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Der weltberühmte Theologe Leonardo Boff stellt in diesem Buch eine originelle Meditationsmethode vor, die er selbst entwickelt hat: die Meditation des Lichts. Das Licht, die für jeden sichtbarste Energie, hat zugleich einen geheimnisvollen Charakter und öffnet den Weg zur Quelle allen Lichts – zu Gott.
Die Meditationsform ist absolut alltagstauglich: Ob nach dem Aufstehen, beim Warten an einer roten Ampel oder während einer kurzen Arbeitspause – überall und in jeder Situation ist sie möglich.
Erkenntnisse der neuen Kosmologie und Hirnforschung liefern eine solide Grundlage für diese Methode. Der Effekt ist unübersehbar: Die Licht-Meditation durchdringt das Leben spirituell, sie stärkt unseren Willen zur Harmonie mit allen Dingen, mit den Menschen und mit Gott.
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Seitenzahl: 105
Aus dem Portugiesischen von Bruno Kern
Meditieren ist wie das Atmen der Seele — so einfach und so lebenswichtig zugleich. Leonardo Boff macht uns hier mit einer Weise der Meditation vertraut, die uns allen möglich ist. Man braucht dazu keine Vorkenntnisse, kein esoterisches Geheimwissen und kein aufwendiges langjähriges Training. Ganz einfache Schritte sind es, die uns helfen, zu uns selbst zu kommen, mit der göttlichen Energie in Kontakt zu kommen, die uns durchdringt und umgibt. Mitten im Alltag, bei einem vollen Terminkalender, mitten in Ärger, Sorgen und Stress und in beinahe jeder Situation lassen sich diese Schritte durchführen.
Lebenswichtig ist die Meditation gerade heute, in einer Zeit, in der uns die Banalität unserer Konsumgesellschaft zu ersticken droht, in der wir uns den Mechanismen, die unser Leben bestimmen, hilflos ausgeliefert fühlen und in der die Gefährdetheit des Lebens uns schier verzweifeln lässt. In der Meditation finden wir zurück zum Quellgrund allen Seins, aus dem alles hervorgegangen ist, der alles im Dasein erhält und in dem schließlich alles seine Vollendung findet.
Die Meditation entfremdet uns nicht der Wirklichkeit, ganz im Gegenteil: Der Kontakt mit der kosmischen Energie in uns lässt uns die tiefe Verbundenheit aller Seinsformen und Lebewesen miteinander empfinden. Wir erfahren, dass wir dem großen Strom des Lebens als ein Teil angehören. So führt uns die Meditation zu einer neuen Haltung dem anderen gegenüber: zu einer Haltung der wachen Aufmerksamkeit, der Achtsamkeit, der Fürsorge für alles Leben, des Respekts vor dem anderen und des empathischen Einfühlungsvermögens. Sie stärkt die Kräfte der Hoffnung in uns, die uns zu einer neuen, verändernden Lebenspraxis verhilft.
Leonardo Boff schöpft hier aus den großen spirituellen Traditionen der Menschheitsgeschichte. Im Westen wie im Osten kam die unstillbare Sehnsucht des Menschen nach dem Unendlichen vor allem in einer Metapher zum Ausdruck: der Metapher des Lichts. Im Hinduismus und im Buddhismus, bei den großen abendländischen Mystikern, in den Texten der Bibel und anderer großer Religionen stoßen wir immer wieder auf dieses Bild, das wohl besonders geeignet ist, das Göttliche in uns und allen Dingen zu veranschaulichen. Die »Meditation des Lichts«, wie sie Leonardo Boff hier vorschlägt, eignet sich bewusst diese Tradition an. Sie ist kein neuer Modetrend auf dem Esoterikmarkt, sondern greift eine Erfahrung auf, die in der gesamten Menschheitsgeschichte eindrucksvoll bezeugt und tief im kollektiven Unbewussten der Menschheit verankert ist. Wer sich auf diese Meditation des Lichts einlässt, der muss seine eigene Tradition auch gar nicht verleugnen, im Gegenteil: Gerade weil diese Metapher in allen spirituellen Traditionen eine so große Rolle spielt, können wir an dem anknüpfen, was uns am meisten vertraut ist. So können Christen zum Beispiel aus ihrem reichen Gebets- und Liedschatz schöpfen, um die Meditation des Lichts einzuleiten und das Kommen des Geistes zu erbitten.
Aber können wir uns denn so unbefangen auf diese uralten Menschheitserfahrungen einlassen und sie in unserem Alltag nachvollziehen? Wir sind es doch gewöhnt und es wird von uns gefordert, uns »rational« zu verhalten, allem mit Argwohn zu begegnen, was uns nicht in Form von harten, beweisbaren Fakten begegnet, was sich nicht als »wissenschaftlich« ausweisen kann. Leonardo Boff weist hier darauf hin, dass uns gerade die Naturwissenschaften, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, eine neue Sichtweise von der Wirklichkeit vermitteln. Die neue Kosmologie war es gerade, die das alte mechanistische und reduktionistische Weltbild überwunden hat und uns neue Dimensionen der Realität erschließt. Die neue Physik, vor allem die Quantenphysik war es, die gezeigt hat, dass sich die Realität nicht »dingfest« machen lässt, dass sie eher als lebendiges Netz von Beziehungen zu verstehen ist denn als undurchdringbare und stumpfe Materie. Und die Hirnforschung hat gezeigt, welche Rolle der Gottesbezug in der Wahrnehmung des Menschen von der Wirklichkeit und von sich selbst spielt.
Gerade als aufgeklärte abendländische Menschen, die der Welt mit Neugier und Erkenntnisdrang begegnen, können wir die göttliche Dimension des Kosmos, der Evolution und unserer eigenen »Conditio humana« neu entdecken. Leonardo Boff nimmt dieses neue Weltbild und diese neuen Einsichten über die Wirklichkeit mit hinein in seinen Vorschlag der »Meditation des Lichts«. Diese Meditation verlangt uns also keine Art Schizophrenie ab und führt uns nicht weg von dem, was unser Leben sonst noch ausmacht. Sie macht uns empfindsam für die vielschichtigen Dimensionen der Wirklichkeit, der wir als ein Teil angehören und die bis in ihre unscheinbarsten Facetten hinein von der Energie durchdrungen ist, die dem »Quellgrund allen Seins« entspringt. Boffs einfache Vorschläge zur Meditation des Lichts verhelfen uns dazu, das Bewusstsein davon in uns wachzuhalten und uns als einen Teil des großen kosmischen Prozesses zu wissen, an dessen Ende das Leben in Fülle steht.
Bruno Kern
Carl Gustav Jung sagt: » Unter allen meinenPatienten jenseits der Lebensmitte, das heißtjenseits fünfunddreißig, ist kein einziger, dessenendgültiges Problem nicht das der religiösenEinstellung wäre. Ja, jeder krankt in letzter Liniedaran, dass er das verloren hat, was lebendigeReligionen ihren Gläubigen zu allen Zeitengegeben haben, und keiner ist wirklich geheilt,der seine religiöse Einstellung nicht wiedererreicht, was mit Konfession oder Zugehörigkeitzu einer Kirche natürlich nichts zu tun hat« (Jung1991, S. 119). Ich meine, dass diese FeststellungJungs völlig richtig ist. Jeder von uns hat diesespirituelle Dimension. Wir sind es gewohnt, unse-re Probleme von einem psychologischen, soziolo-gischen, juridischen und sogar finanziellenStandpunkt aus zu analysieren. Viele unsererÄngste und Krankheiten sind die Folge einerunterentwickelten, blutleeren, entstellten odervöllig verdrängten spirituellen Dimension.Es gibt in uns ein heiliges Feuer, das von derAsche des Konsumismus, des Strebens nachmateriellen Gütern und eines von den wichtigenDingen abgelenkten Lebens in Zerstreuungüberdeckt ist. Es kommt darauf an, diese Aschezu entfernen und die heilige Flamme wieder zuentfachen. Und dann werden wir ausstrahlen undwie eine Sonne sein.
LEONARDO BOFF [Ref 1]
Bevor wir uns dem Thema des inneren Lebens zuwenden, möchte ich in diesem Kapitel zunächst vier Fragen hervorheben, die sich als Stolpersteine, aber auch als Herausforderungen für das spirituelle Leben erweisen können.
Was in der Welt von heute vorherrscht, ist zunächst nicht das innere Leben. Dieses erfordert nämlich ein Ausloten der Tiefe. Doch es regiert die Oberflächlichkeit: nicht Interiorität, Innerlichkeit, sondern Exteriorität, das heißt Orientierung nach außen. Die Welt ist ein Universum voller Apparate, sie ist von allerlei Geräusch durchdrungen, von Geschäftigkeit und Sorge erfüllt. Sie besteht aus Rundfunk, Fernsehen, Handy, Internet, sportlichen Ereignissen und Musikevents, aus Shows jeglicher Art bis hin zu Gottesdiensten, die als Shows inszeniert werden. Alles wird immer noch besser, noch schneller, noch kleiner und führt zur bestmöglichen Kommunikation.
Das Erste, was wir Menschen normalerweise machen, wenn wir von der Arbeit nach Hause kommen, ist, die Musik oder den Fernseher einzuschalten, die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter des Telefons abzuhören oder ins Internet zu gehen, um E-Mails zu lesen, etwas in unseren Blog zu schreiben oder nach Themen zu suchen, die uns interessieren oder einfach unterhalten. Oder wir telefonieren noch mit Freunden.
Wie verschafft man sich die Zeit, den Raum und die Bedingungen, um sich selbst zu begegnen und auf das zu hören, was von innen kommt? Ohne hier verallgemeinern zu wollen, so ist die Folge dieser Lebensweise, welche die vorherrschende Kultur ausmacht, nicht selten eine ungeheure Leere, die eine diffuse, undefinierbare Angst, ein Paniksyndrom und ähnliche Symptome entstehen lässt. Ein sensationelles Ereignis folgt auf das andere, und was bleibt, ist die Erkenntnis, dass im Grunde nichts der Mühe wert ist.
Wir sind ständig mit Dingen beschäftigt und werden von einer ganzen Industrie in Beschlag genommen, die von der Werbung, vom Marketing und von der Vermarktung von Produkten lebt, die wir nicht einmal brauchen: Pauschalreisen, neue Erfahrungen und so weiter. Wo bleibt der Mut, uns selbst zu begegnen? Wann nehmen wir uns die Zeit, um eine Reise in unser eigenes Herz zu wagen?
Die zweite Überlegung betrifft die Rückkehr und Wiederbelebung jeglicher Art von Religion, spirituellen Wegen und der Esoterik: Einerseits gewinnen die traditionellen Religionen mehr Anhänger beziehungsweise erneuern sich, andererseits entstehen neue Kirchen, Sekten und neue spirituelle beziehungsweise mystische Richtungen. Es gibt mittlerweile keinen alten oder modernen Mystiker mehr, dessen Schriften nicht übersetzt und veröffentlicht wurden. Die unterschiedlichsten esoterischen Lehren sind im Umlauf, und zwar in Gestalt von Ratgeber-Literatur, die angeblich unfehlbare Rezepte bieten kann, um jemanden ohne große Anstrengung glücklich zu machen.
Diese Rückkehr des Religiösen oder Mystischen enthält aber durchaus gute Elemente, denn sie führt dazu, dass die Menschen eine Dimension wiederentdecken, die innerhalb der modernen Welt verschüttet war und die den Sinn des Lebens in sich birgt.
Viele dieser Erfahrungen hat sich jedoch der Markt angeeignet, der aus allem ein Geschäft macht und jede Gelegenheit nutzt, um Profit herauszuschlagen. Die Religion wurde zur Ware. Menschliche Bedürfnisse, das Gefühl der Einsamkeit und Gefährdetheit werden genutzt, um Heilmittel dagegen anzubieten, die unmittelbar und auf wunderbare Weise wirken sollen. Via Fernsehen oder Massenveranstaltungen, wo Abertausende von Menschen zusammenkommen, werden wahrhafte religiöse Spektakel organisiert und berühmte Prediger und Sänger engagiert, die allesamt wahre religiöse Unterhaltungskünstler sind.
Die charismatische Gestalt des Papstes Johannes Paul II. hat der Religion als Spektakel zu Legitimität verholfen. Wohin er auch kam, er mobilisierte stets die Massen. In seinem Kielwasser schufen zahlreiche Gruppierungen der römisch-katholischen Kirche wie die charismatische Bewegung und neue Laienbewegungen für die Evangelisierung Radio- und vor allem Fernsehprogramme, in denen die »Aerobic Gottes« propagiert und starke Symbole verwendet wurden, die die Massen elektrisierten. Auf diesem Gebiet weisen die Ausdrucksformen evangelischer und katholischer Charismatiker verschwindend geringe Unterschiede auf. Im Grunde folgen sie derselben Logik und bedienen sich derselben medialen Inszenierung.
All dies gehört der äußeren Welt an. Es weckt die unterschiedlichsten religiösen Gefühle, doch es hat noch nichts mit dem inneren Leben zu tun. Wo bleibt bei dieser totalen Veräußerlichung die persönliche Begegnung mit Gott? Wo bleibt die Wahrnehmung unserer Verbundenheit mit dem umfassenden Ganzen? Wo bleibt die Gemeinschaft mit allen übrigen Lebewesen und Seinsformen, in denen der Geist ebenso wirkt? Wie treten wir in der Haltung der Achtsamkeit und Verantwortlichkeit mit der Mutter Erde und mit denjenigen ihrer Söhne und Töchter in Beziehung, die am meisten leiden? Hören wir das »Ich« tief im Inneren?
Die Suche nach innerem Frieden und eine gelebte Spiritualität verzichten auf jede Form von Spektakel. Doch wenn wir bei diesen Gelegenheiten eine spirituelle Erfahrung gemacht haben, dann hat diese Bestand, auch wenn das Spektakel bereits vorbei ist! Gottesdienste zu besuchen, an religiösen Events teilzunehmen, vor dem Altar zu singen und zu tanzen — all das macht aber noch keine Spiritualität aus. All das verbleibt noch innerhalb der Sphäre der religiösen Ausdrucksform, eine Kultur im Gegensatz zur lokalen, bestehenden Kultur zu schaffen. Spiritualität hingegen ist die Dimension des zutiefst Menschlichen, das, was wir das »innere Leben« nennen.
Die dritte Überlegung geht von der Beobachtung aus, dass überall auf der Welt, sozusagen als globales Phänomen, eine aufrichtige, durchlittene Suche nach dem inneren Leben neu entsteht. Menschen treffen sich, um nach dem Sinn des Lebens zu fragen, um das Paradigma unserer konsumistischen Kultur der Kritik zu unterziehen — ein Konsumismus, der soziale Ungerechtigkeiten und Raubbau an der Natur hervorbringt. Menschen treffen sich, um sich die Frage nach dem Schicksal der Menschheit zu stellen, die heute das Stadium der Globalisierung erreicht hat; sie fragen nach der Zukunft unseres Planeten, der aufgrund der ökologischen Krise und des ungebremst fortschreitenden Klimawandels großen Veränderungen unterworfen ist. Wie kann man die Familie heute, insbesondere nach dem Wegfall der Gestalt des Vaters, neu definieren? Wie kann man beten, meditieren und in Gemeinschaft mit Gott treten?
Ein Weg ist es, Erfahrungen miteinander auszutauschen, sich mit spirituellen Texten aus der großen Überlieferung der Menschheit oder aus jüngerer Zeit zu beschäftigen, einander sein Herz zu öffnen, um Ängste und Erfolge miteinander zu teilen. Gelegentlich bilden sich kleine Wahl- und Schicksalsgemeinschaften ...
Für Menschen, die diesen Weg gehen, sind Spiritualität und inneres Leben von großer Bedeutung. Als Folge dessen entsteht einerseits eine gewisse Distanz zur Welt, eine wachsende Abneigung gegen den Konsumismus und gegen das Streben nach materiellen Gütern. Andererseits kann eine solche Haltung zur Pflege immaterieller Güter wie der Stille, des Gebets, der Meditation, der Musik, der Kunst führen, zur Unterstützung einer humanitären Initiative oder gar zur Teilnahme am Leben einer Not leidenden Gemeinschaft.