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In diesem Buch beschäftigt sich der Autor mit der zentralen Figur der chinesischen Kultur- und Geistesgeschichte, mit Konfuzius. Kein einzelner anderer Mensch hat das chinesische Reich so nachhaltig beeinflusst wie Konfuzius. Die auf seinen Lehren basierende Staatsreligion, der Konfuzianismus, existierte bis zum Jahre 1911. Jeder, der das alte kaiserliche, aber auch das heutige China verstehen will, sollte sich mit dem Leben und den Lehren dieses alten chinesischen Weisen beschäftigen.
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Seitenzahl: 102
Detlef B. Fischer
Konfuzius und das alte China
© 2021 Detlef B. Fischer
Verlag und Druck:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-39223-6
Hardcover:
978-3-347-39224-3
e-Book:
978-3-347-39225-0
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhalt
Einleitung
Das Leben des Konfuzius
Lebensdaten
Die Persönlichkeit des Konfuzius
Die konfuzianische Staatsreligion
Grundlagen der konfuz. Staatsreligion
Die Götter und ihre Verehrung / Der Himmel (Tien oder Shang-ti)
Die Erde
Die kaiserlichen Ahnen
Konfuzius
Die Götter 2. Ranges
Die Götter 3. Ranges
Die Ahnenverehrung / Das jenseitige Schicksal des Menschen
Die Verehrung der Toten
Das Feng-shui
Niedergang des Konfuzianismus
Die heiligen Schriften
Aussagen westlicher Denker
Literatur
Über den Autor
Detlef B. Fischer
Konfuzius und das alte China
Einleitung
Jeder, der das China von heute verstehen will, muss sich mit dem alten, dem kaiserlichen China beschäftigen. Das Reich der Mitte, das seine spezifische Kultur im gesamten fernen Osten verbreitete, wurde maßgeblich von dem Moral- und Sittenlehrer Konfuzius und dessen Nachfolgern geprägt. Im Laufe von Jahrhunderten entwickelten die Chinesen, aufbauend auf den Lehren des Konfuzius, eine Kultur von ganz eigener Schönheit und unverwechselbarer Gestalt. Die Kultur des alten China war ganz anders aufgebaut, als die westliche Kultur. Die Chinesen hatten in der Organisation ihres Staates, in ihrer Gesellschaftsordnung, in der eigenwilligen Entwicklung ihrer, aus lauter Bildzeichen bestehenden Schrift, in ihrer Kunst und in ihren Religionen eine kulturelle Höhe erreicht, die der Europas lange Zeit überlegen war. Die Chinesen haben zahlreiche Erfindungen wesentlich früher als die Europäer hervorgebracht. Schon vor Christi Geburt kannten sie die Magnetnadel und nach 177 unserer Zeitrechnung auch die Technik des Buchdrucks. Manufakturen zur Fertigung von Seidenstoffen, Porzellanwaren, Papier und manches andere haben sie lange vor den Europäern gegründet.
Die Chinesen haben eine hochzivilisierte Kultur geschaffen und auf dem soliden Fundament ihrer Religionen eine sittliche Kraft entfaltet, die in der Menschheitsgeschichte ihresgleichen sucht. China sah sich selbst nicht als Staat unter Staaten, sondern als den Staat schlechthin, als das ehrwürdige „Reich der Mitte“, das allen anderen Staaten, Reichen, Völkern und Zivilisationen überlegen ist. Bereits in der Antike hat es nicht an zeitweilig intensiven Berührungen mit dem Abendland gefehlt. China pflegte zur Zeit des römischen Reiches über die Seidenstraße lebhaften Handel mit Vorderasien und Europa. Im 13. Jahrhundert lebten bereits Perser, Araber und Europäer am chinesischen Kaiserhof. Vom 16. Jahrhundert an begannen Portugiesen, Spanier, Holländer, Engländer und Deutsche einen ausgedehnten Handelsverkehr mit den großen chinesischen Küstenstädten. Schon seit 635 haben christliche Missionare westliches Wissen und europäische Bildung in China verbreitet, aber wesentliche, tiefgreifende Wirkungen auf die Kultur und das Leben der Bevölkerung sind durch diese Einflüsse nicht ausgeübt worden. Die Chinesen waren sich sehr wohl bewusst, dass sie den westlichen Völkern an intellektueller Begabung und im Hinblick auf ihre sittlich-religiöse Entwicklung in keiner Weise nachstehen. Man übernahm von den „Barbaren des Westens“ allerlei nützliche Kenntnisse, ließ sich um derer willen auch die Missionare gefallen, dachte im Grunde aber stets so über sie, wie Kaiser K’ang-shi (1662-1722) es einmal ausdrückte: „Diese unwissenden Barbaren wollen uns zu ihrer Religion und zu ihren albernen Hirngespinsten bekehren, ohne imstande zu sein, den tiefsten Sinn unserer heiligen Schriften zu verstehen. Sie verkennen die einzig heilsame Lehre kindlichen Gehorsams; wie hätten sie sonst auch Vater, Mutter, Freundschaft und Verwandtschaft verlassen können, um in das Reich der Mitte zu kommen?“ Dieses Selbstverständnis, Mittelpunkt und kultureller Gipfel der ganzen Welt zu sein, blieb auch dann noch erhalten, als sich die Machtverhältnisse im Reich stark zugunsten der fremden Mächte im Reich verschoben hatten. Noch im Jahre 1895 schrieb der chinesische Reformer Kang-Nu-Wei in einer Denkschrift: „An Sittlichkeit und Lebensweisheit kann uns der Westen nichts geben, was wir nicht schon in Konfuzius hätten.“
Tatsächlich ist Meister Kung-fu tse, den wir im Westen als Konfuzius kennen, die zentrale Figur der chinesischen Geistes- und Kulturgeschichte. Kein einzelner anderer Mensch hat das chinesische Reich so nachhaltig beeinflusst wie Konfuzius. In einer kaiserlichen Inschrift aus dem Jahre 1468 am Tempel des Konfuzius heißt es denn auch: „Seit Konfuzius sind über zehn Dynastien vergangen. Wie weise oder unweise die Herrscher auch waren, sie stützten sich beim Regieren doch alle auf seine Lehre.“ Dabei war die von ihm begründete Philosophenschule zu seinen Lebzeiten nur eine unter vielen im chinesischen Reich. Erst in der Han-Zeit (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) stieg die Schulrichtung des Konfuzius zur Staatsideologie auf, und es entstand das, was wir heute den Konfuzianismus nennen. Der Gründer der Han-Dynastie brachte im Jahre 195 v. Chr. am Grabe des Konfuzius ein Schlachtopfer dar und erwies ihm damit göttliche Ehrerbietung. Im Jahre 145 v. Chr. wurde ihm dort der erste Tempel errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte stieg Konfuzius dann in der Stufenleiter der Götter immer höher, und in jeder chinesischen Stadt des riesigen Reiches wurden Konfuzius-Tempel errichtet. Im Jahre 1907 schließlich wurde Konfuzius durch kaiserliches Dekret den höchsten Göttern, das waren im alten China der Himmel (Tien) und die Erde, an die Seite gestellt.
Die Erhöhung des Meisters ging Hand in Hand mit der Kanonisierung seiner Schriften und der Vormachtstellung der Gelehrten, die ihm nachfolgten. Die offizielle Staatslehre war seit 124 v. Chr. unumstritten der Konfuzianismus. Das Lehrge-bäude des Konfuzianismus fußte im Wesentlichen auf drei Säulen: 1. der quasi-religiösen Überzeugung, dass Mensch und Kosmos harmonisch miteinander verbunden sind. 2. einer staatsphilosophischen Rechtsauffassung, die der sehr optimistischen Sicht des Konfuzius in Bezug auf das Wesen des Menschen strenge juristische Regeln zur Seite stellte. 3. einer sozialpolitischen Neuorganisation, die den Zugang zum Beamtentum regelte. Auch Angehörigen der unteren Volksschichten wurde im Zuge dieser Neuordnung Zugang zu Ämtern im Staatsdienst gewährt. In den folgenden Jahrhunderten wuchs der konfuzianische Einfluss kontinuierlich an und um 1200 n. Chr. war die Staatsideologie des Konfuzianismus fest im Reich der Mitte verankert. Der Einfluss des Konfuzianismus auf Gesellschaft, Staat und Privatleben ist auch noch im aufstrebenden China des 21. Jahrhunderts deutlich zu spüren.
Das Leben des Konfuzius
Zur Zeit der Dynastie Tschou (1132-255 v. Chr.), einer Periode des Reichsverfalls, in der die Reichsgewalt gegenüber den Einzelstaaten stark geschwächt war, wurde in Ku-fu, in der heutigen Provinz Shantung, der Mann geboren, der als Kung-fu-tse („Meister Kung“) Chinas berühmtester und einflussreichster Mann geworden ist. Das Jahr der Geburt ist nicht genau bekannt, aber man nimmt das Jahr 551 als Geburtsjahr an. Nach dem frühen Tod des Vaters hatte Konfuzius, da seine Familie damals arm war, keine leichte und unbeschwerte Kindheit. Er musste seiner Mutter schon als Kind bei der Arbeit helfen, erhielt aber dennoch fundierten Schulunterricht. Auf seinem Stundenplan standen Fächer wie Bogenschießen und Wagenlenken sowie Ritual, Geschichte, Literatur, Tanz und Musik. Auch Kenntnisse in Schreiben und Rechnen gehörten zum Lehrplan seiner Schule. Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Studien wurde ihm, wie es damals üblich war, der Name eines Erwachsenen gegeben. Das bedeutete, dass er in den drei Haupttugenden unterrichtet war: Treue gegenüber dem Fürsten, Treue gegenüber dem Meister und Treue gegenüber dem Vater. Über seine eigene Kindheit schreibt Konfuzius: „Ich war der Sohn eines armen Mannes, und deswegen verstehe ich mich auf viele Dinge, die Sache der Armen sind, aber das sind Dinge von wenig Bedeutung. Muss sich denn der Weise auf viele Dinge verstehen?“
Im Alter von 19 Jahren wurde Konfuzius zunächst Verwalter von Kornspeichern und bald darauf Aufseher über die fürstlichen Güter. Er heiratete sehr früh. Sein Eheleben soll nicht sehr glücklich verlaufen sein. Sicher belegt ist, dass aus dieser Ehe eine Tochter und ein Sohn hervorgegangen sind. Im Alter von 22 Jahren entschied sich Konfuzius, seiner inneren Berufung zu folgen und begann eine eigene Lehrtätigkeit, die ihm bald auch Schüler aus vornehmen Kreisen zuführte. Als Bezahlung nahm Konfuzius das, was seine Schüler imstande waren zu geben. „Wenn einer auch nur ein Päckchen Dörrfleisch brachte, habe ich mich nicht geweigert, ihn zu unterrichten.“ (Lün-yu, 7, 7) Er erwartete von seinen Schülern Einsatz, Lernwillen und Intelligenz. „Wer keinen Eifer hat, dem teile ich nichts mit. Wer nicht nach Ausdruck ringt, dem eröffne ich ihm nicht. Wenn ich eine Ecke zeige, ohne dass er es auf die drei anderen übertragen kann, dem wiederhole ich es nicht.“ (Lün-yu. 7,8)
Im Jahre 517 unternahm Konfuzius eine Reise in die damalige kaiserliche Reichshauptstadt Lohyang (Honan), wo das prunkvolle höfische Leben tiefen Eindruck auf ihn machte. Nach kurzem Aufenthalt im Fürstentum Tsi lebte Konfuzius dann von 515-500 in stiller Zurückgezogenheit als Lehrer der alten chinesischen Weisheit in seiner Heimat. Endlich, im Jahre 500, berief ihn der Fürst seines Staates in ein Amt, das es ihm ermöglichte, seine moralischen Grundsätze und Ideale nicht nur Schülern zu vermitteln, sondern praktisch anzuwenden und zu verwirklichen. Er stieg zum Minister des Innern und der Justiz auf. Nach alten Berichten soll es dank seiner Klugheit und Tüchtigkeit geglückt sein, in der kurzen Zeitspanne von nur vier Jahren das Fürstentum positiv zu entwickeln. Die innere Ordnung, der Wohlstand, die Sittlichkeit und auch die äußere Macht des Fürstentums Lu wuchsen so unübersehbar, dass die Nachbarfürsten neidisch wurden. Der mächtige Fürst des Nachbarstaates Ch‘i griff zu einer List, um Lu zu schwächen. Er sandte dem Fürsten des Konfuzius achtzig Sängerinnen und Tänzerinnen, die den schwachen Regenten in sinnliche Abenteuer verstricken sollten, was ihnen auch gelang. Die Folge war die Entlassung des strengen Konfuzius im Jahre 497, der sich dem Sittenverfall entgegengestellt hatte und bei Hofe als unbequemer Mahner empfunden wurde. Es war eine bittere Enttäuschung für ihn, die er nie ganz verwunden hat. Rückblickend auf dieses enttäuschende Erlebnis schrieb er: „Es ist alles aus! Ich habe noch keinen gesehen, der die Tugend ebenso liebt, wie er die Frauenschönheit liebt.“ Möglicherweise ging aus seiner unglücklichen Ehe und dieser Erfahrung seine recht distanzierte Haltung gegenüber Frauen hervor. Im Lün-yu, den „Gesprächen“, ist nur sehr wenig von Frauen die Rede, aber an einer Stelle schreibt er: „Mit Frauen und Knechten ist am schwersten auszukommen! Tritt man ihnen zu nahe, so werden sie unbescheiden; hält man sich fern, so werden sie unzufrieden.“
Der Entlassung folgten dreizehn ruhelose Wanderjahre (496-483), in denen er zeitweise zwar große Bewunderung im Lande genoss, aber niemand ihn anstellen wollte. Zeitweilig war Konfuzius sehr arm, und Hunger war ein ständiger Begleiter. In dieser unglücklichen Phase seines Lebens fragte ihn ein Schüler, wie es denn möglich wäre, dass der Meister in solch ein Unglück geriete, da es doch hieße, dass der Himmel den Tugendhaften mit Glück belohnte und den Schlechten mit Unglück bestrafte. Konfuzius antwortete: „Erstens dringen die Weisen nicht immer durch in der Welt. Die Geschichte hat das Andenken einer großen Zahl von Männern bewahrt, die durch ihre Tugend berühmt waren und dennoch ein tragisches Ende fanden. Das einzige, über das der Mensch Meister ist, ist sein eigenes Herz. Erfolg und Misserfolg hängt von den Umständen ab. Zweitens gibt es viele Fälle, in denen wir Menschen, die sich in unzweifelhaften Umständen befanden, späterhin zu der höchsten Bestimmung aufsteigen sehen. Man kann daher nicht sagen, dass äußeres Unglück immer ein Übel ist. Es ist häufig nur eine Probe, aus der der Charakter gestählt hervorgeht.“ (Lun-Yü, S. XX)
Im Jahre 483 rief ihn ein neuer Fürst von Lu in die Heimat zurück. Seine Studien der alten Schriften, eigene literarische Arbeiten und die Pflege der alten Musik füllten neben der Lehrtätigkeit seine letzten Jahre aus. Über seinem Alter liegt, wie fast über seinem ganzen Leben, eine Stimmung leiser Melancholie, die aber seiner Überzeugung von der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Gedanken keinen Abbruch tat. Die freudige Zuversicht, dass später doch noch einmal eine Zeit kommen werde, in der man seinen Worten Gefolgschaft und Anerkennung gewähre, hat ihn vor Verbitterung bewahrt: „Wenn die Menschen einen nicht erkennen, doch nicht murren, ist das nicht auch edel?“ Konfuzius hat diese Zeit nicht mehr erlebt. Kurz vor seinem Tode klagte er: „Kein verständiger Monarch will aufkommen; kein einziger Fürst ist im Reiche, der mich zum Meister wählen will. Meine Zeit zu sterben ist gekommen.“ Nachdem er noch genaue Anweisungen für seine Bestattung gegeben hatte, starb er im Jahre 478. Er ist in seinem Heimatort Ku-fu beigesetzt und seine schlichte Grabstätte ist bis heute eines der Hauptheiligtümer Chinas.
Lebensdaten
551 v. Chr.
Kung-tse, Meister Kung wird in Ku-fu im Fürstentum Lu geboren.
548
Der Vater stirbt.
532
Konfuzius arbeitet als Aufseher über die öffentlichen Getreidespeicher und er heiratet.
531