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Wo liegt die Österreichische Schweiz? Was macht der Nebelstecher? Was sehen die Ochsenaugen? Oder: Was passiert auf dem Tatort Hohe Warte? Antworten auf diese und andere Fragen, die sie sich bestimmt noch nie gestellt haben, finden sie in diesem kleinen Vademecum. Daheim auf dem Sofa oder tatsächlich unterwegs in Österreich zu vergangenen oder noch lebendigen exotisch-ethnografischen Ereignissen und Geschichten; Ob Fremdenführer, Kulturpolitiker, Journalist, Architekt oder einfach nur Reisender in Sachen Heimat, dieses Buch führt Sie hinein in die bunte Welt kultureller Besonderheiten, regionaler Eigentümlichkeiten austriakischen Charmes. "Bahö" ist ein Begriff, der ursprünglich aus dem Rotwelschen, einer Gaunersprache, kommt. In Ostösterreich bis ins Salzburgische hinein und in den Süden bis Kärnten kennt man das Wort, das Lärm, Krach, Wirbel, Aufsehen bedeutet.
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Seitenzahl: 299
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Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2014 Verlag Anton Pustet
5020 Salzburg, Bergstraße 12
Sämtliche Rechte vorbehalten.
Lektorat: Martina Schneider
Layout und Grafik: Nadine Löbel
Coverfoto: Tanja Kühnel
eISBN 978-3-7025-8002-5
Gedruckte Version ISBN 978-3-7025-0749-7
www.pustet.at
Alle Bilder: Peter M. Kubelka
Liezenkeramik: Privatbesitz, S. 14–15
Maultrommeln: Maultrommeln des Schriftstellers und Almhirten Bodo Hell, S. 40–41 Goldhauben: Privatbesitz Grete Hammel, Obfrau der NÖ-Goldhaubenfrauen, S. 70–71 Buttersemmel: wie im Kaffeehaus serviert, S. 84–85
Haus- und Siedlung: Höfe im Freilichtmuseum Niedersulz/NÖ-Weinviertel, S. 116–117
Suppenprunzer: Privatbesitz, S. 134–135
Doggln: Doggln der Autorin, S. 186–187
Wegweiser in Sachen Heimat
Wo liegt die Österreichische Schweiz?
Was macht der Nebelstecher?
Was sehen die Ochsenaugen?
Was passiert auf dem Tatort Hohe Warte?
Antworten auf diese und andere Fragen, die Sie sich bestimmt noch nie gestellt haben, finden Sie in diesem kleinen Vademecum. Daheim auf dem Sofa oder tatsächlich unterwegs in Österreich zu vergangenen oder noch lebendigen exotischethnografischen Ereignissen und Geschichten.
Ob Fremdenführer, Kulturpolitiker, Journalist, Architekt oder einfach nur Reisender in Sachen Heimat, dieses Buch führt Sie hinein in die bunte Welt kultureller Besonderheiten, regionaler Eigentümlichkeiten austriakischen Charmes.
Elsbeth Wallnöfer
geboren 1963 in Südtirol. Studium in Wien und Graz. Volkskundlerin, Philosophin, Autorin, Filmerin. Beschäftigt sich mit Volksreligion, Volksmedizin, Tracht, Fotografie, Architektur, Wissenschaftsgeschichte. Veröffentlichungen wissenschaftshistorischer und populärwissenschaftlicher Natur. Vorträge bei den Wiener Vorlesungen
Ein Gruß an meinen Vater
Wegweiser in Sachen Heimat
Topoi, Kuriosa, Exotisches
Bräuche, Gebräuche, Gepflogenheiten
Dirndl, Tracht und Mode
Essen und Trinken
Häuser, Höfe, Landschaft
Geschichte(n), profan und sakral
Regionales und Typisches
Literatur
1. Mai14 Nothelfer
AbdeckerAchterlAdlmüllerAdventkranzAdventsingenAidaAllerheiligengebäckAlmAlmabtriebAlmrauschAlpenblumenkeramikAltausseeAltausseer HeischebrauchAltausseer KirtagAmbrosia der WienerAnderl von RinnAndre HoferAngerdorfAnklöckelnAnnasäuleAnstrudelnAntlasseierArbeit macht freiArbeitertrachtenvereinArma ChristiA Sackerl fürs GackerlAschenAshantiÄutl
BabuschnBad Mitterndorfer NikolospielBadschuliBahöBarthlmäschießenBauernhaustypenBauernmöbelBaumwollsuppe und BaumwollmehlspeiseBauopferBeiriedBetthupfalBeugelBeuschlBildstockBimBlockflurenBlunznBockkellerBodensee-RadhaubeBoegBramburiBratwurstdialektBratwürstlsonntagBrautstehlenBregenzer WaldBreinwurstBreissnsachlaBreitangerdorfBrichaBrot- und FleischauswerfenBruckfleischBrummeisenBüchsenmacherBüchsenschäfterBucklige WeltBuffetBummalBurenhäudlBurgenländerBurschenschaftsbrauchtumBuschenschankButtersemmel
Ciao oder TschauColoniakübel
DachDachreiterDachstein-GrenzeDekaD’ HöhDiak, Diaknkölla, DiaknschdeatsDie kleine PratoDiffidomineDirndlDirndlgwandsonntagDistelblauer MontagDogglDonauinselfestDopfnnegaDörferDreikönigssingenDreinagelfreitagDreiseithofDudeln
Ebenseer GlöcklerlaufEdelweißEggerEier im GlasEierschwammerlEierspeisEinhofEinspännerEitrigeEnzianErdäpfelErzherzog-Johann-Haus
FaschingskrapfenFasslrutschenFasten, in der Fasten, FastenredouteFastenkrippenFastentücherFenstaln, FensterlnFesttagsgebäckeFiakerFischotterFlachgauFleckFlinserlFluchtachterlFluignschissFlurdenkmälerFlurformenFlurumgangFogoschFotzhobelFranziskanerFrautragenFrittatensuppeFronleichnamFunkensonntag
GaltalmGanslGanslsuppeGebildbroteGemischter SatzGerstlGewannflurenGlöcklerumzügeGnadenbildGnadenstuhlGolatscheGoldhaubeGrammeln, GrammelbrotGranatGraukrautGreißlerGrubenkrautGruppenhöfeGschnasGspusiGugascheknGurglGusch, guschn
HacklnHaflingaHäfnHahnenschwanzHakenhofHakingaHänsel und GretelHanslweinHaufendorfHaufenhöfeHausbankHaus- und SiedlungsforschungHausfleißHausfriedenHausruckviertelHaussegenHaymonHeilige AnnaHeilige BarbaraHeilige Drei KönigeHeilige GräberHeilige KatharinaHeilige NotburgaHeiligen- und WallfahrtswesenHeilige WarteHeiligenbluter SternsingerHeiligenstriezelHeiliger GeistHeiliger LeonhardHeiliger MartinHeiliger NepomukHeiliger NikolausHeiliger RochusHeiliger WolfgangHeimatschutzHeimatwerkHeldenbergHennenkriegHerrgottswinkelHerz-Jesu-Gelöbnis, Herz-Jesu-KultHetschebetsch-SoßeHeurigerHimmelbrandHirn mit EiHoagaschtHocknschdadHofformenHosenträgerhausHotel KrantzHuangartHüferlHundstoaranggeln
Imster SchemenlaufIndustrieviertelInnviertelInnviertler TrachtengruppeInnviertler Vierseithof
JagateeJakobiranggelnJaukerl, JauggerlJemineJerusalemkreuzJodelnJohannesweinJosef der ArbeiterJudasJungmann & NeffeJungwein, Junker
KäferbohnenKaffeeKaffee verkehrtKaisermelangeKaisersageKaiserschmarrenKaisersemmelKalbsbeuschlKarfiolKaserKathreintanzKatschikistanKellergassenKernölKholonjakhuschnKipflerKirchenräubersepplKirchortKirchweihbaumKirchweilerKlapotetzKleindenkmälerKletzenbrotKochsalatKohlsprossenKolatscheKonduktsemmelKonsulKontragitarreKornblumeKosakKracherlKrampusKrautfleckerlKrauthapplKrenKrimmler TauernKrippenspieleKropfbandlKruckenkreuzKrüglKuh-EuterKunstfleißKürbiskernöl
LandespatroneLändlerLängsangerdorfLängsflurenLanzLeiden-Christi-SingenLegdächerLercherlschaasLiabstattsonntagLichtbratlmontagLiederösterreichLiptauerLobmeyrLodenLuach oder LurchLungauLungauer SamsonLungenbraten
Madln, die drei heiligen MadlnMaibaumMaisässMandlkalenderMariä HimmelfahrtMariahilfMarilleMaronibraterMarterlMartinilobenMärzveigerlMaultrommelnMcTafelschmausMehlspeisenMehrseithöfeMelanzaniMittertennhofMontafon, Montafoner Tracht, Montafoner SauerkäseMostMostviertelMozartkugelMühlviertelMühlviertler HasenjagdMulatschak
NachzipfNagel ChristiNagelenNamenstagNarzissenfestNationalfeiertagNebelstecherNegaNepomukzungeNeujahrsbräucheNeujahrsgeschenkeNikoloNochdsipfNotig oder nodichNuss
ObergaumenObersObers gspritztÖblarner FestspieleOchsenaugenOlahkrautOllaOllakapperlÖsterreichische BegriffeÖsterreichische KücheÖsterreichische SchweizÖsterreichischer WerkbundÖsterreichisch WalhallaÖtztaler Dialekt
PaarhofPalatschinkenPalmbuschen, PalmweihePalmeselumzugPastorellenPatroziniumPatchouliPawlatschn, PawlatschnbühnePechölsteinePerchtPersisches PulverPinzgauPirkerPlotteggsPlumagePongauPöstlingbergPöstlingbergbahnPottensteiner SchwertfegerPowidlPowidltaschgerlPrangstangenPrangtagPratoPreberschießenPulverlPummerinPuschn
Quodlibet von Wien
RapidviertelstundeRätische FlurRaunächteReetdächerReifenbeißerReparaturseidlRibiselRiegelhaubeRosswallfahrtRostbratenRügebräuche
SacherlSacherwürstlSalonSalzburgerSalzburger AdventsingenSalzburger KücheSalzgurkenSandler HinterglasbilderSattler-PanoramaSauerkrautSchädelkultSchani, SchanigartenSchäppelSchbeibm, SchbeibsaggalSchdanitssl, Starnitzl oder StanitzelSchilcherSchindeldächerSchinderSchinderjacklSchinkenfleckerlSchladmingerSchleicherlaufen TelfsSchlögelSchmalangerdorfSchnecken und SchneckenweiberSchneckenkirchtagSchrammelmusikSchüsselrehmSchwaigeSchwaigen-ReigenSchwantzschleudererSchweizerkinderSchwimmschule SteyrSchwoazkapplaSebastiansprozessionSechzehnerblechSeelenbrezelnSeelengebäckSegenSemmelServiceSilvesterbräucheSing mit unsSonnwendfeuerSpeicherSpritzerSt. HanappiSt. JohannerStadtfestStappelnStaubigerStehachterlSteiner Lodenfirma oder Steiner1888SteirerSteireranzugSternsingenSteyrer KripperlStraßendorfStreckhofStreusiedlungStrohdächerStrohrumSturmSubirer, SaubirneSuppenbrunzer
TabaktrafikTaschenfeitel TrattenbachTatort Hohe WarteTaukreuzTennengauThaurer PalmeselThomasnachtTirolerTiroler FasnachtTiroler KücheTirol-PanoramaTogklTopfenTotensemmelTramwayTraunviertelTrestererTrommelweiberTschechernTschick
UntersbergUntersberger MarmorUnterschiedliche ZugsfolgenUrassn
ViechtauViechtauer HausVierkanthofVierseiterViertel ob dem ManhartsbergViertel ob dem WienerwaldViertel unter dem ManhartsbergViertel unter dem WienerwaldVogerlsalatVolkskunstVolksliedVolksmedizinVolksstimmefestVolkstanzVorarlberger VolkstrachtVorsässVotivtafeln, Votivgaben
WachsstockWaffenradWalde SeifenWaldhufenflurWaldviertelWalmdachWalsertalWamprechtsamerWasenmeisterWeichselWeihnachtsstrohWeilerWeinanzeigerWeinhauerhausWeinhüter- und Weinhütertracht WienWeinviertelWeiße NelkeWerndl SteyrWetterläutenWiener JauseWiener KücheWienerliedWiener SchnitzelWiens HetzamphitheaterWinzerkroneWÖKWolfgangihacklWolfgangisegenWollmausWortspende
ZachäussingenZacherlhausZacherlinZauberjacklZaunZeilendorfZellerZwerchhofZwetschkenZwiehofZwölften
Österreichs Identität beruht aufgrund historischer Bedingungen zu einem hohen Anteil auf dem, was man „Volkskultur“ nennt. Angeregt durch Kronprinz Rudolf kam es ab FTF1883 zur Initiative, die kulturellen Besonderheiten der Monarchie in „Wort und Bild“ darzustellen. Heraus kam ein Werk in 24 Bänden, das in den beiden Herrschaftssprachen der Monarchie, Deutsch und Ungarisch, nach und nach veröffentlicht wurde. Das auch als „Kronprinzenwerk“ geläufige Kompendium liefert Informationen über Handwerk, Kleidung, soziale Bedingungen, kurzum Alltagskultur von Ost nach West und von Nord nach Süd. Von Wien und Niederösterreich über Tirol und Vorarlberg bis nach Böhmen, Mähren, die Steiermark, Kroatien, Slawonien, Galizien, die Bukowina, Bosnien und Herzegowina, Ungarn, Dalmatien, Triest, Istrien, Kärnten und die Krain wurden Land und Leute beschrieben. Der erste Band erschien am 1. Dezember 1885, der letzte am 1. Juni 1902. Das „Kronprinzenwerk“ war somit die erste große Volkskunde. Erst in den Jahren zwischen 1938 und 1945 kam es erneut zu Bestrebungen, Volkskultur im großen Stil zu betreiben, allerdings mit einem sehr eingeschränkten, rein germanisch-paganischen Fokus. Viele Forschungen, die in dieser Zeit erfolgten, flossen in den späteren „Österreichischen Volkskundeatlas“ ein. Die „Gesellschaft für den Volkskundeatlas in Österreich“ wurde 1955 gegründet und schuf ein Kartenwerk, das während der Jahre 1959–1979 fertiggestellt wurde und in sechs Lieferungen Eingang in Museen und Büchereien fand.
Die Bedeutung solch dichter Sammlungen und Beschreibungen ist nachhaltig. Die dabei geschaffenen Bilder wiederholen sich, generell werden damit Bräuche und Gewohnheiten, kurzum Lebensstile tradiert. Die Österreichische Volkskultur ist fester Bestandteil der Selbstbeschreibung unseres Landes. Sie ist auch geprägt von einem folkloristischen Habitus und im politischen
Ansehen wird sie hoch bewertet, was zu einer Reihe von Heimatwerken und Volkskulturen (jedes Bundesland hat eine Institution, die sich so nennt) führte. Gefördert werden diese Einrichtungen vom Ministerium und den Länderregierungen. Eines dieser Vorhaben, der inzwischen weit über die Grenzen hinaus bekannte „Steirische Herbst“, geht auf die Erfindung eines Volkskundlers und Politikers, Hanns Koren (1906–1985), zurück. Daraus lernen wir, Volkskultur kann, muss aber nicht reaktionär wirken. Österreichs Volkskultur dient der Bildung von Identität und deren Topoi nähren, wie einst in ihren Anfängen im 19. Jahrhundert, auch die gegenwärtigen Tourismuskonzepte und den Lebensstil quer durch die Gesellschaftsschichten. So kommt es, dass eine Reihe von kulturellen Selbstverständlichkeiten zu Besonderheiten werden, Dirndl, Tracht, Bräuche, Essen und Trinken gerne getragen, gepflegt, genutzt werden. Die hier vorgenommene Einteilung in Dachbegriffe dient der schnellen Orientierung, setzt jedoch voraus, dass sie nicht so eng gesehen werden sollten, wie sie hier abgesteckt sind. So manche Überschneidung wird augenfällig, nachgerade was regionale Spezifika betrifft. Letztlich erzählen alle Begriffe, ob im Osten oder Westen, Norden oder Süden, von der Seele der eigenen Kultur. Sei dies im ordinären Alltag praktiziert oder zu rituellen Terminen wiederkehrend, seien es Geschichten aus der Vergangenheit oder der Gegenwart, wir haben es hier verdichtet mit existenziellen Ausdrucksweisen der Menschen zu tun. Was der Mensch ist und kann, macht diese durchaus vielgestaltige Heimat aus. Je kompetenter wir in Sachen Kultur des Eigenen ausgestattet sind, umso leichter fällt uns das Spiel mit der Differenz. In der Folge verhilft uns diese Kultur, in der wir daheim sind, in der wir uns wohl oder unwohl fühlen und in der wir uns nicht erklären müssen, zu mehr Toleranz und Verständnis.
Topoi sind Plätze, Orte oder im übertragenen Sinn feste Bilder und Stereotype, die man assoziiert, sobald von etwas die Rede ist. Österreich verfügt über eine Reihe solcher Topoi, zu denen auch kleinere Firmen gehören, die vor allem Einheimischen oder Eingeweihten bekannt sind und von diesen auch bevorzugt diskret besucht oder gepflegt werden. Eine kleine Reihe solcher Topoi nationalen Ausmaßes bedarf es hier zu erwähnen. Doch nicht nur Topoi, zu denen man sich ob ihrer Exotik hingezogen fühlt, auch Kurioses und politisch Unkorrektes will hier versammelt sein. In diesen Topoi verdichten sich Sehnsüchte, sie sind die kleinen oder größeren Symboliken, die sich über Sprüche bzw. den Volksmund äußern. Sie offenbaren einen Affekthaushalt, der selten kontrolliert ist, umso unmittelbarer wirkt er. Ob tatsächlicher Ort oder nur sinnbildlicher Ausdruck, ob Redensart oder Objekt, Volkskultur und Folklorismus: Exotisch-kuriose Eigenheiten wollen in diesem Abschnitt angeführt sein.
Das ist der Name einer Konditorei mit mehreren Filialen in Wien, die schon Donuts herstellte, als sie in Europa noch nicht selbstverständlich zu bekommen waren. Sie präsentiert sich als perfekte rosarote Welt, noch dazu von lukullischer Qualität. Das ausschließlich weibliche Personal mit Migrationshintergrund trägt rosa Schürzen und ist, anders als die grantelnden Ober in den Kaffeehäusern, sehr freundlich. Bei „der Aida“ ist sogar das Verpackungsmaterial rosa. Die Mehlspeisen spielen alle Stückerln, wie man hierzulande zu sagen pflegt. Der Kaffee kommt aus der eigenen Rösterei. Es scheint eine sehr demokratische Einrichtung, die sich vom Kaffeehaus darin unterscheidet, dass es nur zwei Zeitungen boulevardesker Natur gibt. Bei Aida hat man stets das Gefühl, man ist bei einer älteren Wiener Dame daheim eingeladen. Unverwechselbar sympathisch ist das obligate Schlagobers auf dem Kaffee. Angefangen haben die „Aidas“ – Josef Prousek, der aus Nordböhmen kam, und seine Frau Rosa, die er in Bruck an der Leitha gefunden hat – im Jahr 1917 mit einem Konditoreibetrieb in der Porzellangasse in Wien-Alsergrund. Fünf Jahre nach ihrer Hochzeit kauften sie den Betrieb. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die beiden elf Filialen in Wien. Nach dem Krieg ging es zwar unter den kriegsbedingten Schwierigkeiten, aber mit viel Elan weiter. Die Umstände ergaben, dass Aida für das Allgemeine Krankenhaus Lebkuchenschnitten und für die Sowjetarmee einige Hundert Torten zu produzieren begann. Auch die Amerikaner griffen auf Aida zurück, und so war es die Aida aus Wien, die hier in Österreich als Erstes auf Wunsch der Amerikaner Dougnaths und Icecream herstellten. In der Aida trifft man nur unkapriziöse bekannte oder kapriziöse unbekannte Menschen. Einer dieser bekannten Menschen ist beispielsweise der Schriftsteller Bodo Hell. Das Unternehmen ist noch immer in Händen der Gründerfamilie Prousek.
Bevor die Alm, die lustigen Geschichten darüber in der Nachkriegszeit und die Almbilder für die Pornoindustrie interessant wurden, war die Alm und die Arbeit darauf ein festgezurrter Rechtsbegriff sowie eine Flurform. Bekannt ist die Alm in der Rechtssprechung als ius alpicolae. Wer wie viel Vieh, wie lange und wohin treiben durfte und wer die Alm zu welchen Bedingungen betreute, war in den bäuerlichen Gemeinschaften rechtsbindend angelegt. Bei Rechtsstreitigkeiten kam es schon einmal vor, dass die eine Gemeinde der anderen Vieh konfiszierte. In so einen Almrechtsstreit war sogar Oswald von Wolkenstein (1376–1445), Schriftsteller und Mann in den Diensten Kaiser Sigismunds, verwickelt.
Milch, Butter und Käse standen dem Bauern zu, den Hirten und Sennen nur bis zum vereinbarten Ausmaß. Eine Alm, die kein Milchvieh führt, nennt sich Galtalm. In der Almwirtschaft trennt man zwischen unteren und oberen, oftmals auch einer mittleren Legestufe. Die oberste Stufe wird in der Regel von Schafen- und Ziegenherden genutzt, während die untere und die mittlere Stufe von der Rinderwirtschaft in Anspruch genommen werden. Almen können Gemeinschaftsalmen, Genossenschaftsalmen, Servitutsalmen (ist im Eigentum der öffentlichen Hand, wird aber von Bauern genutzt) und in den seltensten Fällen Privatalmen sein. Im östlichen Österreich nennt man die Alm Schwaige. Daher kommt der erst jüngst erfundene Schwaigen-Reigen, der Almreigen der niederösterreichischen Volkskultur.
So nennt man die Alpenrose (Heidekrautgewächs), sie war lange Zeit eines der drei nationalen Symbole Österreichs. Almrausch und Enzian sowie das Edelweiß galten für die Alpenrepublik als identitätsstiftend. Während der Nachkriegszeit schossen österreichtypische Souvenirs mit diesen Blumen geradezu aus dem Boden. Aschenbecher oder Schnapsstamperl, von einer Keramikmanufaktur aus dem Steirischen Liezen produziert, kamen massenhaft in Umlauf. Gemeinsam mit Edelweiß und Enzian zierte der Almrausch eine Briefmarke der Österreichischen Post im Jahr 2007.
Als Alpenblumenkeramik bezeichnet man jene Hafnerware, deren Dekor durch Edelweiß, Enzian und Almrausch, aber auch mit Trachtenpärchen besticht. Die AKK, Alpenländische Kunstkeramik Liezen im steirischen Ennstal, steht dafür. Hervorgegangen ist diese Steingutproduktion aus zwei Betrieben während der 1920er-Jahre. Aschenbecher, Vasen, Buchstützen, Figuralkeramiken, Schalen und Schüsseln wurden produziert und mit alpenländischer Flora dekoriert. Die Liezener Alpenblumenkeramik geht auf die Radstädter Keramik zurück. Am Ausgang der 1950er-Jahre leitete die mangelnde Nachfrage ihren Niedergang ein. Neben der Kunstkeramik Liezen gab es noch einige andere Hafner, die ihre Keramiken mit den alpenländischen, als typisch österreichisch geltenden Blumen zierten. Darunter die Firma Gollhammer in Oberösterreich, die noch immer produziert. Geriet diese bisweilen ausnehmend hübsche Keramik in Vergessenheit, tauchte sie während der 1990er-Jahre bei Sammlern zu stolzen Preisen wieder auf.
Der euphemistische Spruch, den alle Welt von Bildern über dem Portal des Konzentrationslagers Ausschwitz kennt, hat seine Wurzeln in einem Bildungsdünkel und Streben, das den Müßigang als verderblich ansieht. Jenen Müßiggang, der im 19. Jahrhundert noch in deutschen Rechtsbüchern als Paragraf zu finden war. Der bayerische Volkskundler Wolfgang Brückner hat sich der Mühe unterzogen, das heikle Thema anzugehen und dabei eine coda von ähnlich lautenden Formulierungen gefunden. Die erste Quelle ist ein in Österreichs Tageszeitung in Folgen erschienener Roman mit dem Titel Arbeit macht frei. Der Puritaner und Engländer Thomas Carlyle (1795–1889), dessen Verleger Karl Robert Langewiesche in Deutschland 1902 eine Auswahl der Arbeiten Carlyles unter dem Diktum Arbeiten und nicht verzweifeln herausbrachte und dessen Schlussworte seiner Antrittsrede als Rektor in Edinburgh daraus stammten, zeigte sicher Wirkung, vor allem im deutschnationalen Milieu. Wolfgang Brückner liefert uns überzeugend den missing link, wie er selbst sagt: Des Pudels Kern liegt im Deutschen Schulverein und dessen angeschlossenem Deutschen Turnerbund, einer Vereinigung, die sich dem großdeutschen Streben aller deutschen Zungen auf dem Kontinent verschrieben hatte und deren Gründungsjahr 1889 ist. Diesen Schulverein gibt es noch immer, er firmiert unter dem Namen Österreichische Landsmannschaft, ist in der Fuhrmannsgasse in der Wiener Josefstadt angesiedelt und alle darin verbundenen oder angeschlossenen Vereine fühlen sich als Grenzwächter des Deutschtums. Werbewirksam operierten sie mit markiger Ikonografie. Zahlreiche Oblaten, Aufkleber, Postkarten mit ebenso wirkungsmächtigen Slogans wurden in Umlauf gebracht. Zusammengefasst lässt sich konstatieren, dass der Slogan in den großdeutschen Köpfen herumspukte. Eine Oblate mit dem Spruch aus einem Stammbuch einer Wiener Dame im Basler Museum für Volkskunde beweist, dass der Spruch allgegenwärtig war und ein Produkt großdeutschen Diktums ist. Die NSDAP, deren Rekruten aus den in Österreich angesiedelten Schulvereinen stammten, adelte die Arbeit und dichtete dem Müßiggang nur Kriminelles an. Sie meinte mit Müßiggang das schöngeistige jüdische Intellektuellentum. Es war, so lässt sich zwingend schließen, der Rückgriff auf ein prägnantes Diktum deutscher Leitkultur, mit dem sich das Hitler’sche Reich, das Juden als arbeitsscheue Tagediebe hinstellte, unvergesslich in die Geschichte einschrieb. Wie unbefangen das ursprünglich als Lob auf die Arbeit Gedachte vor dem Holocaust verwendet wurde, zeigt das Denkmal für den einheimischen Waffenfabrikanten Josef Werndl (1831–1889) in Steyr in Oberösterreich. Auf dessen Sockel steht Arbeit ehrt.
Ist eine Aktion der Stadt Wien zur Beseitigung von Hundekot. Von einer Elterninitiative angestoßen, griff die Stadt Wien den Ärger auf und erfand den Hundesetautomaten. Über die Stadt verteilt, liefern diese Automaten Plastiksackerln, in denen die Hundebesitzer die Hinterlassenschaft ihres Vierbeiners verpacken können, um sie letztlich in den Mäulern der Mülleimer verschwinden zu lassen. Auf der Homepage der Stadt Wien können Hundebesitzer eine laufend aktualisierte Liste der Hundesetautomaten finden.
Ob Sie es glauben oder nicht – bis in die Zeit des Anschlusses an Hitlerdeutschland im Jahr 1938, war Patchouli (Pogostemon), der spätere für die Hippiebewegung charakteristische Duft, in Wien gern genutzt. Sowohl als Parfum als auch als Kraut im Kleiderschrank verstaut, half es angeblich gegen Motten.
Ist ein Begriff, der ursprünglich aus dem Rotwelschen, einer Gaunersprache, kommt. In Ostösterreich bis ins Salzburgische hinein und in den Süden bis Kärnten kennt man das Wort, das Lärm, Krach, Wirbel, Aufsehen bedeutet.
Als Betthupfal wird im Wienerischen sowohl die Verabreichung einer kleinen Süßigkeit vor dem Zu-Bett-Gehen, als auch ein erotisches Ereignis bezeichnet. Ein Betthupfal meint eine Frau, die man sich mit ins Bett nimmt.
Thematisch in eine andere Richtung ging das „Betthupferl“, eine Kindersendung, die bis vor einigen Jahren im ORF ausgestrahlt wurde.
Ist die Abkürzung des Lexikons der besten österreichischen Gastfreundlichkeit. Es ist Ausdruck der Fähigkeit, im Österreichischen Steigerungsstufen einzuführen, wo es entweder keine gibt oder man wünscht, die Steigerung möge ganz einfach bereits die Norm sein. Edelgastronomen führen dieses Lexikon.
So nannte der deutsche Schriftsteller Johann Gottfried Seume (1763–1810) den Wiener Dialekt. In Seumes Spaziergang nach Syracusa von 1802 beschreibt der reisende Deutsche ein Gespräch mit dem Wiener Polizeipräsidenten wie folgt: „Währ üs Aehr?“ fragte er mich mit einem stier glotzenden Molochsgesicht in dem dicksten Wiener Bratwurstdialekt. Das geradezu humoresk wirkende Gespräch lohnt sich, in seiner Länge gelesen zu werden, weil es durchaus auch in der jüngsten Vergangenheit stattgefunden haben könnte.
Den Bratwürstlsonntag gibt es in Oberösterreich. Er ist die Bezeichnung für den ersten Adventsonntag, der als einer der ersten Schlachttermine in der Vergangenheit galt, um das Fleisch rechtzeitig bis Weihnachten räuchern zu können. Darüber hinaus schlachtete man bis zur Erfindung des Kühlschranks erst in den kühlen Tagen. So gab es am ersten Adventsonntag die ersten frischen Würste.
Am 25. April 1792 huldigte Wien nach alter Sitte, aber ohne die alten verschwenderischen Gebräuche des Brod- und Fleischauswerfens und Weinrinnens. Auf Anordnung des Monarchen wurde das hierzu bestimmte Geld den Armen übergeben, heißt es in einer Huldigungsschrift für Kaiser Franz I. von einem gewissen Karl Ludwig Schöpfer aus dem Jahr 1840. Offensichtlich gab es bis zum Verbot die Sitte, Naturalien an die Armen zu verteilen.
„Ana hod imma des Bummal!“, heißt ein bis in die Schlagerkreise hinein bekanntes Wienerlied. Der Verlierer beim Karten- oder Kegelspiel bekommt ein „Bummerl“, es wird ein Kreis oder dicker Punkt gemalt.
Darüber hinaus war ein Bummal eine andere Bezeichnung des Schanis, also einer sanftmütigen Person, die mit niederen Diensten befasst war.
Das war bis Anfang der 1920er-Jahre in Wien ein Gruß unter Offizieren. Diese brachten das schiavo, das Sklave bedeutet oder salopper auf Wienerisch formuliert gschamster Diener meint, von ihrem Militärdienst aus dem Venezianischen mit. Nach dem Verlust der italienischen Gebiete nach 1918 geriet der Gruß in Vergessenheit. Inzwischen hat sich das Ciao mitsamt der Kaffee- und Pizzakultur epidemisch über ganz Europa verteilt.
„Diak“ bedeutet im Wienerischen: Türke. Die Legende sagt, es hätte zur Zeit der Türkenkriege ein Gasthaus in Wien/Innere Stadt gegeben, bis zu welchem die Türken einen unterirdischen Gang gegraben hätten und der von einem Bäckerjungen entdeckt worden sei. Dieses Gasthaus wurde daraufhin „Türkenkeller“ genannt. Der Diaknschdeats wiederum ist eine Art Schmarren aus Maisgries.
Nur mehr die Alteingesessenen kennen die Wendung und benutzen sie, um damit einem Thema einen ebenso würdigen wie apodiktischen Schluss zu geben. Wort und Vorstellung leiten sich vom lateinischen laus tibi domine, dem „Lob sei Dir Herr“ am Ende des einst lateinisch abgehaltenen Gottesdienstes, ab.
Der Distelblaue Montag ist in Wien das, was im Oberösterreichischen der Lichtbratl-Montag ist. Im Kaasgraben in Wien Grinzing feierten noch 1927 die Fiaker, Tischler und Waschweiber unmittelbar nach Michaeli, Ende August, diesen bei einem Fest. Es gab ein richtiges volksspielerisches Treiben, dessen Hauptfiguren sogenannte Planetenweiber waren. Diese waren mit Perücken aus Werg und mit Kunstblumen verzierten Hauben geschmückt, auffallend geschminkt und zogen mit Kleidern aus Spielkarten am Leib durch die Feiernden. Diese Frauen bezeichneten sich selbst als Agnes und bezogen sich damit auf eine örtliche Sagenfigur. Das gleichnamige Agnesbrünnl war ein Ort der Weissagung. Dort sollen sich die Lottobuchteln, Frauen, die Lotto spielten, getroffen und übernachtet haben, in der Hoffnung, von den richtigen Lottozahlen zu träumen. Der Einzige, der reich damit wurde, war der Wirt des Gasthauses Agnesbrünnl. Im 19. Jahrhundert soll die Quelle unter dem Vorwand, hier würde Zauberei betrieben, auf Anordnung des Pfarrers zugeschüttet worden sein.
Das Kompositum besteht aus den Begriffen „Topfen“ und „Neger“. Politisch gar nicht korrekt meint meine Nachbarin, eine gestandene Wienerin, einen sehr weißhäutigen Menschen damit.
Der Wiener Dudler ist eine dem älplerischen Jodeln ähnliche Form des Gesangs. Vermutlich, aber nicht gesichert ist, dass es im 19. Jahrhundert im Zug der Wanderschaft der Tiroler in die kaiserliche Hauptstadt, die dortselbst ihre Jodler dargebracht hatten, zur Entwicklung dieses gutturalen Gesanges kam. Gewöhnungsbedürftig und wunderbar exotisch ist das Wiener Dudeln, das immer noch bei ausgewählten Heurigen zu hören ist und dessen letzte große Dudlerin, Trude Mally (1928–2009), dies noch von ihrer Tante überliefert bekam. Inzwischen wird das Dudeln von Agnes Palmisano sogar in Kursen gelehrt. Weil das Dudeln tatsächlich eine hohe Kunst wie eine Rarität ist, zählt es zu Recht zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Das Edelweiß galt der Alpenrepublik nach 1945 als nationales Symbol, immerhin fand es auf ewige Zeiten Eingang in die Geschichte der nationalen Währung. Im September 1959 prägte die Republik die Ein-Schilling-Münze mit einem Bund Edelweiß. Die Zwei-Cent-Münze des Euro wiederum wurde in Erinnerung an den Schilling mit dem Edelweiß geprägt und zusammen mit Enzian und Almrausch findet man es als Ausdruck alpiner Kultur auf einer Briefmarke der Österreichischen Post. Schon während der Zwischenkriegszeit ist das Edelweiß im Verbund mit Enzian und Almrausch Teil der Liezener Alpenblumenkeramik, die ihre Vasen, Schüsseln und Buchstützen mit derlei Motiven dekoriert. Im Heimatroman und in Sagengeschichten oder bei den militärischen Gebirgsdivisionen begegnet einem das Edelweiß als Treuesymbol. Eine in Stuttgart mehrfach aufgelegte Lyrik-Sammlung aus dem Jahr 1870 versammelt romantische Lyrik unter dem Titel Edelweiss. Für Frauensinn und Frauenherz. Es war nicht ungewöhnlich im überaus romantischen 19. Jahrhundert, unter dem Dachbegriff „Almrausch und Edelweiß“ dramatische Geschichten, die im Alpenland angesiedelt waren, zum Gegenstand lieblicher Erzählungen zu machen. Sogar eine Widerstandsgruppe suchte sich den Namen Edelweiß aus. Das Edelweiß ist auch ein überaus beliebtes Pflänzchen bei Parteien, Militär und Bergsteigervereinigungen.
Egger Sportgummi und Eibischteig konnte man vor dem Niedergang der Programmkinos in jedem Wiener Lichtspielhaus kaufen und es war jedem Wiener Kind und Erwachsenen während eines spannenden Films ein Bedürfnis, diese zu kauen oder zu lutschen. Der Süßwarenerzeuger Isidor Egger gründete 1870 seine Firma, seine Frau übernahm als Witwe im Jahr 1899 das Unternehmen und führte es fortan als A. Egger’s Sohn weiter. Unter ihr wurde die Süßwarenfabrik kaiserlicher und königlicher Hoflieferant. Noch in den 1930er-Jahren trennte man die Firma in einen chemisch-pharmazeutischen und einen Süßwarenbereich. Während der NS-Zeit wurde die Firma kommissarisch verwaltet. In den 1980er-Jahren ging Egger an einen langjährigen Mitarbeiter. Im Jahr 2007 übernahm eine internationale Süßwarenfirma mit Sitz im oberösterreichischen Linz das ursprünglich in Nussdorf in Wien angesiedelte Unternehmen. Der Name Egger blieb erhalten, er trägt ikonografisch einen dezent patriotischen Zug. Die österreichische Fahne liegt über den beiden Buchstaben gg von Egger. Die bekanntesten Produkte sind besagter Sportgummi, Eibischteig, Rachenputzer, Wiener Kreuz und Hustinetten.
Wie das Edelweiß gehört der Enzian zur nationalen Ikonografie Österreichs. Als Zeichen für eine gesunde Natur, die man mit dem kleinen Land verbinden sollte, kam er auf die österreichische Ein-Cent-Münze des Euro.
Ein Fleck hat im Wienerischen mehrfache Bedeutung. Es kann eine Mehlspeise (Zwetschkenfleck), Kaldaunen (Kuttelfleck), eine Ortsbezeichnung und die schlechteste aller Noten, ein „Fünfer“, damit gemeint sein. Mit bis zu drei Fleck im Zeugnis gibt es einen Nachzipf oder Nochdsipf.
Granaten sind die Rubine der Volkskultur. In Weingegenden kommen sie häufiger vor. Man nannte sie auch Karfunkel. Ihre Farbe und Struktur erinnern an Granatapfelkerne. Der blutrote Stein war im 19. Jahrhundert das beliebteste und am meisten verarbeitete Mineral bei der Herstellung von Schmuck auf dem Gebiet der Österreichischen Monarchie. Der böhmische und tirolische (südtirolische) Granat fanden dabei Verwendung. Das, was wir heute Trachtenschmuck nennen, bestand vielfach aus Granat. Ohrringe, Kropfbandl, Ketten zierte Granat. Die abergläubischen Deutungen zu diesem Stein sind reich. Nach dem Prinzip des similia similibus hilft der Stein gegen oder für alles, was mit Blut (Herzleiden) zu tun hat. In Tirol hilft er bei Gericht, auf Reisen und gegen Depression.
In Ostösterreich nennt man den Gemischtwarenhändler Greißler. Ganz wenige davon gibt es noch. Jene, die Beständigkeit bewiesen haben, öffnen zeitig früh und werden von Müllmännern und anderen Frühaufstehern auf eine Wurstsemmel besucht. Die Greißlerin war bis zum Aufkommen der Lebensmittelketten im Wiener Stadtbild allgegenwärtig und oftmals ein Faktotum, was wohl der Grund dafür ist, dass so manches Volkslied von der Greißlerin singt. Die Greißlerin thut ihr’n Alten grad a Predigt halten, heißt es in einem der vielen Lieder zu diesem Thema. Es gab in der Vergangenheit öfter Beschwerden über nicht geeichte Messbecher bei Greißlern. Ab dem Jahr 1820 war ihnen ausdrücklich verboten, Mohnköpfe zu verkaufen, allerdings war es möglich, Bier und Wein (seit 1793) auszuschenken.
Was in Tirol die Fluignschiss, sind im Osten Österreichs die Gugaschekn. Hergeleitet von den Flecken des Kuckucks, werden die auch als Sommersprossen bekannten Tüpfelchen auf der Haut als „Gugaschekn“ bezeichnet.
Wird man in Wien angeherrscht zu guschn, sollte man ruhig sein. Der Begriff ist eine Abwandlung vom französischen couche. Mittlerweile verbreitet sich der Begriff über ganz Österreich, was vermutlich mit dem Zu- und Rückzug der Studenten zu tun hat.
Ist einer im Häfn, hat er nix zu lachen, denn dann befindet er sich im Gefängnis. Abgeleitet vom mittelhochdeutschen Begriff für Gefäß, zeigt uns die Anlehnung, dass man sich rundum hinter abgeschlossenen Mauern befindet.
Hänsel und Gretel sind, neben zwei bekannten Märchenfiguren, zwei Orang-Utans, die 1895 im kaiserlichen Tierpark, auch Menagerie genannt, in Schönbrunn angeliefert wurden und unmittelbar darauf erkrankten. Ein Jahr nach ihrer Ankunft und Erkrankung in Wien wurden beide mit ihrem Tierwärter, einem Herrn Pfeiffer, in einer Wiener Zeitung als gesundet abgebildet. Sie verloren während ihrer Krankheit die Haare, die ihnen jedoch wieder nachwuchsen, so die Nachricht.
Als heilige Warte oder auch als Tatort Hohe Warte bezeichnen die Fans des First Vienna FC 1894, Österreichs ältesten Fußballclubs, ihr Heimatstadion im 19. Wiener Gemeindebezirk. Am Beginn seiner Erfolgszeit 1921 war es das modernste Stadion auf dem Kontinent, was längst nicht mehr gilt. Im Früh- oder Spätsommer kann man dort, so man nicht im überdachten Fanblock mit der Menge wiegt, die schönsten Wetterstimmungen im Freien genießen. In der Zwischenkriegszeit gab es im Stadion auch Boxkämpfe und sogar Opernaufführungen.
So nennt man im Osten Österreichs die Königskerze. Man nutzte die in Pech getauchte Pflanze bis ins 20. Jahrhundert hinein als Fackel bei Flurumgängen und Bittprozessionen, vorwiegend an Mariä Himmelfahrt, dem höchsten Marienfeiertag.
Mit Hoagascht meint man eine in Bayern, Tirol inklusive Südtirol und im Salzburgischen friktionsfreie, gemütliche Unterhaltung außerhalb der eigenen vier Wände. In den letzten Jahren begann man, Musikantentreffen auch als Hoagascht zu benennen, um damit auf die zu erwartende Behaglichkeit anzuspielen. Hoagascht, auch Huangart, klingt je nach Region anders, meint aber stets ein angenehmes Beisammensein. Seine etymologische Herkunft führt zurück in das Mittelhochdeutsche. Der Experte für süddeutsche Mundarten Johann Andreas Schmeller (1785–1852) führt an, dass man am Gebirg das Verb zur Beschreibung für traulich kosen nutzte. Radio- und Fernsehsender benennen Sendungen danach, sogar Wirtshäuser werden so getauft. Begriff und Vorstellung kommen vom deutschen Wort Hoam und Gard (Umfriedung, umfriedeter Platz, Haus, Hof), was Heimat meint und von der Praxis, auf der Hoamgartenbank gesellig, heimelig zusammenzuhocken, zeugt. Das Heimgartengehen, das Gasslgehen zwischen jungen Frauen und Männern, bei dem die Jungen sich in der Dunkelheit unterhielten, wurde sogar in der einen oder anderen Polizeiordnung im 18. Jahrhundert erwähnt und darin verboten.
Ist ein sehr plastisches Wort für „arbeitslos sein“. Es vermittelt, dass die Hockn, das Beil bzw. das Handwerkszeug, schdad, also ruhig, unbewegt ist. Hackln hingegen ist das Tunwort für arbeiten. In Wien hacklt man, wenn man arbeitet.
Ein Jaukerl ist kein lustiger Mensch, kein Trachtenjanker, keine Wurst. Im Wienerischen nennt man eine Spritze so.
Der Bedauerlichkeit ausdrückende Ausruf „Oh, Jemine!“ rührt vom lateinischen Jesus domine und zeigt einmal mehr, wie die einstmals lateinische Herrschaftssprache der Kirche ihre Spuren im Alltag der einfachen Leute hinterlassen hat.
Der Judas befindet sich vornehmlich in Neu- oder Gemeindebauten in der Türfüllung. Es ist das andernorts „Spion“ genannte, kleine Bullauge. Friederike Mayröcker, die grande dame der österreichischen Literatur, schreibt: mein Herz zitterte, ich schlich zur Wohnungstür und lugte durch den Spion oder JUDAS, ob ich jemanden sehen könne der auf dem Korridor sich meiner Tür näherte, ehe der JUDAS erloschen war.
Von 1918 bis in in die 1980er-Jahre hinein wurden in Wien die Müllkübel „Coloniakübel“ und die Müllmänner „Kholonja“ genannt. Abgeleitet ist das Wort von der latinisierten Form des Wortes Köln. Mancher meint, die Kübel kämen aus Köln, und Gert Jonke, der Schriftsteller, gibt an, es käme vom eau de cologne, dem Kölnisch Wasser. Die Wiener Stadtregierung weiß es besser, war sie es doch, die nach dem Vorbild der Stadt Köln Hausgemeinschaften zur gemeinsamen Müllentsorgung zur Verfügung gestellte Kübel in die Häuser stellte. Eine dritte Interpretation, die einer Mundartforscherin, besagt, „Kholonja“ käme von „Kolonie“. Kolonie deshalb, weil Wien es von einem aus Deutschland übernommenen System Colonia abgeschaut hätte. Wie dem auch sei, bei der Einführung gab es zunächst das Problem, dass die Bewohner kaum dazu zu bewegen waren, ihren Müll erst kurz vor den ausgeschriebenen Abholterminen auf die Straße zu stellen – was die Absicht der Erneuerung der Müllentsorgung war. Bis zur Einführung der Kübel nutzte jeder städtische Haushalt das Misddrichal, das „Misttrühlein“, ein Abfallbehältnis mit Deckel, das einmal in der Woche entleert wurde.
So bezeichnet man in Tirol noch immer Joseph II., den Aufklärer und Sohn Maria Theresias. Das besonders habsburgertreue und somit natürlich auch katholische Tirol verlor aufgrund der von Joseph verlangten Reformen Bibliotheken und kunsthistorische Schätze aus Kirchen und Klöstern.
Ist im Osten Österreichs eine Sache von der Größe eines Vogelfurzes, nichts worüber man sich Sorgen machen sollte, eben eine Kleinigkeit.
J. & L. Lobmeyr produzierte zu kaiserlich-königlichen Zeiten bereits hochwertiges Glas, das erstmals 1862 auf der Weltausstellung in London prämiert wurde. Vor allem beeindruckten die Luster. Das Glas wurde in den böhmischen Glashütten hergestellt. Die Brüder Ludwig und Josef Lobmeyr waren die Söhne von Josef Lobmeyr, dem Gründer der Firma. Als dieser 1855 starb, übernahmen seine Söhne die Firma. Mit viel Geschick leiteten die beiden das Unternehmen und führten es zu Glanz. Als Josef Lobmeyr jun. dann nur neun Jahre nach seinem Vater starb, führte Ludwig das Unternehmen allein weiter. Er suchte im Zug der Gründung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie – heute als MAK (Museum für angewandte Kunst) bekannt – stets Verbindung zu den führenden Kunsthandwerkern der Monarchie und somit den engen Kontakt zum Museum und der ungefähr zeitgleich entstandenen Kunstgewerbeschule. Ludwig Lobmeyr leitete damit eine Tradition ein, die noch immer besteht und den Gipfel hochwertigen Kunsthandwerkes bildet. Lobmeyr hinterließ dem Museum zahlreiche Objekte, ebenso wie einer der Fürsten Liechtenstein. Somit verfügt das MAK über eine beachtliche Sammlung. Der Neffe Ludwig Lobmeyrs, Stefan Rath sen. (1876–1960), führte das Unternehmen in das 20. Jahrhundert. Noch immer ist in der Hand der Familie Lobmeyr/Rath, die Künstler zur Zusammenarbeit einlädt und damit eine gewisse Tradition pflegt. Das Haus auf der Kärntner Straße brilliert eindrucksvoll, so als wären die Unpässlichkeiten der Zeit an ihm spurlos vorbeigegangen.
Den Wienern muss man zugestehen, dass sie ausgesprochen begabt darin sind, sehr anschauliche Begriffe für Ereignisse im Alltag zu erfinden. So beispielsweise sagen sie zur Wollmaus, also dem Hausstaub, einer Ansammlung von Haaren und Staub, der sich vornehmlich unter den Möbeln herumschleicht, Luach. Der Begriff kommt nicht, wie wir meinen, vom Lurch, sondern von dem mittelhochdeutschen luren für lauern.
Damit wurde eine ausgelassene Unterhaltung, ein gesellschaftliches Beisammensein, bei dem es laut zugeht, bezeichnet. Das Wort ist eine Entlehnung aus dem Ungarischen. Im Salzburgischen gibt es ein Kartenspiel gleichen Namens.
Wenn meine Nachbarin davon spricht, dass der andere Nachbar nega sei, dann meint sie nicht, er sei ein Schwarzer. Sie sagt vielmehr auf politisch nicht korrekte Weise, der Nachbar sei bar jeden Geldes, nackt eben.
Im Wienerischen meint man mit einem Nochdsipf eine Nachprüfung. Ein Dsipf ist etwas meist spitz zulaufendes, das nachhängt. Die Dsipflarei hingegen meint ein kleinmütiges Gebaren, so erfahren wir bei der bedeutenden Mundartforscherin Maria Hornung. Der Nachdsipf kann so oder so verstanden werden werden.
Das bedeutet im Wienerischen, geizig zu sein.
So nennt man in Ostösterreich ein Präservativ. Viele wissen nicht, dass eine am Praterstern in Wien angesiedelte Firma Namens Olla, die nachweisbar besten Hygienischen Spezialitäten, wie man das um 1912 nannte, produzierte und der Name sich diskret stellvertretend für das Produkt verbreitete.
Sagen die eingeweihten Wiener zu jenen einfachen, rundgehäkelten oder rundgestrickten Mützen, die von der Hip-Hop- oder Rapperszene gerne in Anlehnung an den Olla, das Kondom, getragen werden.
Im Kärntnerischen meinte man einst mit Pawlatschn ein karges, hartes Bretterbett. Im Steirischen einen aus Brettern gezimmerten Verschlag. Das Wort ist ein tschechisches Lehnwort. Dort wird ein einfach gezimmerter Bereich als plavac bezeichnet. Die Pawlatschnbühne ist eine unkompliziert aus Brettern hergestellte Bühne, die vor allem auch für Stegreiftheater genutzt wurde. In den Wiener Innenhöfen waren die Pawlatschen eine umlaufende Verbindung á la Laubengang.
Mariazeller Lebkuchen ist ein Produkt von Österreichs bekanntestem Lebzelter. In den Wallfahrtsorten gehörten die Lebzelter und Wachszieher zum natürlichen Erscheinungsbild. So auch in Mariazell, dem höchst gelegenen und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten österreichischen Wallfahrtsort. Der Erfolg des Pirker-Lebkuchens liegt in seinen nach wie vor verwendeten natürlichen Zutaten. Im steirischen Mariazell pflegt man die Lebkuchentradition noch immer als Handwerk. Dies bedeutet, dass auf industrielle Fertigung verzichtet und vor Ort produziert wird.
Am Pfingstsonntag des Jahres 1898 um 7.36 Uhr erfolgte bei Wind und Schnürlregen die erste Fahrt mit Fahrgästen von Linz-Urfahr auf den Pöstlingberg. Der erste zahlende Gast war der Direktor des Landestheaters. Einen Tag nach Eröffnung der Bahn, am Pfingstmontag, fuhren bereits 844 Personen mit dieser auf den Linzer Hausberg. Die Bahn hat bis heute nichts an Attraktivität verloren und zusammen mit der Grottenbahn bildet sie ein traditionsreiches Vergnügen auf dem Linzer Hausberg, das nichts durch seine Modernisierung verloren hat.
Ist im Wiener Raum kein Pulver, sondern eine Tablette. Als die Wiener Tageszeitung Der Standard am 29. Februar 2012 online über die Steuererklärung des ehemaligen Finanzministers Grasser berichtete, schrieb ein bloggernamens schimmelwange um 17.36 Uhr: GsD hab ich gute Blutdruckpulverl daheim! Auch gegen Kopfweh nehmen Wiener ein Kopfwehpulverl ein und überhaupt hilft schnell mal ein Pulverl, davon singt auch der Wiener Rapper A. Geh Wirklich? in seinem Song Frau Dokta.