Professor Zamorra 1280 - Stefan Hensch - E-Book

Professor Zamorra 1280 E-Book

Stefan Hensch

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Beschreibung

Die Irrfahrt geht weiter!

Irgendetwas war schiefgelaufen, denn sie befanden sich weiterhin in der fremden Welt. Nicole, Ryan und er besaßen zwar gültige Fahrscheine, störten allerdings das empfindliche Gleichgewicht der Transferdimension und machten eine Rückkehr unmöglich.
"Was machen wir jetzt?", fragte Ryan Melville.
Bevor Zamorra oder Nicole ihm antworten konnte, kam ihnen der Heizer zuvor. Er schippte eine weitere Schaufel Kohlen ins Feuer und schüttelte den Kopf. "Ihr könntet euch gegenseitig `ne Kugel in den Schädel jagen, das würde unser Problem lösen."


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Inhalt

Cover

Der Mann aus dem Westen

Leserseite

Vorschau

Impressum

Der Mann aus dem Westen

(Teil 2)

von Stefan Hensch

Die kleine Prozession machte vor dem Galgen halt. Wie aus dem Nichts erschien der Governor und trat auf Zamorra zu. »Sie scheinen der Anführer zu sein, deshalb haben Sie das Privileg, als Erster zu sterben. Vorher möchte ich Ihnen jedoch noch ein Geschäft vorschlagen.«

Zamorra bemühte sich trotz der bedrohlichen Situation um Ruhe. »Und das wäre?«

Der Dämon lächelte. Zamorra glaubte, dessen Augen für einen winzigen Augenblick aufglühen zu sehen. »Sie sterben in jedem Fall. Wenn Sie mir jedoch A.S. Lister ausliefern, schenke ich Ihren Begleitern das Leben.«

Alden Sherman Lister hatte sich die grobe Wolldecke umgelegt und starrte in die Flammen des Lagerfeuers, das er in der Grube entfacht hatte. Eine gewisse Diskretion war für sein Überleben unabdinglich, denn zu viele Männer mit tief gebundenen Revolvern waren ihm auf der Spur. Ein offenes Lagerfeuer war in der flachen Prärie wie ein meilenweit sichtbares Signal, das diese Kerle auf direktem Weg zu ihm führen würde.

Lister griff nach der Kanne und füllte seinen Becher mit Kaffee auf. Die Temperaturen waren bereits gefallen, gegen Morgen würde es jedoch empfindlich kalt werden. Der starke Kaffee half ihm, die Nacht bis zum Morgengrauen durchzustehen. Wenn das Feuer heruntergebrannt war, würde er sich etwas ausruhen. Mittlerweile hatte er es sich angewöhnt, mit einem offenen Auge zu schlafen. Sollte sich ein Tier oder ein Mensch nähern, würde er das merken und sich zu helfen wissen. In der Stadt war es zu heiß für ihn geworden.

Alles hatte mit der dummen Pokerrunde angefangen, in die er am besten gar nicht eingestiegen wäre. Die Einsätze waren jedoch so verlockend hoch gewesen, dass ihm keine andere Wahl geblieben war, obwohl er den Verdacht gehegt hatte, dass jemand falsch spielte. Nach der dritten Runde erwischte Lister den Zinker auf frischer Tat, als der ein Ass aus dem Ärmel schüttelte.

Einen Mann wie ihn konnte man natürlich versuchen zu betrügen, aber es funktionierte nicht. Dummerweise war es ausgerechnet der Sheriff gewesen, den er hochnahm. Daraufhin hatte der Gesetzeshüter zur Waffe gegriffen und ihm damit keine andere Wahl gelassen. Solche Dinge passierten einfach im Westen.

Am Ende war es ein einträglicher Abend gewesen, da er für Lister im Bett einer frisch gebackenen Witwe geendet war. Offensichtlich hatte er ihr einen Gefallen getan, indem er ihren Ehemann ausgeschaltet hatte, und sie drückte ihre Dankbarkeit auf ganz spezielle Art aus. Die traute Zweisamkeit war jedoch nicht von langer Dauer gewesen, denn die Deputies des Sheriffs wollten ihn nicht so einfach davonkommen lassen und hatten das Haus umstellt.

Es gab eine hitzige Auseinandersetzung, jede Menge Korditgeruch und umherschwirrende Hornissen aus Blei. Lister war beileibe kein Kind von Traurigkeit und teilte seinerseits aus. Letztlich konnten ihm die Männer trotz ihrer Überzahl kein Paroli bieten, allerdings bot sich eine Flucht aus der Stadt aus naheliegenden Gründen an.

Die Nacht war sternenklar, nur vereinzelte Wolken zogen über den Nachthimmel. Lister blickte gerade zur Himmelskuppel, als sich eine Wolke vor den Mond schob. Fjodor, dachte er. Es war der kleinere der Trabanten, der einen leicht rötlichen Schimmer hatte. Sein Großvater hatte ihm erzählt, dass dieses Rot vom rötlichen Gestein Fjodors resultierte. Lister fragte sich noch heute, woher sein Großvater das Wissen darüber hergenommen hatte.

Der Blick des einsamen Cowboys glitt weiter über den Himmel. Er betrachtete die unterschiedlichen Sternbilder: Vase, Seeschlange, Hektor und Reiter. Alle waren sie an ihren vertrauten Plätzen, so wie immer. Das beruhigte ihn. Zufrieden nahm er noch einen Schluck Kaffee und genoss den beinahe sternenklaren Himmel.

Da knackte plötzlich ein Ast. In der Stille der Nacht glich es der Detonation einer Dynamitstange.

Lister explodierte förmlich. Schnell entledigte sich der große Mann der schweren Decke, stieß sich vom Boden ab und rollte sich aus dem zuckenden Feuerschein hinweg in die Schwärze der Nacht. Keinen Moment zu spät, denn ein Revolver brüllte auf. Die Kugel schlug dort ein, wo er gerade noch gesessen hatte. Listers Rechte zuckte zur Hüfte, und er zog seinen Colt. Sofort nahm er die Stelle unter Beschuss, an der er Mündungsfeuer gesehen hatte. Mit der kaltblütigen Gelassenheit eines geübten Schießers fächerte er über den Abzug und gab fünf Schüsse ab.

Wenn er getroffen hatte, gab der Angreifer keinen Laut von sich. Listers Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt, trotzdem sah er seinen Gegner nicht. Er war aber da, hatte wohl blitzschnell nach dem ersten Schuss seine Position gewechselt. Instinktiv wusste Lister, was der andere vorhatte und ließ sich flach auf den Boden fallen.

Wieder entging Lister nur knapp einem Treffer, als der Angreifer erneut das Feuer eröffnete. Der Halsabschneider hatte ihn sich zurechtgelegt, um ihn wie einen tollwütigen Köter aus der Distanz erschießen zu können.

Dieses Mal war Lister gewarnt und rechnete mit einem weiteren Positionswechsel. Da sich links von seinem Gegner ein paar hohe Büsche befanden, musste der nach rechts ausweichen. Lister kam flink auf die Füße und huschte geduckt weiter, um eine bessere Schussposition zu bekommen.

Irritiert zögerte der Heckenschütze, denn sein Ziel befand sich nicht dort, wo er es vermutet hatte.

Lässig hob Lister seinen Colt, zielte und drückte ab. Unmittelbar darauf waren Schmerzensschreie zu hören. Zufrieden zog er sein Messer. Die Trommel des Revolvers war bis auf die letzte Patrone aufgebraucht. Vorsichtig näherte sich Lister dem Verwundeten. Der stand da, hielt sich nur mit viel Mühe noch auf Beinen.

»Verschwinde!«, zischte er Lister entgegen.

»Nicht so voreilig«; entgegnete Lister und schlug ihm den Revolver aus der Hand. »Den brauchst du jetzt nicht mehr!«

Ohne ein weiteres Wort stürzte der Angreifer zu Boden. Rasch tastete der Cowboy nach dem Puls des anderen und zog seine Hand zurück. Da war nichts mehr zu machen. Lister wuchtete sich den leblosen Körper über die Schultern und schleppte ihn zurück zum Feuer. Achtlos ließ er den Toten in den Staub fallen.

Er betrachtete das hagere Gesicht im Feuerschein. Pockige Aknenarben, Backenbart und eine schiefe Nase. Lister hatte den Mann nie zuvor gesehen, also ging es hier um Geld, nichts Persönliches. Neben dem Colt hatte der Unbekannte noch eine kleinere Taschenpistole bei sich, die er jetzt ebenfalls an sich nahm. Außerdem fand er zwei Goldmünzen in den Manteltaschen und ein gefaltetes Stück Papier.

Neugierig entfaltet er das Schriftstück, und der Feuerschein erweckte es auf gespenstische Weise zum Leben. Enttäuscht erkannte er, dass es bloß ein Steckbrief auf seinen Namen war. A.S. Lister, bewaffnet und gefährlich, las er. Schwerer Raub, Banküberfall und Betrug. Das Kopfgeld war auf zwanzigtausend Goldpesos angestiegen, egal ob tot oder lebendig.

Nicht schlecht. Der große Cowboy musste lachen. Natürlich stammte das Kopfgeld von der Lejano Company, dem Transportunternehmen, dessen Eisenbahnen und Kutschen er oft überfallen hatte. So einfach würden sie ihn nicht erwischen. Da mussten sie schon mehr springen lassen oder einen ihrer Spezialagenten auf ihn hetzen, keine dahergelaufenen Prügelknaben.

Zu Sonnenaufgang würde er nach Jerome aufbrechen. Die Stadt verfügte über einen Bahnhof, und damit würde er morgen schon Hunderte Meilen weit weg von diesem Ort sein. Die Mühen der Lejano Company würden wohl mal wieder umsonst sein. Aber bis dahin würde er sich noch ein wenig Schlaf gönnen. Ein zweiter Häscher war eher unwahrscheinlich, den hätte er schon bemerkt.

Irgendetwas war schiefgelaufen, denn sie befanden sich weiterhin in der fremden Welt. Das transparente Geistwesen am Leitstand des Geisterzugs hatte wahrscheinlich den Nagel auf den Kopf getroffen, vermutete Zamorra. Nicole, Ryan und er besaßen zwar gültige Fahrscheine, störten allerdings das empfindliche Gleichgewicht der Transferdimension und machten eine Rückkehr unmöglich.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Ryan Melville.

Bevor Zamorra oder Nicole ihm antworten konnten, kam ihnen der Heizer zuvor. Er schippte eine weitere Schaufel Kohlen ins Feuer und schüttelte den Kopf. »Ihr könntet euch gegenseitig 'ne Kugel in den Schädel jagen, das würde unser Problem lösen.«

»Der Ansatz erschient mir persönlich wenig attraktiv«, entgegnete der Parapsychologe ruhig.

Der Geisterzug ratterte mit unverminderter Geschwindigkeit über die Schienen.

»Gibt es in dieser Welt nichts als einen unendlichen Schienenstrang?«, stöhnte Nicole.

Der Lokführer warf der jungen Frau einen Seitenblick zu. »Vertun Sie sich da nur nicht, Lady. Diese Welt ist voller heruntergekommener Städte, Halsabschneider und Halunken.«

Die aparte Französin wollte gerade nachfragen, woher der Lokomotivführer sein Wissen nahm, doch dazu kam sie nicht mehr.

»Pass auf, Jim. Da steht wer auf dem Gleis!«

Die Worte des Heizers führten augenblicklich zu einer Reaktion des Mannes am Führerstand. Er riss einen Hebel nach hinten und brüllte: »Alles festhalten!« Die Bremsen packten und ließen die Stahlräder kreischen. In der Lok stank es nach Metall.

Zamorra bemerkte verblüfft, dass der Zug trotz seiner schwarzmagischen Herkunft über eine moderne Druckluftbremse verfügte. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten die einzelnen Waggons per Hand von einem eigens abgestellten Bremser verlangsamt werden müssen. Wer auch immer für die Erschaffung des Geisterzuges verantwortlich war, hatte sich verflucht nah an der Realität orientiert.

Der Heizer musste über eine irrsinnige Wahrnehmung verfügen, wenn er bei der Geschwindigkeit in der Ferne eine Person auf den Schienen gesehen hatte. Aber vor ihnen stand wirklich jemand auf dem Gleis

Nein, korrigierte sich Zamorra gedanklich. Es war nicht einer, sondern es waren viele Gestalten.

»Schaffen wir es noch rechtzeitig anzuhalten?«, rief Ryan nervös über das Kreischen der Bremsen hinweg.

Der Lokführer umklammerte mit ernster Miene weiterhin den Bremshebel. »Ich gebe alles, mein Sohn.«

»Merde«, sagte Nicole leise.

Der Professor konnte seiner Partnerin nur stumm zustimmen. Was da auf den Schienen stand, konnte man mit Fug und Recht als Empfangskomitee bezeichnen, und es wirkte alles andere als freundlich. Mit Federn geschmückt, standen leibhaftige Indianer vor ihnen. Ihre Tomahawks, Lanzen, Bögen und Messer waren auf sie gerichtet.

»Ist das ein ganzer verdammter Stamm?«, zischte der Lokführer.

»Eher zwei«, betonte der Heizer.

Zamorra schluckte heftig. Eine Sache hatte bisher niemand auszusprechen gewagt. Die Krieger vor Ihnen bestanden nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus bleichen Knochen. Es war eine Skelettarmee.

»Das sind wir wohl mal wieder vom Regen in die Traufe gelandet!«

Er zwinkerte Nicole aufmunternd zu und nahm nebenbei wahr, dass das harte Bremsmanöver zu glücken schien. Der schwere Zug war kaum noch schneller als Schrittgeschwindigkeit und hielt wenige Minuten darauf kurz vor den Skelettkriegern.

Alle im Führerstand starrten gebannt durch das Fenster nach vorne.

»Können wir nicht den Rückwärtsgang einlegen?«, flüsterte Ryan.

Der Lokführer seufzte schwer. »Bis zur nächsten Weiche ist es noch ein gutes Stück, und rückwärts können wir nur sehr langsam fahren. Die Indianer können uns leicht einholen und kapern.«

Ryan ballte die Rechte zur Faust und schlug wütend gegen die Innenverkleidung der Lok, was ihm einen tadelnden Blick des Lokführers einbrachte.

»Was wollen die Kerle denn von uns?«

»Die Seelen an Bord des Zuges.«

Der Heizer lachte meckernd. »Da sieh ›ma‹ einer an. Die Lady is´ nich´ nur schön wie'n Engel, sondern auch gerissen wie'n Teufel.«

Zamorra legte die Hand auf die Klinke des Ausstiegs.

»Was hast du vor?«, wollte Nicole alarmiert wissen.

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Irgendwer muss doch mit diesen Nekroindianern sprechen, oder?«

Bevor Nicole noch etwas erwidern konnte, stieg er aus der Lok.

Bis auf das Zischen und Knacken der Dampfeisenbahn war es übernatürlich still. Wolken zogen in viel zu schneller Geschwindigkeit über den Himmel. Ein überraschend kühler Wind wehte und machte die hohe Außentemperatur erträglicher. Zamorra nahm den Geruch der Prärielandschaft wahr, der ihn an Wiesen, Staub und wildem Thymian erinnerte. Je näher er den Skelettkriegern kam, desto mehr wurden seine Sinneseindrücke von einem penetranten Odeur überlagert. Stechend süßlich und übelkeitserregend, der Gestank nach Verwesung. Zamorra schluckte und unterdrückte den Würgereiz.

Instinktiv griff er in sein Hemd und holte das Amulett hervor, das auch außerhalb des Zuges keine Ruhe gab. Es witterte die akute Gefahr.

Kein einziger Untoter rührte sich, während ihre leeren Augenhöhlen den näher kommenden Professor anstarrten. Eine Krähe flog über die Prärie und stieß ein heiseres Krächzen aus. Zamorra fiel ein Skelett an vorderster Front auf, das größer als die übrigen war. Der Schädel der Kreatur war deutlich langgezogener als der eines Menschen. Es schien sich um ein Exemplar der Langschädel zu handeln, die immer wieder bei Ausgrabungen gefunden wurden.

Der Federschmuck des auffälligen Indianers war noch prächtiger als der seiner Stammesbrüder, sodass es sich höchstwahrscheinlich um den Häuptling handelte. Ruckartig erhob sich der linke Arm des Skeletts und es deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger unmittelbar auf den Meister des Übersinnlichen.

Er deutet nicht auf mich, er meint Merlins Stern. Plötzlich schlugen Zamorra solche Kräfte entgegen, dass er eine Gänsehaut bekam. Er ahnte, dass diese Kälte keine physische, sondern eine übernatürliche Ursache hatte. Es war die mentale Projektion des Indianerhäuptlings, und mit einem Mal verstand er, in welcher Gefahr sie sich befanden. Nur die Silberscheibe auf seiner Brust stand zwischen ihnen und dem eiskalten Zorn der Untoten auf alles Lebende. Die Kraft einer entarteten Sonne war der einzige Grund, weshalb die Armee der Skelettkrieger nicht angriff.

»Ich bin Cato, Häuptling der Kiowa-Pomo. Verschwinde von hier, Hexer. Wenn sich unsere Wege erneut kreuzen, rettet dich auch nicht das Artefakt auf deiner Brust!«

Der Parapsychologe hielt dem Blick des Häuptlings stand und nickte. Er hatte die telepathische Botschaft verstanden. War der Ausflug in diese Dimension bisher eine willkommene Abwechslung gewesen, hatten sich jetzt die Vorzeichen verändert. Sie mussten dringend den Weg zurück finden, denn in dieser Welt waren sie Fremdkörper. Behände kletterte er wieder in die Lokomotive.

»Was ist bei eurem kleinen Schwätzchen herausgekommen?«, fragte Nicole.

»Der große Kerl mit dem langgezogenen Schädel heißt Cato und ist Häuptling dieser verwesten Armee. Merlins Stern hat uns den Allerwertesten gerettet. Cato scheint panische Angst davor zu haben, deshalb lässt er uns ziehen.«

»Cato?«, stieß das Geistwesen am Führerstand aus.

»Sie haben von ihm gehört?«

Der Lokführer nickte bestätigend. »Ich habe ihn für einen Mythos gehalten. Nie hat jemand eine Konfrontation mit ihm überlebt!«

Ryan schmunzelte. »Und wie kommt es dann, dass es Berichte über den Knochenmann gibt?«

»Das können wir später besprechen. Bringen Sie uns hier weg, Jim. So schnell es geht!«

Der Lokführer und sein Heizer machten sich ans Werk. Langsam setzte sich der Geisterzug rückwärts in Bewegung. Mit jedem Zentimeter, den sie auf die Skelettkrieger gut machten, hob sich die Stimmung in der Lok.

»Weißt du, woran mich die Begegnung gerade erinnert?«

Nicole schüttelte den Kopf. »Sag es mir, Chef.«

»Auch wenn es sich verrückt anhört, ich musste an ein Videospiel denken, in dem sich Spieler in Kartenbereichen bewegen, an denen sie sich nicht aufhalten sollten.«

»Du meinst eine Art Beschränkung der Spielwelt?«

Zamorra nickte.

Nach endlosen Minuten erreichten sie eine Weiche, und der Zug wurde gestoppt.

»Klettern Sie mal raus, mein Sohn, und ziehen Sie kräftig am Hebel«, wurde Ryan vom Lokführer beauftragt.

Es sah aus, als wollte Ryan die Augen verdrehen, ließ es jedoch bleiben und erfüllte seine Mission. Kurze Zeit später nahm der Geisterzug wieder Fahrt auf und dampfte mit voller Kraft ins Ungewisse.

Mortimer Cox betrachtete zufrieden die Barriere auf den Schienen. Sie bestand aus Holzbalken, Heuballen und wenigen gusseisernen Elementen, die sich die Bande zusammengeklaut hatte. Auf den ersten Blick wirkte die Barriere stabiler, als sie tatsächlich war. Optik war eben alles. Der Zug konnte das Hindernis mühelos durchbrechen, was aber der Lokführer von Weitem nicht erahnen konnte.

Gelassen blickte der große Mann mit dem Dallas Hat nach Norden. Von dort aus würde der Zug angerast kommen. Die Schienen führten aus einer engen Kurve aus den Ausläufern des Gebirges hinaus. Dem Mann am Führerstand würde wenig Zeit bleiben, um ein Bremsmanöver einzuleiten. Zur Sicherheit hatte Cox einen seiner Männer direkt am Kurvenausgang postiert, der den Lokführer durch Winken warnen sollte. Es wäre doch schade, wenn der Zug nicht stehen bleiben würde, mit all dem Gold im hinteren Waggon.

»Bist du wirklich sicher, dass die Lejano Company das Gold aus der Mine in Rocky Beach mit diesem Zug wegschaffen will?«, fragte Albert Fowler. Cox´ rechte Hand stieg von seinem Hengst, mit dem er das Einsatzgebiet nach ungeliebten Überraschungen abgesucht hatte.

Cox zog grinsend eine Augenbraue in die Höhe. Die Information stammte direkt von einer undichten Stelle innerhalb der Company. Letztlich konnte man jeden Mann kaufen, entweder mit Frauen, mit Geld oder nötigenfalls mit beidem. »Das Gold ist im Zug, drauf kannst du Gift nehmen!«

Mortimer Cox hatte sich breitbeinig vor dem Hindernis aufgebaut, klappte seine goldene Taschenuhr auf und beobachtete das Ziffernblatt. Genau in diesem Moment hörte er das Schnaufen des nahenden Zuges und sah die Dampflok aus der Kurve kommen. Pünktlich auf die Minute, dachte er und steckte die Uhr wieder ein. Grinsend nahm er die Winchester in beide Hände, setzte den Kolben gegen die Schulter und tat so, als würde er auf das Führerhaus zielen. Auch das gehörte zu seiner wohlkalkulierten Show und sollte die Unüberwindbarkeit des Hindernisses noch unterstreichen.

Die Lokomotive stieß einen warnenden Pfiff aus, Cox sah jedoch mit bloßem Auge, dass der Zug abgebremst wurde. Blitzschnell warf er einen Blick zu seinen Leuten. Sie hatten genug Maultiere, um die Goldbarren wegschaffen zu können. Außerdem hatte er einige der besten Schießer angeheuert, die man für Geld bekommen konnte. Alles war vorbereitet, jede Eventualität bedacht. Dieser Fischzug musste einfach funktionieren. Trotzdem schwitzte Cox, und er musste die Flinte fester packen.