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Der Begriff des Abendlands kehrt in die politische Diskussion als auch in die christliche Publizistik zurück. Im Jahre 2022 fand in Kloster Banz auf Einladung der Hanns-Seidel-Stiftung und des Arbeitskreises Politik und Religion der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) dazu eine Fachtagung statt. Dies ist der Vortrag zu "Kaiser Karl V. - Ein Patron des christlichen Abendlands", der auf dieser Tagung am 4. Oktober 2022 gehalten worden ist.
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Seitenzahl: 25
Meiner Frau Katja und meinen Kinder Bernadette und Benedikt in Liebe gewidmet.
Der Begriff des Abendlands kehrt zurück. War dieser Topos in der politischen Auseinandersetzung in den 1950er Jahren durchaus gängig, so verschwand er Mitte der 1960er Jahre und kehrt jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder.1
Beispiele sind nicht nur die rechtspopulistischen Demonstrationen in Dresden vor einigen Jahren unter dem Veranstalter-Namen „Pegida“ – sogenannte „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands“.
Auch im eher konservativen Katholizismus findet sich eine Wiederkehr des Begriffes Abendland. Der katholische Redakteur, Publizist und Autor Paul Badde, der sowohl für die Tageszeitungen „Welt“ und „Frankfurter Allgemeine“ als auch für die katholische „Tagespost“ und das „Vatikan-Magazin“ tätig war, gab ein 1999 unter dem Titel „Die himmlische Stadt – Der Abendländische Traum von der gerechten Gesellschaft“2 im Jahre 2020 neu heraus unter dem schlichteren Titel „Abendland. Die Geschichte einer Sehnsucht“.3
Auf der politischen Rechten ist der belgische Historiker David Engels ein Beispiel für die Rückkehr des Begriffes. Engels wirbt in seinen Schriften und seinem Wirken für eine Erneuerung des abendländischen Gedankens und versucht, das Erbe Oswald Spenglers zu vergegenwärtigen und gemeinsame Wurzeln Europas zu suchen. Dabei sammelt er Autoren aus dem Kreis des europäischen politischen Konservativismus bis in die Reihen der sogenannten neuen Rechten um sich.4
Sodann zeigt sich die Suche nach geistlichen Wurzeln eines christlichen Europas im Kreis katholischer Intellektueller, so etwa im Sammelband „Europäische Spiritualität. Kontemplation im Wirken“, herausgegeben von Sr. Maura Zatonyi OSB von der Abtei St. Hildegard in Eibingen/Rüdesheim und der
St. Hildegard-Akademie.5 Wenn Abendland als Synonym für ein christlich geprägtes Europa verstanden wird, werden in diesem Band z. B. der Ordensgründer Benedikt von Nursia oder Hildegard von Bingen als Wegbereiter eines christlichen Europa genannt. Im zuletzt genannten Sammelband werden die Ursprünge einer sich abendländisch verstehenden Europäischen Christenheit in den Pilgerwegen, u.a. nach Santiago de Compostela und im Kreuzzugsgedanken gesehen. Diesen Ursprung europäischen Denkens in den vielfältigen Wegen zum Grab des Apostels Jakobus in Nordspanien hat bereits 1999 Otto von Habsburg gesehen. 6 Damit war er zum einen ein guter Beobachter des Lebens auf dem Pilgerweg, zum anderen war er seiner Zeit voraus, verbinden viele die Aktualität des Pilgerns nach Santiago, gerade im deutschsprachigen Bereich, mit dem Buch des Komikers Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“7, erschienen 2006. In den Aufsätzen des Sammelbandes findet sich auch das von Otto von Habsburg und seinem Vorgänger als Präsident der Paneuropa Union, Richard Graf Coudenhove-Kalergi gebrauchte Bild8, das christliche Abendland habe als Fundament die drei Hügel Golgota, Akropolis und Kapitol, also Christentum, griechische Philosophie und römisches Recht.9
Otto von Habsburg war es auch, der den habsburgischen Kaiser Karl V. als einen Patron eines christlich-katholisch geprägten gemeinsamen Europas in den 1950er und 1960er Jahren propagierte.