Kleinkinder fördern mit Maria Montessori - Claudia Schäfer - E-Book

Kleinkinder fördern mit Maria Montessori E-Book

Claudia Schäfer

4,4

Beschreibung

Das Buch leistet zweierlei: Es wendet die Grundgedanken der Montessori-Pädagogik auf die Erziehung der 0-3-Jährigen an, und es verknüpft dies mit den aktuellen Bildungs- und Erziehungsanforderungen. Aus dieser Perspektive macht die Autorin praxisnahe Vorschläge unter anderem zum sozialen Lernen, zur Sprachförderung und zur musikalischen Früherziehung. Sie zeigt, wie eine kleinkindgerechte Umgebung aussieht und welche Haltung gegenüber dem Kind Montessori von den Betreuungspersonen fordert.

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Claudia Schäfer

Kleinkinder fördern mit Maria Montessori

Impressum

Titel der Originalausgabe: Kleinkinder fördern mit Maria Montessori

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2006, 2009

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: R·M·E Roland Eschlbeck/​Rosemarie Kreuzer

Umschlagfoto und Fotos im Innenteil: Hartmut W. Schmidt, Freiburg

E-Book-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin

ISBN (E-Book): 978-3-451-80433-5

ISBN (Buch): 978-3-451-28932

Inhalt

Impressum

1. Einleitung

2. Maria Montessori und die Förderung der 0 - 3-Jährigen

3. Wie Kleinkinder sich entwickeln und lernen

3.1 Der innere Bauplan

3.1.1 Die sensiblen Phasen

3.1.2 Bestätigungen aus modernen Wissenschaften

3.1.3 Die Beschreibung der sensiblen Phase der 0 - 3-Jährigen

3.1.4 Wie die Entwicklung voranschreitet

3.1.5 Zusammenfassung der kindlichen Entwicklung

3.2 Ein besseres Verständnis von Entwicklung

4. Auch Kleinkinder haben ein Recht auf Erziehung und Bildung

4.1 Bildungspolitische Forderungen

4.2 Frühkindliche Förderung in Krabbelstuben und Kitas: Vorteile statt Vorurteile

5. Anregungen für eine kleinkindgerechte Umgebung in Krabbelstuben und Kindertagesstätten

5.1 Gruppenstruktur

5.2 Die Aufgaben einer Erzieherin für Kinder unter drei Jahren

5.2.1 Wie könnte das „Profil” einer Erzieherin für Kleinkinder aussehen?

5.2.2 Wie entwickelt sich eine gute Beziehung zum Kind?

5.2.3 Die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Erzieherinnen und Eltern

5.2.4 Die behutsame Eingewöhnung eines Kindes in die Gruppe

5.2.5 Die Gestaltung der Räume

5.2.6 Kleinkinder einfühlsam beobachten

5.2.7 Darbietung der Materialien und Übungen: „Hilf mir, es selbst zu tun”

5.3 Kriterien zur Auswahl der Übungen und Materialien für Kleinkinder

5.4 Material- und Übungsbeispiele

5.4.1 Anregungen für soziales und emotionales Lernen

5.4.2 Anreize für die kindliche Bewegung

5.4.3 Die Sinne anregen

5.4.4 Entspannungs- und Stilleübungen

5.4.5 Anregungen für die Sprachentwicklung

5.4.6 Musikalische Anregungen

5.4.7 Einen Mal-Ort anbieten

5.5 Freiheit als pädagogisches Prinzip

5.6 Ohne Belohnung und Bestrafung

6. Literatur

Fußnoten

1. Einleitung

Trotz internationaler Erkenntnisse darüber, wie lernfähig und kompetent bereits Kinder unter drei Jahren sind, verwundert es, dass in Deutschland immer noch die Bildung der 0-3-Jährigen zu wenig diskutiert wird und dass nur ca. 3% der in Kindertagesstätten betreuten Kinder unter 3 Jahre sind. Und an deutschen Hochschulen gibt es bisher noch keinen Lehrstuhl für die frühkindliche Förderung der 0-3-Jährigen.

Dabei haben große Psychologinnen und Pädagoginnen schon vor Jahrzehnten festgestellt, dass die ersten drei Lebensjahre die prägendsten und lernintensivsten Jahre sind. Gestärkt werden diese Aussagen über die besondere Entwicklungs- und Bildungsfähigkeit von Kleinkindern heute von der modernen Entwicklungspsychologie, der Säuglings- und der Hirnforschung.

Leider wurde bisher wenig dafür getan, die Erziehung und Bildung in der frühen Kindheit zu verbessern. Stattdessen halten sich - vor allem in Westdeutschland - bis heute zwei Vorurteile: Viele Erzieherinnen und Eltern sind zum einen der Meinung, dass Kinder unter 3 Jahren bei der Mutter aufwachsen sollten, und zum anderen, dass Kinder unter 3 Jahren noch nicht bildungsfähig seien. Hinzu kommt, dass niemand will, dass 0-3-Jährige ähnlich erzogen werden, wie wir es von unserem Schulsystem her kennen, uns aber überzeugende praktische Ideen für die Kleinkind-Bildung fehlen.

Zwar werden verstärkt bildungspolitische Forderungen nach mehr Plätzen für die Kleinkinderbetreuung laut, doch sie alleine reichen nicht aus, um den Bedürfnissen kleiner Kinder gerecht zu werden. Wir müssen erst einmal die Entwicklung und die Lernfähigkeit von Kindern unter drei Jahren besser verstehen, um zu überlegen, wie Erziehung und Bildung in der frühen Kindheit aussehen könnte.

Mein Buch möchte mit den Grundgedanken Maria Montessoris über die sensible Phase der 0-3-Jährigen (bestärkt durch moderne Forschungsergebnisse) die besondere Entwicklungs- und Lernfähigkeit der Kleinkinder näher beschreiben und aufzeigen, dass sich die Entwicklung und Reifung kleiner Kinder nicht nur über die Bindung an eine Bezugsperson vollzieht. Kleine Kinder brauchen mehr als ihre Mutter (bzw. eine Bezugsperson), Essen, ausreichend Schlaf und frische Luft. Schon ganz kleine Kinder brauchen entwicklungsangemessene Anreize in ihrer Umgebung für eigene Aktivitäten, damit ihre kindlichen Potenzialitäten und ihr Selbstbildungsprozess gefördert werden.

Ein Kind lernt von Geburt an beispielsweise die komplexe Muttersprache (und manche sogar zwei Sprachen) über verschiedene kleine Übungsschritte hinweg. Und es entdeckt und erforscht bereits mit wenigen Monaten intensiv seine Hände, verfeinert aktiv seine Feinmotorik, übt immer wieder seine Augen-Hand-Koordination, sodass es später einen Stift halten kann. Zweijährige ordnen und sortieren Gegenstände, was sie für die Mathematik vorbereitet. In den ersten drei Lebensjahren verfeinern Kinder alle ihre Sinne und Bewegungen, wodurch sich ihr Gehirn zu einem intelligenten Denkorgan strukturiert. Sie tun das zwar als „unbewusste Schöpfer”, jedoch als „vernünftige Wesen”.

Ein Kind verfügt über innere Anlagen und einen besonderen „Lernhunger”, doch diese Anlagen müssen durch Anregungen aus der Umwelt aktiviert werden. Somit nimmt die Umwelt, mit der ein Kleinkind in interaktiven Austausch tritt, großen Einfluss auf die gesamte Entwicklung und Bildung. Sie sollte auf die kindlichen entwicklungsbedingten Bedürfnisse antworten und nicht wichtige Entwicklungs- und Lernphasen ungenutzt verstreichen lassen.

Die Montessori-Methode macht genau diesen Versuch: Sie fragt danach, wie eine kindgerechte Umgebung gestaltet werden kann, in der sich jedes Kind seiner Persönlichkeit, seinen Möglichkeiten und seinem Rhythmus entsprechend optimal entfalten kann. In der Montessori-Pädagogik geht es darum, die Umgebung des Kindes zu verändern, und nicht, das Kind zu verändern oder zu verbessern.

„Wenn ich sehe, wie sich die Zahl von unartigen und schwierigen Kindern heute vermehrt, so erkenne ich, dass es sich nicht um eine Frage der Moral der Kinder handelt, etwas Schlechtes im Innern individueller Kinder. Es handelt sich um die Frage, wie die Welt um die Kinder herum sie beeinflusst.” (Montessori 1979, S.94)

Im ersten Teil dieses Buches finden Sie eine nähere Beschreibung der Entwicklung von Kindern unter drei Jahren, ihrer Bedürfnisse und Interessen. Im zweiten Teil sind praktische Ideen angeboten, wie wir eine kleinkindgerechte Umgebung in Kinderkrippen, Krabbelstuben und Kindertagesstätten gestalten können. Eine Umgebung, in der Erzieherinnen kleine Kinder mit Respekt und Verständnis begleiten, wo ihre natürliche Bewegungslust unterstützt wird und wo sie mit allen ihren Sinnen die Welt kennen lernen können.

Bitte erwarten Sie jedoch keine Patentrezepte oder ein fertiges Konzept für die Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit. Denn starre und einheitliche Konzepte werden den individuellen Bedürfnissen kleiner Kinder nicht gerecht.

Außerdem möchte das Buch keineswegs - obwohl es die Lern- bzw. Bildungsfähigkeit in der frühen Kindheit verdeutlicht - dazu ermuntern, kleine Kinder mit erhöhten Leistungserwartungen zu belasten.

Vielmehr möchte es zu einer Diskussion über Erziehung und Bildung anregen, die nicht mehr an bestehenden Vorurteilen gegenüber Kindern unter 3 Jahren festhält und mit einer veränderten Sicht über die Entwicklung kleiner Kinder neue pädagogische Wege entdeckt.

2.Maria Montessori und die Förderung der 0-3-Jährigen

Bisher ist die Montessori-Pädagogik in erster Linie für den Kindergarten- und Grundschulbereich bekannt und wenig für die Erziehung der Kinder unter drei Jahren. Obschon Maria Montessori (1870-1952, italienische Ärztin und Reformpädagogin) bereits vor vielen Jahrzehnten behauptete, dass kleine Kinder von Geburt an über viele „vernünftige” Betätigungen ihr inneres, geistiges Leben aufbauen.

„Das neugeborene Kind ist aber nicht einfach ein Tierlein, das man nähren muss, es ist von Geburt an ein Geschöpf mit Seele, und wenn man für sein Wohl sorgen will, genügt es nicht, seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen: man muss ihm auch einen Weg zur geistigen Entwicklung eröffnen, muss seine geistigen Regungen vom ersten Tag an achten und verstehen (…). Das Kind braucht eine ihm entsprechende Umgebung, damit alle seine Fähigkeiten sich durch Übung entwickeln können.” (Montessori 1954, S.27)

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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