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Friedrich Nietzsche schreibt diesen Satz am Ende seines ersten großen Werkes Die Geburt der Tragödie. Konkret gemeint ist das Volk der Griechen, angesprochen aber auch schon das Thema, das Nietzsche während seines ganzen Lebens beschäftigte. Die tragische Dimension der Welt und des menschlichen Schicksals überhaupt Gipfel und Abgrund des Menschseins sind unauflöslich miteinander verkettet. Das Schöne ist ohne das Schreckliche nicht zu haben, und das Leid überwiegt unausweichlich. Aber es wird gerechtfertigt durch die Momente des Schönen, die daraus erwachsen können. Nietzsche fordert deshalb, sich diesem Schicksal mutig zu stellen und auch den tiefsten Schmerz heroisch auszuhalten. Sein Held ist der starke Mensch, der das Leid annimmt, sich aber nicht nieder drücken lässt, sondern daraus zusätzliche Lebensenergie schöpft und sozusagen lustvoll über dem Abgrund tanzt. WER WAR DIESER RÄTSELHAFTE MENSCH?
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Seitenzahl: 36
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Abgründig - Das Leben und Denken
Mein Freund Friedrich Nietzsches
Wie viel musste dieses Volk leiden, um so schön werden zu können?
Friedrich Nietzsche schreibt diesen Satz am Ende seines ersten großen Werkes Die Geburt der Tragödie. Konkret gemeint ist das Volk der Griechen, angesprochen aber auch schon das Thema, das Nietzsche während seines ganzen Lebens beschäftigte. Die tragische Dimension der Welt und des menschlichen Schicksals überhaupt Gipfel und Abgrund des Menschseins sind unauflöslich miteinander verkettet. Das Schöne ist ohne das Schreckliche nicht zu haben, und das Leid überwiegt unausweichlich. Aber es wird gerechtfertigt durch die Momente des Schönen, die daraus erwachsen können.
Nietzsche fordert deshalb, sich diesem Schicksal mutig zu stellen und auch den tiefsten Schmerz heroisch auszuhalten. Sein Held ist der starke Mensch, der das Leid annimmt, sich aber nicht nieder drücken lässt, sondern daraus zusätzliche Lebensenergie schöpft und sozusagen lustvoll über dem Abgrund tanzt.
Nietzsche wusste, dass er selbst nicht diesem Bild entsprach. Was ich nicht bin, das ist mir Gott und Tugend, so Nietzsche schon als Jugendlicher im Bewusstsein der eigenen ängstlichkeit und körperlichen Schwäche. In dieser Diskrepanz zwischen dem Ideal und der eigenen Realität lag eine persönliche Tragik Nietzsches. Andererseits war es aber vermutlich gerade diese existentielle Schwäche, die Nietzsche zum geistigen Kraftwerk machte und ihn zu seinen gedanklichen Höhenflügen anspornt.
Viele von Nietzsches Aphorismen zählen zum Schönsten, was die abendländische Kulturgeschichte zu bieten hat. Niemand konnte treffender als er knapp und pointiert eine tiefe Einsicht formulieren, einen Ratschlag oder auch nur eine spöttische Bemerkung.
Wer sich selbst erniedrigt, will erhöht werden. Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. überzeugungen sind gefährliche Feinde der Wahrheit als Lügen. Die dumme Stirne gehört als Argument von rechts wegen die geballte Faust. Das beste Mittel, jeden Tag gut zu beginnen, ist, beim Erwachen daran zu denken, ob man nicht wenigstens einem Menschen an diesem Tag eine Freude machen könne.
Aber auch in Nietzsches Werk ist das Schöne nicht ohne das Schreckliche zu haben. Nicht ohne Grund ist Nietzsche gleichermaßen berühmt wie berüchtigt. Vor allem die radikalen Forderungen seiner späten Werke, etwa nach einer gezielten Züchtung des überMenschen und der Vernichtung alles Schwachsinn lassen uns beim Lesen erschaudern. Auch das war Nietzsche bewusst. Ein Verhängnis nannte er sich selbst, und Thomas Mann meinte, dies sei keine übertreibung gewesen.
Wer war dieser rätselhafte Mensch?
Friedrich Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Leipzig geboren. Er studierte in Bonn und Leipzig Klassische Philologie, also Sprachen und Kulturen des Altertums. Nietzsche fiel schon bald als besonders begabter Student auf. Schon vor Abschluss des Studiums erhielt er einen Ruf an die Universität Basel als Professor der Klassischen Philologie. 1869, im Alter von gerade mal 24 Jahren, hielt er dort seine Antrittsvorlesung für Nietzsches philosophische Entwicklung.
Bedeutsamste Ereignis dieser Zeit war das sogenannte Schopenhauer Erlebnis. Gemeint ist damit Nietzsches Entdeckung von Arthur Schopenhauers Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung. Schopenhauer hatte darin ein Weltbild entworfen, das von tiefem Pessimismus durchzogen war. Schopenhauer, der vom Buddhismus beeinflusst war, heißt Leben, vor allem Leiden. Es wäre für den Menschen besser, gar nicht geboren zu sein.
Nietzsche las das Werk in einem Zug und befand sich danach, wie er schreibt, eine ganze Zeit wie im Rausch. Schopenhauer hatte ihm eine philosophische Begründung und Erklärung geliefert für das eigene dunkle Lebensgefühl, das ihn seit seiner Kindheit belastete. In einer Welt, die so ist, wie Schopenhauer sie schildert, konnte man vernünftigerweise nur Pessimist sein. Schopenhauers Lehre bedeutete somit für Nietzsche auch eine persönliche Entlastung und Rechtfertigung. Damit war die Liebe zur Philosophie in den jungen Nietzsche eingepflanzt und auch schon das Fundament seines späteren Weltbildes.
Nietzsche entfaltete seine Grundgedanken schon in der Geburt der Tragödie. Dort geht es vordergründig zwar philologisch um antike Kunst und archaisches Theater.
Im Kern aber bereits um Nietzsches philosophisches Hauptthema Das Leben, und zwar unter dem Aspekt der Lebendigkeit, der Lebenskraft und Lebenswille. Wir würden heute sagen der Vitalität. Nietzsche sieht hier zwei gegensätzliche Prinzipien am Werk, die er nach griechischen Gottheiten benennt.