In Trümmern studieren - Günther F. Klümper - E-Book

In Trümmern studieren E-Book

Günther F. Klümper

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Beschreibung

Der Krieg ist vorbei, erstmals seit vielen Jahren schweigen die Waffen wieder. Auch wenn die Menschen, Städte und Dörfer noch vom Krieg gezeichnet sind, ist es für viele doch auch ein Neuanfang und die Möglichkeit, sich endlich wieder auf sich selbst zu besinnen. Inmitten von Trümmern wächst Neues heran. In diesem vierten Band seiner Autobiografie erinnert sich Günther F. Klümper an die Zeit seines Studiums nach dem Zweiten Weltkrieg, an seine ersten Reisen durch ein friedliches Europa. Er lernt seine Frau kennen und spürt in sich die Lust und Neugier auf das Leben, das jetzt mit all seinen Verlockungen und Möglichkeiten vor ihm liegt. "In Trümmern studieren" schließt sich nahtlos an die drei ersten Bände von Günther F. Klümpers Autobiografie an, die von seiner Zeit als Pimpf, Jugendlicher und Soldat im Dritten Reich erzählen und ein Bekenntnis der eigenen Verblendung als auch ein Aufruf zu kritischer Wachsamkeit sind.

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Seitenzahl: 139

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Günther F. Klümper

In Trümmern studieren

Erinnerungen eines Studenten an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

AQUENSIS

Menschen

Impressum

Günther F. Klümper:

In Trümmern studieren – Erinnerungen eines Studenten an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Copyright by AQUENSIS Verlag Pressebüro Baden-Baden GmbH 2016

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verbreitung, auch durch Film, Funk, Fernsehen, photomechanische Wiedergabe jeder Art, elektronische Daten, im Internet, auszugsweiser Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsunterlagen aller Art ist verboten.

Alle Fotos: Privat-Archiv Günther F. Klümper

Lektorat: Gereon Wiesehöfer

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

ISBN 978-3-95457-159-8

www.aquensis-verlag.de

www.baden-baden-shop.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Der Autor / Das Buch

Vorwort

Heimkehr

Auf der Suche

Universität Münster

Studienalltag

Die Mutter

Der Vater

Wohnen

Weitblick

Studienbuch

Benno von Wiese

Professoren der ersten Stunde

Kurt Schumacher

In der Schweiz

ASTA

Italienische Reise

„Christmas University“ in Combloux-Megève

Coup de foudre

Referendariat

Weihnachten 1951 – ein Stimmungsbild

Littérature à l‘estomac

Paris

Spanien

Krefeld

Nachwort

Der Autor

Günther F. Klümper

Jahrgang 1923, lebt seit 1986 in Baden-Baden. Nach einem Studium in Anglistik, Romanistik und Germanistik lehrte er drei Jahrzehnte lang an Höheren Schulen im In- und Ausland außer in seinen Fächern noch Philosophie und Kunstgeschichte. Seit seiner Pensionierung gehören Lesen und Schreiben zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.

Das Buch

Im vierten Band seiner Erinnerungen erzählt Günther F. Klümper von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, vom Leben inmitten Trümmern, von der Zeit des Aufbruchs und des Neuanfangs. Er beginnt ein Studium in Münster (Westf.), lernt neue Freunde kennen, ist neugierig auf die Welt und geht auf Reisen. Und es ist wie immer eine Freude, ihn dabei lesend zu begleiten.

Gaudeamus igitur

iuvenes dum sumus.

post iucundam iuventutem

post molestam senectutem

nos habebit humus

Lasst uns also fröhlich sein,

solange wir noch jung sind.

Nach einer fröhlichen Jugend,

nach beschwerlichem Alter

wird uns die Erde haben!

Vorwort

Dieser Text beruht nicht auf Tagebuchaufzeichnungen, was mir die Arbeit an ihm erleichtert hätte, sondern auf meinen Erinnerungen. Diese beruhen natürlich auf Erlebtem. Aber wenn das Erlebte nicht bewusst erlebt worden ist, wenn das Erlebte schon undeutlich, ungenau, unbegreiflich war, weil seine Bedingungen, weil die Zeit selbst verworren und nur schwer zu begreifen war, wie können da die Erinnerungen der Realität entsprechen? Trotz alledem glaube ich behaupten zu dürfen, dass er in seinem Geist der damaligen allgemeinen Wahrnehmung entspricht.

Heimkehr

Als von der Natur mit Optimismus und Frohsinn ausgestatteter Volksgenosse in einer schweren Zeit hatte ich den Zweiten Weltkrieg bis auf einige Schrammen heil überlebt. Die damals übliche, von den Alliierten zur Buße für anhaltenden Widerstand eingerichtete ideologische Kur hinter Stacheldraht hatte mir die durch Adolf überstrapazierte Vorsehung erspart. Nach einer nur vierwöchigen Internierung in amerikanischer Obhut durfte ich in das zivile Leben, wenn auch mit ungewisser Zukunft, zurückkehren.

Dem Tausendjährigen Reich war – entgegen den Erwartungen seines Erfinders – eine Lebensdauer von nur zwölf Jahren eingeräumt worden. Die allgemeine Begeisterung als Pimpf, Hitlerjunge und – last but not least – als Soldat teilend, hatte ich, den Marschallstab im Tornister, versucht, das Vaterland teils in einer Art Vorwärtsverteidigung, teils in einer Fülle von Frontbegradigungen – was eine euphemistische Umschreibung für Rückzug und Flucht war – zu verteidigen.

Als eine bedingungslose Kapitulation dem allen ein Ende gesetzt hatte, machte ich mich auf den Weg von Osten nach Westen, um meine Angehörigen wiederzusehen, wenn sie denn noch lebten, um die Trümmerlandschaft mit eigenen Augen zu besichtigen, um am Wiederaufbau in irgendeiner Weise mitzuarbeiten.

Im Laufe der Menschheitsgeschichte hat es immer wieder Völkerwanderungen größeren oder kleineren Ausmaßes gegeben. Am Ende des Zweiten Weltkrieges war es mal wieder soweit, dass Tausende in alle Himmelsrichtungen unterwegs waren. Ich ließ mich von der Woge der Umhergetriebenen mit fortreißen und gelangte schließlich nach wochenlangem Fußmarsch in meine angestammte Heimat.

Da stand ich nun, ich armer Tor, ausgemustert und vorläufig militärisch nicht mehr verwendbar. Ich fragte mich – wen hätte ich auch sonst fragen sollen in einer Zeit, da alle ratlos waren: „Ja, was nun …?“ Davor war aber noch die dringlichere Frage nach dem „Wohin?“ zu klären. Ich wusste, dass ich bei meinen Verwandten östlich des Rheins willkommen sein würde, hatte ich dort doch als Kind und Jugendlicher einen guten Eindruck hinterlassen. Das kleine Dorf im Münsterland hatte vermutlich den Krieg unbeschadet überstanden, weil es dort nichts zu bombardieren gab, wogegen in meiner Heimatstadt linksrheinisch Industriebetriebe lohnende Ziele für die täglich anfliegenden feindlichen Geschwader gewesen waren.

Der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe hatte den Mund wieder einmal zu voll genommen, als er verkündete: „Wenn auch nur ein feindliches Flugzeug unser Reichsgebiet überfliegt, will ich Meier heißen!“ Er musste sich dann im Volke, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, Meier nennen lassen.

Der Gedanke, dass meinen Eltern und jüngeren, noch nicht waffentauglichen Geschwistern etwas Schreckliches zugestoßen sein könnte, und der Rhein, der ohne Brücken, die gesprengt worden waren, gewiss unüberwindlich geworden war, ließen es mir ratsam erscheinen, bei meinen Verwandten anzuklopfen. Mein Onkel, der von Beruf Schreiner war, betrieb nebenbei eine kleine Landwirtschaft, die ihn, meine Großmutter, meine Tante und mich, den abgemagerten Heimkehrer, ernähren konnte, wogegen in meinem Elternhaus auf der linken Seite des Rheins Schmalhans Küchenmeister gewesen sein dürfte.

Ein warmer, sonniger Mai tat sein Bestes, um die allgemeine Not zu lindern. Nicht nur die Bäume schlugen aus, auch die Hoffnung auf eine Zukunft, die nur besser sein konnte als die jüngste Vergangenheit, keimte allerorten, auch auf den Ruinen.

Ich sollte mich nicht getäuscht haben. Ich wurde mit Erleichterung darüber, dass ich noch am Leben war, und mit offenen Armen empfangen.

Ich machte mich in der Landwirtschaft so nützlich, dass man gerne für mein leibliches Wohl sorgte. Mein geistiges dagegen lag sehr im Argen: Was sich in acht Jahren an höherer Schulbildung vor dem Krieg bei mir angesammelt hatte, war in viereinhalb Kriegsjahren wegen militärischer Inanspruchnahme weitgehend verloren gegangen. Es war alles für die Katz gewesen. Nach einem anstrengenden zehnstündigen Muskeltraining in der frischen Landluft raffte ich mich, todmüde, am Abend noch auf, um meine Notabiturkenntnisse zu reaktivieren. Die Universitäten waren nach dem Ende des Krieges einstweilen noch geschlossen. Erst zum Sommersemester 1946 öffneten etliche ihre Tore. Der Andrang war aber so groß, dass man für einige Fächer einen Numerus Clausus als Regulativ hatte einführen müssen. Mein Wunsch, Medizin zu studieren, konnte mir nicht erfüllt werden, weil ich wenigstens das Physikum hätte vorweisen müssen, was ich nicht konnte, weil ich mich im Alter von 17 Jahren freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hatte aus Furcht, ich könnte zum als Blitzkrieg angekündigten Spektakel zu spät kommen. Einige wenige meiner Klassenkameraden, die es nicht so eilig wie ich gehabt hatten, oder die von ihren Eltern eines Besseren belehrt worden waren, konnten nach Ende des Krieges ihr Studium als höhere Semester fortsetzen.

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