Inseln der Glückseligkeit - Roland Pöllnitz - E-Book

Inseln der Glückseligkeit E-Book

Roland Pöllnitz

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Beschreibung

Viele Inseln sind nur winzige Flecke in den Weiten der Ozeane. Doch einige von ihnen erwecken allein durch die Nennung ihres Namens ein Glitzern in den Augen. Bali, Insel der Götter. Kalymnos, Insel der Schwammtaucher. La Palma und Teneriffa, die Schöne und die Glückselige. Madeira, Perle des Atlantik. Mauritius, Diamant im Indischen Ozean. Sri Lanka, die smaragdgrüne Insel, Phuket, Insel des Lächelns. Allein ihre Beinamen sagen so viel über ihre Schönheit aus. All diese Inseln schufen den Stoff für harmonische, exotische, erotische und philosophische Erzählungen, Geschichten über die Glückseligkeit. Folgen sie dem Autor und richten sie ihre Blicke mit Liebe auf zauberhafte Landschaften, unendliche Palmenstrände, liebenswerte Menschen und außergewöhnliche Ereignisse. Tauchen Sie ein in diese Inselparadiese und verspüren Sie ihre Glückseligkeit.

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Das Buch

Viele Inseln sind nur winzige Flecke in den Weiten der Ozeane. Doch einige von ihnen erwecken allein durch die Nennung ihres Namens ein Glitzern in den Augen. Bali – Insel der Götter. Kalymnos - Insel der Schwammtaucher. La Palma und Teneriffa – die Schöne und die Glückselige. Madeira – Perle des Atlantik. Mauritius - Diamant im Indischen Ozean. Sri Lanka – die smaragdgrüne Insel, Phuket – Insel des Lächelns. Allein ihre Beinamen sagen so viel über ihre Schönheit aus. All diese Inseln schufen den Stoff für harmonische, exotische, erotische und philosophische Erzählungen – Geschichten über die Glückseligkeit. Folgen sie dem Autor und richten sie ihre Blicke mit Liebe auf zauberhafte Landschaften, unendliche Palmenstrände, liebenswerte Menschen und außergewöhnliche Ereignisse. Tauchen Sie ein in diese Inselparadiese und verspüren Sie ihre Glückseligkeit.

Roland Pöllnitz

Zunächst folgte der brave Sohn den beruflichen Vorstellungen seiner Familie und wurde Ingenieur. Hier wurde das Potential seiner Kreativität gefördert, stieß jedoch bald an gesellschaftliche Grenzen. Dem folgte ein körperlicher und seelischer Zusammenbruch. Rastlos trieb es ihn vorwärts, vielseitig waren die Erfahrungen als Bauer, Bauarbeiter, Brauer, Designer, Fotograf, Gärtner, Gleisarbeiter, Programmierer, Ingenieur, Unternehmer, Wirt, Ehemann, Vater und Großvater und gesunder Mensch mit einem gesunden Verstand.

Ein Drittel seines Lebens hat sich der Autor der Poesie verschrieben, zweit Drittel dem Reisen und der Fotografie und dem Ganzen der Liebe.

Inhalt

Bali - Die Insel der Götter

Mauritius - Diamant im Indischen Ozean

Kalymnos - Insel der Schwammtaucher

Madeira – Perle des Atlantik

Die Insel der Glückseligen und die Schöne

Phuket – Insel des Lächelns

Sri Lanka – Die smaragdgrüne Insel

Vorwort

Viele Inseln sind nur winzige Flecke in den Weiten der Ozeane. Doch einige von ihnen erwecken allein durch die Nennung ihre Namens ein Glitzern in den Augen. Bali – Insel der Götter. Kalymnos - Insel der Schwammtaucher. La Palma und Teneriffa – die Schöne und die Glückselige. Madeira – Perle des Atlantik. Mauritius - Diamant im Indischen Ozean. Sri Lanka – die smaragdgrüne Insel, Phuket – Insel des Lächelns. Allein ihre Beinamen sagen so viel über ihre Schönheit aus. All diese Inseln schufen den Stoff für harmonisch, exotische, erotische und philosophische Geschichten – Geschichten über die Glückseligkeit.

Fast jede Insel ist auch immer ein Sehnsuchtsort mit Landschaften von paradiesischer Unberührtheit am Rande der Zivilisation, von klarem Wasser umgeben, mit Menschen und Göttern, die dem Reisenden ihre Geheimnisse erzählen.

Es gab für jede Inselreise persönliche Gründe. Einer der wichtigsten Gründe für all dieses Reisen war, sich in einer warmen Umgebung glücklich zu fühlen. Denn alle Reisen führten uns aus dem winterkalten Europa in wärmere Weltgegenden, wo Sonne und Meer einen positiven Einfluss auf uns hatten. Sie schenkten uns Sinnlichkeit, Gelassenheit und Wohlbehagen.

Zudem bot jede Reise die Möglichkeit, Neues und vor allem Außergewöhnliches zu entdecken und zu fotografieren: die Menschen, die Landschaft, die Speisen oder Dinge, die wir nur an diesem Ort antreffen konnten. Es bereitete uns ein riesiges Vergnügen unbekannte Früchte zu kosten, über besonders schöne Dinge und exotische Tiere zu staunen, die wir mit all unserer Liebe betrachteten, neue und außergewöhnliche Erfahrungen zu sammeln oder neue Grenzen auszutesten.

Natürlich war jede Reise in die Ferne auch gleichzeitig eine Reise zu sich selbst. Man bekam den Kopf frei, ließ die Alltagssorgen los, begann über sich selbst und die Welt nachzudenken, begriff die Schönheit, die Andersartigkeit der fremden Umgebung und schöpfte durch neue Abenteuer Mut zur Veränderung.

Die Welt endete nicht mehr am Gartenzaun oder im spießigen Denken der Deutschen. Wir erfuhren von den Ängsten und Freuden der Menschen, sahen das Lächeln der Kinder und begegneten der Hilfsbereitschaft der Inselbewohner, fanden zum ersten Mal im Leben heraus, wie erntefrische Bananen und Ananas schmecken.

Wir wurden stinkreich – nicht materiell, sondern geistig. Unsere Köpfe füllten sich mit Eindrücken, mein Tagebuch sammelte Worte, Sätze und Poeme, unsere Häute färbten sich bronzen in der Sonne und der Speicher der Kamera wurde mit tausenden Erinnerungen gefüllt.

Was wir stets dabei hatten, war die Wertschätzung gegenüber den Köchen, dem Personal, gegenüber jedem Menschen, dem wir begegneten. Natürlich waren wir jederzeit dankbar für all die Abenteuer, die wir erleben durften und die unsere Truhe der Erinnerungen auffüllten. Spaß gab es genügend und auch erhebende Augenblicke. Jede Insel bot uns ihre eigenen Höhepunkte zur Entdeckung an.

Noch heute schwelgen wir immer wieder in Erinnerungen, träumen von den Sonnenaufgängen auf La Palma, der Fahrt mit dem Speedboat durch die Phang Nga Bay, den Elefanten von Pinnawela, der Korbschlittenfahrt von Funchal, dem Mandarinental auf Kalymnos, dem große Buddha von Phuket, den Sega Tänzerinnen von Mauritius und der Abendröte in Ahungalla.

Diese Ansammlung von Gänsehautmomenten alleine reicht, um zu verstehen, warum uns diese Inselreisen die allergrößte Glückseligkeit schenkten. Ein herzliches Dankeschön geht deshalb an alle, die dazu beigetragen haben.

Roland Pöllnitz

Bali - Die Insel der Götter

Der erste Eindruck kann schnell zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Der Empfang am Flughafen war einfach fantastisch. Für sie präsentierte sich dieser Airport als einer der angenehmsten weltweit. Schon nach der Landung fiel ihnen die angenehm gedämpfte Geräuschkulisse auf. Anders als auf vielen Großflughäfen schien hier für Lärm und Hektik kaum Platz zu sein. Lucia und Robert flanierten über Teppichboden durch angenehm gestaltete, wohltuend beleuchtete Gänge, überall viel Glas und berauschend viele Orchideen.

Mit einem Kleinbus rasten sie durch Singapur. Zwanzig Minuten dauerte die Fahrt vom Flughafen bis ins Zentrum – vorbei an spiegelnden Glasfassaden und von Palmen gesäumten Alleen. Überall grünte und blühte die tropische Vegetation so perfekt, dass der Wunsch entstand, eine der Pflanzen zu berühren, um sie auf ihre Echtheit zu überprüfen. »Singapore is a very clean and safe country«, begann ihr malaiischer Shuttle-Fahrer voller Stolz die Konversation, während er sie in Richtung Innenstadt chauffierte. Er führte seinen freundlichen Small Talk in bestem Singlish. Die von den Eingeborenen Singapurs benutzte Sprache ist eine bizarre Mischung aus Englisch, Chinesisch, Malaiisch und Tamilisch. Die Benutzung allerdings kann nur vor Ort erlernt werden.

Das Hotel Phoenix befand sich im Herzen der Orchard Road und war verbunden mit einem Einkaufszentrum. Die beiden bezogen ein elegantes Zimmer in der zehnten Etage und bekamen alles, was man sich nur wünschen konnte. Sie nutzten die Annehmlichkeiten des Bades, bevor sie in die warme asiatische Nacht entschwanden.

Zuerst mochte Bing Crosbys »White Christmas« unter Palmen etwas seltsam anmuten. Singapur hatte die schönsten und prächtigsten Weihnachtsfeiern in seiner Geschichte angekündigt. Die Innenstadt entlang der berühmten Orchard Road und Marina Bay hatte sich in ein bezauberndes Lichtermeer mit Weihnachtssternen, Pappmaché-Schneemännern und Weihnachtsmusik verwandelt. Wer einmal sah, wie die Menschen in dieser buddhistisch-islamischen Metropole mit Begeisterung Weihnachten feierten, mag denken, Weihnachten sei hier erfunden worden. Warme Rot- und Orangetöne versetzten die Menschen in eine wunderbare Stimmung, die nicht nur Romantiker beflügeln, sondern auch Einkäufer inspirieren sollte.

»Robert, ist das toll, ach, ist das schön. Herrlich! Ich fühle mich wie im Weihnachtsmärchen«, schwärmte Lucia, als sie Arm in Arm mit ihrem Liebsten auf der Orchard Road bummelte.

»Und schau mal, die Geschäfte haben alle noch geöffnet, Robby! Ich werde verrückt, Liebster. Schau dir diese riesigen Weihnachtsengel an. Man könnte meinen, sie flattern gleich los. Wie in dem Film, in dem John Travolta den Engel Michael spielt. Erinnerst du dich?« Sie blickte ihn für einen Augenblick voller Begeisterung an. Da hatte sie bereits die nächste Entdeckung gemacht. »Essen ist hier wohl ein Volkssport? Sieh mal, wie viele Menschen um diese Zeit noch etwas essen! Ich habe auch Hunger. Lass uns auch was schlemmen!«

Im Vielvölkergetümmel wetteiferten die unterschiedlichsten Küchen um die Gunst der Geschmacksnerven: chinesisch, indonesisch, malaiisch, indisch, thailändisch, japanisch, koreanisch, arabisch. In der Garküche der Orchard Road brutzelte es appetitlich vor sich hin – für Topfgucker ebenso reizvoll wie für preisbewusste Feinschmecker. Nirgendwo sonst in der Stadt zahlte man so wenig für leckere, authentische Speisen. Schon als sich die beiden näherten, lief ihnen das Wasser im Munde zusammen. Am Imbissstand ihrer Wahl gaben sie ihre Bestellung auf, bezahlten und nannten die Tischnummer. Während das Essen garte, holten sie sich schnell noch ein Bier. Die Preise waren übersichtlich aufgelistet, so dass sie keine böse Überraschung fürchten mussten. An den Ständen gab es alles, was schnell und ohne großen Küchenzauber zubereitet werden konnte. Garnelen vom Holzkohlengrill, indische Hammelsuppe, scharfe Laksa nach malaiischer Rezeptur, Kokosnuss-Curry-Brühe mit Reisnudeln, Hongkong-Nudeln aus dem Wok mit gebratenem Entenfleisch, und natürlich Reis in allen Variationen, gekocht, gebraten oder klebrig, wie ihn die Südostasiaten mögen.

»Das sind die köstlichsten Garnelen, die ich gegessen habe, allein die Soße ist ein besonderer Genuss«, Lucia verdrehte ihre strahlend blauen Augen und schwärmte wie eine verliebte Italienerin.

»Sie sind einfach vortrefflich. Ich möchte gar nicht aufhören zu essen«, erklärte Robert mit fettglänzenden Fingern und einem Grinsen, das sich von einem Ohr zum anderen zog, während der starke Geruch von heißem Essen und würzigen Kräutern in den nächtlichen Singapurhimmel aufstieg, gefolgt von den Glücksgefühlen der beiden Liebenden.

Singapur könnte kein besseres Nationalsymbol als diese skurrile Fantasiegestalt haben. Oben ein königlicher Löwenkopf, unten ein Fischkörper, der an die ursprüngliche Verbundenheit zum Meer erinnert. Brüllende Moderne, verborgene Tradition - Singapur hatte viel von Merlion. Das ungewöhnliche Fabelwesen hat sich in den Herzen der Singapurer Bevölkerung und Besucher verewigt. Auch wenn es nie Löwen in Singapur gegeben hat, speit der Merlion als Wahrzeichen der »Löwenstadt« eine riesige Wasserfontäne aus seinem Maul.

Lucia und Robert begannen ihre Besichtigungstour an der Raffles Landing Site – an dieser Stelle am Boat Quay soll der Gründer Singapurs, Sir Stamfort Raffle, im Januar 1819 zum ersten Mal seinen Fuß auf die Insel gesetzt haben. Während er mit dem Herrscher der Insel verhandelte, inspizierten seine Kolonialbeamten die Umgebung. Hinter den auf Booten lebenden piratischen Seemenschen und dem malaiischen Kampong nahe der Mündung des Singapur River entdeckten sie eine kleine Ansiedlung von Chinesen. Die beiden Beamten fanden schnell heraus, dass sich dieses Gebiet hervorragend zur Gründung einer Stadt und für einen sicheren Hafen eignete. Gleich gegenüber am anderen Ufer erspähten Robert und Lucia die unter Denkmalsschutz stehenden alten Gemäuer am Boat Quay, während sich in ihrer Nachbarschaft das Westin Stamfort Hotel und andere imposante Glastürme dem Himmel entgegenstrebten. Am Raffles-Denkmal hatten sie einen imposanten Blick auf die Landing Site.

Sie traten ein in das bunte Markttreiben von Chinatown. Es duftete nach der frisch gemahlenen Gewürzen, dazwischen verbreiteten kleine Restaurants und häusliche Küchen ihre unverwechselbaren Gerüche. Wo früher ein rein chinesisches Viertel war, arbeiteten mittlerweile auch zahlreiche indische Handwerker. Frauen in farbenprächtigen Saris gingen ihren Einkäufen nach, und ganze Familien machten Ausflüge ins Kaufhaus Mustafa, das rund um die Uhr geöffnet hat. Hier befindet sich der älteste hinduistische Tempel der Metropole: der Sri Mariamman Tempel, der im 19. Jahrhundert von indischen Sträflingen und Handwerkern erbaut wurde. Der reiche indische Kaufmann Naraina Pillai ließ bereits 1827 den typisch indischen Tempel errichten. Nach Kasten getrennt, pyramidenartig übereinandergestapelt, erheben sich einzelne, bunt bemalte Götterfiguren über dem Eingangsportal.

Vor dem Betreten des Tempels mussten die beiden die Schuhe ausziehen. Sie blieben einen Augenblick am Tempeltor stehen, um ein paar Frauen mit großen Opferkörben vorbei zu lassen. Aus dem Tempel heraus erklangen Zimbeln. Es roch nach Blumen, Früchten und Kampfer.

»Irgendwie eigenartig, was die da so treiben«, flüsterte Lucia und deutete mit dem Kopf auf die Menschenmenge.

»Diese Pilger feiern faszinierende hinduistische Zeremonien, so genannte Pujas«, erklärte ihr Robert.

»Wahnsinn, diese beeindruckende Farbenpracht und das bunte Treiben der Besucher sind kaum zu beschreiben. Es sieht so fröhlich aus und doch ernst – ganz anders als die ewig feierlichen katholischen Messen«, entzückte sie sich.

»Damit habe ich keine Erfahrung. Ich habe mal gelesen, mein Engel, dass Hindus den Zustand ritueller Reinheit haben müssen, bevor sie einen Tempel besuchen. Sie essen am Tag des Tempelbesuchs kein Fleisch, waschen sich vor dem Tempelbesuch die Hände. Hindus nehmen aus einem Gefäß Vibhuti und zeichnen sich damit auf der Stirn einen grauen Strich, wenn sie den Tempel betreten«, erklärte Robert.

»Was ist Vibhuti?«, fragte ihn Lucia.

»Vibhuti ist im Hinduismus eine besonders segensreiche Asche, die aus dem Opferfeuer stammt und besonders in Verbindung mit dem hinduistischen Gott Shiva gebracht wird und - ihr werden übernatürliche Kräfte zugesprochen«, erläuterte ihr Robert. »Sieh nur diese malerischen Schreine und die wundervollen Götterfiguren! Einfach fantastisch!«

»Ich habe noch nie so etwas Schönes gesehen, Robby«, wisperte sie ehrfurchtsvoll.

»Ich fühle mich total glücklich mit dir. Das Leben ist so leicht mit dir, so voll tanzender Schmetterlinge. Ich fühle mich viel freier und klarer. Ich spüre den Hauch göttlicher Energie und möchte, dass er uns beide in diesem Augenblick ganz hell durchflutet. Lass uns tanzen, lass uns schweben, lass uns eins sein – voller Glücksgefühle. Alles ist federleicht, wahnsinnig toll. Ich liebe dich!« Seine Augen strahlten wie Diamanten, die von Sonnenlicht getroffen werden und in allen Facetten leuchten.

»Wie du das immer so sagst«, zaghaft legten sich ihre Lippen auf die seinen zu einem zärtlichen Kuss.

Insbesondere das Zhu Jiao Centre und die angrenzenden Shops ließen die bunte Vielfalt an chinesischen, indischen Lebensmitteln und Heilmittelchen erahnen. Das Tiefparterre hatte es in sich. Dort dehnte sich ein Lebensmittelmarkt aus, mit allen fremdartigen Leckereien, die Chinesen so mögen - nichts für empfindliche europäische Mägen. An einem Stand wurde gerade eine Schildkröte aus ihrem Panzer befreit. Daneben quakten große, grünbraune Frösche in ihren Käfigen. Auf Wunsch konnte man sich die delikaten Schenkel auch gleich neben der Kasse abteilen lassen. Robert und Lucia fanden auch allerhand exotische und getrocknete Spezialitäten wie Seepferdchen, Seenadeln und sogar Schlangen. An dem einen oder anderen Stand bekam man sicherlich unter dem Ladentisch verbotene Mittelchen wie Nashornpulver oder Tigerhoden. Für alle, die immer schon einmal wissen wollten, was sie nie essen würden, befand sich hier ein wahres Ekeleldorado.

»Mein Gott, wie kann man nur solche Kreaturen zu sich nehmen? Allein bei dem Gedanken an diese armen Tierchen wird mir schlecht«, flüsterte Lucia angewidert, als sie den chinesischen Foodmarkt verließen. Ihr wurde immer unwohler und sie verdrehte die Augen.

»Die Chinesen essen alles, was Beine hat, außer Tische! Und sie essen alles was fliegt, außer Flugzeuge!« Roberts Worte hatten für Lucia keine beruhigende Wirkung. »Außerdem essen sie Affenhirn, Schlange und alles was sonst noch atmet!«.

»Igitt!« Lucia schüttelte sich vor Ekel.

»Zum Glück ist das in Singapur verboten«, versuchte er sie zu beruhigen, da war es bereits zu spät. Sie war nahe dran, sich zu übergeben.

Ihr Bus beförderte sie zur Singapore Gems & Metals Jademanufaktur in der Kung Chong Road. Die beiden überraschte großartige Handwerkskunst aus Jade und anderen Edelsteinen, entzückende Bildermosaike, Jade- und Perlenschmuck, Jadeskulpturen und märchenhafte Objekte, die einfach nur schön waren. Das Geschick der Arbeiter war unglaublich. Den Besuch der obligatorischen Verkaufsräume haben sie dann schnell hinter sich gebracht. Lucia hatte wie stets beteuert, keinen Platz in ihrem Koffer zu haben.

In einer üppig bewaldeten Gegend fanden sie den verführerischen Mandai Orchideen Garten. In dieser tropischen Gartenlandschaft erblühten Myriaden von Orchideen im herrlichen Sonnenschein. Auf diesen kleinen Inseln, wo Mensch und Natur in friedlicher Harmonie zusammenfinden, entdeckten die beiden viel Außergewöhnliches. Ein besonderer Höhepunkt war der Wassergarten, der harmonisch in das Sumpfland eingebettet wurde, um das Menschenherz mit klaren Bächen und Kaskaden zu erfreuen. Sie bummelten durch diesen sensationellen Park mit allen diesen zauberhaft exotischen Blüten, die von farbenfrohen Schmetterlingen nur so umschwirrt wurden und trafen endlich im Gewürzgarten ein.

»Endlich fühle ich mich daheim. Lass uns in dieses Meer von Farben und Düften eintauchen, die Sinne betören von diesen Kostbarkeiten. Ich habe einmal gelesen, dass Gewürze zeitweise einen hohen ideellen Wert besaßen. Ihre Seltenheit, ihre weit entfernte Herkunft und ihre hauptsächliche Verfügbarkeit für Reiche und Privilegierte machten sie zu Prestigeartikeln. Die Suche nach Gewürzen und Gold war eine der wichtigsten Triebkräfte der europäischen Expansion«, schwärmte Lucia und steckte ihre Nase in jede erdenkliche Blüte und dozierte weiter wie eine Professorin der Botanik, »hier Rosmarin, Basilikum, Minze, Kurkuma, Dill, Zitronengras, da Chili und Paprika!«

Sie selbst begann, wie ein Schmetterling durch den Garten zu flattern. Robert erfreute sich an dem Anblick der offen zur Schau getragenen Begeisterung. Er nickte zustimmend und seine meerblauen Augen leuchteten in den sonnigen Tag, als er zu lächeln begann. Dann küsste er seine Liebste mit zärtlichen Lippen und sagte:

»Dieser Garten nehmen wir auf dem Rückweg mit nach Hause«.

Nach dieser wundervollen Stadtrundfahrt ließen sie sich von einem Taxi in den Zoologischen Garten bringen. Der Singapore Zoological Garden genießt den Ruf, einer der spektakulärsten Zoos der Welt zu sein. Natürliche Barrieren aus Wasser, Felswänden oder Vegetation trennten Tiere und Besucher und vermittelten so das Konzept eines offenen Zoos. Eingebettet in einen tropischen Regenwald begegneten den beiden verschiedene Affen, Kängurus, Elefanten, Pinguine und Reptilien hautnah. Einige Tiere konnten sich auch komplett frei durch den Zoo bewegen.

»Schau doch, Robert, dieses Äffchen läuft uns hinterher. Ach, ist das niedlich!«, Lucias Augen leuchteten wie die eines kleinen Kindes. Robert spürte, dass sie das possierliche Tierchen am liebsten mit nach Hause nehmen würde.

»Da sind noch mehr!«, rief er und deutete auf einige Goldäffchen, die auf der Balustrade am Wegrand saßen und scheinbar den Darbietungen der Elefanten zusahen.

»Sieh mal, wie viel Spaß die Elefanten beim Baden haben! Und dieser kleine drollige da, mit den kurze Beinen und dem niedlichen Rüssel!«, Lucia lachte aufs Neue. Robert wusste, woran sie dachte.

»Du denkst aber stets nur an das eine, mein Engel«, grinste er.

Arm in Arm wandelten sie weiter durch den urwaldähnlichen Park und kamen schließlich zu den Orang-Utans. Dicke, gelbe Früchte hingen in einer Traube gute zwanzig Meter über dem Boden. Das Orang-Utan Weibchen hatte sie längst erspäht und erklomm den Baum an einer herabhängenden Liane. Ihr kleines Baby klammerte seine kleinen Finger fest in Mutters rotes Fell. Früchte interessierten es nur wenig. Seine Augen schauten noch ungerichtet in diese Welt. Sobald das Gewackel aufhörte, schmiegte sich das Baby an Mutters Brust, um Milch zu trinken. In den Bäumen des Geheges tummelten sich einige dieser roten Riesen.

»Lu, schau mal dort, das muss Ah Meng sein. Sie ist seit 1971 hier im Zoo und ist so etwas wie eine Botschafterin für die vom Aussterben bedrohten Orang-Utans. Sie spielte in über 30 Filmen mit. Wie ich hörte, kuschelte sie bereits mit Michael Jackson, Liz Taylor und Prinz Philip«, erzählte Robert voller Begeisterung.

»Ob sie auch mit uns kuscheln würde? Ich würde sie gern einmal anfassen. Sie ist so schön haarig«, antwortete Lucia und grinste.

»Wir können sie ja fragen«, scherzte Robert zurück, »auf jeden Fall machen wir nun ein Foto mit ihr – mit oder ohne Anfassen.«

»Diesem Orang-Utan Weibchen gegenüber zu stehen, ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde! Ich kann dieses Gefühl gar nicht mit Worten beschreiben, so beeindruckend und überwältigend ist es. Mein ganzes Leben wollte ich schon diese roten Riesen aus nächster Nähe sehen, und nun habe ich es zum ersten Mal mit dir zusammen erlebt. Das ist einfach wahnsinnig.«

Am Tag wirkten die Wolkenkratzer der Innenstadt kühl und ein wenig erschreckend in ihrer monumentalen Präsenz. Am Abend entfalteten sie aber durch ihre Beleuchtung eine ganz eigene Ästhetik. Romantisch und faszinierend zugleich war es für das Paar, in der Dunkelheit in einem der traditionellen Bumboats den Singapore River zu befahren. Der Kontrast zwischen den futuristischen Glas- und Stahlpalästen am Ufer des Flusses und den alten Kähnen mit den am Bug aufgemalten Augen und ihren knatternden Motoren war einfach spektakulär.

Der alte chinesische Seemann, der mit zerfurchtem Gesicht ganz hinten in der dunkelsten Ecke seines morschen Bootes saß, schipperte sie vom Boat Quai gemächlich bis zur Flussmündung. Schweigsam und scheinbar unbeteiligt verrichtete er seinen Dienst. Nur manchmal beobachtete er stillschweigend und ein wenig irritiert, wie Robert begeistert fotografierte. Dann glitt sein Blick vorsichtig hoch an den glitzernden Fassaden der Wolkenkratzer, die ihm eigentlich ganz vertraut sein mussten, aber offensichtlich dennoch fremd geblieben waren. Der alte Seemann und sein knarrendes Boot schienen Relikte eines mehr und mehr verschwindenden Singapurs zu sein.

Die tagsüber so geschäftige Orchard Road beruhigte sich nur langsam. In einem Abschnitt der Straße, am Emerald Hill, schien zu später Stunde das Leben erst so richtig loszugehen. Eine Reihe von Bars und Kneipen reihte sich hier aneinander und bot entspannte Feierabendatmosphäre. Jedes Lokal folgte einem anderen Thema – es gab eine Tapasbar, eine Bierkneipe mit über hundert verschiedenen Bieren, ein Weinlokal, in dem Gäste in alten Weinfässern ausgezeichnete Weine genossen. Robert und Lucia fanden ein nettes Lokal. Es war wunderschön hier unter freiem Himmel zu sitzen und das nächtliche Treiben zu beobachten.

»Wofür entscheidest du dich, Lu?«, blickte Robert fragend von der Karte in ihr Gesicht.

»Ich nehme Phad Thai Gai, das typische thailändische Nudelgericht mit Huhn«, antwortete Lu und lächelte.

»Weißt du was, ich nehme die Sate-Spieße mit Erdnusssoße. Die sahen gestern so lecker aus, die probiere ich jetzt«, entgegne ihr Robert.

»Und ein Bier dazu!«

»Ja, selbstverständlich, mein Engel. Wir müssen doch auf diesen erlebnisreichen Tag anstoßen, der so wunderschön mit dir war. Weißt du, wie schön du bist?«

»Du Schmeichler!«

»Weißt du, dass dir schon mindestens hundert Männer nachgeschaut haben? Ich habe das Gefühl, sie würden dich mit ihren Blicken verschlingen wollen.«

Jetzt lachte sie laut auf: »Wirklich? Ich bezweifle ernsthaft, dass mich diese kleinen, unbehaarten Asiaten jemals besonders ansprechen würden, aber deshalb bin ich ja nicht nach Singapur gekommen.«

Während sie sprach, bewegte sie unablässig den Kopf mit ihren wundervoll blonden Haaren. Ihre diamantenen Augen glitzerten in der Nacht und versprühten kleine Lichtstrahlen. Ihre Hand streifte die seine. Die Geste signalisierte eine subtile und unmissverständliche Einladung.

Nach dem Essen lagen sie nackt im Bett. Lucias heiße Bereitschaft erweckte in Robert eine intensive Leidenschaft, die er zum ersten Mal in solch einer Tropennacht verspürte. Weil er sie nicht sehen konnte, erkundete er mit seinen Lippen und Fingern langsam jedes Teil ihres Körpers, angefangen bei ihrem Gesicht und den duftenden Haaren und begann so das tropische Liebesspiel.

Im Phoenix wusste man, dass ein frischer Saft zum Start in den Tag gehörte. Jeden Morgen stand ein eigener Saftchef, ganz in Weiß gekleidet, bereit, um ausgewählte Früchte oder Gemüse frisch auszupressen. Zu empfehlen war der »Phoenix Delight«, ein Mix aus Papaya und Ananas mit einem Schuss Zitrone. Außerdem schien man in Singapur gern Warmes zum Frühstück zu essen. Es gab Reissuppe mit frittiertem chinesischen Brot, Huhn und Hühnerleber, Nudelsuppe mit Einlage. Was auch gern schnabuliert wurde, waren gedämpfte Nudeln oder gefüllte Reistaschen. Natürlich gab es auch warmen Toast mit Rührei und Speck, rote Bohnen und gebratene Würstchen. Müsli dagegen war verpönt und schwer verdaulich. Denn der Verdauungstrakt der Menschen ist morgens noch nicht so richtig aktiv und muss erstmal wach werden.

»Also ehrlich. Ich liebe Singapur! Wenn ich wieder zuhause bin, esse ich nur noch so herzhafte Suppen«, schwärmte Lucia am Frühstückstisch.

»Ich probiere mal diese gefüllten Dampfnudeln, die sehen absolut lecker aus und nachher einen Toast mit Kaya.«

»Was ist das denn?«

»Das ist eine Marmelade aus langsam gekochter Kokosnussmilch, Eiern, Zucker, Vanille und einem Hauch Pandanusblättern«, erklärte Robert bereitwillig und grinste.

»Woher weißt du das denn?«

»Ich habe den Koch gefragt, mein Engel. Morgen werde ich mal von den knusprigen Pfannkuchen »Roti Parathas« kosten, auch dieses Reisgericht »Nasi Lemak« scheint mir eine Probe wert. Und dir empfehle ich unbedingt »Tong Hoi Choi«, ein aromatisches Süppchen. Doch nun zum Abschluss genieße ich einen Pancake mit Banane«, und schon verschwand Robert mit seinem Teller am Frühstücksbuffet.

Das wichtigste Verkehrsmittel in Singapur für den Urlauber ist neben dem Taxi das super ausgebaute Metronetz. Man hatte den beiden gesagt, dass ihre Hotelausweise auch als Ticket genutzt werden konnten. Sie gingen an den Automaten, um mit ihnen Tickets zu lösen. Doch dieser spuckte ihre Ausweise wieder aus. Die Singapurer marschierten durch, hielten ihre Ausweise hoch und passierten den Eingang. Da fragte Robert eine Angestellte und sie erklärte ihm, dass ein optisches Lesesystem die Tickets liest. Sie mussten ihre Hotelausweise nur über das Lesegerät führen. Prompt wurden sie durchgelassen.

Da ja in Singapur alles so seine Ordnung hatte, blieb jeder Wagen genau an dem Punkt zum Stehen, für den er vorgesehen war. Das machte in den Stationen einen Sinn, da es dort zusätzliche Bahnsteigtüren gab, damit niemand auf die Gleise fallen konnte. Die MRT sowie ihre Stationen waren übrigens die sauberste Metro, die Robert bisher weltweit angetroffen hatte. Übertroffen in ihrer Schönheit wurden sie nur von der Marmorpracht und den Kristalllüstern der Moskauer Untergrundbahn.

Es war voll. Um mehr Menschen transportieren zu können, gab es recht wenige Sitzplätze. Also mussten die zwei stehen. Zuerst aussteigen, dann einsteigen. Es war erstaunlich, wie diszipliniert die Menschen waren. Es gab einen Sensor mit einer Rot-Grün-Ampel an der Tür, der einem genau sagte, wann der Weg frei war und man einsteigen konnte.

In der Raffles City Mall tauchten sie in den Jahresendverkauf ein. Wenn es irgendwo etwas gratis oder nahezu umsonst gibt, werden die Menschen zum Tier. Da vergisst selbst der Asiate seine anerzogene Höflichkeit. Jeder unnütze Mist wird zusammengerafft, jedes Billigteil wandert in die Tüte. Ellenbogen werden zu Hieb- und Stichwaffen. Überraschend war dieses Steinzeitverhalten nicht. Traurig machte es Lucia schon, dass so viele Leute ihre nach außen hin so moralisch inszenierte Fassade fallen ließen und in kollektive Einkaufsanarchie verfielen. Normalerweise vermied sie solche Situationen wie der Teufel das Weihwasser, wollte aber für die Kinder ein paar T-Shirts ergattern.

Danach spazierten sie zur Suntec City Mall, die sich über fünf Türme erstreckte, wo in deren Mitte mit dem Fountain of Wealth, dem Brunnen des Reichtums, direkt eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt zu finden war. Dieser Brunnen besteht aus einer kleinen Brunnenanlage, die immer mal wieder über einen Weg begangen werden kann, der dann wieder zeitweise gesperrt wird, um den eigentlichen Brunnen, einem Ring in mehreren Metern Höhe in Betrieb zu nehmen, von dem das Wasser im sanften Bogen nach unten fällt und so für den Reichtum steht, denn das Wasser selbst symbolisiert für Chinesen Gold und so wird es einem quasi von oben in die Hand geworfen. Vom Reichtum überschüttet, ließen sich die zwei noch einen abschließenden Eiscappuccino schmecken.

Nach einer kurzen Mittagsrast charterten sie ein Taxi und ließen sich auf den Mt. Faber kutschieren. Nach einem ausgiebigen Rundblick von diesem tollen Aussichtspunkt bestiegen sie die Cable Car und schaukelten zur Insel Sentosa hinüber. Sie saßen in der Kabine, über ihnen der graue, triste Himmel, der so gar nicht zu ihrer frohen Stimmung passen wollte. Sie beobachteten jeden einzelnen Regentropfen, wie er an die Scheibe klatschte, sich seine Bahn suchte und andere Tropfen mitriss oder in ihnen verschwand.

Die Fahrt vom Mt. Faber nach Sentosa war zweifelsohne die spektakulärste Überfahrt zur Insel Sentosa. Auf halbem Weg machten sie Station am World Trade Center. Gleich nebenan befand sich der neu erbaute Kreuzfahrtterminal, wo ein schwimmendes Luxushotel festgemacht hatte, das vielleicht zwischen Thailand, Sumatra, Borneo, Bali, Malaysia und den Philippinen pendelte.

Gleich neben der Station auf Sentosa erhob sich der Carlsberg Tower 110 Meter in die Lüfte, von dem sie einen grandiosen Blick über die Insel und auf die Skyline der Stadt werfen konnten.

Nebenan fanden sie das Königreich der Insekten - ein Denkmal, das den hunderten Käfern und Schmetterlingen errichtet wurde, die tagtäglich der Menschheit verloren gehen. Sie erlebten die Könige des Insektenreiches hautnah – Nashornkäfer, Riesenspinnen und Skorpione – in einer siebzig Meter langen Höhle, der weltweit ersten ihrer Art. Auf ihrem Weg in die Dunkelheit wurden sie von leuchtenden Glühwürmchen begleitet.

Ein mit Skorpionen bestückter Mann winkte Robert zu sich heran und fragte, ob er nicht Lust hätte, sich mit einigen dieser schwarzen Spinnentiere zu schmücken. Erst schaute Robert ihn entsetzt an, dann ließ er sich zwei Skorpione auf seinen nackten Arm setzen.

»Ich wusste schon immer, dass du wahnsinnig bist!«, rief Lucia aus und schüttelte sich in Gänsehaut.

»Ich bin einer der mutigsten Männer, die ich kenne«, behauptete Robert, wobei ihm die Nackenhaare zu Berge standen und er zitierte Hölderlin: »Nein! mir banget nicht um Tod und Leben – Tod und Leben, wie das Schicksal will! Liebe besieget die Schrecken, die um mich schweben Schlangengezisch und Skorpionen und Löwengebrüll.«

Krabbeltiere

Auf der bunten Blütenspitze, glänzt ein zarter Schmetterling, heiß vom Himmel tropft die Hitze, tanzen will der Sonderling.

Fette Käfer krabbelnd brummen, staksen durch den Palmenwald, leise ihre Jungen summen, tief versteckt im Höhlenspalt.

Ärgerlich sind die Skorpione, zeigen Stachel steil empor, einer spricht zu seinem Sohne: dieses kommt sehr selten vor.

»Gut gebrüllt, mein Held. Gib die Skorpione um Himmels willen zurück und lass uns nun zu den Schmetterlingen wandeln. Ich habe so einige im Bauch, mein Lieber«, lachte sie und zog ihn zum Ausgang fort.

Noch erlebnisreicher als das Reich der Insekten war der Besuch des Schmetterlingsparks. Wasserfälle rauschten, Bäche plätscherten, in einem Teich rekelten sich kleine Schildkröten. Das Paar meinte, es wäre im Paradies. Tausende Schmetterlinge flatterten umher. Über fünfzig Arten waren ihre Begleiter – vom kleinen Zitronenfalter bis zum großen Schwalbenschwanz. Die strahlende Lebensfreude spiegelt sich in ihrem Flattern wider. Mit dem unbeschwert in Richtung Sonne aufsteigenden Schmetterlingen erreichte die beiden eine unerhörte Leichtigkeit des Seins.

Ein zarter Schmetterling schien außer sich vor Freude. Er konnte nicht daran glauben, dass die schöne Frau, die unter ihm ging, eine gute Fee war! So flog der facettenreich, schillernde Schmetterling auf die Hand der Fee und sagte: »Hallo gute Fee! Endlich habe ich dich gefunden!«

»Wie schön! Aber wer bist du denn? Warum suchtest du mich?«, fragte ihn Lucia mit vor Freude glänzenden Augen.

»In diesem Raum gibt es einen Mann, der dich glücklich macht. Er ist derjenige, der dich gefunden hat, ohne dass er suchte, der dich liebt und der möchte, dass ihr auf ewig glücklich lebt. Das wollte ich dir unbedingt mitteilen, Lucia«, säuselte der Schmetterling im Ton einer Elfe und flatterte davon.

»Mit wem redest du denn da?«, fragte Robert beunruhigt. Da umarmte Lucia ihn stürmisch und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss.

Ein Ausflug nach Sentosa ohne Besuch der Underwaterworld war absolut undenkbar. Die Unterwasserwelt ist eine großartige Hommage an das Leben unter der Meeresoberfläche und die Tatsache, dass die verschiedenen Fische und Meerestiere zu einem komfortablen Leben in diesem prächtigen Gefängnis überredet werden konnten. Sie weckte die Abenteuerlust, erlaubte den beiden einen Blick in das maritime Leben, wie sie es sonst nur Tauchern gestattet schien. Das Faszinierende an diesem riesigen Aquarium war, dass Lucia und Robert durch einen langen Glastunnel gehen konnten und über und neben ihnen die Fische schwammen. Über ihnen kreisten Leopardenhaie. Sie bewunderten die farbenprächtigen Korallengärten. Da plötzlich tauchte er auf, ein ausgewachsener Manta mit über drei Meter Spannweite. Aber wie es auch bei den Menschenkindern ist, Männer sind selten alleine - ihr neuer Freund, der Mantarochen, hatte einige Kumpel dabei, die dann ständig um sie kreisten, so wie die Kavaliere um ein schönes Mädchen. Es war einzigartig. Sie hatten das Gefühl, dass die Mantas die zwei beäugten und immer zutraulicher wurden. Immer näher kamen sie und irgendwann gab es auch so etwas wie ein Spiel. Ein Manta kam auf sie zu und schlug einen halben Meter vor der Glasscheibe eine Rolle. Robert und Lucia waren restlos begeistert und verließen nur schweren Herzens die zum Greifen nahen Mantas, Clownfische, Dugongs, Seepferdchen und ihre vielfarbigen Kollegen.

Mit der Mono Rail kam das Pärchen kostenlos an alle wichtigen Punkte der Insel. Das Haupttransportmittel aus Schweizer Fertigung fuhr mit vierzehn Stundenkilometern in einigen Metern über die tropische Ferieninsel. Die dreizehn Wagen tuckerten stets entgegen dem Uhrzeigersinn über die sechs Kilometer lange Ringstrecke. Sie eignete sich somit hervorragend, um eine erste Runde zu drehen.

Nachdem sie einen kleinen Spaziergang durch den Park gemacht hatten, hatten sie etwas Wichtiges dazugelernt. Wenn es zu nieseln beginnt, sollte man losrennen: Innerhalb weniger Minuten öffnet sich der Himmel und es folgt ein heftiger tropischer Regenguss, der jeden Schirm nutzlos macht. Wassertropfen sind zehnmal so dick wie in Europa. Völlig durchnässt, aber lachend, kehrten sie im Fährhaus ein. Für die beiden etwas Außergewöhnliches, für die Kellner alltäglich. Sie setzten sich an einen Tisch, von dem sie auf das Meer hinaussehen konnten. Die Liebe war groß und das Verlangen, sich zu berühren, heftig. Sie fanden ein wenig Zärtlichkeit in ihren Händen. Sie lasen in der Speisekarte und hörten die Fanfaren der Ozeanriesen.

»Bist du glücklich?«, fragte Lucia.

»Ich bin glücklich mit dir«, antwortete Robert im ewigen Gespräch aller Liebenden.

»Wird es immer so bleiben?«

»Wenn wir nicht bald etwas zu essen bekommen, werden wir unser Glück nicht überleben«, erwiderte er in heiterer Stimmung.

»Das du auch niemals ernst sein kannst«, frotzelte Lucia zurück, »Ah, da kommt mein Phad Thai, gebackene Nudeln mit Ei, Krabben und Gemüse und gehackten Mandeln. Mein Leben ist Glück!«

»Wie Recht du hast, mein Engel. Da ist ja auch mein Fischcurry mit Tomaten, Auberginen und Gemüse und einer wunderbaren Soße. Lecker, ich muss die Kellnerin unbedingt fragen, was das für eine Soße ist. Appetitlich! Weißt du, die große Liebe wohnt immer dicht am Essen«, Robert löffelte, als hätte er drei Wochen nichts gegessen.

»Man sieht‘s mein Engel. Essen macht glücklich. Eine Erfahrung, die ich gerne mit dir teile.«

»Ich bin gespannt auf die Musical Fountains nachher«, seine Augen glänzten, »solch einen Jahreswechsel erlebe ich gern mit dir.«

Am Ende dieses erlebnisreichen Tages begaben sich die beiden zum musikalischen Springbrunnen und erlebten ein tadellos inszeniertes Wasserballett mit einer aufregenden Lasershow, die ein fortlaufendes Gänsehautprickeln zur Folge hatten. Der Höhepunkt der Show war die Legende vom Geist von Sentosa. Als der riesige Merlion mit seinen grünen Laseraugen auf das Feuerwerk aus Licht und Wasser schaute, verspürten die beiden reinste Magie inmitten unter Geistern und Elfen zwischen Sternenhimmel und Meeresgrund.

Feuerwerksmusik

Musik schwingt in der Luft, sprüht aus Fontänen her, erschafft ein Märchenreich, begeistert mich so sehr.

Im zauberhaften Licht erglüht ein Wasserstrahl, ein singender Delphin eröffnet den Choral.

Ein alter Flaschengeist trifft eine Märchenfee, ein Äffchen fischt den Stern aus einem Farbensee.

Ein Laser aus Saphir taucht in die Sinne ein, die Feuerwerksmusik kann gar nicht schöner sein.

Um Mitternacht öffneten sie eine Flasche Sekt und schauten aus dem Fenster ihres Zimmers. Von der Regierung wurde ein großer Silvester Feuerwerk an der Marina Bay veranstaltet. Dort gab es ein großes Willkommen mit weißen Ballons, mit guten Wünschen beschrieben, die die Singapurer in den letzten Tagen in die Marina Bay aussetzen konnten.

In der Morgendämmerung hielt sie nichts mehr in ihren Betten. Es regnete in Strömen. Beim Frühstück saß ein amüsanter Typ neben ihnen, vielleicht ein Musiker, wer weiß woher. Er probierte alle exotischen Speisen durch, ließ sich aber nicht so leicht überzeugen, lachte, probierte erneut, steckte mit seiner guten Laune die gesamte Nachbarschaft an.

Nach dieser Stärkung schrieben sie noch einige Ansichtskarten an die Lieben und checkten danach aus. Wieder einmal spazierten sie die Orchard Road entlang. Lucia steuerte einen Schmuckladen an. Kaum hatte sie ihn betreten, wurde sie von einem Verkäufer belagert, der sie mit Perlen und Diamanten behängen wollte. Während Lucia gemächlich von einem Tisch zum anderen schlenderte, hatte der Verkäufer in Robert sein nächstes Opfer entdeckt. Irgendwann verließ sie den Laden und Robert folgte ihr unauffällig. Danach durchstöberten sie ein vierstöckiges Musikhaus voller CDs. Dort fiel noch eine CD mit tibetanischer Musik für Robert ab. Da nahte bereits die Dinner Zeit.

Begegnung

Am Ufer des Passantenstromes sitzt dieser alte Mann ganz tief in seine Welt versunken, doch zieht er uns in Bann.

Er spielt auf einer alten Laute, singt eine Melodie, die ist so fremd und so exotisch, doch voller Harmonie.

Von seine Lippen sprudeln Klänge so herzenswarm und rar, Balladen, die das Herz berühren ertönen wunderbar.

Sie setzten sich ins Nooch, der Nudelbar im Paragon. Lucia bestellte Nudeln mit Hühnchen und Robert eine wunderbare Suppe. Zum Nachtisch ließen sie sich ein Stückchen Kuchen schmecken und tranken einen verführerischen Cappuccino. Bald darauf wurden sie auch schon zum Flughafen abgeholt. Sie schlenderten über die weichen Teppiche und schauten sich die Starts und Landungen an, stöberten ein wenig in den Duty-Free Shops herum. Der Abfertigung verlief ohne Aufregung.

Der Äquator ist von oben meist sehr schlecht zu sehen. Man muss schon ein bisschen genauer hinschauen. Er verläuft von links nach rechts über der kleinen Wölkchenreihe und oberhalb des großen Wolkenhaufens, aber eben auf dem Wasser des Indischen Ozeans. Bei 800 km in der Stunde passiert es schnell, dass man ihn verpasst, weil er einfach unten durchhuscht. Wer gerade beim Essen ist, sieht ihn deshalb wahrscheinlich nicht. Und wer schläft, der träumt davon.

Und dann waren sie drin, im unvergleichlichen Land Indonesien mit seiner einzigartigen Perle Bali. Die Luft war angenehm und die Sterne des Südens glitzerten am Nachthimmel. Die Straßen waren voll von Menschen, die zu Tausenden auf Mopeds, Wolken von Staub hochstoßend, ihren Zielen entgegenstrebten. Während der Fahrt schien alles Gedränge, Lärm und Chaos. Der freundliche Fahrer bot ihnen sofort seine Dienste als Reiseleiter an und überreichte seine Karte. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichten sie ihr Hotel und bezogen den Bungalow – fünfzig Meter zum Strand, wo der Mond silbern auf das Meer flutete.

Wie tot fielen die beiden ins Bett. Im Traum erschien Robert der alte, kahlköpfige Musiker aus der Orchard Road, der auf einem uralten Instrument spielte, krächzend sang und dabei so wahnsinnig Lebensfreude ausstrahlte. Dann flog er plötzlich mit brennenden Flügeln wie Ikarus über den Äquator in der Erwartung, Neptun würde seinen Namen ändern, und fiel kopfüber in die meerblauen Fluten.

Begegnung

Das Frühstückbuffet war zauberhaft gestaltet und machte Appetit auf mehr. Gleich darauf trafen sich Lucia und Robert mit anderen Exkursionsteilnehmern vor dem Hotel. Ein hübscher, junger Mann, bekleidet im traditionellen Sarong, stellte sich als ihr Guide vor. Mit netten Sprüchen in gutem Deutsch stimmte er sie für die Reise ein.

Zunächst fuhren sie nach Batupulan. Ein schwebender Klang erfüllte die Luft, wie vom Geläute vieler zusammengesetzter Glocken; das war Gamelan, das balinesische Orchester mit seinem feinen Geflecht von Musik. In jenem Augenblick betraten zwei Tänzerinnen die Bühne, um in ihren goldenen Gewändern und der goldenen Blumenkrone im Haar den Legong zu tanzen. Sie waren sehr schön, allein sie verkörperten das weibliche Ideal von Schönheit. Sicherlich standen die Dorfburschen vor ihren Häusern und blähten die Nasenlöcher, wenn sie zierlich vorbeigingen.

Plötzlich verstummte das Gamelan und die Töne eines zweiten näherten sich dem Tempel. Die Musikanten schritten zu ihrem Platz. Weiße und rote Fahnen in Sichelform wurden mitgetragen, und zwei Männer hielten langgestielte vergoldete Schirme über ein seltsames Fabelwesen, das, von Männern umgeben, daher schritt. Einige Frauen mit Opferschalen auf den Köpfen folgten.

»Der Barong …«, flüsterte Robert. »Er geht in den Tempel und empfängt Opfer vor dem Tanz. Auch die anderen Tänzer müssen opfern und beten, damit kein Unglück geschieht, wenn sie mit ihren Krisen losgehen.«

Das Fabeltier kam näher, die Vormittagssonne glänzte auf seinem Rücken. Es war eine riesige Kreatur mit einem furchterregenden Kopf, der aus Holz geschnitzt und mit Rot und Schwarz angemalt war. Die Kinnladen waren beweglich und mit grausamen Zähnen besetzt. Über diesem Kopf fand sich so etwas wie ein überdimensionaler Schultermuskelberg eines Büffels, ein Gebirge von vergoldeten und ausgestanzten Lederschuppen, mit kleinen Spiegeln besetzt und reich verziert. Als sich der Barong der Tempelmauer näherte, sprangen kleine Lichtreflexe über die grauen Mauern, so oft sich die Spiegelscheiben bewegten. Ein schweres, langes, goldgelbes Fell, mit vielen Schellen besetzt, ließ den Barong bei jedem Schritt klingeln.

»Sieht toll aus, das Biest«, sagte Lucia anerkennend.

»Er verkörpert das Gute, ist sozusagen der Schutzengel der Balinesen«, erklärte Robert halblaut. »Er steckt voll magischer Kraft. Sieh, dort bringen sie die Maske der Ranga, der Königin der Hexen.«

»Ja?« Lucia war voller Begeisterung.

Dann begann die Geschichte vom Prinzen Sadewa, der der Todesgöttin Batari Durga geopfert werden sollte, aber von Shiva unsterblich gemacht wurde. Sadewa kämpfte auch gegen die Hexe Kaleka, verwandelte sich in Barong und löschte den Einfluss der schwarzen Hexe aus. Die Tänze und die Musik waren derartig faszinierend, weil so fremd im Klangbild und doch so angenehm und zur Stimmung und Landschaft passend. Der Balinese glaubt, dass das Gute und das Böse nebeneinander existieren. Deshalb gibt es in dieser Geschichte keinen Sieger.

Nach dieser prächtigen Aufführung fuhren sie weiter nach Celuk, im Herzen Balis gelegen. Dieser Ort war besonders für seine Gold- und Silberschmiede bekannt. Entlang der Hauptstraße perlte sich eine Vielzahl von Geschäften und kleinen Werkstätten, in denen man den Schmieden bei der Herstellung ihrer filigranen Kunstwerke zusehen konnte. Bei einem Familienunternehmen durften Lucia und Robert bei der Handfertigung eines fantasiereichen Schmuckstückes zuschauen. Der Meister erklärte den beiden, wie die importierten Silberkugeln mit Kupfer legiert werden und aus kleinen Barren, Blechen und Drähten zarte Schmuckstücke entstehen. In den Schauräumen bewunderten die beiden neben religiösen Gegenständen auch kunstvollen Silberschmuck, der in alle Welt exportiert wird. Die Silberschmiede gehören zu dem mächtigen Clan der Schmiede, die sich der Kasteneinteilung entziehen konnten.

Ready, der balinesische Guide, berichtete: »Die Balinesen achten beim Bau ihrer Häuser darauf, dass das Schlafzimmer immer nach dem höchsten Berg der Insel, Gunung Agung, ausgerichtet liegt. Dies ist dann die festgelegte Nordseite, ohne den geografischen Kompass zu berücksichtigen. Die Küche liegt nach Süden, das Wohn- und Zeremonienzimmer im Osten, der Familientempel im Nordosten – die unbedeutenden Zimmer im Westen. Der Innenhof ist wichtig als Platz zum Trocknen für den Reis.«

Sie fuhren weiter nach Sukawati. Im Bus wusste Ready weiter zu erklären: »Auf die eine oder andere Art ist jeder Balinese ein Künstler. Sehr zahlreich sind diejenigen, die sich über den Weg der Musik, der Malerei und der Schnitzkunst ausdrücken. Wann diese Tradition ihren Ursprung fand, ist und bleibt ein Geheimnis. Es ist jedoch bekannt, dass Künstler, die im Dienste der Könige standen, seit langer Zeit die Themen ihrer Werke aus der Religion, der Mythologie und aus diversen Volkslegenden schöpften. Das bekannteste Künstlerdorf ist Ubud. Einerseits förderte das dort ansässige Fürstengeschlecht die Künste und zum anderen boten die sehr fruchtbaren Böden mit ihren hohen Ernteerträgen ausreichend Zeit für die Kreativität. Das Image als Künstlerdorf begann ab den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, wo es zum Mittelpunkt der balinesischen Malerei, Schnitzerei und des Tanzes wurde. Später siedelten sich hier auch ausländische Künstler an.«

Zwischen bunten Tempelschirmen klimperten in Sukawati auch Balis weit verbreitete Windspiele aus Bambus. »Pindakan« heißen die melodischen Hölzer. Bunt verflochtene Palmblattkörbe standen zum Verkauf vor den Häusern. Traditionell wurden durch kunstvolle Schnitzornamente die Tempel verziert und auch heute noch gibt es neben den preisgünstigen Souvenirs Schnitzarbeiten von hoher Qualität. Bei ihrem Besuch in der Holzschnitzer Werkstatt erfuhren Lucia und Robert viel über die Bearbeitung unterschiedlicher Hölzer. Im Schatten eines Hauses in der Nähe von Sukawati saßen die Schnitzer, die mit geschickten Händen, Hämmern und Beiteln den alten, knochenharten Hölzern neues Leben einhauchten. Junge Mädchen schmirgelten die rauen Oberflächen glatt. Eine zeitaufwendige und mühevolle Arbeit. Sie kamen aus dem Staunen nicht heraus, als sie sahen, wie prunkvolle Götter, üble Dämonen, grelle Masken und edle Möbel aus groben Holzstücken herauswuchsen.

Ein erster Blick auf die Preise ließ Robert beinahe tot umfallen. Vierhundert US-Dollar für eine Maske. Er setzte zwanzig dagegen. Das löste beim Verkäufer Entsetzen aus. Also unter hundert wäre nichts zu machen. Mehr als dreißig wollte Robert nicht ausgeben. So mussten die beiden Handelspartner etwas finden, was Roberts Augen und seinem Geldbeutel gefiel. Nach langem Suchen fanden sie eine Ganesha Figur, die der Schnitzer Robert nach langwierigem Handel für dreißig Dollar überließ. Geschickt gab er ihm das Gefühl, Sieger im Handel geblieben zu sein.

Ungewöhnlich ist die Art des balinesischen Handelns. Deutsche Praktiken wie Aufzeigen von Qualitätsmängeln und Beschädigungen, das Verlangen eines Mengen- oder Stammkundenrabattes und so weiter verfangen nicht. Viel wichtiger ist die Manipulation des Verkäufers bereits im Vorgeplänkel. Man darf aber nicht zu dick auftragen wie z. B. »Ja, ich war schon viermal auf Bali, wohne in der billigsten Absteige und habe die Reise auch nur im Preisausschreiben gewonnen, leisten könnte ich mir das nie bei meinen 5 Kindern, für die ich sorgen muss ...« Wer sich den Flug nach Bali leisten kann, landet beim Verkäufer in jedem Fall in einer oberen Preiskategorie. Auf einen ganz und gar abwegigen Preisvorschlag reagiert der Verkäufer mit ungezwungener Heiterkeit. Man wird einfach herzlich ausgelacht. Nach Abebben der Lachsalve greift er dem Interessenten freundschaftlich am Knie oder Arm und macht den kameradschaftlich wirkenden Vorschlag, einen vernünftigen Preis zu nennen. Große Falle! Erst muss er selber wieder einen Schritt machen, sonst endet man nicht beim richtigen Preis! Übliche Mittel des Verkäufers sind Auslachen, Aufrufen zur Vernunft, Wegräumen der Ware, abrupter Themenwechsel, Umtausch der guten Ware in schlechtere »Hier, das ist für den genannten Preis!«, Senken des Preises um kleinere Stufen, wenn der Kaufinteressent sein Angebot anhebt. Übliche Mittel des Kaufinteressenten sind Auslachen, Greifen nach besserer Ware oder nach einer größeren Menge, Nennen von Vergleichspreisen, Hinweise auf bisher getätigte günstige Geschäfte, Vorzeigen einer geringeren Summe Geldes und demonstratives Wiedereinstecken desselben, Weggehen und später wiederkommen. Gerade das Weggehen oder das Wiedereinstecken eines Bündels Geldscheine kann einen Verkäufer weichkochen. Selbst wenn er einem nicht nachruft, beim zweiten Gespräch versteht man sich immer besser. Die Verhandlung über die Ganesha war einer der härtesten, die Robert je geführt hatte. Bald eine Stunde hatte sie gedauert. Während Robert endlich den Weg zur Kasse fand, saßen die anderen Mitreisenden bereits wartend im Bus.

»Der Kopf rauscht mir vor Hitze«, offenbarte Robert voller Stolz.

»Das ist eine prächtige und besonders schöne Ganesha Figur, mein Schatz.«

»Weißt du, Ganesha ist der Sohn von Parvati und Shiva, er wird üblicherweise als ein beleibter Mann oder als Kind mit einem Elefantenkopf dargestellt. Ganesha, der Elefantengott, ist auch ein sehr beliebter Gott des Glücks, der in keinem guten Haushalt fehlen darf und das Haus stets mit Schutz und wohlwollenden Glück erfüllt.« »Dann hast du richtig gehandelt, mein göttlicher Mann. Glück können wir immer brauchen«, lächelte Lu in Liebe.

Unweit des Ortes Tempak Siring befand sich der Quelltempel Tirtha Empul, der bereits 962 erbaut wurde. Das Herz des Tempels ist ein Quellsee, dessen Wasser magische Heilkräfte haben soll. Gold geschmückte Pagoden waren umsäumt von uralten Steinmauern mit Zinnen und heiligen Beschützern. Vor dem Tempel schraubte sich ein Ficus von vielleicht dreißig Metern in die Höhe. In den Innenhöfen wurden heilige Riten und Opferzeremonien von den Pilgern vollzogen. Die Balinesen pilgern nach Tirtha Empul. Ein starker Geruch von Blüten schwebte über dem Badeplatz, denn in dem Tempel waren überreiche Opfer gebracht worden. Hoch oben zogen weiße Wolkengeister zum Horizont. Die Sonne spiegelte sich in dem jadegrünen Wasser des Beckens. Einige Balinesen unterzogen sich unbekümmert ihren rituellen Waschungen. Das linke Becken war für die Männer, das rechte für die Frauen. Gewaschen wird nicht nur der Körper, sondern der ganze Mensch, mit allem, was er anhat. Das heilige Wasser sollte von allen Entgleisungen reinigen, Heilung und Erleuchtung bringen und eine positive Auswirkung auf die nächste Reinkarnation haben.

Nach dem historisch-religiösem Abschnitt, quälte sich der Bus mit den Touristen die Serpentinen einer Bergstraße empor. Dörfer zogen vorüber, Bäume mit großen Durianfrüchten. Ready begann, sofort zu erklären: »Die Stinkfrucht bezeichnet man auch als »Königin aller tropischen Früchte«. Allein schon der Genuss dieser Frucht ist eine Reise nach Bali wert. Niemand kann den Geschmack wirklich gut beschreiben. Wir sagen hier: Sie riecht wie die Hölle und schmeckt wie der Himmel. Ich meine, das Fruchtfleisch schmeckt wie ein butterähnlicher Vanillepudding, begleitet vom Geschmack der Mandel, einem Hauch von Frischkäse, Zwiebelsauce und braunem Sherry.«

Schließlich kamen sie nach Penelokan, einem Ort unweit vom Gunung Batur, von wo aus sie einen fantastischen Blick auf den 1.717 Meter hohen Vulkan, der von den Balinesen als heiliger Berg verehrt wird. Sein steilen Abhänge waren von dunklen Lavafeldern bedeckt, die sich weit in die gewaltige Caldera hinunterzogen. In diesem, vor Jahrmillionen gebildeten Einbruchskessel lag der zauberhafte See Danau Batur.

»Beeindruckend ist ein Sonnenaufgang vom Gipfel des Gunung Batur. Wenn man am Abend zuvor, eines der kleinen Hotels am See bezieht, kann es passieren, dass der Mond direkt neben dem Vulkan feuerrot aufgeht, als ob der Vulkan glühend heiße Lava spuckt. Wenn man sich rechtzeitig auf den Weg zum Gipfel macht, kann man den Sonnenaufgang vom Kraterrand in voller Schönheit erleben«, erläuterte ihnen Ready.

Wenig später ging es zurück, den Berg hinunter zu den Reisterrassenfeldern, die wie üppig grüne Himmelstreppen die Hänge der Berge hinaufführten. Reis ist das Grundnahrungsmittel der Balinesen, dazu kommen ein Klima und ein vulkanischer Boden, die idealen Bedingungen für den Reisanbau bieten. Wenn die zarten, hellgrünen Reissetzlinge gepflanzt werden, sind sie grüne Nadeln, die sich im silbernen Wasser spiegeln. Auf sattgrünen Reisterrassen an weich geschwungenen Hängen fanden sich Abertausende exakt in Reih und Glied ausgerichtete Pflanzen und hinterließen ihr Spiegelbild im Wasser - mittendrin folgten Enten einer unsichtbaren Choreografie, vertilgten Ungeziefer und sorgten ganz nebenbei für die richtige Düngung. Innerhalb von nur zwei Monaten verfärben sich die sattgrünen Felder zu goldenen Laken. Doch schwer ist die Arbeit auf dem Reisfeld, schwer und wenig einträglich.

Es war, als beherbergte jedes Haus, jeder Hof eine Schnitzer Werkstatt, deren Siamkatzen, Giraffen und allerhand anderes Getier von der Kunstfertigkeit und Geschäftstüchtigkeit der Meister zeugten. Nachdem die Tierrohlinge aus dem Holz geschnitten waren, begann der Meister mit scharfer Klinge Span für Span abzutragen. Hin und wieder ein kritischer Blick auf das Erreichte und Vergleiche mit dem im Kopf gespeicherten charakteristischen Merkmalen. Zum Schluss folgte schließlich die zeitaufwendige Schleifarbeit, die nur dadurch erträglich wurde, das man im Ergebnis ein fein geschliffenes, handschmeichelndes Objekt in der Hand halten durfte. Das Tier, so wie es geschnitzt war, fühlte sich glatt an und Lucia mochte es gerne mit ihren Fingern berühren.

Ubud ist ein traditioneller Mittelpunkt der Künste. Aus allen Teilen der Welt strömen die Besucher herbei, um hier den sanften, graziösen Rhythmus des balinesischen Alltags zu genießen. Einige schreiben Bücher oder halten die Landschaft auf Leinwand fest. Andere rauchen Kretek - die Nelkenzigarette - und planen zu schreiben. Hier scheint jeder ein hoffnungsvoller Künstler zu sein und Zukunftsvisionen zu haben. Im 19. Jahrhundert ließ sich Prinz Cokorda Sukawati hier nieder, ein Mäzen der Künste. Noch mehr über die Geschichte und Architektur der Stadt erfuhren die beiden im Palast des Rajahs von Ubud, der prachtvollen Residenz Puri Saren. Im Zentrum des Baus befand sich der alte Palast, in dem ein heiliger Kris und die Maske des Affengenerals Hanuman aufbewahrt wurden. Die Nachkommen des Königs lebten heute in einem Privattrakt.

Zu guter Letzt nahmen sich Robert und Lucia etwas Zeit für den Markt von Ubud. Für einen Augenblick blieben sie wie fasziniert bei einem Schattenspiel stehen. In Bali ist der Figurenspieler eigentlich Schamane, der den göttlichen Schöpfungsakt als theatralisches Ritual inszeniert. Wenig später konnten sie endlich begreifen, wie man sich fühlt, wenn man ein berühmter Star ist. Von tausenden Menschen umringt zu werden, die alle etwas von einem wollten, ließen Lucia und Robert bald die Flucht ergreifen, nachdem sie einige tausend Male »Tidak terima kasih« gesagt hatten, was so viel hieß wie »Nein, Danke«. Aber so war das hier auf Bali.

Müde und abgespannt fuhren sie zurück ins Hotel und wechselten erholungsuchend an den Strand. Endlich konnte Robert sein Weihnachtsgeschenk ausprobieren – Schnorchel und Taucherbrille. Zwischen Strand und Riff befand sich eine vom rauen Wellengang und großen Fischen geschützte Lagune. Das Schnorcheln in dem klaren, blauen Wasser der Lagune offenbarte ihm einen atemberaubenden Einblick in das Unterwasserleben. Jetzt, bei Ebbe, befand sich der Meeresgrund nur etwa ein bis zwei Meter unter der Oberfläche. Es war fantastisch, die verschiedenen Fische, Krebstiere und Muscheln zu beobachten und manchmal blieb nur eine Handbreit Platz zwischen ihm und den Korallen. Schlagartig hatte Robert das Gefühl, in eine Traumwelt einzutauchen. Beim ersten Schnorchelgang direkt am Strand blieb ihm fast die Luft weg, als er am Hausriff nur weißen Sand mit vielen sehr großen Seesternen und Seeigeln zu Gesicht bekam. Die schillernde Schönheit der Fische, die erstaunliche Stille und nicht zuletzt die Begegnung mit zahllosen Meerestieren trug zur sagenhaften Faszination bei.

Freiheit

Die Palmen sind vom Wind gebeugt, sie neigen sich dem Meer entgegen, ihr Kopf, ein grüne Fächerwerk, wirkt stürmisch und verwegen.

Die Boote leuchten bunt am Strand, sie warten auf die Zeiten wo Segel lustvoll aufgebläht, durch Wind und Wellen gleiten.

Vielleicht zu jeder Insel hin, beschäumt von weißen Kronen, die brechen am Korallenriff, doch muss die Reise lohnen.

Dies alles hier von Freiheit singt, die Himmel und die Meere, und alles, was im Wasser schwimmt, so sagt die Götterlehre.

Lucia hatte zum Abendbrot ein weißes Kleid angezogen, das ihre weiblichen Formen ausgesprochen betonte. Ihre kleinen Apfelbrüste waren noch immer fest und prall, genau wie ihr knackiger Po. Ihre strahlenden Augen, ihr sinnlicher Mund passten zu ihrem Monalisalächeln. Im Restaurant herrschte sanftes Bernsteinlicht, welches ihre Schönheit besonders hervorhob.

»Du siehst so zauberhaft aus, Lu. Ich könnte mich glatt in dich verlieben«, flüsterte Robert ihr zu, als sie sich an den Tisch setzten.

Lucia konnten ihren Blick nicht von seinem offenen Hemd wenden: »Deine behaarte Brust finde ich höchst erotisch. Ich bin davon überzeugt, dass du wie ich aus Griechenland stammen musst. Und wenn du ein paar Tage nicht rasiert bist, siehst du wahnsinnig verwegen aus. Das liebe ich an dir, Robby.«

»In diesem Verwegenen steckt ein hungriger Magen, der nach Essen brüllt. Worauf hast du Appetit, Lu?«, lachte Robert und tätschelte seinen Bauch.

»Wie wäre es mit gebratenen Nudeln mit Shrimps?«, warf sie ein.

»Die kannst du gern essen. Ich habe mich für gegrillte Sate-Spieße entschieden mit Reis und Erdnusssoße«, erklärte sich Robert.

Ein großer, grüngefleckter Gecko, der an der Decke klebte, rief siebenmal. Robert wartete, aber es kam nichts mehr. Lucia lächelte. Bringt Glück, dachte sie. Der Klang eines Gamelan kam dünn durch das Fenster geweht.

»Was die Kinder wohl grad machen?«, dachte Lucia mit einem sehnsuchtsvoll verschleierten Blick.

»Sie werden in diesem Augenblick an uns denken, mein Liebchen. Und sie werden sehnsuchtsvoll darüber nachdenken, was wir ihnen wohl mitbringen werden«, antworte Robert tröstend. Er streichelte ihr Hand und ergänzte, »Du brauchst keine Angst zu haben, sie sind gut aufgehoben.«

»Sie haben merkwürdige Begriffe von Zeit, diese Balinesen. Das gefällt mir besonders an ihnen«, seufzte Lucia.

»Ja, ich möchte am liebsten hierbleiben und für immer Gedichte über die Liebe schreiben. Doch vorher lass uns das Essen genießen, mein Engel.«

Nach dem Essen gingen sie für einige Augenblicke an die Bar. Sie hörten und sahen das Meer, die Lagune, das Paradies und den Sternenhimmel und die unvergleichlich erotische Stimme dieser bezaubernden Sängerin. Sie schmeckten das Salz auf ihrer Haut, den Nektar der Lippen, die honigsüßen Melodien der Liebe und einen fruchtigen Cocktail. Sie fühlten die bebenden Körper, die Liebe, die Freude, das Leben in allen Poren. Ihnen wurde schwindelerregend heiß. Diese Stimmung ebnete den Weg in die Welt der Stille und der tiefen Entspannung, in die Welt der sinnlichen Berührungen, in die Welt der Zärtlichkeiten und Lust.

Gleichzeitig mit der Sonne kroch Robert aus seinen Federn. Über Nusa Lembongan und Nusa Penida, den benachbarten beiden Inseln, lag eine dunkle Wolkendecke, welche die Sonne nur mit Mühe beiseiteschieben konnte. Dafür ragte der Gunung Agung – der höchste und heiligste Berg der Insel – kegelförmig in den blauen Himmel. Dort mochte der Sitz der Götter sein, die ihn an diesem Morgen aus der Ferne anlächelten. Im seichten Wasser der Ebbe warfen Fischer ihre Netze aus. Was sie fangen wollten, blieb für Robert ein Geheimnis.

Nach den Fotos vom Sonnenaufgang flanierte Robert die Promenade entlang mit seinen Restaurants, Bars, Läden und Bambushütten, in denen entspannende Massagen angeboten wurden.

Als er ins Zimmer zurückkehrte, lag Lucia noch im Bett und schlief. Sie sah so schön aus wie Dornröschen. Mit zärtlichen Küssen bedeckte er ihr Gesicht, näherte sich immer mehr ihrem Mund. Vorsichtig berührte er ihre Lippen, schaute ihr dann tief in die Augen. Sie erschauerte bei seiner Berührung. Wie ein Stromschlag schoss es durch ihren Körper. Sie erwiderte seinen Blick, legte die Arme um seinen Nacken und presste ihre Lippen fest auf seine. Immer leidenschaftlicher wurden die Küsse. Sie zog ihn mit sich herunter auf die Matratze. Sie fühlte seine warme Haut, während er zärtlich durch ihr langes Haar strich. In seinen Augen lag das pure Verlangen. Er zitterte ein wenig. »Ich will dich«, hauchte er erregt.

Das Meer stand noch immer hinter den Riffen. Lucia und Robert träumten und entspannten sich am Pool. Dann und wann bot ihnen das kühlende Quellwasser des Pools eine angenehme Erfrischung. Sie stellten für sich fest, dass sie sich im Paradies befanden, dort wo sie sonst neidvoll die Berichte im Fernsehen betrachteten. Doch Fernsehbilder und Wirklichkeit verhielten sich wie eine Speisekarte zu einem wohlschmeckenden Menü.