Lektionen der Lust - Katee Robert - E-Book

Lektionen der Lust E-Book

Katee Robert

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Beschreibung

Ein Ehemann muss her! Wenn Lucy diese Beförderung will, muss sie verheiratet sein. Vorher sollte sie dringend ihre Fähigkeiten im Bett auffrischen. Zwischen ihr und ihrem besten Freund Gideon knistert es seit jeher gewaltig - also warum nicht mit ihm üben? Er nimmt ihr alle Ängste und Hemmungen und weckt eine Lust in ihr, die sie nie für möglich gehalten hätte. Als sie sich schließlich mit den ersten Heiratswilligen trifft, steht Lucy vor der Frage: Sicherheit oder Verlangen? Lesen Sie hier die leicht gekürzte Fassung des Romans »Lessons - Lektionen der Lust« mit CORA-Preisvorteil.

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

BACCARA CLUB erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Katee Hird Originaltitel: „Make Me Want“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DARE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Deutsche Erstveröffentlichung als E-Book 2018 by HarperCollins Germany, Hamburg, in der Reihe: CLUB Übersetzung: Rainer Nolden

Gekürzte Erstausgabe by HarperCollins Germany, Hamburg, in der Reihe: BACCARA CLUB, Band 5 – 2019

Abbildungen: deagreez1 / depositphotos, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733738365

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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WIDMUNG

Für Tim. Die besten Geschichten entstehen oft erst aus zweiten Chancen.

1. KAPITEL

Beinahe hätte Gideon Novak das Treffen abgesagt. Und wenn er auch nur einen Funken Ehrgefühl in der Brust gehabt hätte, dann hätte er es auch getan. Einige Dinge im Leben waren einfach zu gut für ihn, und Lucy Baudin stand zweifellos an erster Stelle auf der Liste. Dass sie sich jetzt wieder gemeldet hatte – zwei Jahre danach …

Die Anwaltskanzlei Parker & Jones sah noch genauso aus wie bei seinem letzten Besuch. Das Team von Anwälten kümmerte sich überwiegend um Wirtschaftskriminalität – und hier vor allem um jene Fälle, die viel Geld versprachen. Diese Vorliebe spiegelte sich auch in der luxuriösen Ausstattung der Geschäftsräume. Pastelltöne an den Wänden und eine elegante, aber sachlich-nüchterne Inneneinrichtung vermittelten Vertrauen und sorgten für ein beruhigendes Ambiente.

Doch die Geradlinigkeit der Ausstattung konnte nicht verhindern, dass Gideons Anspannung mit jedem Schritt wuchs.

Normalerweise übernahm er keine Aufträge von Anwaltskanzleien. Als Headhunter bevorzugte er Technologie- oder Start-up-Unternehmen – oder anders gesagt: alles außer Juristen. Die litten nämlich ausnahmslos unter Kontrollzwang und bestanden darauf, bei jeder Kleinigkeit mitzureden – und zwar von Anfang bis Ende. Es war absolut lästig.

Du tust es für Lucy.

Im Lift auf dem Weg nach oben bemühte er sich um einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck. Als er noch mit ihr befreundet gewesen war, hatte sie ihr Büro auf der fünften Etage gehabt und sich mit Fällen herumschlagen müssen, die den erfahreneren Anwälten zu unwichtig erschienen. Inzwischen saß sie in der neunzehnten Etage, nur zwei Stockwerke unter Parker und Jones persönlich. Seit ihrer letzten Begegnung vor zwei Jahren hatte sie also vermutlich ordentlich Karriere gemacht.

Die Aufzugtüren öffneten sich und gaben den Blick frei auf einen weitläufigen Empfangsraum mit einer Kaffeebar und Sitzgruppen mit Sofas und Wirtschaftsmagazinen auf den Beistelltischen. Hinter dem Tresen am Anfang des Korridors saß die Empfangsdame. Als sie zu ihm aufschaute, hatte er das Gefühl, er sei in das Hoheitsgebiet eines Feldherrn eingedrungen. Sieh mal an! Sie hatten also jemanden eingestellt, der sich nicht einschüchtern ließ. Das musste jedem Besucher sofort ins Auge springen. Sehr praktisch, wenn es darum ging, unangenehme Klienten in Schach zu halten.

Vor dem Empfangstresen blieb Gideon stehen und bemühte sich, einen möglichst freundlichen Eindruck zu machen. „Ich möchte zu Lucy Baudin.“

„Sie erwartet Sie bereits.“ Damit wandte sich die Frau wieder ihrem Computer zu und beachtete ihn nicht weiter.

Während der vergangenen Woche hatte er immer wieder darüber nachgedacht, warum Lucy ausgerechnet auf ihn gekommen war. In New York wimmelte es von Headhuntern. Gideon war zwar gut – um nicht zu sagen: einer der Besten –, aber angesichts ihrer gemeinsamen Vergangenheit hätte es doch bestimmt jemanden gegeben, der besser für diesen Auftrag geeignet wäre.

Du hättest ja Nein sagen können.

Aber er schuldete Lucy Baudin etwas. Ein einziges Treffen war nichts, das er ihr abschlagen konnte.

Er klopfte an die dunkle Holztür und öffnete sie sofort. Das Büro war hell und groß. Durch bodentiefe Fenster konnte man auf New York hinunterschauen. Ein L-förmiger Schreibtisch, vor dem zwei bequeme Sessel standen, beherrschte den Raum.

Lucy saß aufrecht und mit gestrafften Schultern auf ihrem Stuhl. Ihr langes dunkles Haar hatte sie auf eine Art zusammengebunden, die lässig aussah, aber vermutlich viel Zeit in Anspruch nahm. Sie streckte das schmale Kinn vor, was Gideon automatisch auf ihren Mund schauen ließ. Lucys Gesichtszüge waren ein bisschen zu markant, um als klassisch schön durchzugehen, aber ihre vollen Lippen waren von elegantem Schwung und immer zu einem Lächeln bereit.

Im Moment lächelte sie jedoch nicht.

„Lucy.“ Er schloss die Tür hinter sich und blieb erwartungsvoll stehen. Sie war es, die ihn hergebeten hatte. Eigentlich war er es nicht gewohnt, das Heft aus der Hand zu geben, aber für sie würde er eine Ausnahme machen.

Jedenfalls so lange, bis er erfahren hatte, was sie von ihm wollte.

„Gideon. Setz dich bitte.“ Sie deutete auf die Sessel vor ihrem Schreibtisch.

Sie konnte vielleicht so tun, als sei ihre Zusammenkunft nur ein ganz gewöhnliches Bewerbungsgespräch, aber er konnte den Blick nicht von ihr wenden. Sie trug ein dunkelgraues Kleid, das die Blässe ihrer Haut unterstrich. Die einzigen Farbtupfer waren ihre blauen Augen und die roten Lippen, und das alles ergab ein bewundernswertes Gesamtbild.

Sie hatte ihn nicht wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit zu diesem Treffen gebeten. Wenn sie auf professionelle Distanz bestand, würde er das respektieren. Es war das Mindeste, das er für sie tun konnte.

Gideon ließ sich auf den Sessel fallen, beugte sich nach vorn und stützte die Ellenbogen auf seine Knie. „Du hast gesagt, es geht um einen Job.“

„Ja. Die Angelegenheit ist natürlich streng vertraulich.“

Es war keine Frage, aber er gab ihr trotzdem eine Antwort. „Ich habe keine Geheimhaltungsvereinbarung vorbereitet, doch ich könnte das selbstverständlich tun, wenn das Ganze hier offiziell sein soll.“

„Das ist nicht nötig. Dein Wort, dass die Sache unter uns bleibt, reicht mir völlig aus.“

Allmählich wurde er neugierig. Viele seiner Klienten hatten in der Vergangenheit um Vertraulichkeit gebeten – es war eher die Regel als die Ausnahme –, aber dieses Mal fühlte es sich irgendwie anders an. Er verjagte den Gedanken und konzentrierte sich auf seinen Job.

„Die Position, die ich besetzen muss, ist die eines Ehemanns.“

Verdutzt schüttelte Gideon den Kopf. Er glaubte, nicht recht gehört zu haben. „Wie bitte?“

„Ein Ehemann.“ Sie hob die linke Hand und bewegte ihren Ringfinger. „Bevor du mich weiterhin anschaust wie ein Esel, will ich es dir erklären.“

Er schaute sie ganz bestimmt nicht wie ein Esel an. Ein Ehemann. Woher zum Teufel soll ich einen Ehemann für sie nehmen? Er öffnete den Mund, um ihr diese Frage zu stellen, aber Lucy kam ihm zuvor. „Der Zeitpunkt ist nicht ideal, aber mir ist gerüchteweise zu Ohren gekommen, dass ich am Ende des Jahres Teilhaberin werden soll. Normalerweise wäre das ein Grund zum Feiern, aber ein paar von den Alteingesessenen in der Kanzlei haben gewisse Vorurteile gegenüber alleinstehenden Frauen.“ Sie verdrehte die Augen. „Es wäre lächerlich, wenn es nicht eine ernst zu nehmende Hürde auf dem Weg zu meinem angestrebten Ziel wäre. Aber ich habe erlebt, dass Georgia im letzten Jahr aus genau diesem Grund bei einer Beförderung übergangen wurde. Sie wollte nicht nachgeben, und deshalb haben sie sich für ihren männlichen Mitbewerber entschieden.“

Gideon holte tief Luft und versuchte, die Sache logisch anzugehen. Offenbar hatte sie lange darüber nachgedacht, und selbst wenn sie sich da in irgendeine verrückte Sache verrannt haben sollte, bedeutete das nicht, dass er es ihr ausreden musste. Diese Lucy war eine vollkommen andere Person als die, die er zuletzt gesehen hatte – in Tränen aufgelöst und am Boden zerstört. Er würde ganz professionell reagieren und versuchen, sie zur Vernunft zu bringen.

Aber er schaffte es nicht, ruhig und gelassen zu antworten. „Bist du vollkommen verrückt geworden, Lucy? Ich bin Personal- und kein Heiratsvermittler. Und selbst, wenn ich einer wäre: Heiraten, nur um befördert zu werden, ist absolut schwachsinnig.“

„Wirklich?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Die Leute heiraten aus viel schwachsinnigeren Gründen. Ich hätte fast mal aus Liebe geheiratet, und wir wissen beide, wie das ausgegangen ist. Es ist doch nichts Falsches daran, eine Ehe wie eine geschäftliche Vereinbarung zu betrachten. In vielen Kulturkreisen ist das durchaus üblich.“

„Wir reden nicht über andere Kulturkreise. Wir reden über dich.“

Wieder zuckte sie mit den Schultern. Als ob es ihr egal sei. Er hasste diese gespielte Gleichgültigkeit, aber es stand ihm nicht zu, ihr deswegen Vorwürfe zu machen.

Sie hielt seinem Blick stand. „Das ist sehr wichtig für mich, Gideon. Mit Kindern habe ich nichts am Hut – ich liebe meine Arbeit, und ein Baby wäre da nur im Weg –, aber ich bin einsam. Es wäre nicht schlecht, wenn es da jemanden gäbe, der abends auf einen wartet, selbst wenn es nicht die Liebe deines Lebens ist. Vor allem, wenn es nicht die ganz große Liebe ist.“

„Lucy, das ist verrückt.“ Jedes ihrer Worte drohte, seine professionelle Fassade zum Einsturz zu bringen, was er auf jeden Fall vermeiden wollte. „Wo zum Teufel soll ich einen Ehemann für dich finden?“

„Genau da, wo du auch sonst deine Kandidaten für offene Stellen findest. Bei Bewerbungsgesprächen. Wir sind in New York – wenn du es nicht schaffst, einen Mann zu finden, der zumindest gewillt ist, darüber nachzudenken, dann schafft es keiner.“

Ein plötzliches Schuldgefühl ließ ihn innehalten. Er hielt diesen Plan zwar für vollkommen bescheuert, und die Vorstellung, dass Lucy in einer Vernunftehe stranden könnte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Aber das hatte er schließlich nicht zu entscheiden.

Und zum Teil war es ja seine Schuld, dass sie im Moment allein war.

Verflucht!

Er wusste, dass ihr letzter Freund, dieser Mistkerl Jeff, sie nach Strich und Faden betrogen hatte. Trotzdem hatte Gideon einen Monat lang geschwiegen, ehe er ihr reinen Wein eingeschenkt hatte. Ein solches Schuldgefühl löste sich nicht einfach in Luft auf.

Ihm blieb tatsächlich keine Wahl. Vor etwa zwei Jahren hatte er Lucy zuletzt gesehen. Er betrachtete sie immer noch als Freundin, und eine Freundin würde er niemals im Stich lassen, wenn sie ihn brauchte. Über Gideons moralische Integrität ließ sich vielleicht streiten. Aber seine Loyalität hatte niemals außer Zweifel gestanden.

Und wenn er bei diesem irrwitzigen Plan mitmachen würde, könnte er zumindest einen kühlen Kopf bewahren, um sie vor dem Schlimmsten zu schützen – wenn er sie schon nicht vor dem Leid hatte schützen können, das Jeff ihr zugefügt hatte.

„Okay. Ich mache es.“

Lucy traute ihren Ohren nicht. Hatte er das wirklich gesagt? Es war zu schön, um wahr zu sein. Gideon Novak für ihre Absicht zu gewinnen war ihr letztes Ass im Ärmel. In ihrer verzweifelten Situation war er der Einzige, dem sie genug vertraute, um ihn mit der Suche nach einem Ehemann zu beauftragen. Obwohl sie tief in ihrem Herzen nicht mit seiner Zustimmung gerechnet hatte …

„Entschuldige bitte – hast du gerade Ja gesagt?“

„Ja.“ Er sah sie mit seinen dunklen Augen an. Um seine dichten langen Wimpern hatte sie ihn insgeheim immer beneidet. Für Lucy war Gideon immer schon auf verwirrende Weise viel zu attraktiv gewesen. Sein schwarzes Haar war auf lässige Art unordentlich, und sein markantes Kinn sowie seine vollen Lippen hätten sie nachts bestimmt um den Schlaf gebracht, wenn er nicht bloß ein Freund gewesen wäre.

Sie vertrieb den Gedanken – ebenso wie die schmerzhaften Gefühle, die immer dann hochzukommen drohten, wenn sie an ihre verkorkste Beziehung mit Jeff Larson dachte. Die war endgültig Geschichte. Bedauerlich war, dass ihre Freundschaft mit Gideon damals ebenfalls Schaden genommen hatte.

Doch das konnte sich jetzt ändern.

Gideon rutschte auf seinem Stuhl nach vorn. „Wie hast du dir die Sache denn nun vorgestellt?“, riss er sie aus ihren Überlegungen.

Wenigstens darauf hatte sie eine Antwort. Lucy hatte sehr viel Zeit darauf verwendet, einen Schlachtplan zu entwickeln. Sie hatte sich vorgenommen, ihre Ziele mit so wenig Aufwand wie möglich zu erreichen: einen Ehemann ergattern und befördert werden. „Ich habe mir überlegt, dass du mir eine Aufstellung mit potenziellen Kandidaten zur Verfügung stellen könntest. Ich würde mich dann ein oder zwei Mal mit jedem treffen, und dann würden wir nach und nach die Liste zusammenstreichen, bis nur noch einer übrig bleibt.“

„Hmm.“ Nachdenklich trommelte er mit dem Finger auf sein Knie.

Sie versuchte, unter seinem durchdringenden Blick nicht nervös zu werden. Normalerweise fiel es ihr leicht, distanziert und professionell zu bleiben, wenn sie ihr Anliegen erst einmal vorgebracht hatte. Genauso war es auch bei Gerichtsverhandlungen, wenn sie ihr Eröffnungs- und Schlussplädoyer hielt. Das weitere Vorgehen war dann allerdings eine andere Sache …

„Natürlich bin ich offen für Vorschläge.“

„Natürlich.“ Er nickte, als träfe er soeben eine Entscheidung. „Sollten wir allerdings zusammenkommen – ich meine, geschäftlich –, dann zu meinen Konditionen. Ich suche die Männer aus. Ich organisiere die Treffen. Und wenn mir einer von ihnen nicht gefällt, habe ich ein Vetorecht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein! Kommt nicht infrage.“

„Du hast mich um Rat gefragt, Lucy. Das bedeutet, du hast Vertrauen in mein Urteilsvermögen.“ Er musterte sie so intensiv, dass sie sich ein wenig unbehaglich fühlte. „So sind die Bedingungen.“

Bedingungen. Verdammt, da fiel ihr noch etwas ein – das Wichtigste hatte sie glatt vergessen.

Es muss nicht das Wichtigste sein. Er weiß noch nicht, dass es ein Teil meines Plans ist. Ich könnte noch einen Rückzieher machen. Noch ist es nicht zu spät dafür …

Aber wenn sie jetzt einen Rückzieher machte, würde sie die tief sitzende Furcht vor ihrem Ex niemals verlieren. Für den Rest ihres Lebens – und ihrer zukünftigen Ehe – würde sie dann an sich und an ihrem Mann zweifeln.

Das durfte sie auf keinen Fall zulassen, egal, wie demütigend es für sie auch sein mochte, Gideon in dieser Angelegenheit um Hilfe zu bitten.

Lucy schlug die Augen nieder, ehe sie weitersprach. Dabei zupfte sie ein wenig verlegen am Saum ihres Rocks. „Da ist noch etwas.“

„Ich höre.“

Plötzlich waren ihre Handflächen ganz feucht. Sie presste sie auf den Schreibtisch. „Triffst du dich momentan mit jemandem?“

„Was zum Teufel hat das mit deinem Auftrag zu tun?“

Eine ganze Menge! Sie hatte noch nie erlebt, dass Gideons Beziehungen länger als ein paar Wochen hielten, aber das bedeutete ja nicht unbedingt, dass er sich in den vergangenen zwei Jahren nicht geändert hatte. Der gesamte zweite Teil ihres Vorhabens beruhte jedoch darauf, dass er sich nicht verändert hatte.

Der Gideon, den sie gekannt hatte, war zwar ihr Freund gewesen, aber auch ein Playboy, wie er im Buche stand. Wenn er sich mit einer Frau traf, war es nie etwas Ernstes gewesen. Wenigstens nicht für ihn. Natürlich hatte er die Frauen nicht schlecht behandelt, aber er war auch nie lange mit ihnen zusammengeblieben.

Kurz gesagt: Er passte perfekt in Lucys Plan.

Sie musste es nur noch über sich bringen, die verflixten Worte auszusprechen. „Ich brauche … Nachhilfe“, gestand sie schließlich, während sie den Blick nicht von ihren Händen nahm, die immer noch auf der Schreibtischplatte lagen.

„Lucy, schau mich an.“

Betreten folgte sie seiner Aufforderung. Er betrachtete sie stirnrunzelnd, als bemühte er sich, ihre Gedanken zu lesen. „Erklär mir mal bitte, wovon zum Teufel du da redest.“

Wenn sie ihn anschauen musste, fiel es ihr viel schwerer, die Worte auszusprechen. Sie presste die Lippen zusammen. Sie hatte ein paar von den gewieftesten Staatsanwälten New Yorks offen und furchtlos ins Gesicht geschaut. Da würde sie es doch wohl auch schaffen, Gideons Blick standzuhalten.

Du weißt, was du zu sagen hast. Du hast es oft genug geübt.

„Ich brauche ein paar Lektionen in … Sex.“ Er sagte kein Wort. Stattdessen saß er vor ihr wie versteinert. Also fuhr sie fort: „Es würde eine arrangierte Hochzeit werden, aber eine ehrliche Ehe. Und da ich nicht noch einmal von einem Verlobten betrogen werden möchte, bedeutet es, dass Sex ein Teil der Abmachung sein muss. Es ist schon so lange her, und ich muss meine Kenntnisse ein bisschen auffrischen.“

Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Jeff der einzige Mann war, mit dem ich je geschlafen habe. Und er hat keine Gelegenheit ausgelassen, mich darauf hinzuweisen, wie langweilig er unser Sexleben fand.

Und dann hatte er auch noch die Stirn, mir zu erzählen, er habe mich nur betrogen, weil ich seine Bedürfnisse nicht erfüllen konnte.

Zwar spielten Jeffs Ansichten in ihrem Leben schon lange keine Rolle mehr, aber Lucy hätte lügen müssen, wenn sie behauptete, dass sie seine Worte vollkommen vergessen hätte – und dass sie sich in den zwei Jahren ihres unfreiwilligen Single-Daseins nicht von ihnen hätte beeinflussen lassen. Sex hatte ihr immer Spaß gemacht. Und sie hatte geglaubt, Jeff hätte ebenfalls Spaß gehabt. Aber wenn sie in dieser Beziehung so falsch gelegen hatte – wer konnte garantieren, dass es ihr nicht noch einmal passieren würde?

Wenn sie Gideon zutraute, einen Mann für sie zu finden, dann traute sie ihm auch zu, ihr alles beizubringen, was sie wissen musste, um eine erfolgreiche Ehefrau zu sein. Die Gerüchte über seine Talente ließen darauf schließen, dass es keine schlechte Idee war; er war erfahren genug, um ihr einen Crashkurs in der Kunst der Verführung zu erteilen.

„Das reicht jetzt.“ Er erhob sich und knöpfte sein Jackett zu. „Für die Suche nach einem passenden Ehemann werde ich dir eine Rechnung stellen – die gleiche Summe, die ich jedem Kunden berechne. Aber ich bin kein Sex-Arbeiter, Lucy. Du kannst von einem Mann nicht verlangen, dass er dir Unterricht im Vögeln erteilt.“

Sie tat ihre Bestes, um Haltung zu bewahren.

„Ich verstehe.“

„Dennoch …“ Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er da sagte. „Komm heute Abend zu mir. Wir werden über alles reden. Und danach schauen wir weiter.“

Das … war zumindest kein Nein. Es war allerdings auch kein Ja.

„Okay.“ Mehr wagte sie nicht zu erwidern aus Angst, dass er seine Meinung ändern könnte. Nach Gideons Miene zu urteilen schien er seine Einladung bereits zu bereuen.

Er musterte sie mit einem kühlen Blick. „Um sieben Uhr. Die Adresse kennst du ja noch.“

Obwohl es keine Frage war, nickte sie bestätigend. „Ich werde da sein.“

„Komm nicht zu spät.“ Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ ihr Büro. Mit offenem Mund sah sie ihm hinterher.

Ein wohliger Schauer durchfuhr sie. Gideon hatte sich soeben bereit erklärt, ihr zu helfen. Ihm eilte der Ruf voraus, immer den richtigen Kandidaten zu finden, und was ihn persönlich anbetraf, verfügte er über alles, um ihre bevorstehende Hochzeit von Anfang an auf die richtige Schiene zu setzen.

Mit seiner Unterstützung konnte nichts schiefgehen.

Damit hatte sie die Beförderung bereits so gut wie in der Tasche. Dessen war sie sich vollkommen sicher.

3. KAPITEL

In dem Moment, als Gideon Lucy küsste, löste sich ihr Unbehagen in Luft auf. Sie hatte damit gerechnet … nun ja, sie war sich eigentlich nicht sicher, womit sie gerechnet hatte. Vielleicht, dass er sie ins Schlafzimmer führte, sie sich auszogen und einfach loslegten. Und das am besten bei ausgeschaltetem Licht, um ihr das Gefühl der Peinlichkeit zu nehmen.

Er nahm ihr Gesicht in die Hände, streichelte es, fuhr mit den Fingern durch ihr Haar. Bei dieser Bewegung lösten sich ihre Lippen voneinander. Gideon fuhr mit der Zunge über ihren Nacken und sorgte damit für Gänsehaut.

Zwischen ihren Beinen begann eine kleine Flamme zu lodern, die nach und nach ihren ganzen Körper wärmte.

„Sei ganz locker. Entspann dich“, flüsterte er ihr ins Ohr.

„Ich kann nicht glauben, dass das hier gerade passiert.“

Er küsste ihr Schlüsselbein. „Wenn du deine Meinung geändert hast …“

„Nein.“ Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hatte sie sich so etwas mit ihm vorgestellt. Das war eine rote Linie, die sie bislang nicht zu überschreiten gewagt hatte. Aber jetzt wollte sie diese Erfahrung um nichts auf der Welt mehr missen. Mit jedem Atemzug wurde ihr heißer. Die Hitze konzentrierte sich zwischen ihren Schenkeln, wo sie seinen Schwanz spüren konnte. Genau dort wollte sie ihn haben.

Ich will es.

Die Erkenntnis erschreckte sie, obwohl eigentlich kein Grund dazu bestanden hätte. Gideon war Mr. Sex persönlich, und dass er sich in diesem Moment voll und ganz auf sie konzentrierte, war ein berauschendes Gefühl. Sie wollte … noch mehr. Alles. Alles, was er ihr geben konnte. Sie stöhnte auf. „Mehr.“

Gideon eroberte ihren Mund. Er beanspruchte sie, und mit einer kleinen Bewegung seiner Zungenspitze gab er ihr zu verstehen, wer das Sagen hatte. Alles in ihr konzentrierte sich auf diese Berührung.

Es reichte nicht. Zwischen ihnen waren zu viele Kleidungsstücke. Sie spürte die Bewegungen seiner breiten Schultern, die Muskeln seines Brustkorbs, als sie mit den Händen darüberfuhr, aber sein bis zum Kragen zugeknöpftes Hemd verwehrte ihr den Hautkontakt, nach dem sie sich verzehrte.

Ihre Brüste waren angespannt, ihre Nippel so hart, dass es beinahe schmerzte. Durch den Stoff seiner Hose konnte sie die Größe seines Schwanzes erahnen, und wenn sie sich an ihm rieb, fühlte es sich fantastisch an. Geradezu berauschend. Deshalb tat sie es erneut.

Gideon legte eine Hand auf ihre Hüfte. Er hörte nicht auf, sie zu küssen, ließ nicht ab von ihrem Mund. Als ob das Küssen bereits seine Erfüllung wäre – und nicht die Vorstufe zum Sex.

Himmel, ich bin total durcheinander.

Er kniff ihr in den Po und knabberte an ihrer Unterlippe. „Na, wie schlagen wir uns?“

„Gut.“ War das etwa ihre Stimme? Sie klang, als täte sie etwas viel Anspruchsvolleres und Anstrengenderes, als Gideon zu küssen. Wenn sich das Küssen schon so anfühlt, wie wird dann erst der Sex sein?

Er zog sie noch näher an sich und presste sein hartes Glied gegen ihre Pussy. „Und jetzt?“

Sie atmete scharf aus. Bitte hör nicht auf. Wenn sie so weitermachten, würde sie gleich kommen. „Sehr gut. Aber …“ Sie wollte nicht darüber reden, sie wollte nichts tun, was zu einem abrupten Ende führen könnte. Also beugte sie sich näher, um ihn erneut zu küssen.

Doch Gideon griff in ihr Haar und hielt sie fest, sodass sie sich nicht bewegen konnte. „Aber?“

Gerade eben hatte sie es noch für gut befunden, dass sie ehrlich und aufrichtig miteinander umgehen wollten. Wie sonst konnte sie besser werden, wenn sie nicht wusste, was sie falsch machte? Aber in der Praxis hatte sie das Gefühl, dass er sie in einer Art und Weise entblößte, die nichts mit Sex zu tun hatte. Sie schloss die Augen, denn die Antwort fiel ihr leichter, wenn sie ihn nicht anschauen musste. „Ist dieser ‚Trockensex‘ nicht ein bisschen kindisch?“ Wirst du mich aufziehen, wenn ich dabei schon einen Orgasmus bekomme? Oder dich darüber lustig machen, dass ich so rasch komme, weil es bei mir schon so lange her ist?

Er lachte auf. „Fühlt sich das hier etwa kindisch an?“

„Nein.“ Es fühlte sich heißer an, als sie erwartet hatte, und sogar ein bisschen schmutzig. Sie sehnte sich so sehr danach – und genau das war das Problem. Sie zwang sich, die Augen wieder zu öffnen, und stellte fest, dass er sie nachdenklich betrachtete. „Was ist?“

„Dem Vergnügen kann man keine Grenzen setzen, Lucy. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg dorthin. Warum also sollte das hier denn falsch sein? Für mich fühlt es sich gut an. Für dich fühlt es sich gut an. Also brauchen wir uns gar keine Gedanken darüber zu machen.“

So, wie Gideon es ausdrückte, hörte es sich so einfach an. Sie wollte gerade eine weitere Frage stellen, besann sich aber eines Besseren. Sonst war sie doch gar nicht so unsicher. Es musste an der Beziehung mit Jeff liegen. Diese Erfahrung schwebte wie ein dunkler Schatten über ihr und beeinflusste alles, was sie gerade tat.

Genau davor hatte sie Angst gehabt.

„Danke, dass du mir hilfst, Gideon. Du hättest das nicht tun müssen, und …“

„Lucy.“ Er nahm ihr Gesicht in seine großen Hände, sodass sie seinem Blick nicht ausweichen konnte. Seine Augen schauten unglaublich ernst drein. „Hör endlich auf, dich bei mir zu bedanken. Diese Heiratsvermittlung – okay, meinetwegen. Aber nicht hierfür. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich nicht auch einen Gewinn daraus ziehe?“ Er grinste spitzbübisch. „Genau wie du. Genieße es einfach. Genieße mich.“

Leichter gesagt als getan. Die boshafte Stimme, die schon viel zu lange in ihrem Hinterkopf ihr Unwesen trieb, ließ sich nicht so schnell zum Schweigen bringen. Jedenfalls nicht ganz. Nur ein Mitleidsfick? Sie presste die Lippen zusammen. „Ich möchte Sex haben. Jetzt.“

„Nein.“

Erstaunt runzelte sie die Stirn. „Wie bitte?“