James Bonds Himmelssturz in SKYFALL - Konrad Kirsch - E-Book
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Konrad Kirsch

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Beschreibung

Mehr als in vergleichbaren Filmen geht es in der James-Bond-Reihe um Männer- und Frauenbilder. Vor dem Hintergrund der sich wandelnden Geschlechterverhältnisse sucht James Bond in SKYFALL nach einer neuen Identität. Die Homosexualität des Schurken Silva ist eine Chiffre für Misogynie, und sein Femizid an Sévérine rekurriert auf den Tod von Joan Vollmer Burroughs. Die Untersuchung klärt, weshalb Bond in DR. NO auf die von ihm bevorzugte Beretta verzichten muss und statt dessen von dem ›Triumvirat‹ Walther PPK, Aston Martin und Wodka Martini durch die Filmreihe begleitet wird. Diese Befunde werden in Beziehung zu den folgenden Bond-Filmen mit Daniel Craig gesetzt.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Konrad Kirsch

James Bonds Himmelssturz in skyfall

unter Berücksichtigung von ›William, tell‹ Burroughs

konradkirschverlagkonradkirschverlagkonradkirschverlagkonradkirschverlagkonradkirschverlag

Impressum

Copyright © 2024 by Konrad Kirsch

All rights reserved.

No part of this book may be used or reproduced in any matter whatsoever without written permission except the case of brief quotations embodied in critical articles and reviews.

Kirsch, Konrad

James Bonds Himmelssturz in skyfall

unter Berücksichtigung von ›William, tell‹ Burroughs

Aktualisierte Auflage / September 2024 / eBook /

isbn978-3-929844-34-4

konrad kirsch verlag

c/o block service, stuttgarter str. 106, 70736 fellbach

kir-v[ät]use[dot]startmail[dot]com

konrad-kirsch-verlag.de

konradkirsch.de

Abstract

Against the background of changing gender relations, James Bond is looking in skyfall for a new identity. The homosexuality of the villain Silva is a cipher for misogyny. Silva's femicide on Sévérine is a reference to the death of Joan Vollmer Burroughs. The study includes an explanation of why Bond has to do without his Beretta in dr no and is instead accompanied through his film series by the ›triumvirate‹ of the Waltherppk, the Aston Martin, and the Vodka Martini. These findings are looked at in relation to Daniel Craig's subsequent Bond films

Vor dem Hintergrund des sich wandelnden Geschlechterverhältnisses sucht James Bond in skyfall nach einer neuen Identität. Die Homosexualität des Schurken Silva ist eine Chiffre für Misogynie, und sein Femizid an Sévérine rekurriert auf den Tod von Joan Vollmer Burroughs. Die Untersuchung klärt, weshalb Bond in dr no auf die von ihm bevorzugte Beretta verzichten muss und statt dessen von dem ›Triumvirat‹ Waltherppk, Aston Martin und Wodka Martini durch die Filmreihe begleitet wird. Diese Befunde werden in Beziehung zu den folgenden Bond-Filmen mit Daniel Craig gesetzt.

Für V., die lieber andere Filme sieht

Inhalt

Vorbemerkung

James Bonds Himmelssturz in SKYFALL

Film- und Kürzelverzeichnis

Haftungsausschluss

Verlagshinweise

Vorbemerkung

Dieser Beitrag erschien erstmals 2022 in Zusammenhang mit der Analyse des filmischen Werks von Christopher Nolan und wurde für die vorliegende Einzelveröffentlichung entsprechend angepasst.

Da dieses eBook keine Abbildungen enthält, sei empfohlen, die hier behandelten Filme (nochmals) anzuschauen. Zahlreiche Abbildungen enthält allerdings die englische Printausgabe dieses Beitrags, der in From doodlebug to oppenheimer. An Analysis of Christopher Nolan's Film Work abgedruckt ist.1

James Bonds Himmelssturz in SKYFALL

unter Berücksichtigung von ›William, tell‹ Burroughs

Mehr als in vergleichbaren Filmen geht es in der James-Bond-Reihe um Männer- und Frauenbilder. In den älteren Filmen stehen einander eine demonstrative technische Fort- und eine ebenso ausgestellte playboyhafte Rückschrittlichkeit2 gegenüber, die beide mal mehr, mal weniger ironisch gebrochen werden. Mit casinoroyale (2006) gelingt ein Neustart der Serie, der die technischen Spielereien reduziert und die traditionellen Geschlechterrollen stärker hinterfragt. a quantum of solace (2008) setzt den eingeschlagenen Weg fort, der in skyfall (2012) eine entscheidende Wendung erhält.

Der elegische Titelsong von skyfall beginnt oxymoronhaft mit den Worten »This is the end«.3 Damit ist das Grundthema des Films gesetzt. Doch es stellt sich die Frage: Das Ende wovon? – Im Prolog vor dem Song scheint das traditionelle Männerbild der früheren Bond-Filme noch intakt zu sein: Der mi6-Agent mit der Kennung 007 (Daniel Craig) darf mit dem Motorrad über die Dächer des Großen Basars von Istanbul brausen, einen Bagger fahren, fabrikneue vw-Beetles zertrümmern und sich auf dem Dach eines fahrenden Zuges mit dem Schurken Patrice (Ola Rapce) prügeln. Dass er mit M nun eine weibliche Vorgesetzte hat und dass bei der Verfolgung von Patrice nicht er, sondern mit Eve Moneypenny (Naomie Harris) eine Frau den Wagen steuert,4 macht allerdings deutlich, dass skyfall nicht mehr in einer Zeit spielt, in der Männer unangefochten an der gesellschaftlichen Spitze stehen. Dies kulminiert darin, dass Moneypenny auf einer Eisenbahnbrücke auf Bond schießt; getroffen stürzt er aus höchster Höhe und mit ihm das männliche Selbstbild, das er verkörpert: »This is the end«.

Die Filmhandlung prägen zwei gegenläufige Bewegungen: Patrice hat eine Festplatte mit den Klarnamen der undercover eingesetzten Agenten an sich gebracht, die er an den Oberschurken Silva weiterreicht. Während es in skyfall also einerseits darum geht zu verhindern, dass die wahren Identitäten der mi6-Agenten enthüllt werden, versucht andererseits Bond, für sich eine neue Identität zu finden. Denn Moneypennys Schuss und Bonds Sturz versinnbildlichen, dass sein bisheriges Rollen- und Selbstbild obsolet ist. Dass er am Ende des Vorspanns sein eigenes Spiegelbild zerschießt, macht deutlich, dass er sich aus einem intrinsischen Bedürfnis heraus verändern möchte und ihm dies nicht nur von außen aufgenötigt wird. Dem entsprechend blickt er immer wieder in Spiegel, als wollte er erforschen, wer er ist; sie kündigen Veränderungen an und leiten neue Phasen seiner Entwicklung ein. Darüber gerät die Suche nach der Festplatte im Verlauf des Films in Vergessenheit, da sie als kontrastierendes Element zu Bonds Suche nach einem neuen Selbstentwurf schon bald ausgedient hat.

Eine Szene macht explizit, dass es in skyfall um Deutung geht: Bond trifft sich in der Londoner National Gallery mit Q (Ben Whishaw), dem neuen Quartiermeister des mi6; sie sitzen vor dem Gemälde the fighting temeraire (1838) von William Turner. »Was sehen Sie?«, fragt Q den Agenten, um damit seine Interpretation einzuleiten: »Es macht mich immer ein bisschen melancholisch. Ein stolzes, altes Schlachtschiff, schmachvoll auf den Schrott geschleppt. Die Unabwendbarkeit der Zeit, nicht wahr?«. Er fasst Turners Bild als Allegorie auf, in die er eine Spitze gegen Bonds Alter hüllt, die aber vor allem auf das in die Jahre gekommene Männerbild zielt, für das Bond bislang stand. Dieser setzt gegen Qs Deutung die schiere Oberfläche des Gemäldes: Er sehe nur »Ein Schiff und noch ein Schiff«.5 Ähnlich wie Bond kann man in den Waffen des Films lediglich Tötungsinstrumente erkennen – eine Zigarre ist bloß eine Zigarre. Aber wie die Schiffe auf Turners Gemälde haben die Pistolen und Messer in skyfall gleichfalls eine metaphorische Qualität. Denn in der Kunst ist eine Zigarre selten bloß eine Zigarre.6

In dr no (1962), dem ersten Film der Bond-Reihe, werden Pistolen Geschlechtern zugeordnet. Der hier noch männliche M (Bernard Lee) hat James Bond (Sean Connery) zu sich gerufen, um ihn auf eine Mission zu schicken. Bevor er ihn aus dem Büro entlässt, fordert er ihn auf: »Geben Sie mir Ihre Waffe. Hab' ich mir doch gedacht, schon wieder diese verdammte Beretta. Ich habe Ihnen schon mal darüber einen Vortrag gehalten«. An den Waffenmeister Boothroyd (Peter Burton) gewendet, fährt M fort: »Sagen Sie's ihm. Zum letzten Mal«. Boothroyd wiegt die Beretta in der Hand: »Leicht und niedlich. Gut für eine Damenhandtasche. Für uns nicht zu gebrauchen. – M: Irgendein Kommentar, 007? – Bond: Ich bin anderer Ansicht, Sir. Ich benutze die Beretta seit zehn Jahren und ich habe mein Ziel nie verfehlt. […]«. Bonds Einwand interessiert M nicht: »Sie werden von jetzt an die Walther benutzen. Es sei denn, Sie wollen in Zukunft normalen Nachrichtendienst verrichten. – Bond: Nein, Sir. Das liegt mir nicht. – M: Dann nehmen Sie ab sofort eine andere Pistole. Zeigen Sie sie ihm. – Boothroyd: Walther ppk, 'ne 7.65er mit 'ner Durchschlagskraft wie ein Ziegelstein durch eine Fensterscheibe. […] – M: Noch eine Frage? – Bond: Nein, Sir. – M: Na, dann los. Und viel Glück. – Bond: Danke, Sir«. Bond ist schon fast zur Tür hinaus, da meldet sich M noch einmal: »Ähm 007? – Bond: Sir? – M: Lassen Sie Ihre Beretta mal hier«.7 Bond wollte sie aus dem Büro schmuggeln und legt die Waffe nun wie ein ertappter Schuljunge auf Ms Schreibtisch. Das heißt, Bond bevorzugt eine andere Pistole als jene, mit der man ihn gemeinhin kennt, und die Filmreihe hätte eine ganz andere Wendung nehmen können, wenn ihr Held auf der Beretta bestanden hätte.

Bei dieser Szene handelt es sich um die erste, in der Bond als Geheimagent auftritt. Für den Film und die Reihe ist sie zentral: Die Beretta als ›feminin‹ zu deklarieren, konnotiert in einer binären Welt die Walther umgekehrt als ›maskulin‹. Obwohl die Beretta mit dieser Zuordnung abgewertet werden soll, will Bond an ihr festhalten, wohingegen ihm die ›männliche‹ Walther gegen seinen Willen aufoktroyiert wird. Die Szene zeigt also eine Art Zurichtung, durch die er in die Rolle eines Alpha-Männchens in einer Machismo-Welt genötigt wird. Ein wenig pointiert ließe sich sagen, dass Bond erst durch die Walther ppk zu Bond wird. Die Szene zeigt auch, dass die Herstellernamen als ›Vornamen‹ der Waffen aufgefasst werden: Beretta und Walther. Dass die Dinge nach ihrem ›Namen‹ ausgewählt werden, setzt sich mit dem Wechsel des Wagens in goldfinger (1964) fort: Dort ordnet M an, dass Bond einen Aston Martin fahren soll, wogegen dieser sich nun nicht sträubt. Bei der Wahl seines Drinks scheint er dann verstanden zu haben, welches das maßgebliche Kriterium ist, weshalb in diesem Fall vonseiten Ms kein Eingreifen notwendig ist. Gemeinsam bilden der Wodka Martini, der Aston Martin und die Waltherppk ein ›Triumvirat‹, das die ›feminine‹ Beretta als eine Art Fremdkörper ausschließt und Bond fest in der ›männlichen‹ Sphäre verortet.8 Dem entsprechend adaptiert er Ms Sichtweise und macht in thunderball (1965) über die Waffe des Schurken Largo (Adolfo Celi) eine Bemerkung, die wie das Echo der Abqualifizierung seiner Beretta in dr no klingt: »Schönes Gewehr. Passt eigentlich mehr zu einer Frau«.9 Doch von skyfall aus gesehen ist es lange her, dass er das sagte, und mit den Zeiten ändert sich auch das Männerbild.

Den Prolog von skyfall prägt der Konflikt mit Patrice, der seinen Höhepunkt im Kampf auf dem Dach eines fahrenden Zuges findet. Den maskulinen Charakter der Walther übersteigert Patrice' Pistole mit ihren beiden auffallend großen Patronenmagazinen, die an grotesk-überzeichnete Testikel (oder herabhängende Mickey-Mouse-Ohren) erinnern. Im Vergleich dazu ist Bonds Waffe deutlich weniger opulent ausgestattet. Dem entsprechend schnell ist sie leergeschossen, woraufhin er sie entnervt wegwirft. Dass er sich mit ihr von dem Phallussymbol abwendet, das ihm der patriarchale M in dr no aufnötigt, indiziert, dass er der Rolle überdrüssig ist, die er mit der Walther einst übernahm. Doch statt einen kategorial neuen Weg einzuschlagen, setzt er zunächst auf Maximierung und findet in dem mächtigen Greifarm eines Baggers ein neues Phallussymbol, das Patrice' Waffe in puncto Größe bei Weitem übertrifft.

Aus der Distanz verfolgt Eve Moneypenny den Kampf der beiden Männer auf dem Zugdach. Als sie aus einem Eisenbahntunnel herausfahren, sind Bond und Patrice derart eng miteinander im Nahkampf verstrickt, dass Moneypenny nicht zu schießen wagt, weil sie Bond treffen könnte. Das ist die konkrete Ebene. Die metaphorische ist von einer androzentristisch-misogynen Projektion geprägt, die die Ereignisse als Teil des Geschlechterkampfes auffasst, in dem die Männer in die Defensive geraten sind. Diese Ansicht findet sich darin bestätigt, dass der mi6 nun eine resolute Leiterin hat, statt wie früher einem Mann zu unterstehen. In diesem Konflikt von Mann und Frau erscheint Patrice über den Klang seines Namens als Vertreter des Patriarchats.10 Dass er und Bond für Moneypenny visuell ununterscheidbar sind, veranschaulicht, dass sie – so der weiblichen Seite von jener misogynen unterstellt – quasi identisch miteinander sind: zwei aggressive, dominante Männer, die meinen, alles besser zu können und sich Frauen überlegen fühlen.

---ENDE DER LESEPROBE---