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In einer Welt, in der alle gegen sie sind, brauchen sie ein Wunder. Niemand erwartet, die Rettung in einer verlassenen, einsturzgefährdeten Stadt zu finden. Und doch passiert genau das, als sie in die Stadt „Miracle“ in Oregon ziehen. Kellach Alder hatte in seinem Leben nie die Chance, der Mann zu sein, der er hätte sein können. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass er sich erheben und zu dem werden musste, der er sein wollte, um von anderen in einem neuen Licht gesehen zu werden. Trygg Snow hat den Auftrag, Kellach und seine Freunde zu töten. Aber tief in seinem Inneren weiß Trygg bereits, dass er dazu nicht fähig sein wird, sobald er seinem Gefährten von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Wenn der Pumawandler Kellach doch nur an dem Umstand vorbeisehen könnte, dass Trygg ein Wolfwandler ist. Allen Widrigkeiten und einer ganzen Armee auf dem Vernichtungsfeldzug zum Trotz müssen Trygg und Kellach ihre Differenzen überwinden, wenn sie überleben wollen. Und das bedeutet: keine Klischees mehr! Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Länge: rund 33.000 Wörter
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Epilog
ÜBER SHEA BALIK
LESEPROBE:
Keine Klischees mehr
In einer Welt, in der alle gegen sie sind, brauchen sie ein Wunder. Niemand erwartet, die Rettung in einer verlassenen, einsturzgefährdeten Stadt zu finden. Und doch passiert genau das, als sie in die Stadt „Miracle“ in Oregon ziehen.
Kellach Alder hatte in seinem Leben nie die Chance, der Mann zu sein, der er hätte sein können. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass er sich erheben und zu dem werden musste, der er sein wollte, um von anderen in einem neuen Licht gesehen zu werden.
Trygg Snow hat den Auftrag, Kellach und seine Freunde zu töten. Aber tief in seinem Inneren weiß Trygg bereits, dass er dazu nicht fähig sein wird, sobald er seinem Gefährten von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Wenn der Pumawandler Kellach doch nur an dem Umstand vorbeisehen könnte, dass Trygg ein Wolfwandler ist.
Allen Widrigkeiten und einer ganzen Armee auf dem Vernichtungsfeldzug zum Trotz müssen Trygg und Kellach ihre Differenzen überwinden, wenn sie überleben wollen. Und das bedeutet: keine Klischees mehr!
Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein.
Länge: rund 33.000 Wörter
SHEA BALIK
Keine Klischees mehr
Miracle, Oregon 4
Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene
ME AND THE MUSE PUBLISHING
www.meandthemuse.com
Copyright © der englischen Originalausgabe „Overcoming Stereotypes“:
Shea Balik
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe und veröffentlicht von:
Me and the Muse Publishing – Sage Marlowe
Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, 2021
Copyright © Cover Design: Sinfully Sweet Designs
Übersetzt von: Betti Gefecht
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„Das ist nicht fair“, beschwerte Kellach sich bei Harper und Jari. Er saß am Tresen in der Mausefalle, dem Diner, das seine Freunde kürzlich eröffnet hatten.
„Was ist los?“, fragte Harper, der gerade mehrere frischgebackene Kuchen in die gläserne Kühlvitrine hinter dem Tresen sortierte.
Kellachs Magen knurrte beim Anblick seines Lieblingskuchens – Schokoladencremetorte mit einer dicken Schicht Schlagsahne und Schokoraspeln obendrauf. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. „Ich nehme ein Stück von der Schokotorte.“
Harper grinste, zog den Kuchen wieder aus der Vitrine und schnitt ein Stück heraus. Sobald Harper den Kuchenteller vor Kellach abgestellt hatte, machte der sich darüber her. Er stöhnte, als die cremige Schokolade mit Sahne auf seine Zunge traf. „Fantastisch wie immer, Harper“, lobte Kellach, nachdem er den ersten Happen heruntergeschluckt hatte. Er musste dringend aufhören, so wie jetzt seinen Frust wegzuessen, sonst würde er nur dick werden.
„Also, erzählst du uns jetzt, was nicht fair ist, oder müssen wir raten?“, fragte Jari.
Eigentlich hatte Kellach gar nicht herumjammern wollen und mehr oder weniger darauf gebaut, dass seine Freunde nicht weiter darauf eingehen würden, aber wie üblich war das Glück nicht auf Kellachs Seite. Sein Vater hatte ihm stets eingebläut, dass „echte Männer“ nicht jammerten. Er war bis heute nicht sicher, was damit eigentlich gemeint war, aber er hatte den starken Verdacht, dass es ein Seitenhieb auf seine besondere, beinahe feminine Anmut gewesen war.
Wieso es seine Schuld war, dass er dichte, lange Wimpern hatte, hohe Wangenknochen und üppige Lippen, wusste Kellach nicht, aber der Ausdruck von Abscheu im Gesicht seines Vaters hatte immer ausgereicht, um ihm das Gefühl zu geben, dass es irgendwie sein Fehler war.
Da er an seinem Aussehen nicht viel ändern konnte, hatte Kellach sich alles andere, was sein Vater ihm über echte Männer gepredigt hatte, umso mehr zu Herzen genommen. Dazu gehörte, sich nicht zu beklagen, nicht einmal dann, wenn der eigene Vater ihn halb totschlug, weil Kellach einen anderen Mann geküsst hatte.
Kellach schüttelte den Kopf, um die morbiden Erinnerungen loszuwerden, und antwortete Jari: „Ach, nichts Bestimmtes. Ich glaube, ich weiß einfach nur nichts Rechtes mit mir anzufangen.“
„Ich dachte, du hilfst beim Bau des Lebensmittelladens nebenan?“, fragte Harper.
Kellach versuchte, ein genervtes Stöhnen zu unterdrücken, konnte sich aber nicht helfen. Er hasste es, auf dem Bau zu arbeiten. Es gab nur eine Arbeit, die er noch mehr verabscheute, und das war Kochen. Was wahrscheinlich daher rührte, dass er die meiste Zeit seines Lebens dazu gezwungen worden war, weil der Alpha seines alten Rudels der Meinung gewesen war, dass Kellach in die Küche gehörte. „Er sieht aus wie eine Frau, da soll er auch Frauenarbeit machen“, hatte er getönt.
Dabei verstand Kellach gar nicht, wieso sein Alpha Kochen für Frauenarbeit gehalten hatte – es war verdammt anstrengend, Mahlzeiten für ein ganzes Rudel von Gestaltwandlern zuzubereiten. Es beeindruckte ihn ungemein, wie Jari die riesigen, bis zum Rand gefüllten Kochtöpfe durch die Gegend wuchtete, die man brauchte, um so viele Männer mit nahezu bodenlosen Mägen satt zu bekommen.
Jari lachte. „Irgendwie habe ich das Gefühl, Holz zusammenzunageln, ist nicht so Kellachs Ding.“
„Nee. Aber ich hätte nichts dagegen, mal genagelt zu werden“, murmelte Kellach. Harper verschluckte sich an dem Wasser, das er gerade trank, und erst dadurch wurde Kellach bewusst, dass er das laut gesagt hatte.
Verdammt, was ist nur los mit mir, dass ich meine Gedanken heute nicht für mich behalten kann?
„Vielleicht liegt es daran, dass du die ganze Zeit immer alles in dich hineingefressen hast“, antwortete Jari.
„Scheiße!“ Schon wieder! Dieses Mal gab Kellach es auf, seine Gedanken für sich behalten zu wollen. Es hatte keinen Zweck; er schien heute einfach einen schweren Fall von verbaler Inkontinenz zu haben. „Ignoriert mich einfach“, sagte er. „Ich habe irgendwie einen schlechten Tag.“
Es war eine lahme Ausrede, aber ihm fiel nichts Besseres ein. Vielleicht hatte Jari recht. Kellach hatte sein ganzes Leben lang auf alles achten müssen, was er sagte oder tat, aus Angst vor der Strafe seines Vaters. Jetzt, da er in relativer Sicherheit lebte, weigerten sich die Worte, die er so lange unterdrückt hatte, länger im Verborgenen zu bleiben.
Harper und Jari kicherten. „Okay, also auf dem Bau gefällt es dir nicht, und aus irgendeinem unverständlichen Grund sind die Männer hier entweder blind oder zu dämlich, um mit dir schlafen zu wollen.“
Es war nicht so, dass keiner der Männer Interesse signalisiert hätte, aber Kellach war ein gebranntes Kind. Wer konnte ihm das vorwerfen? Als Kellach das letzte Mal einen Mann auch nur geküsst hatte, war er von seinem Vater dafür fast zu Tode geprügelt worden.
Kellach und seine fünf besten Freunde waren alle schwul, was in der Welt der Gestaltwandler als absolutes Verbrechen galt. Warum, das konnte niemand erklären, denn manchmal waren durch das Schicksal füreinander bestimmte Gefährten vom selben Geschlecht. Aber das Wandlergesetz war eindeutig – sich als homosexuell zu outen, bedeutete den sicheren Tod.
„Aber ich habe gehört, wie Crash dich erst neulich gefragt hat, ob du mit ihm ausgehst“, sagte Harper.
Beide Männer schauten Kellach fragend an. Er hätte wirklich den Mund halten sollen. Wann würde er es jemals lernen?
„Was lernen?“, fragte Iniko, der in diesem Moment aus der Küche kam. Als Kellach verzweifelt den Kopf schüttelte und versuchte, einfach gar keine weiteren Gedanken mehr zu haben, damit ihm nicht noch etwas herausrutschte, wandte Iniko sich an Jari und Harper. „Okay. Also, ich habe für die Jungs, die morgen in die Stadt fahren, eine Liste gemacht mit allem, was ihr braucht. Fällt euch irgendetwas ein, was ich noch hinzufügen muss?“
Harper nickte. „Einer von den Männern erwähnte, dass er gern Kürbiskuchen hätte. Ich weiß, die Saison ist fast vorbei, aber ich hatte gehofft, wenigstens zwanzig Kürbisse zum Backen zu bekommen.“
Iniko schrieb Harpers Wunsch auf, und danach auch noch ein paar Dinge, die Jari hinzufügte. „Chadwicks Einschätzung zufolge sollte mein Laden in einer Woche oder so eröffnen können. Ich würde irgendwann gern mit euch beiden festlegen, welche Waren ich ständig vorrätig haben sollte.“
Kellach bemühte sich, nicht eifersüchtig darauf zu sein, dass ein weiterer seiner Freunde für sich herausgefunden hatte, worin er gut war. Iniko war ein Meister im Organisieren. Zur Zeit unterstützte er Jari und Harper dabei, das Diner immer gut bestückt zu halten, und demnächst würde er sein eigenes Lebensmittelgeschäft betreiben. Wie gut es sich auch anhörte, endlich einmal flachgelegt zu werden – Kellach hätte wirklich viel lieber herausgefunden, was er mit seinem Leben anfangen wollte.
„Äh“, sagte Iniko zu Kellach gewandt. „Wir haben hier eine ganze Stadt voller heißer, überwiegend verfügbarer Männer, und bei jemandem, der so sexy ist wie du, sollte es wirklich nicht schwierig sein, sich flachlegen zu lassen.“
Kellach seufzte und ließ den Kopf auf den Tresen fallen, als ihm klar wurde, dass er schon wieder seine Gedanken laut ausgesprochen hatte. Seine Stirn verfehlte nur knapp das halb gegessene Stück Kuchen.
Jari lachte. „Nun sei nicht so dramatisch. Zumindest unterhältst du uns köstlich mit dem, was aus deinem Mund kommt.“
„Na, toll!“, murmelte Kellach. „Genau, was ich wollte – unterhaltsam sein.“
Auf der anderen Seite hatte er wirklich keine Ahnung, was er tun wollte, warum also nicht als Entertainer arbeiten? Das Dumme war nur, er hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. Fast sein ganzes Leben lang hatte er in der Angst gelebt, jemand im Rudel könnte herausfinden, dass er schwul war. Das permanente Risiko, dafür getötet zu werden, ließ einen dazu neigen, sich so bedeckt wie möglich zu halten.
Die kleine Glocke über der Tür bimmelte, aber Kellach machte sich nicht die Mühe nachzusehen, wer hereinkam. Es scherte ihn nicht mehr, vor wem er sich noch blamieren würde, weil er einfach nicht seinen Mund halten konnte.
Jari begrüßte den Neuankömmling, aber Kellach konnte nicht hören, was genau gesagt wurde, weil Harper anfing, Iniko den Rest von Kellachs Problemen zu erläutern. „Kellach hat Schwierigkeiten, sich darüber klar zu werden, was er mit seinem Leben anfangen will. Offenbar hasst er die Arbeit auf dem Bau genauso sehr wie Kochen, insofern scheidet beides aus.“
„Tja, das sollte doch nicht so kompliziert sein“, sagte Iniko, als wäre das ganz offensichtlich. „Was würdest du denn gerne tun?“
Kellach hob den Kopf und öffnete den Mund, um zu antworten, aber es kam kein Ton heraus. Sein Mund klappte wieder zu, und er dachte über Inikos Frage nach. Es war eine traurige Tatsache, dass Kellach nicht die geringste Ahnung hatte. Es war ihm nie erlaubt gewesen, einfach zu tun, worauf er Lust hatte oder was ihm Spaß machte. Wenn er nicht für das Rudel gekocht hatte, war ihm eigentlich keine Zeit für irgendetwas anderes geblieben als zu schlafen.
Nun, das stimmte nicht ganz. Der hauptsächliche Grund, dass er so gut wie keine Zeit übrig gehabt hatte, war, dass er jede freie Minute für das Kampftraining mit seinen Freunden geopfert hatte. Edrick, Lucca, Chadwick, Hudson und Kellach waren Freunde, seit sie noch in den Windeln gesteckt hatten.
Im Alter von fünf hatte Chadwick angefangen, davon zu reden, seinen männlichen Gefährten zu finden, und seine Mutter hatte sie alle gewarnt, niemals auch nur ein Wort darüber vor irgendwem fallen zu lassen. Damals hatten sie erstmals begriffen, was es bedeutet, in der harten Realität der Gestaltwandler zu leben. Schon bald danach wurde es offensichtlich, dass sie alle fünf schwul waren – auch wenn nicht jeder von ihnen es gleich zugab.
In dem Wissen, dass sie eines Tages höchstwahrscheinlich um ihr Leben kämpfen müssen würden, hatten Kellach und seine Freunde nicht nur angefangen, Selbstverteidigung zu trainieren, sondern auch einen Fluchtplan vorbereitet. Vor einigen Jahren hatte Edrick Miracle im Bundesstaat Oregon entdeckt, eine verlassene Stadt, die zum Verkauf stand.
Mithilfe von Scheinfirmen hatte das Computergenie Edrick, der sich von Berufs wegen selbst in die sichersten Regierungsdatenbanken der Welt hackte, die Stadt gekauft. Sie alle wussten, sie würden sich nicht ewig verstecken können – nicht in einer Welt, in der Computer alles beherrschten – aber es würde ihnen Zeit verschaffen, sich eine eigene Stadt aufzubauen, die jedem offenstand, ganz gleich welcher sexuellen Orientierung.
„Ich weiß es nicht!“, rief Kellach schließlich aus und ließ seine Stirn erneut auf den Tresen krachen. Er war ein hoffnungsloser Fall.
„Nein, das bist du nicht“, beharrte Harper.
Na, toll. Er konnte immer noch nicht den Mund halten.
„Okay, lasst uns das Ganze mal anders angehen“, schlug Iniko vor. „Bis jetzt hat Miracle ein Diner, und demnächst kommt ein Lebensmittelladen dazu. Was braucht eine Stadt sonst noch?“
„Ein Kino“, antwortete Jari, bevor er in der Küche verschwand.
„Einen Tanzclub“, schlug Harper vor und fing an, zu einem imaginären Beat die Hüften zu schwingen.
Iniko seufzte und verdrehte die Augen. „Ernsthaft jetzt? Wie sollen wir denn hier ein Kino eröffnen? Es leben, wenn’s hoch kommt, vielleicht fünfzig Männer hier. Mit einem Tanzclub wäre es dasselbe“, entgegnete er, worauf Harper schmollend die Unterlippe vorschob.
„Wie wäre es mit einer Bowlingbahn?“, rief Jari aus der Küchendurchreiche. „Wir brauchen doch auch irgendetwas in dieser Stadt, was Spaß macht.“
„Und du findest, dass Bowling Spaß macht?“, fragte Iniko sarkastisch. „Selbst, wenn es so wäre – und ich kann dir versichern, dass es nicht so ist – vergiss nicht, dass die meisten Gestaltwandler hier unheimlich stark sind. Sie würden wahrscheinlich in Nullkommanichts die Kegel zerstören, sie in tausend Stücke brechen.“
Jari nickte. „Du hast recht. Es sind wilde Tiere! Trotzdem brauchen wir in der Stadt irgendetwas außer Essen und Bauen, was man unternehmen kann.“
„Oh“, rief Harper aufgeregt. „Was ist mit einer Rollschuhbahn?“
Kellach konnte sich nicht helfen; er musste laut lachen. „Ich kann es mir lebhaft vorstellen … Kirill auf Rollschuhen, wie er mit den Armen rudert“, sagte er. Kirill war Harpers Gefährte, ein Eisbärwandler.
Iniko lachte ebenfalls und schlug mit der Hand auf den Tresen. „Jedes Mal, wenn er hinfällt, wackelt die ganze Rollschuhbahn!“ Kirill war über zwei Meter zehn groß und wog mehr als dreihundert Pfund. Der Mann war gigantisch und bestand nur aus Muskeln. Er sah aus, als könnte er ganz allein einen Wal verspeisen.
„Das ist nicht witzig“, sagte Harper und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sofort tat es Kellach leid, sich über Harpers Gefährten lustig gemacht zu haben. Nicht wegen Kirill – der hätte wahrscheinlich selbst herzlich gelacht – aber Harper hatte es nicht leicht gehabt. Sein eigener Bruder, der ehemalige Alpha seiner Mauskolonie, hatte ihn durch seine Wachen vergewaltigen lassen, nur weil Harper schwul war. Dass der Alpha selbst homosexuell gewesen war, hatte keinen Unterschied gemacht.
„Was haltet ihr von einer Kneipe mit einem Pooltisch“, mischte sich eine rauchige Stimme ein paar Tische weiter ein.
Kellach erschauerte, als der sexy Klang sich wie eine warme Decke um seinen Körper legte und in seinen Eiern kribbelte. Allerdings weigerte Kellach sich bis heute, einen Mann an sich heranzulassen, nachdem sein eigener Vater ihn nur wegen eines Kusses beinahe umgebracht hatte. Es war ihm gleich, wie sexy die Stimme dieses Kerls war – er würde sich nie wieder in einen Mann verlieben.
„Ich bin froh, dass du meine Stimme sexy findest“, sagte der sündig klingende Mann mit einem leisen Lachen.
Kellach schloss bestürzt die Augen. Ohne sich darum zu bemühen, seine Gedanken für sich zu behalten, sagte er: „Oh Mann, kann mich bitte jemand erschießen?“
„Oh Mann, kann mich bitte jemand erschießen?“, sagte Kellach, worüber Trygg Snow nur noch mehr lachen musste.
Er war mit einer ganz bestimmten Mission nach Miracle gekommen. Eine Mission, die höchstwahrscheinlich zu seinem Tod führen würde, aber ein paar Minuten mit diesem sexy Mann wären das wert. Es war, als hätte Trygg sein ganzes Leben lang nach Kellach gesucht, und jetzt, da er ihn gefunden hatte, spielte alles andere keine Rolle mehr. Nicht der Umstand, dass er für den Rat der Gestaltwandler arbeitete. Nicht der Umstand, dass er viele Dinge getan hatte, auf die er alles andere als stolz war. Nicht einmal der Umstand, dass er hergeschickt worden war, um den einen zu töten, dem er niemals etwas antun könnte.
Seinen Gefährten.
Wahrscheinlich klang er ein wenig zu eingebildet, nachdem er seinen Gefährten sagen gehört hatte, seine Stimme wäre sexy, als Trygg scherzte: „Keine Sorge, mein schönes Kätzchen, wir werden niemandem verraten, wie sehr dir meine Stimme gefällt.“
Er sah, wie sich Kellachs ganzer Körper verspannte. Dann drehte Kellach sich auf seinem Stuhl um und schaute Trygg an, und es war, als würde der Himmel aufreißen. Die ganze Welt war plötzlich heller, als Trygg seinen ersten richtigen Blick auf den wunderschönen Mann warf. Obwohl er Kellach bereits auf einem Bild gesehen hatte, ließ sich nichts damit vergleichen, ihn in Fleisch und Blut vor sich zu haben.
Sein dunkles Haar war an den Seiten geschoren, aber oben auf dem Kopf war es lang und fiel zu einer Seite, als wäre Kellach so oft mit den Fingern hindurchgefahren, dass das Haarspray es nicht länger aufrecht halten konnte. Perfekt geformte Augenbrauen wölbten sich über lavendelfarbenen Augen, von denen Trygg auf der Stelle wie hypnotisiert war.
Kellachs Wangenknochen, seine vollen Lippen und die unfassbar langen, dunklen Wimpern verliehen ihm eine fast feminine Ausstrahlung. Aber alles andere an ihm war ganz Mann. Sicher, er war nicht sehr groß – in der Akte, die Trygg über ihn besaß, hieß es, er wäre nur eins-siebzig groß und etwa hundertzwanzig Pfund schwer – was die Akte jedoch nicht erwähnte, war, dass jeder Quadratzentimeter seines herrlichen Körpers aus schlanken, definierten Muskeln bestand und er die Ausstrahlung eines Mannes hatte, der sich in einem Kampf zu behaupten wusste.
„Schmeichele dir nicht selbst, Hund“, erwiderte Kellach grimmig, auch wenn die lavendelfarbenen Augen ein wenig größer wurden, als er Trygg erstmals erblickte.
Trygg grinste über die Art und Weise, wie sein Gefährte sich gegen ihn sträubte. Sicher, am liebsten wäre es ihm gewesen, Kellach wäre zu ihm gekommen und hätte sich ihm auf einem Silbertablett dargeboten, aber auf der anderen Seite wäre das auch langweilig gewesen. Sexuell befriedigend, aber langweilig.