Januskopf - Friederike Schmöe - E-Book

Januskopf E-Book

Friederike Schmöe

4,6

Beschreibung

Im unterfränkischen Königsberg stürzt eine Frau in den Tod. War es ein Unfall, Selbstmord oder Mord? Für den verdächtigen Todesfall wird der neue Klient der Bamberger Privatdetektivin Katinka Palfy verantwortlich gemacht. Dieser leidet an einer Persönlichkeitsspaltung, die ihn unberechenbar macht. Als zwei weitere Morde geschehen und ein Anschlag auf Katinka verübt wird, entdeckt Kommissar Uttenreuther Erschreckendes: Der Täter scheint E. T. A. Hoffmanns »Die Elixiere des Teufels« nachzuspielen. Wenn das stimmt, wird es einen weiteren Mord geben …

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Titel

Friederike Schmöe

Januskopf

Katinka Palfys sechster Fall

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2007– Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 07575/2095-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

2. Auflage 2008

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von Friederike Schmöe

Gesetzt aus der 9,6/13 Punkt GV Garamond

ISBN 978-3-8392-3350-4

.

Bibliografische Information

der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Widmung

Für jene unter uns, deren Faszination dem

menschlichen Gehirn gehört.

Ich will in das Grenzenlose zu mir zurück.

Else Lasker-Schüler

1. Die Kraft aus der Maschine

... daß, sooft ich die Flasche, ja nur dieses Kistchen, worin sie verschlossen, berühre, mich ein unerklärliches inneres Grauen anwandelt ...¹1

Katinka Palfy ließ die Griffe der Maschine los und wischte sich den Schweiß aus dem Nacken. Die Luft im Trainingssaal war stickig. Sie schüttelte die Arme und stand auf, um ihre aktuelle Übungszeit in den Trainingsplan einzutragen. Eine Hand fuhr ihr von hinten durchs Haar und kroch ihre Schultern entlang bis zu den Oberarmen.

»Gewaltige Muskeln, Frau Detektivin.«

Sie musste grinsen und entwand sich dem festen Griff ihres Freundes.

»Lass das. Du lenkst mich ab. Ich habe ein Trainingsprogramm vor mir.«

Tom biss ihr sanft ins Ohrläppchen.

»Praktisch, die kurzen Haare. Übrigens, hast du gesehen? Hardo hat bei der Arbeit an seinem Trapezmuskel beinahe das höchstmögliche Gewicht. Dreihundert Pfund.«

»Wie bitte?«

Katinka war an der gleichen Maschine gerade mal auf fünfundsechzig Pfund gekommen. Sie ließ Tom stehen und suchte nach Hardo.

Hauptkommissar Harduin Uttenreuther, genannt Hardo, saß auf dem Bock seiner Lieblingsmaschine, die Oberarme vorschriftsmäßig zwischen die beiden Polster geschoben, und ruderte. Schweißperlen glitzerten wie Morgentau auf seinem vollkommen kahlen Schädel.

»Wie schaffen Sie das?«, fragte Katinka. Sie betrachtete die Muskeln unter seinem durchgeschwitzten T-Shirt.

»Training«, murrte Hardo und ruderte ein letztes Mal die Gewichte nach hinten, wartete einige Sekunden, ruderte zurück und setzte sie ab. »Nichts als Training.« Er stand auf und trocknete sich mit einem Handtuch das Gesicht ab.

»Fertig?« Polizeimeisterin Sabine Kerschensteiner trat neben sie, ihren Trainingsplan unter dem Arm. »Ich gehe duschen.«

»Das sollten wir alle«, sagte Tom. »Wir stinken wie die Skunks.« Sein Gesicht wurde düster. »Außerdem habe ich heute noch einen Termin. Ich muss um sieben am Bahnhof sein. Möglichst mit gewaschenen Ohren und getrimmtem Scheitel.«

Hardo zurrte eine Augenbraue hoch. Hätte er Haare gehabt, würde sie den Haaransatz erreichen. Katinka beneidete ihn um die Fähigkeit, die zweite Augenbraue dabei in waagerechter Position zu belassen.

»Ihre Mutter?«, fragte er.

»Ja!«, sagte Tom knapp. »Sozusagen.«

Hardo nickte. Sie standen eine Weile schweigend da, dann löste Katinka ihren Spindschlüssel vom T-Shirt und sagte:

»Ich gehe schon mal. Bis gleich.«

Sabine folgte ihr zu den Umkleiden. Katinka sank auf die Bank und streckte die Füße aus. Der Gedanke an den Besuch, der ihr und Tom bevorstand, machte sie kraftlos. Da hilft alles Muskeltraining nichts, dachte sie. Das ist mental. Sabine musterte sie einen Augenblick prüfend, bevor sie ihre Turnschuhe wegschnickste, sich das T-Shirt über den Kopf zog und aus ihren Hosen schlüpfte.

»Komm schon. Es sind gerade zwei Duschen frei.«

»Gleich«, murmelte Katinka. Sie fragte sich, warum Sabine Polizistin geworden war und nicht Model.

»Sorgen?«, fragte Sabine.

»Diese Sache mit Toms Mutter ...«

»Seiner leiblichen Mutter?«

»Genau.« Katinka nickte. »Du kennst doch die Geschichte.«

»Ja, ich glaube schon.« Sabine hakte ihren BH auf. Katinka machte die Geste verlegen. Schnell redete sie weiter:

»Sie hat Tom als Baby abgegeben. An seinen Vater. Er war schon mit einer anderen Frau verlobt und brachte Tom quasi als Mitgift in die Ehe. Sie haben Tom nie etwas davon erzählt. Erst, als seine Erzieher-Mutter vor einem knappen Jahr einen Schlaganfall hatte, rückte sein Vater mit der Sprache raus.«

Sabine zog den Slip aus, warf alles in ihren Spind, schloss ihn ab und schnappte sich ihr Handtuch.

»Und jetzt hat Tom seine biologische Mutter endlich eingeladen?« Sie wickelte sich das Handtuch um die Brust.

»Nein. Sie hat sich selbst eingeladen, und Tom hat zugestimmt.«

»Vielleicht brauchte er den Anstoß. Hattest du nicht gesagt, dass er sich einfach nicht durchringen konnte, Kontakt zu ihr aufzunehmen?«

Katinka nickte.

»Er hätte sich selber nicht dazu aufgerafft. Nicht so schnell. Ich habe mich oft gefragt, wie lange er noch warten will.«

Eine Frau kam mit prall gefüllter Sporttasche in die Umkleide. Katinka fiel ihr leuchtend kastanienrot gefärbtes Haar auf. Hastig nickte sie zur Begrüßung. Sabine warf einen zweifelnden Blick in ihre Richtung.

»Wie heißt sie eigentlich?«, fragte sie.

»Wer?«

»Na, Toms Mutter.«

»Ella. Halt. Das ist die Frau seines Vaters.« Katinka senkte die Stimme. »Seine leibliche Mutter heißt Carla. Carla Nerius.«

Die Frau hatte begonnen, ihre Tasche mit viel Getöse auszupacken. Sie schielte in Katinkas und Sabines Richtung.

»Wie findest du übrigens Hardos Fortschritte?«, erkundigte sich Sabine.

»Ich traue ihnen nicht über den Weg«, seufzte Katinka.

Sabine spielte mit einer Flasche Duschgel herum.

»Katinka! Die Verletzung ist über ein Vierteljahr her!«

Wieder flatterte ein neugieriger Blick zu ihnen herüber.

»Dennoch. Dass er sich so schnell erholt hat ...«

Hauptkommissar Uttenreuther war im Verlauf ihres letzten gemeinsamen Falles angeschossen worden. Katinka musste nicht einmal die Augen schließen, um die Szenerie vor sich zu sehen: Hardo, der im Schneematsch lag, die eine Hand auf den Einschuss gepresst, die andere nach seiner Pistole tastend. Sie schauderte.

»Es war ein Prallschuss. Das ist was anderes als ein direkt abgefeuertes Projektil. Außerdem ist er sofort operiert worden. Dank einer gewissen Katinka Palfy«, sagte Sabine grinsend.

Pssst, machte Katinka lautlos und wies auf die Dritte im Raum. Die zog sich reichlich langsam um und knotete schon zum dritten Mal die Schnürsenkel. Katinka fiel der missmutige Blick auf, mit dem sie Sabine bedachte.

»Du musst das so sehen«, bemerkte Sabine. »Er hat Reserven. Nicht nur den Bierbauch. Er war vorher durchtrainiert, sportlich, hatte ohnehin Kondition. Das beschleunigt jede Genesung.«

Katinka wollte das gerne glauben. Manchmal lag sie nachts wach und dachte an die schrecklichen Minuten in jener Januarnacht. Dann griff ein widerliches, schuppiges Tier mit Krallenpfoten nach ihrem Herzen und drückte es so fest zusammen, dass sie kaum atmen konnte.

Sabine berührte ihre Schulter und ging zu den Duschen hinüber. Sie sah unglaublich gut aus, wie sie nun das lange, blonde Haar löste, zurechtschüttelte und in der Kabine verschwand.

Hardo. Katinka fragte sich von Zeit zu Zeit, ob es stimmte, was ihre beste Freundin Britta ihr vorhielt: Dass sie, Katinka, zwischen zwei Männern stand. Britta stand gewöhnlich sowieso zwischen mehreren Männern, für sie war das normal, aber es war nicht Katinkas Stil. Und dann war da Toms Unruhe in den letzten Tagen, die ihn unausstehlich machte. Verständlich angesichts seiner komplizierten Familienverhältnisse, aber schwer zu ertragen.

Seufzend stand Katinka auf und zog die verschwitzten Sachen aus. Die warme Dusche tat ihr gut. Als sie endlich wieder herauskam, war Sabine schon fertig.

»Ich warte vorne auf dich«, sagte sie.

Katinka cremte sich ein und zog sich an. Als sie gerade ihr Haar trocknete, sich versonnen im Spiegel betrachtend, sagte jemand:

»Frau Palfy?«

Sie fuhr herum, mehr erstaunt als erschrocken. Die Frau von vorhin stand vor ihr. Nun schon etwas verschwitzt, das grelle Haar klebte ihr in der Stirn.

»Ja?«, fragte Katinka argwöhnisch.

»Mein Name ist Charlotte Isenstein. Es tut mir leid, wenn ich Sie in Ihrer Freizeit behellige. Sie sind doch die Privatdetektivin Palfy?«

»Ja«, sagte Katinka und bemühte sich um einen kundenfreundlichen Unterton, obwohl ihr der Gedanke nicht gefiel, mit dem Föhn in der einen und der Haarbürste in der anderen Hand einer neuen Klientin gegenüberzustehen.

»Ich ... eigentlich mein Mann ... bräuchte Ihre Hilfe.«

»Gern.« Katinka legte den Föhn und die Haarbürste weg. »Ich bin nachher wieder in meinem Büro. Geben Sie mir Ihre Nummer, dann rufe ich Sie wegen eines Termins an.«

»Tja.« Charlotte Isenstein trat von einem Fuß auf den anderen. »Mein Mann ist kein gewöhnlicher Kunde.«

Das hat mir in meiner Sammlung gerade noch gefehlt, dachte Katinka. Ein Prominenter. Oder einer, der sich dafür hält. Isenstein. Sie überlegte krampfhaft, aber da leuchtete kein rotes Lämpchen auf. Vielleicht ein Stadtrat. In der lokalen Politik kannte sie sich so gut wie gar nicht aus.

»Mir wäre es recht, wenn Sie zu uns nach Hause kommen könnten. Dann besprechen wir die Dinge in Ruhe.« Eine steile Falte nahm Kurs auf Charlotte Isensteins Nasenwurzel.

Service ist alles, ermahnte Katinka sich in Gedanken. Der Kunde ist König. Und zur Zeit liegen nur langweilige Aufträge auf meinem Schreibtisch.

»Gibt es dafür einen besonderen Grund?«

»Das werden Sie merken, wenn Sie mit meinem Mann zusammentreffen.«

Donnerwetter, dachte Katinka. Charlotte Isenstein hielt ihr eine Visitenkarte hin.

»Hier ist meine Handynummer. Rufen Sie mich an? Gleich heute noch?«

»Mach ich«, hörte Katinka sich sagen.

Sie sah Charlotte Isenstein nach, wie sie den Umkleideraum verließ. Sehr ladylike und selbstsicher und ein bisschen steif. Ein Hauch Parfüm hing in der Luft.

Die Polizisten verabschiedeten sich auf dem Parkplatz und fuhren in Hardos altem Golf davon. Katinka ließ sich von Tom in der Innenstadt absetzen. Er wollte nach Hause, um sich auf seinen besonderen Besuch einzustimmen, während Katinka in gemächlichem Tempo zu ihrer Detektei schlenderte. Es war ein traumhafter Junitag. Warm leuchtete die Sonne von einem dunstigen Himmel. Eigentlich ein Tag, um sich nach einem anstrengenden Training ein Eis zu gönnen, in einem Café zu sitzen und Leute anzugucken. Doch ihre innere Unruhe trieb sie weiter. Es ängstigte sie das Gefühl, am Abend nach Hause zu kommen, eine Fremde in ihrer Wohnung vorzufinden, die dazu noch Toms leibliche Mutter war, und die Luft flirren zu spüren von verwickelten Emotionen, die Katinka nicht durchschaute und die ihr niemand erklären würde. So gut sie sich mit Tom verstand: In Gefühlsdingen war er zugeknöpft. Was aus ihm herauskam, musste erst einen Damm von gewaltigen Ausmaßen durchbrechen, sodass er problematische Dinge oft erst ansprach, wenn sie in seinem Inneren schon zu einer explosiven Mischung geworden waren. Katinka roch das drohende Unheil förmlich, als sie durch das Stadttor in die Hasengasse trabte. Hier war die Welt klein und überschaubar. Trotz ihrer inzwischen soliden Einkünfte als Privatdetektivin wollte sie sich nicht von ihrer winzigen, in die schmale Gasse geduckten Detektei trennen. Sie mochte das Büro mit dem Schreibtisch, den Besuchersesseln, dem IKEA-Kleiderständer und den vollgestopften Bücherregalen. Ihr vollgekritzelter Terminplaner sah zur Jahresmitte bereits aus wie ein modernes Kunstwerk. Um dem Raum etwas mehr Ruhe zu gönnen, hatte sie ihr geliebtes Dalí-Poster vor einigen Wochen abgehängt und durch einen Bilderrahmen vom Trödelmarkt ersetzt – ohne Bild. Der Anblick der nackten Tapete zwischen den Messingschnörkeln irritierte die meisten Klienten. Katinka nutzte die erste Schrecksekunde gerne als Anlass für ein wenig Smalltalk, um die Stimmung aufzulockern und den Kunden ihre anfängliche Beklemmung zu nehmen. Katinka trat in den kleinen Nebenraum, prüfte ihr Faxgerät und nahm sich ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Nachdenklich betrachtete sie Charlotte Isensteins Visitenkarte, während sie sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurechtsetzte und die Papierhaufen unerledigter, monotoner Aufgaben beiseiteschob. Frau Isenstein wies sich als Geschäftsführerin eines Dentallabors aus. Die Karte fühlte sich teuer an. Katinka griff nach dem Telefon und wählte die angegebene Handynummer. Das Rufzeichen bekam eine Chance von einer halben Sekunde, dann wurde abgenommen.

»Isenstein?«

»Palfy. Dies ist mein versprochener Rückruf.«

»Wunderbar. Wann können Sie kommen?«

Katinka sah auf die Uhr. Kurz vor drei. Sie hatte den halben Nachmittag noch vor sich.

»In einer Stunde, wenn Ihnen das passt. Wo wohnen Sie?«

»Passt mir«, kam es zurück. »Wir wohnen am Schillerplatz.« Sie gab die Hausnummer durch.

»Gut. Bis dann.«

Katinka verbrachte die nächste halbe Stunde damit, aus dem Fenster zu starren, vor sich hin zu brüten und über Mütter und Väter nachzudenken. Schließlich räumte sie hektisch ihren Bürokram zusammen, steckte ein neues Notizbuch und einen Stift in ihren Rucksack, schrieb einen Einkaufszettel und schwang sich aufs Rad. Auf die Minute pünktlich drückte sie auf den Klingelknopf mit dem Namen ›Isenstein‹.

2. Anonyme Post

An dem Mann, der ihr die Tür öffnete, fielen Katinka sofort die knochigen Knie auf. Gnubbelig wie Winterkartoffeln ragten sie unter dem Saum seiner Shorts hervor.

»Frau Palfy?«

»Die bin ich.«

Er trat beiseite und hielt ihr mit Grandezza die Tür auf.

»Bitte. Meine Frau kündigte Sie bereits an.«

Er führte sie in ein herrschaftliches Zimmer. In der Mitte thronte ein schlecht gepflegter, angelaufener Tisch mit kupferner Platte, mächtige abgewetzte Ledersessel standen herum, an der Wand ruhte sich ein Schrank auf Löwenfüßen aus. Es roch leicht nach einer sehr schweren, süßen Zigarre.

»Einen Aperitif vielleicht?«

Ewald Isenstein wandte sich dem monströsen Schrank zu, entnahm ihm eine Kiste, stellte sie aber sofort zurück, als er auf dem Flur Schritte bemerkte.

»Warten wir noch ein Weilchen«, sagte er mit einem verschwörerischen Grinsen. Es machte ihn schlagartig jünger. Katinka hatte ihn auf Ende fünfzig geschätzt, doch nun kam er ihr vor wie ein Lausbub mit faltigen Wangen.

»Grüß Gott, Frau Palfy!« Charlotte Isenstein rauschte herein. »Ich bin am Telefon aufgehalten worden. Setzen Sie sich doch. Möchten Sie etwas trinken?« Ihr Haar sah frisch geföhnt aus und leuchtete mit einem cremefarbenen, sommerlichen Kostüm um die Wette.

»Gern.«

Katinka sank in einen Sessel. Sie saß unerwartet bequem. Das Zimmer passte zu ihrer Vorstellung von einem englischen Club. Schwere Vorhänge waren zurückgezogen und ließen das Sonnenlicht hereinfluten. Es spann feine Fäden durch tänzelnde Staubkörnchen und verfing sich zwischen den Löwenkrallen am Schrank. Die Wände waren in Altweiß gestrichen, vielleicht hatte auch der Zigarrenrauch sie gefärbt. Es gab kein Bild, keine Musikanlage, keine Bücher, keinen Fernseher. Hier empfängt die Herrschaft ihre Gäste, dachte Katinka. Gewohnt wird woanders. Sie lehnte sich zurück und beobachtete schweigend das Ehepaar Isenstein. Musterte Charlottes Kostüm und Ewalds Knie. Aus einer Laune heraus half sie den beiden nicht auf die Sprünge, sah einfach zu, wie sie sich Blicke zuwarfen, als wollten sie auf diese Weise ausfechten, wer die Getränke holen ginge. Schließlich ging Charlotte hinaus. Ihr Mann setzte sich Katinka gegenüber und blinzelte ihr zu.

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