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Shadar lebt - aber er ist nach seiner Niederlage in Mombassa schwer verletzt und demoralisiert. Seine Gefährtin Elloa ist tot, weitere Dunkle wurden von der Dark Force gefangen genommen. Seine Flucht endet, als er in der Nähe einer Siedlung zusammenbricht und von den Einwohnern gefunden wird - die nicht ahnen, welche Seuche sie sich da ins Dorf holen.
Doch noch ist Shadar bewusstlos, und er durchlebt wirre Fieberphantasien, in denen scheinbar die Gigantopole selbst zu ihm Kontakt sucht. Mit dem Erwachen kommt die Erkenntnis, dass dieser Ruf mehr war als ein Fiebertraum, und dass seine Mission noch lange nicht erfüllt ist...
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Seitenzahl: 139
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Was bisher geschah...
Das Dunkle Herz
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Impressum
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...
Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das in der Folge an besonderen Punkten aufbricht – dort wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückgereist sind, um Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Nun tauchen an den Bruchstellen Areale verschiedener Parallelwelten auf.
Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle kollabiert, die nicht auf die Archivare zurückgeht und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, hat den Austausch beobachtet. Das Luftschiff seines Sohnes Victorius verschwand darin, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Matt und Aruula stellen fest, dass die Menschen aus dem Areal einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim.
Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen, doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Sie vermuten Colonel Kormak dahinter, doch der kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls. In Wahrheit überlebt sie aber und sinnt auf Rache.
Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt mit einer Roziere. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein, die durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen haben. Durch sie erlangen die Gefährten ein erstes Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen können den Dunklen Keim aus den Infizierten herausholen! Pilâtre will nun schnellstens in die Parallelwelt, doch er muss sich gedulden; erst gilt es, mehr Kristalle zu bergen. Matt, Aruula und die Daa'muren fliegen zum Kratersee und kehren mit etlichen Kristallen sie zum Victoriasee zurück, wo de Rozier zwischenzeitlich versuchte, seinen Sohn zurückzuholen, aber scheiterte.
Nun ist es Zeit zu handeln! Mit der Wolkenstadt Orleáns-à-l'Hauteur erobern sie Château zurück. Nur Shadar kann sich mit seiner Gefährtin Elloa absetzen. 25 Dunkle werden gefangen genommen, die infizierten Bewohner geheilt. Doch Matt braucht weitere Hilfe – und wendet sich an Colonel Korak, der eine Eingreiftruppe gründet, die Dark Force. Sie wollen Shadar in Mombassa in eine Falle locken, indem sie vorgeben, seine rechte Hand Luister hinzurichten, doch wieder kann der Gottsprecher entkommen...
Das Dunkle Herz
von Stefan Hensch
Östliches Afra, nahe Mombassa
Shadar wusste nicht mehr, wie lange er schon auf den Beinen war. In Mombassa war es zur Katastrophe gekommen. Er hatte seine internierten Mitstreiter befreien und Pilâtre de Rozier vor den Augen seiner Untertanen hinrichten wollen. Aber das war ihm nicht gelungen; im Gegenteil. Er war in eine Falle des Kaisers getappt, und zu allem Überfluss waren zum Schluss auch noch die Krieger der Dark Force dazu gestoßen. Die Geistbezwingerin Nikuna hatte er zurücklassen müssen; wahrscheinlich war sie tot. Ihn selbst hätte es beinahe auch erwischt – ein Laserstrahl hatte sich in seine Schulter gefräst. Im letzten Moment hatte er sich wegteleportieren können.
Doch trotz der Niederlage war sein Unterfangen nicht sinnlos gewesen. Er hatte wertvolle Informationen gewonnen. Seine Kämpfer hatten durch Agitationen die Stimmung gegen den angeblich so mächtigen Jean-François Pilâtre de Rozier kippen lassen.
In der aufgeheizten Situation vor der Hinrichtung Luisters war überraschend wenig Aufwand nötig gewesen, um die Bürger des Kaiserreichs gegen ihren Anführer aufzuwiegeln. In Zukunft wollte der Gottsprecher der Dunklen dieses vielversprechende Instrument der psychologischen Kriegsführung erneut gegen das Kaiserreich einsetzen.
Shadar hielt im Schatten eines Baumes an und atmete keuchend aus. Vor seinen Augen flirrte es vor Anstrengung. Den dritten Sprung fort aus Mombassa hatte er vor wenigen Minuten abgeschlossen. Vorerst würde es keine weiteren Sprünge mehr geben; ihm fehlte die Energie dafür. Seine Kräfte schwanden von Minute zu Minute; er brauchte dringend einen Plan.
Shadar wurde schwindelig und er stützte sich mit seiner Linken am Baumstamm ab. Unvermittelt explodierte der Schmerz in seiner rechten Schulter. Voller Hass dachte er an den blonden Piloten und dessen verdammte Flugmaschine.
Um ein Haar wäre es Shadar gelungen, wenigstens den Enkel des Kaisers auf dem Schafott hinzurichten.* Dies hatte dieser blonde Teufel verhindert, indem er mit den Geschützen seiner Flugmaschine zuerst das Fallbeil in Stücke geschossen und danach das Feuer auf ihn eröffnet hatte. Der Laserstrahl hatte tief in seine rechte Schulter geschnitten.
Bisher hatte Shadar seine Verletzung so gut wie möglich ignoriert, war ständig in Bewegung gewesen. Nur die Flucht hatte gezählt, erholen konnte er sich später noch.
Der Gottsprecher senkte seinen Blick auf das grobe Leinengewand und erschrak. Sein Blut hatte das Gewand bis tief über den rechten Ellbogen dunkel verfärbt. Dort, wo ihn die Strahlenwaffe getroffen hatte, war der Stoff zu Asche verbrannt.
Vorsichtig versuchte er das Gewand anzuheben, wurde von dem daraus resultierenden Schmerz aber in die Knie gezwungen. Beinahe hätte er seine Qualen lauthals herausgebrüllt, was er sich im allerletzten Moment verbot. Der Feind suchte nach ihm, und ein Schrei konnte ihn verraten.
Erneut betrachtete er seine Schulter. Unter der Ascheschicht sah er pechschwarzes Gewebe. Zu allem Unglück war er Rechtshänder und somit stark eingeschränkt.
Erneut wallten Schmerzwellen durch seinen Körper, und er musste seine Zähne aufeinanderbeißen, um nicht doch noch zu schreien. Mit ganzer Willensstärke konzentrierte er sich auf seine Atmung und spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Sein Körper war am Ende. Er konnte nicht mehr lange durchhalten.
Blinzelnd sah der Dunkle durch die Baumkrone zum Himmel. Die Sonne stand hoch am Himmel; ihm blieben noch einige Stunden Tageslicht.
Oder war es genau anders herum? Muss ich noch Stunden durchhalten, bevor ich meinen Häschern im Schutz der Dunkelheit entfliehen kann?
Seine pure Willenskraft trieb ihn voran. Er stieß sich vom Baum ab und lief weiter durch die Savanne Ostafras und der sengenden Hitze.
Zum ersten Mal seit langer Zeit musste er wieder an Elloa denken. Ein Soldat der Dark Force hatte sie hinterrücks erschossen.* Bisher hatte er es sich noch nicht eingestanden, aber sie war ihm nicht egal gewesen. Elloa war aus seinem Leben gerissen worden.
Mit seiner Beherrschung war es jetzt vorbei. Er schluckte hart und fixierte mit getrübtem Blick einen Baum, auf den er sich zu bewegte. In dessen Schatten würde er sich erneut eine kurze Pause gönnen.
Die Dark Force hatte alles verändert, den bisher unaufhaltsamen Vormarsch der wahren Gläubigen gestoppt. Die Soldaten waren besser trainiert und bewaffnet als die Kaiserlichen. Außerdem waren sie widerstandsfähiger gegen die Gnade.
Shadar keuchte und wäre um ein Haar gestürzt. Wie weit war es noch bis zum Schatten des Baumes? Fünf Meter oder mehr? Taumelnd und mit kleinen Schritten ging der Dunkle weiter.
Für jedes Problem gab es eine Lösung, auch für die Dark Force. Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Unschlagbar waren die gepanzerten Krieger nicht, das hatte er in Malindi erlebt, wo eine Einheit unter dem Schlamm einer Flutwelle verschüttet worden war. Außerdem war das Kaiserreich groß, und die fremden Truppen konnten nicht überall zugleich sein.
Ja, er hatte zugegebenermaßen eine Schlacht verloren, den Krieg aber noch lange nicht. Er würde sich ins Hinterland zurückziehen, um seine Verwundung auszukurieren. Und dann würde er seine verbliebenen Getreuen um sich scharen und umso härter zurückschlagen!
Endlich hatte Shadar es bis zu dem erlösenden Schatten geschafft. Er trat in den kühlenden Schutz des Baumes und atmete tief durch.
Das Schwindelgefühl traf ihn hart. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Seine Knie wurden weich und er sank zu Boden. Instinktiv vermied er es, auf die verwundete rechte Seite zu stürzen. Dafür schlug er heftig mit seinen Knien auf den Boden auf und kippte nach vorne.
Ich gebe nicht auf, solange mein großes Werk zum Ruhm des Herrn nicht vollbracht ist! Das war sein letzter Gedanke, bevor sich tiefe Bewusstlosigkeit über ihn senkte.
Nahe Orléans-à-l'Hauteur
Auf dem Pilotensitz der RIVERSIDE beobachtete Matt Drax, wie sie der kaiserlichen Wolkenstadt immer näher kamen. Dieses Mal fühlte es sich fast schon an wie eine Heimkehr.
Die Emotion hielt nur für einen kurzen Moment an. Obwohl ihm die Wolkenstadt vertraut geworden war, machte sie das nicht zwangsläufig zu seinem Zuhause. In der Vergangenheit hatte er sich oft gefragt, wohin er eigentlich gehörte.
Unwillkürlich sah er zum Sitz des Copiloten. Genau hier ist mein Platz, dachte Matt. Neben Aruula.
Der Mann aus der Vergangenheit musste an die Erlebnisse in Mombassa denken. Die Sache hatte auf des Messers Schneide gestanden, denn sein Plan, dass sich der als Luister verwandelte Grao bei Shadar einschleichen und ihn beseitigen sollte, war nicht aufgegangen. Nur unterstützt von der kaiserlichen Garde waren sie ins Hintertreffen geraten. Erst die Ankunft der Dark Force hatte die Wende gebracht.
Beinahe wäre es trotzdem schlimm ausgegangen, der der von den Dunklen beeinflusste Gefängnisdirektor hatte Pilâtre kurzzeitig in seiner Gewalt gehabt, verdeckt operierende Dunkle hatten den Volkszorn gegen den Kaiser entfesselt, und um ein Haar wäre Pilou, Pilâtres Enkel, auf dem Schafott gestorben.
Matthew Drax verscheuchte die düsteren Gedanken. Immerhin hatte er Shadar mit dem Laser der RIVERSIDE erwischt, und womöglich war der Anführer der Dunklen inzwischen schon seiner Verletzung erlegen.
Das Landen unterhalb der Wolkenstadt war fast schon zur Gewohnheit geworden. Matt manövrierte den Gleiter an die richtige Position und aktivierte die Landeautomatik. Augenblicklich begann der kontrollierte Vertikalflug. Er vertraute der Automatik, während seine Hand auf dem Steuerknüppel und seine Blicke auf den Instrumenten ruhten.
»Tout vient à point à qui sait attendre«, sagte Pilâtre de Rozier und hörte sich ziemlich erleichtert an. »Gute Dinge kommen zu denen, die warten«, übersetzte Matts im Nacken implantierter Translator.
Er warf dem befreundeten Kaiser einen Blick über die Schulter zu. »Es sieht so aus, als hätten wir Boden gutgemacht. Aber die Dunklen sind noch nicht besiegt«, sagte er aufgeräumt.
»Hoffentlich konnten wir wenigstens Shadar ausschalten«, sprach Grao das aus, was alle dachten.
»Wir haben schon einmal geglaubt, er wäre tot, und wurden eines Besseren belehrt«, sagte Matt entschieden.* »Der Kerl ist ein Stehaufmännchen wie Jacob Smythe.«
Grao schüttelte den Kopf. »Du glaubst, er hätte tatsächlich den Treffer aus einem Lasergeschütz überlebt?«
Matt zuckte die Schultern.
»Die Dunklen bleiben auch ohne Shadar eine Gefahr«, schaltete sich Aruula ein. »Wir dürfen jetzt nicht nachlassen.«
»Mit meiner Garde und der Unterstützung der Dark Force können wir den Feind dorthin treiben, wo er uns nicht mehr schaden kann«, meinte Pilâtre.
»Man sollte das Fell des Bären nicht verkaufen, wenn man ihn noch nicht erlegt hat«, zitierte Matt ein anderes französisches Sprichwort. Er war heilfroh, die schlagkräftige Unterstützung durch die neue WCA-Truppe unter dem Kommando von Colonel Aran Kormak – dem integeren Kormak der Parallelwelt! – zu haben, aber sie mussten weiterhin auf der Hut sein.
Zwei Einheiten der Dark Force waren in Mombassa geblieben. Dort führten sie unter der Bevölkerung Tests mit Kristallsplittern durch, um letzte Infizierte aufzuspüren. Außerdem halfen die Soldaten bei der Sicherung des Gefängnisses und der Suche nach Shadar – oder seiner Leiche.
Der Feldzug gegen die Dunklen war unbestreitbar in eine neue Phase getreten, jedoch keinesfalls gewonnen. Afra war unglaublich groß, und wenn die Infektion nicht ausgerottet wurde, konnte sie an anderer Stelle einen Flächenbrand auslösen.
»Keine Sorge, mon Ami. Wir werden den Bären erlegen, es ist nur eine Frage der Zeit«, meinte der Kaiser selbstsicher.
Die RIVERSIDE setzte sanft auf dem Flugfeld auf. »Dann lasst uns Ira die Neuigkeiten überbringen. So wie ich sie kenne, wird sie sich diese Bärenjagd auf keinen Fall entgehen lassen«, meinte Aruula.
Südlich von Mombassa
Einige Meter von seinem Freund Asante entfernt schlich Jabari durch die Savanne. Die jungen Krieger bewegten sich langsam und nahezu synchron. Jeder von ihnen hielt einen traditionellen Speer wurfbereit in der Rechten. Schritt für Schritt bewegten sie sich durch das Gras, während die Sonne erbarmungslos vom Himmel brannte.
Die beiden jungen Männer waren schon seit Stunden unterwegs. Bisher waren sie erfolglos geblieben, ohne Beute wollten sie aber keinesfalls ins Dorf zurückkehren.
Mit einem Mal blieb Jabari stehen. Vor ihm, zwischen zwei Bäumen, hatte er eine Bewegung ausgemacht, dessen war er sich absolut sicher.
Asante bemerkte die Anspannung seines Freundes und blickte Jabari fragend an. Der junge Mann deutete mit dem Kopf auf die beiden Bäume in gut dreißig Metern Entfernung. Asante verstand sofort, was er meinte.
Ohne Eile bewegten sich die Jäger mit harmonischen Bewegungen und völlig lautlos auf die Baumgruppe zu. Jabari war sich sicher, einer großen Beute auf der Spur zu sein. Ansonsten hätte er die Bewegung auf diese Entfernung nicht ausmachen können.
Wenn sie Glück hatten, war es ein Gnu, das von seiner Herde getrennt worden war. In diesem Fall würde es bei der Rückkehr ins Dorf ein großes Fest geben. Im ungünstigsten Fall war es eine Impala. Das war kein Grund, enttäuscht zu sein; auch deren Fleisch würde viele Dorfbewohner satt machen.
Jabari ignorierte den Durst, die Hitze und seine Müdigkeit. Er richtete seine volle Konzentration auf die beiden Bäume vor sich. Sie hatten jetzt beinahe die Hälfte der Strecke zurückgelegt, aber die geschulten Blicke des Jägers hatten keine Bewegungen mehr wahrnehmen können.
War ihre Beute weitergezogen? Der Impuls, loszulaufen, um sich Gewissheit zu verschaffen, überkam ihn. Diese Reaktion war vollkommen natürlich, würde jedoch das Wild aufscheuchen.
Die beiden Jäger mochten jung sein, doch sie verstanden ihr Handwerk. Stoisch näherten sie sich dem Ziel weiterhin mit gleichbleibender Geschwindigkeit. In jeder ihrer Bewegungen spiegelten sich die Traditionen ihres Volkes wider.
Als sie nur noch gut zehn Meter entfernt waren, blieb Jabari stehen. Enttäuschung durchflutete ihn, gleichsam kam noch ein anderes Gefühl an die Oberfläche: Neugierde.
»Das ist kein Tier«, sprach Asante das Offensichtliche aus. »Da liegt ein Mensch!«
Jabari hielt seinen Speer weiterhin wurfbereit. Nach so weit draußen verirrte sich normalerweise niemand. Seine Augen nahmen jedes Detail in aller Deutlichkeit wahr. Der Mann, der ein grobes Gewand mit einem dunklen Umhang trug, musste bewusstlos sein. Oder war dies nur ein Trick, am Ende gar ein Hinterhalt?
»Siehst du sonst noch jemanden?«, fragte er Jabari.
Asante ließ seinen Blick über die Savanne wandern. Nach kurzer Zeit schüttelte er entschieden den Kopf. »Nein, da ist niemand.«
Jabari fürchtete sich nicht vor anderen Jägern, sondern vor Gegnern mit modernen Waffen, die sich auch in größerer Entfernung versteckt haben konnten.
Die Freunde setzten sich in Bewegung, näherten sich der Position des Unbekannten. Die ganze Zeit über behielt Jabari den reglosen Körper im Auge. Er würde selbst ein Augenzwinkern bemerken.
Asante trat vor und stieß mit der Speerspitze sacht gegen den auf dem Rücken liegenden Mann. Keinerlei Reaktion. »Vielleicht ist er tot«, sagte Asante.
Jabari nahm den Speer herunter und beugte sich über den Mann. Zahir, der Heiler aus dem Dorf, hatte ihm einmal gezeigt, wie man den Herzschlag eines Menschen prüfen konnte. Der Jäger hatte sich die Unterweisung gut eingeprägt und tastete mit zwei Fingern den Hals des Mannes ab.
Zuerst glaubte er, sein Herz würde nicht mehr schlagen, dann spürte er es aber doch. Der Puls war schwach, dafür schlug das Herz umso schneller. »Er lebt«, sagte Jabari. »Aber es geht ihm alles andere als gut.«
»Was hat er da an der Schulter?«, fragte Asante und deutete auf die rechte Seite.
Jabari folgte dem Fingerzeig und runzelte die Stirn. Die Kleidung war an dieser Stelle eingeäschert, darunter konnte man verkohltes Gewebe erkennen. Und mittendrin klaffte ein gefährlich aussehender Schnitt. »Sieht so aus, als hätte ihn jemand mit einem Flammenschwert verwundet«, sagte er verblüfft.
»Was machen wir mit ihm?«, fragte Asante.
Jabari legte den Kopf schräg. »Wenn wir ihn hier liegenlassen, wird er sterben. Also müssen wir ihn ins Dorf tragen, damit sich Zahir um ihn kümmern kann.«
Asante sah nicht besonders glücklich aus. »Wir wissen doch gar nicht, mit wem wir es zu tun haben?«