INS NETZ GEGANGEN - Bill Knox - E-Book

INS NETZ GEGANGEN E-Book

Bill Knox

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Beschreibung

Anglerfest an der Küste Schottlands! Überall herrscht Begeisterung - nur nicht auf dem Schutzkreuzer Marlin. Dort hat man einen grausigen Fund gemacht: Der Erste Offizier entdeckt den Leichnam des Fischers Nathan Broom. Im Nu packt auch die ganze Besatzung der Marlin das Angelfieber. Die Männer wollen den Mörder Brooms in ihren Netzen zappeln sehen...

Der Roman Ins Netz gegangen von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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BILL KNOX

 

 

Ins Netz gegangen

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 96

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

INS NETZ GEGANGEN 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Anglerfest an der Küste Schottlands! Überall herrscht Begeisterung - nur nicht auf dem Schutzkreuzer Marlin. Dort hat man einen grausigen Fund gemacht: Der Erste Offizier entdeckt den Leichnam des Fischers Nathan Broom. Im Nu packt auch die ganze Besatzung der Marlin das Angelfieber. Die Männer wollen den Mörder Brooms in ihren Netzen zappeln sehen...

 

Der Roman Ins Netz gegangen von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.  

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

   INS NETZ GEGANGEN

 

 

 

 

   

  Erstes Kapitel

 

 

Der junge Glatt-Hai war hungrig, doch sein Instinkt gebot ihm Vorsicht. Sekundenlang verharrte er reglos, dann schwamm er mehrmals im Kreis - und schnappte blitzschnell zu. Die nadelspitzen Zähne bohrten sich in den weichen Köder. Im nächsten Moment schien das Wasser um den sechzig Zentimeter langen Fisch zu explodieren, denn ein Widerhaken drang tief in seinen Gaumen und eine Nylonleine straffte sich.

In Sekundenschnelle schoss der junge Glatt-Hai in entgegengesetzter Richtung davon. Dabei stieß er gegen ein seltsames Bündel, und der Sand des Meeresbodens wurde aufgewirbelt. Das Bündel trieb träge weiter, als der Fisch fortschnellte. Doch die Nylonleine riss nicht. Sie war für größere Beute bestimmt.

Eine halbe Stunde später hing der Hai immer noch an der Angelschnur, aber er war erschöpft, regte sich kaum noch. Ein dunkel schimmernder Meeraal näherte sich, zögerte kurz und entfernte sich wieder, wie andere Fische vor ihm.

Der Mann am anderen Ende der Leine war bereits seit Stunden tot. Die Nylonschnur schnitt tief in seinen Hals ein. An der Taille war ein Stück Roheisen festgebunden.

Es begann zu tagen, als der Glatt-Hai schließlich den sinnlosen Kampf aufgab und starb. Nun erst wagten sich die kleineren Fische näher.

 

Planmäßig erreichte der Fischereischutzkreuzer Marlin den Loch Rachan. Es war eine Stunde nach Sonnenaufgang - an der Westküste Schottlands im Monat Juni, also sieben Uhr. Der Tag versprach schön zu werden. Die See war ruhig, lediglich zwei Wölkchen standen als weiße Tupfen am Morgenhimmel. Es gab deshalb für den Kapitän des Fischereischutzkreuzers eigentlich keinen Grund, ein finsteres Gesicht zu machen.

Kapitän Shannon war von kleiner Statur. Er hatte ein rundes Gesicht, das von einem Bart eingerahmt wurde.

Die Marlin verlor an Fahrt, und die Bugwelle erstarb. Shannon stand in der Brückennock, die kurzen, kräftigen Beine weit gespreizt, und blickte stirnrunzelnd auf das kleine Dorf Borland, das verschlafen dalag. Nur aus wenigen Schornsteinen stieg Rauch auf.

Ohne sich umzudrehen, nickte der Kapitän kurz. Webb Carrick, der Erste Offizier der Marlin, stand mit ausdruckslosem Gesicht hinter ihm. Er hob die Hand und gab den Männern am Bug ein Signal. Die Ankerkette rasselte los, das Wasser spritzte auf. Der Anker verschwand und bohrte sich sieben Meter tiefer in den Meeresboden. Als sich die Ankerkette straffte, nickte Carrick dem Rudergast zu und schob den Hebel des Maschinentelegraphen auf Stop.

Nach wenigen Sekunden verstummte das Klopfen der beiden kraftvollen Dieselmotoren. Nur das Summen des Generators und das leise Plätschern der Wellen gegen die Bordwand waren zu vernehmen. Am Heck flatterte die blaue Flagge des Fischereischutzes. Die Möwen, die seit Tagesanbruch das Schiff begleitet hatten, zogen unermüdlich ihre Kreise.

»Ich erwarte Sie zum Frühstück, Mr. Carrick.« Wenn Kapitän Shannon dies sagte, war es keine Einladung, sondern ein Befehl. »Und bestellen Sie dem Bootsmann, dass ich in einer Stunde die Pinasse benötige. Wenn ich zurückkomme, werde ich vermutlich Besuch mitbringen. Richten Sie ihm das ebenfalls aus.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, schob sich Kapitän Shannon an Carrick vorbei und stampfte mit seinen kurzen Beinen den Niedergang hinab zu seiner Kajüte.

Carrick seufzte, zündete sich eine Zigarette an und gab dem Rudergänger eine. Dann langte er nach dem Brückentelefon und drückte auf einen der vielen Knöpfe. Ein Summen ertönte. Wenige Sekunden später klickte es, und eine brummige Stimme meldete sich.

»Brücke«, sagte Carrick. »Clapper, der Alte geht in einer Stunde an Land. Er bringt vielleicht Besuch mit. Sorgen Sie dafür, dass wir einen guten Eindruck machen.«

Am anderen Ende Schweigen. Maat Clapper Bell, der Bootsmann der Marlin, musste diese Neuigkeit erst verdauen.

»Hören Sie...!«, begann er mit seiner polternden Stimme.

»Ich weiß«, unterbrach ihn Carrick rasch. »Sie haben Ihre Sorgen. Entweder lassen Sie die betreffenden Stellen überpinseln, oder Sie tarnen sie anderweitig. Schließlich sollen die Steuerzahler das Gefühl haben, dass ihr Geld gut angelegt wurde.«

Er hängte den Hörer auf und blickte über die Bucht.

Die Marlin lag ungefähr eine Viertelmeile vor der Küste, fast unmittelbar gegenüber von Borland. Loch Rachan ähnelte in jeder Hinsicht den anderen Buchten dieser einsamen Küste - ein zwei Meilen langer Finger aus blauem Wasser. Hinter dem Kiesstrand erhoben sich graue Klippen und mit Ginster bestandene Hügel, an deren Hängen einige niedrige, weißgetünchte Häuser zu erkennen waren.

Normalerweise bot das kleine, saubere Dörfchen Borland ein ebenso friedliches Bild wie diese verträumte Küstenlandschaft. Im Moment herrschte dort allerdings hektischer Betrieb. Mehr als zwanzig Boote waren rings um die altersschwache hölzerne Landungsbrücke an den Ankerbojen festgemacht. Gedrungene Kajütkreuzer und offene Motorboote, zwei Logger und eine große, alte Ketsch waren darunter.

Diese Bootsansammlung war der Grund, weshalb die Marlin Lodi Rachan besuchte, denn diese Bucht gehörte normalerweise nicht zum Einsatzgebiet des Fischereischutzkreuzers. Nach einer Pause von einem Monat war dies die erste Patrouillenfahrt. In den vergangenen Wochen war die Mannschaft auf Urlaub gewesen, während bei der Marlin im Trockendock die jährlich fällige Generalüberholung vorgenommen worden war. Jedes Mal, wenn diese Reparaturarbeiten durchgeführt worden waren, erklärte Clapper Bell zähneknirschend, dass er mindestens einen Monat benötige, bis das Schiff wieder das gewohnte blitzsaubere Bild bieten würde.

Kürzlich hatte man die Angelmeisterschaft von Loch Rachan ausgeschrieben, die von den geschäftstüchtigen Veranstaltern hochtrabend als Angelfestival bezeichnet wurde. Immerhin schien sich eine ganze Menge Leute für diese Meisterschaft zu interessieren. Die Veranstalter waren außerdem auf die glänzende Idee gekommen, als Zeichen offizieller Anerkennung um ein Geleitschiff zu bitten. In letzter Minute war die Marlin mit dieser Aufgabe betraut worden.

Wenn wir den Leuten damit einen Gefallen tun und außerdem für zwei Tage etwas Abwechslung von der üblichen Routinearbeit bekommen, habe ich nichts dagegen einzuwenden!, dachte Carrick gelangweilt.

»Sir...« Harrison, der Rudergänger - er stammte von der Ostküste - räusperte sich umständlich und sah den Ersten Offizier erwartungsvoll an.

Am Abend zuvor hatten sie Greenock, den Stützpunkt der Marlin, verlassen und auf ihrer nächtlichen Fahrt noch einen Abstecher nach Norden gemacht, weil angeblich ein ausländischer Trawler seine Netze zu dicht vor der Küste ausgeworfen hatte. Die Suche war allerdings ergebnislos verlaufen. Seit zwei Uhr morgens hatte Harrison am Ruder gestanden, und allein der Gedanke an den vielen Alkohol, den er beim letzten Landgang genossen hatte, verursachte bereits Schädelbrummen.

»Lassen Sie sich Frühstück geben, und dann hauen Sie sich in die Koje.« Ein leises Lächeln spielte um Carricks Lippen. »Harrison...«

»Sir?« Der Rudergänger musterte den Ersten Offizier misstrauisch.

»Das nächste Mal kippen Sie mehr Wasser in Ihren Whisky, sonst werden Sie noch Scherereien kriegen.«

Carrick hatte betont lässig gesprochen, aber der Rudergast hatte ihn genau verstanden. Webb Carrick warf einen letzten Blick über das Wasser. Bei den vor Anker liegenden Booten erschienen die ersten Leute auf Deck. Der Schiffsoffizier schnippte die halb gerauchte Zigarette über Bord und stieg die Stufen des Niedergangs hinab.

 

Wenn man von Kapitän Shannon zum Frühstück eingeladen wurde, musste: man gewisse Äußerlichkeiten beachten. Dazu gehörte Waschen und Rasieren. Nachdem er seine im Achterschiff gelegene kleine Zwischendeckskabine erreicht hatte, zog Carrick die Uniformjacke und den weißen Rollkragenpullover aus. Dann streifte er schwungvoll die dick besohlten Seestiefel ab und tappte zum Waschbecken.

Er wusch sich gerade unter heftigem Spritzen und viel Ge- pruste, als die Kabinentür aufgestoßen wurde.

»Willkommen im betriebsamen Loch Rachan, dem Treffpunkt der christlichen Seefahrt.« Die Stimme klang bekannt und hatte einen spöttischen Unterton. »Was das Nachtleben anbelangt - nun, manchmal kommt das Wild aus den Bergen bis herunter in den Ort!«

Carrick tastete nach dem Handtuch, trocknete sich das Gesicht ab und drehte sich um. Er grinste. Jumbo Wills, der Zweite Offizier der Marlin, hatte ein altes, nicht mehr ganz sauberes Hemd und einen Overall an. Seinen Spitznamen verdankte er der Tatsache, dass er genauso massiv gebaut war wie ein Elefant.

»Was wollen Sie denn in dieser Aufmachung?«, fragte Carrick.

Wills zuckte die Achseln.

»Ich muss im Vorpiek herumkriechen. Anordnung vom Käpt'n. Einem kleinen Würstchen wie mir halst man ja immer die schmutzigen Arbeiten auf. Aber zuvor frühstücke ich. Kommen Sie mit?«

»Ich wurde vom Alten zu Tisch gebeten.« Carrick trocknete sich noch einmal gründlich das Gesicht ab und warf das Handtuch zur Seite. »Und er wird bestimmt nicht beglückt sein, wenn Sie ihm in der Aufmachung eines Landstreichers begegnen. Er erwartet Besuch an Bord.«

Bis zu den Wurzeln der blonden Haare überzog sich das Gesicht des jungen Mannes mit tiefer Röte.

»Aber wenn ich das Vorpiek nicht in Ordnung bringe, geht er erst recht in die Luft!« Jumbo Wills fürchtete zweierlei: seekrank zu werden, was auf jeder Patrouillenfahrt mindestens einmal passierte, und von Kapitän Shannon zusammengestaucht zu werden, was bedeutend öfter vorkam. »Vielleicht sollte ich aufs Frühstück verzichten und mich gleich an die Arbeit machen...«    

»Warum nicht?« Carrick holte seinen Elektrorasierer und zwinkerte dem jungen Mann besänftigend zu. »Vielleicht lohnt es sich sogar. Möglicherweise bringt er reizenden Besuch mit.«

»Mädchen?« Wills’ Gesicht hellte sich auf, doch dann schüttelte er den Kopf. »Nein, bei einem Anglertreffen bestimmt nicht. Sollten wirklich weibliche Wesen in der Gegend sein, sind sie bestimmt über fünfzig und haben einen starken Bartwuchs. Ich kenne diese Typen.« Trotz allem gewann die Neugier die Oberhand. »Haben Sie eine Ahnung, warum Sie der Alte eingeladen hat? Dafür muss es doch einen Grund geben?«

»Bis jetzt hat er ihn mir nicht genannt.«

Jemand hämmerte wütend gegen die Zwischenwand. In der Nachbarkabine wohnte Pettigrew, der Dritte Offizier. Er war der älteste des Trios und verbrachte den größten Teil seiner Freiwache in der Koje. Natürlich hasste er es, aufgeweckt zu werden. Carrick verzog das Gesicht und senkte die Stimme.

»Ich erzähle Ihnen dann, was es gegeben hat.«

»Schön, dann werde ich mich jetzt an die Arbeit machen«, meinte Jumbo Wills, fuhr sich mit der Hand über den schmierigen Overall, seufzte noch einmal beim Gedanken an das entgangene Frühstück und spazierte davon.

Carrick warf hinter ihm die Tür zu, schaltete den Rasierapparat ein und nahm den Kampf gegen die Bartstoppeln auf. Das Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegenblickte, hatte sich in den zwei Jahren verändert, die er mit Shannon auf der Marlin gefahren war. Es war jetzt vom Wetter gebräunt, und die feinen Linien um die Augen deuteten auf größere Reife - doch dies alles wurde Carrick kaum bewusst.

Die Zeit, die er früher auf See verbracht hatte, schien unendlich weit zurückzuliegen. Dieses Kapitel war abgeschlossen worden, als er - das nagelneue Kapitänspatent in der Tasche - kein passendes Schiff finden konnte. Unvermutet war er vom Fischereischutz auf Grund einer längst vergessenen Bewerbung aufgefordert worden, sich vorzustellen. Am Ende der Unterredung war er Erster Offizier unter Kapitän Shannon auf der Marlin. Gleichzeitig hatte man ihm einen schwarzen Dienstausweis überreicht, der einen gewissen Webster Carrick zum Inspektor für das Fischereiwesen machte. Schlicht ausgedrückt war er damit seefahrender Polizist und Fischereibeamter in einer Person - mit den Nachteilen beider Berufe.

Während der Rasierapparat über das Kinn schnurrte, blinzelte Carrick seinem Spiegelbild zu. Er war einunddreißig Jahre alt, einsfünfundsiebzig groß und untersetzt. Die schmalen Lippen in dem breiten Gesicht verrieten deutlich, dass er sich trotz seiner stets verbindlichen Art nicht herumschubsen ließ. Seine Augen waren dunkelbraun, das Haar noch eine Nuance dunkler, die Schultern breit und muskulös. Und - das gab er unumwunden zu - er war gern ein wenig zynisch. Trotzdem liebte er das Leben.

Er schaltete den Rasierapparat aus, und während er ihn wegpackte, begann er fröhlich zu pfeifen. Doch bereits nach wenigen Takten hämmerte Pettigrew wieder gegen die Wand. Carrick zuckte die Achseln und summte leise weiter. Er zog den Rollkragenpullover, die Uniformjacke und Halbschuhe an. Nun konnte er Kapitän Shannon gegenübertreten - ganz gleich, was der alte Knurrhahn auf dem Herzen haben mochte.

 

Kapitän Shannons Salon lag unmittelbar unter der Brücke. Er war verhältnismäßig groß, und jeder, der den Raum zum ersten Mal betrat, war erstaunt über die hellen Chintzvorhänge vor den Bullaugen, für deren Erneuerung Shannons Frau jedes Jahr nach der Generalüberholung persönlich sorgte. Im Übrigen aber spiegelte der Salon Shannons Charakter wider: Alles war nüchtern und praktisch - vom makellos weißen Anstrich bis zum blitzenden Messing des Schlingeranzeigers und des Tochterkompasses, die über dem Schreibtisch hingen. Ein Regal enthielt Handbücher über das Fischereiwesen, denen man die häufige Benutzung ansah. Das Mobiliar war einfach, aber gemütlich. Die alte Lithographie eines Segelschiffes - auf einer Auktion billig erworben - bildete den einzigen Schmuck.

Carrick klopfte an die Tür und trat ein. Der Tisch war bereits für zwei Personen gedeckt, und auch die dampfende Kaffeekanne fehlte nicht. Shannon hatte sich landfein gemacht, er trug seine beste Uniform. Er stand am Schreibtisch, ein fast leeres Whiskyglas in der Hand. Der Kapitän begrüßte Carrick mit einem Kopfnicken. Im gleichen Moment erschien der Stewart, stellte zwei Teller mit Speck und Eiern auf den Tisch und verschwand ebenso leise, wie er gekommen war.

»Schön.« Shannon leerte das Whiskyglas und lud Carrick mit einer Handbewegung ein, am Tisch Platz zu nehmen. »Dann wollen wir frühstücken, Mister - und bei dieser Gelegenheit möchte ich von Ihnen hören, in welchem Zustand sich Ihrer Meinung nach das Schiff befindet.«

Reparaturarbeiten bereiteten Shannon stets Sorgen, denn der Kapitän war höchst misstrauisch, wenn es um die Seetüchtigkeit der Marlin ging. Und das mit gutem Grund. Wie die anderen Boote der Fischereischutzflottille hatte auch die Marlin jährlich 17.000 Seemeilen zurückzulegen. Ihr Operationsgebiet reichte vom Butt of Lewis im Norden bis hinunter zum Südrand des Solway Firth. Die Gewässer in diesem Küstenabschnitt zählen zu den heimtückischsten der ganzen Welt. Man benötigte also ein in jeder Hinsicht verlässliches Schiff, um Unheil zu entgehen.

Trotz ihrer schweren Aufgabe war die Marlin unbewaffnet. Sie verschaffte sich auf andere Weise Autorität. Die graue Silhouette mit dem hohen Bug und dem niedrigen Schornstein war gut bekannt. Mit Hilfe des Zwillingsmotors, der 2.000 PS leistete, schaffte sie dreißig Knoten. An dem flachen Heck wehte die blaue Flagge mit dem goldenen Emblem des Fischereischutzes. Am meisten gefürchtet aber war Kapitän Shannon, der als Kommissar des Fischereiwesens befugt war, an Ort und Stelle Strafen zu verhängen.

Während die beiden Männer frühstückten, gab Carrick einen ausführlichen Bericht über den Zustand des Schiffes. Gelegentlich stellte Shannon eine Frage. Schließlich war er zufriedengestellt und versank in Schweigen. Carrick musterte den bärtigen Kapitän, der sich die dritte Tasse Kaffee einschenkte, und amüsierte sich heimlich über die aggressive Art, wie er Zucker hineingab. Der Kommandant der Marlin hatte eine Aufgabe zu erfüllen, und dafür stand ihm ein Schiff von 400 Tonnen und 54 Meter Länge zur Verfügung, das wie die Miniaturausgabe eines Zerstörers aussah. Die Besatzung bestand aus zwanzig Mann und drei wachhabenden Offizieren. Und worin bestand die Aufgabe? Dafür zu sorgen, dass Ruhe und Ordnung gewahrt und die Gesetze eingehalten wurden, und zwar in einem Gebiet, in dem die Menschen hart und gefährlich lebten und ein leicht aufbrausendes Temperament besaßen.

Man durfte von den Fischern erwarten, dass sie die einschlägigen Gesetze und Verordnungen kannten, über Netze und Gerät Bescheid wussten, ebenso aber auch über Fangzeiten, über die Dreimeilen- und die Sechsmeilenzone. Aber die Fischer hatten ebenfalls ihre Probleme: Es galt, einen möglichst reichen Fang zu machen und ihn möglichst günstig auf dem Markt abzusetzen. Und manchmal kam es eben vor, dass sie ihren Lebensunterhalt nur bestreiten konnten, wenn sie sich nicht an die Fischereigesetze hielten.

Die Kommandanten der Fischereischutzboote mussten deshalb alle Tricks kennen, mit denen die Fischer arbeiteten, und sie mit den eigenen Waffen schlagen. Kapitän Shannon war bereits über Sechzig, würde also in wenigen Jahren pensioniert werden. Und wenn es hoch kam, würde man ihm für seinen unermüdlichen Kampf einen kleinen Orden an die Brust heften.

Ein ungeduldiges Schnauben riss den Ersten Offizier aus seinen Grübeleien.

»Mr. Carrick, ich sagte, dass sich jeder gewaltig irrt, der glaubt, er könne während unseres Aufenthaltes in Loch Rachan faulenzen.« In den scharfen Augen des Kapitäns glitzerte es gefährlich. »Heute haben wir Dienstag. Das Wettangeln beginnt morgen und dauert bis Freitag. Offiziell sind wir in dieser Zeit anwesend. Aber das bedeutet nicht, dass wir dasitzen und Daumen drehen. Schließlich hat man uns nicht hierhergeschickt, um diesen Anglern, die lediglich einen Silberpokal für ihr Wohnzimmer gewinnen möchten, eine Freude zu bereiten.« Shannon stand abrupt auf und trat an seinen Schreibtisch. »Kommen Sie doch mal her.«

Verdutzt gehorchte Carrick. Shannon nahm eine Karte aus dem Regal und breitete sie sorgfältig auf dem Schreibtisch aus. Dann tippte er mit seinem kurzen dicken Finger auf einen Punkt.

»Hier, auf dem Festland, ist Loch Rachan. Da drüben...« Der Finger fuhr einige Zentimeter nach Westen. »Da haben wir den Sound of Jura und auf der gegenüberliegenden Seite die Inseln: Jura, Islay und so weiter. Zwischen dem Festland und den Inseln ist das Wasser sehr tief, stimmt’s?«

Carrick nickte. Sobald man die Küste mit ihren Klippen und kleinen Inseln hinter sich gelassen hatte, sank die Wassertiefe rasch auf hundert und mehr Meter ab. Aber es gab überall gefährliche Untiefen.

»Gut.« Shannon blickte von der Karte auf. »Wenn Sie die Memoranden der Admiralität gelesen haben, die Sie regelmäßig bekommen, dürfte Ihnen bekannt sein, dass die Gewässer südlich von Kilberry Head zum Übungsgebiet für Unterseeboote erklärt wurden.« Shannons Finger zog auf der Karte ein Oval. »Um diesen Abschnitt handelt es sich. Wie üblich wurden die Fischer in den Häfen durch Bekanntmachungen darauf aufmerksam gemacht.«

»Sie waren allerdings nicht begeistert«, murmelte Carrick. »Es hieß sogar, dass man eine Eingabe beim Minister machen wolle.«

»Die Fischer haben immer etwas auszusetzen«, brummte Shannon. »Die Navy hat jedenfalls mit dem üblichen Drill begonnen. Die Übungszeiten werden amtlich bekanntgemacht. Dann ist in dem betreffenden Gebiet das Fischen verboten. Vermutlich ist es Ihnen entgangen, Mister, aber als wir heute Morgen durch den Sound of Jura kamen, wurden wir eine reichliche halbe Stunde durch ein Periskop beobachtet.«

Carrick räusperte sich rasch.

»Werden im Rahmen dieser Übungen besondere Manöver durchgeführt, Sir?«

Das Hauptübungsgebiet der NATO-Unterseeboote lag im Kilbrannan-Tief und dem Firth of Clyde. Dort übten die konventionellen U-Boote, manchmal auch gemeinsam mit einem britischen oder amerikanischen Atom-U-Boot. Die britische Basis in Gareloch und das amerikanische Polaris-Depot in Holy Loch befanden sich ja ganz in der Nähe. Aber von Zeit zu Zeit suchte sich die Navy neue Übungsgewässer.

»Im Allgemeinen handelt es sich um den üblichen Drill: Tauchübungen, Beobachtungen durch das Periskop, Schießen mit Übungstorpedos«, erwiderte Shannon, und seine Stimme wurde sarkastisch. »Sie wissen ja, was es mit diesen Übungstorpedos auf sich hat, Mister. Der Torpedo ist echt, hat aber lediglich einen Übungsgefechtskopf. Ein Tender wartet in der Nähe, der den Torpedo nach durchgeführtem Übungsschießen wieder aus dem Wasser fischt. So ist es jedenfalls beabsichtigt. Aber manchmal geht ein Torpedo auch verloren.«

Das sollte zwar nicht sein, kam aber hin und wieder vor. Carrick hatte derartige Übungsgeschosse schon mehrmals in der Flottillenbasis in Gareloch gesehen. Die Gefechtsköpfe waren mit einem leuchtenden Orange bemalt und enthielten - zum leichteren Auffinden - einen Rauchsatz und eine Lichtquelle. Am Ziel wurde der flüssige Ballast mittels Pressluft aus dem Gefechtskopf gedrückt, so dass der Torpedo auftauchte und an der Wasseroberfläche trieb, bis man ihn einsammelte. Doch manchmal ging etwas schief - dann versagte vielleicht der Pressluftzylinder, oder der Torpedo verfing sich auf dem Meeresboden im Schlick.

Natürlich legte die Navy großen Wert darauf, keinen Torpedo zu verlieren, denn jeder Fisch kostete rund 3.000 Pfund bares Geld - ganz zu schweigen von den modernen Typen, die mehr als das Dreifache wert waren. Eine fieberhafte Suche nach dem verlorenen Torpedo setzte dann ein, doch oft genug wurde er erst gefunden, wenn ein Trawler oder Fischkutter einen unerwarteten Fang im zerrissenen Netz entdeckte. Nicht selten begann nun eine langwierige Streiterei zwischen dem Fischer und der Navy. Der Fischer wollte den Schaden ersetzt und einen Finderlohn haben, während der betreffenden Dienststelle nur ungenügende Mittel zur Verfügung standen.

Shannons sarkastischer Tonfall ließ Carrick aufhorchen.

»Und kürzlich haben sie wieder einen Fisch verloren?«

Der Kapitän nickte.

»Vor drei Tagen. Einige Meilen südlich von hier, in der Nähe vom Leuchtturm Whip. Ein neuer Typ. Deshalb ist der Wirbel auch größer als sonst, weil man das Ding unbedingt wiederfinden möchte. Nun, das ist das Problem der Navy. Uns interessiert lediglich, dass die Manöver weitergehen - und zufällig liegen am Rand des Übungsgebietes einige der besten Fischgründe im ganzen Sound of Jura.«

»Wir müssen also Verkehrspolizei spielen und aufpassen, dass unsere Angler nicht die Kriegsspielerei behindern?«

Carricks Gesicht wurde ernst. Berufsfischer aus dem Sperrgebiet zu vertreiben, ging noch an - aber mehr als ein Dutzend Boote mit Angelenthusiasten im Zaum zu halten, war schlimmer als einen Sack Flöhe zu hüten.

»Sie sind gewarnt worden.« Shannon rollte die Seekarte zusammen, schob ein Gummiband darüber und legte die Rolle ins Regal zurück. »Aber jeder von diesen Leuten möchte siegen, denn derjenige, der während der nächsten drei Tage den größten Fang macht, gewinnt einen Silberpokal. Und einen zweiten Pokal gibt es für den schönsten Fisch. Da könnte schon jemand in Versuchung geraten, heimlich nach Süden zu fahren und dort sein Glück zu versuchen. Besonders, wenn er ein Boot gemietet hat, dessen Besitzer im Falle des Sieges eine Belohnung erwartet.«

»Dann machen diese Leute vielleicht einen größeren Fang als sie glauben«, murmelte Carrick. »Gibt es auch einen Pokal für denjenigen, der ein U-Boot angelt?«

Shannon brummte unwirsch.

»Eher wird es andersherum passieren - dann hat eins der Boote einen Torpedo im Heck. Auch ein Übungstorpedo besitzt eine gewaltige Durchschlagkraft.« Er blickte auf die Uhr und runzelte die Stirn. »Jetzt muss ich ins Dorf fahren und den Leuten vom Anglerkomitee meinen Antrittsbesuch machen. Kommen Sie nach einer Weile ebenfalls hinüber und versuchen Sie herauszufinden, was die Angler vorhaben. Lassen Sie durchblicken, dass wir keinesfalls Händel suchen, aber rücksichtslos gegen alle vorgehen, die sich ins Sperrgebiet wagen.«

»Verstehe.« Carrick schleuderte zum Bullauge und blickte über die Bucht. Im Sonnenschein lag die Wasserfläche in sattem Blau, das am Strand von der weißen Brandung eingerahmt wurde. »Denken Sie dabei an-ganz bestimmte Boote, Sir?«

»Da wären zunächst die beiden Logger.« Shannon nahm die mit Goldborte besetzte Mütze von dem Haken neben der Tür und setzte sie schwungvoll auf. »Über die Blue Vine ist mir nichts weiter bekannt, aber die Anna B. hat dem Fischerei-, schütz schon Scherereien gemacht. Behalten Sie die beiden im Auge - und die übrigen ebenfalls.« Er öffnete die Tür und holte tief Luft. »Die Marlin hat eigentlich Wichtigeres zu tun, als Kindermädchen für die Navy zu spielen, Mr. Carrick. Aber sollten die Manöver behindert werden, wird die Admiralität beim Fischereischutz Krach schlagen, und dann wird mein Vorgesetzter mir die Hölle heiß machen - und ich werde ebenfalls jemandem die Hölle heiß machen!«

Carrick folgte dem Kapitän hinauf zum Hauptdeck und wartete, bis Shannon an Bord der Pinasse war, dann sah er zu, wie das Boot auf die Landungsbrücke zusteuerte. Schließlich drehte er sich um, zündete sich eine Zigarette an und schlenderte zum Heck. Eine raue Stimme drang an sein Ohr. Jemand machte zwei Matrosen klar, was sie erwarten würde, falls sie nicht endlich im Eiltempo eine neue Plane über das Rettungsboot zögen.

Carrick trat hinzu, lauschte kurz.

»Bootsmann«, unterbrach der Erste Offizier leise.

»Sir?« Der einsachtzig große, bullenhafte Ire aus Glasgow mit dem rötlichblonden Haar wandte sich um und grinste. »Ich sorge nur dafür, dass alles klappt. Wie Sie es befohlen haben.«

»Das habe ich gehört«, entgegnete Carrick sarkastisch. »Alles in Ordnung?«

»Ja, zumindest in Kürze.« Clapper Bell nickte heftig. »Hauptsache, es steckt niemand seine Nase in den falschen Winkel.« Er blickte zu den beiden Matrosen, die sich mit der Plane abmühten. »Fester, Hamilton - Sie ziehen doch nicht am Schürzenband Ihrer Mutter.«

Der Bootsmann kam von der Royal Navy, was man deutlich an dem verblichenen Ordensbändchen an seiner Uniformjacke erkennen konnte. Wenn er sagte, dass alles in Ordnung sein würde, konnte man sich darauf verlassen.

»Kapitän Shannon wünscht, dass ich mich auf den Booten, die sich an dem Angelwettbewerb beteiligen, ein wenig umsehe«, erklärte Carrick. »Möchten Sie mitkommen?«

»Nur zu gern«, erwiderte Clapper Bell begeistert. »Vielleicht könnte man bei dieser Gelegenheit...« Er ließ den Rest ungesagt, winkelte lediglich den Arm an.

»So früh am Morgen?« Carrick war skeptisch. »Um diese Zeit wird noch kein Alkohol ausgeschenkt.«

»Ach, während des Angelfestivals wird man es schon nicht so genau nehmen«, meinte Bell optimistisch. »An der Bar erfährt man am leichtesten, was sich so tut. Wenn man ein Glas in der Hand hält, ist kein Mensch misstrauisch.«

Carrick schob die Mütze zurück und seufzte.

»In Ordnung. Dann halten Sie sich in fünf Minuten bereit. Wir nehmen das Schlauchboot. Sie unterhalten sich mit den Einheimischen und versuchen in Erfahrung zu bringen, ob die Fischer in letzter Zeit gute Fänge gemacht haben.«

»Genau das hatte ich vor.« Der Bootsmann nickte. »Äh - soll ich bei dieser Gelegenheit auch den Torpedo erwähnen, der vermisst wird?«

Carrick lächelte und schüttelte den Kopf. Es war ihm schleierhaft, wie Clapper Bell über alles so gut Bescheid wissen konnte. Offensichtlich hatte er Verbindung zur Admiralität.

 

Einige der Boote liefen bereits aus, als Carrick in das Schlauchboot kletterte. Clapper Bell sorgte dafür, dass es nicht von der Bordwand der Marlin abgetrieben wurde. Erst als Carrick Platz genommen hatte und an der Starterschnur riss, stieß Bell von dem Fischereischutzkreuzer ab. Der 40-PS-Außenbordmotor heulte auf. Carrick nahm Gas weg, und das Geräusch ging in ein gleichmäßiges Tuckern über.

»Ich dachte, diese Angelei beginnt erst morgen«, meinte Bell stirnrunzelnd und machte es sich etwas bequemer, was bei seiner hünenhaften Gestalt nicht ganz einfach war.

Eine alte Motorjacht begegnete ihnen. Am Heck stand eine Handvoll Wettkampfteilnehmer. Jeder einzelne war mit Angelgerät überladen.

»Die meisten von ihnen werden heute einen kleinen Versuch unternehmen«, erwiderte Carrick. »Den Rest des Tages werden sie dann darüber diskutieren, welches Angelgerät am zweckmäßigsten ist.«

»Wobei natürlich niemand seine wahre Meinung sagt - in der Hoffnung, auf diese Weise besser als die anderen abzuschneiden.« Clapper Bell lachte, drehte sich um und zog irritiert die Brauen hoch. »He...!«

Carrick hatte bereits gesehen, was den Maat irritierte.

Der große Logger hatte sich zwischen den vor Anker liegenden Booten hindurchgeschlängelt und nahm nun volle Fahrt auf. Der Dieselmotor hämmerte, die Abgase quollen aus dem dünnen Schornstein, und am Heck schäumte weiß das Kielwasser. Gleichzeitig drehte der Logger und nahm direkten Kurs auf das Schlauchboot. Es war die Anna B.. Sie kam rasch näher. Verschwömmen waren die Gesichter der Passagiere auf Deck zu erkennen, und hinter den Scheiben des Ruderhauses die reglose Gestalt des Mannes am Steuer.

Clapper Bell knurrte, richtete sich etwas auf und winkte in ärgerlichem Protest.

Die Anna B. hielt unbeirrt ihren Kurs, sie schien von dem Schlauchboot wie von einem Magneten angezogen zu werden. Carrick riss die Ruderpinne hart zur Seite, doch als das kleine Boot nach Steuerbord auswich, drehte der Bug des Loggers in die gleiche Richtung.

»So ein blöder Kerl...« Bell blickte zu Carrick, bemerkte die ärgerlich zusammengekniffenen Augen seines Vorgesetzten und schwieg.

Der Motor des Schlauchbootes heulte auf, mit einem gewaltigen Ruck schoss es vorwärts - und im nächsten Moment schob sich der Logger, groß wie eine Dampfwalze, dicht am Heck vorbei. So dicht, dass die beiden Männer im Schlauchboot jeden einzelnen Niet an dem altersschwachen Rumpf deutlich erkennen konnten. Die Passagiere des Loggers rissen erschrocken ihre Münder auf, aber der Steuermann beugte sich aus dem Ruderhaus und spie über Bord.

Kräftig fluchend klammerte sich Clapper Bell fest, als das Schlauchboot in das Kielwasser der Anna B. geriet und heftig zu tanzen begann.

»Zum Teufel, was sollte das?«, knurrte er und schickte dem Logger einen wütenden Blick nach.

»Da war jemand zum Scherzen aufgelegt«, erwiderte Carrick ruhig.

Er hatte sich das Gesicht des Mannes am Ruder genau eingeprägt - dieses grinsende, unrasierte Gesicht mit den ungewöhnlich hohen Wangenknochen und dem kurzgeschnittenen grauen Haar. Wenn ich diesem Kerl wieder begegne, wird er was erleben!, dachte Carrick.

Eine Jacht schob sich zwischen den vor Anker liegenden Booten hindurch und passierte die beiden Fischereischutzmänner in gebührendem Abstand. Carrick bemerkte, dass Clapper Bell ins Wasser starrte. Es mochte hier ungefähr sechs Meter tief sein; der Meeresboden war ein Gemisch aus Fels, feinem Sand und grünem Tang.