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Daniel Goleman

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  • Herausgeber: Lotos
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Mit klarem Kopf und unerschütterlicher Ruhe die Herausforderungen des Alltags meistern: Meditation ist erwiesenermaßen das beste Gegenmittel bei Stress und innerer Anspannung! In einer einzigartigen Verbindung von buddhistischer Weisheit und modernster Forschung erschließen zwei renommierte Experten die heilsame Kraft der Meditation. Bestsellerautor Daniel Goleman und der tibetisch-buddhistische Meditationslehrer Tsoknyi Rinpoche präsentieren verblüffend einfach anwendbare Übungen, die auf bahnbrechenden neurowissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Mit ihrer Hilfe werden Stress und mentale Blockaden überwunden, und der unruhige Geist findet zu der Klarheit, Stärke und Gelassenheit, die wir in unserem hektischen Leben so sehr benötigen.
Ein praktischer Leitfaden, der völlig neue Möglichkeiten der Meditation eröffnet – sowohl für erfahrene Meditierende als auch für Meditationsanfänger.

  • So gelingt Meditation wirklich jedem: Das ultimative Praxisprogramm für geistige Klarheit, Gelassenheit und mentale Stärke
  • Zwei weltbekannte Experten verbinden moderne Wissenschaft mit der uralten Weisheit des tibetischen Buddhismus

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Seitenzahl: 262

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DASBUCH

Mit klarem Kopf und unerschütterlicher Ruhe die Herausforderungen des Alltags meistern: Meditation ist erwiesenermaßen das beste Gegenmittel bei Stress und innerer Anspannung! In einer einzigartigen Verbindung von buddhistischer Weisheit und modernster Forschung erschließen zwei renommierte Experten die heilsame Kraft der Meditation. Bestsellerautor Daniel Goleman und der tibetisch-buddhistische Meditationslehrer Tsoknyi Rinpoche präsentieren verblüffend einfach anwendbare Übungen, die auf bahnbrechenden neurowissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Mit ihrer Hilfe werden Stress und mentale Blockaden überwunden, und der unruhige Geist findet zu der Klarheit, Stärke und Gelassenheit, die wir in unserem hektischen Leben so sehr benötigen.

Ein praktischer Leitfaden, der völlig neue Möglichkeiten der Meditation eröffnet – sowohl für erfahrene Meditierende als auch für Meditationsanfänger.

DIEAUTOREN

Daniel Goleman ist Psychologe, erfahrener Meditationspraktiker und Autor erfolgreicher Sachbücher, darunter der internationale Bestseller EQ – Emotionale Intelligenz. Als Wissenschaftsjournalist für die New York Times wurde er zweimal für den Pulitzer-Preis nominiert und erhielt den American Psychological Association’s Lifetime Achievement Award für seine Arbeit. Golemans Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.

Tsoknyi Rinpoche, geboren 1966 in Nepal, ist einer der bekanntesten und beliebtesten Lehrer einer neuen Generation von tibetisch-buddhistischen Meditationsmeistern. Er unterrichtet seit über fünfundzwanzig Jahren Schüler auf der ganzen Welt und wurde mehrfach von prominenten buddhistischen Lehrern ausgezeichnet, u.a. von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama. Tsoknyi Rinpoche ist der Autor von vier Büchern, die in elf Sprachen übersetzt wurden. Wenn Tsoknyi Rinpoche nicht auf Vortragsreise ist, lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Kathmandu und in Colorado/USA.

Daniel Goleman

Tsoknyi Rinpoche

mit Adam Kane

MEDITIEREN

7 einfache Praktiken für einen ruhigen Geist

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Maike und Stephan Schuhmacher

L o t o s

Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel Why We Meditate bei Atria Books, einem Imprint von Simon & Schuster, Inc., New York, USA.

Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden.

Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr.

Weder Autoren noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gemachten praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2022 by Tsoknyi Rinpoche and Daniel Goleman

Published by Arrangement with Tsoknyi Rinpoche

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2023 by Lotos Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte sind vorbehalten.

Printed in Germany

Redaktion: Jürgen Teipel

Covergestaltung: Guter Punkt, München

Covermotiv: © rudchenko/iStock/Getty Images Plus

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-28580-7V002

www.Integral-Lotos-Ansata.de

Für inneren Frieden, eine friedliche Welt und zum Wohle aller Lebewesen

INHALT

EINS   WASDIESESBUCHIHNENGEBENKANN

ZWEI   LASSESFALLEN!

DREI   BAUCHATMUNG

VIER   SCHÖNEMONSTER

FÜNF   ESSENZIELLELIEBE

SECHS   LIEBEUNDMITGEFÜHL

SIEBEN   RUHIGUNDKLAR

ACHT   EINTIEFERERBLICKNACHINNEN

EPILOG: EINIGEABSCHLIESSENDERATSCHLÄGE

DANK

ANMERKUNGEN

EINS

WAS DIESES BUCH IHNEN GEBEN KANN

TSOKNYI RINPOCHE

Ich bin, von Liebe und Fürsorge umfangen, in einer dörflichen Atmosphäre aufgewachsen. Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie ich als kleines Kind immer wieder auf den Schoß meines Großvaters, der in einen Dagam – einen großen, warmen Meditationsmantel – gehüllt war, kletterte und dann wieder weglief. Mein Großvater meditierte einfach weiter und murmelte Mantras, während er den Lausbuben frei kommen und gehen ließ. Er strahlte Wärme, Liebe und Frieden aus, ganz gleich, was um ihn herum geschah.

Ich wurde in Kathmandu geboren als Sohn von Tulku Urgyen Rinpoche, einem angesehenen tibetischen Meditationsmeister, und einer nepalesischen Mutter, die von einer tibetischen Familie von Meditierenden abstammt. Zu den Vorfahren meiner Mutter gehörte ein berühmter tibetischer König, dessen Nachfahren sich in Nubri niedergelassen hatten, einem nepalesischen Hochtal, das im Schatten des Berges Manaslu, dem achthöchsten Berg der Welt, liegt. In dieser abgelegenen Landschaft verbrachte ich meine frühe Kindheit.

In meiner Familie gab es auf beiden Seiten hingebungsvolle, vollendete Meditierende, darunter mein Vater, die Großmutter meines Vaters und ihr Vater, der einer der legendären Meditierenden seiner Zeit war. Vollkommenheit in der Meditation bedeutet im Allgemeinen, viele Stufen der Geistesschulung durchlaufen zu haben und fest in Weisheit und Mitgefühl verankert zu sein. Ich hatte daher das Privileg, von Kindheit an in Meditation geschult und in einer meditativen Atmosphäre aufgezogen zu werden.

Mit dreizehn Jahren wurde ich in eine tibetische Flüchtlingsgemeinschaft im Kangra-Tal in Nordindien geschickt, um dort eine formale buddhistische Ausbildung zu erhalten, die ich bei verschiedenen Meistern, darunter auch Yogis, die dort in Abgeschiedenheit praktizierten, fortsetzte. Und seither hatte ich das Glück, weiterhin von einigen der führenden Meditationsmeister der Gegenwart unterwiesen zu werden.

In meinen frühen Zwanzigern begann ich, Buddhismus zu lehren, und reise seitdem um die Welt, um Zehntausende von Schülern auf mehreren Kontinenten in Meditation zu unterrichten. Außerdem versuchte ich natürlich, mich ständig weiterzubilden, und studierte die für die Erforschung des Geistes relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Ich nahm an mehreren Mind-and-Life-Seminaren teil, bei denen der Dalai Lama mit Wissenschaftlern diskutierte, und unterrichtete am Mind and Life Summer Research Institute Doktoranden und Promovierte in Meditation.

Seit Beginn meiner Tätigkeit als Meditationslehrer interessierte ich mich aufgrund meiner natürlichen Neugierde besonders für westliche Psychologie, zeitgenössisches Leben und die ganz besonderen Herausforderungen, die sich modernen Menschen stellen. Mein Lebensstil als reisender Lehrer bringt es mit sich, dass ich ständig in Bewegung bleibe. Im Gegensatz zu vielen bekannten asiatischen Meditationslehrern ziehe ich es aber vor, allein und anonym zu reisen, damit ich die Menschen auf spontane, authentische Weise beobachten und mit ihnen interagieren kann. Ich brachte viel Zeit auf Flughäfen zu, lief durch die Straßen von Städten auf der ganzen Welt, saß in Cafés und beobachtete ganz allgemein die Menschen.

Ich verbrachte Jahrzehnte mit Experten aus Psychologie und Naturwissenschaft sowie mit Freunden und Studenten auf der ganzen Welt und versuchte, ihre Denkweise, ihre Kämpfe und kulturellen Zwänge zu verstehen. Von mehreren hoch angesehenen Psychotherapeuten wie Tara Bennett-Goleman und John Welwood erhielt ich Unterweisungen. Mit Tara (der Ehefrau von Daniel Goleman) konnte ich viele psychologische Themen erkunden, insbesondere häufige dysfunktionale emotionale Muster wie Gefühle der emotionalen Deprivation sowie die Angst vor dem Verlassenwerden, über die Tara in ihrem Buch Emotionale Alchemie und anderswo geschrieben hat. John Welwood, ein Ehetherapeut und Autor, vermittelte mir Einblicke in Beziehungsmuster sowie in das Konzept des Spiritual Bypassing, der Tendenz, spirituelle Praktiken wie die Meditation zu benutzen, um nicht geheilte psychische Wunden und überwältigende beunruhigende Gefühle zu »umgehen« und so die Auseinandersetzung mit ihnen zu vermeiden. Auch von meinen Schülern lernte ich unglaublich viel, indem ich mit ihnen über ihr Leben, ihre Beziehungen und ihre spirituelle Praxis sprach.

Aus diesen Quellen schöpfend, lernte ich sowohl meine eigenen Neurosen, Gewohnheitsmuster und Gefühle als auch die meiner Schüler kennen. Dies beeinflusste meinen Lehransatz, da mein Verständnis für die besonderen emotionalen und psychischen Herausforderungen heutiger Meditationsschüler natürlich immer mehr wuchs. Ich sah nicht nur, wie Menschen sich in ihrer spirituellen Praxis vor seelischen Problemen verstecken können, sondern auch die andere Seite: dass es möglich ist, sich die verborgene Macht emotionaler Muster und Beziehungsverletzungen zu erschließen. Solche Erkenntnisse haben die Anleitungen in diesem Buch geprägt.

Meine Herangehensweise als Lehrer beruht aber nicht nur auf dieser Sensibilität für moderne Herausforderungen im emotionalen und seelischen Bereich, sondern auch darauf, dass ich der Möglichkeit der Transformation und des Erwachens verpflichtet bleibe. Ich versuche der traditionellen tiefen Weisheit der Kultur, aus der ich stamme, treu zu bleiben, aber gleichzeitig zeitgemäß und innovativ zu sein. Dies bedeutet, dass ich bestrebt bin, in der direkten Interaktion mit meinen Schülern offen und freimütig zu sein, während ich gleichzeitig viele Ebenen ihrer Anspannung, Verwundung und Verwirrung anspreche.

Als ich zu unterrichten begann, verwendete ich einen eher traditionellen tibetischen Stil. Ich konzentrierte mich auf die Theorie und betonte die von den traditionellen Texten vorgenommenen feinen Unterscheidungen. Die meisten meiner Schüler waren ziemlich gebildet, erfassten die Bedeutung der Lehren intellektuell und stellten geschliffene Fragen. Ich dachte: Wow, diese Leute sind wirklich klug! Sie sollten schnell Fortschritte machen. Aber nach einem guten Jahrzehnt hatte ich so langsam das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Die Schüler verstanden die Dinge im Kopf, schienen aber Jahr für Jahr in denselben emotionalen und energetischen Gewohnheitsmustern festzustecken. Dieses Feststecken hinderte sie daran, Fortschritte in ihrer meditativen Praxis zu machen.

Ich begann mich zu fragen, ob der Lehransatz, der in meiner Tradition so sehr geschätzt wird, die Schüler tatsächlich auf die beabsichtigte Weise berührt. Ich fragte mich, warum Schüler auf der ganzen Welt die Lehren zwar verstanden, aber nicht in der Lage waren, sie zu verkörpern und sich dadurch tief zu transformieren.

Deshalb vermutete ich, dass die Kommunikationskanäle zwischen ihrem Geist, ihren Gefühlen und ihrem Körper blockiert oder überlastet waren. Aus tibetischer Sicht sollten alle diese Kanäle miteinander verbunden sein und ein freies Fließen zulassen. Doch ich sah, dass meine Schüler das Verständnis, zu dem ihr Intellekt fähig war, nicht zu integrieren vermochten, weil sie es auf der Ebene des Körpers und der Gefühle nicht verdauen konnten. Dies führte dazu, dass ich die Art und Weise, wie ich Meditation lehre, änderte.

Heute konzentriere ich mich in erster Linie auf die Heilung und Öffnung des Kanals zwischen dem Geist und der Gefühlswelt, um das ganze Sein des Schülers anzusprechen. Die hier beschriebenen Techniken spiegeln diesen neuen Ansatz wider, den ich in den letzten Jahrzehnten verfeinert habe. Obwohl sie aber auf langjähriger Schulung durch große Meditationsmeister und meiner eigenen Meditations- und Lehrerfahrung beruhen, sind sie nicht nur für Buddhisten oder »ernsthaft Meditierende« gedacht. Ganz im Gegenteil, sie sind so konzipiert, dass sie für jedermann von Nutzen sein können.

Auch sind sie kein bloßes Gegenmittel gegen Neurosen, sondern bieten praktische Möglichkeiten, mit jeder Art von belastenden Gedanken und Gefühlen, die uns immer wieder heimsuchen, umzugehen. Dazu gehören neben der Angst auch Aggression, Eifersucht, ungezügeltes Verlangen und andere Hindernisse, die dem inneren Frieden im Wege stehen.

Es ist mir ein Anliegen, Meditation auf eine Art und Weise zu vermitteln, die psychologisch und emotional relevant, praktisch und für Menschen, die in der heutigen Welt gefangen sind, zugänglich ist. Die Zeit, die wir für die Arbeit mit unserem Geist und unserem Herzen haben, ist rar und kostbar; deshalb müssen die Techniken uns hier und jetzt zugutekommen.

DANIEL GOLEMAN

Ich wuchs in Stockton in Kalifornien auf; einer Stadt, die etwa neunzig Minuten östlich der San Francisco Bay Area gelegen ist. Damals erlebte ich diesen Ort, eine friedliche mittelamerikanische Stadt, als sei er von Norman Rockwell gemalt.* In letzter Zeit hat sich Stockton jedoch einen ganz anderen Ruf erworben: als die erste Stadt in Amerika, die bankrottging; als Ort eines Experiments, bei dem verarmte Bürger ein bedingungsloses Grundeinkommen erhielten – und als eine Brutstätte für Gangs.

Schon in früher Kindheit fiel mir auf, dass in den Häusern meiner Freunde fast keine Bücher zu finden waren, während es in meinem Zuhause Tausende gab. Meine Eltern waren beide Hochschullehrer und schätzten Bildung als den besten Weg zum Erfolg im Leben. Wie sie es vor mir getan hatten, nahm ich die Schule ernst und arbeitete hart an meiner Ausbildung. Das brachte mich auf ein College an der Ostküste und von dort nach Harvard, wo ich einen Doktortitel in Klinischer Psychologie erlangte. Aber mein Bildungsweg nahm eine scharfe Wendung, als ich ein Forschungsstipendium für eine Reise nach Indien erhielt, wo ich zwei Jahre lang – wie ich meinen Sponsoren sagte – Psycho-Ethnologie oder »asiatische Modelle des Geistes« studierte. Tatsächlich stürzte ich mich in das Studium der Meditation.

Ich hatte schon vor meiner Graduierung mit dem Meditieren begonnen und nahm in Indien nun mit Begeisterung an einer Reihe von zehntägigen Klausuren teil. In diesen Retreats fand ich einen Zustand inneren Friedens und setzte die Meditationspraxis nach meiner Rückkehr in die USA fort. Dabei bin ich im Laufe der Jahrzehnte einer Reihe von wunderbaren Lehrern begegnet; und heute bin ich ein Schüler von Tsoknyi Rinpoche.

Meine Dissertation in Harvard befasste sich mit Meditation als Stressunterbrechung, und seitdem habe ich die Wissenschaft der kontemplativen Praxis aufmerksam verfolgt. Mein beruflicher Weg führte mich in den Wissenschaftsjournalismus und schließlich zur New York Times, wo ich in der Wissenschaftsredaktion arbeitete. Meine Kernkompetenz in diesem Beruf besteht wahrscheinlich nach wie vor darin, in die Berichte wissenschaftlicher Fachzeitschriften einzutauchen und diese Erkenntnisse so zu übersetzen, dass sie auch normale Menschen ohne spezielle Ausbildung verstehen und interessant finden können.

All das hat mich dazu gebracht, zusammen mit Richard Davidson, einem alten Freund aus meiner Studienzeit, der heute ein weltweit anerkannter Neurowissenschaftler an der Universität von Wisconsin ist, ein Buch über die wissenschaftliche Erforschung der Meditation zu schreiben. Unser Buch Altered Traits: Science Reveals How Meditation Changes Your Brain, Body, and Mind stützt sich auf die fundiertesten Studien zur Meditationspraxis.

In meinen Beiträgen zum vorliegenden Buch bin ich nun zu diesem Quell der kontemplativen Wissenschaft zurückgekehrt und habe mir die Labor-Erkenntnisse, die sich auf die meditativen Praktiken beziehen, welche Tsoknyi Rinpoche in den einzelnen Kapiteln anspricht, noch einmal genau angesehen.

Was dieses Buch Ihnen geben kann

Achtsamkeit hat in unsere Unternehmen, Schulen, Yogazentren, medizinischen Zentren und weit darüber hinaus Einzug gehalten und ist bis in die entlegensten Winkel der westlichen Gesellschaft vorgedrungen. Obwohl diese Atempause von den Sorgen des Lebens verständlicherweise viele Menschen anspricht, ist Achtsamkeit nur eines von vielen Werkzeugen einer tieferen Meditationspraxis. Der Übungsweg, den wir in diesem Buch beschreiben, handelt von elementarer Achtsamkeit, geht aber auch weit darüber hinaus. Wir sagen Ihnen, was Sie tun können, nachdem Sie begonnen haben, sich in Achtsamkeit zu üben – aber auch was man zu Beginn tun sollte, um die tiefen emotionalen Gewohnheiten zu entschärfen, die Menschen meist überhaupt zu dieser Praxis treiben.

Dieses Buch kann Ihnen helfen, die verbreitetsten Hindernisse für die Fokussierung von Aufmerksamkeit zu überwinden, mit denen wir in unserem modernen Leben konfrontiert sind: Es geht hier nicht nur um die ständig präsenten Telefone und immer hektischere Zeitpläne, sondern vor allem um destruktive Gedanken wie Zweifel und Zynismus sowie emotionale Gewohnheiten wie Selbstkritik, die uns oft völlig in Anspruch nehmen.

Die ersten Kapitel helfen dem Leser, die beiden Probleme zu lösen, über die die meisten Meditationsanfänger klagen: (1) »Mein Geist ist unbändig, ich kann keine Ruhe finden«, und (2) »Meine beunruhigendsten Gedanken kehren immer wieder«. Die Meditationsanweisungen für die Arbeit mit diesen beiden Hindernissen hat Tsoknyi Rinpoche angepasst; er beginnt mit dem »Fallenlassen«, bei dem der Meditierende hartnäckige Gedanken gleichsam durchschneidet, und dem »Händeschütteln«, bei dem der Meditierende lernt, sich mit seinen hinderlichsten Gedankenmustern anzufreunden.

Diese Praktiken, die in den Standardanweisungen zur Übung von Achtsamkeit meist fehlen, sind von unschätzbarem Wert. Viele, die mit der Übung von Achtsamkeit beginnen, geben wieder auf, weil sie frustriert und verärgert darüber sind, dass die Gedanken, die sie zu überwinden versuchen, sie weiterhin quälen. Dieses Buch befasst sich damit, wie man solchen Gedanken mit Liebe und Akzeptanz begegnen kann.

Hinzu kommt, dass einige der hier vorgestellten Methoden noch nicht allgemein zugänglich gemacht wurden. Sie sind bislang nur Rinpoches Schülern bekannt, aber noch nicht einer breiteren Öffentlichkeit.

Dieses Buch ist womöglich das Richtige für Sie, wenn

Sie darüber nachgedacht haben, mit der Meditation zu beginnen, sich aber über die Vorteile nicht ganz im Klaren sind oder nicht wissen, wie Sie beginnen sollen;Sie bereits meditieren, sich aber über die Vorteile ebenfalls nicht ganz im Klaren sind beziehungsweise nicht wissen, was Sie als Nächstes tun sollen, um Fortschritte zu machen;oder Sie bereits ein überzeugter Meditierender sind und jemandem, der Ihnen wichtig ist, den Einstieg in die Meditation ermöglichen wollen, indem Sie ihm dieses Buch schenken.

* Norman Rockwell (1894–1978) war ein in den USA ungemein beliebter Maler und Illustrator, der in seinem Werk den American Way of Life als eine Art heile Welt feierte. Kritiker bezeichnen die meisten seiner Gemälde als »patriotischen Kitsch«. (Anm. d. Übers.)

ZWEI

LASS ES FALLEN!

Wenn es möglich ist, etwas zu ändern, warum sich Sorgen machen?

Und wenn es nicht möglich ist, etwas zu ändern, warum sich Sorgen machen?

TIBETISCHESSPRICHWORT

TSOKNYI RINPOCHE: DIE ERKLÄRUNG

Als ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren in Nepal und Nordindien aufwuchs, verlief das Leben noch langsam und beschaulich. Die meisten Menschen fühlten sich ziemlich geerdet. Unsere Körper waren locker, und wir machten es uns oft beim Tee gemütlich. Beim kleinsten Anlass huschte uns ein Lächeln übers Gesicht. Natürlich gab es auch Herausforderungen wie Armut und Chancenlosigkeit, aber Stress und Eile waren nicht wirklich Teil des Bildes.

Während sich diese Gegenden langsam entwickelten, beschleunigte sich jedoch das Lebenstempo. Es gab immer mehr Autos auf den Straßen, und immer mehr Menschen hatten Jobs, in denen es Abgabetermine und hohe Erwartungen gab. Viele hatten auch ins Leben der Mittelschicht hineingeschnuppert und wollten etwas davon abhaben. Ich bemerkte, dass die Leute anfingen Anzeichen von Stress zu zeigen; körperlich und geistig. Sie zappelten mehr, ihre Beine zitterten nervös unter dem Tisch. Ihr Blick war nicht mehr so stet – ihre Augen zuckten hin und her –, und sie lächelten weniger frei.

Ich bekam das auch selbst zu spüren, als ich begann an komplexen Projekten zu arbeiten. Ich hatte eine langwierige Initiative zur Bewahrung der Texte meiner Überlieferungslinie gestartet, und das Projektbüro lag am anderen Ende der Stadt. Wenn ich aufwachte, war ich im Geist bereits im Büro. Meine Gefühlswelt hämmerte auf mich ein: Los, los, los! Nur einmal mit der Zahnbürste drüber und dann ausspucken! Einfach das ganze Frühstück in den Mund stopfen, einmal kauen und runterschlucken! Du hast keine Zeit für so was!

Auf der Fahrt durch Kathmandu zu meinem Büro war der Verkehr fast unerträglich. Tritt einfach aufs Gas! Mach dir keine Sorgen, wenn du jemanden anrempelst – das macht nichts! Komm möglichst schnell an! Wenn ich dann das Büro betrat, fühlte ich mich bereits ausgebrannt. Ich trieb alle zur Eile an, ohne mich selbst zu beruhigen oder mir die Zeit zu nehmen, wirklich präsent zu sein. Ich wollte nur so schnell wie möglich wieder verschwinden.

Also duckte ich mich weg und ging irgendwohin; zum Beispiel in ein Café. Wenn ich dort saß und zur Ruhe kommen wollte, fühlte mich aber trotzdem ängstlich und unruhig – obwohl ich gar nichts Besonderes zu tun hatte. Mein ganzes Wesen fühlte sich an wie ein vibrierender Klumpen; meine Gefühle und mein Geist waren grundlos gestresst.

Doch eines Tages beschloss ich, mich selbst herauszufordern. Ich würde anfangen, die Geschwindigkeit meines Körpers – sein natürliches Tempo – zu respektieren, anstatt auf diese störrische, verzerrte überdrehte Energie zu hören. Ich sagte zu mir selbst: Ich werde einfach alles normal machen; im richtigen Tempo. Ich komme einfach dann im Büro an, wann immer ich ankomme. Ich werde mich nicht von dieser rastlosen Energie drängen lassen.

So ging ich entspannt durch meinen Morgen und bewegte mich nur in dem Tempo, das zu mir passte. Bevor ich aufstand, streckte ich mich erst mal im Bett. Ich putzte mir die Zähne und nahm mir viel Zeit dafür. Wenn die rastlose Energie mich zu drängen versuchte – Los doch! Mach hin! Schnapp dir was zum Frühstück und iss es im Auto! –, hörte ich nicht darauf.

Ich respektierte das Tempolimit meines Körpers. Ich setzte mich zum Frühstück hin, kaute ordentlich und schmeckte mein Essen. Ich fuhr mit angemessener Geschwindigkeit, ohne das Gefühl von Eile. Ich genoss die Fahrt sogar. Wann immer die rastlose Energie mir sagte, ich solle schneller fahren – Los doch! Komm endlich an! –, lächelte ich und schüttelte den Kopf. Am Ende erreichte ich mein Büro fast zur gleichen Zeit wie zuvor.

Wenn ich dann reinging, fühlte ich mich frisch und entspannt. Das Büro wirkte ruhiger und schöner, als ich es in Erinnerung hatte. Ich setzte mich zu meinen Mitarbeitern und trank mit ihnen Tee, wobei ich jedem von ihnen in die Augen sah und wirklich präsent war. Ich verspürte keinen Drang, wieder zu gehen.

Unsere Grundlagen finden

Ich möchte hier von Grund auf beginnen. In meiner Tradition bauen wir gern Dinge: Tempel, Nonnenklöster, Klöster, Stupas. Vielleicht ist das eine Kompensierung unserer nomadischen Wurzeln; jedenfalls haben unsere Metaphern oft mit dem Bauen zu tun. Wie jeder Baumeister weiß, ist es wichtig, ein solides Fundament zu haben, auf dem man aufbauen kann. Für die Meditation ist es ebenfalls wichtig, ein gesundes, solides Fundament zu haben, mit dem man beginnen kann.

Die Rohmaterialien sind unser Körper, unser Geist und unsere Gefühle. Wir arbeiten mit unseren Gedanken und Emotionen, unserem Glück und unserer Traurigkeit, unseren Herausforderungen und Kämpfen. Im Falle der Meditation haben wir eine solide Grundlage, wenn wir geerdet, präsent und verbunden sind. Heutzutage kann das aus vielen Gründen schwierig sein. Deshalb beginne ich meine eigene Praxis und die Praxis meiner Schüler gerne mit einer Erdungsübung – einer Möglichkeit, den Körper zu finden, im Körper anzukommen, sich mit dem Körper zu verbinden. Die Geschäftigkeit unseres denkenden Verstandes ist scheinbar endlos und führt dazu, dass wir uns oft ängstlich, müde und ungeerdet fühlen. Bei diesem Ansatz geht es also darum, den Wirbel der Gedanken zu durchschneiden, das Bewusstsein zurück in den Körper zu bringen und einfach eine Weile dort zu sein. Wir bringen unseren Geist und unseren Körper wieder in Einklang und finden unsere Grundlage.

Die Technik des Fallenlassens

Die erste Technik, die ich mit Ihnen teilen möchte, das Fallenlassen, dient dazu, die Gewohnheit zu durchbrechen, in unserem denkenden Verstand gefangen zu sein – buchstäblich gedankenverloren – und keine Verbindung mehr zum Körper zu haben. Das Fallenlassen ist nicht so sehr eine Meditation als vielmehr eine Möglichkeit, den Spannung erzeugenden Strom unablässigen Denkens, des Sorgens und der Eile zu unterbrechen. Es erlaubt im gegenwärtigen Moment zu landen; auf eine geerdete und verkörperte Weise. Es macht uns bereit für die Meditation.

Beim Fallenlassen tut man drei Dinge gleichzeitig:

Heben Sie die Arme in die Höhe und lassen Sie die nach unten gekehrten Handflächen auf Ihre Oberschenkel fallen.Atmen Sie dabei tief und laut aus.Lassen Sie Ihr Gewahrsein vom Denken in Ihr Körpergefühl fallen.

Ruhen Sie einfach in diesem Gefühl und seien Sie Ihres Körpers gewahr, ohne eine bestimmte Absicht zu haben. Spüren Sie Ihren Körper und alle seine Empfindungen: angenehm oder unangenehm, Wärme oder Kühle, Druck, Kribbeln, Schmerz, Glückseligkeit, was auch immer Sie wahrnehmen. Es spielt keine Rolle, was für Gefühle das sind. Wenn Sie nichts fühlen können, ist das auch in Ordnung. Seien Sie dann einfach mit der Taubheit.

Kurz gesagt: fallen lassen, ruhen, entspannen. Wir lassen einfach zu, dass das Gewahrsein im Körper geerdet wird. Wir sind nicht auf der Suche nach einem bestimmten Zustand, nach einem bestimmten Gefühl. Es ist nicht möglich, etwas falsch zu machen – denn Gefühle und Empfindungen sind nicht richtig oder falsch, sie sind einfach.

Da wir die starke mentale Angewohnheit haben, wieder hinauf in den Kopf zu springen und unseren geerdeten Körper aus den Augen zu verlieren, können Sie das Fallenlassen bei Bedarf immer wieder anwenden, um Ihre Gedanken zu unterbrechen. Versuchen Sie es einfach für jeweils fünf Minuten: Lassen Sie Ihre Hände fallen, atmen Sie dabei tief aus und lassen Sie den denkenden Geist in die Empfindung des Körpers fallen. Ruhen Sie dort eine Weile, vielleicht eine Minute oder so, und lassen Sie die Hände dann erneut fallen. Wiederholen Sie dies nach Bedarf immer wieder.

Lassen Sie Entspannung von innen heraus zu. Erlauben Sie sich, nichts zu tun. Das mag sich anfangs ein wenig fremd anfühlen, aber mit einiger Übung wird es immer natürlicher und ungezwungener. Während Ihr Gewahrsein sich im Körper niederlässt, nehmen Sie dessen geerdete Qualität wahr, eine natürliche Erdigkeit, Schwere und Stille. Nehmen Sie den Kontakt mit dem Boden oder dem Stuhl wahr. Lassen Sie ein Gefühl für die einfache Ruhe des Seins zu: Es ist einfach nur Ihr Körper; ein erdiger Behälter aus Fleisch, Nerven und Knochen, der hier sitzt und für eine Weile nichts tut.

Lernen zu entspannen

Entspannung ist eine seltsame Sache. Wir alle wollen entspannt sein, aber dies tatsächlich umzusetzen ist überraschend schwierig. Wir denken oft, Entspannung sei das Gegenteil von Wachsamkeit. Wach und aufmerksam zu sein ist unser »On-Modus«, in dem wir Dinge erledigen, während wir im entspannten Zustand abschalten und unser System herunterfahren.

Wenn wir an Entspannung denken, sehen wir uns vielleicht mit der Fernbedienung in der Hand auf eine Couch plumpsen und stumpfsinnig werden. Ein derartiges Entspannen in die Dumpfheit verschafft vielleicht vorübergehend Erleichterung, hilft aber nicht, die eigentlichen Ursachen von Stress auszuräumen. Der Stress bleibt unterschwellig vorhanden, und wir fühlen uns letztlich nicht so erfrischt, wie wir gehofft hatten.

Fallenlassen ist in dieser Hinsicht ein ganz anderer Ansatz. Es ist eine tiefere, innere Entspannung, die mit unserem Körper und unseren Gefühlen verbunden ist und nicht versucht, ihnen zu entkommen und irgendwo anders Entspannung zu finden. Anstatt einen dumpfen Zustand als Gegenmittel gegen Stress zu kultivieren, lernen wir, uns mit Wachheit zu entspannen und die Ursache jenes Ungleichgewichts anzugehen, in dem wir in unsere Gedanken verloren leben.

Für viele Meditationsanfänger können sich beunruhigende Gedanken wie ein unüberwindbares Hindernis anfühlen. Wir hören oft von Menschen, die gerade erst mit der Praxis beginnen, die ein oder andere Version von »Mein Geist ist außer Kontrolle. Ich schaffe das einfach nicht!«. Auf dieses universelle Dilemma – unsere Gedanken kreisen endlos weiter und überwältigen unsere Praxis – zielt das Fallenlassen ab. Es gibt uns eine Möglichkeit, unseren Geist zu klären, wenn auch nur für einen Moment, sodass wir von einer geerdeten, verkörperten Position aus neu beginnen können. Das Fallenlassen unterbricht den Spannung erzeugenden Strom unablässigen Denkens, Sorgens und der Eile und bereitet uns auf jede andere Meditationspraxis vor. Also beginnen wir damit.

Probieren Sie diese Lass-Alles-Fallen-Mantras aus

Es kann manchmal hilfreich sein, auf ein Mantra zurückzugreifen; einen Satz, den Sie still vor sich hin sagen, während Sie das Fallenlassen praktizieren. Es gibt zwei Mantras, die ich gerne benutze. Probieren Sie beide aus, um zu sehen, welches bei Ihnen am besten funktioniert. Hier ist das erste:

Gleich nachdem Ihre Hände auf Ihren Schoß geklatscht sind, sagen Sie dieses Mantra still oder in einem Flüstern wieder und wieder vor sich hin: »Na und? Wen kümmert’s! Keine große Sache.«

Dies sendet eine Botschaft an unser ängstliches, besorgtes Gemüt. Es ist eine Erinnerung an ebenjenen Teil unseres Geistes, der sich zu sehr sorgt – der alles ein bisschen zu ernst nimmt. Natürlich ist Fürsorge im rechten Ausmaß gut und wichtig, aber sie ist zu oft mit zusätzlicher Angst vermischt und wird zu neurotischer Überbesorgnis. Dieses Mantra ist ein Gegengift gegen all das.

Sie können auch das hier versuchen: »Was auch immer geschieht, geschieht. Was auch immer nicht geschieht, geschieht nicht.« Sie können dies immer und immer wieder in Ihrem Geist wiederholen oder es sich selbst zuflüstern, wenn das hilfreich ist.

Diese Botschaft erinnert uns daran, uns dem Fluss der Erfahrung zu überlassen, anstatt zu versuchen, alles zu kontrollieren. Auch wenn wir das intellektuell wissen, müssen wir unseren Gefühlskörper doch daran erinnern. Denn dort ist die Eile gespeichert, dort sammelt sich der Stress an.

Diese Mantras haben noch einen anderen Zweck; nämlich die Kommunikation zwischen unserem kognitiven Verstand und unserem Gefühlskörper zu stärken. Wie wir in der nächsten Technik erkunden werden, kann diese Beziehung oft angespannt sein – und das kann Probleme verursachen.

DANIEL GOLEMAN: DIE WISSENSCHAFT

Ich wuchs zwar in einer kleinen Stadt in Kalifornien auf und besuchte eine öffentliche Highschool, zog dann aber in den Osten auf ein Privatcollege, wo es sehr um Wettbewerb ging. Schon im ersten Studienjahr fühlte ich mich durch einen obligatorischen Mathematikkurs in die Enge getrieben. Ich hatte noch nie etwas von Infinitesimalrechnung gehört; ein Thema, das weit über die Mathematik, die in meiner öffentlichen Highschool gelehrt wurde, hinausging. Und im Gegensatz zu meinen Mitschülern, von denen die meisten eine akademisch ausgerichtete Vorbereitungsschule besucht hatten, hatte ich auch keinen Kurs in Elementarmathematik belegt. Tatsächlich hatte ich die Begriffe Elementarmathematik oder Vorbereitungsschule noch nie gehört. Ich bekam eine Vier in meinem Mathekurs im ersten Studienjahr.

Dieser anfängliche Rückschlag löste in mir eine Welle der Angst darüber aus, wie ich wohl in den College-Kursen abschneiden würde. Die Sorgen setzten sich fort, auch nachdem ich in meinen Kursen besser abzuschneiden begann. Sie schienen von der Realität abgekoppelt, nährten sich selbst und kümmerten sich um keinerlei Beweise, durch die sie hätten widerlegt werden können. So funktioniert toxische Sorge.

Es gibt drei Arten von Sorgen. Bei der besten Variante sorgen wir uns so lange – das heißt, konzentrieren uns so lange auf eine Herausforderung und denken immer wieder darüber nach –, bis wir in der Lage sind, durch einen positiven Schritt Abhilfe zu schaffen und die Angst hinter uns zu lassen. Das ist produktive Sorge.

Die zweite Art der Sorge tritt auf, wenn wir mit einer Bedrohung oder einer Notsituation konfrontiert sind – und löst sich auf, wenn die Situation vorüber ist. Wir konzentrieren uns auf realistische Weise auf eine Bedrohung. Das ist angemessene Sorge.

Aber mich plagten jene Sorgen, die uns in Endlosschleife immer wieder durch den Kopf gehen, ohne dass wir eine Lösung finden. Die Kognitionswissenschaft nennt dies Grübelzwang: Sorgen, die immer weitergehen; als ein unaufhaltsamer Strom von Gedanken. Forschungen an der Stanford University haben ergeben, dass das Grübeln nicht nur unsere schlimmsten Gefühlszustände hervorruft, sondern sie auch noch verstärkt und verlängert.[1] Um drei Uhr morgens werden wir wach, und dieser beunruhigende Gedankenstrom nimmt sofort unsere ganze Wahrnehmung ein. Diese toxische Art der Sorge ist heutzutage allgegenwärtig.

Der Grund für unsere Besorgnis ist sozusagen ein Erbe unserer frühesten Vorfahren. Während eines Großteils der Vorgeschichte des Menschen war ein Gehirn, das ständig nach Gefahren Ausschau hielt, das wichtigste Überlebensorgan. Diese Schaltkreise zur Wahrnehmung von Bedrohungen haben im menschlichen Gehirn überlebt und waren für den größten Teil der Menschheitsgeschichte ein Schlüssel zum Überleben unserer Vorfahren: Wenn diese wachsamen Schaltkreise eine Bedrohung erkannten, führte dies sofort zum Kampf-oder-Flucht-Reflex oder zur Erstarrung, um sich zu verstecken – zumindest bei jenen Vorfahren, die überlebten und uns diesen Reflex vererbt haben. Heute bereiten diese Schaltkreise unsere Physiologie darauf vor, sich auf eine plötzliche starke Reaktion einzustellen, und bewegen uns zum Handeln. Diese reflexartige Reaktion erleben wir als Überflutung durch eine plötzliche, intensive negative Emotion, die mit einem Handlungsimpuls einhergeht.

Die Amygdala ist das Radar des Gehirns für Bedrohungen.[2] Beim geringsten Anzeichen von Gefahr nehmen diese Schaltkreise den präfrontalen Kortex in Anspruch – das Exekutivzentrum des Gehirns – und versetzen uns in Gefühle wie Angst oder Wut. Dies scheint in der Vorgeschichte gut funktioniert zu haben, als die Gefahr, die die Amygdala erkannte, zum Beispiel ein Raubtier war, das uns fressen wollte. Doch im modernen Leben führt uns diese Konstruktion des Gehirns oft in die Irre, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen erhält die Amygdala ein unscharfes Signal. Sie verfügt zwar über superschnelle, nur ein Neuron lange Verbindungen zu Auge und Ohr, aber die meisten Informationen, die ins Gehirn gelangen, gehen woandershin. Die Amygdala sieht nur so etwas wie einen rauschenden Fernsehbildschirm. Zum anderen gilt für sie die Entscheidungsregel »Vorsicht ist besser als Nachsicht«. Sie fasst schnelle Entschlüsse auf der Grundlage schlechter Informationen. Aber im modernen Leben sind die »Bedrohungen« selten physischer Natur. Sie spiegeln vielmehr eine komplexe symbolische Realität wider wie zum Beispiel: Er behandelt mich ungerecht. Das Ergebnis: Die Amygdala kapert unsere Kommandozentrale zu oft auf eine Weise, die uns zu Handlungen veranlasst, die wir später bedauern. Sie übernimmt also unsere Aufmerksamkeitsschaltkreise und macht die wahrgenommene Bedrohung zum Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Wenn sie ins Spiel kommt, richten wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die wahrgenommene Bedrohung, sondern rufen uns die Gefahr auch dann immer wieder ins Gedächtnis, wenn unser Fokus zu anderen Gedanken hin abschweift – zusammen mit einem starken emotionalen Impuls, etwas zu unternehmen. Mit anderen Worten: Wir machen uns Sorgen.