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Fesselnde Landser-Geschichten in Romanheft-Länge Der vorliegende Band „Im Kessel von Stalingradel” erzählt vom schicksalshaften Todeskampf der 6. Armee. Feldwebel Markquardt schaut aus blutunterlaufenen Augen zur Decke des Kellergewölbes auf. Staub rieselt herab, als die Granaten der sowjetischen Artillerie draußen die Straße aufreißen. Markquardt seufzt. Es ist bitterkalt in Stalingrad; Verpflegung und Munition sind Mangelware. Die 6. Armee ist eingekesselt und auf sich gestellt. Und doch geht der Kampf weiter, denn die Führung in Berlin hat die Männer der 6. Armee zum Widerstand bis zum bitteren Ende verdammt … Über die Reihe „Landser im Weltkrieg“ „Landser im Weltkrieg“ erzählt fiktionale Geschichten vor historischem Hintergrund realer Schlachten und Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum stehen die Erlebnisse deutscher Landser fernab der großen Strategien am grünen Tisch. Lassen Sie sich dieses einmalige Leseerlebnis nicht entgehen, indem Sie auf „jetzt kaufen“ klicken.
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Hermann Weinhauer
Landser im Weltkrieg 3
Im Kessel von Stalingrad – Kampf und Untergang der 6. Armee
EK-2 Militär
Jeder Band dieser Romanreihe erzählt eine fiktionale Geschichte, die vor dem Hintergrund realer Ereignisse und Schlachten im Zweiten Weltkrieg spielt. Im Zentrum der Geschichte steht das Schicksal deutscher Soldaten.
Wir lehnen Krieg und Gewalt ab. Kriege im Allgemeinen und der Zweite Weltkrieg im Besonderen haben unsägliches Leid über Millionen von Menschen gebracht.
Deutsche Soldaten beteiligten sich im Zweiten Weltkrieg an fürchterlichen Verbrechen. Deutsche Soldaten waren aber auch Opfer und Leittragende dieses Konfliktes. Längst nicht jeder ist als glühender Nationalsozialist und Anhänger des Hitler-Regimes in den Kampf gezogen – im Gegenteil hätten Millionen von Deutschen gerne auf die Entbehrungen, den Hunger, die Angst und die seelischen und körperlichen Wunden verzichtet. Sie wünschten sich ein »normales« Leben, einen zivilen Beruf, eine Familie, statt an den Kriegsfronten ums Überleben kämpfen zu müssen. Die Grenzerfahrung des Krieges war für die Erlebnisgeneration epochal und letztlich zog die Mehrheit ihre Motivation aus dem Glauben, durch ihren Einsatz Freunde, Familie und Heimat zu schützen.
Prof. Dr. Sönke Neitzel bescheinigt den deutschen Streitkräften in seinem Buch »Deutsche Krieger« einen bemerkenswerten Zusammenhalt, der bis zum Untergang 1945 weitgehend aufrechterhalten werden konnte. Anhänger des Regimes als auch politisch Indifferente und Gegner der NS-Politik wurden im Kampf zu Schicksalsgemeinschaften zusammengeschweißt. Genau diese Schicksalsgemeinschaften nimmt »Landser im Weltkrieg« in den Blick.
Bei den Romanen aus dieser Reihe handelt es sich um gut recherchierte Werke der Unterhaltungsliteratur, mit denen wir uns der Lebenswirklichkeit des Landsers an der Front annähern. Auf diese Weise gelingt es uns hoffentlich, die Weltkriegsgeneration besser zu verstehen und aus ihren Fehlern, aber auch aus ihrer Erfahrung zu lernen.
Nun wünschen wir Ihnen viel Lesevergnügen mit dem vorliegenden Werk.
Liebe Leser, liebe Leserinnen,
zunächst möchten wir uns herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Buch erworben haben. Wir sind ein kleines Familienunternehmen aus Duisburg und freuen uns riesig über jeden einzelnen Verkauf!
Unser wichtigstes Anliegen ist es, Ihnen ein angenehmes Leseerlebnis zu bieten.
Damit uns dies gelingt, sind wir sehr an Ihrer Meinung interessiert. Haben Sie Anregungen für uns? Verbesserungsvorschläge? Kritik?
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Nun wünschen wir Ihnen ein angenehmes Leseerlebnis!
Heiko und Jill von EK-2 Militär
Das riesige Kellergewölbe schwankt unter dem Detonationsdruck der berstenden russischen Granaten. Wenn die schweren Granaten in der Nähe detonieren, dann geraten die mächtigen Mauern scheinbar in Bewegung. Mauersplitter und Mörtelbrocken rieseln aus großen und kleinen Rissen herab. Feiner, mehliger Staub vernebelt den großen Raum. Die kleinen Flammen der aufgestellten Kerzenstümpfe wackeln nervös in den Luftzügen.
„Herrgott, ich komme mir hier vor, wie in einer alten, vermoderten Gruft, die jeden Augenblick über uns einstürzen wird“, brummt Hauptmann Pretzsch. „Da haben wir uns ja ein erstklassiges Quartier ausgewählt.“
Er hustet durch den beißenden Staub und schnieft durch seine verstopfte Nase.
„Na ja, über uns befindet sich ein großer Kinosaal mit prachtvollem Ausblick auf die Wolga, da es den sowjetischen Architekten gefallen hat, eine der Wände wieder einzureißen“, gibt Unteroffizier Neuhammer lächelnd zurück.
„Danke für den Vorschlag, Neuhammer“, antwortet der Hauptmann brummend. „Da bleibe ich lieber hier in meiner staubigen Gruft. Wo bleibt denn der Markquardt? Sollte der nicht schon lange wieder zurück sein?“
„Da oben geht es ganz schön lebhaft zu, Herr Hauptmann. Der Iwan schießt über die Wolga herüber und bekommt es von unserer Ari mit gleicher Münze zurück. Wenn Feldwebel Markquardt …“
Weiter kommt Unteroffizier Neuhammer mit seiner Erklärung nicht. Das Kellergewölbe dröhnt, als ob jemand mit einem riesigen Vorschlaghammer auf einen Amboss geschlagen hätte. Die Wände wackeln und die kleinen Kerzen erlöschen.
Unterdrücktes Fluchen und Stöhnen ist zu hören.
Hustend quetscht Neuhammer hervor: „Das ist die Heeresflak. Ihre Achtacht-Geschütze sind nebenan in Stellung gegangen. Scheinbar feuern nun auch die zurück.“
Auch Hauptmann Pretzsch kann einen Hustenanfall nicht unterdrücken und antwortet abgehackt: „Die fehlen uns noch. Wenn die Roten das mitbekommen, dann schicken sie den ganzen Segen hier her und wir bekommen mächtig was auf die Mütze.“
Neuhammer tastet sich durch die Dunkelheit, zündet eine Kerze wieder an und meint dabei: „Auf ein bisschen mehr oder weniger kommt es doch auch nicht mehr an.“ Er pustet sein Streichholz aus und zuckt mit den Schultern. „Die Lage ist so oder so beschissen.“
Plötzlich kommt prasselnd und polternd ein Teil der Decke herabgestürzt. Der Schutt füllt eine Ecke des Raumes aus.
Neuhammer schaut in die Ecke und meint ungerührt: „Jetzt ist auch die zweite Wand zum Teufel. Wenn das so weitergeht, sitzen wir bald im Freien und haben wieder frische Luft.“
Der Kompanieführer schaut Neuhammer erstaunt an und meint kopfschüttelnd: „Mit den Nerven sind Sie aber noch gut beisammen, oder?“
Der Unteroffizier lacht und gibt trocken zu seinem Vorgesetzten zurück: „Ach, die reichen noch für eine ganze Weile.“
Auf der Steintreppe ist nun Getrappel von genagelten Stiefeln zu hören.
Unteroffizier Neuhammer greift hastig seine MP und bläst die Kerze wieder aus. In den Ruinen von Stalingrad weiß man nie, wer kommt.
Im matten Lichtschein erkennen die Männer jedoch, dass es nur Feldwebel Markquardt und der hinter ihm folgende Gefreite Schirmer sind. Der Gefreite trägt einen vollgefüllten Jutesack auf dem Rücken. Als er ihn auf den Schuttberg legt, scheppert es blechern.
Neuhammer legt seine Maschinenpistole wieder beiseite und zündet die Lichter wieder an.
Hauptmann Pretzsch sieht die beiden verwundert an.
„Was bringen Sie denn da mit, Markquardt? Welcher Metallhandel ist Ihnen denn zum Opfer gefallen?“
Der Feldwebel grinst überlegen.
„Das sind nur ein paar kostenlose Proben aus der netten Konservenfabrik aus der Nachbarschaft. Ist aber nichts Besonderes, nur Hammelfleisch. Wo das gute Zeug ist, da hockt noch der Iwan drin. Aber mal schauen, wie lange noch.“
„Nicht schlecht“, lobt der Kompanieführer. „Aber was gibt es denn dazu?“
Markquardt zuckt mit den Schultern.
„In der Brotfabrik sollen noch allerhand gute Sachen liegen. Da ist aber noch kein Rankommen. Kann aber nicht mehr lange dauern.“
Der Hauptmann hebt beschwichtigend die Hände.
„Langsam, Markquardt. Bis zu der liegt noch die ein oder andere Stellung. Das wird kein Spaziergang.“
Der Feldwebel gibt eine geringschätzige Bewegung zurück.
„Es geht überall mächtig voran, Herr Hauptmann. Da kann nicht mehr viel schief gehen. Die Gießerei und die Schwefelsäurefabrik sind schon so gut wie in unserer Hand. Die Bolschewiken im metallurgischen Werk und den Stahlwerken am Südbahnhof sind ebenfalls langsam am Ende. In höchstens zwei bis drei Tagen werden der Nordteil und Stalingrad-Mitte erledigt sein und dann gilt es nur noch den Saustall auszumisten.“
Hauptmann Pretzsch sieht den Feldwebel misstrauisch an.
„Na, Markquardt, Sie sind doch nicht etwa auch in eine Schnapsbrennerei eingekehrt?“
Der Feldwebel lacht auf.
„Schön wäre es, Herr Hauptmann. Aber die Brüder haben hier ja auch nichts mehr. Hier herrscht doch Elend von oben bis unten. So lang wie das Nest ist, so elend ist es auch.“
Als ob man seine Worte Lügen strafen möchte, hämmern ganz in der Nähe russische Maschinengewehre und es detonieren Handgranaten.
Hauptmann Pretzsch sieht den Feldwebel vielsagend an.
Dieser winkt aber nur ab und meint: „Ach, das sind nur die letzten Zuckungen. Die armen Schweine drüben müssen weiterhin ran, weil ihre Kommissare mit gezogener Knarre hinter ihnen stehen und sie eiskalt abknallen, wenn sie nicht so machen, wie die wollen. So oder so ist für die aber nichts mehr zu retten. Morgen früh treten die Kameraden an und kassieren die Fährstelle ein. Dann ist der Ofen aus.“
Hauptmann Pretzsch hört jedoch nur noch mit halbem Ohr hin.
Unteroffizier Neuhammer lächelt spöttisch.
„Du bist aber ganz schön in Stimmung, Otto.“
Der Angesprochene fährt hoch.
„Ist es etwa nicht so? Das machen unsere Kameraden von der 295. doch mit der linken Hand beim Vorbeimarsch. Immerhin sind die gerade dabei, die Pak und die Granatwerfer am Hauptbahnhof zu erledigen. Nur dieses verdammte Getreidesilo macht denen noch Schwierigkeiten. Wer weiß, wieso die Thüringer Musterknaben da nicht so recht vorankommen.“
Pretzsch meldet sich nun wieder zu Wort.
„Was sagt das Bataillon dazu?“
„Der Bataillonsstab ist nicht mehr in der Landwirtschaftsschule. Die existiert nämlich nicht mehr. Die hohen Herren residieren nun im Waagehaus des ehemaligen Rübenkombinats. Leider gibt es keine Telefonverbindung. Das muss nun alles mit Meldern gemacht werden. Darum mussten wir so lange herumstreunern. Kein Mensch weiß was Genaues und die ganze Luft in Stalingrad ist extrem eisenhaltig. An jeder Ecke knallt es.“ Markquardt öffnet gerade eine der Fleischdosen mit dem Seitengewehr und meint beiläufig: „Ach, das hätte ich beinahe vergessen.“ Er wirft ein paar halb zerrissene Blätter auf eine alte Handgranatenkiste, die als Tisch dient. „Der Tagesbefehl. Besser spät als nie. Auch beim Bataillon geht es drunter und drüber. Kein richtiger Schreibstubendienst mehr, kein vernünftiger Schriftverkehr. Kaum ist ein Befehl raus, da ist alles schon wieder vollkommen anders.“
Der Hauptmann sieht sich die Blätter skeptisch an.
„Hab mich ein paar Mal hinschmeißen müssen, darum sind sie etwas beschädigt“, meint der Feldwebel entschuldigend.
Auch Neuhammer kann einen kurzen Blick auf die Blätter werfen. Er erkennt unter anderem einen Stadtplan von Stalingrad. Die Zariza-Schlucht ist rot eingezeichnet. Ein dicker Pfeil weist auf eine Stelle am Wolgaufer. Einige kleine Pfeile weisen auf die Puschkinstraße.
Hauptmann Pretzsch überfliegt den Tagesbefehl, aber dies war alles bereits veraltet und überholt. Dann wendet er sich genauer dem Stadtplan zu. Die Männer stehen um ihn herum.
„Also hier“, er deutet mit dem Finger auf den dicken roten Pfeil. „Hier steckt der Oberrusse! Wir werden ihn und auch seinen Stab wohl wie Feldhamster ausgraben müssen. Freiwillig werden die wohl kaum rauskommen. Haben Sie vielleicht auch erfahren, wer mitmacht und wann es losgeht, Markquardt?“
Ohne aufzublicken antwortet dieser: „Wer mitmachen wird, steht noch nicht fest. Das Bataillon stellt noch fest, wer frei ist. Die einzelnen Haufen sind ja mit Aufträgen zugepflastert. Aber ich kann mir nicht vorstellen …“
Plötzlich knallt es ohrenbetäubend und die Decke platzt förmlich auseinander. Es regnet Steinbrocken und Schutt.
„Raus!“, brüllt Hauptmann Pretzsch und angelt im Dunkeln schnell nach dem Papierkram. „Neuhammer, passen Sie mir ja gut auf den Stadtplan auf!“, ruft er im Lärm dem Unteroffizier zu.
Frank Neuhammer steckt den Stadtplan grob zusammengefaltet in die Uniformbluse und eilt zur Steintreppe. Diese ist teilweise zusammengestürzt, die Stufen abgerutscht. Die Männer müssen über Schutthalden klettern und sich durch einen engen Durchschlupf hindurchzwängen. Ein Stück der breiten Toreinfahrt steht noch. Um sie herum krachen die schweren Einschläge der Artillerie. Ganz in der Nähe knallen Gewehrschüsse und es explodieren Handgranaten. Weiter rechts kann Neuhammer Granatwerfer ploppen hören. Die Posten liegen hinter einer zusammengefallenen Mauer in Deckung. Immer wieder zwitschern Leuchtspurfäden aus den Hausruinen zu ihnen herüber.
Im Augenwinkel sieht Neuhammer eine schemenhafte Gestalt heranhetzen. Mit einem Riesensatz springt diese zum Toreingang und landet auf Hauptmann Pretzsch. Blitzschnell rollt der Mann zur Seite und will zum Schlag ausholen. Neuhammer und Schirmer wollen ihn gerade packen. Im Aufzucken einer Explosion erkennen dann aber die beiden den Mann und dieser lässt ebenfalls den Arm sinken.
„Mensch, gerade noch das Deutsche Kreuz an Ihrer Brust erkannt, Herr Hauptmann“, meint der Soldat Jürgens, ein Melder vom Bataillon.
Geduckt hinter einem Schutthaufen kniend, klopft sich Hauptmann Pretzsch die Uniform ab.
„Was gibt es denn, Jürgens?“
„Die Kompaniechefs sollen sofort zum Kommandeur. Gleich hinter dem Sägewerk. Die Einweiser stehen an der Straße. Alles ist abmarschbereit zu machen!“, meldet dieser und eilt weiter.
Pretzsch sieht ihm nach.
„Ein ausgezeichneter Bursche“, meint er und nickt anerkennend. „Feldwebel Markquardt, trommeln Sie unsere Männer zusammen und Sie, Neuhammer, kommen mit mir.“
Die Männer warten noch den nächsten Einschlag ab und rennen dann die Straße hinunter.
Das Sägewerk brennt lichterloh und ein nahestehender Wasserturm steht bereits schräg, da sein Fundament von mehreren Granaten getroffen wurde. Pretzsch und Neuhammer halten Ausschau nach dem Einweiser. Sie entdecken ihn hinter einem Pfeiler kauernd. Von links kommt ein Pioniertrupp vorbei. Langsam verlegen die russischen Batterien ihr Feuer mehr nach Süden und zur Altstadt. Daher schlagen hier nur noch vereinzelt Granaten ein. Kurz nach den Chefs der 1. und 2. Kompanie sowie der zugeteilten sMg-Züge trifft auch der Bataillonskommandeur ein.
„Guten Abend, meine Herren. Wir wollen uns hier auch nicht lange aufhalten und gehen gleich zum Chef. Es ist nicht weit von hier, nur ein paar Schritte die Straße hinüber.“
Ein schwerer Brocken orgelt vorbei. Die Männer können es am Klang erkennen. Irgendwo in der Nähe der Bahnlinie schlägt er ein, ohne zu detonieren. Ein Blindgänger.
Der Kommandeur erklärt den anwesenden Männern: „Bei der Fähre ist der Feind durchgebrochen. Mehr weiß ich im Moment selbst nicht. Angeblich mit Panzern. Genaueres werden wir gleich hören.“
Der Gefechtsstand des Regiments befindet sich in der Werkshalle einer Möbelfabrik. Der Zugang ist nur durch einen Abwasserschacht möglich. Neben dem Einstieg stehen Posten und es sind zwei Maschinengewehr-Stellungen aufgebaut. Eine eiserne Leiter führt die Männer in die Tiefe hinab. Sie werden von einem Wachtmeister geführt.
„Der Schacht geht bis zur Wolga. Am anderen Ende hockt der Iwan. In der Einmündung des eigentlichen Schachts steht eine Pak und ein weiteres sMG“, erklärt dieser. „Hier unten ist alles verzweigt und verwinkelt. Wer weiß, was noch alles zwischen uns und den Iwans liegt. Von überall her kann man überall hin.“
Sie kommen an einer großen Wand eines Maschinenhauses entlang. Neuhammer sieht die riesige Wandkarte hängen. Es ist ein Stadtplan von Stalingrad. Sie reicht von der Decke bis zum Boden und ist gut und gerne zwei Meter in der Breite.
Dort wo die Nordstadt und das Zentrum gezeigt wird und besonders im Bereich der Südstadt sind viele rote und blaue Pfeile sowie Kringel eingezeichnet. Neuhammer erkennt, dass die roten Pfeile die sowjetischen Stoßrichtungen zeigen und die blauen, die der deutschen Verbände. Dort sind sogar die Nummern der deutschen Verbände aufgeführt.
Die kleine Gruppe bleibt stehen und besieht sich die Karte.
„Sehr interessant, nicht wahr“, meint nun der Regimentskommandeur im Rang eines Obersts beim Anblick des Stadtplans. „Das lässt auf so einiges schließen und wird uns einiges an Kopfzerbrechen ersparen.“ Er war unbemerkt zu der kleinen Gruppe gestoßen. „Zu unserem Glück hat niemand von den Roten daran gedacht, die Karte mitzunehmen oder wenigsten sie zu zerstören, als sie von hier flüchten mussten.“ Der Oberst streckt sich und stellt sich auf seine Zehenspitzen. Mit dem Zeigefinger zeigt er nun auf einen Punkt der Zariza- Schlucht. „Hier befindet sich der russische Armeegefechtsstand. Er liegt tief unter der Erde. Nach unseren Informationen sollte er noch vorhanden sein, denn die Herren sind vielleicht vieles, aber feige sind sie nicht.“
Plötzlich fängt der Betonboden an zu wanken und die riesigen Maschinenblöcke klirren und ächzen.
„Russische Ari“, führt der Regimentskommandeur weiter aus. „Gehört mit zur angekündigten feindlichen Verstärkung und bestätigt die Richtigkeit unserer Vermutungen. Unser Abhörtrupp hat sowjetische Funksprüche abgefangen. Tschuikow erwartet nennenswerte Verstärkungen von drüben her. Noch in dieser Nacht soll eine komplette Gardeschützendivision über die Wolga herübergebracht werden. Die Sowjets müssen die Anlegestellen im Hafen unter allen Umständen offen halten. Wir wiederum müssen genau das verhindern, den Brückenkopf ausschalten und das Eingreifen der Gardeschützendivision blockieren. Diese Division darf unter keinen Umständen über die Wolga übersetzen! Ist das soweit klar, meine Herren?“
Die versammelten Herren nicken, denn es war alles klar.
Die Ansprache geht weiter: „Im Augenblick sind wir Reserve und liegen der gefährdeten Stelle am nächsten. Also bleibt diese hübsche Unternehmung an uns hängen. Nach vorliegenden Informationen ist die Besatzung des Brückenkopfes nicht sehr stark und so ziemlich am Ende. Dies ist aus ihren verzweifelten Hilferufen zu entnehmen. Darüber hinaus ist in dem Winkelwerk nicht sonderlich viel Platz. Ich gehe davon aus, dass das II. Bataillon dafür genügen wird. Da Major Plötz verwundet ist, werde ich selbst die Führung übernehmen. Ich bin mir sicher, wir werden im Handumdrehen damit fertig sein. Also halten Sie sich bereit, meine Herren. Es kann jeden Augenblick soweit sein. Auf Wiedersehen, Herrschaften.“
Die Kompaniechefs machen sich wieder auf den Weg zu ihren Gefechtsständen. Es herrscht eine recht starke Gefechtstätigkeit und ein unaufhörliches Pfeifen und Zwitschern ist zu vernehmen. Sie müssen sich sprungweise fortbewegen. Die russischen Batterien legen einen dichten Feuervorhang vor das Hafengelände. Einige der Granaten verirren sich ab und an auch bis zu ihnen.
Splitter jaulen durch die Luft. Teile von brennenden Dachstühlen, halbe Hausfassaden und auch abgerissene Balkone kommen herabgestürzt.
Die Männer um Hauptmann Pretzsch und Unteroffizier Neuhammer müssen sich immer wieder hinwerfen oder in Toreingängen und hinter Mauerstümpfen in Deckung gehen. Dort warten sie die nächste Feuerpause ab und hetzen dann wieder weiter.
Bei all dem Springen und in Deckung gehen, gerät die Gruppe auseinander. In einem aufgerissenen Kanalschacht trifft Unteroffizier Neuhammer auf den jungen Chef der 1. Kompanie.
Sie drängen sich eng aneinander und lassen den Feuerorkan über sich hinwegfegen.
„Schöne Reden kann der Herr Oberst ja halten“, sagt der junge Oberleutnant wütend. „Ist ja auch kein Kunststück, wenn ich zehn Meter unter der Erde sitze und sicher aufgehoben bin. Die Drecksarbeit dürfen ja andere machen.“
Unteroffizier Neuhammer sieht sich in der Pflicht, seinen Regimentskommandeur in Schutz zu nehmen.
„Sie tun ihm Unrecht, Herr Oberleutnant. Hauptmann Pretzsch hat mir einige Dinge über den Herrn Oberst gesagt. Aber auch ich selbst habe ihn oft ganz vorn gesehen. Wenn es ernst wird, fährt er mitten in den größten Dreck hinein. Da kennt er nichts. Unsere Einheit unter Hauptmann Pretzsch war mit ihm bei der Schlacht im Süden von Kiew oder auch im Donezk-Gebiet. Dafür hat der Herr Oberst dann ja auch das Ritterkreuz bekommen. Aber erst nachdem sie ihn wieder notdürftig zusammengeflickt hatten!“
Der Oberleutnant sieht Neuhammer verwundert an.
„Hm, sieht gar nicht danach aus.“
Für einen Augenblick wird es draußen etwas ruhiger.
„Jetzt geht’s anscheinend wieder. Los, ab dafür!“, meint der junge Offizier.
Die beiden Männer sprinten los. Aus einer Seitenstraße kommt Hauptmann Pretzsch heraus. Sie werfen sich wieder in einen halb verschütteten Hauseingang.
„Ich bin abgedrängt worden und da bin ich einfach quer durch die Häuser. Da ist ja alles offen.“
„War da niemand mehr drin?“, fragt Neuhammer erstaunt.
„Hin und wieder ein paar Rotarmisten, aber die haben ja nur Augen für die Straße. Hab mich vorbeigeschlichen.“
Nach weiteren Minuten des sprungartigen Vormarschs, kommen die Männer wieder bei den Resten ihrer Einheiten an.
Schon bald beginnt der Angriff. Der Zugang zum Hafen wird von einer nahezu ausgebluteten sowjetischen Reservekompanie gesperrt. Ihr linker Flügel stützt sich auf den brennenden Holzlagerplatz. Rechts von ihnen legen sowjetische Batterien einen undurchdringlichen Feuervorhang hin und machen einen Umgehungsversuch der deutschen Einheiten unmöglich.
Pretzsch, Markquardt und Neuhammer sowie die restlichen Männer der deutschen Angriffstruppen liegen im Staub und Dreck Stalingrads und arbeiten sich immer weiter vor. Gerade in diesem Augenblick setzt die 13. Gardeschützendivision in hunderten von Booten über den Strom und geht an Land. In gepanzerten Fähren werden Geschütze und Granatwerfer herübergebracht. Mehr und mehr werden die deutschen Soldaten in die Defensive gedrängt. Die Lage beginnt immer kritischer zu werden.
Der Oberst setzt sich an die Spitze eines führerlosen Zuges und versucht einen Flankenangriff. Er stürmt mit seinen Männern quer über den brennenden Holzlagerplatz. Doch es soll nicht mehr gelingen. Mit jedem Boot und jeder Fähre wird der Feind stärker. Vielleicht fünf Minuten eher und das Unternehmen der Deutschen hätte gelingen können. So bilden die Gardeschützen jedoch Stoßtrupps und greifen an.
Es kommt zu erbitterten Gefechten. Neuhammer und Markquardt werden in blutige Nahkämpfe verwickelt. Die Soldaten bekämpfen sich mit Spaten, Seitengewehren und mit bloßen Händen. Trotz aller Tapferkeit müssen sich die deutschen Landser zurückziehen. Hauptmann Pretzsch sammelt seine restlichen Männer und gemeinsam gehen sie sprungartig in die Ausgangsstellungen zurück.
Beim Absetzen sieht Unteroffizier Frank Neuhammer, wie der Regimentskommandeur mit den letzten ihm verbliebenen Männern den Rückzug des restlichen Bataillons deckt.