würde sie unter der warmen Dusche stehen, danach in ihr gemütliches Bett fallen und bis morgen früh um halb sechs weder an Owen noch an Kosmetikartikel oder die Werbekampagne denken.
Der Taxifahrer war erfreulich schweigsam. Jessica legte den Kopf zurück. Vor dem großen Ereignis gab es noch so viel zu tun, dass sie ihren Arbeitsplatz nur mit schlechtem Gewissen verlassen hatte. Lächerlich, aber wahr. Ihr Job bedeutete ihr alles … Nein, das stimmte nicht. Ihre Karriere war das Wichtigste für sie. Nichts und niemand würde ihr im Weg stehen, nicht einmal Owen und seine außer Kontrolle geratene Libido. Noch vor ihrem dreißigsten Geburtstag würde sie Geschäftsführerin sein – oder sich als Versagerin fühlen.
Das aber bedeutete, dass sie Owens Annäherungsversuche bis zum Ende der Kampagne abwehren musste, ohne ihn dabei vor den Kopf zu stoßen. Ein fester Freund wäre der einzige Grund, der Owen davon abhalten könnte, sich an sie heranzumachen.
Sie sah die Reklameschilder und Leuchttafeln, als der Wagen in Richtung Chelsea fuhr. An der Ecke der Seventh Avenue und West Twenty-first sprang ihr die Werbetafel für den Angel’s Escort Service ins Auge.
Jessica lächelte. Das war die Lösung! Ein ständiger Begleiter. Natürlich. Sie könnte sagen, es wäre ein alter Bekannter vom College, jemand, mit dem sie früher einmal zusammen gewesen war. Es würde nicht schwer sein, einen Mann für diesen Job anzuheuern. Einen Mann, der weltgewandt genug war, diese Rolle zu spielen, und so attraktiv, dass er auch auf den unvermeidlichen Fotos ein gutes Bild abgab. Vor allem musste er diskret sein.
Glen. Ein guter Bekannter und Freund. Zudem hatte er absolut kein Interesse an Jessica als Frau, denn er war schwul. Natürlich. Warum hatte sie nicht schon früher daran gedacht? Der einzige Mensch in Büro, der je von Glen gehört hatte, war Marla. Und Marla war die Diskretion in Person. Jessica würde ihn gleich morgen anrufen. Ihm würde eine Woche im Willows Hotel gefallen. Und Owen McCabe konnte sich seine Avancen an den Hut stecken.
„Ich würde dir gern helfen, aber ich kann nicht.“
Jessica wollte nicht glauben, was sie da hörte. „Glen. Bitte. Du hast wohl nicht verstanden, wie ernst die Situation ist. Der Mann ist unbarmherzig und verfolgt mich überall. Ich brauche dich.“
„Ich weiß, Jess, aber ich kann wirklich nicht. Tut mir Leid.“
„Warum nicht?“
„Weil ich nächste Woche für vier Tage in Kalifornien bin.“
„Kannst du die Reise nicht absagen und zu einem späteren Zeitpunkt fliegen?“
„Das geht leider nicht.“
„So ein Mist. Es wäre die beste Lösung gewesen.“
„Dann musst du eben einen anderen Mann finden. Ich bin doch nicht der Einzige, den du kennst.“
„Nein, aber du bist der Einzige, den ich gut genug kenne, um ihn um so einen Gefallen zu bitten. Komm, Glen. Du wärst ideal für diese Rolle.“
„Danke für die Blumen, aber ich kann nicht.“
„Vielleicht ein Freund? Du hast doch viele Freunde. Ich zahle auch gut. Aber er muss diskret sein. Wenn irgendjemand herausfindet …“
„Ich glaube, ich wüsste jemanden.“
„Wirklich?“ Jessica nahm ihren Montblanc – sie hatte den Stift von ihrer belgischen Tante Lydia zum Universitätsabschluss geschenkt bekommen – und drehte ihn zwischen den Fingern.
„Ja, aber es wird nicht einfach sein, ihn zu überreden.“
„Versuch es. Bitte. Ich flehe dich an.“
„Ich werde mein Möglichstes tun.“
Sie konnte ihn vor ihrem geistigen Auge sehen, wie er in seiner Galerie saß, modisch elegant gekleidet, in Farben, die seinen blauen Augen und seinen schwarzen Haaren schmeichelten. „Danke.“
„Übrigens“, sagte Glen unvermittelt. „Hast du schon einmal versucht, ihm zu sagen, dass du nicht an ihm interessiert bist? Es ist nur so ein Gedanke.“
Jessica lachte bitter auf, als sie an die vielen, vielen Versuche dachte, Owen zu erklären, dass sie nicht die Absicht hatte, sich mit ihm einzulassen. „Er versteht nur das, was er will. Und jetzt gib mir bloß nicht den Rat, ihn wegen sexueller Belästigung anzuzeigen. Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Diese Möglichkeit werde ich ergreifen, wenn die Zeit reif ist.“
„Das hätte ich mir eigentlich denken können. Du warst schon immer sehr gründlich.“
„Aus deinem Mund klingt das, als wenn Gründlichkeit etwas Negatives ist.“ Sie lachte. „Wenn alles vorbei ist, lade ich dich zu einem tollen Essen in Manhattan ein. Du bestimmst Zeit und Ort.“
„Abgemacht. Und jetzt werde ich sehen, was ich für dich tun kann.“
„Gib dir Mühe!“ Sie legte auf, lehnte sich in das weiche Leder ihres Stuhls zurück und atmete tief durch. Glen würde es schaffen. Ganz sicher. Wenn nicht, dann blieb ihr nichts anderes übrig, als einen professionellen Begleiter zu engagieren. Sie wusste, dass so etwas nicht ungewöhnlich war, kannte aber niemanden, der diesen Service schon einmal genutzt hatte. Sie hoffte, darauf nicht zurückgreifen zu müssen. Die Angelegenheit war einfach zu wichtig.
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Herein.“
Marla Scott, Jessicas Assistentin, betrat das Büro mit einem Arm voller Zeitschriften. Sie legte sie auf den Schreibtisch und rieb sich die Hände. „Ich habe alle Annoncen markiert. Sieh mal hier: The New Yorker. Da wird in einer Kolumne über unser Budget und unsere aufwendige Imagekampagne spekuliert. Großartig.“
Ein riesiger Stapel türmte sich vor Jessica auf, und das war nur der Beginn des Werbefeldzugs in Zeitungen, im Radio und auf Plakaten in der Stadt. Nach dieser Kampagne würde es niemanden mehr geben, der die New-Dawn-Kosmetiklinie nicht kannte.
Marla nahm Jessica gegenüber Platz. „Hast du einen Moment Zeit? Oder steckst du bis zum Hals in Arbeit?“
„Ja, aber erzähl trotzdem, was du auf dem Herzen hast.“
„Okay.“ Marla schob sich eine Strähne ihrer langen roten Haare aus dem Gesicht. „Ich bin gestern mit diesem John ausgegangen. Der von Starbucks. Erinnerst du dich?“
Jessica erinnerte sich. Arme Marla. Sie war schrecklich schüchtern. Aber sie war die beste Assistentin, die Jessica jemals gehabt hatte, absolut kompetent im Job und gleichzeitig großherzig und fröhlich. Nur mit Männern hatte sie einfach kein Glück. „Der Große, nicht? New York University?“
Marla nickte. „Er sieht absolut umwerfend aus, aber ansonsten ist er eine echte Katastrophe.“
„Nein.“
„Doch. Er ist mit mir ins Theater gegangen. Nicht am Broadway. Es war eher darstellende Kunst. Wirklich: Frau beklagte sich über ihre Periode – andere Frau tat so, als würde sie masturbieren. Grauenhaft.“
„Er kann doch nichts dafür, dass das Stück so schrecklich war.“
„Das vielleicht nicht.“
„Aber?“
„Es stellte sich heraus, dass die besagte Frau seine Exfreundin war. Als wir dann mit all den Schauspielern und Fans hinter der Bühne waren, benahm sie sich nicht mehr wie eine Ex. Sie haben herumgeknutscht.“
„Du Arme.“
„Er hat nicht einmal das Taxi nach Hause bezahlt.“
„Was für ein blöder Kerl. Er hat wirklich eine Frau verdient, die vorgibt, auf der Bühne zu masturbieren.“
„Das finde ich auch.“ Marla lächelte tapfer. „Egal. Ich werde es weiter versuchen und erst aufgeben, wenn ich alt und zahnlos bin.“
„Ich bin sicher, dass du vorher den Richtigen findest.“
„Hoffentlich. Wenn es keine anderen wichtigen Dinge zu erledigen gibt“, wechselte Marla das Thema, „dann rufe ich jetzt bei der Zephyr Agentur an und überprüfe, ob mit den gebuchten Models alles okay ist.“
„Gut. Danke.“
Marla stand auf. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. „Meinst du, wir hätten vielleicht die Chance, Shawn zu bekommen?“
Jessica lehnte sich gemächlich zurück. „Keine Ahnung. Geld genug bieten wir.“
„Kannst du dir das vorstellen? Mit Shawn Foote im selben Raum? Ich werde sicher in Ohnmacht fallen.“
„Er mag vielleicht außergewöhnlich attraktiv sein, aber er ist auch nur ein Mann.“
„Nur ein Mann? Das sehe ich aber anders. Er ist ein …“
„Ein Übermensch. Ich weiß.“
Marla nickte und wechselte das Thema. „Ich werde dir dann Bericht erstatten.“
Jessica warf einen Blick auf die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch und vergaß alle männlichen Models, Verabredungsfiaskos und sogar ihre eigenen Probleme. Sekunden später könnte die Welt außerhalb des Büros untergehen, sie würde es nicht einmal bemerken.
Dan Crawford wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte. Er musste einen Entschluss fassen, aber weder die eine noch die andere Alternative sagte ihm besonders zu.
Okay, er könnte den Job in Botswana annehmen. Er mochte Afrika und war seit fast fünfzehn Jahren nicht mehr dort gewesen. Es wäre eine Herausforderung, und die Firma, eine internationale Handelsgesellschaft, wollte ihn schon lange als Berater haben. Aber er würde sich für ein Jahr festlegen müssen, was ihm viel zu lang war.
Alternativ könnte er wieder mit Zeke bei der Rallye Baja-1000 mitfahren, aber das würde einen hohen Trainingsaufwand bedeuten, außerdem brauchten sie einen geländegängigen Rennwagen, und Dan müsste bis zum Rennen nach Los Angeles ziehen und natürlich mit Zeke zusammen sein. Zeke war ein lieber Freund, aber leider trank er zu viel.
Dans Blick wanderte zu der Glasvitrine neben dem Kamin, in der er seine Erinnerungsstücke aufbewahrte. Da war der große Pokal vom zweiten Platz beim Baja-1000 vor drei Jahren. Im Bücherregal stapelten sich die Zeitungsartikel über die Rallye. Er hatte alles aufbewahrt. Verdammt, er hatte Schweiß und Zeit für seinen Erfolg geopfert. Weshalb reizte ihn ein weiteres Rennen nicht mehr?
Er stand auf und ging ans Fenster. Von seiner Wohnung in der fünfzehnten Etage aus konnte er die Buchhandlung an der Ecke sehen. Villard’s Books. Riesig und hervorragend sortiert. Dort fand er alles für seine schrulligen Projekte. Die Angestellten liebten ihn, und je ausgefallener sein Projekt, desto besser. Die New York Public Library, Villard’s und das Internet boten wirklich alles, was er für seine Forschungen brauchte oder zu brauchen meinte.
Vielleicht sollte er hinuntergehen, in der Reiseabteilung stöbern und eine Tasse Kaffee trinken. Möglicherweise entdeckte er etwas Neues und konnte sich, wie seine Mutter sagen würde, für einen „neuen Unsinn“ begeistern.
Ein Anruf aus der Lobby unterbrach seine Gedanken. Dan ging an die Gegensprechanlage. „Ja, Jimmy?“
„Sie haben Besuch, Mr. Crawford. Glen, Verzeihung, wie war noch Ihr Name?“
Dan hörte im Hintergrund ein Murmeln.
„Glen Viders.“
„Schicken Sie ihn bitte hoch.“ Was führt Glen zu mir? fragte er sich neugierig. Dan kannte ihn seit etwa einem Jahr. Er fand ihn sympathisch und mochte seinen Sinn für Humor und seinen Kunstgeschmack. Dan hatte einen Lichtenstein in Glens Galerie gekauft und einen guten Preis dafür bezahlt. Aber sie waren nicht wirklich befreundet, sondern trafen sich nur gelegentlich bei irgendwelchen gesellschaftlichen Anlässen. Was wollte Glen also hier?
Dan öffnete die Tür und bat Glen hinein.
„Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.“
„Überhaupt nicht. Ich wollte gerade Kaffee kochen. Möchtest du auch einen?“
„Gern.“
Dan führte ihn in die Küche. „Was kann ich für dich tun?“
„Ich möchte dir einen Vorschlag machen.“
Dan blieb abrupt stehen. „Ach?“ Was hatte das zu bedeuten? Hatte Glen etwa ein Auge auf ihn geworfen?
Glen lachte. „Nicht, was du denkst. Ich bin fest davon überzeugt, dass dir mein Vorschlag gefallen wird.“
Erleichtert setzte Dan den Kaffee auf. „Da bin ich aber neugierig. Erzähl schon.“
Glen lehnte sich gegen die Küchentür, die Arme vor der Brust verschränkt. „Ich habe eine Freundin. Sie heißt Jessica Howell und hat ein Problem.“
Dan kümmerte sich um den Kaffee, während Glen ihn einweihte. Sein erster Gedanke war, den Vorschlag abzulehnen, aber je mehr er über Jessica hörte, desto verlockender erschien ihm die Idee. „Sie ist also sehr intelligent.“
„Und ob. In Harvard war sie eine der besten Studentinnen. Sie hat einen messerscharfen Verstand, aber sie ist mit ihrem verdammten Job verheiratet.“
„Workaholic?“
„Noch schlimmer. Ich glaube, seit sie vor sechs Jahren nach New York umzog, ist sie mit keinem Mann ausgegangen.“
„Und ich wäre mit ihr zusammen. Eine ganze Woche lang mit ihr in einem Zimmer?“
„Ich bin nicht sicher, wie sie sich das mit dem Zimmer vorstellt. Aber ihr wärt euch ziemlich nah.“
„Hm.“
„Wer weiß? Wenn du dich clever anstellst …“
„Was hast du gesagt, wie sie aussieht?“
Glen lächelte. „Darüber habe ich noch gar nichts gesagt. Aber wenn du mich so fragst … Sie ist einfach süß. Klein, zierlich … und eine Powerfrau, wenn du verstehst, was ich meine. Rotbraune Haare, blaue Augen. Wirklich toll. Die Männer müssten eigentlich bei ihr Schlange stehen, aber …“
Dan nickte. Erfreut, aber nicht übermäßig interessiert. Ihr Aussehen war nebensächlich. Ihr Verstand bedeutete ihm mehr. Sie war bereit, für einen Begleiter zu zahlen. Er brauchte das Geld nicht, aber es gab etwas anderes, was er mit ihr aushandeln wollte. „Okay. Mach einen Termin mit ihr aus, wann immer es ihr passt. Ich möchte sie kennen lernen.“
„Sie wird begeistert sein.“
„Mag sein. Vielleicht aber auch nicht.“
Glen drückte sich von der Wand ab. „Was hast du vor?“
„Abwarten. Ich habe das Gefühl, es könnte für beide Seiten sehr fruchtbar werden.“
„Ich rufe sie noch heute Abend an“, sagte Glen.
„Großartig.“
Kaffeeduft zog durch die Küche. Dan holte zwei Tassen aus dem Schrank. „Darf ich fragen, warum du diesen Job nicht selbst übernimmst?“
„Ich hätte es sofort getan, aber ich muss nach Los Angeles. Außerdem glaube ich, dass du besser geeignet bist.“
„So?“ Er holte Milch aus dem Kühlschrank, stellte ein paar Plätzchen auf den Tisch und bat Glen, sich zu setzen. Dann schenkte er Kaffee ein.
„Jessica und ich kennen uns seit dem College, und wir verstehen uns ziemlich gut. Sie ist unglaublich ehrgeizig, aber hinter der Geschäftsfrau verbirgt sich eine ganz liebe Frau. Sie müsste nur einmal die Scheuklappen abnehmen, damit sie etwas von der Welt um sich herum wahrnimmt. Das ist doch deine Spezialität. Ihr beide werdet sehr gut … harmonieren.“
„Ich frage mich, warum sie nicht einfach die Hoffnungen ihres Chefs zerstört. Weiß er nicht, dass es Gesetze gibt?“
„Jessica will keinen Krach. Nach dieser hoffentlich erfolgreichen Kampagne will sie die Karriereleiter weiter nach oben klettern.“
„Ich verstehe. In Gedanken immer bei ihrem Job.“
„Genau.“
„Aber es kann passieren, dass sie vor den Bus läuft.“
Glen lächelte und hob seine Kaffeetasse. „Auf neue Abenteuer.“
Dan stieß mit ihm an, aber statt zu trinken, sagte er: „Ruf Jessica doch jetzt gleich an. Vielleicht kann ich mich schon heute Abend auf einen Drink mit ihr treffen.“
Glen nahm sein Handy und wählte. Die Verabredung wurde getroffen, und Dan blieben noch zwei Stunden Zeit, sich seinen Gegenvorschlag genau zu überlegen.
Frauen …
Wenn du sie lobst, hält sie dich für einen Lügner.
Wenn du sie nicht lobst, bist du ein Schuft.
Wenn du redest, sollst du ihr zuhören.
Wenn du ihr zuhörst, will sie, dass du auch mal etwas sagst.
Wenn du sie öfter besuchst, findet sie dich langweilig.
Wenn du sie nicht besuchst, glaubt sie, dass du sie betrügst.
Wenn du eifersüchtig bist, ist sie genervt.
Wenn du nicht eifersüchtig bist, glaubt sie, dass du sie nicht liebst.
Wenn du andere Frauen ansiehst, wirft sie dir vor, mit ihnen zu flirten.
Wenn andere Männer sie ansehen, fühlt sie sich geschmeichelt.
Wenn du Sex mit ihr willst, wirft sie dir vor, dass du sie nicht respektierst.
Wenn du keinen Sex mit ihr willst, hält sie dich für schwul.
Jessica begutachtete sich im Fenster des Bistros. Das Wetter war freundlich zu ihrer Frisur. Im Taxi hatte sie ihre Lippen nachgezogen, und das Donna-Karan-Kostüm sah aus, als hätte sie es erst vor einer halben Stunde angezogen. Obwohl das eigentlich egal war, denn schließlich war sie diejenige, die einen Job zu vergeben hatte. Trotzdem. In dieser ungewöhnlichen Situation war ihre Nervosität nicht verwunderlich.
Dan Crawford. Im Internet hatte sie nach Informationen über ihn gesucht, und das Ergebnis hatte sie ausgesprochen überrascht. Der Mann war ein hoch bezahlter Computerfachmann und hatte für einige der weltgrößten Geldinstitute gearbeitet. Wahrscheinlich würde er ein astronomisches Honorar fordern. Aus diesem Grund rief sie noch einmal bei Glen an und vergewisserte sich, dass er dem Mann nicht ihr Jahresgehalt versprochen hatte. Glen versicherte ihr, dass Dan, wenn er dazu bereit wäre, es nicht des Geldes wegen tat. Was die Frage nach dem Warum aufwarf. Weshalb ging er überhaupt auf ihren merkwürdigen Vorschlag ein? Was könnte für ihn dabei herausspringen, wenn nicht Geld?
Jessica würde es herausfinden. Falls ihre Beine mitspielten und sie es schaffte, das Bistro zu betreten. Sie holte tief Luft, redete sich Mut zu, zog am Saum ihres Blazers, schob den Riemen ihrer Handtasche über die Schulter und ging hinein.
Dorian’s war eine elegante, angesagte Bar an der Wall Street. Martinis in allen Geschmacksrichtungen standen auf den hohen Tischen in der Bar. Sie wurden von den jungen und rastlosen Draufgängern in ihren Prada- oder Armani-Outfits gekippt. Es wurde nicht viel gelacht, aber viel geredet.
Auf halbem Weg zwischen Eingangstür und Bar blieb Jessica stehen und blickte sich unauffällig um. Niemand sah wie Dan Crawford aus. Sie suchte weiter.
Ein paar Sekunden später entdeckte sie am anderen Ende der Bar einen Mann. Er war allein, hielt einen Platz frei und blickte erwartungsvoll auf. Er kam Glens Beschreibung sehr nah. Etwa fünfunddreißig Jahre alt und knapp einsneunzig groß. Dunkle, glänzende Haare, auf der rechten Seite gescheitelt. Ausdrucksvolle Augen, sinnliche Lippen und eine Nase, die etwas zu dominant für sein Gesicht war. Insgesamt eine beeindruckende Erscheinung. Fast schon zu beeindruckend.
Glen hatte mit keinem Wort erwähnt, dass er ein Traummann war. Aber vielleicht war er gar nicht der Gesuchte.
Der fragliche Mann winkte und zerstreute ihre Zweifel. Was für ein Lächeln. Wirklich, ein absoluter Traummann.
Jessica erwiderte sein Lächeln und bahnte sich den Weg durch die Menge. Er hielt die zwei Barhocker frei und vertrieb eine Blondine mit großen Brüsten.
„Ich hoffe, Sie sind Jessica Howell“, sagte er, sobald sie in Hörweite war.
„Bin ich.“
„Gut. Es wurde langsam schwer, den Platz freizuhalten. Ich hätte vielleicht ein ruhigeres Lokal vorschlagen sollen.“
„In dieser Gegend gibt es nichts Ruhigeres.“
Er reichte ihr die Hand. Lange, schmale Finger, ein fester Griff. Warm, aber nicht feucht. Sie spürte, dass ihr schon bei dieser flüchtigen Berührung das Blut in die Wangen stieg, was gar nicht typisch für sie war. Überhaupt nicht.
„Setzen Sie sich. Ich bestelle Ihnen etwas zu trinken.“
„Eigentlich müsste ich bezahlen.“
„Die nächste Runde, wenn Sie unbedingt wollen“, erwiderte er. „Was hätten Sie gern?“
„Einen Merlot, bitte.“
Er nickte und versuchte, die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu lenken, während Jessica sich auf den Barhocker hievte. Sie legte die Handtasche auf ihren Schoß und musterte Dan. Aus der Nähe betrachtet, sah er sogar noch besser aus. Das lag an seinem Mund. Sinnliche, volle und doch ungeheuer männliche Lippen. Lachfalten an beiden Seiten. Wenn Marla die Lippen sehen könnte, würde sie sich begeistert und wortgewandt über diesen Kussmund auslassen.
Dan legte seine Kreditkarte auf den Tresen, als die Drinks gebracht wurden. Er hatte ein Bier bestellt und setzte die Flasche direkt an den Hals, so dass Jessica einen verlockenden Blick auf seinen Adamsapfel bekam.
Ihr Blick wanderte tiefer zu seinem Hemd, einem weißen, maßgeschneiderten Seidenhemd. Es stand ihm ausgezeichnet, und ihr gefiel die Art, wie er die Ärmel ein paar Mal aufgekrempelt hatte. Es überraschte sie, dass er Jeans trug, andererseits arbeitete er selbstständig und konnte daher anziehen, was er wollte. Die Hose fand ihre Zustimmung. Gute altmodische Levi’s Jeans, die wie eine zweite Haut saßen.
Er räusperte sich, und sie hätte fast ihren Wein umgekippt, als sie versuchte, ihren Blick von der Stelle zu nehmen, die sie avisiert hatte. Wieder errötete sie. Du liebe Güte, was war nur mit ihr los? Wahrscheinlich bekam sie ihre Periode. Normalerweise reagierte sie nicht so … bewusst.
„Glen hat mir von Ihrem Problem erzählt.“
„Das hat er mir schon gesagt. Ich möchte trotzdem sicher sein, dass Sie die Situation richtig verstanden haben, bevor wir uns weiter unterhalten.“
„Einverstanden.“
„Ich brauche jemanden, der gut schauspielern kann. Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, dass Glen jemanden kennt, der diesen Job für Geld übernimmt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, warum Sie daran interessiert sein sollten.“