Kleine Dinge des Alltags - Axel Becker - E-Book

Kleine Dinge des Alltags E-Book

Axel Becker

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Beschreibung

Eine Handvoll Buntes. Wie bin ich zu der Person geworden geworden, die ich heute bin? Was waren die Einflüsse? Nur die Erziehung? Oder haben mich einzelner Erlebnisse geprägt? Oder haben sie lediglich "geholfen" ? Ich will nicht urteilen, will nicht Erlebtes mit Heute vergleichen oder gar interpretieren. Jedoch bin ich überzeugt, dass sich viele in diesen einfachen völlig ungeordneten Geschichten in der einen oder anderen Form wiederfinden werden.

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Unmerklich reiht sich Tag an Tag. So bist du entstanden, Vergangenheit.

Yosa Buson

Wahrscheinlich hat sich das Jeder schon mal gefragt und zurückblickend überlegt:

„Hätte ich doch damals nur... was wäre gewesen wenn… hätte ich damals nur JA oder NEIN gesagt…?

Hätte diese oder jene Entscheidung den Lauf der Ereignisse eine andere Richtung gegeben?

Vieles ist nun mal vergangen und wird nicht wiederkommen. Man blickt zurück auf Puzzle Teile der Vergangenheit. Plötzlich wird die Vergangenheit zu Leben erweckt als wäre es gestern gewesen.

Also +habe ich die Schnipsel der Vergangenheit in diesem kleinen Büchlein zusammengestellt. Die Ereignisse und Entscheidungen habe ich nicht bewertet, nicht betrauert, nicht gelobt, nicht beurteilt

Benjamin Stramke sagt, „Realität ist das Ergebnis aller vergangenen Entscheidungen“.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Erlebnisse können Erfolge erzielen

Zwei Welten treffen aufeinander

Ein Job ist ein Job

Die Sache mit der Religion

Guten Morgen. Geht`s gut?

Das Endstück

Ralf

Der Kummerkasten

Vergangenes wirkt nach

Der Schulaufsatz

68-er

Der Schützenbund

Die Chasseuse

Wie man sich täuschen kann.

Die ehemalige Hauptstadt

Der Herr Rektor

Kurzausflug mit dem Töff

Freiheit hat viele Facetten.

Politiker sind Händler in Versprechungen.

AB und AB

Pro und Contra

Flink wie ein Wiesel

Vorwort

Man fängt einen Aufsatz in der Schule nicht mit ICH an!

Diese Regel aus meiner Schulzeit habe ich nie vergessen, hab mich immer dran gehalten und irgendwie habe ich es trotzdem nie so richtig verstanden.

Erst als ich selber zurück blickte und mich zu fragen begann ,wie sich mein Leben als mir bestimmte Dinge bewusster wurden, die mein Leben geprägt hatten, wollte ich wissen, wie es andere gehalten hatten mit dem „ICH“.

Also habe ich in diversen Biographien zu lesen begonnen und viele habe ich gefunden, die mit ICH anfingen. Bruce Springsteen, Mikis Theodorakis, Wolfgang Ambrust und viele weitere hatten in den ersten Sätzen ihrer Biografien dieses „ICH“ gewählt.

In meiner Kindheit habe ich Karl May regelrecht verschlungen und dort war ein Roman dabei, der mit ICH begann und sogar den Titel „ICH“ trug. Eine Selbstbiografie von Karl May, die mich in meinen jüngeren Jahren nicht interessiert hatte. Und dann hatte mich der Lebenslauf einer meiner Lehrer aus der Zeit der Volksschule überzeugt! Er hatte ein Buch mit Kurzgeschichten in Allemannisch geschrieben und sein Lebenslauf trug die Überschrift:

I über mi

Warum sollte es denn auch falsch sein?

Es gibt ein Hindi Sprichwort, das lautet:

„Die Vergangenheit das sind wir selbst“.

Warum also nicht mit ICH anfangen, wenn es doch um mich geht?

Ich begann mich - wie in Teenagerzeiten - wieder gegen Konventionen aufzulehnen. Zu meinen Studienzeiten hatte ich das gemacht, als ich am sogenannten „Dies academicus“ in Basel eingestimmt habe in das Geschrei der damaligen Mitläufer und ebenfalls gegrölt habe „Unter den Talaren der Staub von hundert Jahren“.

Und dann habe ich in neuester Zeit, eine Autobiografie gefunden, eine aktuellere Autobiografie, die wieder mit ICH begann!

Aha! Also der auch!

Aber diese Person hatte sich zumindest über das erste Wort seiner Biografie, an das ICH, Gedanken gemacht. Es war Gregor Gysi mit „Ein Leben ist zu wenig“. Er beginnt mit den Worten „Ich kann von meinem Leben nicht behaupten, es verlaufe ruhig.“

Er hat es erklärt, dass er die Biografie trotzdem in dieser Form begonnen hat. Ja regelrecht zum Trotz. Auch jemand der sich auflehnt!

Also ist plötzlich diese Last von mir gefallen und ich habe dieses Büchlein auch mit ICH begonnen. Es ist jetzt nicht mehr nötig, sich aufzulehnen gegen Konventionen.

Die Geschichten dieses kleinen Büchleins decken Erlebnisse von meiner Kindheit bis heute ab, ohne Rücksicht auf die Chronologie zu nehmen.

Auch diese Art von kurzen Geschichten ist nicht „auf meinem Mist“ gewachsen.

Im Jahr 1900 erschien ein kleines Büchlein mit von Simplicissimus mit hundert derartigen Anekdoten. Und auch mein ehemaliger Lehrer Lederle hat 1996 einen Band mit Kurzgeschichten veröffentlicht. Zudem glaube ich, dass man sich – je älter man wird - immer weniger ändert. Also kann auch ich jetzt so langsam mal getrost zurück blicken.

Also, wie mein Lehrer sagte, jetzt mal

„E baar Hampfle voll Gschichte“

Mein Heimatstädtchen, das manche auch liebevoll als „Vaterunser Loch“ bezeichnen.

Erlebnisse können Erfolge und Bildungsprozesse erzielen, wo andere Hilfsmittel nicht wirken!

Meine Oma, die bei meiner Erziehung deutlich mitgeredet hatte, wie ich mich erinnern kann, hatte in der Küche ein gesticktes Tuch hängen, weißes Leinen mit blauen und roten Kreuzstickereien.

Unter dem Tuch waren drei oder vier Trockentücher für den täglichen Gebrauch gehängt. Auf dem Tuch selber stand der Satz „die Küche ist der Hausfrau Reich, drum lieber Mann verschwinde gleich“. Und meine Oma war fest überzeugt, das musste dann auch so eingehalten werden.

Meine Mutter hatte offensichtlich ebenfalls Freude an solchen Stickereien. Sie hatte in unserem Hausgang einen ganz anderen Spruch aufgehängt.

„Niemand kann erreichen, Kindeszucht mit Streichen“

stand da.

Als Kind habe ich dies alles nicht beachtet aber viele Jahre später im Gymnasium ist es mir wieder begegnet, dieses kleine Bild in meinem Kopf mit den Sprüchen, die meine Mutter aufgehängt hatte.

Wir durften damals in Basel zu unserer bevorstehenden Maturaprüfung im Fach Geschichte zwei Spezialgebiete auswählen. Ich wählte damals Alexander der Große und die Minnesänger. Beim Studium der Minnesänger stieß ich auf einen Vers von Walter von der Vogelweide:

„Niemand kann mit Gerten, Kindeszucht behärten. Den man zehren bringen mag, dem ist ein Wort ein Slag.

Frei übersetzt:

Nimmer wird’s gelingen Zucht mit Ruten zu erzwingen, der zu Ehren kommen mag, dem gilt Wort so viel als ein Schlag.

Und schon damals fiel mir auf, dass meine Eltern in der Erziehung es immer so gehalten hatten. War sicher nicht leicht, aber ich habe nie Schläge bekommen, ich kann mich nicht an eine einzige Ohrfeige erinnern. Und das Ganze war so derart natürlich für mich, dass es wiederum völlig normal war.

Viele Jahre später, als meine Eltern bereits nicht mehr lebten, war ich eines Tages in einem großen Baumarkt in der Nähe meiner Wohnung und in der Nähe zu Frankreich. Ich war auf der Suche nach Nägel und Schrauben, lief suchend kreuz und quer durch die Gänge des Baumarktes.

Dann plötzlich stand vor mir eine Familie mit einem kleinen Kind. Sie umringten das Kind und diskutierten laut durcheinander.

Was der Junge angestellt hatte, weiss ich nicht mehr! Aber er bekam von seinem Vater ganz gehörige Schläge links und rechts an den Kopf. Seine Mutter und sein Opa schauten tatenlos zu.

Da wirkte meine Erziehung aus Kindertagen quasi automatisch nach! Keine Überlegung, keine Vorankündigung spielte da in irgendeiner Weise mit!

-„Kinder sollte man nicht schlagen!“, rief ich laut.

Umgehend kam die Reaktion auf meine Einmischung und ich wurde laut beschimpft und aus den Gängen, links und rechts, kamen weitere Familienmitglieder des Jungen herbei gerauscht und umringten mich.

Sofort wurde die Situation sehr bedrohlich. Ich war umringt von französisch sprechenden Algeriern, die von Minute zu Minute deutlich aggressiver wurden.

Ich musste die Security anfordern und die Polizei holen lassen. Was aus diesem ganzen Vorfall geworden ist, ich weiß es nicht. Ich weiß nur eins:

Erziehung bricht sich plötzlich Bahn und führt zu sehr spontanem Handeln.

War es richtig?

Ja, das war es! ich habe einige Zeit später Beifall gehört von anderen Kunden des Baumarkts, die den Vorfall mitbekommen hatten.

Aber ehrlich, eigentlich hatte meine Mutter den Beifall verdient und das war dann auch für mich genug!

Zwei Welten treffen aufeinander

Wer seine Vergangenheit leugnet, beweist, dass er nichts aus ihr gelernt hat. Erich Limpach, deutscher Dichter

Nach einigen Jahren harter Tätigkeit und Aufbau seiner Firma im Schwarzwald hatte mein Vater die nötigen finanziellen Mittel und konnte auf dem Feldberg für uns ein Wochenendhaus bauen.

Er, der von morgens bis abends seine Zeit im Büro seiner Firma verbrachte, hatte in meiner Kindheit nicht viel Zeit für mich. Kein gemeinsames Basteln, kein Schlittenfahren, keine Wanderungen.

Es war nicht leicht eine gute Beziehung zu ihm aufzubauen. Das Gleiche galt wohl auch umgekehrt. Lediglich jetzt nach dem Baubeginn, wenn er auf den Feldberg fuhr, um den Baufortschritt zu kontrollieren, durfte ich mitkommen. Es war spannend und interessant.

Wir gingen dann jeweils in ein Restaurant in der Nähe des Bauplatzes und ich bekam meine Cola und mein Vater sein Glas Grauburgunder.

Mein Vater unterhielt sich mit dem Wirt und ich hörte einfach zu. Klingt langweilig aber ich habe diese Zeiten mit meinem Vater trotzdem genossen.

Nicht nur, weil mein Vater jeweils stolz seinen Filius, wie er mich nannte, vorführte.

An einem dieser Tage kam ich von der Toilette zurück und sah, dass sich einige Straßenarbeiter in ihren bunten Arbeitskleidungen zu uns an den Stammtisch gesetzt hatten.

Und da, lernte ich meinen Vater plötzlich als ganz anderen Mann kennen.

Er kam mit einem der Männer ins Gespräch, sie unterhielten sich über etwas das ich nicht verstand. Zu dem auch noch in einer Sprache die ich ebenfalls nicht verstand. Aber sie schienen sich kreuzfidel und vergnügt zu unterhalten. Vergnügt war wirklich der richtige Ausdruck. Sie redeten von ihrer Schulzeit und trugen sich irgendwie gegenseitig Gedichts Verse vor, wie mir schien. Beide wirkten derart glücklich, dass sie offensichtlich alles um sich herum vergessen hatten.

Die übrigen am Tisch und selbst die Bedienungen von der Theke staunten. Alle schienen sich zu wundern, wie der Herr Direktor mit dem Straßenarbeiter Alois sich so trefflich verstand.

Dann mussten die Straßenarbeiter wieder zu ihren Schaufeln und Pickeln und mein Vater wandte sich mit auffällig glänzenden Augen wieder mir zu.

-„Entschuldige Junge fast hätte ich dich vergessen, aber hast du gesehen was Schulbildung bewirken kann? Wir haben uns richtig den Mund fusselig geredet, oder? Da spielt es plötzlich keine Rolle mehr, was man arbeitet. Was aus einem geworden ist, was man früher war. Plötzlich hat man etwas Gemeinsames! Hast du das gemerkt?“

Ich schaute ihn nur fragend an und er fuhr fort.