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Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Leibniz Kolleg Tübingen (Leibniz Kolleg Tübingen ), Sprache: Deutsch, Abstract: Um diese Beziehungen zu verdeutlichen und zu verbildlichen, werden vier Situationen, im Rahmen der religiösen und gesellschaftlichen Abläufe in Marokko, beschrieben. Dabei wird besonders darauf geachtet, nicht in eine Art Exotismus und Sensationslust zu fallen. Eine Exotisierung wird mit dem Hinweis verhindert, dass diese Menschen einen hohen Grad an Frömmigkeit besitzen. Diese Situationen stellen tatsächlich individuelle Erlebnisse dar, sie sind zwar auf eine gewisse Anzahl von (rituell-)gläubigen Menschen in Marokko übertragbar, aber nicht verallgemeinerungsfähig. Ein scheinbar logischer Automatismus ist auszuschließen, was die Komplexität der Materie verdeutlicht. Im Hintergrund spielt die Problematik, wie man die Praktiken darstellen kann, eine ausschlaggebende Rolle. Im Fokus stehen folgende Fragestellungen: Welchen Zweck besitzen die heiligen Rituale? Was für eine Rolle spielen sie im Alltag des Gläubigen? Die erste Situation beschreibt ein Interview mit dem Leiter (muqqadem) einer bedeutenden Bruderschaft (ṭaifa), der zu den Praktiken der Rituale Stellung nimmt. Die zweite Situation behandelt die Arbeit eines frommen Imams, ein Vertreter des „offiziellen Islams“, der die Praktiken der, nach seiner Meinung heidnischen, ṭaifa verurteilt und zurückweist. Die dritte Situation studiert den Gender Aspekt, ein wichtiger Gesichtspunkt in der Rollenverteilung innerhalb der Gruppe. Die Erzählungen einer in diesem Bereich erfahrenen Frau zum Thema Frauenmagie illustrieren und beleuchten einen Teilbereich der Interaktion zwischen den Geschlechtern und der Position der Frau innerhalb der marokkanischen Gesellschaft generell und der Bruderschaft speziell. Der letzte Bericht stützt sich auf den Aufsatz „Mohammed and Dawia: Possession in Morocco“ von Vincent Crapanzano. Dieser untersucht, anhand der Biographien von Mohammed und Dawia, dieselbe Fragestellung wie diese Arbeit. Dieses Beispiel dient als „externes“ Fallbeispiel und soll die Argumentation unterstützen. Diese Fallbeispiele sind Resultate einer nun fast zweijährigen Begleitung der Feldforschung von Martin Zillinge. Interviews und Beobachtungen sind die Hauptquellen dafür. Zu eigenen Erfahrungen kommen ethnologische Texte, beispielsweise von Vincent Crapanzano und Frank Maurice Welte, dazu. Eine Interpretation zur Funktion des Volksislams in der marokkanischen Gesellschaft der muḥibbi wird gegeben. Es folgt der Aufbau einer theoretischen Basis, die die Hypothesen erläutern soll.
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Mohamed Amjahid Leibniz Kolleg 2007/2008Religionswissenschaft | EthnologieTrimesterarbeit Vorgelegt am 14.04.2008
„Lǧin iqdili lġaŗad“*
Mystik im Alltag
Dämonen, Besessenheit und Frauenmagie als sozio-psychologische Phänomene?
* Übersetzung des Titels „Lǧin iqdili lġaŗad“: Der Dämon wird mein Anliegen erledigen.
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Liste zur Aussprache arabischer Eigennamen und Begriffe:
Die Lautform der nicht aufgeführten Buchstaben entspricht der Deutschen Aussprache. Diese Liste orientiert sich, mit leichten Veränderungen, an dem Standard der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG).
ā, ī, ū lange Vokale
ʾ Stimmabsatz ṯ stimmloses th (englisch: thing) ğ stimmhaftes dsch (itallienisch: giorgia) ḥ stark gehauchtet h ḫ rauhes ch (deutsch: Schach) ḏ simmhaftes th (englisch that) s stimmhaftes s š sch ṣ emphatisches stimmloses s ḍ emphatisches d ṭ emphatisches t ẓ emphatisches stimmhaftes s ʿ geprester Kehllaut ŗ gerolltes r ġ Gaumen r q dumpfes k (aus der Kehle)
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Ein Muslim muss fünf Mal am Tag das Gebet (ṣalat) verrichten und 2,5% seines Vermögens jährlich an Bedürftige in Form einer Almosensteuer (ẓakat) spenden.„Und verrichtet das Gebet, gebt die Almosensteuer und nehmt (beim Gottesdienst) an der Verneigung teil!“1Er muss einen Monat im Jahr fasten (ṣaum).
„Ihr Gläubigen! Euch ist vorgeschrieben, zu fasten, so wie es auch denjenigen, die vor euch lebten, vorgeschrieben worden ist. Vielleicht werdet ihr gottesfürchtig sein.“2Ein Muslim darf keinen Alkohol trinken...
„Ihr Gläubigen! Wein, das Losspiel, Opfersteine und Lospfeile sind (ein wahrer) Greuel und des Satans Werk. Meidet es! Vielleicht wird es euch (dann) wohl ergehen. Der Satan will (ja) durch Wein und das Losspiel nur Feindschaft und Haß zwischen euch aufkommen lassen und euch vom Gedenken Gottes und vom Gebet abhalten. Wollt ihr nicht (damit) aufhören?“3
...oder außerehelichen Sex haben.
„Und diejenigen, die es sich (offensichtlich?) nicht leisten können zu heiraten, sollen so lange Enthaltsamkeit üben (oder: (darauf) verzichten?) bis Gott sie durch seine Huld reich macht [...]“4