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Karl Ove Knausgård

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Beschreibung

Zügellos, kompromisslos, intim: Karl Ove Knausgårds hoch gerühmter zweiter Roman aus seiner autobiographischen Serie

Was bleibt von all der Romantik und Leidenschaft, wenn der Alltag Einzug hält ins Leben zweier moderner, auf Selbstverwirklichung bedachter Menschen mit kleinen Kindern? Anspruch und Wirklichkeit prallen aufeinander. Das tägliche Ringen um Freiräume, Lebensfreude und Zeit wird zum unauflösbaren Konflikt. Die eigene Identität muss mit Klauen verteidigt, die Liebe immer wieder neu gefunden werden. Ein Kraftakt, von dem Karl Ove Knausgård in seinem Roman »Lieben« voller Zärtlichkeit und mit entwaffnender Ehrlichkeit erzählt. Das radikale Vaterporträt seines umjubelten Vorgängerromans »Sterben« wird nun in »Lieben« ergänzt durch das kompromisslose Suchen nach Nähe und Beziehung.

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Seitenzahl: 1118

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Inhaltsverzeichnis

29. Juli 2008Copyright

29. Juli 2008

DER SOMMER IST LANG GEWESEN, und er ist noch nicht vorbei. Am 26. Juni beendete ich den ersten Band meiner Romanreihe und seither, mehr als einen Monat, sind Vanja und Heidi nicht mehr im Kindergarten gewesen, was einen intensiveren Alltag zur Folge hat. Es hat sich mir niemals erschlossen, welchen Sinn Urlaube haben sollen, und ich selbst habe nie das Bedürfnis nach einem verspürt, immer nur Lust gehabt weiterzuarbeiten. Aber wenn ich muss, dann muss ich eben. Die erste Woche wollten wir eigentlich in unserer Schrebergartenlaube verbringen, die wir auf Lindas Wunsch hin im vorigen Herbst als Ort zum Schreiben und als Wochenendhäuschen gekauft haben, aber nach drei Tagen gaben wir auf und zogen wieder in die Stadt. Drei kleine Kinder und zwei Erwachsene auf einer kleinen Fläche, umgeben von anderen Menschen, ohne dass es etwas anderes zu tun gäbe, als Unkraut zu jäten und Rasen zu mähen, ist keine gute Idee, vor allem, wenn die Stimmung bereits vorher nicht sonderlich harmonisch war. Wir stritten uns da draußen, vermutlich zum Amüsement unserer Nachbarn, mehrfach lautstark, und die mehreren hundert säuberlich gepflegten Gärten mit all diesen alten, halbnackten Menschen machten mich vor lauter Klaustrophobie recht reizbar. Stimmungen dieser Art werden von Kindern blitzschnell wahrgenommen und ausgespielt, vor allem von Vanja, die unmittelbar auf veränderte Tonlagen und intensivere Gefühle reagiert, und läuft die Sache dann aus dem Ruder, tut sie die Dinge, die wir, wie sie ganz genau weiß, am wenigsten ausstehen können und uns zum Äußersten treiben, wenn sie lange genug weitermacht. Wenn man vor lauter Frustration fast platzt, ist es fast unmöglich, dagegen anzukämpfen, und schon geht es los, Gebrüll und Geschrei und Elend. In der folgenden Woche mieteten wir ein Auto und fuhren auf die Insel Tjörn nördlich von Göteborg, da Lindas Freundin Mikaela, die Vanjas Patentante ist, uns in das Sommerhaus ihres Lebensgefährten eingeladen hatte. Wir fragten sie, ob ihr auch klar sei, wie es mit drei Kindern zugehen würde, und ob sie wirklich sicher sei, dass sie uns dort haben wolle, aber ja, das sei sie, erklärte sie, sie könne mit den Kindern backen, hatte sie sich überlegt, und mit ihnen schwimmen gehen und Krabben angeln, damit wir ein bisschen Zeit für uns haben würden. Letzteres ließ uns anbeißen. Nach Tjörn und bis vor das Sommerhaus fuhren wir, am äußeren Rand dieser eigentümlich südnorwegisch anmutenden Landschaft parkten wir, hinein wälzten wir uns mit allen Kindern und Sack und Pack. Eigentlich hatten wir vorgehabt, die ganze Woche zu bleiben, aber schon drei Tage später packten wir alles wieder ins Auto und nahmen zu Mikaelas und Eriks unverhohlener Erleichterung erneut Kurs Richtung Süden.

Menschen, die selber keine Kinder haben, begreifen nur selten, was dies bedeutet, ganz gleich, wie reif und intelligent sie ansonsten sein mögen, zumindest traf das auf mich zu, bevor ich selber Vater wurde. Mikaela und Erik leben für ihre Karrieren; solange ich Mikaela kenne, hat sie immer irgendwelche führenden Positionen im Kulturleben bekleidet, während Erik Geschäftsführer irgendeiner weltweit agierenden Stiftung mit Sitz in Schweden ist. Nach dem Aufenthalt auf Tjörn musste er zu einer Sitzung in Panama fahren, ehe sie ihren Urlaub in der Provence fortsetzen würden, denn so verläuft ihr Leben, Orte, von denen ich nur gelesen habe, stehen ihnen offen. In dieses Leben platzten wir mit unseren feuchten Tüchern und Windeln und John, der überall herumkrabbelt, Heidi und Vanja, die sich streiten und schreien, lachen und weinen, die niemals am Tisch essen, die niemals tun, was wir sagen, jedenfalls nicht, wenn wir bei anderen Leuten sind und wirklich wollen, dass sie sich benehmen, denn das merken sie, und je mehr für uns auf dem Spiel steht, desto wilder werden sie, und obwohl das Sommerhaus groß und geräumig wirkte, war es doch nicht so groß und geräumig, dass sie zu übersehen gewesen wären. Erik tat so, als könnte ihm in seinem Haus nichts Furcht einflößen, er wollte sich gerne großzügig und kinderfreundlich zeigen, aber seine Körpersprache sagte kontinuierlich etwas anderes, diese eng an den Körper gepressten Arme, seine Art, ständig Sachen an ihren richtigen Platz zu legen, und die große Distanz in seinem Blick. Den Dingen und dem Ort, die er sein Leben lang gekannt hatte, war er nah, fern dagegen denen, die es in diesen Tagen bevölkerten, er betrachtete sie in etwa so, wie man Maulwürfe oder Igel betrachtet. Ich verstand ihn und mochte ihn. Aber gleichzeitig kam ich mit all dem zu ihm, und eine wirkliche Begegnung war unmöglich. Er hatte in Cambridge und Oxford studiert und jahrelang als Makler in der Londoner Finanzwelt gearbeitet, aber bei einem Abstecher, den er und Vanja auf eine Felsenanhöhe am Meer unternahmen, ließ er sie mehrere Meter vor sich frei herumklettern, während er dastand und die Aussicht bewunderte, ohne zu bedenken, dass sie erst vier war und Gefahren nicht richtig einschätzen konnte, so dass ich mit Heidi auf dem Arm hinaufrennen und übernehmen musste. Als wir uns eine halbe Stunde später in ein Café setzten, ich mit steifen Beinen nach dem eiligen Besteigen des Felsens, und ich ihn bat, John Stücke eines Brötchens zu geben, das ich neben ihn legte, da ich auf Heidi und Vanja aufpassen und ihnen gleichzeitig etwas zu essen besorgen musste, nickte er bestätigend, faltete die Zeitung, in der er las, jedoch nicht zusammen, schaute überhaupt nicht auf und merkte deshalb nicht, dass John, einen halben Meter von ihm entfernt, immer aufgeregter wurde und schließlich brüllte, bis er rot anlief, weil es ihn frustrierte, dass der Bissen, den er so gerne gehabt hätte, zwar vor seinen Augen, aber außer Reichweite lag. Die Situation machte Linda am anderen Ende des Tisches wütend, das sah ich ihr an, aber sie fraß ihren Ärger in sich hinein, sagte nichts und wartete stattdessen, bis wir draußen und allein waren, woraufhin sie erklärte, dass wir heimfahren würden. Sofort. An ihre Launen gewöhnt, sagte ich ihr, dass sie den Mund halten und solche Entscheidungen nicht treffen solle, wenn sie so verdammt sauer war. Das ließ sie natürlich noch wütender werden, und so machten wir weiter, bis wir am nächsten Morgen im Auto saßen und losfuhren.

Der weite blaue Himmel und die kleinteilige und windige, aber schöne Landschaft hellten zusammen mit der Freude der Kinder und der Tatsache, dass wir in einem Auto saßen und in keinem Zugabteil oder an Bord eines Flugzeugs, wie sonst, die Stimmung auf, aber es dauerte nicht lange, bis es wieder losging, denn wir mussten etwas essen, und das Restaurant, bei dem wir hielten, gehörte zu einem Jachtclub, aber, so meinte der Kellner zu mir, wir bräuchten nur über die Brücke zu gehen, dann kämen wir in die Stadt, und dort, vielleicht fünfhundert Meter entfernt, liege ein weiteres Restaurant, so dass wir uns zwanzig Minuten später auf einer hohen und schmalen, aber dicht befahrenen Brücke, zwei Kinderwagen mitschleppend, hungrig und nur ein Industriegebiet in Sicht, wiederfanden. Linda war außer sich vor Wut, ihre Augen waren schwarz, immer wieder gerieten wir in solche Situationen, fauchte sie, anderen passiere so etwas nie, wir bekämen nie etwas hin, jetzt wollten wir essen, die ganze Familie, das hätte doch nett werden können, stattdessen gingen wir hier umgeben von vorbeirasenden Autos und Abgasen auf einer verdammten windgepeitschten Brücke entlang. Hatte ich jemals andere Familien mit drei Kindern so gesehen? Die Straße, der wir folgten, endete an einem Metalltor mit dem Logo einer Sicherheitsfirma. Um in die Stadt zu gelangen, die zu allem Überfluss einen abgewirtschafteten und tristen Eindruck machte, hätten wir in der Industrielandschaft einen Umweg von sicherlich fünfzehn Minuten machen müssen. Ich wollte sie verlassen, weil sie die ganze Zeit meckerte, sie wollte immer etwas anderes haben, tat jedoch selber nie etwas dafür, meckerte nur, meckerte, meckerte, nahm die Dinge niemals, wie sie waren, und wenn die Wirklichkeit nicht ihren Vorstellungen entsprach, machte sie mir in großen wie in kleinen Dingen Vorwürfe. Nun ja, na schön, dann trennen wir uns eben, aber die Logistik vereinte uns wie üblich wieder, denn wir hatten ein Auto und zwei Kinderwagen, so dass man nur so tun konnte, als wäre alles, was man gesagt hatte, doch nicht gesagt worden, um anschließend die fleckigen und klapprigen Wagen über die Brücke und zu dem hübschen Jachtclub zu schieben, sie in den Wagen zu verfrachten und die Kinder anzuschnallen und anschließend zum nächstgelegenen McDonald’s zu fahren, in diesem Fall zu einer Tankstelle nahe der Göteborger Innenstadt, wo ich auf einer Bank saß und meine Wurst aß, während Vanja und Linda im Auto saßen und die ihre verspeisten. John und Heidi schliefen. Den geplanten Abstecher zum Vergnügungspark Liseberg bliesen wir ab, denn in der Stimmung, die momentan zwischen uns herrschte, hätte er alles nur noch schlimmer gemacht. Stattdessen hielten wir ein, zwei Stunden später spontan an einem billigen und zusammengewürfelten sogenannten »Märchenland«, in dem alles von schlechtester Qualität war, und gingen mit den Kindern als Erstes in einen kleinen »Zirkus«, der aus einem Hund bestand, der durch Reifen in Kniehöhe sprang, einer kräftigen, männlich aussehenden Dame, wahrscheinlich irgendwo aus Osteuropa stammend, die in einem Bikini dieselben Reifen hochwarf und um die Hüften kreisen ließ, Kunststücke, die sämtliche Mädchen meiner Grundschulklasse bereits beherrscht hatten, und einem blonden Mann in meinem Alter mit Schnabelschuhen, Turban und Fettwulsten, die über die Haremshose quollen, der seinen Mund mit Benzin füllte und vier Mal Feuer zur niedrigen Decke hinauf spuckte. John und Heidi starrten sich fast die Augen aus dem Kopf. Vanja dachte dagegen nur an die Losbude, an der wir vorbeigekommen waren und bei der man ein Stofftier gewinnen konnte, zupfte ständig an mir und wollte wissen, wann die Vorstellung vorbei sein würde. Ab und zu schaute ich zu Linda hinüber. Sie hatte Heidi auf dem Schoß, ihr standen Tränen in den Augen. Als wir hinauskamen und abwärts zu dem kleinen Kirmesplatz gingen und beide einen Kinderwagen an einem Becken mit einer langen Wasserrutschbahn vorbeischoben, hinter deren höchstem Punkt ein riesiger, etwa dreißig Meter hoher Troll thronte, fragte ich sie nach dem Grund.

»Ich weiß nicht«, antwortete sie, »aber der Zirkus rührt mich immer.«

»Warum?«

»Na ja, es ist doch so traurig, so wenig und so billig. Gleichzeitig aber auch so schön.«

»Das auch?«

»Ja. Hast du Heidi und John nicht gesehen? Sie waren wie hypnotisiert.«

»Vanja aber nicht«, sagte ich und lächelte. Linda erwiderte mein Lächeln.

»Was ist?«, wollte Vanja wissen und drehte sich um. »Was hast du gesagt, Papa?«

»Ich habe nur gesagt, dass du im Zirkus nur an das Stofftier gedacht hast, das du unten gesehen hast.«

Vanja lächelte auf jene für sie typische Art, wenn wir über etwas sprachen, was sie getan hatte. Zufrieden, aber auch eifrig, bereit für mehr.

»Was habe ich getan?«, sagte sie.

»Du hast an meinem Arm gezupft«, antwortete ich. »Und mir gesagt, dass du jetzt Lose ziehen willst.«

»Und warum?«, fragte sie.

»Woher soll ich das wissen«, sagte ich. »Anscheinend hättest du gerne ein Kuscheltier.«

»Machen wird das jetzt?«, sagte sie.

»Ja«, antwortete ich. »Die Losbude ist da unten.«

Ich zeigte den asphaltierten Fußweg zu den Karussellen hinunter, die man durch die Bäume hindurch vage erkennen konnte.

»Darf Heidi auch?«, fragte sie.

»Wenn sie möchte«, sagte Linda.

»Natürlich möchte sie«, erklärte Vanja und beugte sich zu Heidi hinab, die im Wagen saß. »Möchtest du, Heidi?«

»Ja«, antwortete Heidi.

Wir mussten für neunzig Kronen Lose kaufen, bis jede der beiden ihre kleine Stoffmaus in der Hand hielt. Am Himmel über uns brannte die Sonne, die Luft im Wald stand, die allgegenwärtigen klingelnden und gellenden Töne der Spielautomaten vermischten sich mit der Discomusik aus den achtziger Jahren aus den Buden ringsum. Vanja wollte Zuckerwatte haben, so dass wir zehn Minuten später an einem Tisch neben einem Kiosk saßen, umschwirrt von aggressiven und aufdringlichen Wespen und im gleißenden Sonnenlicht, weshalb der Zucker an allem klebte, was er berührte, also an der Tischplatte, dem Wagenrücken, an Armen und Händen, und zwar zum lautstarken Ärger der Kinder, denn so hatten sie sich das nicht vorgestellt, als sie den Behälter mit dem schwirrenden Zucker im Kiosk gesehen hatten. Mein Kaffee war bitter, fast ungenießbar. Ein kleiner schmutziger Junge kam mit seinem Dreirad auf uns zu, fuhr geradewegs gegen Heidis Wagen und sah uns erwartungsvoll an. Er hatte dunkle Haare und dunkle Augen, mochte rumänischer oder albanischer Abstammung sein, vielleicht auch griechischer. Nachdem er das Dreirad noch ein paar Mal gegen den Wagen gefahren hatte, stellte er sich so, dass wir nicht hinauskommen konnten, und blieb dort stehen, den Blick nun jedoch zu Boden gerichtet.

»Sollen wir los?«, sagte ich.

»Heidi wollte doch gerne reiten«, sagte Linda. »Können wir das nicht vorher noch machen?«

Ein korpulenter Mann mit abstehenden Ohren, auch er dunkelhaarig, kam näher und hob den Jungen auf dem Dreirad hoch und trug ihn auf den Platz vor dem Kiosk, tätschelte zwei Mal seinen Kopf und kehrte zu der mechanischen Krake zurück, die er bediente. Ihre Arme trugen kleine Körbe, in denen man saß und die sich hoben und senkten und dabei langsam im Kreis drehten. Der Junge fuhr über den Platz, auf dem in einem steten Strom sommerlich gekleidete Menschen eintrafen und sich entfernten.

»Na klar«, sagte ich, stand auf, nahm Vanjas und Heidis Zuckerwatte, warf sie in einen Abfalleimer und schob den Wagen mit John, der den Kopf hin und her warf, um all die interessanten Dinge mitzubekommen, die hier passierten, über den Platz und zu dem Weg, der zur »Westernstadt« hinaufführte. Aber in der »Westernstadt«, die aus einem Sandhaufen mit drei kürzlich errichteten Schuppen bestand, auf denen die Worte »Grube«, »Sheriff« und »Gefängnis« standen, die beiden letztgenannten voller »Wanted dead or alive«-Plakate, auf der einen Seite umgeben von Birken und auf der anderen von einer Rampe, auf der mehrere Jugendliche auf einem Brett mit kleinen Rädern fuhren, war das Pferdereiten geschlossen. Hinter dem Zaun gegenüber der »Grube« saß die osteuropäische Zirkusfrau auf einem Stein und rauchte.

»Reiten!«, sagte Heidi und schaute sich um.

»Dann werden wir wohl zum Eselreiten am Eingang gehen müssen«, meinte Linda.

John warf sein Fläschchen mit Wasser auf die Erde. Vanja krabbelte unter dem Zaun hindurch und lief zur Grube. Als Heidi das entdeckte, stieg sie aus ihrem Wagen und lief hinterher. Ich sah einen rot-weißen Cola-Automaten auf der Rückseite des Sheriffbüros, beförderte den Inhalt der Tasche meiner Shorts ans Tageslicht und betrachtete ihn: zwei Haarbänder, eine Haarspange mit Marienkäfermotiv, ein Feuerzeug, drei Steine und zwei kleine weiße Muscheln, die Vanja auf Tjörn gefunden hatte, ein Zwanzigkronenschein, zwei Fünfer und neun Einkronenmünzen.

»Ich rauche so lange eine«, sagte ich. »Ich setze mich da drüben hin.«

»Tu das«, erwiderte Linda, und hob ihn hoch. »Hast du Hunger, John?«, sagte sie. »Mein Gott, ist das heiß. Gibt es denn hier nirgendwo Schatten? Wo ich mich mit ihm hinsetzen kann?«

»Da oben«, sagte ich und zeigte zu dem Restaurant auf der Hügelkuppe, das die Form eines Zugs hatte, die Theke war in der Lokomotive untergebracht, die Tische in den Wagen. Dort war kein Mensch zu sehen. Die Stühle standen mit den Rückenlehnen gegen die Tischplatten gelehnt.

»Ich geh mal hin«, sagte Linda, »und geb ihm was zu essen. Behältst du die Mädchen im Auge?«

Ich nickte, ging zum Cola-Automaten und zog eine Dose, setzte mich auf den Holzstamm, zündete mir eine Zigarette an und blickte zu dem hastig zusammengeschusterten Schuppen hinauf, wo Vanja und Heidi zur Tür hinein und wieder heraus liefen.

»Da drinnen ist es ganz dunkel!«, rief Vanja. »Komm gucken!«

Ich hob die Hand und winkte ihr zu, womit sie sich glücklicherweise zufriedengab. Die Maus presste sie die ganze Zeit mit einer Hand fest an ihre Brust.

Wo war eigentlich Heidis Maus?

Ich ließ meinen Blick den Anstieg hinauf schweifen. Und dort, direkt vor dem Sheriffbüro, lag sie mit dem Kopf im Sand. Oben im Restaurant zog Linda einen Stuhl an die Wand, setzte sich und begann, John zu stillen, der anfangs noch strampelte, dann aber ganz still lag. Die Zirkusfrau kam den Hügel hinauf. Eine Bremse stach mich ins Bein. Ich erschlug sie mit solcher Kraft, dass sie auf meiner Haut zermatscht wurde. Die Zigarette schmeckte in der Hitze fürchterlich, aber ich sog standhaft den Rauch in die Lunge ein und starrte zu den Wipfeln der Fichten hinauf, die im Sonnenschein leuchtend grün waren. Eine zweite Bremse setzte sich auf mein Bein. Ich schlug gereizt nach ihr, stand auf, warf die Zigarette auf die Erde und ging mit der halb vollen und noch kalten Cola-Dose in der Hand zu den Mädchen hinauf.

»Papa, du gehst herum, wenn wir drinnen sind, und dann guckst du, ob du uns durch die Ritzen sehen kannst, okay?«, sagte Vanja und blinzelte zu mir hoch.

»Kann ich machen«, sagte ich und ging um den Schuppen herum. Hörte sie drinnen poltern und kichern. Senkte den Kopf zu einer der Ritzen und starrte hinein. Aber der Unterschied zwischen dem Licht draußen und der Dunkelheit drinnen war so groß, dass ich nichts erkennen konnte.

»Papa, bist du da draußen?«, rief Vanja.

»Ja«, sagte ich.

»Siehst du uns?«

»Nein. Seid ihr unsichtbar geworden?«

»Ja!«

Als sie herauskamen, tat ich so, als sähe ich sie nicht und sah Vanja direkt an, während ich nach ihr rief.

»Ich bin doch hier«, sagte sie und winkte mit den Armen.

»Vanja?«, sagte ich. »Wo bist du? Komm sofort heraus, das ist nicht mehr lustig.«

»Ich bin hier! Hier!«

»Vanja …?«

»Kannst du mich wirklich nicht sehen? Bin ich wirklich unsichtbar?«

Sie klang unendlich zufrieden, gleichzeitig ahnte ich jedoch auch einen Anflug von Sorge in ihrer Stimme. Im selben Moment begann John zu schreien. Ich schaute hinauf. Linda stand mit John an sich gedrückt auf. Es war gar nicht seine Art, so zu schreien.

»Ah, da bist du ja!«, sagte ich. »Bist du die ganze Zeit schon hier gewesen?«

»Ja-a«, sagte sie.

»Hörst du, dass John weint?«

Sie nickte und schaute hinauf.

»Dann müssen wir gehen«, sagte ich. »Kommt.«

Ich griff nach Heidis Hand.

»Will nicht«, sagte sie. »Will nicht an die Hand.«

»Dann eben nicht«, sagte ich. »Aber dann setz dich in den Wagen.«

»Will nicht Wagen«, erwiderte sie.

»Soll ich dich lieber tragen?«

»Will nicht tragen«, sagte sie.

Ich ging hinunter und holte den Wagen. Als ich zurückkam, war sie auf den Zaun geklettert. Vanja hatte sich auf die Erde gesetzt. Auf der Hügelkuppe hatte Linda mittlerweile das Restaurant verlassen, stand auf dem Weg, blickte hinunter und winkte uns mit der freien Hand zu sich. John schrie noch immer.

»Ich will nicht gehen«, sagte Vanja. »Meine Beine sind müde.«

»Du bist doch den ganzen Tag kaum ein paar Meter gegangen«, sagte ich. »Wie kannst du da müde Beine haben?«

»Ich habe keine Beine. Du musst mich tragen.«

»Nein, Vanja, was ist das denn für ein Unsinn. Ich kann dich nicht tragen.«

»Doch.«

»Setz dich in den Wagen, Heidi«, sagte ich. »Dann gehen wir zum Reiten.«

»Will nicht Wagen«, sagte sie.

»Ich habe keine Beeeiiine!«, sagte Vanja. Das letzte Wort schrie sie.

In mir blitzte Wut auf. Der Impuls, die beiden hochzuheben und unter die Arme geklemmt zu tragen. Es war mehr als einmal vorgekommen, dass ich mit ihnen zappelnd und schreiend unter den Armen gegangen war, ohne den Passanten gegenüber auch nur eine Miene zu verziehen, die uns immer interessiert anglotzten, wenn wir unsere Szenen hatten, als trüge ich eine Affenmaske oder etwas in der Art.

Diesmal gelang es mir jedoch, mich zu beherrschen.

»Könntest du dich dann bitte in den Wagen setzen, Vanja?«, sagte ich.

»Wenn du mich hochhebst«, sagte sie.

»Nein, das musst du schon alleine machen.«

»Nein«, entgegnete sie. »Ich habe keine Beine.«

Wenn ich nicht nachgab, würden wir bis zum nächsten Morgen dort stehen bleiben, denn obwohl Vanja keine Geduld hatte und schon beim geringsten Widerstand aufgab, war sie unendlich stur, wenn es darum ging, ihren Willen durchzusetzen.

»Okay«, sagte ich und hob sie in den Wagen. »Du gewinnst mal wieder.«

»Wieso gewinnen?«, sagte sie.

»Vergiss es«, erwiderte ich. »Kommt jetzt, Heidi, wir gehen.«

Ich hob sie vom Zaun herunter und nach zwei, drei halbherzigen Nein, will nicht, waren wir auf dem Weg den Hügel hinauf, Heidi auf meinem Arm, Vanja im Kinderwagen. Unterwegs hob ich Heidis Stoffmaus auf, staubte sie ab und legte sie ins Netz.

»Ich weiß nicht, was mit ihm los ist«, sagte Linda, als wir oben ankamen. »Auf einmal fing er an zu weinen. Vielleicht ist er von einer Wespe gestochen worden oder so. Schau mal …«

Sie zog den Sweater über seinen Bauch und zeigte mir ein kleines rotes Mal. Er zappelte in ihrem Griff und vom vielen Schreien war sein Gesicht rot angelaufen und die Haare waren feucht geworden.

»Armer kleiner Junge«, sagte sie.

»Ich bin von einer Bremse gestochen worden«, sagte ich. »Vielleicht hat ihn ja auch eine erwischt. Setz ihn in den Wagen, dann gehen wir. Im Moment können wir ohnehin nichts tun.«

Als er angeschnallt war, wand er sich und bohrte schreiend den Kopf in den Stoff.

»Sehen wir zu, dass wir zum Auto kommen«, sagte ich.

»Ja«, sagte Linda. »Aber vorher muss ich ihm noch eine neue Windel machen. Da unten gibt es einen Wickelraum.«

Ich nickte, und wir gingen los. Seit unserer Ankunft waren bereits einige Stunden vergangen, die Sonne stand nicht mehr besonders hoch, und etwas an dem Licht, mit dem sie den Wald füllte, erinnerte mich an die Sommernachmittage zu Hause, als wir entweder mit Mutter und Vater zur Meerseite der Insel fuhren, um schwimmen zu gehen, oder allein zu der felsigen Landzunge im Sund unterhalb unserer Siedlung. Für Sekunden war ich von meinen Erinnerungen erfüllt, allerdings hatten sie nicht die Form konkreter Ereignisse, sondern waren eher Stimmungen, Gerüche, Wahrnehmungen. Wie das Licht, das in der Tagesmitte weißer und neutraler war, zum Nachmittag hin allmählich voller wurde und alle Farben dunkler werden ließ. Oh, in einem Sommer in den Siebzigern auf dem Weg durch den schattigen Wald zu laufen! In das salzige Wasser zu springen und nach Gjerstadholmen auf der anderen Seite hinüberzuschwimmen! Die Sonne, die auf die flachen Felsen schien und sie beinahe golden aussehen ließ. Das trockene, strohige Gras, das in den Vertiefungen zwischen ihnen wuchs. Die Ahnung von Tiefe unter der Wasseroberfläche, so dunkel im Schatten unter dem Fels. Die Fische, die dort vorüberglitten. Und die Baumkronen über uns mit ihren schmächtigen, in der Meeresbrise bebenden Ästen! Die dünne Rinde und der glatte, knochengleiche Baum darunter. Das grüne Laub…

»Da ist es«, sagte Linda und nickte zu einem kleinen, achteckigen Holzgebäude hin. »Wartest du?«

»Wir gehen schon mal langsam weiter«, antwortete ich.

Im Wald hinter dem Zaun standen zwei geschnitzte Holzweihnachtsmänner. Auf die Art rechtfertigten sie ihren Status als »Märchenland«.

»Guck mal, Weihmann!«, rief Heidi. »Weihmann«, das war der Weihnachtsmann. Er hatte sie lange beschäftigt. Bis weit ins Frühjahr hinein hatte sie zur Veranda gezeigt, von wo an Heiligabend der Weihnachtsmann gekommen war, und »Weihmann kommt« gesagt, und wenn sie mit einem der Geschenke spielte, die er ihr gebracht hatte, erläuterte sie zunächst, woher es kam. Welchen Status der Weihnachtsmann in ihrer Vorstellung hatte, war nicht ganz leicht zu sagen, denn als sie durch ein Versehen zwischen den Jahren das Weihnachtsmannkostüm in meinem Kleiderschrank entdeckte, war sie nicht im Geringsten erstaunt oder aufgebracht, nichts war ihr enthüllt worden, sie deutete nur darauf und rief »Weihmann«, als ob das der Ort wäre, an dem er sich umzog, und wenn wir dem alten Penner mit dem weißen Bart begegneten, der sich auf dem Platz vor unserem Haus herumtrieb, richtete sie sich manchmal in ihrem Wagen auf und rief aus vollem Hals »Weihmann«.

Ich schob den Kopf vor und küsste sie auf ihre pralle Wange.

»Nicht Küsschen!«, sagte sie.

Ich lachte.

»Darf ich dich dann küssen, Vanja?«

»Nee!«, antwortete Vanja.

Ein kleiner, aber gleichmäßiger Strom von Menschen ging ununterbrochen an uns vorbei, die meisten waren hell gekleidet, in kurzen Hosen, T-Shirts und Sandalen, ein paar trugen Jogginghosen und Joggingschuhe, auffallend viele waren dick, kaum jemand war gut gekleidet.

»Mein Papa ist im Gefängnis!«, rief Heidi zufrieden.

Vanja drehte sich im Wagen um.

»Nein, Papa ist nicht im Gefängnis!«, sagte sie.

Ich lachte erneut und blieb stehen.

»Wir warten hier ein bisschen auf die Mama«, sagte ich.

Dein Papa sitzt im Gefängnis war etwas, was die Kleinen im Kindergarten zueinander sagten. Heidi hielt es für etwas ungemein Großartiges und sagte es immer, wenn sie mit mir angeben wollte. Als wir vor kurzem vom Schrebergarten nach Hause wollten, hatte sie es Linda zufolge im Bus zu einer älteren Dame in der Sitzbank hinter ihr gesagt. Mein Papa ist im Gefängnis. Da ich nicht dort war, sondern mit John noch an der Bushaltestelle stand, blieb die Behauptung unwidersprochen.

Ich senkte den Kopf und wischte mir mit dem Ärmel des T-Shirts den Schweiß von der Stirn.

»Kann ich noch ein Los bekommen?«, sagte Vanja.

»Kommt nicht in Frage«, antwortete ich. »Du hast doch schon ein Stofftier gewonnen!«

»Bitte, Papa, noch eins?«, bettelte sie.

Ich wandte mich um und sah Linda näher kommen. John saß aufrecht im Kinderwagen und wirkte unter seinem Sonnenhut zufrieden.

»Alles in Ordnung?«, sagte ich.

»Mm. Ich habe den Stich mit kaltem Wasser gewaschen. Aber er ist müde.«

»Dann schläft er im Auto ein«, sagte ich.

»Wie viel Uhr es wohl ist?«

»Halb vier vielleicht?«

»Dann wären wir um acht zu Hause?«

»Ungefähr.«

Ein weiteres Mal überquerten wir den kleinen Kirmesplatz und kamen an dem Piratenschiff vorbei, einer kläglichen Holzfassade mit ein paar Laufstegen dahinter, wo hier und da ein einbeiniger oder einarmiger Mann mit Schwert und Kopftuch stand, dem Freigehege mit Lamas und dem Gehege mit Straußen, der kleinen betonierten Fläche, auf der ein paar Kinder mit Kettcars fuhren, und gelangten schließlich zum Eingangsbereich, wo es einen Hindernisparcours gab, will sagen ein paar Balken und Bretterwände mit einem Netz dazwischen, ein Bungee-Jumping-Gerüst und eine Eselreitbahn, bei der wir Halt machten. Linda nahm Heidi, trug sie zur Warteschlange und setzte ihr einen Helm auf, während Vanja und ich mit John am Zaun stehen blieben und zusahen.

Jeweils vier Esel liefen geführt von den Eltern. Die Strecke war nicht länger als dreißig Meter, aber die meisten benötigten relativ lange, um sie zu gehen, denn hier handelte es sich um Esel, nicht um Ponys, und Esel bleiben stehen, wenn ihnen danach ist. Verzweifelte Eltern zogen möglichst fest an den Zügeln, ohne dass sich die Tiere von der Stelle rührten. Sie klopften ihnen auf die Seite, ohne dass es etwas nutzte, die Esel blieben trotzdem stehen. Eines der Kinder weinte. Die ganze Zeit über rief die Frau, der man die Chips übergab, den Eltern Ratschläge zu. Ziehen Sie, so fest Sie können! Fester! Einfach ziehen, das macht denen nichts aus. Fest! So ist es gut!

»Schau mal, Vanja«, sagte ich. »Die Esel wollen nicht laufen!«

Sie lachte. Ich freute mich, weil sie sich freute. Gleichzeitig machte ich mir ein wenig Sorgen, wie es Linda ergehen würde; sie hatte kaum mehr Geduld als Vanja. Als die beiden an der Reihe waren, löste sie die Aufgabe jedoch mit Bravour. Wenn der Esel stoppte, drehte sie sich jedes Mal um, stand mit dem Rücken zur Flanke des Tiers und machte mit dem Mund Schnalzlaute. Sie war in ihrer Kindheit geritten, Pferde hatten in ihrem Leben lange im Mittelpunkt gestanden, das musste der Grund sein.

Heidi strahlte auf dem Rücken des Tiers. Als sich der Esel von ihrem Trick nicht mehr täuschen ließ, zog Linda so fest und entschlossen am Zaumzeug, dass er keinerlei Spielraum für seine Bockigkeit bekam.

»Du reitest ganz toll!«, rief ich Heidi zu und sah zu Vanja hinunter. »Möchtest du auch?«

Vanja schüttelte verbissen den Kopf und rückte ihre Brille gerade. Seit sie anderthalb war, hatte sie auf Ponys geritten, und in dem Herbst, in dem wir nach Malmö umzogen und sie zweieinhalb war, begann sie in einer Reitschule. Sie lag mitten im Volksgarten, eine triste und heruntergekommene Reithalle mit Sägespänen auf dem Boden, die für sie ein Abenteuer war, sie saugte alles in sich auf und wollte davon erzählen, wenn es vorbei war. Mit geradem Rücken saß sie auf ihrem struppigen Pony und wurde von Linda immer wieder im Kreis geführt, oder, wenn ich alleine mit ihr hinging, von einem der elf- oder zwölfjährigen Mädchen, die dort ihr ganzes Leben zu verbringen schienen, während eine Reitlehrerin in der Mitte die Runde machte und ihnen erklärte, was sie tun sollten. Dass Vanja ihre Anweisungen nicht immer verstand, war nicht weiter schlimm, wichtig waren vielmehr das Erlebnis mit den Pferden und die Atmosphäre, die sie umgab. Der Stall, die Katze, die im Heu Junge bekommen hatte, die Liste, wer an diesem Nachmittag welches Pferd reiten würde, der Helm, den sie sich aussuchte, der Augenblick, in dem das Pferd zur Halle geführt werden sollte, das Reiten selbst, Gebäck und Apfelsaft, die sie hinterher im Café bekam. Es war der Höhepunkt der Woche. Im Laufe des folgenden Herbsts änderte sich dies jedoch. Die Kinder bekamen eine neue Lehrerin, und Vanja, die älter aussah als ihre knapp vier Jahre, wurde mit Anforderungen konfrontiert, denen sie nicht gewachsen war. Obwohl Linda Bescheid sagte, hörte es nicht auf. Vanja begann zu protestieren, wenn sie hin sollte, sie wollte nicht, auf gar keinen Fall, und schließlich machten wir der Sache ein Ende. Selbst als sie Heidi auf der kleinen Eselstour durch den Park sah, wo nichts gefordert wurde, wollte sie nicht.

Wir hatten noch etwas angefangen, eine Singstunde, in der die Kinder zusammen sangen, aber auch zeichneten und puzzelten. Als sie zum zweiten Mal dort war, sollten sie ein Haus zeichnen, und Vanja hatte das Gras davor blau gemalt. Die Gruppenleiterin war zu ihr gegangen und hatte gesagt, Gras sei grün, nicht blau, konnte sie ein neues Bild malen? Vanja hatte ihre Zeichnung zerfetzt und so trotzig reagiert, dass die anderen Eltern die Augenbrauen hoben und froh über ihre eigenen wohlerzogenen Kinder waren. Vanja ist so vieles, in erster Linie aber scheu, und dass sich dies schon jetzt verfestigt, beunruhigt mich. Ihre Kindheit zu begleiten, verändert auch das Bild meiner eigenen Kindheit, nicht so sehr wegen der Qualität, sondern wegen der Quantität, der vielen Zeit, die man mit seinen Kindern verbringt, die schier unermesslich lang ist. So viele Stunden, so viele Tage, so unendlich viele Situationen, die sich ergeben und durchlebt werden. Aus meiner eigenen Kindheit sind mir nur eine Handvoll Episoden im Gedächtnis geblieben, die ich alle als bahnbrechend und bedeutsam empfand, obwohl sie eigentlich, wie ich heute erkenne, in einem Meer anderer Geschehnisse schwammen, was ihren Sinn gänzlich auslöscht, denn woher will ich eigentlich wissen, dass ausgerechnet diese Ereignisse, die sich mir eingebrannt haben, entscheidend waren und nicht all die anderen, über die ich nicht das Geringste weiß?

Wenn ich Dinge dieser Art mit Geir diskutiere, mit dem ich täglich eine Stunde telefoniere, zitiert er immer wieder Sven Stolpe, der irgendwo schreibt, dass Ingmar Bergman immer Bergman gewesen wäre, ganz gleich, wo er aufgewachsen wäre, will sagen, dass man unabhängig von äußeren Bedingungen der ist, der man ist. Wie man der Familie begegnet, kommt vor der Familie. Als ich aufwuchs, wurde mir beigebracht, alle Eigenschaften, Handlungen und Vorfälle durch das Milieu zu erklären, in dem sie entstanden waren. Das Biologische und Genetische, also das Gegebene, hatte man im Grunde nicht im Blick, und wenn es auftauchte, wurde es misstrauisch beäugt. Eine solche Haltung mag auf den ersten Blick humanistisch erscheinen, da sie so eng mit der Vorstellung verbunden ist, dass alle Menschen gleich sind, bei genauerem Hinsehen kann sich darin jedoch ebenso gut eine mechanistische Auffassung vom Menschen ausdrücken, der leer geboren sein Leben von der Umgebung formen lässt. Lange habe ich mich rein theoretisch mit dieser Problematik auseinandergesetzt, die so grundlegend ist, dass sie in praktisch jedem Zusammenhang als Sprungbrett dienen kann – ist beispielsweise das Milieu der Faktor, der betont wird, ist der Mensch zunächst einmal sowohl gleich als auch formbar, und der gute Mensch kann geschaffen werden, indem man in seine Umgebung eingreift, daher der Glaube der Generation meiner Eltern an den Staat, das Bildungssystem und die Politik, daher ihre Begierde, alles zu verschmähen, was einmal gewesen war, und daher ihre neue Wahrheit, die sich nicht im Inneren des Menschen befand, sondern im Gegenteil im Äußeren des Menschen, dem Kollektiven und Allgemeinen, vielleicht am allerdeutlichsten zum Ausdruck gebracht von Dag Solstad, der seit jeher der Chronist seiner Epoche gewesen ist, in jenem Text von 1969, in dem sein berühmter Satz »Wir wollen dem Kaffeekessel keine Flügel verleihen« steht: fort mit allem Geistigen, fort mit allem Erbaulichen, für einen neuen Materialismus – dass die gleiche Haltung jedoch hinter dem Abriss alter Stadtteile, dem Bau von Straßen und Parkplätzen stand, was von der intellektuellen Linken natürlich abgelehnt wurde, kam ihnen niemals in den Sinn und kann ihnen vielleicht auch erst heute in den Sinn kommen, seit die Verbindung zwischen Gleichheitsgedanken und Kapitalismus, Wohlfahrtsstaat und Liberalismus, dem Materialismus des Marxismus und der Konsumgesellschaft, einleuchtend ist, denn der größte Gleichmacher von allen ist das Geld, es hebt alle Unterschiede auf, und sind dein Charakter und dein Schicksal formbare Größen, so ist das Geld der naheliegendste Formgeber, und daraus entsteht das faszinierende Phänomen, dass Menschen massenhaft ihre eigene Individualität behaupten, indem sie identisch handeln, während diejenigen, die einst durch ihre Bejahung der Gleichheit, ihre Betonung des Materiellen und ihren Glauben an Veränderung die Tür öffneten, nun gegen ihr eigenes Werk wüten, von dem sie annehmen, der Feind hätte es erschaffen – aber wie alle simplen Argumentationen entspricht auch dies nur bedingt der Wahrheit, denn das Leben ist keine mathematische Größe, es hat keine Theorie, nur Praxis, und auch wenn es verlockend erscheint, die Umgestaltung der Gesellschaft durch eine Generation auf der Basis ihrer Sicht des Verhältnisses zwischen Vererbung und Milieu zu deuten, so ist diese Verlockung doch literarisch und besteht aus der Freude am Spekulieren, also daran, das Denken durch die verschiedensten Gebiete menschlichen Wirkens zu fädeln, und weniger aus der Freude daran, das Wahre zu sagen. Der Himmel hängt tief in Solstads Büchern, sie reagieren ungeheuer sensibel auf Strömungen der Gegenwart, vom Gefühl der Entfremdung in den sechziger Jahren, der Feier des politischen Aufbruchs in den Siebzigern, und dann, als diese Winde gerade zu wehen begannen, bis zur Distanzierung am Ende des Jahrzehnts. Dieses Wetterfahnenhafte braucht weder Stärke noch Schwäche eines schriftstellerischen Werks zu sein, es ist vielmehr Teil seines Materials, Teil seiner Orientierung, und bei Solstad lag das Entscheidende wohl immer woanders, nämlich in der Sprache, die in ihrer neualtertümlichen Eleganz funkelt und unnachahmlich und voller Geist einen ganz eigenen Glanz ausstrahlt. Diese Sprache kann nicht erlernt werden, diese Sprache kann man nicht käuflich erwerben, und genau darin besteht ihr Wert. Es ist nicht so, dass wir gleich geboren werden und die Lebensbedingungen unsere Lebensläufe ungleich machen, es verhält sich umgekehrt, wir werden verschieden geboren, und die Lebensbedingungen gleichen unsere Leben einander an.

Wenn ich an meine drei Kinder denke, habe ich nicht nur ihre charakteristischen Gesichter vor Augen, sondern auch ein ganz bestimmtes Gefühl, das sie ausstrahlen. Dieses Gefühl, das unveränderlich bleibt, ist das, was sie für mich »sind«. Und was sie »sind«, hat seit den allerersten Tagen mit ihnen stets in ihnen existiert. Damals konnten sie ja nichts, und das Wenige, was sie konnten, zum Beispiel an der Brust saugen, reflexartig den Arm heben, sich umschauen, nachahmen, konnten sie natürlich alle, weshalb das, was sie »sind«, nicht mit dem zusammenhängt, was sie können oder nicht können, sondern eher eine Art Licht ist, das in ihnen leuchtet.

Ihre Charakterzüge, die sich bereits nach ein paar Wochen andeutungsweise zeigten, sind ähnlich unverändert geblieben, und sie sind bei jedem einzelnen von ihnen so verschieden, dass schwer vorstellbar ist, die Bedingungen, die wir ihnen durch unser Verhalten und unsere Art bieten, könnten eine entscheidende Rolle spielen. John hat ein sanftes und freundliches Wesen, liebt seine Schwestern und Flugzeuge, Züge und Busse. Heidi ist offen und nimmt zu jedem Kontakt auf, Schuhe und Kleider sind ihr wichtig, sie will ausschließlich Röcke anziehen und fühlt sich wohl in ihrem kleinen Körper, was sich beispielweise zeigte, als sie im Hallenbad nackt vor dem Spiegel stand und zu Linda sagte, Mama, guck mal, was ich für einen tollen Popo habe! Sie erträgt es nicht, getadelt zu werden, erhebt man ihr gegenüber die Stimme, dreht sie sich weg und beginnt zu weinen. Vanja wehrt sich dagegen, sie hat ein aufbrausendes Temperament, ist willensstark, sensibel und sucht Beziehungen. Sie hat ein gutes Gedächtnis, kann die meisten Bücher, die wir ihr vorlesen, genauso auswendig wie die Dialoge in den Filmen, die wir uns ansehen. Sie hat Humor und bringt uns zu Hause oft zum Lachen, aber wenn sie woanders ist, lässt sie sich von der herrschenden Stimmung prägen, und gibt es dann zu viel Neues oder Ungewohntes, schottet sie sich ab. Diese Schüchternheit tauchte auf, als sie ungefähr sieben Monate alt war, und äußerte sich so, dass sie einfach die Augen schloss, wenn ein Fremder in ihre Nähe kam, so als würde sie schlafen. In seltenen Fällen macht sie das selbst heute noch, etwa wenn sie im Kinderwagen sitzt und wir unerwartet Eltern aus dem Kindergarten begegnen, dann schließen sich ihre Augen in Windeseile. Im Kindergarten in Stockholm, der direkt gegenüber von unserer Wohnung lag, schloss sie nach einer zaghaften und tastenden Anfangsphase enge Freundschaft mit einem Jungen in ihrem Alter, er hieß Alexander, und mit ihm tobte sie so wüst durch die Spielgeräte, dass die Erzieherinnen meinten, ab und zu müssten sie Alexander vor ihr abschirmen, da er ihrer Intensität nicht immer gewachsen sei. Aber meistens freute er sich, wenn sie kam, und wurde traurig, wenn sie ging, und seither spielt sie lieber mit Jungen, was etwas mit dem Körperlichen und Aktiven zu tun hat, das sie offenbar vielleicht auch deshalb braucht, weil es leicht ein Gefühl von Allmacht erzeugt.

Als wir nach Malmö zogen, kam sie in einen neuen Kindergarten, der direkt am Westhafen lag, in jenem Neubaugebiet, in dem die Wohlhabendsten wohnen, und da Heidi noch so klein war, übernahm ich die Eingewöhnungsphase. Jeden Morgen radelten wir durch die Stadt, am alten Werftgelände vorbei und Richtung Meer, Vanja mit ihrem kleinen Helm auf dem Kopf und die Arme um mich gelegt, ich auf dem kleinen Damenrad mit den Knien in Bauchhöhe, leicht und froh, denn noch war für mich in dieser Stadt alles neu, und die Veränderungen des Lichts am Himmel morgens und nachmittags hatte der satte Blick der Routine noch nicht verschluckt. Dass Vanjas erste Worte am Morgen lauteten, sie wolle nicht in den Kindergarten, wobei sie ab und zu weinte, hielt ich nur für eine Übergangsphase, natürlich würde es ihr dort mit der Zeit gefallen. Wenn wir ankamen, wollte sie allerdings nicht von meinem Schoß, egal, womit die drei jungen Frauen, die dort als Erzieherinnen arbeiteten, lockten. Ich fand, dass man sie am besten einfach abgeben, weggehen und alleine mit der Situation zurechtkommen lassen sollte, aber von einer solchen Brutalität wollten weder die Erzieherinnen noch Linda etwas wissen, und so saß ich dann mit Vanja auf dem Schoß und umgeben von spielenden Kindern auf einem Stuhl in der Zimmerecke, während das Sonnenlicht, das nach und nach herbstlicher wurde, je mehr Tage vergingen, hereinströmte. Bei der Zwischenmahlzeit im Freien, die aus Apfel- und Birnenschnitzen bestand, die von den Erzieherinnen verteilt wurden, ließ sie sich nur darauf ein, sich hinzusetzen, wenn es in zehn Meter Entfernung zu den anderen geschah, und wenn wir dies taten, ich mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen, geschah es nicht ohne Verwunderung, denn das war doch meine Art, mich anderen Menschen gegenüber zu verhalten: Wie war es ihr im Alter von zweieinhalb Jahren gelungen, das in sich aufzunehmen? Natürlich schafften die Erzieherinnen es schließlich doch, sie von mir fortzulocken, woraufhin ich davonradeln durfte, um ein wenig zu schreiben, während sie hinter mir herzzerreißend weinte, und als ein Monat verstrichen war, brachte und holte ich sie ganz normal. Trotzdem kam es immer noch vor, dass sie am Morgen erklärte, sie wolle nicht, trotzdem weinte sie immer noch manchmal, und als ein anderer Kindergarten in der Nähe unserer Wohnung anrief und sagte, es sei ein Platz frei geworden, zögerten wir nicht, das Angebot anzunehmen. Er hieß »Der Luchs« und war eine freie Elterninitiative. Das hieß konkret, dass alle Eltern zwei Wochen im Jahr Dienst schieben und darüber hinaus einen der zahlreichen administrativen und praktischen Posten bekleiden mussten. Wie weit sich dieser Kindergarten in unser Leben hineinfressen sollte, ahnten wir damals nicht, im Gegenteil, wir sprachen ausschließlich über die vielen Vorteile, die er zu bieten hatte: Durch die Dienste würden wir sämtliche Spielkameraden Vanjas kennen lernen und durch unsere Ehrenämter und die damit verbundenen Sitzungen deren Eltern. Es war üblich, dass die Kinder sich gegenseitig nach Hause begleiteten, so dass wir bald Entlastung bekommen würden, wenn wir sie brauchten. Außerdem, und das war das vielleicht wichtigste Argument, kannten wir niemanden in Malmö, keine Menschenseele, und dies erschien uns als eine unkomplizierte Art, Kontakte zu knüpfen. Was zutraf, denn schon nach zwei Wochen wurden wir zum Geburtstag eines Kindes eingeladen. Vanja freute sich riesig, nicht zuletzt, weil sie gerade ein Paar goldfarbene Sonntagsschuhe bekommen hatte, die sie anziehen wollte, aber gleichzeitig wollte sie verständlicherweise auch nicht hingehen, da sie die anderen Kinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht sonderlich gut kannte. Die Einladung lag an einem Freitagnachmittag in unserem Fach im Kindergarten. Die Feier sollte Samstag in einer Woche sein, und in dieser Woche erkundigte sich Vanja jeden Morgen, ob heute der Tag sei, an dem Stella ihren Geburtstag feiere. Als wir nein sagten, fragte Vanja, ob er übermorgen sein würde; was bei ihr in etwa dem Horizont der äußersten Zukunft entsprach. Als wir endlich nicken und sagen konnten, ja genau, heute würden wir zu Stella gehen, sprang sie aus dem Bett und lief zum Schrank, um ihre Goldschuhe anzuziehen. Zwei Mal in der Stunde fragte sie, ob es noch lange hin war, und es hätte ein unerträglicher Vormittag mit Drängeln und Trotzszenen werden können, aber zum Glück gab es genügend Dinge, mit denen er sich füllen ließ. Linda nahm sie in eine Buchhandlung mit, um ein Geschenk zu kaufen, und hinterher saßen die beiden am Küchentisch und malten die Geburtstagskarte, wir badeten die Kinder, kämmten ihnen die Haare und zogen ihnen weiße Strumpfhosen und ihre besten Kleider an. Dann kippte Vanjas Laune plötzlich, auf einmal wollte sie weder Strumpfhose noch Kleid anziehen, es kam überhaupt nicht in Frage, dass sie zu einem Fest gehen würde, und die Goldschuhe schmiss sie an die Wand, aber nachdem wir geduldig die wenigen Minuten abgewartet hatten, die ihr Gefühlsausbruch dauerte, gelang es uns, ihr alles anzuziehen, sogar den weißen Strickschal, den sie zu Heidis Taufe bekommen hatte, und als sie schließlich im Kinderwagen saß, war sie erneut voller Vorfreude. Vanja war ernst und still, hielt die Goldschuhe in der einen Hand und das Geschenk in der anderen, aber wenn sie sich zu uns umdrehte, um etwas zu sagen, tat sie es mit einem Lächeln auf den Lippen. Neben ihr saß Heidi und war eifrig und fröhlich, denn auch wenn sie nicht begriff, wohin wir unterwegs waren, mussten ihr die Kleider und die Vorbereitungen doch einen Anhaltspunkt dafür gegeben haben, dass etwas nicht ganz Alltägliches bevorstand. Die Wohnung, in der Stellas Kindergeburtstag gefeiert werden sollte, lag ein paar hundert Meter die Straße hinauf, in der wir wohnten. Diese war erfüllt von Bewegungen, die späten Samstagnachmittagen in der Stadt vorbehalten sind, wenn sich die letzten Einkaufenden mit ihren Tüten mit Jugendlichen mischen, die ins Zentrum gezogen sind, um vor Burger King und McDonald’s herumzuhängen, und der Strom der vorbeigleitenden Autos nicht mehr rein funktional ist, Familien zugehörig, die auf dem Weg aus dem oder ins Parkhaus sind, sondern immer mehr von diesen tiefer gelegten, schwarzen und glänzenden Autos dominiert, in deren Karosserie der Bass wummert und in denen männliche Einwanderer zwischen zwanzig und dreißig am Steuer sitzen. Vor dem Supermarkt standen so viele Menschen, dass wir einen Augenblick Halt machen mussten, und als die alte, bis auf die Knochen abgemagerte und verlebte Frau, die dort um diese Uhrzeit stets in ihrem Rollstuhl saß, Vanja und Heidi erblickte, beugte sie sich zu ihnen vor und betätigte die Klingel, die an einem Stock hing, während sie in einer Weise lächelte, die sie selbst sicher als kinderlieb empfand, die auf die beiden jedoch furchteinflößend wirken musste. Sie sagten jedoch nichts, sahen die Frau nur an. Jenseits der Eingangstür saß ein Drogensüchtiger in meinem Alter mit einer Kappe in der ausgestreckten Hand. Neben sich hatte er einen Käfig mit einer Katze, und als Vanja sie sah, drehte sie sich zu uns um.

»Wenn wir aufs Land ziehen, bekomme ich eine Katze«, sagte sie.

»Katze!«, sagte Heidi und zeigte.

Ich lenkte den Kinderwagen über die Bürgersteigkante auf die Straße, um an den drei Menschen vorbeizukommen, die so verdammt langsam schlenderten und anscheinend dachten, dass ihnen der Bürgersteig alleine gehörte, ging ein paar Meter möglichst schnell und lenkte ihn wieder zurück, als wir sie überholt hatten.

»Das kann aber noch ziemlich lange dauern, Vanja«, meinte ich.

»In einer Wohnung kann man keine Katze haben«, sagte sie.

»Stimmt«, sagte Linda.

Vanja drehte sich wieder nach vorn. Sie drückte mit beiden Händen die Tüte mit dem Geschenk.

Ich sah Linda an.

»Wie hieß der Vater von Stella nochmal?«

»Oh je, der Name fällt mir gerade nicht ein…«, sagte sie. »Doch, Erik, hieß er nicht Erik?«

»Du hast Recht«, erwiderte ich. »Was machte er noch beruflich?«

»Da bin ich mir nicht sicher«, sagte sie. »Aber es hatte irgendwie mit Design zu tun.«

Wir gingen am Süßigkeitenladen vorbei, und Vanja und Heidi lehnten sich beide vor, um durchs Fenster zu schauen. Direkt daneben stand ein Pfandleihhaus. Im wiederum nächsten Geschäft wurden kleine Statuen und Schmuckstücke, Engel und Buddhas und darüber hinaus Räucherstäbchen, Tee, Seifen und anderer esoterischer Nippes verkauft. In den Fenstern hingen Plakate, die darüber informierten, wann Yoga-Gurus und bekannte Medien in die Stadt kommen würden. Auf der anderen Straßenseite lag ein Kleidergeschäft für Billigmarken, Ricco Jeans and Clothings, »Mode für die ganze Familie«, daneben TABOO, eine Art »erotischer« Laden, der mit Dildos und Puppen mit unterschiedlichen Negligées und korsettartiger Unterwäsche im Schaufenster in der Türnische, von der Straße nicht einsehbar, warb. Neben diesem lag dann Bergmans Taschen und Hüte, dessen Einrichtung und Sortiment sich seit der Eröffnung irgendwann in den vierziger Jahren nicht mehr verändert haben dürfte, sowie das Geschäft Radio City, das kürzlich pleite gegangen war, aber weiterhin ein Schaufenster mit leuchtenden Fernsehschirmen, umgeben von den unterschiedlichsten elektronischen Apparaten füllte, wobei die Preise auf großen, fast selbstleuchtenden orangen und grünen Pappschildern standen. Die Regel lautete, je weiter man die Straße hinaufkam, desto billiger und dubioser wurden die Geschäfte. Gleiches galt für die Menschen, die sich dort tummelten. Im Gegensatz zu Stockholm, wo wir auch mitten in der Stadt gewohnt hatten, sah man hier auf den Straßen Armut und Elend. Mir gefiel das.

»Hier ist es«, sagte Linda und blieb an einer Tür stehen. Vor einer Bingo-Halle gleich dahinter standen drei Frauen in den Fünfzigern mit Gänsehaut und rauchten. Lindas Augen suchten die Liste der Namen neben der Türsprechanlage ab, dann tippte sie eine Nummer ein. Zwei Busse donnerten dicht hintereinander vorbei. Unmittelbar danach summte es in der Tür, und wir betraten einen dunklen Eingangsflur, stellten den Wagen an der Wand ab und gingen die zwei Etagen zur Wohnung die Treppe hinauf, ich mit Heidi auf dem Arm, Linda mit Vanja an der Hand. Als wir oben ankamen, stand die Tür offen. Auch die Wohnung dahinter war dunkel. Ich fand es ein bisschen unangenehm, einfach hineinzugehen, und hätte am liebsten geklingelt, was unsere Ankunft deutlicher markiert hätte, denn so standen wir nur im Flur, ohne dass uns jemand bemerkte.

Ich setzte Heidi auf dem Fußboden ab und nahm ihre Jacke. Linda wollte bei Vanja das Gleiche tun, aber sie protestierte, denn als Erstes wollte sie die Stiefeletten ausziehen, damit sie ihre Goldschuhe anziehen konnte.

Zu beiden Seiten des Flurs lag jeweils ein Zimmer. In dem einen spielten aufgeregt ein paar Kinder, in dem anderen standen Erwachsene und unterhielten sich. In dem Flur, der weiter in die Wohnung hineinführte, erblickte ich Erik, der uns den Rücken zukehrte und mit einem der Elternpaare aus dem Kindergarten sprach.

»Hallo!«, sagte ich.

Er drehte sich nicht um. Ich legte Heidis Jacke auf einen Mantel über einem Stuhl und begegnete Lindas Blick, die sich nach einer Möglichkeit umsah, Vanjas Jacke aufzuhängen.

»Und, wollen wir reingehen?«, sagte sie.

Heidi schlang die Arme um mein Bein. Ich hob sie hoch und machte ein paar Schritte. Erik drehte sich um.

»Hallo«, sagte er.

»Hallo«, erwiderte ich.

»Hallo, Vanja!«, sagte er.

Vanja drehte sich weg.

»Magst du Stella dein Geschenk geben?«, fragte ich.

»Stella, Vanja ist gekommen!«, rief Erik.

»Das sollst du tun«, sagte Vanja.

Aus der Gruppe der Kinder stand Stella auf. Sie lächelte.

»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Stella!«, sagte ich. »Vanja hat ein Geschenk für dich.« Ich sah zu Vanja herab. »Möchtest du es ihr geben?«

»Du sollst«, sagte sie leise.

Ich nahm das Geschenk und überreichte es Stella.

»Das ist von Vanja und Heidi«, erläuterte ich.

»Danke«, sagte sie und riss das Papier auf. Als sie sah, dass es ein Buch war, legte sie es zu den anderen Geschenken auf einem Tisch und kehrte zu den übrigen Kindern zurück.

»Und?«, sagte Erik. »Geht’s euch gut?«

»Ja, klar«, sagte ich und merkte, dass mein Hemd an der Brust klebte. Sah man das womöglich?

»Eine schöne Wohnung hast du hier«, sagte Linda. »Ist das eine Dreizimmerwohnung?«

»Ja«, sagte Erik.

Er sah immer so verschlagen aus, als hätte er etwas gegen die Leute in der Hand, mit denen er sprach, und war schwierig einzuschätzen; sein halbes Lächeln konnte ebenso gut ironisch wie liebenswürdig oder auch unsicher sein. Hätte er einen markanten oder starken Charakter gehabt, hätte mir das möglicherweise Sorgen gemacht, aber er war auf eine vage oder willenlose Art schwach, und was er meinen oder denken mochte, kümmerte mich nicht weiter. Meine Aufmerksamkeit war auf Vanja gerichtet. Sie stand dicht neben Linda und sah zu Boden.

»Die anderen sitzen in der Küche«, sagte Erik. »Es gibt auch Wein, wenn ihr welchen haben wollt.«

Heidi war schon in das Zimmer gegangen und stand mit einer hölzernen Schnecke in der Hand vor einem Regal. Sie hatte Räder und eine Schnur, an der man sie hinter sich herziehen konnte.

Ich nickte den beiden Eltern im hinteren Teil des Flurs zu.

»Hallo«, sagten sie.

Wie hieß er noch? Johan? Oder Jacob? Und sie, Mia vielleicht? Nein, verdammt, er hieß Robin.

»Hallo«, sagte ich.

»Wie geht’s?«, sagte er.

»Gut«, sagte ich. »Und euch?«

»Uns geht’s gut, danke.«

Ich lächelte sie an. Sie erwiderten mein Lächeln. Vanja ließ Linda los, ging zögernd in das Zimmer, in dem die Kinder spielten, blieb einen Moment stehen und schaute ihnen zu. Dann schien sie sich entschlossen zu haben, aufs Ganze zu gehen.

»Ich habe Goldschuhe!«, sagte sie.

Sie bückte sich, zog einen Schuh aus und hielt ihn für den Fall hoch, dass ihn jemand sehen wollte. Das wollte aber keiner. Als sie das merkte, zog sie ihn wieder an.

»Willst du dich nicht zu den anderen setzen und mit ihnen spielen?«, sagte ich. »Schau mal, sie spielen mit einem großen Puppenhaus.«

Sie folgte meiner Aufforderung, setzte sich neben die Kinder, tat jedoch nichts, saß nur da und schaute zu.

Linda hob Heidi hoch und trug sie in die Küche. Ich folgte ihr. Alle grüßten uns, wir grüßten auch und setzten uns an den langen Tisch, ich ans Fenster. Man unterhielt sich über Billigflieger, wie das, was anfangs ein Schnäppchen war, langsam, aber stetig teurer wurde, weil man eins nach dem anderen zusätzlich buchen musste, bis man schließlich ein Flugticket sein eigen nannte, das genauso viel kostete wie bei teureren Fluggesellschaften. Dann wandte sich das Gespräch dem Emissionshandel zu und danach den neuen Charterzug-Urlaubsreisen, die kürzlich zum ersten Mal angeboten worden waren. Ich hätte sicher etwas sagen können, tat es aber nicht, Konversation gehört zu den zahllosen Dingen, die ich nicht beherrsche, so dass ich wie üblich dasaß und nur zu allem nickte, was gesagt wurde, und lächelte, wenn die anderen lächelten, während ich mich unablässig fortsehnte. An der Arbeitsfläche stand Stellas Mutter Frida und bereitete eine Art Dressing zu. Sie war nicht mehr mit Erik zusammen und obwohl die beiden sich gemeinsam gut um Stella kümmerten, spürte man bei den Vorstandssitzungen im Kindergarten gelegentlich Verbitterung und Gereiztheit zwischen ihnen. Sie war blond, hatte hohe Wangenknochen und schmale Augen, einen ranken, schlanken Körper, und verstand es, sich gut zu kleiden, war jedoch viel zu selbstzufrieden, ruhte zu sehr in sich selbst, um auf mich anziehend zu wirken. Ich habe kein Problem mit uninteressanten oder wenig originellen Menschen, sie können andere und wichtigere Eigenschaften haben wie etwa Wärme, Fürsorglichkeit, Freundlichkeit, Sinn für Humor und Talente, wie ein Gespräch in Gang bringen, um sich herum Geborgenheit etablieren, eine Familie funktionieren lassen, aber wenn ich mich in der Nähe uninteressanter Menschen aufhalte, die selber überzeugt sind, ungewöhnlich interessant zu sein und damit prahlen, wird mir beinahe körperlich schlecht.

Sie platzierte die Schüssel mit dem, was ich für ein Dressing gehalten hatte, was sich jedoch als Dip herausstellte, auf einem Tablett, auf dem bereits eine Schüssel mit Möhrenstäben und eine Schüssel mit Gurkenstäben standen. Im selben Moment betrat Vanja das Zimmer. Als sie uns geortet hatte, kam sie zu uns und stellte sich ganz dicht neben uns.

»Ich will nach Hause«, sagte sie leise.

»Aber wir sind doch gerade erst gekommen!«, erwiderte ich.

»Wir bleiben noch ein bisschen«, sagte Linda. »Und guck mal, jetzt bekommt ihr was Süßes!«

Meinte sie damit das Tablett mit dem Gemüse?

Offensichtlich.

In diesem Land hatten sie wirklich nicht alle Tassen im Schrank.

»Ich gehe mal mit dir«, sagte ich zu Vanja. »Na, komm.«

»Nimmst du Heidi auch mit?«, fragte Linda.

Ich nickte und trug sie mit Vanja an meinen Fersen in das Zimmer, in dem die Kinder spielten. Frida folgte uns mit dem Tablett in den Händen. Sie stellte es auf einem kleinen Tisch mitten im Zimmer ab.

»Hier habt ihr ein bisschen zu essen«, sagte sie, »bevor es nachher Kuchen gibt.«

Die Kinder, drei Mädchen und ein Junge, spielten immer noch vor dem Puppenhaus. Im zweiten Zimmer liefen zwei Jungen im Kreis. Dort stand auch Erik, vor der Stereoanlage, und hielt eine CD in der Hand.

»Ich habe ein paar Platten norwegischen Jazz«, sagte er. »Interessierst du dich für Jazz?«

»Ja-a …«, sage ich.

»Norwegen hat eine tolle Jazz-Szene«, meinte er.

»Wen hast du denn da?«, sagte ich.

Er zeigte mir das Cover. Es war eine Band, von der ich noch nie gehört hatte.

»Klasse«, sagte ich.

Vanja stand hinter Heidi und versuchte, sie hochzuheben. Heidi protestierte.

»Sie will nicht, Vanja«, sagte ich. »Lass es.«

Als sie weitermachte, ging ich zu ihnen.

»Möchtest du keine Möhre?«, sagte ich.

»Nein«, antwortete Vanja.

»Aber es gibt einen Dip dazu«, sagte ich, ging zum Tisch, nahm einen Möhrenstab, tunkte ihn in den weißen, wahrscheinlich sahnigen Dip und schob ihn mir in den Mund.

»Mm«, sagte ich. »Lecker!«

Warum konnten sie nicht einfach Würstchen, Eis und Limonade bekommen? Lutscher? Götterspeise? Schokoladenpudding?

Weil es so ein bescheuertes, gottverdammtes Idiotenland war. Alle jungen Frauen tranken Wasser in derart rauen Mengen, dass es ihnen aus den Ohren herauskam, weil sie glaubten, es wäre »nahrhaft« und »wohltuend«, aber die einzige Wirkung des Wassers bestand darin, die Zahl junger Inkontinenter im Land in die Höhe schießen zu lassen. Die Kinder aßen Vollkornnudeln und Vollkornbrot und alle möglichen seltsamen, groben Reissorten, die ihre Mägen nicht vollständig verdauen konnten, aber das spielte keine Rolle, denn es war »nahrhaft«, es war »wohltuend«, es war »gesund«. Oh, sie verwechselten Essen mit Geist, sie dachten, sie könnten sich zu besseren Menschen essen, ohne zu begreifen, dass essen eins ist, die Vorstellungen, die das Essen weckt, etwas anderes. Und sprach man das aus, sagte man etwas in dieser Richtung, war man entweder reaktionär oder bloß ein Norweger, will sagen, ein Mensch, der zehn Jahre zurücklag.

»Ich will nichts«, sagte Vanja. »Ich habe keinen Hunger.«

»Gut, dann eben nicht«, sagte ich. »Aber sieh mal hier. Hast du gesehen? Da liegt ein Zug. Wollen wir eine Bahn für ihn bauen?«

Sie nickte, und wir setzten uns unmittelbar hinter den anderen Kindern auf den Fußboden. Ich begann, Holzschienen in einem Halbkreis aneinanderzulegen und half gleichzeitig Vanja, ihre an die richtigen Stellen zu legen. Heidi war in das andere Zimmer gewechselt, wo sie an den Regalen entlangging und alles musterte, was sich in diesen befand. Wenn die Bewegungen der beiden Jungen wüster wurden, drehte sie sich jedes Mal um und sah sie an.

Erik legte endlich eine Platte auf und drehte lauter. Klavier, Bass und ein Gewirr von Schlaginstrumenten, wie sie ein bestimmter Typ von Jazzschlagzeugern liebt – die Steine gegeneinander klopfen oder sich anderweitig Materialien in der Umgebung zunutze machen. In meinen Augen war dies manchmal nichts, manchmal lächerlich. Ich hasste es, wenn in Jazzkonzerten applaudiert wurde.

Erik nickte leicht mit dem Kopf, ehe er sich umdrehte, mir zuzwinkerte und Richtung Küche ging. Im selben Moment klingelte es an der Tür. Es waren Linus und sein Sohn Achilles. Linus, der einen Portionsbeutel Schweden-Tabak unter der Oberlippe hatte, trug eine schwarze Hose und ein dunkles Jackett, darunter ein weißes Hemd. Die blonden Haare waren ein wenig ungeordnet, die Augen, die in die Wohnung schauten, ehrlich und naiv.

»Hi!«, sagte er. »Wie geht’s, wie steht’s?«

»Gut«, sagte ich. »Und bei dir?«

»Es muss.«

Achilles, der klein war und große, dunkle Augen hatte, zog Jacke und Schuhe aus, während er zu den Kindern hinter mir hinüberstarrte. Kinder sind wie Hunde, sie entdecken immer ihresgleichen in der Menschenmenge. Vanja sah ihn auch an. Er war ihr Liebling, ihn hatte sie auserwählt, Alexanders Rolle zu übernehmen. Als er fertig war, ging er jedoch schnurstracks zu den anderen Kindern, und Vanja konnte nichts tun, um ihn daran zu hindern. Linus schob sich zur Küche, und der lüsterne Ausdruck, den ich in seinen Augen zu erkennen meinte, konnte nur von der Vorfreude darauf herrühren, ein bisschen plaudern zu dürfen.

Ich stand auf und schaute zu Heidi hinüber. Sie saß neben der Yucca-Palme unter dem Fenster und legte die Erde im Topf in kleinen Haufen auf den Fußboden. Ich ging zu ihr, hob sie hoch, schaufelte möglichst viel Erde mit den Händen zurück und ging in die Küche, um einen Lappen oder etwas Ähnliches zu suchen. Vanja folgte mir. Als wir hereinkamen, kletterte sie auf Lindas Schoß. Im anderen Zimmer fing Heidi an zu weinen. Linda sah mich fragend an.

»Ich gehe sofort zu ihr«, sagte ich. »Ich muss nur noch etwas zum Aufwischen finden.«

An der Arbeitsfläche war viel Betrieb, offenbar wurde eine Mahlzeit zubereitet, und statt mich dazwischen zu drängen, ging ich in die Toilette, rollte eine Handvoll Toilettenpapier ab, befeuchtete es unter dem Wasserhahn und kehrte zum Aufwischen ins Zimmer zurück. Heidi, die immer noch weinte, hob ich hoch und trug sie ins Bad, um ihre Hände zu waschen. Zappelnd wand sie sich in meinem Griff.

»Ist ja gut, hübsches Mädchen«, sagte ich. »Wir sind gleich fertig. Nur noch ein bisschen. So!«

Als wir wieder herauskamen, versiegten ihre Tränen, aber sie war trotzdem nicht richtig zufrieden und wollte nicht abgesetzt werden, sondern auf meinem Arm bleiben. Im Zimmer stand Robin mit verschränkten Armen und beobachtete seine Tochter Theresa, die nur ein paar Monate älter war als Heidi, aber schon in langen Sätzen sprechen konnte.

»Und?«, sagte er. »Schreibst du gerade an etwas?«

»Ja, ein bisschen«, sagte ich.

»Schreibst du eigentlich zu Hause?«

»Ja, ich habe ein Arbeitszimmer.«

»Ist das nicht kompliziert? Ich meine, bekommst du keine Lust, fernzusehen oder zu waschen oder so, statt zu schreiben?«

»Es klappt eigentlich ganz gut. Ich habe ein bisschen weniger Zeit als in einem Büro, aber…«

»Ja, das stimmt natürlich«, sagte er.