Leibgerichte - Birgit Ebbert - E-Book

Leibgerichte E-Book

Birgit Ebbert

0,0

Beschreibung

18 kurze und leicht verständliche Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz, Altersdemenz oder Alzheimer +++ Ältere Menschen verfügen über einen reichhaltigen Erinnerungsschatz - der bei Demenz oder Alzheimer jedoch tief vergraben scheint. Es lohnt sich, ihn wieder in die Gegenwart zu holen! Diese Sammlung appetitanregender und herzerwärmender Vorlesegeschichten über Leibgerichte hilft Ihnen, mit den Demenzkranken themenbezogen ins Gespräch zu kommen. Die Anekdoten beinhalten altbekannte Gerichte, wie z.B. Kohlrouladen, Reibekuchen, Kartoffelsalat mit Würstchen oder Milchreis, bei denen wohl jedem das Wasser im Mund zusammenläuft. Alle Vorlesegeschichten sind kurz und verständlich gehalten, überfordern nicht, verkindlichen aber auch nichts, sodass sich Demenzkranke trotz der einfachen Handlungsstruktur mit den Inhalten und den Figuren sehr gut identifizieren können. Fragen, die an jede Geschichte anknüpfen, aktivieren die Erinnerung und ermuntern die Zuhörer zum Erzählen. Die 5-Minuten-Vorlesegeschichten sind ideal einsetzbar bei der Betreuung Demenzkranker in der Heim- oder Tagespflege, aber auch in der häuslichen Pflege. Sie bieten ebenso pflegenden Angehörigen die Möglichkeit, mit den Demenzkranken wieder ins Gespräch zu kommen - und wer gar nichts erzählen mag, genießt einfach das Vorleseritual und den Inhalt der jeweiligen Geschichte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 74

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz

Birgit Ebbert

Impressum

Titel

5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz Leibgerichte

Ein Hinweis für die Vorlesenden:

Seien Sie umsichtig im Umgang mit Demenzkranken, denn viele Betroffene reagieren beim Lesen des Wortes „Demenz“ sehr empfindlich. Im Einzelfall kann es daher sinnvoll sein, das Wort Demenz im Titel des Covers abzukleben, oder Sie verwenden beim Vorlesen eine Schutzhülle als Buchumschlag.

Autorin

Dr. Birgit Ebbert

Titelbildmotiv

© alain wacquier – Fotolia.com

Verlag an der Ruhr

Mülheim an der Ruhr

www.verlagruhr.de

Unser Beitrag zum Umweltschutz:

Wir sind seit 2008 ein ÖKOPROFIT®-Betrieb und setzen uns damit aktiv für den Umweltschutz ein. Das ÖKOPROFIT®-Projekt unterstützt Betriebe dabei, die Umwelt durch nachhaltiges Wirtschaften zu entlasten.

Unsere Produkte sind grundsätzlich auf chlorfrei gebleichtes und nach Umweltschutzstandards zertifiziertes Papier gedruckt.

Urheberrechtlicher Hinweis:

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Der Verlag untersagt ausdrücklich das Herstellen von digitalen Kopien, das digitale Speichern und Zurverfügungstellen des Buches in Netzwerken per E-Mail, Internet oder sonstigen elektronischen Medien.

Kein Verleih. Keine gewerbliche Nutzung.

Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.

© Verlag an der Ruhr 2015

ISBN 978-3-8346-3138-1

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

Inhalt

Vorwort

Über die Reihe

Aus Pfanne & Topf

Schnuppertag

Gericht: Rouladen

Manchmal kommt es anders, als man denkt

Gericht: Kartoffelbrei

Päckchenkohl

Gericht: Kohlrouladen

Reibekuchentag

Gericht: Reibekuchen

Die Fischwette

Gericht: Gebratener Fisch

Im großen Topf gekocht

Immer diese Erbsensuppe

Gericht: Erbsensuppe

Himmel und Erde

Gericht: Himmel und Erde

Vom Regen in die Traufe

Gericht: Dicke Bohnen

Die Kohlkönigin

Gericht: Grünkohl

Süßspeisen

Immer diese Naschkatzen

Gericht: Milchreis

Der kleine Krankenpfleger

Gericht: Zwieback mit Milch

Pfannkuchentage

Gericht: Pfannkuchen

Der Tauschhandel

Gericht: Dampfnudeln

Besondere Gelegenheiten

Ente mit Hindernissen

Gericht: Ente mit Rotkohl und Klößen

Eine gute Grundlage

Gericht: Hering mit Pellkartoffeln

Ein unvergessenes Weihnachtsfest

Gericht: Kartoffelsalat mit Würstchen

Hasenbraten zur Konfirmation

Gericht: Falscher Hase

Essen wie im Fernsehen

Gericht: Toast Hawaii

Vorwort

Liebe Vorlesende,

liebe Zuhörende,

mein Name ist Birgit Ebbert. Seit meiner Kindheit erfinde und schreibe ich Geschichten. Ich wollte immer Schriftstellerin werden und nichts anderes tun, als Geschichten zu schreiben. Ich mochte es, wenn meine Mutter mir Bücher vorlas und mein Vater Erlebnisse aus seiner Kindheit schilderte.

Viele der Anekdoten meiner Eltern, Tanten, Onkel, aber auch wildfremder Menschen sind in die Geschichten dieses Buches eingeflossen. Und ich freue mich, dass ich auf diese Weise das eine oder andere Erlebnis erhalten kann.

Für mich sind Geschichten immer auch Geschichte.

Ich finde es wichtig, dass sie bewahrt werden, damit in vielen Jahren oder Jahrhunderten die Menschen erfahren, wie ihre Vorfahren gelebt haben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude an den Geschichten und den Erinnerungen an Ihre Leibgerichte.

Herzlichst

Ihre Birgit Ebbert

Über die Reihe

Lesen ist eine der schönsten und zeitlosesten Freizeitbeschäftigungen für Jung und Alt. In Erzählungen abtauchen, sich in andere Personen hineinversetzen, via Fantasie Zeitreisen unternehmen … Lesen bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und ihn gleichzeitig zu verarbeiten. Wem das Lesen jedoch Mühe bereitet, der kann Lesevergnügen auch über das Vorlesen erleben.

Die Reihe „5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz“ berücksichtigt die Einschränkungen von Demenzkranken mit kurzen, pointierten und einfachen Geschichten, die an das Alltagserleben anknüpfen. Mal humoristisch, mal nachdenklich oder auch religiös-besinnlich – je nach Anlass und Situation können Sie die passende Geschichte auswählen und die Zuhörer zum Gedankenaustausch anregen. Die entsprechenden Anschlussfragen zu jeder Geschichte bieten die dazu nötigen Anknüpfungspunkte – für ein abwechslungsreiches (Vor-)Lesevergnügen!

Schnuppertag

Schon seit Wochen war Hans nervös. Seine Eltern hatten Ilses Eltern zum Sonntagsessen eingeladen.

„Man muss doch wissen, mit wem man es zu tun bekommt“, hatte seine Mutter verkündet und kurzerhand hinter seinem Rücken einen Termin abgestimmt.

Hans wusste, dass Ilse ebenso aufgeregt war. Beide wollten, dass ihre Eltern gut miteinander zurechtkamen.

Bei jedem Treffen beratschlagten sie, was ihre Eltern am besten anziehen, sagen und vor allem mitbringen sollten.

Am Sonntag nach dem Gottesdienst machten sich Ilse und ihre Eltern auf den Weg.

„Guten Tag, wie schön, dass wir uns endlich einmal kennenlernen!“, empfing Hans’ Vater sie an der Haustür.

Er klopfte Ilses Vater auf die Schulter und schien sich wirklich zu freuen.

Im Hausflur kam ihnen Hans’ Mutter entgegen. Sie wischte sich die Hände an einem Tuch ab und reichte ihnen den Ellenbogen.

„Meine Hände sind noch nass“, entschuldigte sie sich und hinterließ dennoch bei Ilse ein ungutes Gefühl. Hoffentlich würde das gut gehen. Zwist unter den Schwiegereltern war nicht der beste Start für eine Ehe.

„Setzen Sie sich doch schon“, bat Hans’ Mutter und gab ihrem Mann mit dem Kopf ein Zeichen, dass er die Gäste in die Stube führen sollte.

„Das ist aber schön!“, rief Ilses Mutter, als sie den Tisch sah. Ilse gefielen die Teller mit dem Goldrand, der goldene Kerzenleuchter und die kunstvoll gefalteten Servietten ebenfalls.

Mit dem Ruf: „Vorsicht, heiß und fettig!“ trieb Hans’ Mutter sie auf die Plätze. Sie stellte eine Suppenterrine mit Goldrand, passend zu den Tellern, mitten auf den Tisch.

„Ich dachte, eine Hühnersuppe zum Auftakt kann nicht schaden.“

Ilse und Hans zwinkerten sich über ihre Teller hinweg zu.

Da sprach Ilses Mutter es auch schon aus: „Genau das sage ich auch immer.“

Das hatten sie gut eingefädelt.

Ilses Eltern sparten nicht mit Lob über die Suppe und das junge Paar entspannte sich ein wenig.

„Dann hole ich mal die Rouladen“, verkündete Hans’ Mutter, als alle Löffel neben den leeren Suppentellern lagen.

Hastig sprang Ilse auf, um die Teller einzusammeln und ihre zukünftige Schwiegermutter in die Küche zu begleiten.

„Das wäre doch nicht nötig gewesen“, meinte Hans’ Mutter. Doch ihr zufriedenes Lächeln verriet, dass sie Ilses Hilfe sehr wohl für nötig hielt.

„Du kannst schon die Schüssel mit den Kartoffeln mitnehmen“, erklärte sie Ilse und streute noch rasch gehackte Petersilie über die Salzkartoffeln. „Ach, und hier die Soße.“ Sie goss die Soße aus dem Topf in eine Sauciere mit Goldrand.

Ilse balancierte beides sicher an den Tisch.

„Das duftet ja schon gut“, ließ Ilses Vater verlauten, nachdem er an der Sauciere geschnuppert hatte.

„Wie bei Muttern!“ Er sah seine Frau von der Seite an.

„Stimmt, genau wie bei mir“, pflichtete sie ihm bei.

Hans und Ilse zwinkerten einander zu. Ihre Sorgen schienen völlig unbegründet. Ihre Eltern verstanden sich prima, da konnte einem rauschenden Hochzeitsfest nichts im Wege stehen.

„Und hier sind die Rouladen!“ Hans’ Mutter stellte eine Goldrandplatte mit sechs Rouladen auf den Tisch.

Ilse sah, wie ihre Mutter das Gesicht verzog. Sie stieß Hans unter dem Tisch mit dem Fuß an und deutete mit dem Kopf auf ihre Mutter.

Da hob Ilses Mutter bereits an: „Also, ich benutze für die Rouladen immer Rouladen-Spieße! Das ist einfach besser als Bindfäden. Wer weiß, wer die Bindfäden schon in der Hand hatte!“

Hans und Ilse starrten gleichzeitig auf die Rouladen, die fest mit einem Bindfaden umwickelt waren.

Ilses Blick wanderte zu Hans’ Mutter. Was würde sie zu dieser offenen Kritik an ihren Kochkünsten sagen? Und wie konnte ihre Mutter sich so danebenbenehmen?

Auch Hans wusste nicht, was er sagen sollte. Die zusammengekniffenen Lippen seiner Mutter verhießen nichts Gutes.

Ehe Hans’ Mutter den Mund öffnen und etwas entgegnen konnte, mischte Ilses Vater sich ein.

„Siehst du, Erna“, sagte er zu Ilses Mutter gewandt.

„Ich habe immer gesagt, die aus dem Nachbarort sind ein anderer Menschenschlag. Die schaffen es sogar, den gleichen Rouladen-Duft auf andere Weise zu erzeugen.“

Dabei schnitt er ein Stück von der Roulade ab, die ihm Hans’ Mutter auf den Teller gelegt hatte.

Nach einer kleinen Pause meinte er: „Und sie duftet nicht nur wie bei dir, sie schmeckt auch so. Überhaupt nicht nach Bindfaden!“

Hans, Ilse und die beiden Väter lachten befreit.

Ilse gab ihrer Mutter einen Stoß mit dem Ellenbogen, bis sie zu Hans’ Mutter sagte: „Na, Sie können ja nichts dafür, wenn man Ihnen das falsch beigebracht hat.“

Ilse verdrehte die Augen und Hans’ Vater lachte.

„Ja, ein Rouladen-Rezept ist kein Vaterunser. Da darf man auch mal etwas anders machen. Ich finde, die Rouladen schmecken großartig.“

Schließlich lenkte Ilses Mutter ein: „Die sind wirklich gut gelungen und solch einen wunderbaren Rotkohl habe ich noch nie gegessen.“

Endlich konnten Hans und Ilse entspannt essen. Mit einem Grinsen hörte Hans, wie sich ihre Mütter darin einig waren, dass Rouladen ohne Rotkohl überhaupt nicht denkbar und Klöße als Beilage eine neumodische Unsitte waren.

Eines war klar, die beiden würden immer ein Gesprächsthema haben und wenn die Eltern sie später einmal besuchen würden, gäbe es ganz sicher keine Rouladen.

Manchmal kommt es anders, als man denkt

„Heute gibt es Kartoffelbrei, Sefa!“ Wenn meine Mutter diesen Satz morgens beim

Abschied sagte, war der Tag gerettet. Die zwei Kilometer, die meine vier Geschwister und ich zur Schule gehen mussten, schienen viel kürzer. Der Unterricht beim strengen Lehrer Winterbach verging doppelt so schnell wie sonst.