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In Andersreich ist der Sommer da! Elfe Lia begrüßt ihn mit ihren Freundinnen auf der paradiesischen Zwillingsinsel, in deren Heckenrosen sich wilde Pixies tummeln und Undinen in den Dünen zelten. Lia will Muscheln sammeln und am Lagerfeuer chillen, als sie plötzlich allein auf die Unterseite der Insel gerät, wo es spuken soll. Trotz Gänsehaut geht Lia dem Rätsel nach. Eine Insel nur für Elfenkids, traumhaftes Meer, weiße Sandstrände und ein Zeltlager in den Dünen – so kann der Sommer für Lia beginnen!
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Seitenzahl: 38
Aniela Ley
Lia Sturmgold und die Zwillingsinsel
Ein Sommer-Abenteuer
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Lia schaute skeptisch auf das Meerschaum-Bonbon in ihrer Hand. Es sah kein bisschen nach einem Leckerbissen aus, eher wie versteinerte Watte, und es müffelte obendrein nach Seetang. Vor ihr stand ihre Freundin, die Meereselfe Serafina, mit einem Gesichtsausdruck, der ihrem Spitznamen Miesmuschel alle Ehre machte. Nicht mehr lange und der eh recht kurze Geduldsfaden der Undine würde reißen.
»Damit ich das richtig verstehe«, versuchte Lia Zeit zu schinden. »Deine Cousine Salina hat uns eingeladen, damit wir gemeinsam den Sommeranfang feiern können. Und zwar auf einer Insel mitten im Unerreichbaren Ozean, zu der man nur gelangt, wenn man so ein Meerschaum-Bonbon lutscht?«
»Genauso ist es«, sagte Serafina, die gleich nach dem Unterrichtsschluss in ein mit Wellen besticktes Strandkleid geschlüpft war und jetzt endlich loswollte, um, wie alle Elfenkinder in Andersreich, den Sommer zu begrüßen. Und eine Undine, die man von Meeresrauschen und Strand fernhielt, war keine gutgelaunte Undine – so viel stand fest.
»Jetzt mal eine Gegenfrage«, setzte Serafina nach. »Warum ist das Bonbon immer noch nicht in deinem Mund, Prinzessin Wackelkrone?«
Sofort ruckelte Lia an der Tiara, die mal wieder schief in ihrem silbrigen Haar saß. Das blöde Ding, seufzte sie innerlich. Aber was sollte sie machen? Da steckte Lia nach einem missglückten Elfenzauber seit einigen Mondumdrehungen im Körper der Luftelfe Asalia Laliala Pergusta, ihres Zeichens Prinzessin der Himmelsreiche, während diese aktuell als Larissa Dornmeier die Menschenwelt erkundete. Und obwohl Lia sich ansonsten in Andersreich super eingelebt hatte als hochwohlgeborene Prinzessin und Schülerin des Elfeninternats Springwasser, saß diese verflixte Tiara immer noch ständig schief!
Serafina räusperte sich. »Lia, du musst jetzt endlich eine Entscheidung treffen: Möchtest du mit uns zur berühmten Zwillingsinsel reisen – oder lieber mit deiner Tiara spielen?«
»Jetzt sei nicht so grantig«, mischte sich Merla ein. Die Erdelfe hatte in ihren Pelz, der sie von Kopf bis Fuß bedeckte, bunt angemalte Muscheln gehängt und dazu einen breitkrempigen Strohhut aufgesetzt. In ihrer Hand hielt sie ebenfalls abwartend ein Meerschaum-Bonbon. »Lia ist bloß so zögerlich, weil du uns nicht verraten willst, auf welche Weise uns diese Bonbons zur Zwillingsinsel befördern werden. So viel Heimlichtuerei kann einen schon verunsichern. Wir könnten uns ja in einen Hauch Meerschaum verwandeln, den der Wind zur Insel weht. Oder wir zerfallen zu Meersalz oder uns wächst ein Fischschwanz, so ein richtig glitschiger, oder …«
»Das ist sehr ermutigend, vielen Dank«, unterbrach Lia die wenig verlockend klingende Aufzählung.
»Vertrau mir einfach«, schlug Serafina vor. »Und du auch, Zottelchen. Großes Undinen-Ehrenwort: Die Zwillingsinsel ist so einen salzigen Drops auf jeden Fall wert. Stellt euch nur vor, eine ganze Insel ausschließlich für uns Elfenkids, weil kein Erwachsener sie sehen, geschweige denn betreten kann. Besser kann man den Sommer doch gar nicht beginnen!«
»Den ganzen Tag am Meer und abends mit sandigen Füßen ins Bett«, stimmte Lia begeistert ein. »Du hast mich überzeugt, runter mit dem Meerschaum-Bonbon.«
Gerade als Lia zur Tat schreiten wollte, wurde die Balkontür aufgestoßen und die vierte im Bunde der Nachtflugwabe kam ins Zimmer geflogen, oder viel mehr mit Höchstgeschwindigkeit hereingeschossen. Nur einen Hauch vor Lias Gesicht legte die handtellergroße Blo eine solche Vollbremsung hin, dass ihre Libellenflügel nur so klirrten.
»Bin da!«, verkündete die Pixie lautstark. »Ihr glaubt ja gar nicht, wie schwer es ist, einen Badeanzug in der Kleidergröße Stängelchen zu bekommen. Eins vorweg: Falls jemand das Bedürfnis verspürt, sich über die roten Ringel, die Knopfleiste oder die kurzen Beinchen meiner Badekleidung lustig zu machen, den verbuddle ich im Sand, sobald er am Strand ein Nickerchen macht. Und ab geht's, ich bin startklar!«
Serafinas schwarze Augen funkelten. »Seit wann haben Blumenelfen das Kommando bei einer Reise ans Meer? Blo, du schaltest einen Gang runter, und dann schluckt ihr zwei auf mein Zeichen hin eure Portion Meerschaum. Beim großen Mahlstrom, wir sind ohnehin schon spät dran. Also, los jetzt!«
Lia wechselte einen raschen Blick mit Merla, dann steckten sie beide gleichzeitig ihr Bonbon in den Mund.
Schmeckt nach Salzkaramell mit einer Prise Algenaroma, stellte Lia überrascht fest. Während sie noch lutschte, veränderte sich etwas. Es war, als würde an den violetten Zimmerwänden gezogen und gerissen, sodass die Wabe immer größer und größer wurde … bis Lia sich wie ein Zwerg vorkam. Auch Merla, die neben ihr stand, machte große Augen.
Als Blo auf sie zuflog, begriff Lia erst, was passiert war: »Wir sind auf Pixiegröße geschrumpft!«
Blo landete vor Lia auf dem Boden und sah auf ihre Freundin hinunter. »Für Pixies seid ihr zwei aber ganz schön klein geraten, du reichst mir höchstens bis zum Kinn mit deiner Tiara.«