Lehmhütte - Patrice Kragten - E-Book

Lehmhütte E-Book

Patrice Kragten

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Beschreibung

Bei vielen Eltern stehen Länder wie Togo und Benin nicht oben auf der Wunschliste, wenn es um die nächste Familienreise geht. Aber warum eigentlich nicht? Kragten lernte in Togo und Benin die mystische Voodoo-Kultur, die niedlichen Lehmhäuser, die prachtvollen Menschen und die bunte Tierwelt kennen. Begleitet von einem privaten Chauffeur reist die Autorin gemeinsam mit ihrer Tochter durch Westafrika und berichtet über die Herzlichkeit der Menschen und die Einfachheit, womit diese Länder zu bereisen sind. Dieser Reisebericht Lehmhütte, mit meiner Tochter auf Abenteuerreise durch Togo und Benin, steckt wieder voller Geheimtipps und sollte eine Motivation für Familien sein, Westafrika zu besuchen. Unter www.travelkid.at findest du weitere Informationen. Die Lehmhütte ist voll funktionsfähig, inklusive Küche, Mühle, Schlafzimmer und Vorratskammer, sogar mit Wechselstube.

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Seitenzahl: 109

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Fetischmarkt

Handwerk

Naturwissenschaft

Fotos

Frauen-Kooperativ

Malerone

Land der Tamberma

Anpassungsvermögen

Fotos

Elefanten hautnah

Rascheln

Tata Somba

Zickzackzack Fest

Fotos

Müllhaufen

Am Strand

Sklavenroute

Schnickschnack

Fotos

TRAVELKID

„abenteuerlich einfach“

TRAVELKID Reisetipps

Wichtige Adressen

Meine anderen Bücher

Dankwort

Vorwort

Lehmhütte

Mit meiner Tochter auf Abenteuerreise durch Togo und Benin

Bei vielen Eltern stehen westafrikanische Länder wie Togo und Benin nicht oben auf der Wunschliste, wenn es um die Planung der nächsten Familienreise geht. Aber warum eigentlich nicht? Habt ihr Angst vor Krankheiten wie Malaria? Oder ist es das Unbekannte, was Togo und Benin so unbeliebt macht?

Gemeinsam mit meiner Tochter habe ich dieses Unbekannte; die mystische Voodoo Kultur, die niedlichen Lehmhäuser, die prachtvollen Menschen und natürlich die bunte Tierwelt kennengelernt. Fasziniert durch das unproblematische Reisen, die Herzlichkeit der Menschen und die Freundlichkeit dieser durchaus strukturierten und politisch stabilen Länder konnte ich nach meiner Reise nur eines feststellen. Unbeliebt ist in diesen Ländern gar nichts!

Also, traue dich. Lasse dich während einer besonderen Rundreise von der Schönheit diesen beiden Ländern entführen. Lerne die sehenswerten Zutaten Westafrikas kennen und auch deine Familie wird von Togo und Benin begeistert sein. Das steht für mich außer Frage!

Patrice Kragten

Karte Westafrika

Fetischmarkt

Getrocknete Seesterne, zerquetzte Igel, abgeschnittene Schädel von Katzen, Hunden und Mäusen, gehäutete Schlangen, aufgespießte Vögel, zerlegte Affen und zerstochene Holzpuppen. Der erste Anblick auf dem Fetischmarkt in Lomé ist nicht direkt etwas für Tierliebhaber. Der Führer versichert uns aber, dass die Tiere nicht speziell für den Voodoo Markt getötet werden, sondern das ein Jäger, wie bei uns, in erster Linie die Tiere erlegt die alt oder krank sind. Und die Tiere, welche es bis auf diese Marktstände schaffen, haben nochmals ein pfiffiges Ritual des Medizinmannes überstehen müssen. Was mit dem Rest der getöteten Tiere passiert ist, bleibt unbeantwortet. Vielleicht will ich die Antwort auch gar nicht wissen.

Begonnen hat unsere Westafrika Reise mit einem Streik von Air France. Einen Tag früher als geplant, sind wir zuerst nach Brüssel geflogen, haben dort übernachtet um am nächsten Tag mit einer 3-stündigen Verspätung und extra Zwischenlandung in Accra um die gleiche Uhrzeit, wie ursprünglich geplant, anzukommen. Obwohl es nur gute sechs Stunden von Europa bis Togo sind, hat Air France uns dazu gezwungen über 28 Stunden unterwegs zu sein. Sympathie für ihre Streikgründen ist da bei mir nicht aufgekommen!

Am Flughafen Lomé müssen wir die Impfpässe wegen der verpflichtenden Gelbfieberimpfung vorweisen und wir werden beim Visum Amt um jeweils 5 Euro pro Visum abgezockt. Aber für gesund erklärt und mit 7-tägiger Erlaubnis im Reisepass dürfen wir in Togo einreisen. Eingezwängt zwischen Benin im Osten und Ghana im Westen erstreckt sich die ehemalige deutsche Kolonie über 540 km bis Burkina Faso hinauf. Und, obwohl die Küstenlinie gerade mal 56 km beträgt, bedeutet Togo in der heimische Ewe Sprache „Land am Wasser“.

Sanny wartet draußen auf uns und in gutem Deutsch und Englisch heißt er uns herzlich Willkommen. Es ist am späteren Abend natürlich schon dunkel aber noch herrlich warm. Nach unserem langen Winter fühlt sich das schon mal gut an! Leider bekommen wir während der Fahrt zum Hotel von der Stadt und seiner Umgebung wegen der Dunkelheit wenig zu sehen. Der Verkehr hingegen ist chaotisch aber überschaubar. Das habe ich in Städten wie Bangkok oder Jakarta schon ganz anders gesehen. Neben der Straße ist das Leben der Togolesen noch in vollem Gange. Da wird gekocht, verhandelt und geplaudert, egal ob auf der Straße, auf der die Autos vorbeifahren, oder auf dem Gehsteig, wo für Marktständer eigentlich keinen Platz ist. Das tiefe dunkle schwarze Afrika fasziniert mich schon sehr lange und gleichzeitig finde ich es spannend hier zu sein.

Nach einer halben Stunde kommen wir beim ersten Hotel an und ich bin gleich positiv überrascht. Die Lage direkt am Strand ist fantastisch, das Personal freundlich und unser Zimmer, bis auf die Kakerlaken Leiche im Badezimmer, sehr sauber. Schnell hänge ich noch unser Moskitonetz auf, dann springen wir doch relativ müde ins Bett.

Nach einer guten Nacht hat Sanny uns nach dem Frühstück für unsere erste Begegnung mit dem Thema Voodoo abgeholt und das ist auch der Grund warum wir jetzt zwischen zahlreichen Tierschädeln stehen und uns die wichtigsten Rituale des Voodoo erklären lassen.

Voodoo ist in diesem Teil Afrikas weit verbreitet und genießt in Togo seinen Ursprung. Rund die Hälfte aller Togolesen praktiziert noch traditionelle Naturreligionen inklusive Voodoo. Immer wieder wird Voodoo mit schwarzer Magie assoziiert, aber Menschenopfer sind kein Bestandteil des traditionellen afrikanischen Voodooglaubens. Es werden aber sehr wohl Rituale praktiziert, bei denen Tiere geopfert werden. Diese Tieropfer dienen einerseits der spirituellen Ernährung, anderseits der Ernährung der Gläubigen. Obwohl Voodoo mehr eine Religion ist, sind Zutaten für allerhand Heilungsgetränke und Opferrituale hier auf dem Fetischmarkt erhältlich.

Inzwischen sind Romy und ich zu einem Medizinmann in eine Scheune gelotst worden. Obwohl er uns natürlich nur zeigen möchte, welche Gegenstände die Togolesen so im alltäglichen Leben benützen, liegt der Verdacht, dass er auch etwas verkaufen möchte, nahe. Das wichtigste Ritual heißt auch „gute Reise“, was den Verdacht natürlich bestätigt. Als ob die Menschen hier so viel verreisen würden. Ein kleines Stückchen Ast von einem Strauch mit einem Zweig daran. In das Holzstämmchen selbst ist ein Loch gebohrt und dort soll ich meine Wünsche für die Reise hineinsprechen. Danach soll ich das Loch mit dem spitzen Ende des Zweiges zustopfen und erst nach der Reise wieder aufmachen. „Glaubst du daran“, frage ich Sanny. „Nein!“, sagt er deutlich. Und weil ich selbst schon 45 Jahre ohne Ast verreist bin, und doch etwas Respekt vor dem Thema Voodoo habe, bedanke ich mich bei dem Medizinmann herzlich für seine Vorführung und verlasse die stickige Kammer.

Nach der ersten Einführung in das Thema Voodoo ist es an der Zeit Togo weiter kennenzulernen. Die Sonne kommt langsam durch die Wolkendecke und das Quicksilber des Thermometers zeigt 34°C an. In Zell am See hatten wir die letzten Tage Temperaturen von minus 5°C und die fast 35°C hier in Togo machen dem Körper zu schaffen. Auch barfuß in Sandalen zu gehen, ist nach einem Winter voller wolliger plüschartiger Stiefeln immer gewöhnungsbedürftig. Wir steigen bei Sanny ins Auto und bekommen gleich den Code fürs Wlan überreicht. Sanny hat mobiles Internet in seinem Auto, zum einen, weil er aus Benin kommt und es hier in Togo für sich selbst benötigt. Zum anderen möchte er seine Gäste einen guten Service bieten. Verbunden mit der Außenwelt verlassen wir Lomé. Die Straße führt entlang der Küste bis nach Agbodrafo. Kleine Häuschen aus Stein und Blech stehen am Straßenrand aneinandergereiht, dazwischen wird jedes Stück Grünfläche genützt um Gemüse anzubauen. Streunende Hunde sehe ich nicht und die meisten Menschen, sie sind übrigens sehr gut und bunt gekleidet, fahren auf ihren Mopeds zur Arbeit. Ein Bild, welches wir in vielen anderen Ländern genauso sehen. Nur die Hautfarbe der Menschen unterscheidet sich. Die ist nämlich echt dunkel!

Unser Hotel in Agbodrafo ist eine kleine Ruhe-Oase, obwohl es jetzt in der Brutzeit der kleinen gelben Webervögel alles andere als ruhig ist. Der Baum direkt neben dem Restaurant ist voller Nester und die Tiere fliegen mit der Nahrung für ihre Sprösslinge auf und ab. Und damit sie das richtige Nest finden, zwitschern und zirpen sie um die Wette. Täglich wird im Restaurant ein abwechslungsreiches 3-gängiges Menü serviert, welches nicht einmal 10 Euro kostet. Darüber hinaus gibt es eine Karte mit Köstlichkeiten wie Cordon Bleu, Spaghetti Bolognaise und Pizza Margaritha. Ich bin aber nicht so weit geflogen um mich nur von europäischen Gerichten zu ernähren, deswegen bestelle ich Huhn in Curry Sauce. Der afrikanische Rhythmus macht sich dann schnell bemerkbar, denn es dauert über eine Stunde, bis das frisch zubereitete Essen serviert wird. Aber schmecken tut es!

Total fassungslos begutachten wir Sanny beim Essen von einem ……... Knochen! Er hat Truthahn bestellt, wo noch ein Stück Knochen dran ist und er isst es, mit so viel Genuss, so wie wir eine Tafel Schokolade verspeisen würden. Obwohl wir verblüfft zuschauen, realisiere ich, dass wenn ich in Togo geboren wäre, ich wahrscheinlich genauso genussvoll den Knochen aufessen würde.

„Bonjour! Comment ça va?“, fragt Dieu Donné. Er nimmt uns am Nachmittag mit für eine kleine Bootsfahrt über den Lac du Togo nach Togoville. Sanny arbeitet in den verschiedenen Städten mit lokalen Führern, die ihr Dorf wie ihre Westentasche kennen. Durch die einheimischen Führer bekommen wir mehr Zugang zu den Dörfern und Menschen. Auch ist es in dieser Ecke der Welt wichtig, wenn jemand eine Arbeit hat. Zuerst machen wir einen kurzen Stopp bei einem Sklavenhaus. Als im Jahr 1485 die Portugiesen als erste Europäer nach Togo kamen, wurde die sogenannten Sklavenküste von Togo ein Begriff und der Sklavenhandel setzte ein. Vor allem die Mina-Völker profitierten von diesem skurrilen Geschäft, indem sie im hohen Norden des Landes Tausende von Gefangenen zusammentrieben und zu den weißen Händlern an der Küste brachten. Als 1848 der Sklavenhandel durch Victor Schölcher offiziell verboten wurde, war der Handel noch so lukrativ, dass manche Häuser an der Küste ein extra „Stockwerk“ bekamen. Dieses extra „Stockwerk“ war nicht mehr als ein halber Meter Belüftungshohlraum zwischen Erde und Erdgeschoss. Wochenlang saßen viel zu viele Menschen auf einem viel zu engen Raum zusammengepfercht, bis der Sklavenhändler wertvolle Gegenstände wie einen Spiegel bekommen hat und dafür 80 Sklaven „übrig“ hatte. Heute kaum vorstellbar, dass ein Menschenleben so wenig wert sein kann.

Am Ufer des Lac du Togo angekommen, ist am Strand eine Party im Gange. Die Jugend trifft sich am Wochenende hier am Wasser um mit Freunden die Freizeit zu genießen. Laute Musik, genügend Essen und gekühlte Getränke sind im Übermaß vorhanden, genauso wie Menschen. Ich muss sagen, zum ersten Mal so viele echt dunkle Menschen auf einem Haufen zu sehen, ist doch sehr beeindruckend. Sie sind aber voll nett und sehr freundlich, sodass wir uns auch gleich wohlfühlen. Dieu Donné steigt in eine Piroge ein und auch wir steigen in das kleine Holzboot ein. Wir verlassen den Wirbel und fahren mit der Piroge über den See nach Togoville, am Nordufer gelegen. Hier wurde 1884 der historische Vertrag zwischen Mlapa III und Gustav Nachtigall, einem deutschen Diplomaten, unterzeichnet. Mit dieser für die Geschichte von Togo wichtigen Unterschrift wurde das damalige Togoland zum deutschen Schutzgebiet und die Deutschen halfen dabei Togo aufzubauen indem sie Straßen bauten und Bahnlinien anlegten. Seit 1905 war Togo eine deutsche Kolonie, bis Frankreich sich 1960 das Land nach einem Krieg aneignete.

In Togoville gehen wir an Land und machen eine kleine Wanderung durch das Dorf, wobei auffällt, dass viele Häuser leer stehen. „Seit die Hauptstadt wieder nach Lomé übersiedelt ist, sind die Einheimischen auch dort hingezogen,“ erzählt Dieu Donné, was natürlich mit den dort verfügbaren Arbeitsplätzen zu tun hat. Schade, denn es könnte ein nettes kleines Dorf sein. Dieu Donné zeigt uns die schönsten Plätze und die nettesten Menschen. So sitzt eine ältere Dame vor ihrer kleinen Hütte, ich kann das Häuschen leider nicht anders beschreiben, und sie flechtet einen Korb. Neben ihr sitzen ihre 2 Enkelkinder, welche fröhlich winken und kichern. Ich frage ob ich ein Bild machen darf und sie stimmt zu. Auch Romy holt ihr Polaroid Kamera aus der Tasche. Wir lieben diese Kamera denn es ist immer eine nette Geste den Ein-heimischen ein Bild zu schenken! Die Dame ist mit dem Resultat ihres Bildes dann auch sehr zufrieden!

Handwerk

Am nächsten Morgen stehen Sanny und Dieu Donné um Punkt halb 9 bereit um mit uns einen Ausflug nach Aného zu machen. Bis zum Ende des 19. Jahrhundert war dies die Landeshauptstadt und du kannst dort noch einige Gebäude aus der Kolonialzeit besichtigen. Die Peter- und Pauluskirche ist zum Beispiel die erste Kirche, die in Togo gebaut wurde. Aber die Kirche interessiert uns weniger. Wir sind auf dem Weg zum Rande von Aného, wo der Mono Fluss liegt, der hier in den Atlantik mündet.

Dort angekommen, steigen wir aus dem klimatisierten Auto und werden von der enormen Hitze, welche draußen herrscht, überrascht. Im Dorf selbst ist nicht viel los. Es ist heute Sonntag und die meisten Menschen sind in ihrer schönsten Kleidung zur Kirche gewandert. Togo kennt mehrere Religionen, ein Teil davon sind Katholiken und ob ein Dorf hauptsächlich katholisch oder muslimisch ist, macht sich immer am Dorfeingang bemerkbar. Da steht eine Moschee oder in diesem Fall eine Kirche. Inzwischen haben sich eine Schar Kinder rund um uns gesammelt. „Bonjour,“ begrüße ich die Kinder. Ich denke die Kinder haben noch nie einen Blanken gesehen und sie finden uns sehr spannend. Ein Kind traut sich, mit Hilfe von Sanny, uns die Hand zu geben. Der kleine Junge weiß jetzt nicht ob er schreien, weinen oder weglaufen soll und versteckt sich hinter