Julia Best of Band 280 - Vicki Lewis Thompson - E-Book

Julia Best of Band 280 E-Book

Vicki Lewis Thompson

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Beschreibung

WER BIST DU WIRKLICH, GELIEBTER? Eigentlich sollte Kate den ihr unbekannten Trauzeugen ihrer Zwillingsschwester nur vom Flughafen abholen. Dass sie im Hotel mit Harry im Bett landet, war nicht geplant – aber trotzdem wahnsinnig schön. Doch dann stellt sich heraus: Ihr Liebhaber ist gar nicht Harry … ICH WILL ‘NEN COWBOY – IM BETT! Endlich hat Meg Delancy den heißen Clint – einen Cowboy! – im Bett. Jetzt will sie zwei Tage und Nächte Liebe. Obwohl Clint kein Typ für Affären ist, lässt er sich auf das lustvolle Abenteuer ein – und spricht plötzlich von Familie! Aber Meg will doch Karriere machen … WIE ZÄHMT MAN EINEN KÜNSTLER? Grady ist so sexy, dass Sapphire am liebsten sofort über ihn herfallen würde. Allerdings muss sie nach vier gescheiterten Beziehungen mit Künstlern einsehen: Solche Männer passen nicht zu ihr! Oder kann sie diesmal nur den Sex genießen, ohne sich zu verlieben?

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Seitenzahl: 582

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Vicki Lewis Thompson

JULIA BEST OF BAND 280

IMPRESSUM

JULIA BEST OF, erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2024 in der Reihe JULIA BEST OF, Band 280

© 2002 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Double Exposure“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johannes Heitmann Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1395

© 2004 by Vicki Lewis Thompson Originaltitel: „Killer Cowboy Charm“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roswitha Enright Deutsche Erstausgabe 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1155

© 2016 by Vicki Lewis Thompson Originaltitel: „Cowboy Untamed“, erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johannes Heitmann Deutsche Erstausgabe 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe TIFFANY HOT & SEXY, Band 65

Abbildungen: Harlequin Books S. A., Getty Images / Janoka82, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751526067

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Wer bist du wirklich, Geliebter?

PROLOG

Ich würde alles geben für ein heißes Bad und eine heiße Frau, dachte Hugh Armstrong, während er sich zum zehnten Mal durch die eisigen Wellen kämpfte, die der Studiohubschrauber aufpeitschte, und zu dem langsam sinkenden Segelboot schwamm, eine Rettungsleine zwischen den Zähnen. Der ehrgeizige Regisseur hielt sich für einen zweiten James Cameron und glaubte fest daran, diese Einstellung von Antonio Banderas auf dem Weg durchs kalte Meer werde ihm einen Oscar einbringen. Leider war es Hugh, der die Wellen durchpflügen musste, und nicht Banderas.

Die Leute dachten immer, das Meer vor der Küste Südkaliforniens sei warm, und das mochte im August auch so sein, aber jetzt war es gerade mal Juni, und noch dazu ein sehr kalter. Und durch die Windböen, die der Hubschrauber verursachte, wurde das Wasser noch eisiger.

Normalerweise liebte Hugh seinen Job, aber bei seinen Lieblingsstunts ging es darum, von Felsen und durch Fenster zu springen. Er war Stuntman, weil er den Adrenalinrausch so liebte, doch bei diesem Einsatz bestand nicht die geringste Gefahr. Niemand würde ihn ertrinken lassen, während er versuchte, die sechs Schauspieler von Bord des Segelboots zu retten.

Nein, die Szene bot ihm kein bisschen Aufregung, Hugh schwankte lediglich zwischen Langeweile und Erschöpfung. Zu alledem musste er unbedingt um acht Uhr seinen Flug von Los Angeles nach Rhode Island erwischen, wo er ein langes Wochenende verbringen wollte. Harry, sein Zwillingsbruder, sollte dort auf der Hochzeit seines Freundes Stuart als Trauzeuge fungieren. Hugh freute sich schon auf das Treffen – seit dem letzten Treffen mit Harry war entschieden zu viel Zeit vergangen. Außerdem konnte er dringend ein paar freie Tage gebrauchen.

Wieder traf ihn eine Welle direkt ins Gesicht, und er schwor sich, dass nach dieser zehnten Aufnahme alles im Kasten sein würde. Er bot die letzten Kraftreserven auf und schwamm noch schneller. Das musste der Regisseur doch einfach lieben! Hugh erreichte das halb gesunkene Segelboot und befestigte rasch die Rettungsleine. Diesmal sollte der Regisseur auf keinen Fall „Cut!“ rufen, so wie die neun Mal zuvor.

Die Kameras liefen weiter.

Hugh streckte die Arme nach dem ersten Passagier aus, einem achtjährigen Jungen, dem eine goldene Zukunft in der Filmbranche bevorstand. Der Junge sprang ihm in die Arme, wobei er Hugh mit einem Fingernagel an der Stirn kratzte. Hugh zuckte nicht mal zusammen, während er die Leine packte und den Jungen zum Rettungsboot zog. Die Kameras liefen immer weiter. Ein Glück! dachte Hugh. Vielleicht würde er seinen Flieger doch noch erreichen.

1. KAPITEL

Schon wieder zu spät.

Ein ehemaliger Freund hatte Kate unterstellt, sie würde nur deshalb regelmäßig zu spät kommen, um ihrem Leben mehr Dramatik zu verleihen. Sie hatte dem Mann empört den Laufpass gegeben, aber insgeheim hatte sie zugeben müssen, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Nichts sorgte bei ihr so sicher für einen ordentlichen Adrenalinschub, als wenn sie eine Viertelstunde hinter dem Zeitplan zurücklag.

Auf dem Highway brauste sie von Providence in Richtung Flughafen Warwick. Das Verdeck ihres Miatas hatte sie heruntergeklappt, und das Radio war voll aufgedreht. Kate fühlte sich wie im Rausch. Juni in Rhode Island, das bedeutete zum ersten Mal im Jahr Cabrio-Wetter. Sie liebte den Fahrtwind im Haar, wenn sie sich in ihrem kleinen roten Wagen durch den Verkehr schlängelte, um ein paar Sekunden aufzuholen.

Es dauerte nicht lange, bis sie die Abzweigung zum Flughafen nahm. Kate machte sich ohnehin keine Sorgen, dass irgendetwas schieflaufen könnte. In ihrer Handtasche steckte ein Foto von Harry Armstrong, also konnte sie ihn gar nicht verpassen. Irgendwo in der Ankunftshalle würde sie ihn schon entdecken. In jedem Fall wäre es aufregender, ihn suchen zu müssen, als wenn sie herumstand und abwartete, bis er sein Gepäck eingesammelt hatte und in die Halle kam.

Offenbar hatte sie das Glück heute gepachtet! Auf dem überfüllten Parkplatz fuhr direkt vor der Halle ein anderer Wagen ab. Schwungvoll steuerte Kate ihren Wagen in die Lücke und stellte den Motor aus. Nach kurzem Kramen in der Handtasche fand sie ihren Kamm, fuhr sich damit durch das kurze Haar und prüfte im Rückspiegel ihr Make-up.

Rasch steckte sie den Kamm zurück in die Handtasche und vergewisserte sich, dass der Film in ihrem Fotoapparat noch nicht abgeknipst war. Mit makellosen Studiofotos ließ sich zwar die Miete bezahlen, doch in letzter Zeit fand Kate viel mehr Gefallen an witzigen Schnappschüssen. Sie sah es eher als Hobby an und hatte ihre langsam anwachsende Sammlung an Aufnahmen noch niemandem gezeigt. Mittlerweile ging sie nirgendwo mehr ohne Fotoapparat hin.

Nachdem sie den Wagen abgeschlossen und sich die Handtasche über die Schulter gehängt hatte, lief sie auf das Flughafengebäude zu. Durch die große Glasfront sah man das Segelschiff im Empfangsgebäude, das alle Welt daran erinnern sollte, dass sich genau an dieser Stelle mal ein Hafen befunden hatte, lange bevor die Menschheit das Fliegen überhaupt erfunden hatte.

Kate schlängelte sich durch die Drehtür und lief die Rolltreppe hinauf, wobei sie die Menge nach Harry absuchte und sich vorstellte, sie sei Geheimagentin mit dem Auftrag, einen gefährlichen Doppelagenten aufzuspüren, der sich als Harry ausgab. Dichtes dunkles Haar, ein markantes Kinn und blaue Augen – dem Foto nach zu urteilen, würde er einen sehr attraktiven Agenten abgeben. Eine gute Wahl für einen Trauzeugen, zumal wenn Kate die dazugehörige Brautjungfer war. In den nächsten Tagen würde sie viel mit Harry zu tun haben. Allerdings wollte sie sich nicht allzu große Hoffnungen machen.

Ganz bestimmt war er der typische Stadtmensch mit einem gut bezahlten Job, einem neuen Volvo und einem Handy. Ein netter Kerl eben. Tja, dachte Kate, ich sehne mich nach Abenteuern und nicht nach Nettigkeiten. Leider lernte sie nie abenteuerliche Männer kennen.

Es war durchaus möglich, dass ihre Mutter versuchte, sie mit Harry zu verkuppeln. Durch Kims Heirat geriet Kate unter Zugzwang. Schließlich waren sie Zwillinge. Erst vor ein paar Tagen hatte Kates Mutter zugegeben, sie sei traurig darüber, dass Kate noch keinen festen Partner gefunden hatte, da sie immer von einer Doppelhochzeit geträumt hatte.

Kim und Kate hatten sich nur angesehen und sich wie üblich auch ohne Worte verstanden. Fast hätten sie beide laut losgelacht, weil sie sich ausgemalt hatten, wie ihre Mutter versuchen würde, sie für die Hochzeit in die gleichen Kleider zu zwängen.

Diese Tortur hatten sie zuletzt beim Schulabschluss ihres älteren Bruders Nick durchmachen müssen. Die Schwestern hatten die kleinen grünen Kleidchen mit der Gartenschere zerschnipselt und laut verkündet, sie würden dasselbe mit allen weiteren „Zwillingskleidern“ tun. Das hatte ihnen zwar einen Monat Hausarrest eingebracht, doch ihre Mutter hatte die Warnung verstanden.

Kate kramte in ihrer Handtasche nach Harrys Foto. Er war wirklich ein echter Hingucker. Hieß es nicht, er sei Arzt? Ja, Kim hatte erzählt, er habe mit Stuart zusammen studiert. Stuart hatte gesagt, er sei groß und kaum zu übersehen. Kate sah sich in der Menge um. Und dann entdeckte sie ihn.

Verdammt, in Wirklichkeit sah er ja noch besser aus als auf dem Foto, das Stuart ihr gegeben hatte. Allerdings wirkte der arme Kerl zu Tode erschöpft. Er trug Jeans, ein weißes T-Shirt und eine Jeansjacke. Eigentlich sah er im Moment eher wie ein Rockstar aus als wie ein Arzt.

Dem Bartschatten auf seinen Wangen nach zu urteilen, hatte er nicht mehr die Zeit zum Rasieren gefunden, bevor er zum Flughafen gehetzt war. Kate fragte sich, ob er bis kurz vor dem Abflug im Krankenhaus Patienten versorgt hatte. Das passte zum Image eines Helden. Vielleicht entsprach Harry doch stärker ihrem Idealbild von einem Mann, als sie gedacht hätte.

Er schlenderte durch die Halle. Über eine seiner breiten Schultern hatte er sich eine Ledertasche gehängt. Anscheinend wartete er nicht länger darauf, abgeholt zu werden, und hatte jetzt vor, sich ein Taxi zum Hotel zu nehmen. Kate bekam Gewissensbisse. Sie ließ sich Zeit mit dem Abholen, und der Mann sah aus, als könne er jeden Moment vor Müdigkeit umfallen.

„Hier drüben, Harry!“ rief sie und winkte mit beiden Armen, während sie sich einen Weg zu ihm bahnte.

Er blickte nicht mal kurz zur Seite.

Hatte sie sich etwa getäuscht? Nein, das war ganz eindeutig der richtige Mann. Kate hatte schon genug Porträtfotos gemacht, um zu wissen, dass sie den Mann nicht verwechselte. Dies war Harry. Vielleicht war er nur zu müde, um auf seine Umgebung zu achten.

Ich hätte pünktlich sein sollen, dachte sie. Dann hätte ich ihn sofort hinter dem Sicherheitscheck in Empfang nehmen können. Irgendwie muss ich das wiedergutmachen. Den Rest des Tages würde der arme Kerl ihre ganz besondere Fürsorge bekommen.

Kate trat ihm in den Weg und legte ihm eine Hand auf den Arm. Der Jeansstoff fühlte sich überraschend weich an. Teuer, dachte sie. „Tut mir leid, ich habe mich verspätet.“

Verwundert blickte er ihr in die Augen.

Verlegen lächelte Kate ihn an. „Ich hätte schon früher hier sein sollen. Ich bin Kate Cooper, Kims Zwillingsschwester. Stuart und Kim haben mich gebeten, Sie hier abzuholen.“

„Oh!“ Er wirkte angenehm überrascht. „Toll. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass jemand mich …“

„Ich weiß, und es ist mir schrecklich unangenehm, dass ich nicht pünktlich war.“ Ein Blick in seine blauen Augen reichte ihr, um zu erkennen, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen hatte. Seine Stimme klang ein bisschen heiser, aber sehr angenehm und tief. Diese Stimmlage wirkte bestimmt sehr beruhigend auf seine Patienten.

Kate blickte auf seine Schultertasche. „Haben Sie sonst kein Gepäck?“

„Nein, das ist alles.“

„Gut, dann können wir ja gleich zu meinem Auto gehen.“

„Einverstanden.“ Er ging neben ihr her.

„Stuart wollte Sie eigentlich selbst abholen, aber dann ist irgendetwas Wichtiges dazwischengekommen.“

„Das kann ich mir vorstellen. Schließlich will der Kerl übermorgen heiraten.“

„Tja, genau das ist wohl der Grund, wieso er im Moment viel um die Ohren hat.“ Ihr fiel auf, dass er sich ihrem Tempo anpasste. So rücksichtsvoll waren nur wenige Männer.

„Gibt es Probleme zwischen Kim und Stuart?“

„Nein, nein, alles bestens.“ Der Klang seiner Stimme gefiel Kate immer besser. „Der ganze Wirbel ist ihnen nur ein bisschen zu viel. Meine Eltern sind aus Florida angereist, und gestern kam mein Bruder Nick. Stuarts Mutter ist mit ihrem neuen Ehemann hier, und Stuarts Dad ist mit seiner neuen Frau gekommen. Stuarts Schwestern kümmern sich um seine Verwandtschaft. Jedenfalls sind alle schwer damit beschäftigt, sich kennenzulernen, und da haben Kim und Stuart nicht genug Zeit zu zweit gehabt.“

„Verstehe.“

Kate führte ihn aus dem Flughafengebäude, und einen Moment blieben sie beide stehen, um sich Sonnenbrillen aufzusetzen. Mit der dunklen Brille sah er noch mehr wie ein Rockstar im Urlaub aus. Bestimmt nicht wie ein Arzt, und schon gar nicht wie ein Trauzeuge. Kate konnte es kaum erwarten, mit diesem Traumtypen auf dem Beifahrersitz ihres Cabrios durch Newport zu fahren.

„Mein Wagen steht dort drüben“, sagte sie. „Es ist nicht weit, aber Sie können auch gern hier warten, während ich ihn hole.“

„Wirke ich denn so gebrechlich?“

Kate bezweifelte, dass es in diesem Körper auch nur einen einzigen gebrechlichen Knochen gab. Einen so muskulösen Arzt hatte sie noch nie getroffen. „Nein, aber Sie scheinen ziemlich erledigt zu sein.“

Er lächelte und zeigte dabei Grübchen in der Wange. „Also, so erschöpft bin ich nun auch wieder nicht. Gehen Sie nur voraus, ich folge Ihnen.“

„Okay.“ Ein tolles Lächeln, dachte sie. „Gleich hier drüben. Der rote Miata.“

„Gute Straßenlage.“

„Mir gefällt er.“ Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie groß Harry war. „Allerdings hat man nicht sonderlich viel Beinfreiheit. Vielleicht hätte ich mir lieber das Auto meines Cousins ausleihen sollen.“

„Hören Sie schon auf. Sie tun ja so, als würde ich künstliche Beatmung brauchen.“

Da wäre ich sofort bereit, dachte Kate. „Das tun Sie keineswegs.“ Sie öffnete den Kofferraum und schob ihren Koffer darin zur Seite. Sie hatte ihr Gepäck noch nicht zu dem Hotel gebracht, wo sie zusammen mit der übrigen Hochzeitsgesellschaft übernachten würde.

Zu dieser Gesellschaft gehörte natürlich auch Harry, und dieser Gedanke gefiel ihr allmählich immer besser. „Sie haben in letzter Zeit bestimmt nicht viel Erholung gefunden.“

„Stimmt, ich brauche dringend eine Mütze Schlaf.“ Er nahm sich die Reisetasche von der Schulter und legte sie seufzend in den Kofferraum. „Ich war nicht mal sicher, ob ich es schaffen würde herzukommen.“

„Zum Glück haben Sie es ja geschafft und können erst mal ausschlafen, bevor morgen die Feierlichkeiten anfangen. Kim und Stuart verbringen die Nacht auf Block Island, um noch etwas zur Ruhe zu kommen.“ Kate klappte den Kofferraum zu und blickte sich zu Harry um. War er enttäuscht darüber, Stuart heute noch nicht zu Gesicht zu bekommen?

Er wirkte eher erschöpft als enttäuscht. „Klingt vernünftig. Freut mich für die beiden.“

Sobald er zur Beifahrerseite ging, steuerte Kate auf die Fahrertür zu. „Ich fahre Sie jetzt zum Hotel, dort können Sie sich den ganzen Abend lang ausruhen. Die Familie geht heute Abend zu einem Open-Air-Konzert.“

„Ein entspannender Abend in einem gemütlichen Hotel, das klingt perfekt.“

Kate verstaute ihre Handtasche hinter dem Fahrersitz und wollte gerade einsteigen, als sie eine große Dogge hinter dem Steuer eines geparkten Landrovers entdeckte. Der Hund sah aus, als könne er jeden Moment den Motor anlassen und losfahren. Das Seitenfenster war heruntergedreht, weil der Fahrer sicher wusste, dass niemand versuchen würde, den Wagen zu stehlen, solange der Hund ihn bewachte.

Das musste sie einfach fotografieren. „Eine Sekunde noch, ja?“ Flüchtig lächelte sie Harry zu und zog dann die Kamera aus der Tasche.

„Gern, aber …“

„Bin gleich wieder da.“

Sie lief zu dem Landrover und machte ein paar Fotos. Als die Hupe des Wagens ertönte, zuckte sie zusammen. „Mach das nicht noch mal!“, rief sie dem Hund zu und sah sich um, ob jemand sie beobachtet hatte.

Der Hund drückte wieder auf die Hupe. Hastig zog Kate sich zu ihrem Miata zurück. War der Hund etwa darauf trainiert, zu hupen, sobald jemand sich dem Auto näherte? „Ich gehe ja schon!“ rief sie dem Hund zu. „Hör auf damit!“

Sie verstaute ihren Fotoapparat und setzte sich ans Steuer.

Harry hielt sich den Bauch vor Lachen.

„Jetzt aber nichts wie weg von hier!“ Kate ließ den Motor an. „Wer trainiert seinen Hund denn darauf, auf die Hupe zu drücken! Was ist aus den guten alten Alarmanlagen geworden?“

„So ein Hund ist in jedem Fall wirkungsvoller.“ Harry lachte immer noch. „Sie sind also Fotografin, genau wie Kim?“

„Ja.“ Sie setzte aus der Parklücke und fuhr zur Ausfahrt.

„Freiberuflich?“

„Eigentlich mache ich Studioaufnahmen, genau wie Kim. Ich bin für die Porträts zuständig und sie für die Kinder- und Tieraufnahmen.“

„Und wieso ‚eigentlich‘?“

Sie zögerte. Als ihr Vater in den Ruhestand gegangen war, hatte er das Fotostudio seinen beiden begeisterten Töchtern vermacht. Auch jetzt noch fotografierte Kate gern im Studio, aber Schnappschüsse machten ihr viel mehr Spaß, selbst von hupenden Hunden. „Diese Studioaufnahmen mache ich in erster Linie, aber seit einiger Zeit habe ich angefangen zu fotografieren, was mir gerade vor die Linse kommt. Einfach so als Hobby.“

„Weil da nicht alles so vorhersehbar ist?“

„Genau. Das Studio bringt allerdings gutes Geld ein.“

„Das glaube ich gern.“

Kate hatte fast den Eindruck, als würde der Mann neben ihr genau verstehen, was in ihr vorging, obwohl sie sich erst vor wenigen Minuten getroffen hatten. Fasziniert sah sie zu ihm. Verdammt, er wirkte in ihrem Auto wie eine Sardine in der Dose.

„Ist der Sitz schon ganz nach hinten gestellt?“, fragte sie.

Er kontrollierte den entsprechenden Hebel. „Ja, das ist er.“

„Tut mir leid, dass mein Auto so klein ist.“ Sie hatte sich so sehr auf die Fahrt in ihrem schnittigen kleinen Cabrio gefreut, dass sie keinen Gedanken an ihren möglicherweise viel größeren Beifahrer verschwendet hatte. Kim hätte sicher daran gedacht. Kim war grundsolide, und deshalb machte ihr die Arbeit im Fotostudio auch immer noch Freude.

„Kate, nach allem, was ich hinter mir habe, ist beengtes Sitzen absolut unwichtig.“

„Ich bringe Sie so schnell wie möglich ins Hotel“, versprach sie. Während sie in der Schlange vor der Ausfahrtschranke darauf wartete, den Flughafenparkplatz verlassen zu können, stellte sie das Autoradio aus. Vielleicht wollte Harry auf dem Weg nach Newport schlafen, vorausgesetzt, das gelang ihm, wenn er so unbequem saß.

Als sie das Kassenhäuschen erreichten, zückte Harry sein Portemonnaie. „Lassen Sie mich das Ticket bezahlen.“

„Auf keinen Fall! Schlimm genug, dass ich mich verspätet habe.“ Als sie sich nach hinten umdrehte, um das Geld aus ihrer Handtasche zu holen, berührte sie Harrys Schulter. Seinem muskulösen Körper so nah zu sein machte sie nervös. Wieso hatte sie das Geld nicht schon beim Losfahren bereitgehalten? Kim hätte sicher daran gedacht.

Der Kassierer räusperte sich.

Während Kate noch nach hinten gewandt in ihrer Handtasche wühlte, reichte Harry dem jungen Mann einen Geldschein.

„Danke, Sir.“ Der Kassierer gab ihm das Wechselgeld.

Kate gab die Suche auf und sah zu ihrem Beifahrer. „Danke, aber jetzt habe ich wirklich ein schlechtes Gewissen. Irgendwann an diesem Wochenende müssen Sie sich von mir zu einem Drink einladen lassen.“

Er lächelte. „Liebend gern.“

Sie fuhr los und fädelte sich in den dichten Verkehr ein. Was hat dieser Mann für ein Lächeln! schoss es ihr durch den Kopf. Kim und Stuart hatten ihn als netten Kerl beschrieben, aber über seine Wirkung auf Frauen hatten sie kein einziges Wort verloren.

Das lag vielleicht daran, dass Stuart als Mann darüber ohnehin nicht sprach und dass Kim ihren Stuart so anhimmelte, dass ihr alle anderen Männer auf diesem Planeten gleichgültig waren. Trotzdem wäre Kate für eine Warnung dankbar gewesen. Das Foto in ihrer Handtasche verriet nichts von der magnetischen Anziehungskraft, die von Harry ausging.

Ein besserer Fotograf – wie sie zum Beispiel – hätte diese Wirkung sicher festhalten können. Liebend gern würde Kate das versuchen, doch sie bezweifelte, dass sich die Chance dazu ergeben würde.

Er lehnte sich zurück und legte den Kopf an die Rückenstütze. „Was für ein tolles Wetter! Das ist in jedem Fall angenehmer, als sechs Stunden lang durch eiskaltes Wasser zu schwimmen.“

Kate glaubte, sich verhört zu haben. „Wieso haben Sie das denn gemacht?“

„Ich musste sechs Leute aus einem sinkenden Segelboot retten. Das hat fast die ganze Nacht gedauert.“

Fassungslos machte sie den Mund auf. „Das ist … ja unglaublich.“ Dieser Mann hatte nicht nur die Nacht damit verbracht, Menschen von einem sinkenden Boot zu retten, er sprach auch noch darüber, als sei es das Nebensächlichste von der Welt. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Hatte sie jetzt doch ihren Helden gefunden?

„Aber es ist alles glattgelaufen. Nur der Hubschrauber ist immer zu tief geflogen. Dadurch hat er das Wasser aufgewirbelt und es mir noch schwerer gemacht. Na, jetzt ist ja alles vorüber. Und ich habe es doch noch zu Stuarts und Kims Hochzeit geschafft.“

„Die beiden werden sich sehr darüber freuen.“ Ein richtiger Held als Trauzeuge bei Kims Hochzeit! Erst vor wenigen Stunden hatte er sein Leben aufs Spiel gesetzt, um sechs Menschen zu retten, und jetzt fuhr er mit ihr im Auto und würde die nächsten vier Tage in Providence verbringen. Kate konnte kaum glauben, dass sie nicht träumte, nur eines wusste sie ganz genau: Sie würde das Beste aus dieser Situation machen.

„Ich bin auch froh, dass ich kommen konnte. Wenn es Sie nicht stört, würde ich jetzt gern ein bisschen die Augen schließen und mich ausruhen. Ich wollte ja im Flugzeug schlafen, aber mein Sitznachbar hat nicht zu reden aufgehört.“

„Ich werde mucksmäuschenstill sein“, versprach Kate. Sie nahm den Fuß vom Gas, um nicht schneller als erlaubt zu fahren. Sie würde jetzt ganz brav bis Newport auf der rechten Spur bleiben und alle anderen links vorbeiziehen lassen. Nichts sollte die Ruhe ihres Beifahrers stören. „Entspannen Sie sich.“ Flüchtig lächelte sie ihrem Helden zu. „Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn wir angekommen sind.“

Hugh Armstrong schloss die Augen. Hier fuhr er in der warmen Sonne im Cabrio, und neben ihm saß die hübscheste Rothaarige, die er seit langer Zeit gesehen hatte. Da er jeden Tag von Stars und Schönheiten umgeben war, wollte das einiges heißen.

Vielleicht lag ein Teil von Kates Reiz darin, dass sie mit dem ganzen Filmgeschäft nichts zu tun hatte. Sie versuchte nicht, ihre Schönheit in Szene zu setzen, um irgendeine Rolle zu bekommen. Es wirkte fast so, als sei ihr gar nicht bewusst, wie umwerfend sie aussah. Andererseits war Hugh von ihr möglicherweise auch nur deshalb so fasziniert, weil sie so lebendig und natürlich wirkte.

Er öffnete die Augen wieder einen Spaltbreit und blickte zu ihr. Doch, ihr Gesicht war atemberaubend schön. Wahrscheinlich cremte sie sich immer sorgfältig ein, sonst würde ihr Gesicht nicht so makellos aussehen, zumal sie offenbar gern mit heruntergeklapptem Verdeck fuhr. Normalerweise fiel es ihm schwer zu beurteilen, ob eine Frau ihr Haar färbte oder nicht, aber bei Kate vermutete er, dass das Rot echt war. Sie trug es modisch kurz, und durch die Locken wirkten die roten Haare wie Flammen im Wind.

Ihr kurzes weißes Top lag eng an, und das gefiel Hugh ebenfalls außerordentlich. Die Jeans saß tief auf den Hüften, wodurch ein schmaler Hautstreifen unbedeckt blieb, bei dessen Anblick Hugh das Wasser im Mund zusammenlief. Kate trug Sandaletten, und so konnte er ihre Zehen im Moment nicht sehen, doch er ahnte, dass sie die Zehennägel im selben Rotton lackiert hatte wie die Fingernägel.

Am rechten Arm funkelten fünf Goldreifen, die aufblitzten, wenn Kate das Lenkrad bewegte. Sie trug auch ein paar Ringe, doch der Ringfinger der linken Hand war unberingt. Gut so. Hugh beschloss, möglichst bald herauszufinden, ob Kate noch Single war. Wenn ja, dann konnte das ein wunderbares Wochenende werden.

Wieder schloss er die Augen. Normalerweise fiel es ihm nicht schwer, überall einzuschlafen, doch der Duft von Kates Parfüm ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Hatte Harry sie vielleicht zum Flughafen geschickt? Kurz vor dem Abflug hatte Hugh seinem Bruder in Chicago eine kurze Nachricht auf der Mailbox seines Handys hinterlassen, weil er nicht wusste, wann Harrys Flug ging.

Vielleicht hatte Harry die Nachricht bereits abgehört und den Coopers Hughs Ankunftszeit mitgeteilt. Möglicherweise hatte er sogar selbst vorgeschlagen, Kate zum Abholen zu schicken. Schließlich kannte Harry Hughs Schwäche für Schönheiten mit rotem Haar und grünen Augen. Das wusste Stuart allerdings auch. Vielleicht hatten die beiden das hier zusammen als Überraschung ausgeheckt?

Hugh nahm an, dass Harry heute auch hier eintreffen würde, aber es konnte auch gut sein, dass er sich verspätete. Frauen bekamen ihre Babys nur ganz selten am ausgerechneten Termin.

Für kurzfristig geänderte Pläne hatte Hugh großes Verständnis. Der Regisseur des Banderas-Films hätte ebenso gut beschließen können, dass er noch eine Aufnahme der Rettungsszene brauchte. Dann würde er, Hugh, heute Abend wieder durch die kalten Wellen schwimmen.

Stattdessen verbrachte er die Tage jetzt mit Kate Cooper, der Zwillingsschwester der Braut. Im Moment sehnte er sich allerdings am meisten nach einer Massage. Durch das stundenlange Schwimmen hatte er seine Muskeln ein wenig überanstrengt, und anschließend hatte er keine Zeit zum Ausspannen gehabt, weil er sofort zum Flughafen hatte aufbrechen müssen. Nach den Stunden im Flugzeug fühlte er sich jetzt wie gerädert.

Hugh wollte auf jeden Fall in Topform sein, falls Kate sich an diesem Wochenende ein bisschen amüsieren wollte. Wenn Kim nur halb so aufregend war wie Kate, dann konnte man Stuart nur gratulieren. Hugh freute sich für ihn, obwohl eine Ehe für ihn persönlich nicht infrage kam. Eine solche Verantwortung wollte er niemals übernehmen.

Nein, da gefiel ihm sein freies Leben ohne jede Verpflichtung viel besser. Nach jedem gelungenen Stunt fühlte er sich ein paar Sekunden lang unbesiegbar, und nach diesem Gefühl war er regelrecht süchtig geworden.

Im Großen und Ganzen liebte Hugh sein aufregendes und abwechslungsreiches Leben voller schöner Frauen. Viele dieser Frauen beim Film suchten genau wie er eine kurze heiße Affäre. Er wusste nicht genau, welche Regeln hier in Rhode Island herrschten, aber das würde er schon herausfinden. Im Moment war er ungebunden, und wenn er Glück hatte, war Kate es auch.

2. KAPITEL

Kate bog auf den Parkplatz des „Townsend House“. Das kleine Hotel war erst vor zwei Wochen nach einer gründlichen Renovierung wieder eröffnet worden. Kim hatte es entdeckt, als Kate und sie verzweifelt nach einer Unterkunft für die Hochzeitsgäste von außerhalb gesucht hatten. Im Juni waren fast alle Hotels ausgebucht, doch dieses hatte nicht nur genug freie Zimmer gehabt, sondern auch noch einen großzügigen Rabatt zur Wiedereröffnung angeboten.

Die ganze Hochzeit hatten sie innerhalb von einem Monat organisiert, und selbst Kate kam bei diesem Tempo manchmal kaum noch mit. Dieses überstürzte Handeln war für Kim untypisch, es passte eher zu Kate, die spontane Entschlüsse liebte.

„Townsend House“ erstrahlte jetzt in altem Glanz. Weiß gestrichen, mit blauen Fensterläden und Blumenkästen, in denen Stiefmütterchen blühten, bot es einen prächtigen Anblick. Kim und Kate waren gleichermaßen begeistert von dieser Unterkunft für die Hochzeitsgäste. Aus den vorderen Zimmern blickte man auf den Hafen, aus den hinteren auf den üppig blühenden Garten und das Cottage, das für Paare in den Flitterwochen bestimmt war.

Allerdings würden Stuart und Kim nach der Hochzeit nicht hier übernachten. Nicht, wenn das ganze Haus voller Hochzeitsgäste war.

Kate blickte zu ihrem Beifahrer, der immer noch im Land der Träume weilte. Sie stellte den Motor aus. Harry musste wirklich zu Tode erschöpft sein, wenn er es geschafft hatte, in dieser unbequemen Position einzuschlafen.

Mit dem professionellen Interesse einer Fotografin musterte sie die hohen Wangenknochen, die gerade Nase und das Kinn. Als Frau faszinierten sie am meisten das dichte dunkle Haar und der sinnliche Mund. Dieses Gesicht würde sie stundenlang aus jedem nur möglichen Blickwinkel fotografieren können, aber der Anblick dieses Mannes weckte in ihr viel mehr als nur den Wunsch, Fotos von ihm zu machen.

Eine Brise fuhr ihm durchs Haar, und Kate bemerkte eine grellrote Narbe auf seiner Stirn, dicht am Haaransatz. Das war ganz bestimmt bei dieser Rettungsaktion passiert. Er musste die Wunde unbedingt desinfizieren. Vielleicht hatte er auch noch andere Verletzungen, die versorgt werden mussten. Kate beschloss, dafür zu sorgen, dass er sich darum kümmerte.

Erst einmal musste er aus dem Auto, dann etwas essen und sich ausschlafen. Doch im Grunde wollte sie noch mehr über seine Abenteuer hören. Ab morgen würden die Feierlichkeiten zur Hochzeit beginnen, und dann hatte sie diesen Mann nicht mehr für sich allein.

„Wir sind da“, sagte sie leise.

Er öffnete die Augen. Zuerst wirkte er desorientiert, doch dann klärte sich der Blick seiner blauen Augen, und er sah Kate mit einer gelassenen sinnlichen Wärme an, die ihren Pulsschlag zum Rasen brachte. Leise seufzend richtete ihr Superheld sich auf und löste den Autogurt.

„Lassen Sie sich Zeit.“ Wieder wünschte Kate sich, ihr Auto sei größer. „Vielleicht sind Sie von der Fahrt ein bisschen verspannt.“

„Kein Problem. Ich hatte schon oft im Leben verspannte Muskeln.“ Trotzdem verzog Hugh vor Schmerz das Gesicht, als er aus dem Auto stieg. „Das geht bald wieder. Ich brauche nur einen Bourbon oder zwei.“ Als er sich aufrichtete, presste er die Lippen aufeinander.

Kate stieg aus und konnte den Blick nicht abwenden, als er die Jacke auszog und die breiten Schultern lockerte. Für jemanden, der die Tage im Büro oder im Krankenhaus verbrachte, hatte er einen erstaunlich durchtrainierten Körper. Doch jetzt entdeckte Kate auf dem linken Oberarm einen Bluterguss und am rechten Unterarm einen langen Kratzer.

Sie riss sich zusammen. Hier stand sie und bewunderte seinen Körper, während er sicher Schmerzen hatte. „Sehen wir zu, dass Sie in Ihr Zimmer kommen.“ Sie hängte sich die Handtasche um. „Ich bin wirklich froh, dass Sie sich heute Abend noch erholen können, bevor der ganze Trubel beginnt.“ Sie öffnete den Kofferraum und griff nach seiner Tasche.

„Nein, nein, das werden Sie nicht.“ Sanft, aber energisch schob er sie zur Seite und hob seine Tasche aus dem Kofferraum. „Ich kann mein Gepäck immer noch allein tragen.“

„Davon bin ich überzeugt. Ich glaube allerdings, dass Sie sich ein bisschen ausruhen sollten.“ Eine flüchtige Berührung reichte, und schon fing sie fast an zu zittern. So stark hatte sie noch nie auf einen Mann reagiert.

Lächelnd hängte er sich die Tasche über die Schulter. „Das werde ich auch.“ Dann sah er zu ihrem Koffer. „Wollen Sie den auch mit reinnehmen?“

„Später. Ich werde ihn bis morgen einlagern lassen. Um den brauchen wir uns jetzt nicht zu kümmern.“ Sie wollte den Kofferraum schließen.

„Ach, nehmen wir ihn doch jetzt gleich mit“, sagte Hugh und nahm den kleinen Koffer. „Wenn Sie wollen, können Sie ihn gern in meinem Zimmer abstellen.“

Kate hatte nicht vor, ihm zu widersprechen. Ihr war jede Gelegenheit recht, die sie näher mit ihm in Kontakt brachte. „Das wäre toll, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“ Sie ging voraus zum Eingang des Hotels. „Geht es den sechs Leuten von dem Segelboot jetzt gut?“

Hugh hängte seine Jeansjacke über die Reisetasche und ging neben Kate zur Eingangstür, die in glänzendem Schwarz gestrichen und mit Messingbeschlägen verziert war. Es gab auch einen Türklopfer aus Messing. „Sie waren durchnässt und unterkühlt, aber ich glaube, mittlerweile sind alle wieder wohlauf. Um den kleinen Dustin habe ich mir Sorgen gemacht, weil er erst acht ist, aber er ist ein tapferer kleiner Kerl. Er hat hinterher nur gegrinst und heiße Schokolade getrunken.“

„Erstaunlich.“ Also hatte er auch ein Kind gerettet. Die Eltern mussten ihm unendlich dankbar sein.

Sie hielt ihm die Tür auf. Die Eichendielen des Foyers glänzten. Ein Glück, dachte Kate, dass Kim und ich eine so stilvolle Unterkunft gefunden haben. Etwas anderes wäre einem Helden wie Harry nicht gerecht geworden.

„Genug davon jetzt.“ Anerkennend blickte Hugh sich um. „Das sieht ja toll aus. Ab jetzt möchte ich die ganze Plackerei vergessen und nur noch dieses Wochenende genießen.“

„In Ordnung. Hier drüben können Sie einchecken.“ Durch eine Glastür betrat sie einen kleinen Wartebereich. Offenbar wollte Harry nicht weiter über seine Heldentat sprechen. Sie schlug auf eine kleine Messingglocke, damit jemand kam und sich um den Papierkram kümmerte. Na gut, dann würde sie seine Rettungsaktion auch nicht mehr erwähnen. „Wäre es Ihnen lieber, wenn ich auch den anderen der Hochzeitsgesellschaft nichts davon erzähle, was Sie vergangene Nacht erlebt haben?“

Er zuckte mit den Schultern. „Wozu wäre das gut? An diesem Wochenende stehen Stuart und Kim im Mittelpunkt und nicht ich.“

Kates Knie gaben fast nach, so sehr beeindruckte sie seine Bescheidenheit. Würden die meisten Männer eine solche Gelegenheit nicht ausnutzen, um sich im Applaus der anderen zu sonnen? Dieser Mann dagegen wollte nicht, dass er dem Brautpaar die Schau stahl.

Also würde sie die Einzige bei der Hochzeit sein, die wusste, was für ein Held Harry war. Wie aufregend, dachte Kate. „Einverstanden. Ich finde Ihre Haltung wundervoll.“

„Danke, aber ich sehe überhaupt nichts Besonderes darin, wenn ich …“

„Doch, das ist es“, widersprach sie sanft. „Setzen Sie sich dort drüben auf das Sofa am Fenster. Ich kümmere mich ums Einchecken.“

„Hören Sie, das ist wirklich nicht nötig. Ich kann mich selbst darum kümmern.“

Nachdrücklich legte sie ihm die Hand auf den Arm, und ihre goldenen Armbänder klimperten. „Das weiß ich, aber alles ist doch schon arrangiert. Ich tue das gern für Sie.“ Sie sah ihm in die Augen. „Ich verspreche Ihnen, niemandem von dem, was Sie getan haben, zu erzählen, wenn Sie sich jetzt ein kleines bisschen von mir verwöhnen lassen.“

Der Blick seiner blauen Augen wurde wärmer, wie vorhin im Auto, kurz nachdem er aufgewacht war. „Welcher Mann würde so ein Angebot ablehnen?“

Hugh setzte sich folgsam auf das rot-weiß gemusterte Sofa, als eine schlanke Frau den Raum betrat und sie begrüßte. Sofort stand er wieder auf.

„Wir gehören zur Cooper-Thorpe-Hochzeitsgesellschaft“, erklärte Kate. „Ich bin sicher, Sie haben eines Ihrer Zimmer für Mr Armstrong reserviert.“

„Selbstverständlich.“ Die Frau setzte sich hinter den antiken Tresen.

Kate blickte zu Hugh. „Jetzt entspannen Sie sich doch mal.“ Sie winkte ihn zurück zum Sofa. „Ich kläre das hier schon.“

Harry muss meine Nachricht abgehört haben, überlegte Hugh. Sonst hätte er hier kein Zimmer für mich reservieren lassen. Er vermutete immer stärker, dass Harry es darauf anlegte, eine kleine Romanze zwischen seinem Bruder und der Schwester der Braut in die Wege zu leiten. Der Plan war zu offensichtlich, zumal Kate absolut Hughs Typ war.

Er setzte sich wieder und musterte Kate. Sie war nicht sehr groß, höchstens eins fünfundsechzig, doch in der engen Jeans und den hochhackigen Sandaletten wirkte sie größer. Kate hatte ihm angeboten, ihn zu verwöhnen. Bedeutete das, was er sich erhoffte?

In Los Angeles wüsste er genau, was er nach so einem Angebot von einer Frau erwarten konnte, besonders wenn sie ihn dabei so angesehen hätte wie Kate. Von der eng anliegenden Jeans bis zum weiten Ausschnitt ihres T-Shirts strahlte sie selbstbewusste Sinnlichkeit aus. Wohlgerundete Brüste, ein fester Po und lange Beine, das war genau nach Hughs Geschmack.

Während Kate sich jetzt über das Gästebuch beugte, rutschte das T-Shirt ein Stück höher, und Hugh bekam einen Streifen nackter Haut zu sehen. Fasziniert blickte er auf die kleine Vertiefung knapp über ihrem Po. Am liebsten wäre er jetzt zu ihr gegangen und hätte eine Hand auf diese Stelle gelegt. Mit den Fingern würde er ihre Taille umspannen, und Kate würde wie elektrisiert sein. Er malte sich aus, wie sie sich an ihn schmiegen würde. Dann würde sie sich zu ihm umdrehen und lächeln.

So wie sie über ihre Fotografie sprach, nahm er an, dass sie mit ihrer jetzigen Situation unzufrieden war und sich nach etwas Neuem sehnte. Frauen in ihrer Lage waren sicher nicht erpicht auf eine feste Bindung. Falls Kate tatsächlich in diese Kategorie gehörte, dann war sie für Hugh die perfekte Partnerin fürs Wochenende.

Sie hatte jetzt unterschrieben und sprach leise mit der Frau vom Empfang. Die Frau blickte zu Hugh hinüber, also ging es anscheinend um ihn. Leider konnte Hugh kein Wort verstehen, sosehr er sich auch anstrengte. Die Frau führte ein paar Telefonate, doch dann kam sie schulterzuckend zu Kate zurück und schüttelte bedauernd den Kopf. Was immer Kate auch vorgehabt hatte, offenbar war ihr Plan gescheitert.

Wieder unterhielten die beiden Frauen sich leise, dann wandte Kate sich um und kam mit einem Zimmerschlüssel auf Hugh zu. „Ich habe versucht, für Sie eine Massage auf dem Zimmer zu organisieren, aber die Praxen, die dem Hotel hier bekannt sind, haben keinen Termin mehr frei.“

Hugh stand auf. „Kein Problem. Danke für den Versuch.“ Was für ein netter Einfall! So eine Massage hätte ihm tatsächlich gutgetan. Hugh fühlte sich vollkommen verspannt, und nach einer guten Massage wäre er wieder bereit … zu allem.

„Ich kann Ihnen auch eine Suite mit Whirlpool verschaffen, wenn Sie wollen. Das einzige Problem liegt darin, dass Sie dann nicht im Haupthaus wohnen würden, sondern hinten im Garten im Cottage. Dadurch hätten Sie keinen Blick mehr auf den Hafen.“

„Ehrlich gesagt habe ich im Moment genug vom Anblick von Booten.“ Ein Whirlpool, das klang himmlisch. Wie groß mochte die Wanne wohl sein? Würde Kate auch …? Nein, jetzt ging seine Fantasie wieder mit ihm durch.

Kate lächelte geheimnisvoll und hielt ihm den Schlüssel hin. „Ich habe mir schon gedacht, dass Sie damit einverstanden wären. Deshalb habe ich das Cottage für Sie reserviert.“

Hugh griff nach dem Schlüssel. „Ich nehme jetzt doch nicht etwa Stuart und Kim die Hochzeitssuite weg?“

Kate lachte. „Die beiden verbringen ihre Hochzeitsnacht nicht hier, falls Sie das meinen. Sie lieben uns alle, aber in dieser Nacht wollen sie so weit wie möglich von uns entfernt sein. Nicht einmal ich weiß, wo die beiden übernachten.“

„Okay, dann nehme ich das Cottage.“

„Gut.“ Kate wandte sich wieder dem Tresen zu. „Alles klar.“

Die Frau stand auf. „Wünschen Sie Hilfe mit ihrem Gepäck?“

„Nein, danke.“ Hugh schulterte seine Tasche und nahm auch Kates Koffer. „Sagen Sie mir nur, in welche Richtung ich gehen muss.“

„Ich weiß, wie wir dort hinkommen.“ Kate deutete zur Tür. „Ich führe Sie.“

Genau das hatte Hugh sich erhofft.

Kate wollte, dass Stuarts Trauzeuge es so angenehm wie möglich hatte, besonders nach allem, was Harry durchgemacht hatte. Falls Stuart die zusätzlichen Kosten für das Cottage nicht tragen wollte, würde Kate eben die Differenz bezahlen. Dieser Mann hatte sich ein paar Annehmlichkeiten verdient.

Zum Glück bot das gemütliche Cottage eine ganze Menge davon. Voller Vorfreude führte Kate Hugh durch die Halle und den freundlich eingerichteten Frühstücksraum zur Hintertür, durch die man in den Garten gelangte. Über einen Plattenweg gingen sie an Rosenkübeln, Rosenbeeten und Rosenbüschen entlang. Erst letzte Woche hatte Kate Kim und Stuart hier fotografiert. Vom schönsten dieser Fotos würde sie den beiden eine Vergrößerung machen und gerahmt zur Hochzeit schenken. Das Foto war so schön, dass Kate beim Betrachten vor Rührung immer die Tränen kamen.

„Sehr romantisch.“

Sie sah sich zu Harry um, und ihr Magen machte einen kleinen Salto. „Ja, das ist es.“

Am anderen Ende des Gartens befand sich das Cottage, in dem er untergebracht war. Das Haus war früher ein Stall gewesen, woran allerdings jetzt nichts mehr erinnerte. Es war in denselben Farben wie das Hauptgebäude gestrichen worden und sehr luxuriös eingerichtet. Kate war auf Harrys Gesicht gespannt, wenn er die Tür öffnete.

Er drehte den Schlüssel im Schloss und schob die glänzend schwarze Tür auf. Als er eintrat, sog er hörbar die Luft ein. „Lieber Himmel! Das muss ja ein kleines Vermögen kosten.“

Zufrieden lächelte Kate. „Keine Sorge, wir haben einen großzügigen Rabatt bekommen.“

„Trotzdem. Bei so einer erstklassigen Unterbringung will ich mich unbedingt beteiligen.“

Kate musste zugeben, dass diese Suite atemberaubend aussah. Im mintgrün gestrichenen Wohnzimmer standen antike Nussbaummöbel, deren dunkle Tönung wirkungsvoll mit dem weißen Brokat der Sitzgruppe kontrastierte. Auf dem glänzenden Holzboden lagen edle Orientteppiche, und überall standen zierliche Vasen mit Rosen. Es duftete wie in einem Garten.

Durch einen breiten Durchgang gelangte man ins Schlafzimmer. Das Himmelbett war wie die Bezüge der Sitzgruppe im Wohnzimmer ganz in Weiß gehalten. Natürlich standen auch dort Rosen. Der perfekte Ort für die Hochzeitsnacht. Oder auch für ein Liebespaar, dachte Kate.

„Wie schön.“ Er drehte sich einmal im Kreis. Er hatte immer noch die Reisetasche über der Schulter und Kates Koffer in der Hand. Schließlich blickte er Kate an. „Vielen Dank.“ Er zögerte. „Ich habe Sie schon viel zu lange aufgehalten. Bestimmt haben Sie noch eine Menge zu erledigen.“

Versuchte er auf höfliche Weise, sie loszuwerden? Kate glaubte zwar, eine Anziehungskraft zwischen ihnen beiden gespürt zu haben, doch das konnte sie sich ja auch eingebildet haben. „Und Sie wollen jetzt wahrscheinlich nur noch schlafen.“

„Nein, eigentlich nicht.“ Er setzte das Gepäck ab und hängte seine Jacke über einen Stuhl. „Der Whirlpool würde mich mehr reizen.“

„Dann gehe ich mal lieber.“ Sie konnte ja schlecht bleiben, wenn er ein Bad nahm.

„Dann haben Sie also doch noch einiges zu erledigen?“ Bedauern lag in seinem Blick.

„Nichts Weltbewegendes, aber ich dachte …“

„Bestimmt wartet schon jemand ungeduldig darauf, dass Sie zum Dinner nach Hause kommen.“

Ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Er wollte also herausfinden, ob sie mit jemandem zusammen war. „Nein. Auf mich wartet niemand.“ Prüfend blickte sie ihm in die Augen. „Aber vielleicht wollen Sie ja jetzt erst mal Ihre Freundin anrufen, um ihr mitzuteilen, dass Sie gut angekommen sind?“

Hugh erwiderte ihren Blick und schüttelte den Kopf.

„Oh.“ Ihr Puls beschleunigte sich.

„Von mir aus kann der Whirlpool auch noch ein bisschen warten, wenn Sie Zeit für ein Dinner haben.“

„Die Zeit habe ich, aber ich finde, Sie sollten Ihren verspannten Muskeln vorher noch etwas Gutes tun.“

Er zuckte mit den Schultern. „Das werde ich auch noch.“ Dann deutete er auf das Gepäck. „Lassen Sie mich das rasch verstauen.“

„Okay.“ Sie wartete im Wohnzimmer, während er das Gepäck ins Schlafzimmer brachte. Das alles verwandelte sich allmählich immer mehr in einen Traum.

Kate konnte ihn nicht sehen, doch sie hörte seinen anerkennenden Pfiff. „Na, das ist mal ein Whirlpool.“

Sie konnte sich noch gut daran erinnern. Die Whirlpoolwanne war ganz aus Marmor, bot Platz für zwei und war in einen Erker eingelassen. Tagsüber konnte man auf die Rosenbüsche sehen, und bei Dunkelheit boten halb transparente Sichtblenden vollkommene Abgeschiedenheit.

„Ich sehe absolut furchtbar aus“, stellte er fest.

„Sie sehen gut aus!“, rief sie zurück. Mehr als gut. Bewundernswert eher. Sexy.

„Also, bevor ich Sie zum Dinner ausführe, werde ich mich auf jeden Fall rasieren und ein wenig frisch machen.“ Er kam zurück ins Zimmer und rollte die Schultern, um seine verspannten Muskeln zu lockern.

„Das ist doch albern.“ Auf keinen Fall wollte Kate ihm noch mehr Umstände machen. „Hören Sie, nur einen Block entfernt bekommt man fantastische Sandwiches. Ich könnte uns welche holen. Und Sie bleiben hier und spannen aus. Oder mögen Sie die nicht?“

„Ich liebe sie.“

„Dann ist das beschlossen.“ Sie ging zur Tür. Dieser Abend wurde ja von Minute zu Minute besser. Jetzt würden sie beide ganz allein zusammen essen. „Was für einen Belag hätten Sie denn gern?“

„Ich mag alles. Überraschen Sie mich.“

Flüchtig lächelte sie ihm zu. „Ein Mann mit dem Mut zu Experimenten ist genau nach meinem Geschmack.“

3. KAPITEL

Kate ging zu Fuß und genoss den Geruch des Meeres und das Geschrei der Möwen. Der kurze Spaziergang gab ihr Gelegenheit, über die Idee nachzudenken, die sich in ihrem Kopf festgesetzt hatte.

Harry brauchte eine Massage, und sie hatte zumindest Grundkenntnisse im Massieren. Sie würde ihn auf dem Bett massieren müssen, aber darin besaß sie kein bisschen Erfahrung. Seit fast fünf Jahren ließ sie sich fast jede Woche massieren, und letzten Sommer hatten ihr Ex-Freund Jonathan und sie einen Kurs in Massage belegt.

Jonathan hatte dieser Kurs zwar keinen Spaß gemacht, doch Kate war davon begeistert gewesen. Sein mangelndes Interesse am Massieren war im Grunde der Anfang vom Ende ihrer Beziehung gewesen. Allerdings hatte Kate in Jonathan schon von Anfang an nicht den Mann ihrer Träume gesehen.

Harry dagegen … An ihm störte Kate nur eines: sein Name. Sie schämte sich fast, weil sie wünschte, er hätte einen anderen Namen. Ein Mann namens Harry vergaß sicher niemals, den Müll rechtzeitig rauszustellen. So ein Mann prüfte regelmäßig den Reifendruck und war ein netter Kerl. Bei so einem Namen dachte Kate nicht an große Leidenschaft und Liebe.

Aber alles andere an diesem Mann war absolut perfekt. Vielleicht sollte sie fürs Erste vermeiden, ihn mit seinem Namen anzusprechen. Wenn es zwischen ihnen beiden gut lief, würde sie sich einfach einen ganz besonderen Namen für ihn ausdenken. Vielleicht hatte er ja auch einen zweiten Vornamen, der weniger bieder klang.

Beim Imbiss musste sie lange anstehen, ehe sie ihre Bestellung aufgeben konnte. Sie bestellte ein Sandwich mit scharf mariniertem Rindfleisch und eines mit italienisch gewürztem Hackfleisch, dazu zwei große Cola. Die zwanzig Minuten Wartezeit nutzte sie, um kurz zu einer Drogerie zu gehen. Wenn sie dort nicht fand, was sie suchte, würde sie das als Zeichen dafür sehen, dass ihre Massage nicht der richtige Weg war.

In der Drogerie entdeckte Kate in einem Regal ein Geschenkset mit drei verschiedenen Ölen. Sie brauchte nur das Mandelöl, doch es machte ihr nichts aus, gleich alle drei Fläschchen zu kaufen.

Als sie mit ihrem Kauf an der Kasse stand, entdeckte sie hinter der Kassiererin eine antibiotische Salbe. Damit könnte sie Harrys Stirn behandeln. Kate bat die Kassiererin, ihr eine Tube der Salbe zu geben.

Dann bemerkte sie noch andere Artikel in dem Regal. Normalerweise trug sie so etwas nicht bei sich, doch unter den gegebenen Umständen könnten diese Dinge durchaus nützlich sein.

„Ist das alles?“ Die dunkelhaarige Frau an der Kasse lächelte sie an.

„Äh …“ Kate zögerte. Sie wollte Harry massieren, vorausgesetzt, er war damit einverstanden. Außerdem fühlte er sich zu ihr hingezogen, sonst hätte er nicht indirekt gefragt, ob jemand auf sie wartete.

Wenn diese Anziehungskraft zu mehr führte, dann wollte Kate auf alles vorbereitet sein. Zugegeben, das alles geschah ziemlich schnell, doch Harry war schließlich kein Fremder, den sie in irgendeiner Bar aufgegabelt hatte. Er war Stuarts bester Freund, ein angesehener Arzt und obendrein ein Held. Er blieb nur dieses eine Wochenende auf Rhode Island, also hatte Kate nicht viel Zeit. Sie sehnte sich danach, sich einmal einfach fallen zu lassen.

Wollte sie eine einmalige Gelegenheit sausen lassen, nur weil sie zu schüchtern war? Was spielte es denn schon für eine Rolle, dass sie gleichzeitig auch Massageöl kaufte? „Eine Packung von denen kommt noch dazu.“ Sie deutete auf das Regal.

Die Frau drehte sich um. „Welche denn?“

„Die … die rote.“

Die Kassiererin zog eine Schachtel aus dem Regal und legte sie neben das Massageöl und die antibiotische Salbe, während sie alles in die Kasse eintippte. Das Ganze sah ziemlich eindeutig aus, und Kate wünschte sich sehnlichst, die Frau würde etwas schneller tippen.

Natürlich gab die Frau einen Preis falsch ein, musste alles wieder stornieren und noch einmal von vorn anfangen. Kate trommelte mit den Fingern auf den Tresen, blickte ins Nichts und versuchte, so gelassen wie nur möglich zu wirken. Doch als die Kassiererin endlich fertig war und alles in eine Tüte einpacken wollte, unterbrach Kate sie.

„Das hier kommt in meine Handtasche.“ Hastig schnappte sie sich die Kondome und stopfte sie in ihre ohnehin schon überfüllte Tasche. Sie besaß nicht den Mut, der Kassiererin noch einmal ins Gesicht zu sehen. Fast fluchtartig verließ sie mitsamt ihren Einkäufen das Geschäft.

Keine zehn Minuten später nahm sie im Imbiss ihre Bestellung in Empfang und kehrte zum Hotel zurück. Je näher sie kam, desto stärker schlug ihr Herz. In der Vergangenheit hatte sie sich oft über den Mangel an Aufregung in ihrem Leben beschwert. Jetzt standen ihr möglicherweise vierundzwanzig aufregende Stunden bevor, und sie bekam Angst. Vielleicht wurde sie zurückgewiesen. Vielleicht auch nicht.

Doch hiernach hatte sie sich gesehnt, seit sie mit elf Jahren „Vom Winde verweht“ gelesen hatte. Kate atmete tief durch, betrat das Hotel und ging direkt durch das Haus nach hinten in den Rosengarten.

Zunächst packte Hugh aus. Als Kate dann immer noch nicht zurückgekehrt war, streifte er sich das T-Shirt ab und begann, sich zu rasieren. Während er die Rasierklinge durch den Schaum über seine Wange zog, ging er sein übliches Ritual durch, mit dem er sich schon seit Jahren davor bewahrte, zu tiefe Gefühle für eine Frau zu entwickeln. Seiner Meinung nach endeten die meisten Männer in festen Beziehungen, weil sie sich bei einer Frau auf ihre Vorzüge konzentrierten und die Makel ignorierten.

Auch Hugh genoss bei einer Frau die guten Seiten, doch er suchte auch stets nach mindestens einem Makel, der ihn davor bewahrte, sich bis über beide Ohren in sie zu verlieben. Wann immer er glaubte, die Objektivität zu verlieren, dachte er an diesen einen Makel, bis der Drang verebbte, mit dieser Frau den Rest seines Lebens zu verbringen.

Andererseits hielt er auch mit seinen eigenen Schwächen nicht hinterm Berg, damit die Frau an seiner Seite dieselben Vorsichtsmaßnahmen treffen konnte. Zum Beispiel hasste er Cocktailpartys. Er mochte weder Brettspiele noch Kartenspiele, und wenn es hieß, man wolle Scharade spielen, ergriff Hugh augenblicklich die Flucht.

Viele Frauen störte an ihm, dass er sich keine Geburtstage und Jahrestage merken konnte. Er verteilte gern Geschenke, doch die kamen höchstens durch Zufall genau an den wichtigen Tagen bei der Beschenkten an. Sein größter Fehler in den Augen der Frauen bestand jedoch in seiner hartnäckigen Weigerung, sich zu verlieben und eine feste Beziehung einzugehen.

Kate brauchte nur zu lächeln, und schon verspürte er die vertraute Angst, dass da jemand war, mit dem er sich mehr vorstellen könnte als eine Affäre. Er musste unbedingt einen Makel an ihr finden, und zwar schnell.

Leider hatte er überhaupt nichts gegen Fotografen. Diesen Beruf hatte er immer bewundert. Genauso gefielen ihm Kates Rastlosigkeit und ihr Ehrgeiz, sich mit Momentaufnahmen ein neues Standbein aufzubauen. Er musste eine Schwachstelle an ihr finden, doch im Moment sah er bei ihr nur Stärken. Sie hatte anscheinend eine unerschöpfliche Energie. Nur sehr selten traf Hugh eine Frau, die genauso viel Energie besaß wie er.

Zwar sah Kate ihn im Moment als einen Mann am Ende seiner Kräfte, aber wenn Hugh gewusst hätte, wer ihn hier vom Flughafen abholte, hätte er einen Weg gefunden, um während des Flugs seinen dauerredenden Sitznachbarn zum Schweigen zu bringen und ein paar Stunden zu schlafen.

In jedem Fall war Kate eine wundervolle Frau. Ihr Haar glänzte in der Sonne, und er sehnte sich danach, die Hände durch ihre Locken gleiten zu lassen.

Dann besaß sie die Angewohnheit, sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe zu fahren. Dabei neigte sie den Kopf leicht zur Seite und warf ihm dabei einen Blick zu, dass ihm abwechselnd heiß und kalt wurde.

Hugh trocknete sich gerade das Gesicht ab, als es energisch an der Tür klopfte. Lächelnd ging er zur Tür. Nein, dachte er, Kate Cooper klopft nirgendwo zaghaft an. „Wer ist da?“ rief er.

„Der Zimmerservice!“, rief sie lachend zurück.

Schwungvoll öffnete er die Tür. „Hat ja auch lange genug gedauert.“

Leichtfüßig kam sie herein. Der Duft von würziger scharfer Sauce drang Hugh in die Nase.

„Na, dann kennen Sie ja auch gleich meine größte Schwäche.“

Prima, dachte er, genau das wollte ich ja erfahren. „Und die wäre?“

Ihr Blick glitt über seine nackte Brust, und sie errötete leicht.

Hugh hatte sie nicht in Verlegenheit bringen wollen. „Warten Sie, ich ziehe mir schnell was an.“

„Nein, schon in Ordnung“, erwiderte sie hastig.

„Ich wollte mir ohnehin etwas anziehen, aber als Sie geklopft haben, dachte ich …“

„Ganz im Ernst, machen Sie sich nicht die Mühe.“ Sie atmete rasch durch. „Ehrlich gesagt, habe ich mir überlegt, ich könnte Sie nach dem Essen massieren.“

Sein Puls ging schneller. „Das würden Sie tun?“

Sie errötete noch mehr, doch sie sprach tapfer weiter. „Für Ihren Hals und die Schultern wäre das viel besser als ein heißes Bad. Ich bin sicher, ich könnte Ihnen wirklich helfen.“

„Schon überzeugt.“ Hugh war selig. Ein bestimmter Körperteil von ihm freute sich besonders über diese Aussicht, und Hugh atmete tief durch, um sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen. „Liebend gern.“

„Prima. Dann sollten wir erst mal essen.“ Kate packte die Sandwiches und die Getränke aus.

Hugh bekam ein schlechtes Gewissen. „Jetzt habe ich Ihnen überhaupt kein Geld dafür mitgegeben.“

„Das hätte ich auch nicht angenommen.“ Sie deutete auf einen Stuhl. „Setzen Sie sich. Sie können wählen zwischen scharf mariniertem Rind oder scharfem Hackfleisch. Wir können auch teilen, wenn Sie von beidem …“

„Teilen wir. Aber ich möchte dafür bezahlen. Schließlich habe ich Sie doch zum Dinner einladen wollen.“

Lachend schüttelte sie den Kopf. „Das hier ist meine Runde. Als Buße fürs verspätete Abholen. Genau das wollte ich Ihnen ja erzählen. Meine größte Schwäche.“ Sie teilte beide Sandwiches und schob Hugh seine beiden Hälften auf einer Serviette zu.

Hugh setzte sich und blickte Kate über den Tisch hinweg gespannt an. „Also, was ist an Ihnen so entsetzlich?“

Kate steckte Strohhalme in die Colabecher. „Ich treibe Kim und alle Freunde in den Wahnsinn, weil ich ständig zu spät komme. Und ich kann es einfach nicht abstellen. Ständig versuche ich, viel zu viel zu erledigen. Deshalb bin ich auch zu spät zum Flughafen gekommen. Auf dem Weg zum Imbiss eben habe ich auch noch einen kleinen Abstecher gemacht, deshalb hat das so lange gedauert.“

„Na ja, so lange waren Sie auch nicht weg.“ Verdammt, dachte er. Er fand es nicht sonderlich schlimm, wenn jemand zu spät kam. Von den Dreharbeiten war er es gewohnt, endlos auf bestimmte Schauspieler oder Einstellungen zu warten. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, geduldig zu warten und die Uhrzeit zu vergessen.

„Auf Dauer wären Sie genauso verärgert wie alle anderen.“ Sie biss in ihr Sandwich.

„Schon möglich.“ Hugh aß auch. Die große Schwäche hatte er an Kate also noch nicht gefunden. Mit Menschen, die zu spät kamen, konnte er bestens umgehen.

„Kim hat mir Schläge angedroht, falls ich zu Ihrer Hochzeit zu spät komme, und ich habe ihr hoch und heilig versprochen, pünktlich zu sein. Das ist ein zu wichtiger Anlass, da will ich sie nicht enttäuschen.“

„Stimmt.“ Hugh konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie sah unwiderstehlich aus, und genau das machte ihm im Moment Sorgen.

„Ganz bestimmt wird es eine wundervolle Hochzeit. Sie findet im berühmten Belcourt Castle statt. Ein Brautpaar hatte für den Abend dort schon vor zwei Jahren gebucht, dann aber kurzfristig abgesagt. Jetzt haben wir nicht nur diesen wunderschönen Ort zum Feiern, wir haben ihn auch zu einem Spezialpreis bekommen.“

Beim Reden gestikulierte sie so lebhaft, dass ihre Armreifen ständig klirrten. Sie klang begeistert, und in ihrem Eifer wirkte sie auf Hugh noch erregender. Er hätte die ganze Nacht hier sitzen und ihr zuhören können. Andererseits spürte er auch den zunehmenden Drang, etwas anderes zu tun, als nur dazusitzen und zu lauschen. „Klingt so, als hätte sich für Stuart und Kim alles perfekt ergeben.“

Kate lachte. „Erst nachdem die beiden erkannt haben, dass sie füreinander bestimmt sind. Vorher haben sie beide eine schwere Zeit durchgemacht.“

Hugh hatte noch nie daran geglaubt, dass zwei Menschen füreinander bestimmt waren. Sonst wäre er jetzt in noch größeren Schwierigkeiten.

Während Kate erzählte, wie Kim und Stuart trotz aller Widrigkeiten zueinandergefunden hatten, suchte Hugh fast verzweifelt nach ihrem großen Makel. Manchmal störte ihn an einer Frau die schrille Stimme, doch Kates klang sanft und sinnlich-rau. In bestimmten Situationen wirkte ihre Stimme sicher beruhigend, doch im Moment konnte er bei ihrem Klang nur an zerwühlte Laken, heiße Körper und Bettgeflüster denken.

Kate hatte ihm angeboten, ihn zu massieren. Es hatte wie ein harmloses freundschaftliches Angebot geklungen, aber Hugh war sich ziemlich sicher, dass es nicht so enden würde. Bevor er sich auf diese Massage einließ, musste er Kates Makel finden. Jetzt hatten sie die Mahlzeit beendet, und er war noch immer nicht weitergekommen.

„Tja, dann sollten wir uns jetzt an die Massage machen.“ Kate wurde wieder rot.

„Stimmt.“ Es überraschte ihn selbst, wie aufgeregt er war.

Kate ließ die Eiswürfel in ihrem Becher klirren. „Sind Sie fertig? Ich will Sie nicht drängen, aber …“

„Es hat großartig geschmeckt. Noch mal vielen Dank. Ich bin fertig.“

„Das glaube ich gern. Sie haben ja auch eine Menge durchgemacht. Eigentlich wollte ich ja nicht mehr darüber sprechen, aber vergessen kann ich es nicht so schnell.“ Sie bückte sich und zog eine kleine Packung aus ihrer Einkaufstüte. „Ich habe Desinfektionssalbe gekauft, um Ihre Kratzer zu behandeln. Haben Sie außer den Schrammen an der Stirn und am Unterarm noch weitere Verletzungen?“

„Ich glaube nicht.“ Die Kratzer hatte er schon vollkommen vergessen. Dass Kate sie bemerkt und sogar eine Salbe besorgt hatte, rührte ihn. Er musste sich eingestehen, wie sehr es ihm gefiel, dass sie sich um ihn sorgte. Ihr würde er gestatten, ihn zu bemuttern, denn da sonst niemand davon erfuhr, würde sein Image als stahlharter Mann nicht darunter leiden.

Sie zog die Tube aus der Schachtel. „Wahrscheinlich sollte ich die Kratzer säubern, bevor ich die Salbe auftrage. Kommen Sie mit ins Bad.“ Sie stand auf.

Diese Lässigkeit kaufte Hugh ihr nicht ab. Bestimmt war sie innerlich genauso aufgedreht wie er. Durch das Schlafzimmer hindurch folgte er ihr ins Bad. Als sie an dem Himmelbett vorbeikamen, hätte Hugh Kate am liebsten sofort auf die Matratze geworfen und Kratzer und Massage vergessen. Er wollte ihren Körper dicht an seinem spüren. Empfand sie genauso?

An der Tür zum Bad drehte sie sich zu ihm um. Sie sah ihm direkt in die Augen, als sei ihr überhaupt nicht bewusst, dass sie gerade eben an dem luxuriösen Bett vorbeigegangen waren. „Kommen Sie?“

„Na klar.“ Bei jeder anderen Frau hätte in dieser Frage eine sexuelle Anspielung gelegen, aber Kate gehörte nicht zur Welt des Films, und so ging Hugh auf die Wortspielchen lieber nicht ein.

Im Bad gab es rechts einen Waschtisch mit zwei Waschbecken und links eine breite Marmorkonsole, die als Ablage und Frisierkommode diente. Beide Seitenwände waren verspiegelt. Auf dem einen Waschbecken lag noch Hughs Rasierzeug.

Der große Whirlpool erschien ihm immer verlockender.

Kate legte die Salbe auf die Ablage und deutete auf den Samthocker davor. „Es geht bestimmt leichter, wenn Sie sich hierher setzen.“

Hugh gehorchte und beobachtete Kate, als sie einen Waschlappen befeuchtete und auf die Ablage legte. Sie wandte ihm den Rücken zu, doch im Spiegel konnte er sie sehen. Unter dem engen T-Shirt bewegten ihre Brüste sich bei jeder Bewegung.

Er erkannte die Träger ihres BHs und sah durch das T-Shirt auch den kleinen Verschlusshaken. Bestimmt könnte er ihr den BH auch durch das T-Shirt hindurch öffnen.

Als sie sich nach vorn beugte, sah Hugh im Spiegel ihren Ausschnitt. Er hatte schon so viele Brüste gesehen, nackt und auch bedeckt, schließlich liefen in den Filmstudios so viele schöne Frauen herum, dass er gar nicht mehr besonders darauf achtete. Doch beim Anblick von Kates Brüsten, die sich sanft hoben und senkten, überkam ihn wilde Erregung.

Ihr T-Shirt rutschte hinten hoch und gab wieder den Blick frei auf einen Streifen nackter Haut über der Jeans. Hugh hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, dann hätte er sie so berühren können, wie er es sich unten an der Rezeption ausgemalt hatte. Aber er ließ es, denn er wollte, dass Kate das Tempo vorgab.

Sie drückte den seifigen Waschlappen aus und wandte sich wieder Hugh zu. „Zuerst versorge ich den Kratzer auf der Stirn.“

„Okay.“ Reglos saß er da, als Kate ihm mit den Fingern die Haare zur Seite kämmte und den Kratzer freilegte, den der kleine Dustin ihm aus Versehen verpasst hatte. Eigentlich hätte irgendjemand dem Jungen vorher auch die Fingernägel schneiden können.

Doch im Moment hatte Hugh keine Zeit, an Dustin zu denken. Kates Brüste befanden sich dicht vor seinem Gesicht, während sie mit dem Waschlappen die Wunde abtupfte. Die Seife roch nach Vanille, doch Hugh konnte auch Kates Duft ausmachen.

Ein himmlischer Duft. Natürlich hatte Hugh über Pheromone gelesen, doch er hatte nie an diese Duftstoffe geglaubt, weil er sich noch nie so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt hatte wie eine Motte zum Licht. Das erlebte er jetzt zum ersten Mal. Am liebsten hätte er das Gesicht in die verlockende Mulde zwischen ihren Brüsten geschmiegt und ihren Duft eingeatmet.

Er hörte das leise Klimpern ihrer Armreifen. Täuschte er sich, oder atmete sie tatsächlich schneller? Sofort stieg Hughs Erwartung, dass dieser Abend sich noch ganz außergewöhnlich entwickeln würde. Hoffentlich empfand Kate genauso. Ganz schön peinlich, wenn er so hin und weg war von ihr und sie überhaupt nichts für ihn empfand.

„Tut es weh?“ fragte sie leise.

„Nein.“ Seine Haut brannte, aber Hugh war so damit beschäftigt, seine wachsende Erregung zu unterdrücken, dass er den Schmerz kaum bemerkte.

„Sie würden es mir doch sagen, wenn es wehtut?“

„Nein.“

Sie seufzte, und dabei wippten ihre Brüste einladend vor Hughs Gesicht. „Das dachte ich mir. Ich will Ihnen nicht wehtun, aber diese Kratzer dürfen sich nicht entzünden. Das können gerade Sie doch nicht zulassen. Sie würden ein schlechtes Vorbild abgeben.“