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Das Dunkle Herz der Stadt ist geschwächt, das müssen die Gefährten nutzen. Doch der Mord an Pilou wiegt schwer, und Pilatre de Rozier kann die Tat nicht vergessen. Schlechte Voraussetzungen für einen koordinierten Angriff.
Und auch mit Victorius steht es in der Parallelwelt nicht zum Besten; im Gegenteil. Der Untergang von Southland und seine Schuld am Tod der Geliebten macht ihn zur leichten Beute von Umbusi, seinem "inneren Dämon".
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Seitenzahl: 141
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Was bisher geschah...
Die schlafende Stadt
Epilog
Leserseite
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Mensch¬heit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...
Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das an besonderen Punkten aufbricht – an den Bruchstellen tauchen nun Areale verschiedener Parallelwelten auf.
Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine letzte Bruchstelle kollabiert und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in Afrika in die Gegenwart versetzt. Das Luftschiff des Sohnes von Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, verschwand darin, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Die Menschen dort verbreiten einen »Dunklen Keim«, der sich immer weiter ausdehnt.
Auch die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur wird von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein, die durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen haben. Durch sie erlangen die Gefährten ein erstes Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen können den Dunklen Keim aus den Infizierten herausholen! Matt, Aruula und die Daa'muren fliegen zum Kratersee und kehren mit etlichen Kristallen zurück.
Sie erobern Château zurück, doch Shadar kann sich mit seiner Gefährtin Elloa absetzen. Matt braucht weitere Hilfe – und wendet sich an Colonel Kormak, der eine Eingreiftruppe gründet, die Dark Force. Sie versuchen Shadar in Mombassa in eine Falle locken, doch wieder kann der Gottsprecher entkommen. Schwer verletzt, rettet ihn die Stadt selbst, indem sie ihn in ihr Dunkles Herz aufnimmt.
Das wird Matt und Aruula bei einem Flug über die Stadt zum Verhängnis: Die Gebäude erwachen zum Leben und holen ihren Gleiter vom Himmel! In den Tiefen der Stadt werden sie zum Bösen umgepolt. Ihre erste Tat ist die Ermordung von de Roziers Enkel und über hundert Hydriten, bevor sie sich daran machen, Ei'dons Friedensbemühungen zu sabotieren – erfolgreich. Als sie sich Fort Knox als ihr nächstes Ziel wählen, ist ihnen Quart'ol auf den Fersen. Mit seiner Hilfe werden die beiden überwältigt und zur Wolkenstadt gebracht. Dort erschießt Pilâtre Aruula aus Rache für Pilou, und gleichzeitig wacht eine andere Aruula im Zentrum der Stadt auf! Wie sich herausstellt, schuf das Dunkle Herz Zwillinge der beiden aus deren bösen Anlagen. Sie können aus der Stadt gerettet werden, wobei Grao auch Matts böses Ich tötet.
Die schlafende Stadt
von Stefan Hensch
Château-à-l'Hauteur
Matt sah lächelnd zu, wie zwei Schwalben über den stahlblauen Himmel flogen. Die Beobachtung jener Vögel, die frei durch die Lüfte segelten, riss ihn für wenige Momente aus seinen rabenschwarzen Gedanken. Er war mit Aruula in die kaiserliche Wolkenstadt zurückgekehrt, die für sie hier in Afra fast zu einem Zuhause geworden war.
Es war etwas passiert, das die Dinge grundlegend geändert hatte: Der Enkel ihres Freundes Pilâtre de Rozier war kaltblütig ermordet worden, und sie hatten es nicht verhindern können. Im Gegenteil – sie hatten ihn sogar auf dem Gewissen!
Aus diesem Grund fühlte sich der Aufenthalt diesmal so vollkommen anders an. Niemals zuvor waren sie sich so fremd hier vorgekommen. Wahrscheinlich lag das auch an ihrer exponierten Stellung, die sie als persönliche Freunde des Kaisers genossen hatten. Die exotische Kriegerin und der Pilot aus der Zukunft waren mittlerweile wohl jedem Bürger der Wolkenstadt bekannt.
Der barbarische Mord an Pilou hatte alles verändert.* Dabei war es gar nicht Aruula selbst gewesen, sondern ihr böses Ich, geschaffen vom Herzen der Dunklen Stadt. Aber das war schwer zu vermitteln, Pilâtre sowieso, aber auch den Bürgern der Wolkenstadt. Hatten sie bisher im Vorbeigehen überwiegend freundliche Blicke und auch Begrüßungen geerntet, waren die Blicke argwöhnisch bis feindselig geworden, oder man übersah sie demonstrativ.
Wer konnte beim Verlust eines geliebten Menschen schon objektiv bleiben? Kaiser Jean-François Pilâtre de Rozier war jedenfalls nicht in der Lage, objektive Maßstäbe angelegt. Im Gegenteil hatte er sich in seinem Palast abgekapselt und weigerte sich, seine Gefährten zu empfangen, um über die Sache zu reden.
»Er wird darüber hinwegkommen, Aruula«, sagte Matt leise und legte den Arm um sie.
Die Kriegerin, die neben ihm durch die Straßen Château-à-l'Hauteurs ging, ließ es geschehen, fühlte sich aber sichtlich unwohl dabei. »Du vergisst, dass er schon mit dem Verlust von Victorius an die Parallelwelt leben muss. Es war doch ein offenes Geheimnis, dass er seinen Enkel als Thronfolger auserkoren hatte.«
Matt wusste, dass Aruula recht hatte. Der Mord war eine Katastrophe. Der Feind hatte damit einen Spaltkeil ins Lager seiner Gegner getrieben.
Schweigend gingen die beiden weiter und steuerten den kaiserlichen Palast an. Aruula blieb plötzlich stehen. »Das hat doch keinen Sinn«, sagte sie niedergeschlagen. »Hast du den Ausdruck in Pilâtres Augen bemerkt, als er mich das letzte Mal angesehen hat?«
Matt wusste, was die Kriegerin meinte. Es war eine Mischung stärkster Emotionen gewesen: Trauer, Schmerz, Erschütterung, aber auch Wut und Hass. Sie richteten sich gegen Aruula, aber auch gegen Matt. Pilâtre machte sie beide für seinen schrecklichen Verlust verantwortlich.
Nie war zwischen ihre Freundschaft auch nur ein Blatt gekommen. Jetzt hatte sich das geändert. »Sein Schmerz zwingt ihn dazu, jemanden für das Geschehene verantwortlich zu machen«, sagte der Mann aus der Vergangenheit so behutsam wie möglich.
Aruula nickte langsam. »Aber es waren unsere bösen Zwillinge, nicht wir selbst. Wie kann er uns etwas vorwerfen?«
Matthew schluckte. »Die Sache liegt etwas anders. Es waren nicht einfach nur Doppelgänger – es war die böse Seite in uns, die in jedem schlummert. Das macht es so kompliziert. Das Dunkle Herz hat alles Negative unserer Existenz genommen und daraus unsere Abbilder geformt – aber im Grunde waren wir es... der Teil von uns, den wir normalerweise nicht ausleben.«
Aruula entgegnete nichts darauf, aber Matt fühlte, dass sie verstanden hatte. »Dieser Vorfall gefährdet unsere Erfolge im Kampf gegen die Dunklen«, fuhr er nachdenklich fort. »Und das gerade jetzt, wo wir eine Ahnung bekommen haben, wie wir diesen Krieg für uns entscheiden können. Wir dürfen einfach nicht ins Straucheln geraten.«
Die Kriegerin sah ihn mit einem spöttischen Lächeln an. »Nichts gegen deine Ahnungen, aber weißt du denn, wie wir das Herz der Stadt zerstören können?«
Matt nickte verhalten. »Wir müssten die Katakombe im Zentrum der Dunklen Stadt vollständig zerstören – also auch die Wände, in die diese Kugel versickern kann«, sagte er.
Und genau das war das Problem. Für diese Aktion mussten sie alle Parteien an einen Tisch bekommen, denn sie brauchten jede Unterstützung: Colonel Kormak und die Dark Force, das Kaiserreich, und natürlich auch die Hydriten und Daa'muren.
Wegen Ira, Grao machte sich Matt keine Sorgen. Auch Kormak würde mit ihnen an einem Strang ziehen. Bei den Hydriten sah es schon schlechter aus nach dem Massaker, das ihre bösen Zwillinge veranstaltet hatten, aber zumindest Quart'ol würde auf ihrer Seite stehen. Der Kaiser aber war zur großen Unbekannten in dieser Gleichung geworden. Würde er überhaupt noch an ihrer Seite kämpfen oder die Dunklen auf eigene Faust angreifen – und unterliegen?
Aus diesem Grund waren sie auf dem Weg zum kaiserlichen Palast, der jetzt nicht mehr weit entfernt war. Pilâtre hatte ihnen, so wie auch ihren Freunden, bereits mehrfach eine Audienz verweigert, dennoch wollten Matt und Aruula erneut ihr Glück versuchen. Schon um ihrer alten Freundschaft willen.
Matt sah die beiden Gardisten in ihren Galauniformen bereits von weitem. Sie flankierten den Haupteingang und waren auch bei diesem Besuch das erste Hindernis, das es zu umschiffen galt. Doch wenn er geglaubt hatte, eine andere Reaktion als bei ihren letzten Besuchen zu erhalten, irrte er sich: Die Gardisten verschränkten ihre Hellebarden und versperrten ihnen den Weg.
»Der Kaiser hat ausdrücklich angeordnet, dass Eure Anwesenheit im Palast nicht erwünscht ist«, erklärte der rechte Gardist. Sein Ton war unmissverständlich hart.
Matt zuckte mit den Schultern. »Dann richtet ihm bitte aus, dass wir es erneut versucht haben. Und wir werden so lange wiederkommen, bis er uns empfängt«, sagte er ebenso unnachgiebig. »Den Kampf gegen die Dunklen können wir nur gemeinsam bestehen.«
Damit drehte er sich um und ging.
Aruula folgte ihm. Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln lächelte. »Das ist der Maddrax, der mir gefällt!«
Colonel Aran Kormak war von der Konstruktion Château-à-l'Hauteurs fasziniert. Faktisch waren alle Gefahren ausgeschaltet: Angriffe mutierter Tiere und von Barbaren stellten keine Probleme dar, und falls die Situation es erforderte, konnte mühelos die ganze Stadt an einen anderen Ort verlegt werden.
Ohne effektive Defensivmaßnahmen waren die Wolkenstädte aber ein strategischer Albtraum. Gegen einen Angriff mit primitiven Waffen waren sie durch ihre gepanzerte Unterseite geschützt, doch durch den Beschuss mit Boden-Luft-Raketen konnten sie leicht vom Himmel gefegt werden. Zum Glück musste man nicht mit solch moderner Waffentechnologie rechnen, denn das technologische Niveau in Afra war niedrig.
Vielleicht bot sich irgendwann der Bau einer modernen, wehrhafteren und leistungsfähigen Wolkenstadt an.
Mittlerweile hatte Kormak auch die zweifelhafte Freude gehabt, den Regenten des Kaiserreichs persönlich kennenzulernen. Jean-François Pilâtre de Rozier befand sich jedoch in einer persönlichen Ausnahmesituation, weshalb der Offizier den Adligen mit einer gewissen Milde betrachtete. Schließlich hatte er selbst auch schon so manchen Verlust zu beklagen gehabt. Durch seine harte Kindheit war es gewohnt, sich immer wieder auf die Beine zu zwingen.
Als reine Vorsichtsmaßnahme hatte Kormak dem Kaiser Sergeant Ashley Mara von der Dark Force zur Seite gestellt. Freundlicherweise gewährte der Kaiser Kormak als Alliiertem volle Bewegungsfreiheit in der Wolkenstadt. Der Grund für seine jetzige Anwesenheit war nicht bloßes Sightseeing. Ein massives Sicherheitsproblem hatte sich im Kaiserreich eingestellt, das er sich mit eigenen Augen ansehen wollte.
Aran Kormak trat an die Brüstung der Plattform heran, setzte das Binokular an die Augen und zoomte die Gigantopole heran. Vor kurzem hatte er noch eine Operation über der schwarzen Stadt geleitet. Wobei er sich ausschließlich auf die Mission konzentriert und nicht in der Betrachtung des Einsatzgebietes geschwelgt hatte.
Das Einzige, was Kormak tief im Gedächtnis geblieben war, war die abgrundtiefe Hässlichkeit der Stadt. Auch dieses Mal schlug ihm dieser Eindruck wieder ungefiltert durch das Binokular entgegen. Die Konstruktion der Türme und Häuser schienen jeder Form der Geometrie zu spotten. Kurven waren eckig, Quadrate rund, und überall glaubte er Bewegungen erahnen zu können, wo keine sein durften. Die Stadt schien zu pulsieren und zu atmen wie ein lebender Organismus.
Angewidert setzte er den Feldstecher ab und schüttelte den Kopf. Dies war die Keimzelle der Dunklen, er spürte es förmlich. Außerdem hatte er bei der Befreiung von Drax und Aruula gesehen, mit was er es hier zu tun hatte. Demnach war seine Mission simpel: Diese Stadt musste fallen, dann konnte der Krieg schnell beendet werden. Die Dunklen stellten eine beängstigende Gefahr dar, und gleichzeitig standen sie für Chaos und Anarchie. Das Letzte, was diese Welt braucht!
Eine halbe Stunde später
Im Frachtraum der DARK FORCE THREE war es kalt; die Klimaanlage lief auf Hochtouren. Kormak selbst hatte es so angeordnet, denn der Zustand des besonderen Passagiers machte diese Maßnahme nötig. Die mächtige Scorpoc-Siragippe hatte nach ihrem Einsatz im Zentrum der Dunklen Stadt einen hohen Energiebedarf, und die Kälte half, den Organismus etwas herunterzufahren.
Das war auch wichtig, weil die Kontrolleinheit durch den Hydriten Quart'ol beschädigt worden war, nachdem dieser kurzzeitig unter dem Einfluss der Dunklen gestanden hatte.* Solange sie instand gesetzt wurde, durfte der Organismus nicht außer Kontrolle geraten.
Zeiten ändern sich, und sie ändern auch dich, dachte Kormak, hinter dem ein Trupp der Dark Force halbkreisförmig Aufstellung genommen hatte. Früher war er der Todfeind solcher Kreaturen gewesen. Und nun stellte ausgerechnet eine mutierte Siragippe die mächtigste Waffe gegen den Feind dar.
Das Wesen – Queen Choyganmaa, wie die Verrückte in Professor Smythes Begleitung das Viech getauft hatte – hing wie tot auf einem Metallgerüst im Frachtraum des Gleiters, aber das war es nicht. Ohne das Steuergerät war es unberechenbar und konnte von einem Moment auf den nächsten außer Kontrolle geraten. Deshalb hatte Kormak seiner wertvollsten Fracht zusätzlich massive Fesseln anlegen lassen und eine Einheit der Dark Force zur Bewachung abgestellt.
Er spürte den Blick der bläulich schimmernden Augen auf sich ruhen. Die Kreatur war keinesfalls ausgeschaltet; vermutlich lauerte sie auf eine Gelegenheit zur Flucht.
Ein eiskalter Schauer lief über den Rücken, denn der Anblick erinnerte ihn erneut an seine Vergangenheit. Es hatte eine Zeit in seinem Leben gegeben, da war er von einem einzigen Wunsch beseelt gewesen: Öörum, die Königin der Siragippen, zu vernichten. Das lag schon lange zurück. Damals hatte die Riesenspinne im Zweikampf besiegt, was allerdings seinen Preis gefordert hatte.
Bei der Auseinandersetzung war seine rechte Gesichtshälfte aufgeschlitzt worden, und er hatte sein linkes Auge verloren. Seitdem war viel Zeit ins Land gegangen, aber sein Schicksal war weiterhin mit den Siragippen verwoben. Vielleicht waren sie sogar zu seiner persönlichen Nemesis geworden.
So war es ausgerechnet die Droge Orym, die in den Kauscheren der Siragippen produziert wurde, mit der er die Macht über das Parallelweltareal Fort Knocks an sich reißen konnte. Vermutlich war es eine Mischung aus Faszination und Abscheu, mit der ihn diese Tiere in ihrem Bann hielten.
Kormak hörte Schritte hinter sich und konzentriert sich wieder auf das Hier und Jetzt.
»Sir, Commander Drax ist mit seiner Begleitung eingetroffen«, meldete ein Soldat der Dark Force und salutierte.
Kormak erwiderte den Gruß und nickte. »Bringen Sie die beiden zu mir!«
Der Soldat verschwand mit schnellen Schritten und kehrte wenige Sekunden später mit Matthew Drax und Aruula zurück. Kormak lächelte zur Begrüßung, aber diese Gefühlsregung wurde eher durch eine weitere Ironie des Schicksals verursacht. Nie hätte er damit gerechnet, dass er freiwillig dazu betragen würde, diesen beiden das Leben zu retten. Doch genau dazu war es in der Dunklen Stadt gekommen.
Was per se nicht schlecht war. Wenn es noch irgendwelche Zweifel an seiner Reputation gegeben hatte, sollten diese nun ausgeräumt sein. Das war gut so, denn momentan stellte der Ex-Commander definitiv das kleinere Übel für ihn dar.
Klassischer Feind-meines-Feindes-Fall, dachte Kormak. Sobald die Gefahr in Afra beseitigt war, würde er sich Gedanken über sein weiteres Vorgehen machen. Dazu gehörte auch die Frage, ob es eine Zukunft mit dem Ex-Commander geben konnte oder nicht.
»Ist Queen Choyganmaas verlängerte Leine schon repariert worden?«, fragte Drax nach der Begrüßung und musterte die Siragippe kritisch.
»So gut wie. Meine Techniker brauchen noch ein, zwei Stunden, um die Fernbedienung zu checken«, antwortete Kormak. »Wir hatten schon befürchtet, bei Miki Takeo um eine Kopie bitten zu müssen. Das hätte vermutlich deutlich länger gedauert.«
Maddrax nickte. »Anderes Thema: Bei Pilâtre beißen wir noch immer auf Granit. Im Moment hast du den besseren Draht zu ihm.«
Kormak zog die rechte Augenbraue hoch. »Mein Standing beim Kaiser ist auch nicht besonders gut. Vielleicht könnte uns dieser Rönee eine Hilfe sein. Er scheint ganz vernünftig zu sein und genießt Pilâtres Vertrauen.«
Der Pilot aus der Vergangenheit wechselte einen Blick mit seiner Gefährtin, dann stellte er die Frage, auf die Aran schon gewartet hatte: »Was ist mit Professor Smythe und Haaley?«
»Sie sind aus dem Spiel genommen«, blieb Kormak weiterhin undurchsichtig, während er sein Bewusstsein so gut wie möglich vor Aruulas Lauschsinn schützte. »Und jetzt entschuldigt mich bitte; ich muss an einer Videokonferenz des Weltrats teilnehmen. Mr. Black erwartet einen Bericht über den bisherigen Verlauf unserer Mission in Afra.«
Er nickte knapp und ließ seine beiden Verbündeten im Frachtraum mit der mutierten Siragippe zurück. Vor gar nicht langer Zeit hätte er der Versuchung nicht widerstehen können, der Kreatur zu einer Portion Lebendfutter zu verhelfen...
Gal'hal'ira stand an der Reling der kleinen Roziere, die gut vierzig Meter über und einen halben Kilometer nördlich von Château-à-l'Hauteur schwebte. Am Steuer des Luftschiffs stand Grao'sil'aana und ließ Ira durch seine abweisende Mimik wissen, was er von ihrem Plan hielt.
Noch viel weniger als gar nichts, dachte Ira. Das war verwunderlich, denn eigentlich entsprach ihr Plan einer klassischen Grao-Aktion. Aber vielleicht war ja gerade das sein Problem, weil sie ihm zuvorgekommen war.
Ira lächelte in sich hinein. Sie hatte einen entsprechenden Kommentar auf der Zunge, schluckte ihn aber lieber herunter. Später war mehr als genug Zeit für Neckereien, zuerst wartete die Pflicht auf die Daa'murin.
Sie setzte das Fernglas an die Augen und sah zum kaiserlichen Palast hinunter. In den letzten Tagen hatten sie das Gebäude regelmäßig beobachtet, um die Gewohnheiten von Kaiser de Rozier herauszufinden.