Spiele der Kindheit - Birgit Ebbert - E-Book

Spiele der Kindheit E-Book

Birgit Ebbert

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Beschreibung

17 kurze und leicht verständliche Vorlesegeschichten zur Aktivierung von Menschen mit Demenz, Altersdemenz oder Alzheimer, für Pflegekräfte und Betreuer in der Altenpflege sowie für Angehörige zu Hause +++ Das Vorlesen war schon immer weit mehr als nur Unterhaltung oder Beschäftigung. Von schönen Vorleseritualen zehren wir noch lange: von der Gemütlichkeit, den spannenden, kurzweiligen oder lustigen Geschichten und dem geborgenen Gefühl. Kein Wunder also, dass kleine Vorlesegeschichten in der Betreuung von Demenzkranken äußerst beliebt sind: Das Vorlesen bietet einen besonders stimmungsvollen und behaglichen Rahmen für die Erinnerungspflege. Geschichten, die in früheren Zeiten spielen oder an damals Erlebtes anknüpfen, eignen sich dabei besonders gut zur Aktivierung. Ältere Menschen verfügen über einen reichhaltigen Erinnerungsschatz, auch wenn er mitunter tief vergraben scheint. Es lohnt sich, ihn wieder in die Gegenwart zu holen - und mit diesen kurzen Vorlesegeschichten gelingt Ihnen das völlig unaufwändig! In den 17 Geschichten für Demenzkranke in diesem Vorlesebuch dreht sich alles um die Spiele der Kindheit: Vom Spielen mit der Eisenbahn über einen Murmel-Wettstreit und "Schweinchen auf der Leiter" bis hin zu "Hoppe, hoppe, Reiter" werden verschiedenste Spiele aufgegriffen, die die Senioren ganz bestimmt noch "von früher" kennen. Die heiteren Anekdoten erzählen von großen Wünschen, kleinen Streichen und ganz besonders schönen Situationen des Alltags. Da ist z. B. Johanna, die so gerne die gleiche Puppe wie ihre Freundin hätte - und dann bekommt sie sie gleich zweimal geschenkt. Oder Peter, der von seinem Onkel immer damit aufgezogen wurde, dass er beim Spiel "Schwarzer Peter" namensbedingt ohnehin verlieren würde. Aber dann dreht Peter den Spieß um und bastelt kurzerhand sein eigenes Spiel: "Schwarzer Eduard". Diese und weitere Geschichten erwecken die Kindheit über beliebte und bekannte Spiele noch einmal zu Leben. So sorgen sie für manches verklärte Lächeln, helfen, Erinnerungen zu pflegen, und rufen die eigenen kleinen Kindheitsabenteuer wieder ins Gedächtnis. Alle 5-Minuten-Vorlesegeschichten sind mitten aus dem (damaligen Alltags-)Leben gegriffen und kurz und verständlich gehalten. Sie überfordern nicht, verkindlichen aber auch nichts, sodass sich Demenzkranke trotz der einfachen Handlungsstruktur mit den Inhalten und den Figuren sehr gut identifizieren können. Aktivierungsideen und Fragen, die an jede Geschichte anknüpfen, wecken zusätzlich die Erinnerung und ermuntern die Zuhörer zum Erzählen. Die 5-Minuten-Vorlesegeschichten sind ideal einsetzbar bei der Betreuung Demenzkranker in der Heim- oder Tagespflege, aber auch in der häuslichen Pflege. Sie bieten auch pflegenden Angehörigen die Möglichkeit, mit den Demenzkranken wieder ins Gespräch zu kommen - und wer gar nichts erzählen mag, genießt einfach das heimelige Vorleseritual und den Inhalt der jeweiligen Geschichte.

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Seitenzahl: 78

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5-Minuten-Vorlesegeschichtenfür Menschen mit Demenz

Birgit Ebbert

Impressum

Titel

5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz

Spiele der Kindheit

Autorin

Birgit Ebbert

Titelbildmotiv

Fotolia.com © B. Wylezich

Ein Hinweis für die Vorlesenden:

Seien Sie umsichtig im Umgang mit Demenzkranken, denn viele Betroffene reagieren beim Lesen des Wortes „Demenz“ sehr empfindlich. Im Einzelfall kann es daher sinnvoll sein, das Wort Demenz im Titel des Covers abzukleben, oder Sie verwenden beim Vorlesen eine Schutzhülle als Buchumschlag.

Verlag an der RuhrMülheim an der Ruhrwww.verlagruhr.de

Unser Beitrag zum Umweltschutz:

Wir sind seit 2008 ein ÖKOPROFIT®-Betrieb und setzen uns damit aktiv für den Umweltschutz ein. Das ÖKOPROFIT®-Projekt unterstützt Betriebe dabei, die Umwelt durch nachhaltiges Wirtschaften zu entlasten.

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Kein Verleih. Keine gewerbliche Nutzung.

Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.

© Verlag an der Ruhr 2015

ISBN eBook 978-3-8346-3140-4

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

Inhalt

Vorwort

Über die Reihe

Das eigene Spielzeug

Johannas größter Wunsch

Das Eisenbahnfest

Selbst ist das Kind

Kein Spiel für Mädchen

Am Tisch und in der Wohnung

Peters geheime Rache

Schweinchen auf der Leiter

Würfeln für Fortgeschrittene

Das Sternenbild mit schwarzen Punkten

Auf Hof und Straße

Der Murmel-Wettstreit

Die Kaiserin von China

Ein Königreich für einen Ball

Himmel und Hölle

Fährmann, wie tief ist das Wasser?

Kreisspiele und Spiellieder

Hoppe, hoppe, ohne Reiter

Zeigt her eure Füße

Manches vergisst man nie

Dornröschen war ein schönes Kind

Vorwort

Liebe Vorlesende,

liebe Zuhörende!

Mein Name ist Birgit Ebbert und ich gehöre zu den Menschen, die im Herzen und manchmal auch im Verhalten Kind geblieben sind. Seit ich denken kann, liebe ich Geschichten und Spiele. Deshalb freue ich mich besonders, dass ich dieses Buch schreiben und mich für Sie an die Spiele meiner und Ihrer Kindheit erinnern durfte.

Als wir klein waren, gab es noch keinen Gameboy und keine Spieleberater, die Eltern empfehlen, was ihr Kind spielen sollte. Es gab andere Kinder, Wald, Feld, vielleicht eine Puppe oder ein anderes Spielzeug und ansonsten viel Fantasie.

Ich hatte das Glück, in einer ländlichen Region aufzuwachsen, in der man auf der Straße spielen konnte. Viele der Spiele aus meinen Geschichten wurden auf diese Weise überliefert, der eine lernte ein Spiel von seinen Eltern und zeigte es dem anderen. Auf diese Weise haben sich schon Grimms Märchen überliefert und so gehen auch alte Spiele nicht verloren.

Die Geschichten zu den Spielen habe ich erfunden, aber die Spiele gibt es. Vielleicht regen meine Geschichten Sie an, das eine oder andere Spiel erneut miteinander oder mit Besucherkindern zu spielen. Denn: Spielen ist keine Frage des Alters, sondern des Herzens.

Friedrich Schiller hat einmal gesagt: „Nur wer spielt, ist ein Mensch.“ Trauen Sie sich also ruhig, wieder einmal zu spielen, und Sie werden sehen, wie schön das ist.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude mit meinen Geschichten und – spielen Sie mal wieder!

Ihre

Birgit Ebbert

Über die Reihe

Lesen ist eine der schönsten und zeitlosesten Freizeitbeschäftigungen für Jung und Alt. In Erzählungen abtauchen, sich in andere Personen hineinversetzen, via Fantasie Zeitreisen unternehmen … Lesen bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und ihn gleichzeitig zu verarbeiten. Wem das Lesen jedoch Mühe bereitet, kann Lesevergnügen auch über das Vorlesen erleben.

Die Reihe „5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz“ berücksichtigt die Einschränkungen von Demenzkranken mit kurzen, pointierten und einfachen Geschichten, die an das Alltagserleben anknüpfen. Mal humoristisch, mal nachdenklich oder auch religiös-besinnlich – je nach Anlass und Situation können Sie die passende Geschichte auswählen und die Zuhörer zum Gedankenaustausch anregen. Die entsprechenden Anschlussfragen zu jeder Geschichte bieten die dazu nötigen Anknüpfungspunkte – für ein abwechslungsreiches (Vor-)Lesevergnügen!

Johannas größter

Wunsch

Seit sie zur Schule ging, gehörte der Mittwoch zu den schönsten Tagen in Johannas Wochenablauf. An jedem Mittwoch besuchte sie nach der Schule ihre Freundin Barbara.

Barbara war die einzige Tochter des Doktors. Sie schlief in einem eigenen Zimmer. Vor allem aber verfügte Barbara über riesige Mengen an Spielzeug.

Johanna wohnte mit ihren Eltern und ihren drei Geschwistern über der Metzgerei, in der ihr Vater arbeitete.

Johanna wollte nicht, dass Barbara zu ihnen kam, weil sie keinen Platz zum Spielen hatten. Außer dem Schlafzimmer der Eltern gab es eine Küche, die gute Stube und einen Raum, in dem alle Kinder schliefen.

So freute sich Johanna jeden Mittwochmorgen auf ihren Besuch bei Barbara. Die beiden spielten Kaufmannsladen und „Mensch ärgere Dich nicht®“, ließen Plättchen als Flöhe hüpfen und fütterten Barbaras Puppen.

Die Puppen hatten es Johanna besonders angetan.

Da gab es eine Puppe mit einem lieben Gesicht und hellblonden Haaren, die in einem Puppenbett neben Barbaras Schlafstatt lag. In einem kleinen Sessel, der das Ebenbild des Sessels in der Stube des Doktors war, saßen zwei weitere Puppen. Eine war als Junge und eine als Mädchen angezogen.

Kaum betrat Johanna Barbaras Zimmer, wurde sie zum Puppenkaffee gebeten. Auf einem kleinen Tisch stand ein herzallerliebstes Puppenservice mit rosa Blümchen auf Tassen, Tellern und der kleinen, bauchigen Kanne. Auf Stühlchen vor dem Tisch saßen Barbaras Lieblingspuppen.

Sechs wunderschöne Puppen nannte Johannas Freundin ihr Eigen. Und Johanna besaß nicht eine einzige.

„Ich wünsche mir eine Puppe“, sagte sie, wann immer sie einen Wunsch äußern durfte.

Jedes Mal hoffte sie, bis die Geschenke überreicht wurden. Ob Weihnachten oder Geburtstag – eine Puppe war noch nie dabei gewesen.

Eine Woche vor ihrem Geburtstag war Johanna wieder einmal bei Barbara zu Gast. Sie hockten beide hinter den Puppen und taten so, als unterhielten sich die Puppen.

„Ach, dieser Kuchen ist wirklich wieder ein Gedicht“, sagte Barbara mit hoher Stimme.

Johanna begnügte sich damit, „wirklich wundervoll“ zu sagen.

„Ich habe gehört, Sie haben nächste Woche Geburtstag“, fuhr Barbara in der hohen Puppenstimme fort.

„Was wünschen Sie sich denn?“

Johanna wusste nicht, was sie in ihrer Puppenrolle antworten sollte.

„Eine Puppe“, sagte sie daher und vergaß, in der Puppenstimme zu sprechen.

Barbara sah sie verblüfft an.

„Eine Puppe kann sich doch keine Puppe wünschen“, fand sie und verzog das Gesicht. Nur kurz allerdings, dann schien ihr etwas aufzugehen.

„Hast du etwa keine Puppe?“, fragte Barbara.

Johanna tat, als hätte sie die Frage nicht gehört.

Sie goss aus der kleinen Kaffeekanne mit den rosa Blümchen Wasser in die Puppentässchen. Sie spürte jedoch, dass das Spiel beendet war. Mit ihrer ehrlichen Antwort hatte sie alles durcheinandergebracht.

Barbara betrachtete ihre Freundin nachdenklich. „Hast du wirklich keine Puppe?“, fragte sie.

Es blieb Johanna nichts übrig, als mit dem Kopf zu schütteln und „Nein“ zu flüstern.

„Dann such dir eine aus“, sagte Barbara unvermittelt. Sie wies auf ihre Puppenschar, die im Zimmer verteilt war.

Johanna sah sich um. Da waren die Schlafpuppe Cornelia, der Puppenjunge Leonhard und all die anderen Puppen.

Sie konnte nicht einfach eine Puppe mitnehmen. Das wäre so, als käme jemand und würde eine ihrer Schwestern oder Brüder abholen. Stumm schüttelte sie den Kopf und erklärte Barbara, warum sie keine Puppe auswählen konnte.

Barbara nickte. „Dann lass uns mit der Puppenstube spielen“, schlug sie vor und Johanna war froh, dass sie auf andere Gedanken kamen.

Als Johanna abends nach Hause ging, war sie traurig. Aber sie wusste genau, dass sie richtig gehandelt hatte. Und in einer Woche hatte sie Geburtstag. Vielleicht bekam sie in diesem Jahr endlich eine Puppe.

Eine Woche später war Johannas Geburtstag. Er fiel auf einen Mittwoch, deshalb hatte ihre Mutter vorgeschlagen, Barbara zum Kuchenessen einzuladen.

Johanna hatte eingewilligt. Für einen Geburtstagskaffee reichte der Platz in der Wohnung gerade aus.

Ihre Mutter hatte den Tisch in der guten Stube gedeckt. Um einen Teller lag ein Kranz aus Blumen, den Johannas größere Schwester gewunden hatte. Auf dem Teller lag ein Päckchen. Seit dem Morgen lag es bereits dort. Doch ihre Mutter hatte erklärt, es dürfe erst im Beisein des Gastes geöffnet werden.

Johanna konnte es kaum erwarten, dass Barbara endlich klingelte. Sie schlich um das Päckchen herum und maß es in Gedanken aus. Von der Länge und Breite her konnte es eine Puppe sein.

Endlich hörte sie Barbaras Stimme vor der Stubentür. Rasch öffnete sie die Tür und sah hinaus. Auf dem Flur stand Barbara, die eilig ein Päckchen hinter dem Rücken verbarg.

Als alle saßen, zog Barbara ihr Geschenk hervor. Es war etwa so groß wie das Päckchen, das auf Johannas Teller lag. Johanna sah ihre Mutter fragend an.

„Nun darfst du auspacken!“, sagte diese.

Johanna betrachtete die beiden Päckchen. Vorsichtig löste sie von jedem Geschenk zunächst das Band. Mit der einen Hand schlug sie das Papier des einen Geschenks auf und mit der anderen das des anderen.

Gleichzeitig lüfteten beide Päckchen ihr Geheimnis. Johanna konnte es nicht fassen. Aus beiden Papieren sah sie das gleiche liebliche Gesicht an. Zwei Blondschöpfe leuchteten aus dem Papier hervor. Ihr sehnlichster Wunsch war gleich zweimal in Erfüllung gegangen. Barbara und ihre Eltern hatten ihr genau die gleiche Puppe geschenkt. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

„Das sind ja Zwillinge“, ließ sich ihr kleiner Bruder vernehmen und brach damit das Eis.

Alle lachten und Johanna umarmte zuerst ihre Mutter und dann ihre Freundin zum Dank.