Komödien, Band 1 - Molière - E-Book

Komödien, Band 1 E-Book

Moliere

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Beschreibung

Molière (eigentlich Jean-Baptiste Poquelin) war ein französischer Schauspieler, Theaterdirektor und Dramatiker. Er ist einer der großen Klassiker und machte die Komödie zu einer der Tragödie potenziell gleichwertigen Gattung. Vor allem erhob er das Theater mehrere Jahre lang zum Diskussionsforum für die Probleme "richtigen" und "falschen" Verhaltens in der Gesellschaft seiner Zeit. Dieser Band umfasst die Theaterstücke: Der eingebildete Kranke Der Menschenfeind Die Schule der Ehemänner Die Schule der Frauen

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Komödien, Band 1

Molière

Inhalt:

Jean Baptiste Molière  - Biografie und Bibliografie

Der eingebildete Kranke

Personen

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt.

Zehnter Auftritt.

Elfter Auftritt.

Erstes Zwischenspiel.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Erster Ballett-Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Zweiter Ballett-Auftritt.

Dritter Ballett-Auftritt.

Vierter Ballett-Auftritt.

Zweiter Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt.

Zehnter Auftritt.

Elfter Auftritt.

Zwölfter Auftritt.

Zweites Zwischenspiel.

Erster Ballett-Auftritt.

Zweiter Ballett-Auftritt.

Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt.

Zehnter Auftritt.

Elfter Auftritt.

Zwölfter Auftritt.

Dreizehnter Auftritt.

Vierzehnter Auftritt.

Fünfzehnter Auftritt.

Sechzehnter Auftritt.

Siebzehnter Auftritt.

Achtzehnter Auftritt.

Neunzehnter Auftritt.

Zwanzigster Auftritt.

Einundzwanzigster Auftritt.

Zweiundzwanzigster Auftritt.

Dreiundzwanzigster Auftritt.

Drittes Zwischenspiel.

Erster Ballett-Auftritt.

Zweiter Ballett-Auftritt.

Dritter Ballett-Auftritt.

Vierter Ballett-Auftritt.

Der Menschenfeind

Personen

Erster Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Zweiter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Dritter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Vierter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Die Schule der Ehemänner

Personen

Erster Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Zweiter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Elfter Auftritt

Zwölfter Auftritt

Dreizehnter Auftritt

Vierzehnter Auftritt

Fünfzehnter Auftritt

Dritter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt

Die Schule der Frauen

Personen

Erster Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Zweiter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Dritter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Vierter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Fünfter Akt

Erster Auftritt

Zweiter Auftritt

Dritter Auftritt

Vierter Auftritt

Fünfter Auftritt

Sechster Auftritt

Siebenter Auftritt

Achter Auftritt

Neunter Auftritt

Komödien, Band 1, Molière

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849631994

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Jean BaptisteMolière  - Biografie und Bibliografie

Eigentlich Jean Baptiste Poquelin, der größte franz. Lustspieldichter, geb. 15. Jan. 1622 in Paris, gest. daselbst 17. Febr. 1673, erhielt seine Bildung auf dem Collège de Clermont (später Louis le Grand), genoß den Unterricht des berühmten Philosophen Gassendi (seine uns nicht erhaltene Lukrez-Übersetzung fällt in diese Zeit), studierte die Rechte und trat 1643, einer unwiderstehlichen Neigung folgend, unter dem Namen »M.« in eine Schauspielergruppe, die sich l'Illustre Théâtre nannte, aber in Paris Fiasko machte und wegen schlechter Geschäfte 1645 in die Provinz ging. Hier schwang sich M. bald zum Direktor auf, durchstreifte mit seiner Truppe, die anfangs im Dienste des Herzogs von Epernon in Bordeaux, später des Prinzen von Conti, Gouverneurs von Languedoc, in Pézenas (wo ihm 1897 ein Denkmal, von Injalabert, errichtet wurde) stand, zwölf Jahre lang ganz Frankreich und kehrte 1658, an Erfahrungen reich, nach Paris zurück. In die Wanderzeit fallen, neben vielen unbedeutenden Stücken, seine beiden Lustspiele: »L'Étourdi« (Lyon 1655, nach dem »Inavvertito« des Barbieri) und »Le dépit amoureux« (1656). Bald erwarb sich die neue Truppe, die in Paris anfangs im Petit-Bourbon, dann seit 1661 im Palais-Royal spielte, die Gunst des Königs und Monsieurs, seines Bruders, dessen Truppe sie sich nannte, die des Publikums erst 1659 durch die »Précieuses ridicules«, eine Satire gegen die Unnatur und Ziererei der Sprache, die in den Zirkeln des Hôtel Rambouillet gesprochen wurde. Dadurch machte er sich viele Feinde, die in Verbindung mit den in ihrem Privilegium geschädigten Schauspielern des Hôtel de Bourgogne keine Gelegenheit vorübergehen ließen, um M. in Wort und Schrift anzugreifen. Auf »Sganarelle« (1660) und den mißglückten »Don Garcie« (1661) folgten in demselben Jahr »L'école des maris«, eine Nachahmung der »Adelphi« des Terenz, und »Les Fâcheux«. 1662 ging er eine Ehe ein mit Armande Béjart, der Schwester (nach andern Tochter) seiner Freundin Madeleine Béjart, die ihm durch ihr oberflächliches, kokettes Wesen sein ganzes Leben verbittert hat. Schon wenige Monate darauf war er in der Lage, in dem Lustspiel »L'école des femmes« seine verzweifelte Stimmung zu schildern. Auf die heftigen Angriffe seiner Feinde antwortete er mit der »Critique de l'École des femmes« und dem »Impromptu de Versailles«. Nach einigen Gelegenheitsstücken: »Le mariage forcé«, »La princesse d'Elide« (1664), »Don Juan, ou le Festin de Pierre«, »L'amour médecin« (1665), brachte er 1666 den »Misanthrope«, sein großartigstes und wahrstes Stück, auf die Bühne und, nachdem er wiederum einige kleinere Stücke für die Unterhaltung des Hofes verfaßt hatte (»Le médecin malgré lui«, »Le ballet des muses«, »Le Sicilien, ou l'Amour peintre«), 1667 den »Tartuffe« u. d. T.: »L'Imposteur«, aber nur mit Einer Vorstellung; erst 1669 gelang es ihm, nach Überwindung der äußersten Schwierigkeiten, das Stück drei Monate hindurch auf dem Repertoire zu erhalten; der Jubel des Publikums entschädigte ihn für die Exkommunikation und die offenen und versteckten Angriffe seiner Feinde. In der Zwischenzeit (1668) gingen der »Amphitryon« (nach Plautus), »George Dandin« und »L'Avare« über die Bretter; letzterer, nach Plautus und in Prosa geschrieben, von Goethe für »besonders groß und in hohem Grade tragisch« gehalten. Nun folgen wieder Unterhaltungsstücke für den Hof: »Monsieur de Pourceaugnac«, »Les amants magnifiques«, die Ballettkomödie »Le bourgeois gentilhomme«, »Les fourberies de Scapin«, »La comtesse d'Escarbagnas«; dann sein letztes Meisterwerk: »Les femmes savantes« (1672), wie die »Précieuses ridicules« gegen die Pedanterie und Unweiblichkeit der Frauen gerichtet. Die vierte Ausführung des »Malade imaginaire« war seine letzte Leistung. Seine durch Sorgen und Arbeit untergrabene Gesundheit erlag den Anstrengungen, als er in der Promotionsszene das Wort »Juro« aussprach; er bekam einen Blutsturz und verschied wenige Stunden darauf. Die Geistlichkeit versagte ihm ein ehrliches Begräbnis; in der Nacht und unter den Verwünschungen des fanatisierten Pöbels wurde er begraben. Erst 1817 brachte man seine (angeblichen) Gebeine auf den Père Lachaise. 1778 stellte die Akademie, deren Pforten dem Dichter verschlossen gewesen waren, seine Büste in ihrem Saal auf; eine andre, von Houdon (s. Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 1), fand 1775 im Foyer der Comédie-Française Platz, und 1844 wurde ihm, seinem Sterbehaus in der Rue de Richelieu gegenüber, ein Denkmal, die Fontaine Molière, errichtet. Mignard hat den Dichter zu verschiedenen Zeiten gemalt.

M. war von Haus aus ein vorzüglicher Schauspieler. Nicht nur die Rollen, die er für sich geschrieben, sondern auch andre, besonders die komischen, weniger die tragischen, spielte er unter dem Beifall des Publikums; schon sein Mienenspiel erregte stürmische Heiterkeit. Dabei war er eifrig und gewissenhaft, für gewöhnlich ernst, ja melancholisch; von seinen reichen Einnahmen machte er, zum Nutzen seiner Freunde und seiner Kunst, einen edlen Gebrauch. Vor allem aber ist M. Dichter, und wenn er schon in jenen Stücken, die er zur Augen- und Ohrenweide eines vergnügungssüchtigen Hofes schrieb, und in seinen Possen, in denen er seiner tollen Laune den Zügel schießen läßt, ungewöhnlichen Reichtum der Phantasie, seltene Leichtigkeit des Schaffens, tiefe Weisheit und unerschöpfliche Laune bekundet, so erheben ihn seine großen Charakterkomödien mit ihrer reinen Menschlichkeit und ewigen Wahrheit zu einem der ersten Dichter aller Zeiten. M. schafft selten frei; fast immer hat er Rahmen und Färbung seiner Stücke den Alten, den Italienern oder Spaniern entlehnt. Den Inhalt aber bilden die Torheiten und Lächerlichkeiten seiner Zeit; Falschheit und Unnatur, Heuchelei und Lüge verfolgt er mit glühendem Haß. Aber nicht Gestalten seiner Phantasie führt er uns vor, das Leben, das warme, wirkliche, pulsiert in seinen Werken; seine Blaustrümpfe und Marquis, sein Menschenfeind und Tartüff sind typisch geworden. Dazu ist die Kunst, Verwickelungen zu erfinden (minder sie zu lösen), die Spannung des Zuschauers bis zum Schluß rege zu erhalten (z. B. in den »Femmes savantes«), bewunderungswürdig. Von gleicher Vortrefflichkeit ist sein Stil; klar und präzis, natürlich und doch überaus mannigfaltig, spricht er die Sprache der Stadt und des Landes, aller Klassen und aller Leidenschaften. Unter den zahlreichen Ausgaben von Molières Werken nennen wir nur die bedeutendsten: von Vivot und La Grange (1682, 8 Bde.), von Moland (2. Aufl. 1884, 12 Bde.) und besonders von Despois und Mesnard (1873–1900, 13 Bde.). Die letztere gibt im 10. Band eine ausführliche Biographie Molières, im 11. eine Bibliographie, im 12. und 13. ein Wörterbuch. Gute Schulausgaben einzelner Stücke besorgten Laun (fortgesetzt von Knörich, Leipz. 1873–1886, 14 Bde.) und Friische (Berl. 1879 ff.). Für die besten deutschen Übersetzungen der Werke Molières gelten mit Recht die des Grafen Wolf Baudissin, in fünffüßigen, reimlosen Jamben (Leipz. 1865–67, 4 Bde.), und die von L. Fulda (»Molières Meisterwerke«, 4. Aufl., Stuttg. 1904, 2 Bde.).

Aus der reichen Literatur über Molières Leben etc. vgl. »Régistre de Lagrange«, eine genaue Theaterchronik eines Schauspielers aus Molières Truppe (Faksimileabdruck, Par. 1876); Taschereau, Histoire de la vie et des écrits de M. (das. 1825, 4. Aufl. 1851); P. Lindau, M. (Leipz. 1872); Lotheißen, M., sein Leben und seine Werke (Frankf.1880); Mahrenholtz, Molières Leben und Werke (Heilbr. 1881); Moland, M., sa vie et ses ouvrages (1886); Fournel, Les contemporains de M. (1863 bis 1866, 3 Bde.); P. Lacroix, Iconographie moliéresque (2. Aufl. 1876); Chardon, Nouveaux documents sur la vie de M. (1886–1905, 2 Bde.); Larroumet, La comédie de M., l'auteur et le milieu (1887); Ehrhard, Les comédies de M.en Allemagne (1888); Eloesser, Die älteste deutsche Übersetzung Molièrescher Lustspiele (Berl. 1893); H. Fritsche, M. – Studien, ein Namenbuch zu Molières Werken (2. Ausg., das. 1887); Monval, Chronologie Moliéresque (Par. 1897); H. Schneegans, Molière (Bd. 42 der »Geisteshelden«, Berl. 1902); Davignon, M. et la vie (Par. 1904); Martinenche, M. et le théâtre espagnol (das. 1905); Trollope, Life of M. (Lond. 1905); Mantzius, Molieretiden (Kopenh.1904; franz. von Pellison, Par. 1908). Als besondere Organe für die Molière-Forschung dienten der »Molièriste« (Par. 1879–89) 1010 das »Molière-Museum« (hrsg. von Schweitzer, Wiesb. 1879–84).

Der eingebildete Kranke

Personen

Argan

Belinde, dessen zweite Frau

Angelique, Argans Tochter

Louison, ihre kleine Schwester

Beralde, Argans Bruder

Cleanthe

Dr. Diafoirus

Thomas Diafoirus, dessen Sohn

Dr. Purgon, Argans Arzt

Fleurant, Apotheker

Herr de Bonnefois, Notar

Toinette, Argans Dienstmädchen

Szene: Paris, Zimmer des Herrn Argan.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

ARGAN sitzt vor einem Tisch und reduziert mit Spielmarken die Rechnung seines Apothekers. Drei und zwei sind fünf, und fünf sind zehn, und zehn sind zwanzig; drei und zwei sind fünf. – »Item, den vierundzwanzigsten ein insinuatives, präparatives und erweichendes kleines Klistier für Herrn Argan, zur Schmeidigung, Anfeuchtung und Erfrischung der Eingeweide Wohldesselben.« Was mir an Herrn Fleurant, meinem Apotheker, besonders gefällt, ist, daß seine Rechnungen immer so höflich stilisiert sind. »Zur Erfrischung der Eingeweide Wohldesselben; dreißig Sous.« Ja; aber mein lieber Herr Fleurant, es ist nicht genug, daß man höflich sei; man muß auch billig sein und die Kranken nicht schinden. Ein Klistier dreißig Sous! – Gehorsamer Diener, das habe ich Euch schon gesagt; Ihr habt mir's in anderen Rechnungen mit zwanzig Sous angesetzt, und zwanzig Sous in der Apothekersprache bedeuten zehn; schreiben wir also zehn Sous. »Item, von selbigem dato, ein gutes purifizierendes Klistier, nach Vorschrift zusammengestellt aus doppeltem Katholikon, Rhabarber, Rosenhonig und andern Ingredienzen, um Herrn Argans Unterleib auszufegen, zu spülen und zu reinigen, dreißig Sous.« Mit Eurer Erlaubnis, zehn Sous. »Item, von selbigem dato ein hepatischer, soporativer und schlafbringender Julep, um Herrn Argan Nachtruhe zu verschaffen, fünfunddreißig Sous.« Gegen den Julep will ich nichts sagen, denn ich schlief vortrefflich darauf. Zehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn Sous und sechs Deniers. »Item, den fünfundzwanzigsten, eine gute reinigende und stärkende Mixtur, bestehend aus frischer Quassia nebst levantinischen Sennesblättern und andern Ingredienzen nach der Verordnung des Herrn Dr. Purgon, um Herrn Argan die Galle auszuscheiden und zu vertreiben, vier Livres.« Ei, mein guter Herr Fleurant, das heißt die Leute zum besten haben; man muß leben und leben lassen. Herr Purgon hat Euch nicht geheißen, vier Livres anzuschreiben; seid so gut und setzt drei Livres. Zwanzig und dreißig Sous. »Item, vom nämlichen dato, ein anodiner adstringierender Trank, um Herrn Argan eine wohlschlafende Nacht zu verschaffen, fünfunddreißig Sous.« Gut; zehn und fünfzehn Sous. »Item, am sechsundzwanzigsten, ein karminatives Klistier, um Herrn Argan die Blähungen zu vertreiben, dreißig Sous.« Zehn Sous, Herr Fleurant. »Item Herrn Argans Klistier, am Abend wiederholt, wie oben, dreißig Sous.« Zehn Sous, Herr Fleurant! »Item, am siebenundzwanzigsten, eine wohltätige Medizin, um den Stuhlgang zu beschleunigen und Herrn Argan von seinen bösen Säften zu befreien, drei Livres.« Gut, zwanzig und dreißig Sous: es freut mich, daß Ihr so billig seid. »Item, am achtundzwanzigsten, eine Portion abgeklärter und versüßter Molken, um Herrn Argan das Blut zu mildern, zu besänftigen, abzukühlen und zu erfrischen, zwanzig Sous.« Gut, schreiben wir zehn Sous. »Item, ein herzstärkender und präservativer Trank, versetzt mit zwölf Gran Bezoar, Sirup von Limonaden und Granatäpfeln und allerlei andern Zutaten, nach Vorschrift, fünf Livres.« Sachte, sachte, mein lieber Herr Fleurant, wenn's gefällig ist; wenn Ihr so mit den Leuten umgeht, wer wird denn da noch krank sein wollen? – Begnügt Euch mit vier Franken; zwanzig und vierzig Sous. Drei und zwei macht fünf, und fünf macht zehn, und zehn macht zwanzig; dreiundsechzig Livres vier Sous sechs Deniers. Folglich hätte ich denn in diesem Monat gebraucht: eine, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Mixturen, und eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf Klistiere; und letzten Monat waren's zwölf Mixturen und zwanzig Klistiere. Da ist's freilich kein Wunder, wenn ich mich diesen Monat weniger wohl fühle als den vorigen. Ich muß es Herrn Purgon sagen, damit er beizeiten vorbeugt. Heda! – Räumt mir das alles hier weg. Er bemerkt, daß niemand im Zimmer ist. Niemand hier! – Ich mag noch so viel sagen, sie lassen mich immer allein; da hilft nichts, sie lassen sich nicht halten. Nachdem er mit einer Handklingel geschellt. Niemand hört mich, und meine Klingel ist nicht laut genug.Er schellt wieder. Sie sind alle taub! – Toinette! Schellt abermals. Grade als ob ich gar nicht klingelte. Spitzbübin! Galgenbrut! Er schellt. Aus der Haut möchte man fahren! – Er schellt nicht mehr, sondern schreit aus allen Kräften. Klingling ling ling ling ling! – Zum Teufel mit dir, du Rabenaas! Ist's denn erhört, einen armen Kranken so allein zu lassen? – Klingling ling ling ling ling! – Das ist doch wahrhaftig zum Erbarmen. Klingling ling! Ach, du lieber Gott, sie werden mich hier sterben, lassen! – Klingling ling!

Zweiter Auftritt.

Argan. Toinette.

TOINETTE. Ich komme schon!

ARGAN. Warte, du Racker! Warte, du Spitzbübin!

TOINETTE stellt sich, als habe sie sich an den Kopf gestoßen. Zum Teufel mit Eurer Ungeduld! – Ihr hetzt einen so ab, daß ich mir draußen einen gewaltigen Stoß mit der Stirn gegen einen Fensterladen gegeben habe.

ARGAN zornig. Ah, du Ausbund! ...

TOINETTE unterbricht ihn. Au!

ARGAN. Es ist schon ...

TOINETTE. Au!

ARGAN. Schon wenigstens eine Stunde ...

TOINETTE. Au!

ARGAN. Daß ich hier allein ...

TOINETTE. Au!

ARGAN. Schweig doch, Spitzbübin; ich will mit dir zanken.

TOINETTE. Nun ja, bei meiner armen Seele! – Da kämt Ihr mir eben recht, nachdem ich mir just so weh getan habe!

ARGAN. Muß ich mir deinetwegen den Hals abschreien, du Racker?

TOINETTE. Und ich habe mir Euretwegen den Kopf zerstoßen; das ist wohl eines so schlimm als das andere. Wenn's Euch gefällig ist, wollen wir's miteinander aufgehen lassen.

ARGAN. Was, du Spitzbübin ...

TOINETTE. Wenn Ihr zanken wollt, so fange ich an zu weinen.

ARGAN. Mich so allein zu lassen, du nichtsnutziges Ding ...

TOINETTE. Au!

ARGAN. Was! Du Kröte, du willst ...

TOINETTE. Au!

ARGAN. Was! Soll ich auch nicht einmal die Freude haben, sie auszuzanken?

TOINETTE. Zankt nur immer, so viel Ihr Lust habt, ich bin's zufrieden.

ARGAN. Du lässest mich ja gar nicht dazu kommen, du Wetterhexe; du fällst mir alle Augenblicke in die Rede.

TOINETTE. Wenn Ihr die Freude habt zu zanken, so ist's doch nicht mehr wie billig, daß ich mir das Vergnügen mache zu weinen. Jedem das Seine, so gehört sich's. Au!

ARGAN. Mag's denn sein; man muß sich in alles ergeben. Nimm das alles weg, Spitzbübin; nimm alles weg. Er steht auf. Hat mein Klistier heut gut operiert?

TOINETTE. Euer Klistier?

ARGAN. Ja. Ist viel Galle abgegangen?

TOINETTE. Meiner Treu, das sind Sachen, mit denen ich mich nicht abgebe. Das ist für Herrn Fleurants Nase; der hat den Profit davon.

ARGAN. Laß mir eine Tasse mit Fleischbrühe parat stellen, wenn ich das nächste nehmen werde.

TOINETTE. Dieser gute Herr Fleurant und der liebe Herr Purgon machen sich recht lustig mit Eurer Person; sie haben an Euch eine gute melkende Kuh gefunden, und ich möchte sie wohl einmal fragen, was Euch denn eigentlich fehlt, daß sie Euch so viel verschreiben.

ARGAN. Schweig, du unwissendes Ding; es kommt dir nicht zu, die Verordnungen der Ärzte zu kritisieren. Meine Tochter Angelique soll herunterkommen; ich habe ihr etwas zu sagen.

TOINETTE. Da kommt sie schon von selbst; sie hat Eure Gedanken erraten.

Dritter Auftritt.

Argan. Angelique. Toinette.

ARGAN. Tritt näher, mein Kind; du kommst gerade recht; ich habe mit dir zu sprechen.

ANGELIQUE. Ihr dürft nur reden, mein Vater.

ARGAN. Warte! – Zu Toinette. Geschwind, meinen Stock! Ich bin gleich wieder da!

TOINETTE. Sputet Euch, sputet Euch, Herr Argan; Herr Fleurant macht uns zu schaffen.

Vierter Auftritt.

Angelique. Toinette.

ANGELIQUE. Toinette!

TOINETTE. Was?

ANGELIQUE. Sieh mich einmal an!

TOINETTE. Nun ja, das tue ich.

ANGELIQUE. Toinette!

TOINETTE. Ja doch! Was denn, Toinette!

ANGELIQUE. Rätst du nicht, wovon ich sprechen will?

TOINETTE. Ich kann mir's schon denken; von unserm jungen Liebhaber; denn seit sechs Tagen ist von nichts anderm die Rede, und es fehlt Euch etwas, wenn Ihr nicht jeden Augenblick von ihm erzählen könnt.

ANGELIQUE. Wenn du das weißt, warum fängst du denn nicht gleich zuerst von ihm an? – Und warum ersparst du mir nicht die Mühe, dich auf diesen Diskurs zu bringen?

TOINETTE. Ihr laßt mir ja gar nicht die Zeit dazu, und sorgt schon dafür, daß man Euch nicht zuvorkommen kann.

ANGELIQUE. Ich gestehe dir, ich kann es nicht müde werden, von ihm zu sprechen, und sehne mich nach jedem Augenblick, wo ich dir mein Herz ausschütten kann. Sage mir aber, Toinette, tadelst du denn meine Neigung für ihn?

TOINETTE. Behüte!

ANGELIQUE. Habe ich unrecht, mich diesem süßen Gefühl hinzugeben?

TOINETTE. Wer sagt denn das?

ANGELIQUE. Oder verlangst du, daß ich für die zärtlichen Beteuerungen seiner feurigen Leidenschaft gleichgültig bleibe?

TOINETTE. Das wolle Gott nicht!

ANGELIQUE. Sag mir doch, findest du nicht auch in der wunderbaren Art, wie wir unsere Bekanntschaft gemacht haben, etwas Verhängnisvolles und einen Fingerzeig des Himmels?

TOINETTE. Ja.

ANGELIQUE. Findest du nicht, daß die Art, wie er meine Verteidigung übernahm, ohne mich zu kennen, ein durchaus edles Herz beweist?

TOINETTE. Ja.

ANGELIQUE. Daß man nicht großmütiger handeln konnte?

TOINETTE. Gewiß!

ANGELIQUE. Und daß er sich dabei mit dem feinsten Anstand betrug?

TOINETTE. Jawohl!

ANGELIQUE. Findest du ihn nicht auch sehr hübsch gewachsen, Toinette?

TOINETTE. Versteht sich!

ANGELIQUE. Und von angenehmstem Äußern?

TOINETTE. Ohne Frage.

ANGELIQUE. Hat nicht alles, was er sagt und was er tut, einen gewissen Adel?

TOINETTE. Das ist sicher.

ANGELIQUE. Kann man sich leidenschaftlicher und liebevoller ausdrücken, als er in jedem seiner Worte?

TOINETTE. Unmöglich!

ANGELIQUE. Und gibt es wohl etwas Unerträglicheres, als den Zwang, in dem man mich hält, der jede Äußerung unserer gegenseitigen Zärtlichkeit verbietet?

TOINETTE. Ihr habt ganz recht.

ANGELIQUE. Aber, meine gute Toinette, glaubst du auch, daß er mich wirklich so liebt, wie er sagt?

TOINETTE. Ja seht, das sind Dinge, die man nicht immer verbürgen kann. Die Verstellung in der Liebe sieht mitunter der Wahrheit täuschend ähnlich; und ich habe Leute gekannt, die in diesem Punkt große Komödianten waren.

ANGELIQUE. Ach, Toinette, was sagst du da! Wie, wäre es denn möglich, daß, wenn er spricht, wie er's tut, er nicht die Wahrheit sagte?

TOINETTE. Ihr werdet jedenfalls darüber bald im klaren sein; und sein Entschluß, von dem er Euch gestern schrieb, um Eure Hand anhalten zu lassen, ist das sicherste Mittel, Euch zu überzeugen, ob er's aufrichtig meint oder nicht. Das wird der beste Beweis sein.

ANGELIQUE. Ach, Toinette, wenn der mich betrügt, so glaube ich in meinem ganzen Leben keinem Manne mehr!

TOINETTE. Da kommt Euer Vater wieder.

Fünfter Auftritt.

Argan. Angelique. Toinette.

ARGAN. Also denn, mein Kind, ich habe dir eine Neuigkeit mitzuteilen, die du dir vielleicht nicht vermutest. Es hat jemand um dich angehalten. Wie! – Du lachst? – Ja, ja, das Wort Heirat gefällt dir; es klingt allen jungen Mädchen gut. Oh, Natur! Natur! – Wie ich sehe, meine liebe Tochter, habe ich nicht nötig, dich erst zu fragen, ob du etwas dagegen hast.

ANGELIQUE. Ich muß alles tun, Herr Vater, was Euch gefällig sein wird, mir zu befehlen.

ARGAN. Es freut mich, daß ich eine so gehorsame Tochter habe. Die Sache ist also abgemacht, und ich habe dich versprochen.

ANGELIQUE. Es ist meine Schuldigkeit, Herr Vater, Eurem Willen in allem blindlings zu folgen.

ARGAN. Meine Frau, deine Stiefmutter, hatte im Sinne, ich solle dich in ein Kloster schicken, dich und deine kleine Schwester Louison; sie war von jeher darauf erpicht.

TOINETTE beiseite. Die liebe Seele hat ihre guten Ursachen.

ARGAN. Sie wollte in diese Heirat nicht willigen; ich habe es aber durchgesetzt und mein Wort gegeben.

ANGELIQUE. Ach, mein Vater, wie danke ich Euch für alle Eure Güte!

TOINETTE zu Argan. Wahrhaftig, das freut mich um Euch, und Ihr habt in Eurem ganzen Leben nichts Klügeres getan.

ARGAN. Ich habe deinen Zukünftigen noch nicht gesehen: aber man sagt mir, ich würde mit ihm zufrieden sein und du ebenfalls.

ANGELIQUE. Ja, gewiß, mein Vater.

ARGAN. Wie! Kennst du ihn denn schon?

ANGELIQUE. Weil Eure Zustimmung mir erlaubt, Euch mein Herz zu eröffnen, so darf ich Euch nicht verschweigen, daß der Zufall uns vor sechs Tagen zusammengeführt hat, und daß sein Antrag eine Folge der Zuneigung ist, die wir vom ersten Augenblick an füreinander gefaßt haben.

ARGAN. Das hatten sie mir nicht gesagt; aber es ist mir lieb zu hören, und um so viel besser so. Sie versichern mir, es sei ein langer, hübscher junger Mensch.

ANGELIQUE. Ja, Herr Vater.

ARGAN. Gut gewachsen.

ANGELIQUE. Jawohl.

ARGAN. Von angenehmem Wesen.

ANGELIQUE. Ganz recht.

ARGAN. Eine gute Physiognomie –

ANGELIQUE. Eine sehr gute!

ARGAN. Verständig und von guter Familie –

ANGELIQUE. Ja, das ist er.

ARGAN. Sehr höflich –

ANGELIQUE. Der höflichste Mensch von der Welt.

ARGAN. Soll gleich gut Lateinisch und Griechisch sprechen –

ANGELIQUE. Davon weiß ich nichts.

ARGAN. Und wird in drei Tagen sein Diplom als Doktor der Medizin erhalten.

ANGELIQUE. Er, mein Vater?

ARGAN. Ja. Hat er dir's nicht gesagt?

ANGELIQUE. Nein, wahrhaftig. Wer hat Euch das aber erzählt?

ARGAN. Herr Doktor Purgon.

ANGELIQUE. Kennt Doktor Purgon ihn denn?

ARGAN. Schöne Frage! Er muß ihn ja wohl kennen, weil er sein Onkel ist.

ANGELIQUE. Cleanthe wäre Herrn Purgons Neffe?

ARGAN. Was für ein Cleanthe? Wir sprechen von dem, der um dich hat anhalten lassen.

ANGELIQUE. Ganz recht!

ARGAN. Nun also! Und der ist Herrn Purgons Neffe; der Sohn seines Schwagers, des Doktors Diafoirus: selbiger Sohn heißt aber Thomas und nicht Cleanthe; und wir haben diese Heirat heut morgen verabredet, Herr Purgon, Herr Fleurant und ich: morgen soll mein zukünftiger Schwiegersohn mir von seinem Vater vorgestellt werden. Was ist dir denn? Du bist ja ganz außer Fassung?

ANGELIQUE. Ach, bester Vater, ich sehe, Ihr habt von ganz einem andern gesprochen, als an den ich dachte!

TOINETTE. Wie, Herr Argan, hättet Ihr wirklich einen so närrischen Gedanken gehabt? Und wolltet Ihr mit Eurem vielen Gelde Eure Tochter an einen Arzt verheiraten?

ARGAN. Ja. Was hast du darein zu reden, du unverschämte Spitzbübin?

TOINETTE. Sachte, sachte, Herr Argan. Ihr fangt gleich mit Schimpfworten an. Können wir denn nicht miteinander reden, ohne uns zu ereifern? – So, laßt uns die Sache einmal ganz gelassen betrachten. Was habt Ihr für einen Grund, wenn's Euch gefällig ist, um diese Heirat zu wünschen?

ARGAN. Was für einen Grund? Schwach und kränklich, wie ich bin, will ich einen Arzt zum Eidam und Ärzte zu Verwandten haben, um mir zuverlässigen Beistand gegen meine Krankheit zu sichern; um die Quellen zu den Mitteln, die mir verschrieben werden, in meiner Familie zu wissen, und um die Konsultationen und Verordnungen immer bei der Hand zu haben.

TOINETTE. Sehr gut! Das nenne ich wenigstens einen Grund anführen, und es ist ein Vergnügen, sich einer mit dem andern in aller Sanftmut zu besprechen. Aber, mein bester Herr, antwortet mir einmal auf Ehre und Gewissen: seid Ihr krank?

ARGAN. Was, du Spitzbübin, ob ich krank bin? Ob ich krank bin, du unverschämte Kreatur?

TOINETTE. Ei nun ja, Herr Argan, Ihr seid krank; darüber wollen wir nicht miteinander zanken. Ja, Ihr seid sehr krank, das gebe ich zu, und kränker als Ihr denkt: damit wären wir fertig. Aber Eure Tochter soll einen Mann für sich nehmen; und da sie nicht krank ist, scheint mir's nicht nötig, ihr einen Arzt auszusuchen.

ARGAN. Es ist ja auch meinetwegen, daß ich ihr diesen Arzt ausgesucht habe; und eine wohlgeartete Tochter sollte sich freuen, wenn sie für die Gesundheit ihres Vaters heiraten kann.

TOINETTE. Meiner Seel', Herr Argan; dazu kann ich nicht schweigen: wollt Ihr, daß ich Euch als Freundin einen Rat gebe?

ARGAN. Laß einmal hören!

TOINETTE. Daß Ihr an diese Heirat nicht denken sollt.

ARGAN. Und der Grund?

TOINETTE. Der Grund? – Weil Eure Tochter nicht darin einwilligen wird.

ARGAN. Sie wird nicht einwilligen?

TOINETTE. Nein.

ARGAN. Meine Tochter?

TOINETTE. Eure Tochter. Sie wird Euch sagen, daß sie weder von Herrn Diafoirus, noch von seinem Sohne, Herrn Thomas Diafoirus, noch von allen Diafoirus der ganzen Welt das mindeste wissen will.

ARGAN. Aber ich will etwas von ihnen wissen, ich; und überdem ist die Partie viel besser als man denkt. Herr Diafoirus hat nur den einen Sohn zum Erben; Herr Purgon, der weder Weib noch Kind hat, verschreibt diesem um seiner Heirat willen sein ganzes Vermögen; und Herr Purgon ist ein Mann, der sich auf volle achttausend Franken jährlicher Renten steht.

TOINETTE. Der muß eine hübsche Menge von Menschen umgebracht haben, daß er so reich geworden ist!

ARGAN. Achttausend Franken Renten wollen etwas sagen; und dazu noch das Vermögen des Vaters!

TOINETTE. Herr Argan, das ist alles recht schön und gut: aber ich bleibe doch dabei: ich rate Euch unter uns, sucht ihr einen andern Mann aus; sie ist nicht dazu gemacht, Madame Diafoirus zu werden.

ARGAN. Ich will es aber so.

TOINETTE. I pfui! Sagt doch das nicht!

ARGAN. Was! Ich soll das nicht sagen?

TOINETTE. I nein!

ARGAN. Und warum soll ich's nicht sagen?

TOINETTE. Weil man behaupten wird, Ihr wüßtet nicht, was Ihr sprächt.

ARGAN. Mögen die Leute sagen, was sie wollen; aber ich sage dir, ich will, daß sie erfüllen soll, was ich versprochen habe.

TOINETTE. Nein; ich weiß gewiß, sie tut es nicht.

ARGAN. Ich werde sie schon zwingen.

TOINETTE. Ich wiederhole Euch, sie tut es nicht.

ARGAN. Sie tut es, oder ich stecke sie in ein Kloster.

TOINETTE. Ihr?

ARGAN. Ich.

TOINETTE. Pah!

ARGAN. Was – Pah?

TOINETTE. Ihr steckt sie nicht in ein Kloster.

ARGAN. Ich stecke sie nicht in ein Kloster?

TOINETTE. Nein.

ARGAN. Nicht?

TOINETTE. Nein.

ARGAN. Oho, das ist ja allerliebst. Ich soll meine Tochter nicht in ein Kloster schicken, wenn ich will?

TOINETTE. Nein, sage ich Euch.

ARGAN. Wer wird mir's wehren?

TOINETTE. Ihr selbst.

ARGAN. Ich?

TOINETTE. Ja. Das bringt Ihr nicht übers Herz.

ARGAN. Das werde ich.

TOINETTE. Ihr scherzt nur.

ARGAN. Ich scherze gar nicht.

TOINETTE. Die väterliche Zärtlichkeit wird Euch ergreifen.

ARGAN. Sie wird mich nicht ergreifen.

TOINETTE. Eine kleine Träne oder zwei, ein Paar Arme um Euren Hals geschlungen, ein recht zärtlich gesprochenes »mein Herzensväterchen« werden hinreichen, Euch zu rühren.

ARGAN. Das alles wird mir nichts anhaben.

TOINETTE. Ja, ja.

ARGAN. Ich sage dir, daß ich nicht davon ablasse.

TOINETTE. Kleinigkeit!

ARGAN. Nichts da von Kleinigkeit.

TOINETTE. Mein Gott, ich kenne Euch ja; Ihr seid gutherzig von Natur.

ARGAN heftig. Ich bin nicht gutherzig, ich werde auch böse, wenn ich will.

TOINETTE. Ereifert Euch nicht; Ihr bedenkt nicht, daß Ihr krank seid.

ARGAN. Ich befehle ihr unweigerlich, sie soll sich drauf gefaßt machen, den von mir bestimmten Mann zu nehmen.

TOINETTE. Und ich verbiete ihr unweigerlich, auch nur daran zu denken.

ARGAN. In welchem Lande leben wir denn? Und was ist denn das für eine Frechheit, daß ein spitzbübisches Dienstmädchen sich erdreistet, so mit ihrem Herrn zu reden?

TOINETTE. Wenn ihr Herr nicht weiß, was er tut, so hat ein vernünftiges Dienstmädchen das Recht, ihn zurückzuhalten.

ARGAN. Warte, du impertinente Kreatur, ich schlage dich tot! Er verfolgt sie.

TOINETTE stellt einen Stuhl zwischen ihn und sich. Es ist meine Pflicht, mich Dingen zu widersetzen, die Euch Schande bringen würden.

ARGAN läuft mit seinem Stock um den Stuhl herum. Komm nur heran; ich will dich reden lehren!

TOINETTE ihm immer ausweichend. Mir liegt nur dran, daß Ihr keine Torheit begeht ...

ARGAN wie zuvor. Kröte!

TOINETTE wie zuvor. Und ich werde die Heirat nie zugeben.

ARGAN wie zuvor. Meerkatze!

TOINETTE. Ich leide es nicht, daß sie Euren Thomas Diafoirus nimmt.

ARGAN wie zuvor. Rabenaas!

TOINETTE wie zuvor. Und sie wird mir mehr gehorchen als Euch.

ARGAN stillstehend. Angelique, willst du mir die infame Kreatur gleich festhalten?

ANGELIQUE. Ach, lieber Vater, macht Euch nur nicht krank.

ARGAN. Wenn du sie nicht festhältst, gebe ich dir meinen Fluch.

TOINETTE im Weggehen. Und ich enterbe sie, wenn sie Euch gehorcht.

ARGAN wirft sich in seinen Lehnstuhl. Ach! ach! Ich kann nicht mehr. Das wird mein Tod sein!

Sechster Auftritt.

Belinde. Argan.

ARGAN. Ach, Frau, komm her!

BELINDE. Was hast du, mein armes Männchen?

ARGAN. Komm mir zu Hilfe!

BELINDE. Was hat's denn gegeben, mein liebes Söhnchen?

ARGAN. Mein Lamm!

BELINDE. Mein Engel!

ARGAN. Ich bin so in Zorn geraten!

BELINDE. Ach, du armer lieber Schatz! Worüber denn, mein Männchen?

ARGAN. Deine Toinette, die Spitzbübin, war unverschämter wie je.

BELINDE. Beruhige dich nur.

ARGAN. Sie hat mich ganz in Wut gebracht, mein Lamm.

BELINDE. Still doch, liebes Söhnchen.

ARGAN. Eine ganze Stunde lang hat sie allem widersprochen, was ich tun will.

BELINDE. Ruhig, ruhig, mein Kind!

ARGAN. Sie hat die Frechheit gehabt, mir zu sagen, ich wäre nicht krank.

BELINDE. Das naseweise Ding!

ARGAN. Du weißt am besten, mein Herz, wie sich's damit verhält.

BELINDE. Ja, mein Herz, sie hat unrecht.

ARGAN. Ach, mein Goldkind, die Spitzbübin bringt mich noch unter die Erde.

BELINDE. O still doch! still doch!

ARGAN. Sie ist schuld an aller meiner Galle.

BELINDE. Ärgere dich nur nicht!

ARGAN. Und ich habe dir schon so oft gesagt, du sollst sie fortschicken.

BELINDE. Mein Gott, liebes Kind, es gibt keinen Dienstboten, der nicht seine Fehler hätte. Man muß zuweilen schon ihre schlechten Eigenschaften um der guten willen ertragen. Das Mädchen ist geschickt, sorgsam, fleißig, und überdem ehrlich und treu; und du weißt, daß man jetzt sehr vorsichtig sein muß, wenn man Leute annimmt. He, Toinette!

Siebenter Auftritt.

Argan. Belinde. Toinette.

TOINETTE. Madame?

BELINDE. Was soll das heißen, daß du meinen lieben Mann so ärgerst?

TOINETTE im sanftesten Ton. Ich Madame? – Ach, ich weiß nicht, was Ihr sagen wollt; ich denke ja an nichts, als wie ich's Herrn Argan in allen Dingen recht machen will.

ARGAN. Oh, die falsche Katze!

TOINETTE. Er sagte uns, er wolle seine Tochter dem Sohn des Herrn Diafoirus zur Frau geben; darauf antwortete ich, ich fände die Partie eine sehr annehmliche für sie, aber ich wäre der Meinung, er würde besser tun, sie in ein Kloster zu schicken.

BELINDE. Das ist so unrecht eben nicht, und ich finde, sie hat dir ganz gut geraten.

ARGAN. Ach, mein Goldkind, glaubst du ihr denn? Sie ist ein boshafter Satan und hat mir hundert Impertinenzen gesagt.

BELINDE. Nun gut, ich glaube dir, mein Engel. So, sei nur ruhig. Höre, Toinette, wenn du je wieder meinen lieben Mann ärgerst, so jage ich dich fort. Jetzt tummle dich, bringe mir seinen Pelzrock und ein paar Kissen, damit ich's ihm bequem mache. Du sitzest ja da, ich weiß nicht wie. Zieh dir deine Mütze hübsch über beide Ohren: nichts erkältet den Menschen leichter, als wenn ihm ein Zugwind ins Ohr dringt.

ARGAN. Ach, mein Lamm, wie dankbar bin ich dir für alle deine Sorgfalt!

BELINDE legt ihm die Kissen zurecht. Richte dich ein wenig auf, damit ich dir dies Kissen unterlegen kann. Das hier tue ich an diese Seite, damit du dich anlehnen kannst, und dies an die andre. Nun noch eins hinter den Rücken, und eins, um den Kopf zu stützen.

TOINETTE stülpt ihm ein Kissen derb auf den Kopf. Und noch eins, um Euch vor der Abendluft zu schützen.

ARGAN steht zornig auf und wirft Toinetten alle Kissen nach. Ah, Spitzbübin, du willst mich ersticken!

Achter Auftritt.

Argan. Belinde.

BELINDE. Stille doch! Stille! Was gibt's denn nun wieder?

ARGAN wirft sich in seinen Stuhl. Ach! ach! ach! Ich kann nicht mehr!

BELINDE. Was ereiferst du dich wieder? Sie hat geglaubt, es recht gut zu machen.

ARGAN. Mein Goldkind, du weißt nicht, wie boshaft die schändliche Kreatur ist. Ach! Ich bin ganz außer mir; und ich werde wenigstens acht Purganzen und zwölf Klistiere brauchen, um das alles wieder gutzumachen.

BELINDE. Nun, nun, mein Engel, gib dich nur zufrieden!

ARGAN. Du bist mein ganzer Trost, mein liebes Lamm.

BELINDE. Mein armes Söhnchen!

ARGAN. Ich will auch, um mich so viel ich vermag für alle deine Liebe erkenntlich zu erweisen – ich will, wie ich dir schon gesagt habe, mein Testament machen.

BELINDE. Ach, mein Engel, reden wir davon nicht, ich bitte dich; ich kann's nicht ertragen nur daran zu denken, und schon das Wort Testament macht mich schaudern.

ARGAN. Ich hatte dich gebeten, du möchtest mit deinem Notar darüber reden.

BELINDE. Er ist drinnen; ich habe ihn eben mitgebracht.

ARGAN. Laß ihn also kommen, mein Lamm.

BELINDE. Ach, mein liebster Schatz, wenn man seinen Mann so recht von Herzen liebt, ist man nicht imstande, an dergleichen zu denken.

Neunter Auftritt.

Herr de Bonnefois. Belinde. Argan.

ARGAN. Kommt näher, Herr de Bonnefois, kommt näher. Nehmt Euch einen Sessel, wenn's gefällig ist. Meine Frau hat mir gesagt, mein Herr, Ihr wäret ein braver Mann und einer von ihren besten Freunden; deshalb habe ich ihr aufgetragen, mit Euch über ein Testament zu reden, das ich machen will.

BELINDE. Ach! ich bin nicht imstande, über dergleichen Dinge zu reden!

HERR DE BONNEFOIS. Sie hat mir Eure Absichten und Pläne in Beziehung auf sie auseinandergesetzt; und darauf muß ich Euch denn bemerken, daß Ihr Eurer Frau in Eurem Testament nichts vermachen könnt.

ARGAN. Warum nicht?

HERR DE BONNEFOIS. Es ist gegen das Gewohnheitsrecht. Wenn Ihr in einer der Provinzen lebtet, in welchen geschriebenes Recht gilt, so ließe die Sache sich machen; aber hier in Paris geht es nicht an, und Eure Verfügung wäre null und nichtig. Alles, was Mann und Frau sich einander zugute tun können, ist ein gegenseitiges Geschenk unter Lebenden; und auch in dem Fall dürfen zur Zeit des Sterbefalls des ersten von beiden keine Kinder vorhanden sein, weder aus der gegenwärtigen noch aus einer früheren Ehe.

ARGAN. Das finde ich ein recht verkehrtes Herkommen, daß ein Mann seiner Frau, die er zärtlich liebt und die ihn so sorgfältig gepflegt hat, nichts hinterlassen soll. Ich hätte Lust, meinen Advokaten zu konsultieren und zu hören, was dabei zu tun ist.