Kochlöffel, Trecker und Beziehungskiste - Nella Beinen - E-Book

Kochlöffel, Trecker und Beziehungskiste E-Book

Nella Beinen

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Beschreibung

Casper und Bjarne sind seit viereinhalb Jahren zusammen und der Alltag hat sich bei ihnen eingeschlichen. Sie haben kaum Zeit füreinander, streiten und versöhnen sich wieder. Caspers neue Verantwortung für den Hof, ein Hausumbau und der neue Futterberater fordern Casper und Bjarne zusätzlich heraus. Um alle Kurzgeschichten zu verstehen, sollte erst das Buch "56 Punkte zum Glück" und die Bände in der richtigen Reihenfolge gelesen werden.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Kochlöffel, Trecker und Beziehungskiste Sammelband
Buchbeschreibung:
Über die Autorin:
Impressum
Unfreiweillig Urlaub Band 1
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Reichen 56 Punkte zum Glück? Band 2
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
In Wunden bohren Band 3
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Treffsicher ausgewählt Band 4
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Auf geht’s Band 5
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Überraschung über Überraschung Band 6
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Zwei Herzen, eine Richtung Band 7
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Weitere Bücher der Autorin

Kochlöffel, Trecker und Beziehungskiste Sammelband

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

 

Casper und Bjarne sind seit viereinhalb Jahren zusammen und der Alltag hat sich bei ihnen eingeschlichen. Sie haben kaum Zeit füreinander, streiten und versöhnen sich wieder.

Caspers neue Verantwortung für den Hof, ein Hausumbau und der neue Futterberater fordern Casper und Bjarne zusätzlich heraus.

Über die Autorin:

 

Nella Beinen stammt aus Norddeutschland aus der Lüneburger Heide und hat ein bewegtes Leben hinter sich.

Von der Lüneburger Heide aus zog es sie nach Essen, Spiekeroog und Bonn. Am Niederrhein ist sie jetzt sesshaft geworden.

Dort angekommen, hat sie angefangen, all den Wörtern in ihrem Kopf in die Freiheit zu verhelfen. So ist ihr Erstlingswerk "Und dann passierte das Leben" entstanden.

Als Taschenbuch und Ebook erschienen:

Und dann passierte das Leben

Wie ein Kuss alles veränderte

Glück vom Umtausch ausgeschlossen

56 Punkte zum Glück

Das Leben ist so einfach

 

Nur als Ebook erschienen:

Reise in die Vergangenheit: Neues von Tobias und Florian

Kurzgeschichten-Reihe Kochlöffel, Trecker und Beziehungskiste:

Unfreiwillig Urlaub (Band 1)

Reichen 56 Punkte zum Glück? (Band 2)

In Wunden bohren (Band 3)

Treffsicher ausgewählt (Band 4)

Auf geht’s (Band 5)

Überraschung über Überraschung (Band 6)

Zwei Herzen, eine Richtung (Band 7)

Impressum

 

Von Nella Beinen

[email protected]

 

1. Auflage 2022

© Nella Beinen – alle Rechte vorbehalten.

Baegertstr. 11

47533 Kleve

Lektorat und Korrektorat: Daniela Seiler

www.textkabinettchen.de

Coverdesign: A&K Buchcover

www.akbuchcover.de

Foto von: [email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

 

Unfreiweillig Urlaub Band 1

 

Kapitel 1

 

Bjarne betrat die Küche, in der Marion, die Mutter seines Freundes Casper, dabei war, das Mittagessen vorzubereiten. Sie stand am Herd mit dem Rücken zu ihm und rührte in einem Topf. Er hörte wie der Löffel an den Rand klopfte und schnupperte. Es roch nach Tomaten.

»Hallo Bjarne«, begrüßte Marion ihn, als sie sich umgedreht hatte, um zu sehen, wer eingetreten war. »Isst du heute mit uns zu Mittag?«

»Sehr gerne.« Bjarne blieb am Tisch stehen und zog seine Jacke aus, die er über einen Stuhl hängte. »Hast du gerade Zeit zu reden?«

»Natürlich. Leg los.« Marion blickte Bjarne prüfend an, als er sich neben sie stellte und in die Töpfe guckte. Es gab Nudeln mit Hackfleischsoße. Er liebte das Gericht.

»Ich würde Casper gerne mit einem Kurzurlaub an die See überraschen, bevor es mit der Ackersaison wieder losgeht und er dort zusätzlich neben der Stallarbeit mit eingespannt wird. Wir könnten schon nächste Woche Montag für fünf Tage losfahren. Meinst du das geht?« Bjarne war klar, dass es eine sehr kurzfristig Anfrage war, und hielt die Luft an. Aber er hatte erst vor Kurzem die endgültige Entscheidung getroffen, diesen Urlaub zu machen.

Marions Augen blitzten freudig. »Das ist eine tolle Idee.« Erleichtert atmete Bjarne auf. Er hatte sich schon darauf eingestellt, dass es nicht möglich war. »Ich rede mit Thomas, mach dir keine Gedanken. Das wird auf jeden Fall funktionieren. Ihr macht sowieso zu wenig Urlaub.« Marion fischte eine Nudel aus dem Topf und probierte sie. »Wo willst du hin?«

»Früher war ich mit meinen Eltern öfter auf Spiekeroog. Da würde ich gerne wieder hinfahren. Habe auch schon etwas gefunden. Es muss nur noch fix gebucht werden.« Bjarne holte sein Handy hervor und zeigte ihr Bilder der Unterkunft, die er herausgesucht hatte.

»Das sieht alles sehr gemütlich aus«, sagte Marion, als sie alle Fotos gesehen hatte, schaute rasch zur Uhr und probierte die Soße. »Hier versuche du mal.« Sie hielt Bjarne den Löffel hin. »Fehlt noch etwas?« Bjarne nahm ihn ihr ab und kostete vorsichtig. »Buche es. Wann willst du es denn Casper sagen?«, fragte Marion.

»Sehr lecker. Fehlt nichts mehr.« Er legte den Löffel beiseite. »Ich dachte am Sonntag mit gepackten Koffern. Ich habe da schon Urlaub und kann heimlich packen, während Casper arbeitet. Dann kann er sich keine fünftausend Gründe mehr überlegen, warum er nicht fahren kann.«

»Eine sehr gute Idee.« Marion griff nach den vorbereiteten Tellern und drückte sie Bjarne in die Hände. Sie deckten den Tisch gemeinsam, bevor kurz darauf Casper und Thomas zum Essen erschienen.

 

 

»Bjarne? Wo bist du?«, rief Casper, als er am Sonntagnachmittag die Wohnung betrat.

»Schlafzimmer«, antwortete Bjarne und schloss den letzten Koffer. Er war kaum zu sehen, dank des Chaos, das im Zimmer herrschte. Casper war übergangsweise bei Bjarne eingezogen und hatte noch keine Zeit gehabt, die Kartons auszupacken und den Inhalt zu verstauen. Für den ordentlichen Bjarne ein kleines Horrorszenario, aber im Moment konnte er noch darüber hinwegsehen.

»Du konntest es wohl nicht erwarten, bis ich nach Hause komme, du nimmersatter Koch«, scherzte Casper, als er das Schlafzimmer betrat und Bjarne sich in dem Moment aufrichtete. Caspers Blick fiel auf die zwei Koffer, die nebeneinander bei Bjarne standen statt an ihrem Platz im Keller.

»Fährst du für länger nach Hamburg? Habe ich etwas vergessen?«, fragte Casper und trat zu Bjarne, um ihm einen Kuss zu geben. Bjarne grinste.

»Nein, wir beide fahren in den Urlaub.«

»Wir machen was?« Casper riss die Augen auf.

»Du weißt schon, dass ich arbeiten muss? Ich kann nicht einfach weg«, wehrte Casper ab und ging ein paar Schritte rückwärts, wobei er gegen einen Karton stieß und fast fiel. Er ruderte mit den Armen in der Luft herum, fand aber schnell seinen festen Stand wieder.

»Alles mit deinen Eltern abgeklärt. Dein Vater übernimmt deine Aufgaben und wir fahren morgen früh weg.«

»Im Ernst? Wohin?« Casper ließ sich überrumpelt aufs Bett fallen. Wie gut, dass er zu Hause geduscht und sich umgezogen hatte, ansonsten hätte Bjarne das jetzt nicht gefallen.

»Das ist eine Überraschung. Aber wir müssen bereits um sechs Uhr los. Heute Abend essen wir mit deinen Eltern, damit du mit deinem Vater Übergabe machen kannst. Deine Mutter schaut nach der Wohnung, während wir weg sind.« Bjarne strahlte Casper an, der sich ein Lächeln abrang.

»Wie lange fahren wir weg?« In Caspers Kopf begann es bereits zu rattern. Er konnte doch nicht einfach so wegfahren. Am Mittwoch kam der neue Futterberater. Sie hatten sich erst ein paar Mal gesehen oder miteinander telefoniert. Casper musste ihm die Berichte ausdrucken und sein Vater kannte sich mit dem neuen System noch nicht so gut aus. Der Bulle hatte sich zudem auch verletzt und der Tierarzt wollte alle zwei Tage nach ihm sehen. Casper gefiel die Idee gar nicht, jetzt wegzufahren.

»… hast du zugehört?« Bjarne schnipste mit den Fingern vor Caspers Gesicht und holte ihn aus seinen Gedanken.

»Äh nein, was hast du gesagt?« Casper konzentrierte sich wieder auf Bjarne und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er hoffte, dass sein Vater alles schaffte. Nicht, dass er das früher auch ohne ihn geschafft hatte, immerhin hatte er den Hof jahrzehntelang geführt, trotzdem machte Casper sich Gedanken mit all den Neuerungen, die er in den letzten Wochen eingeführt hatte.

»Wir fahren für fünf Tage. Das wirst du überleben, oder?«, meinte Bjarne, stützte die Hände in die Hüften und starrte Casper an. Er hatte gehofft, dass Casper sich freuen würde. Sie waren über ein Jahr nicht mehr gemeinsam weg gewesen. Selbst nach Hamburg war er für ein Wochenende meist alleine gefahren, da Casper seine Damen nicht verlassen wollte.

»Es ist nicht so, dass ich mich nicht freue.« Casper rieb sich an der Nase und unvermittelt musste Bjarne an die Kinderserie Wickie denken. »Aber jetzt wo ich den Hof übernommen habe, möchte ich dem auch gerecht werden. Außerdem haben wir das neue PC-System, die neuen Transponder und Papa kennt sich noch nicht so gut damit aus«, erklärte Casper.

»Das verstehe ich, aber du kannst nicht nur arbeiten und brauchst mal eine Pause. Die haben wir jetzt. Alles ist abgeklärt. Lass dich auf das Abenteuer ein. Ich möchte endlich mal wieder Zeit nur mit dir verbringen, ohne dass irgendwer dabei ist.« Bjarne setzte sich neben ihn aufs Bett und legte eine Hand auf Caspers Knie. Der ließ sich nach hinten fallen und starrte die Decke an. Dann griff er nach Bjarnes Kapuze am Hoodie und zog ihn sanft zu sich.

»Hast ja recht. Du hast dir so viel Mühe gegeben und ich mache deine Überraschung kaputt.« Casper umarmte Bjarne und küsste ihn. »Hast du mei… «, setzte Casper an.

»Spider-Man Pulli ist eingepackt. Die Mütze auch und ich habe je ein Paar Socken und eine Unterhose mehr. Glaubst du im Ernst, nach viereinhalb Jahren kenne ich dich noch nicht?«, unterbrach Bjarne ihn lachend.

»Wollte nur sichergehen.«

»Dann können wir uns ja jetzt auf andere Dinge konzentrieren.« Bjarne küsste Casper und glitt mit seiner Hand unter seinen Pullover, als es an der Tür klingelte.

»Wir sind einfach nicht da«, murmelte Casper an Bjarnes Lippen.

»Aber die Autos stehen vorm Haus.«

»Wir sind spazieren.«

»Nimmt uns keiner ab.« Seufzend ließ Bjarne von Casper ab, richtete sich auf und ging zur Wohnungstür. Casper hörte Sascha, der Bjarne im Treppenhaus lautstark begrüßte.

Vor sich her murrend, erhob Casper sich und gesellte sich in den Flur zu Bjarne, wo gerade Sascha und Becki eintrudelten, die im letzten Sommer geheiratet hatten. So gern Casper seinen besten Freund auch hatte, so ungelegen kam er ihm in diesem Moment.

»Hey, was macht ihr denn hier?«, begrüßte er die beiden und zwang sich zu einem Lächeln. Bjarne und er hatten die gesamte Woche kaum Zeit füreinander gehabt, die Arbeit nahm einfach überhand, seit er den Hof übernommen hatte. Dabei hatte die Ackersaison noch nicht einmal begonnen.

»Dir auch einen schönen Tag. Dürfen wir nicht mal unsere besten Freunde besuchen?« Sascha umarmte Casper, bevor dieser Bjarne begrüßte, der gerade Becki losließ.

»Ich konnte ihn nicht davon überzeugen erst nachzufragen, ob ihr überhaupt Zeit habt.« Becki blickte Casper zerknirscht an, aber der winkte ab.

»Schon gut.« Er verabschiedete sich vom Nachmittag mit Bjarne alleine, drückte Becki an sich und sie gingen ins Wohnzimmer.

Sascha strahlte über das ganze Gesicht und hibbelte herum, während Becki ihm immer wieder beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Casper fragte sich, was mit Sascha los war, hatte aber schon eine Ahnung.

Bjarne hatte Wasser und Gläser geholt und schenkte allen ein. Casper und Bjarne warfen sich einen schnellen Blick zu und waren sich sicher, da kam jetzt etwas Wichtiges. Wahrscheinlich hatten die beiden endlich ein Haus oder Grundstück gekauft. War die Wohnungssuche damals bei ihnen schon schwer, war die Sache mit dem Haus eine einzige Herausforderung. Es wurden im Freundeskreis sogar Wetten angenommen, ob die Suche jemals erfolgreich sein würde.

»Also, was ist los? Du kannst es definitiv nicht länger für dich behalten, sonst platzt du noch«, forderte Casper Sascha auf, als endlich alle saßen.

»Wir bekommen ein Baby«, hielt sich Sascha nicht lange mit Vorreden auf und strahlte Casper und Bjarne an.

»Wow! Das ist toll!«, rief Bjarne begeistert, sprang auf und umarmte Sascha und Becki, die kurz nach ihm aufgestanden waren. »Herzlichen Glückwunsch euch beiden. Wann ist es soweit? Und seit wann wisst ihr es?«

Sascha schaute mit glänzenden Augen zu Casper, als er antwortete: »Wenn alles gut geht Anfang September. Becki ist gerade erst in der neunten Woche. Wäre also lieb, wenn ihr es noch für euch behalten könntet. Am Freitag hat Beckis Arzt es bestätigt.« Casper stand auch auf, nur war er nicht so euphorisch wie die anderen. Er schob es auf seine Müdigkeit.

»Herzlichen Glückwunsch! Ich freu mich sehr für euch.« Er umarmte Sascha und Becki und überlegte gleichzeitig, was das für Veränderungen in ihrer Freundschaft mit sich bringen würde. »Werdet ihr das Baby in eurer Wohnung großziehen oder konntet ihr euch endlich einigen?«, fragte er.

»Wir haben jetzt drei Häuser in der engeren Auswahl und müssen uns nur noch für eines entscheiden«, bemerkte Becki mit einem Seitenblick zu Sascha.

»Ihr werdet nie ein Haus haben, wenn das so weitergeht«, erwiderte Casper lachend.

»Lasst uns anstoßen«, sagte Bjarne und griff nach seinem Wasserglas.

»Oh ja, sehr gute Idee«, nahm Sascha das Ablenkungsmanöver gerne auf. Casper und Becki sahen sich an, rollten mit den Augen und griffen nach ihren Gläsern.

»Auf das kleine Wesen, was auch immer es wird. Möge es gesund und munter zur Welt kommen und die besten Paten der Welt kriegen«, hielt Sascha eine kleine Rede.

»Wer sind die Paten?«, fragte Bjarne neugierig und blickte von einem zum anderen.

»Einmal meine Schwester. Das haben wir schon als kleine Mädchen beschlossen und …«, Becki legte eine Pause ein.

»… natürlich du, Casperle. Was hast du denn gedacht? Dass ich jemand anderen nehme?«, beendete Sascha den Satz. »Also falls du willst«, schob er noch schnell hinterher.

»Natürlich will ich. Was für eine Frage.« Casper grinste breit und hielt sein Wasserglas erneut in die Höhe. Das war schon eine kleine Ehre für ihn. Obwohl er vorhin noch nicht begeistert von dem Gedanken war, dass Sascha bald weniger Zeit für ihn hatte, freute er sich trotzdem darauf, einen Mini-Menschen durch die Gegend tragen zu dürfen. »Auf den allerbesten Patenonkel der Welt. Habe ich ein Mitspracherecht beim Namen?«

»Natürlich nicht. Krieg deine eigenen Kinder«, wehrte Becki lachend ab. Bjarne und Casper blickten sich bei den Worten an. Über Kinder hatten sie noch nicht gesprochen. Casper hatte bereits im Teenageralter das Thema für sich abgehakt. Bjarne vermied es, das anzusprechen. Er fürchtete sich davor, wie das Gespräch verlaufen würde. Er wusste, dass er deswegen nicht mit Casper Schluss machen würde, sollte er keine Kinder wollen, dafür liebte er ihn zu sehr. Trotzdem hielt er sich zurück.

»Und was gibt es bei euch Neues? Wir haben uns ewig nicht mehr gesehen.« Sascha ließ sich auf die Couch fallen.

»Wir haben uns erst Donnerstag beim Training gesehen«, erinnerte Casper ihn und setzte sich auf seinen Platz.

»Training, komm schon, das ist kein Quatschen.«

»Wir fahren morgen für ganze fünf Tage in Urlaub und ich weiß nicht, wohin es geht. Am Freitag kommen wir wieder. Kannst du mich beim Training abmelden?«

»Ich habe mich, glaube ich, verhört, oder?. Du hast das Wort Urlaub in den Mund genommen.« Sascha hielt sich eine Hand hinter sein Ohr und schob es vor.

Bjarne und Becki lachten, Casper schaute beide böse an.

»Ja, was ist bitteschön so schwer daran zu verstehen?«, sagte er zu Sascha, reckte das Kinn in die Höhe und blickte ihn aus zusammengekniffenen Augen an.

»Nun ja, wann habt ihr das letzte Mal Urlaub gemacht? Vor zwei Jahren? Und warum erzählst du das erst jetzt?«

»Weil ich ihn eben erst überrascht habe. Er wusste nichts, damit er sich nicht rausreden kann«, antwortete Bjarne.

»Guter Junge«, meinte Sascha und Casper blickte noch böser drein. Als ob er nicht auch so in den Urlaub gefahren wäre. Aber zurzeit war einfach ein falscher Zeitpunkt.

 

 

Kapitel 2

 

 

»Na los, du Langschläfer. Aufstehen, du kannst ins Bad. In einer halben Stunde wollen wir los. Du hast mir gestern Abend groß vorgerechnet, wie lange wir fahren.« Casper war wie jeden Morgen früh wach, hatte geduscht und Kaffee aufgesetzt. Nun krabbelte er zu Bjarne ins Bett, küsste ihn auf die Wange, den Hals und zuletzt auf den Mund.

Die einzige Antwort, die er erhielt, war ein Brummen. Bjarne war definitiv kein Morgenmensch.

»Komm schon, der Kaffee ist gleich fertig.« Casper ließ von Bjarne ab und wollte sich anziehen. Er war nur mit einer Boxershorts bekleidet. Dabei stieß er mit dem großen Zeh im Halbdunkeln gegen eine Umzugsbox.

»Mist verdammt«, fluchte er und trat nochmal gegen die Box. Dann kramte er in einer anderen, um seine Klamotten, die er anziehen wollte, herauszusuchen.

»Du solltest die Kartons endlich ausräumen. Habe extra mehr Platz im Schrank gemacht«, ertönte Bjarnes noch müde Stimme aus dem Bett.

»Ich verstehe nicht, wieso ich die ausräumen soll, nur um sie in ein paar Monaten wieder einzupacken und erneut auszuräumen«, maulte Casper.

Der Urlaub beginnt ja friedlich, dachte Bjarne und seufzte.

Da Casper den Hof von seinen Eltern übernommen hatte, hatten sie gemeinsam beschlossen, das Haus so umzubauen, dass Casper und Bjarne eine Wohnung im oberen Bereich bekamen und Caspers Eltern im unteren. Die Umbauarbeiten im Haus sollten in den nächsten Wochen beginnen und solange wohnte Casper bei Bjarne. Allerdings verbrachten sie sowieso seit Bjarnes Umzug aus Hamburg fast jede Nacht hier und hielten sich hauptsächlich hier auf.

»Damit wir hier Ordnung haben und keiner sich einen Zeh bricht«, antwortete Bjarne und stand auf.

 

 

Eine halbe Stunde später saßen sie endlich im Auto. Casper hatte beschlossen zu fahren. Bjarne traute er das nicht zu, der immer noch verschlafen aus der Wäsche schaute, obwohl er einen starken Kaffee intus hatte.

»Verrätst du mir, welche Adresse ich eingeben soll?«, fragte Casper, als er das Navi startete. Bjarne gähnte erst ausgiebig, bevor er antwortete.

»Das mach ich auf der Autobahn. Wir müssen Richtung Hamburg.« Casper verdrehte genervt die Augen. Er wollte endlich wissen, wohin es ging. Aber einen Streit vom Zaun brechen wollte er noch weniger und blieb ruhig. Stattdessen startete er das Auto und fuhr los. Es dauerte nicht lange und er bemerkte, wie Bjarne neben ihm schlief. Als er auf der Autobahn war, weckte er Bjarne, der verschlafen dreinschaute.

»Schon da?« Bjarne gähnte, nahm das Navi zur Hand und tippte eine Adresse ein. Dann hängte er es an die Windschutzscheibe, damit Casper es sehen konnte.

»Unser Ziel ist Neuharlingersiel? Das ist oben an der Nordsee, oder?«

»Ja, genau. Aber dort parken wir nur unser Auto. Es geht noch weiter.« Casper riskierte einen kurzen Seitenblick zu Bjarne.

»Fahren wir auf eine Insel?« Langsam freute Casper sich auf die bevorstehenden Tage. Bisher hatten sie ihre wenigen Urlaube meistens an der Nordsee verbracht, aber nur auf dem Festland. Er wollte schon immer auf eine Insel.

Bjarne grinste nur.

»Welche Insel?«

»Das verrate ich noch nicht. Du wirst es früh genug herausfinden, mein kleiner Hausgeist.« So hatte er Casper schon länger nicht mehr genannt.

›Wann war uns eigentlich die Romantik verloren gegangen? Das musste aufhören!‹, dachte Bjarne.

»Wollen wir wechseln? Ich bin jetzt wach«, schlug Bjarne vor und Casper fuhr auf den nächsten Parkplatz. Als sie ausgestiegen waren und sich ihr Weg vor dem Wagen kreuzte, umfasste Bjarne Caspers Taille und küsste ihn. Dadurch zauberte er ihnen ein Lächeln aufs Gesicht.

»Guten Morgen, auf einen tollen Urlaub«, flüsterte Bjarne Casper ins Ohr, bevor sie sich wieder ins Auto setzten. Bjarne legte seine CD mit Rockmusik ein – der Fahrer bestimmte die Musik – und fuhr weiter.

Sie kamen auf den letzten Drücker in Neuharlingersiel bei den Spiekeroog Garagen an und liefen, die Koffer hinter sich herziehend, zur Fähre. Die Container fürs Gepäck wurden bereits aufgeladen, aber sie hatten Glück und konnten ihre noch unterbringen.

»Das war knapp, sonst hätten Sie bis heute Abend auf die nächste Fähre warten müssen«, begrüßte sie ein Mitarbeiter und nahm die Tickets entgegen, die Bjarne ihm reichte.

»Sorry, wir haben getrödelt«, antwortete Bjarne atemlos.

»Immer dasselbe mit dem Jungvolk«, meinte der Mann, zwinkerte Bjarne aber zu.

Casper und Bjarne betraten das Schiff und suchten sich im Inneren Sitzplätze am Fenster. Viel war nicht los. Bis auf einige Handwerker, die bereits saßen, hatten sie freie Auswahl.

»Die Fähre ist noch genauso wie in meiner Kindheit«, bemerkte Bjarne, während er sich umschaute und dabei die Jacke auszog.

»Wie lange fahren wir rüber? Und haben wir ein Hotel, eine Gästepension oder eine Ferienwohnung?« Casper hatte sich jetzt auf Urlaubsmodus eingestellt und freute sich auf die Tage nur mit Bjarne. Er hoffte, dass sie eine Wohnung hatten, so waren sie völlig autark und keinem fiel auf, wenn sie nicht zum Frühstück erschienen. Bjarne hatte recht, viel Zeit gemeinsam hatten sie ewig nicht mehr miteinander verbracht.

Bjarne lachte auf bei all den Fragen.

»Etwa eine dreiviertel Stunde und eine Ferienwohnung, wobei ich absolut keine Lust habe zu kochen. Wir gehen jeden Abend essen. Es haben genügend Restaurants geöffnet. Habe ich schon geprüft.«

Casper schälte sich aus seiner Jacke und zog die Mütze aus, dann griff er über den Tisch nach Bjarnes Hand.

»Dann werden wir uns mal eine schöne Zeit machen, nicht aus dem Bett kommen, nur zum Essen und es uns gut gehen lassen.«

»Das mit dem nur im Bett liegen klingt sehr verführerisch, aber wir werden auf jeden Fall an den Strand gehen. Ich fahre doch nicht mit dir auf eine Insel ohne am Strand gewesen zu sein. Du hast ständig genörgelt, dass du das mal machen willst.«

»Na gut.« Casper lächelte Bjarne zu, der jetzt aus dem Rucksack ein Kartenspiel kramte.

»Wollen wir spielen, bis wir ankommen?«

»Oh ja, sehr gerne.«

 

Als sie auf Spiekeroog vom Schiff waren und ihre Koffer wieder hatten, machten sie sich, bewaffnet mit einem Inselplan, auf die Suche nach ihrer Unterkunft. Sie mussten etwas laufen bis sie da waren, konnten aber die Wohnung direkt beziehen, obwohl es erst Mittag war. Doch lange hielten sie es nicht in ihrem Apartment aus. Bjarne wollte noch einkaufen, bevor die Geschäfte schlossen, damit sie wenigstens genügend fürs Frühstück im Kühlschrank hatten.

Schnell hatten sie einen Laden gefunden, eingekauft und waren wieder in ihrer Wohnung. Bjarne verstaute die Lebensmittel im Kühlschrank, denn sie wollten endlich an den Strand. Sie packten sich dick ein, da es sehr kalt war in diesem Februar, aber immerhin schien die Sonne.

»Wir sehen aus wie Michelinmännchen«, scherzte Casper, als sie die Wohnung verließen. Er hatte das Gefühl, in seiner Bewegung eingeschränkt zu sein, da er so viel anhatte.

Bjarne plusterte die Wangen auf und ging steifbeinig mit von sich gestreckten Armen durch die Tür, was Casper zum Lachen brachte. Er stolzierte noch ein paar Schritte, bevor er mit einfiel.

Direkt am Meer wehte eine steife Brise, doch Casper und Bjarne störten der Wind und die Kälte nicht. Die Hände hatten sie beide in die Jackentaschen vergraben, damit die Finger nicht auskühlten, obwohl Casper sich gewünscht hätte, mit Bjarne händchenhaltend hier entlang zu laufen.

»Also, was hast du alles geplant?«, fragte Casper und blickte zu Bjarne. Sie waren fast die Einzigen am Strand. Ihnen kamen nur zwei andere Spaziergänger entgegen.

»Nicht wirklich viel. Ausschlafen, Strand, Essen gehen. Wir könnten einen Tag ins Schwimmbad oder ins Museum.«

»Die haben ein Museum hier?«, fragte Casper skeptisch.

»Ja, über die Nordsee. Stell dir vor.«

»Das heißt, wir sind völlig frei in unseren Entscheidungen?«

»Jepp.«

»Dann lass uns in der Wohnung gleich als Erstes das Bett austesten«, schlug Casper vor und Bjarne grinste ihn an.

»Bin ich ganz dafür.« Sie liefen zum nächsten Dünenweg, der sie ins Inselinnere führte.

Ein Paar, das ihnen eben noch entgegengekommen war, ging hinter ihnen den Weg die Dünen hoch. Die Frau war nur am Motzen. Ihr schien egal zu sein, dass sowohl Casper als auch Bjarne alles mitbekamen, was sie ihrem Partner vorwarf. In einer Kurve drehte Bjarne sich leicht zu ihnen um und erkannte, dass sie nicht viel älter als Casper und er sein konnten.

Ihm war es unangenehm, das mitzubekommen, wollte sich aber nicht einmischen. Wobei das der falsche Ausdruck wäre. Die Frau führte eher einen Monolog, während der Mann mit einem ausdruckslosen Gesicht die Litanei über sich ergehen ließ. Wie oft hörte er sich wohl an, dass er in ihren Augen unfähig war, auf ihre Bedürfnisse einzugehen?

Dann fiel sein Blick auf Caspers Rücken, der vor ihm den Pfad hinauf ging. Waren sie selbst auf dem besten Weg so zu werden? Sich nur noch Vorwürfe zu machen und gar nicht mehr miteinander reden zu können? War ihm nicht erst heute Morgen aufgefallen, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte?

Bjarne rief sich ins Gedächtnis, dass er die beiden hinter sich nicht kannte. Er hatte sie nur in diesen wenigen Minuten erlebt und er wusste nicht, wie sie sich im Alltag verhielten. Und doch ließ ihn der Gedanke daran, auch so zu werden, nicht mehr los.

 

 

»Komm mit.« Casper zog Bjarne mit sich, kaum dass die Wohnungstür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Doch Bjarne entzog sich seinem Griff und blieb im Flur stehen. Überrascht drehte Casper sich zu ihm um.

»Wir sollten erst die Schuhe am Eingang ausziehen, damit wir nicht den ganzen Sand verteilen.« Bjarne pellte sich aus den Winterklamotten und den Schuhen. Casper verdrehte die Augen, zog sich aber an Ort und Stelle die dicken Sachen aus. Doch statt dann mit Casper ins Schlafzimmer zu gehen, setzte Bjarne sich in der geräumigen Wohnküche auf die Couch.

Casper runzelte die Stirn. Es arbeitete in Bjarne, das hatte er schon bemerkt.

»Also was ist los?«, sprach er ihn an. »Sonst lässt du dich auch nicht zweimal bitten.«

Bjarne hatte keine Lust auf Reden, es beschäftigte ihn noch zu sehr, was er eben erlebt hatte. Aber sie waren beide hartnäckig, wenn sie etwas klären wollten. Und war er es nicht, der zu Beginn ihrer Beziehung darauf bestanden hatte, über alles zu reden? Er lehnte den Kopf gegen die Sofalehne.

»Ich glaube, wir sollten erst einmal darüber sprechen, was in den letzten Wochen los war. Wir haben nur gestritten, uns kaum gesehen, du hast nur noch den Hof im Kopf.«

»Woher kommt das jetzt?« Casper stand mitten im Raum und verstand die Welt nicht mehr. »Warum hast du nichts am Strand gesagt? Da wolltest du doch dasselbe wie ich.« Ja, sie hatten ihre Reibereien, ja, er arbeitete im Moment viel, aber Bjarne ebenso. Was war auf dem Weg vom Strand hierher passiert?

»Hast du die zwei Menschen bemerkt, die uns erst entgegengekommen und dann hinter uns die Dünen hoch sind? Sie hat ihm nur Vorwürfe gemacht. Er hat überhaupt nichts mehr dazu gesagt.« Bjarne schloss kurz die Augen. »Da habe ich gedacht, wir müssen reden.«

Casper erinnerte sich an die meckernde Stimme hinter ihnen. Wie sollte er sie so schnell vergessen?

»Schatz, das war eine Momentaufnahme.« Casper setzte sich neben Bjarne. »Außerdem, Streit gehört dazu. Es geht immer auf und ab in einer Beziehung. Es kommen auch wieder arbeitsärmere Tage. Lass uns einen schönen Urlaub haben.«

Casper ergriff eine von Bjarnes Locken, ließ sie durch seine Finger gleiten und streichelte dann sachte Bjarnes Hals. Bjarne biss sich auf die Lippen und überlegte, ob er darauf etwas erwidern sollte.

»Aber … wir müssen einiges klären.« Bjarne zog seinen Oberkörper beiseite und wich den Berührungen Caspers aus. »Die letzten Wochen waren nicht einfach und ich habe keine Lust in Zukunft nur neben dir statt mit dir zu leben.«

Casper ließ seine Hand sinken, die mit den Locken gespielt hatte. »Willst du wirklich jetzt darüber reden, dass sowohl du als auch ich in letzter Zeit kaum Zeit füreinander haben, nicht mehr essen oder ins Kino gehen, geschweige denn miteinander schlafen?«

Casper rückte noch näher an ihn heran und Bjarne spürte seinen Atem auf seiner Haut. »Du hast recht, wir müssen reden, aber können wir das auf später verschieben?«

Bjarne gab seine Abwehr auf. Er wollte mit Casper ebenso schlafen, wie sein Freund mit ihm.

»Wie kriegst du mich nur immer wieder rum?«, beschwerte Bjarne sich und schimpfte innerlich mit sich, weil er nicht standhaft blieb. Aber wenn Casper mit seinen Locken spielte, und so wie jetzt seinen Hals küsste, hatte er ihn und Casper wusste das genau. Sie wechselten ins Schlafzimmer, wo sie mehr Platz auf dem Bett hatten.

Caspers Hände glitten unter Bjarnes Hoodie und T-Shirt und schoben beides hoch. Als die Sachen ausgezogen waren, küsste er ihn, schälte sich selbst aus dem Pulli und Longshirt und ließ sich mit Bjarne aufs Bett fallen.

»Ich verspreche dir, wir reden, aber jetzt hole ich erst nach, was gestern viel zu kurz kam. Heute kann uns keiner stören.« Wieder küsste er Bjarne, verteilte Schmetterlingsküsse auf seinem Hals und sog Bjarnes Geruch ein. Der war ihm so vertraut und bedeutete für ihn mittlerweile auch zu Hause. Er richtete sich wieder auf und zog sie beide zu Ende aus, bis sie nackt nebeneinanderlagen.

Casper musterte Bjarne und stellte fest, dass dieser anscheinend sein Pilatestraining vernachlässigt haben musste in den letzten Monaten. Es zeigte sich ein klitzekleiner Bauchansatz. Warum war ihm das nicht schon früher aufgefallen? War er so nachlässig geworden?

»Habe ich einen Pickel? Oder eine Beule, wo sie nicht hingehört? Warum starrst du mich so an?«, fragte Bjarne in seine Gedanken und schaute an sich herunter. Aber bis auf seinen bereits erigierten Schwanz konnte er nichts Ungewöhnliches erkennen.

»Nein, du bist noch so schön wie beim ersten Kennenlernen.« Casper streichelte Bjarne, küsste und leckte ihn. Er ließ sich seit Langem wieder viel Zeit dabei, genoss dabei den Anblick von Bjarne, der immer erregter wurde und nach mehr verlangte. Es war, als ob sich ihre Körper nach einer ewig dauernden Durststrecke begrüßten.

Als Bjarne es nicht mehr aushielt, drehte er Casper auf den Rücken, hockte sich über ihn, nahm ihre Schwänze in die Hand und rieb sie gemeinsam. Sie stöhnten beide fast gleichzeitig auf. Vergessen war in diesem Moment Bjarnes Angst, dass sie so enden könnten, wie das Paar hinter ihnen auf den Dünen.

»Ich kann nicht mehr lange«, seufzte Casper, rappelte sich auf seine Ellenbogen und küsste Bjarne.

»Dann wollen wir dich nicht warten lassen.« Bjarne ließ sie beide los und wollte nach Kondom und Gleitgel greifen, das zu Hause immer im Nachtschrank bereitlag. Doch er bemerkte, dass es noch im Koffer weilte. Casper stöhnte auf und Bjarne lachte laut los. Dann ließ er sich neben Casper fallen, der sich sofort an Bjarnes Hals zu schaffen machte.

»Ich hole es.« Bjarne stand auf und war keine zwei Minuten später wieder da. Er nahm Caspers Schwanz in den Mund und fühlte das Pulsieren an seiner Zunge, als er mit ihr über den Penis fuhr. Er gab den Schwanz frei und zog das Kondom über. Vorsichtig nahm er Caspers Glied in sich auf, der schon leise keuchte und mit geschlossenen Augen genoss. Langsam das Tempo erhöhend brachte er sie beide zum Höhepunkt.

»Na, wir sind zwei Helden«, sagte Casper atemlos.

»Hm, keine Ahnung, wie das passieren konnte. Sonst immer mit das Erste, was wir auspacken.«

Casper kuschelte sich an Bjarne und zog eine Decke über sie. Sie hatten vergessen, im Schlafzimmer die Heizung höher zustellen und fröstelten jetzt.

»Nicht schlimm, ist ja alles gut gegangen.« Er küsste Bjarne und genoss die Nähe.

»Willkommen im Urlaub«, flüsterte dieser.

 

 

Kapitel 3

 

Casper war wie gewohnt früh aufgewacht. Er döste zwar noch einmal weg, aber ab sieben Uhr war es vorbei und er stand auf, um Bjarne nicht zu wecken. Draußen war es noch dunkel, die Sonne war nicht zu sehen und der Wind wehte um das Haus. Casper hörte ein leises, sich ständig wiederholendes Geklapper, wenn eine Böe dabei war. Er schaltete eine Stehlampe in der Wohnküche an, die ein sanftes Licht verbreitete und nicht sofort alles hell erleuchtete.

Er beschloss, schon den Frühstückstisch zu decken, machte er selten genug, da er es sonst immer Bjarne überließ. Mit einem frisch gekochten Kaffee setzte er sich vor den Fernseher, zappte durchs Programm und wartete, dass Bjarne aufwachte.

Als es halb zehn war, warf er einen Blick ins Schlafzimmer, aber Bjarne schlief noch tief und fest. Kurz überlegte er, wie er ihn am sanftesten wecken konnte und holte eine frische Tasse mit Kaffee. Dann hockte er sich vor das Bett und schwenkte den Becher vorsichtig vor Bjarnes Nase. Dabei streichelte er durch seine Locken.

»Hey mein Schatz, Frühstück. Aufwachen. Gleich ist der Tag vorbei«, flüsterte er. Bjarne drehte sich weg und brummte dabei. Casper stellte die Tasse auf dem Nachttisch ab und legte sich zu Bjarne ins Bett.

»Was hältst du von einer gemeinsamen Dusche, lecker frühstücken und dann ab an den Strand?«

»Mh«, grummelte Bjarne nur. Casper schmunzelte. Bjarne würde auf immer und ewig ein Morgenmuffel bleiben. Casper beugte sich vor und verteilte Schmetterlingsküsse auf Bjarnes Hals, bevor er ihn umarmte und an sich zog.

»Und wir reden über unsere Reibereien und unser Zeitproblem. Ganz lange und ich habe auch keine Kuh, die gerade kalbt oder sonstige Schwierigkeiten hat, als Ausrede.«

»Du erdrückst mich«, waren die ersten Worte, die Bjarne hervorbrachte und Casper lachte. »Kaffee!«

Casper ließ Bjarne los und griff über ihn zur Tasse, die er ihm vor die Nase hielt. Bjarne richtete sich auf und nahm sie entgegen. Bevor er einen Schluck trank, roch er genüsslich daran.

»Bitte jetzt jeden Morgen eine Tasse ans Bett, ja?«, bat Bjarne und bot Casper etwas an, der an der Tasse nippte.

»Mal sehen, aber dann musst du zu Hause wohl sehr früh aufstehen.« Bjarne brummte etwas Unverständliches in den Kaffee.

 

 

Fast zwei Stunden später waren sie endlich auf dem Weg zum Strand. Sie liefen schweigend nebeneinander her. Bjarne überlegte, wie er mit den Themen beginnen sollte, die ihm auf der Seele brannten.

Casper hingegen kämpfte mit der Inselkarte und dachte darüber nach, wie sie wieder mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Bjarne hatte recht gehabt. Er war fast nur noch im Stall oder im Büro. Ihre Beziehung war für ihn zu etwas Selbstverständlichem geworden. Zudem tauchte er kaum beim Fußballtraining auf und aus der Dorfjugend war er schon vor anderthalb Jahren ausgetreten.

»Links oder rechts rum?«, fragte Bjarne, als sie am Strand ankamen.

»Rechts, laut Karte sind wir da viel länger unterwegs«, antwortete Casper und faltete die Inselkarte zusammen.

Wieder gingen sie still nebeneinander her. Am Himmel ballten sich die dunklen Wolken und Bjarne hoffte, dass es nicht zu regnen beginnen würde. Er blickte zum Meer, das weit entfernt war. Er wusste nur nicht, ob zurzeit Ebbe oder Flut war.

»Wir können uns jetzt die gesamte Zeit anschweigen oder endlich reden und dann den Urlaub genießen«, durchbrach Casper die Stille zwischen ihnen, als er es nicht mehr aushielt. Normalerweise empfand er es als wohltuend mit Bjarne zu schweigen, aber in nun wurde ihm mulmig zumute.

Bjarne blieb noch einen kurzen Moment still und legte sich seine Worte ein letztes Mal im Kopf zurecht.

»Ich fange mit etwas an, das nicht mit unseren momentanen Problemen zu tun hat, in Ordnung? Aber es betrifft uns beide und ist vielleicht ein positiver Einstieg.« Er schob seine Hände in die Jackentaschen und wartete auf Caspers Reaktion.

»Okay. Schieß los.« Casper war gespannt, was jetzt kommen würde. Als sie losgegangen waren, hatte er schon ein bisschen Angst gehabt, wie das Gespräch laufen würde. Ruhig und besonnen oder verzettelten sie sich wieder in einem Streit? Doch nun war er erleichtert, dass Bjarne mit den positiven Sachen begann. Obwohl er keine Idee hatte, was Bjarne unter seinen Locken ausgebrütet haben könnte.

»Mir schwirrt da schon länger etwas im Kopf herum.« Bjarne machte eine kurze Kunstpause und schaute Casper von der Seite her an. »Was hältst du von einem Hofladen?« Er blieb stehen und hielt die Luft an. Bjarne wandte sich seinem Freund zu und beobachtete ihn. Casper hatte die Augen aufgerissen. Damit hatte er nicht gerechnet und war völlig baff.

»Ein Hofladen? Du meinst so richtig mit Gemüse, Fleisch und Obst?«, hakte Casper nach, ob er sich auch nicht verhört hatte. Bjarne sog wieder Luft in seine Lungen. Immerhin hatte Casper nicht direkt abgelehnt.

»Genau. Ich habe mal grob überlegt, dass ich während der Umbauphase noch im Restaurant arbeite, aber kurz vor der Eröffnung nur noch für den Hofladen da bin.« Casper ließ sich die Idee durch den Kopf gehen. Schlecht war sie nicht. Es gab in Annendorf kein Lebensmittelgeschäft, nur Handwerker, was schon mal dafür sprechen würde. Außerdem kauften die Leute gerne direkt vom Bauern, den sie kannten.

»Also generell finde ich das erst mal gut, aber wir haben kein Gemüse und Obst. Nur Futtermais, Gras und Weizen. Und wo willst du den Laden eröffnen? Wir können kein extra Gebäude bauen, mal abgesehen davon, dass wir kein Geld haben«, zählte Casper die Hürden auf, die ihm als Erstes in den Sinn kamen. Er wollte Bjarne den Hofladen nicht madig machen, denn generell konnte er es sich sehr gut vorstellen. Sie würden gemeinsam auf dem Hof arbeiten und sich jederzeit sehen können. Schon allein das sprach für den Laden.

»Lass uns weitergehen, mir ist kalt«, sagte Bjarne. Der Wind trug nicht dazu bei, dass es wärmer wurde. Sie nahmen ihren langsamen Schritt wieder auf. »Ich dachte mir, wir könnten die alte Scheune gegenüber vom Wohnhaus umbauen. Da haben wir gleich etwas Charme dabei. Gemüse und Obst könnte man regional bei einem Obst und Gemüsebauern einkaufen und für den Anfang muss es ja nicht viel sein.«

»Aber die haben alle eigene Läden, wozu sollen wir noch einen machen?«

»Weil wir neben der Scheune einen Hühnerstall mit einem großen Auslauf haben werden und Rindfleisch und vielleicht auch Schweinefleisch anbieten können.«

»Schweinefleisch? Ich bin aber kein Schweinebauer und wir haben Hühner?«, erwiderte Casper sofort. Bjarne hatte damit gerechnet.

»Ist ja erst mal nur eine Idee«, beschwichtigte er ihn. »Du könntest darüber nachdenken und vergiss die Vorteile nicht. Wir arbeiten zusammen auf dem Hof, hätten gemeinsame Abende und wären nicht mehr in gegensätzlichen Schichten.«

Casper blickte Bjarne von der Seite an. »Wie lange brütest du schon darüber? Das ist doch nicht mal eben so entstanden.« Bjarne grinste ihn nur an.

»Okay, ich denke darüber nach, wir wollen auch bald das Haus umbauen, da könnte man …« Mehr wollte Bjarne nicht und freute sich insgeheim. Wenn er Casper so weit hatte, würde es nicht lange dauern und er würde sich mit ihm hinsetzen und einen detaillierten Plan ausarbeiten. Jetzt musste er sich in Geduld üben.

Sie wanderten eine Weile still nebeneinander her. Der Wind hatte in der Zwischenzeit zugenommen und zupfte an ihren Jacken. Das war etwas, das Bjarne manchmal in Annendorf vermisste. Spazierengehen mit dem Wind vom Meer, der immer einen Hauch von Weite mitbrachte und der den Kopf durchpustete.

Bjarne zwang sich, seine Gedanken wieder auf das zu richten, was er jetzt ansprechen wollte. Es war um einiges schwerer und er hatte Angst vor der Antwort, die er bekommen könnte.

»Also, wollen wir noch über uns sprechen?«, begann wieder Casper. »Wirklich viel Zeit haben wir in den letzten Wochen oder Monaten nicht miteinander verbracht.«

Bjarne holte tief Luft. Wie sollte er beginnen? Fand er die richtigen Worte? Er wollte diesen Urlaub, damit sie wieder Zeit füreinander hatten und sich wiederfanden.

»Was ist mit dem neuen Futterberater, diesem …«, Bjarne suchte in seinem Gedächtnis nach dem Namen. »… äh, Moritz, oder?« Casper blieb stehen.

»Was? Nichts ist da.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem ungläubigen Lächeln. Dachte Bjarne wirklich, dass da etwas laufen würde? »Wie kommst du darauf?« Bjarne war ebenfalls stehen geblieben und drehte sich zu ihm um.

»Ich sehe doch, dass ihr miteinander flirtet und …«

Jetzt wurden Caspers Augen ganz groß. Was ging in diesem gut aussehenden Lockenkopf nur vor? Schnell überbrückte er die zwei Schritte, die zwischen ihnen lagen.

»Da ist nichts. Überhaupt nichts. Dich hat noch nie gestört, wenn ich mit jemandem geflirtet habe.« Er griff nach Bjarnes Händen.

»Das stimmt, aber zwischen euch ist es anders. Ich kann es nicht beschreiben, es fühlt sich einfach so an. Wenn ich euch sehe, dann sehe ich die Leichtigkeit, die uns irgendwann verloren gegangen ist.«

Casper stockte kurz das Herz. Es war zurzeit nicht leicht zwischen ihnen, aber deswegen suchte er sich doch keinen anderen. Bjarne war für ihn sein ein und alles.

»Hey mein Schatz, ich liebe dich, nur dich. Moritz und ich reden nur …«, Casper zögerte, bevor er weitersprach. Er genoss es schon, mit Moritz rumzualbern. »… vielleicht flirten wir auch ein wenig. Er hat genauso wie ich in Osnabrück studiert, hatte dieselben Profs. Das ist alles. Wir lachen manchmal darüber, aber unser Hauptthema sind die Kühe und das Füttern.« Casper zog Bjarne in eine feste Umarmung und küsste ihn auf die Mütze.

»Ich weiß, dass nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, aber es wirkt halt anders auf mich. Ihr telefoniert manchmal abends und du bist danach immer fröhlich und aufgekratzt. Das vermisse ich zwischen uns. Das war schon lange nicht mehr so.« Bjarnes Stimme klang belegt und Casper wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Es machte ihn betroffen, die Worte von Bjarne zu hören. Ihm war bis jetzt nicht klar gewesen, wie sein Freund sich fühlte, wenn er sich mit Moritz austauschte und welchen Eindruck er dabei hinterließ. Für ihn war Moritz jemand, mit dem er seine Probleme mit den Kühen besprechen konnte statt mit seinem Vater, da sie beide in dieselbe Richtung dachten. Nur war ihm nie aufgefallen, dass er danach so aufgekratzt wirkte. Er war nur jedes Mal froh, eine Lösung für sein Problem gefunden zu haben und vielleicht sprachen sie dann noch über andere Themen.

Jedoch jetzt, wo Bjarne es ansprach, wurde es ihm erst bewusst. Schweren Herzens gestand er sich ein, dass er Moritz mochte und er auch gerne mit ihm über andere Dinge als Landwirtschaft redete, aber das konnte er mit Bjarne ebenso und ihn liebte er, Moritz nicht.

Bjarne blickte auf den Boden, wartete auf eine Reaktion von Casper, der nur vor ihm stand und ihn anstarrte. Er befürchtete in diesem Moment das schlimmste, obwohl Casper ihm eben versichert hatte, dass da nichts sei und in seinem Magen zog sich alles zusammen. Unbewusst schob er eine Hand in seine Hosentasche, ertastete einen kalten Gegenstand und umschloss ihn. Wartete darauf, was Casper sagen würde.

»Du musst dir überhaupt keine Sorgen machen.« Casper nahm Bjarnes kaltes Gesicht zwischen seine Hände und strich mit dem Daumen über die Wangen. »Ich will nur dich. Und wie ich gestern schon sagte, es ist doch normal sowohl gute als auch schlechte Zeiten zu haben«, begann Casper endlich und Bjarne war froh, dass Casper sprach. »Aber solange wir miteinander reden, werden wir es immer schaffen.«

Nun streichelte Casper mit seinem kalten Handrücken über die angewärmte Wange von Bjarne. »Hab keine Angst. Ich bin hier, bei dir und will mit dir lachen und weinen, neben dir einschlafen und aufwachen, neben keinem anderen. Hörst du?« Casper sprach eindringlich auf Bjarne ein. »Wir verstehen uns nur gut, mehr ist da wirklich nicht.« Casper küsste Bjarne. Dieser nickte. »Glaubst du etwa, ich würde mir die Mühe machen, mein Elternhaus umzubauen, wenn ich nicht mit dir dort leben wollte?«

»Nun ja, dann würdest du mit jemand anderen dort leben. Umgebaut hättest du sowieso.« Bjarne schluckte sichtbar. »Ich weiß nicht, was das gerade ist. Immerhin war ich es, der am Anfang die offene Beziehung angeboten hat, aber ich will dich nicht mehr teilen. Zumindest zurzeit nicht. Vielleicht ändert es sich auch wieder.« Bjarne zog seine Hand aus seiner Hosentasche, ohne den Gegenstand mit rauszuholen.

»Ich will das auch nicht.« Casper gab seinem inneren Drang nach und drückte Bjarne ein weiteres Mal an sich. Er hoffte, ihm so seine Sicherheit wiedergeben zu können. Ihm durch Nähe zeigen zu können, wie viel er ihm bedeutete. »Dann sind wir uns doch einig. Wir müssen uns nur überlegen, was wir machen können, um unseren Alltag zu durchbrechen und Zeit miteinander zu verbringen. Und wie wir uns in Zukunft organisieren, damit wir nicht mehr überarbeitet sind und uns deswegen nur noch angiften.«

Casper griff nach Bjarnes Hand, die warm war. »Was ist, gehen wir weiter?«, fragte er und Bjarne nickte. »Außerdem haben wir unsere Leichtigkeit nicht verloren, uns kommt nur wie bei anderen Paaren auch der Alltag dazwischen. Dann sind wir gereizt und streiten«, fiel Casper noch ein, als sie ihre Wanderung erneut aufnahmen. Bjarne lächelte. Er glaubte Casper und Erleichterung durchströmte ihn, aber der kleine Stachel der Eifersucht und Angst saß und brauchte noch seine Zeit, bis er verschwunden war.

 

 

»Du bist so still. Hast du nichts zu erzählen? Keine Anekdoten von den Kollegen oder keine Kritik, wie hier im Restaurant gearbeitet wird?«, fragte Casper Bjarne amüsiert, als sie abends in einem Fischrestaurant saßen und bestellt hatten.

»Man muss auch mal genießen können«, antwortete dieser kurzangebunden und blickte sich zum ersten Mal um. »Ist doch schön hier. Überall hängen Netze, unechte Fische und Erinnerungen an die Nordsee. Fischrestaurant halt.«

»Ich werde das Gefühl nicht los, dass dir immer noch etwas auf der Seele brennt.«

»Quatsch, das bildest du dir nur ein.«

Bjarnes Hand verschwand in der Hosentasche und erneut schloss sie sich um den kleinen Gegenstand. Das machte er bereits den ganzen Tag. Als er das erste Mal mit dem Gedanken gespielt hatte, Casper mit diesem Urlaub zu überraschen, gab es noch keinen neuen Futterberater, den er als Konkurrenz empfand. Er hatte etwas anderes geplant, war sich aber nicht mehr sicher, ob er es durchziehen sollte. Ihre Getränke kamen und Bjarne konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt.

»Du bist heute ganz schön weit weg.« Casper grinste Bjarne an. »Hey, jetzt lach doch auch mal.« Unter dem Tisch stupste er Bjarne mit dem Fuß an, als sein Handy in der Tasche vibrierte. Casper holte es hervor und las die Nachricht.

»Ist das von Sascha? Will er wissen, ob wir auch genügend Spaß haben?«, wagte Bjarne einen Scherz.

»Nee, das ist Moritz. Ob unser Termin morgen noch steht. Sorry, ich hatte versprochen keine Arbeit. Ich schreibe ihm schnell.« Zerknirscht tippte Casper eine Antwort, während Bjarne ihn dabei beobachtete.

»Das könntest du doch auch später und nicht, während wir hier sitzen«, grummelte Bjarne.

»Reg dich nicht auf. Bin schon fertig«, murmelte Casper und steckte das Handy wieder weg. Als er aufblickte, starrte Bjarne ihn böse an und er begriff. Wie konnte er so blöd sein? Sie hatten vorhin noch darüber gesprochen.

»’Tschuldigung. Es ist nicht wegen der Arbeit, sondern wegen Moritz. Wie kann ich dir zeigen, dass ich meine Worte vom Strand ernst meine?«

Bjarnes Hand verschwand wieder in der Hosentasche.

»Vertraust du mir nicht mehr?«, fragte Casper.

»Doch natürlich, du musst mir nichts beweisen.«

»Soll ich die Firma wechseln? Dann kommt ein Neuer.« In gewisser Weise konnte er Bjarne verstehen und nahm sich vor, nicht mehr mit Moritz zu flirten, aber wenn es Bjarne beruhigte, würde er sich nach einem neuen Berater umschauen.

»Nein, der ist ja erst neu.«

»Bjarne, ich bin nicht deine Eltern, hörst du? Nicht jeder in deinem Leben lässt dich im Stich. Abgesehen davon, dass Moritz Single ist und wir dieselben Interessen haben, will der sich austoben, wie er es so nett ausdrückt. Der ist viel lieber auf Partys unterwegs und möchte frei sein.«

»Nun ja, bei einer Affäre wäre er frei«, warf Bjarne ein und zog die Augenbrauen hoch. Casper seufzte.

»Blödes Beispiel. Ja, ich finde ihn attraktiv und du übrigens auch. Glaube nicht, dass ich nicht mitbekommen habe, wie du ihn gescannt hast, als ihr aufeinandergetroffen seid, aber er ist nicht du. Verstanden?«

Jetzt schmunzelte Bjarne. Stimmte, er hatte ihn sich angesehen. Er zog seine Hand aus der Hosentasche und griff über den Tisch nach Caspers, die mit dem Salzstreuer spielte.

»Ja, das ist er. Fang einfach nicht an, mir zu verschweigen, wenn ihr miteinander chattet oder telefoniert, in Ordnung? Und wenn du doch mal … sprich mit mir. Ich kann mit Ehrlichkeit besser umgehen, als mit Schweigen oder Lügen.«

Casper drückte Bjarnes Hand.

»Versprochen. Können wir jetzt endlich den blöden Futterberater aus unseren Gesprächen löschen und uns erfreulicheren Dingen zuwenden? Zum Beispiel, dass Sascha und Becki der Meinung sind, dass ich mich als Patenonkel eigne?«

Bjarne lachte auf. Aber bevor er darauf antwortete, wollte er noch etwas anderes loswerden.

»Mein kleiner Hausgeist, ich weiß, dass du nicht meine Eltern bist und immer zu mir stehst. Das hast du oft genug bewiesen und dafür bin ich dir sehr dankbar.« Am liebsten wäre er jetzt aufgestanden und hätte Casper einen Kuss gegeben, aber das fand er hier im Restaurant nicht passend.

»Sehr gerne. Und man sollte die Hoffnung nie aufgeben. Vielleicht liegt nach unserem Urlaub eine Karte im Briefkasten und sie wünschen dir eine schöne Zukunft. Eventuell haben sie nur deine Handynummer verlegt. Es gibt so viele ‚vielleichts’ in der Welt. Woher sollen wir wissen, welches zutrifft«, versuchte Casper Bjarne aufzuheitern.

Bjarne hatte nach dem Umzug vor vier Jahren von Hamburg nach Darrenberg seinen Eltern die neue Adresse per Postkarte mitgeteilt, aber bis heute keine Reaktion darauf erhalten. Seit dem fatalen Besuch, bei dem er Casper vorstellen wollte, hatte er sie nicht mehr gesehen. Es war, als ob sie ihn aus ihrem Leben gestrichen hatten.

Das wiederum mobilisierte Caspers Eltern, die für Bjarne Ersatzeltern geworden waren. Sie behandelten ihn wie ihren Sohn und nicht wie den Freund des Sohnes.

»Also, du als Patenonkel kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich sehe schon, wie du mit dem Kind an deiner Seite durch den Stall schreitest und ihm alles erklärst.« Bjarne lachte und Casper fiel erleichtert mit ein. Hoffentlich hatten sie das Thema Moritz damit begraben.

Gerade als Casper darauf antworten wollte, kam ihr Essen. Geduldig wie immer wartete er, bis Bjarne von beiden Tellern probiert hatte. Solange Bjarne nicht zufrieden war, aß er keinen Bissen. Sie waren schon in Restaurants gewesen, in denen er das Essen zurückgehen ließ mit genauen Anweisungen für den Koch. Casper hatte sich daran gewöhnt. Dieses Mal war alles zu Bjarnes Zufriedenheit und sie konnten essen.

»Was hältst du davon, wenn wir in Zukunft jeden Montagabend einfach nur für uns haben? Wir gehen ins Kino oder essen oder wozu wir auch gerade Lust haben. Montags habt ihr geschlossen und ich halte mich ab abends vom Stall fern. Nur du und ich. Kein Sascha, kein Leon«, schlug Casper vor, nachdem sie einige Minuten ihr Essen genossen hatten.

Bjarne überlegte nicht lange. »Nur du und ich? Kein Fußball, Schützenverein oder Sonstiges? Finde ich gut.«

Sie lächelten sich an. Als sie beide die Hälfte des Tellers leer hatten, tauschten sie wortlos. Auch dies war ein Ritual, das sich schnell etabliert hatte und über das sich ihre Freunde immer wieder amüsierten.

»Was hältst du von einer sehr ausgedehnten Versöhnung?«, fragte Bjarne, als sie fertig mit Essen waren.

»Fragst du mich das ernsthaft? Für Versöhnung bin ich immer zu haben, ganz egal, ob wir uns gestritten haben oder nicht.«

 

 

 

Kapitel 4

 

»Ist es nicht herrlich friedlich hier?«, fragte Casper und kuschelte sich an Bjarne. Sie saßen dick eingemummelt in einem Strandkorb auf den Dünen und beobachteten die Lichter auf dem Meer und die Sterne am Himmel. Nach dem Abendessen hatten sie beschlossen, noch einen Spaziergang zu machen und waren hier gelandet. Den Tag über hatten sie im Schwimmbad und im Museum verbracht, da es regnerisch und trübe war, aber gegen Abend hatte es aufgeklart.

»Schade, dass man den Anblick nicht einpacken und mitnehmen kann.«

Sie hatten seit gestern Abend nicht mehr über Moritz gesprochen und Casper hatte den Eindruck, dass Bjarne langsam seine alte Sicherheit zurückbekam.

»Weißt du, was wir schon ewig nicht mehr gesehen haben?«, fragte Bjarne und Casper beschlich eine Ahnung.

»Nein, das schauen wir nicht. Reichen die viermal nicht?« Bjarne kicherte leise.

»Schon gut, wollte dich nur ärgern. Wir brauchen den Film auch gar nicht mehr sehen. Ich habe ja meinen eigenen kleinen Hausgeist.« Bjarne zappelte an Caspers Seite und griff in seine Hosentasche.

»Was ist?«, beschwerte sich Casper und richtete sich auf.

»Moment, ich muss mal eben meine Hose richten.« Bjarne umfasste das Metallstück, das er seit Tagen in seiner Tasche herumschleppte und holte es heraus, hielt es aber in seiner Faust versteckt.

»Okay, kannst dich wieder anlehnen, bin fertig.«

»Und was ist mit meinem Spaß? Du kannst doch nicht alles alleine abgreifen?«, foppte Casper ihn und küsste ihn auf die Mütze. Es störte ihn massiv, dass Winter war und sie sich dick einpacken mussten. Da gab es so wenig freie Haut und Bjarnes Locken waren unter der Wollmütze versteckt.

Sie saßen eine Weile schweigend da, in der Bjarne all seinen Mut zusammensammelte. Ihm war heiß, obwohl eine kalte Brise wehte und seine Nase bestimmt schon abgefroren war. Dieser Moment war der Richtige, er musste sich nur trauen. Sein Herz begann schneller zu pochen. Na los, mach schon, feuerte er sich innerlich an. Er atmete tief durch und legte sich zum tausendsten Mal seine Worte zurecht.

»Casper«, begann er nicht gerade einfallsreich.

»Mh«, kam es nur zurück. Bjarne setzte sich aufrechter hin. Das, was er jetzt vorhatte, konnte er nicht in Lümmelstellung machen.

»Was ist denn los mit dir? Seit wir hier sitzen, bist du so unruhig«, nörgelte Casper.

»Ich muss dir was sagen. Oder besser dich etwas fragen. Aber erst was sagen«, stammelte Bjarne aufgeregt und sein Herz raste. Im Dunkeln versuchte er Caspers Blick zu finden, der sich ebenfalls aufgerichtet hatte und sitzend mit dem Rücken an der Seitenwand des Strandstuhles lehnte. Seine Hand umschloss noch immer fest das Metall, das mittlerweile die Wärme seiner Haut angenommen hatte.

»Alles in Ordnung?«, fragte Casper skeptisch, der keine Lust darauf hatte, wieder über Moritz zu sprechen.

»Du weißt, ich liebe dich.« Bjarne wandte sich Casper jetzt komplett zu und seine freie Hand begann mit einer Hosenfalte auf Caspers Bein zu spielen. Dieser blieb ruhig und ließ Bjarne die Zeit, die er brauchte. Er spürte, dass Bjarne etwas Wichtiges sagen wollte, und war drauf und dran seine Hände an der Hose abzuwischen.

»Ich liebe es, mit dir in Annendorf zu leben und zu arbeiten. Habe sogar den Treckerführerschein mit Anhänger gemacht, damit ich während der Ernte helfen kann.« Wieder hielt Bjarne inne. Es war gar nicht so einfach, wie er es sich vorgestellt hatte. Dabei waren es doch nur Wörter irgendwie zusammengewürfelt. Sein Atem wurde immer schneller. Casper blieb weiter still. Vom Strand hörten sie leises Gelächter und das Meeresrauschen.

»Ich möchte das nicht mehr hergeben und alles ganz offiziell machen.« Bjarnes Hand spielte immer noch mit der Falte, aber Casper überdeckte sie mit seiner und verschränkte ihre Finger miteinander.

»Oh mein Gott«, flüsterte Casper. Er konnte es nicht unterdrücken, war er sich doch jetzt ganz sicher, was kam. Beide schluckten und lachten im selben Augenblick auf.

»Machst du aus mir einen echten Mattenwald und heiratest mich?«, brachte Bjarne endlich atemlos hervor.

Casper atmete ein. Er hatte doch tatsächlich die Luft angehalten. Ein breites Lächeln bildete sich in seinem Gesicht und er konnte nicht fassen, dass Bjarne ihm wirklich einen Heiratsantrag gemacht hatte.

»Ja, ja natürlich. Also ein echter Mattenwald bist du schon, aber ich heirate dich sehr gerne.« Casper zog Bjarne zu sich heran und küsste ihn. Ihm standen die Tränen in den Augen und sein Herz wummerte genauso wie das von Bjarne.

»Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich.« Bjarne atmete befreit auf und öffnete endlich seine Hand. Casper schaute auf die Innenfläche und sah es aufblitzen. Schnell kramte er sein Handy hervor und schaltete die Taschenlampe ein. Vorsichtig nahm er den Gegenstand in die Hand und betrachtete sein Geschenk. Ein Spider-Man Schlüsselanhänger.

»Da ist auch etwas auf der Rückseite eingraviert.« Bjarne drehte den Anhänger um und zeigte darauf. Es war das Datum ihres ersten Treffens in Osnabrück.

»Der ist total schön. Danke dir.« Wieder zog Casper Bjarne zu sich heran, um ihm einen Kuss zu geben. »Den werde ich nie benutzen können. Was ist, wenn ich ihn verliere oder zerkratze? Bei meinem Glück dauert es keine Stunde und er ist voller Kuhscheiße.«

»Natürlich benutzt du ihn. Das ist kein Artefakt, das nur zum Anstarren da ist«, widersprach Bjarne.

»Kannst du deine Mütze mal absetzen?«, bat Casper und Bjarne kam dem Wunsch nach. Ihm war klar, was Casper vorhatte. Der vergrub sogleich seine Finger in den Locken und küsste Bjarne jetzt noch einmal ausgiebig. Danach lehnte er sich an die Wand des Strandkorbes und blickte auf das Meer hinaus.

»Wie lange hast du diesen Urlaub geplant?«, fragte Casper glücklich.

»Oh, so etwa ein halbes Jahr, aber gebucht tatsächlich erst letzte Woche. Und ich war mir gar nicht sicher, ob ich das durchziehen würde. Vor allem, na ja, du weißt schon.« Bjarne kuschelte sich jetzt an Casper, nachdem er seine Mütze wieder aufgesetzt hatte.

»Ein halbes Jahr? Und ich habe nichts mitbekommen«, sagte Casper erstaunt.

»Wir haben den Umbau geplant, viel gearbeitet, sehr viele Termine gehabt. Da kann das schon mal untergehen.«

»Ich war überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen dir einen Antrag zu machen. Zumindest noch nicht.«

»Ist ja nicht so, als ob um uns herum in den letzten beiden Jahren genug geheiratet wird. Da kann man auch nicht auf den Gedanken kommen«, foppte Bjarne Casper.

»Hast ja recht.« Sie wurden wieder still und sahen aufs dunkle Meer hinaus. »Meinst du, wir können das wirklich nicht einpacken und mitnehmen? Das würde so schön ins Schlaf- oder Wohnzimmer passen.«

Bjarne atmete tief ein, allerdings schon viel entspannter als vorhin. Es war ein schöner Gedanke. Er würde diese Momente auch sehr gerne in eine Schachtel packen und wenn er sie brauchte, hervorholen und wieder erleben.

Plötzlich traten zwei Menschen in ihr Sichtfeld und blieben bei ihnen stehen. Casper und Bjarne zuckten erschrocken zusammen. Die beiden waren so leise herangekommen, dass sie sie nicht gehört hatten.

»Entschuldigen Sie bitte«, sprach die Frau sie an.

Sie setzten sich beide aufrecht hin.

»Ja?«, antwortete Bjarne fragend.

»Es ist vielleicht nicht die feine englische Art, aber wir haben zugehört und alles mitbekommen. Wir saßen in dem Strandkorb dort drüben.« Sie zeigte nach rechts. Die beiden mussten über den Dünenweg gekommen sein und sich dort hingesetzt haben, als Casper und Bjarne bereits da waren. Als sie ankamen, waren alle Körbe leer gewesen.

»Oh«, war alles, was Casper herausbekam und wischte seine Hände an der Hose ab. Bei Menschen, die er nicht einschätzen konnte, überfiel ihn im Gespräch öfter Unsicherheit.

»Wir wollten es uns nicht nehmen lassen als unfreiwillige Zuhörer und Ihnen herzlich zur Verlobung gratulieren.«

Wäre es hell gewesen, hätten sie erkennen können, dass Casper die Hitze in die Wangen geschossen war.

Das Paar streckte ihnen die Hände entgegen und sowohl Bjarne als auch Casper ergriffen sie.

»Danke sehr.« Casper zog seine Hand zurück. Verlobung. Das Wort nahm sofort Platz in seinem Kopf ein. Er war jetzt verlobt. Wow. Das war noch nicht wirklich in ihm vorgedrungen. Als Jugendlicher hatte er nie zu hoffen gewagt, offen schwul leben zu können und jetzt war er verlobt, bald verheiratet.

»…sper, hörst du zu?«, holte Bjarne ihn aus seinen Gedanken und schnippte mit den Fingern vor seinem Gesicht, wie er es immer tat, wenn Casper nicht zuhörte.

»Was?«, fragte er.

»Wir wurden gefragt, ob die Herrschaften uns zu einem Sekt einladen dürfen.«

»Oh, warum?«, gab er nicht geistreich von sich.

Der Herr lachte auf. Anhand der Stimmen schätzte Casper sie etwas älter ein.

»Weil ihr Partner uns gerade erzählte, dass Sie nichts zum Anstoßen haben und unsere Ferienwohnung ist nur den Weg hinunter am Anfang des Ortes.«

»Wir haben Sekt, da wir morgen auf unseren vierzigsten Hochzeitstag anstoßen wollen«, ergänzte die Frau.

Bjarne blickte zu Casper, konnte aber aufgrund der Dunkelheit seinen Gesichtsausdruck nicht entziffern.

»Sie müssen natürlich nicht. Es war eine spontane Idee. Entschuldigen Sie bitte, wenn wir aufdringlich sind«, setzte sie hinterher. »Wir sind übrigens Luisa und Werner Burig.«

»Oh, nein, das ist sehr lieb von Ihnen.

---ENDE DER LESEPROBE---