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Der Titel geht auf einen Vortrag an der Universität Erfurt im Jahre 2017 anlässlich der Tagung "Gezähnte Geschichte - Die Briefmarke als historische Quelle" zurück und stellt die Verwendung des Motivs Kaiser Karl V. auf Briefmarken, Münzen und Banknoten dar und erforscht die politischen Hintergründe für die Inanspruchnahme des Kaisers der Reformationszeit als Vorbild für die poliitsche Einigung Europas.
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Seitenzahl: 25
Von Karl dem Großen zu Karl V. – Erinnerungspolitik nach 1945
Kaiser Karl V. als Ahnherr Europas?
Kaiser Karl V. als Briefmarkenmotiv
Karl V. auf Münzen und Banknoten
Spanische Sondermarken zum 400. Todestag Karls V. 1958
Die Sondermarken aus dem Jahre 2000 als europapolitisches Bekenntnis
Ein weiteres Jubiläum im Jahre 2020 – 500 Jahre Krönung Kaiser Karls V.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in christlich-konservativen Kreisen Karl der Große als Vorbild für die Europäische Einigung präsentiert und populär gemacht.1
Dabei bezog man sich auf die schon in den zeitgenössischen Lebensbeschreibungen Karls verwendete Bezeichnung „pater europae“. Die Karlsrezeption erlebte nach 1945 eine neue Ausrichtung. Hatte sich in der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges noch Adolf Hitler auf Karl berufen2, wurde nun in Karl die Leitfigur des christlich-europäischen Abendlandes gesehen und er zur Symbolgestalt für ein westlich-transnationales Europa stilisiert. Deutlich zum Ausdruck kommt dies in der Begründung des jährlich in Aachen verliehenen Europäischen Karlspreis. Karl der Große war für die Begründer dieses Preises jedoch mehr als nur ein Namensgeber. Mit der Bezeichnung "Karlspreis" wurde auch die Idee des christlichen Abendlandes in die Gründungsproklamation für die Auszeichnung aufgenommen, und zwar in einem doppelten Sinne: Einerseits rückblickend auf das Karolingische Reich als Sinnbild für die Einheit von Grundwerten und Regeln in Sprache, Währung, Verwaltung, Religion, Kultur und Gesetzen. Andererseits fungierte die Idee des christlichen Abendlandes als Leitgedanke für die künftige politische und wirtschaftliche Einigung Europas in Konfrontation zum kommunistischen dominierten östlichen Europa unter der Führung der Sowjetunion.
In den 1950er Jahren geschah nun Gleiches auch mit dem Kaiser des Reformationszeitalters, Karl V. (1500-1558).3 Auch in Karl V. wurde vor allem in katholisch-konservativen Kreisen des letzten Kaisers einer noch nicht konfessionell gespaltenen mitteleuropäischen Christenheit gedacht, der um die Einheit im Glauben gerungen hat sowie des Kaisers, der die europäische Christenheit gegen das expandierende Osmanische Reich zu verteidigen suchte. In den strikt antikommunistischen Kreisen der Abendländischen Bewegung wurde dies auf die Frontstellung des Westens im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion angewendet. Karl V., 1500 in Gent geboren, 1558 in Yuste in Spanien gestorben, mit habsburgischen, burgundischen und spanischen Vorfahren, mehrsprachig aufgewachsen und Herrscher über Burgund, Spanien, die habsburgischen Erblande und als Kaiser des Heiligen Römischen Reichs konnte als „wahrer Europäer“ gedeutet werden.
1 Georg Paul Hefty: Der Internationale Karlspreis zu Aachen, in: Pim den Boer, Heinz Duchardt, Georg Kreis, Wolfgang Schmale: Europäische Erinnerungsorte 2. Das Haus Europa, München 2012, S. 83-88.
Auf Briefmarken wurde an Karl den Großen nach 1945 z. B. auf Briefmarken in der französischen Besatzungszone/Rheinland-Pfalz, von der Deutschen Post, in Frankreich, Andorra, dem Vatikan oder Kroatien erinnert.
2 Johannes Fried: Karl der Große. Gewalt und Glaube, München 2013, S. 617-625.
3 Dieser Aufsatz geht auf einen Vortrag an der Universität Erfurt im Rahmen der Tagung „Gezähnte Geschichte – Die Briefmarke als historische Quelle“ am 14. Oktober 2017 zurück. Siehe: https://projekte.uni-erfurt.de/gezaehnte_geschichte/programm/ und: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2017, Nr. 247, S. 14 „Viktoria fällt kein Zacken aus der Krone“.