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Wo gehobelt wird, sprühen Funken Dank seiner talentierten Hände ist Tischler Gannon King der Star der angesagtesten Reality-Renovierungs-Show. Er ist sexy und leidenschaftlich. Er ist temperamentvoll. Und er treibt seine Aufnahmeleiterin Paige in den Wahnsinn. Ihr Job ist es, die Show am Laufen zu halten und sie hat keine Zeit für Gannons Wutausbrüche. Und schon gar nicht für eine Affäre mit ihm, egal wie heiß er ist. Privates und Berufliches trennt sie strikt. Denn eigentlich will sie weg vom Reality TV, wo eh alle Gefühle fake sind und nur die Einschaltquote zählt. Doch Gannon King könnte die Ausnahme von der Regel sein... Die überarbeitete Ausgabe
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Seitenzahl: 548
Mr Fixer Upper
Lucy Score ist New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin. Sie wuchs in einer buchverrückten Familie in Pennsylvania auf und studierte Journalismus. Sie schreibt hauptberuflich von ihrem Haus in Pennsylvania aus, das sie mit Mr. Lucy und ihrer fiesen Katze Cleo teilt. Wenn sie nicht gerade ihre herzzerreißenden Protagonist:innen begleitet, kann man Lucy auf ihrer Couch oder in der Küche finden. Sie träumt davon, eines Tages auf einem Segelboot, in einer Wohnung am Meer oder auf einer tropischen Insel mit zuverlässigem Internet schreiben zu können.
Wo gehobelt wird, sprühen Funken
Dank seiner talentierten Hände ist Tischler Gannon King der Star der angesagtesten Reality-Renovierungs-Show. Er ist sexy und leidenschaftlich.Er ist temperamentvoll.Und er treibt seine Aufnahmenleiterin Paige in den Wahnsinn.Ihr Job ist es, die Show am Laufen zu halten und sie hat keine Zeit für Gannons Wutausbrüche. Und schon gar nicht für eine Affäre mit ihm, egal wie heiß er ist. Privates und Berufliches trennt sie strikt. Denn eigentlich will sie weg vom Reality TV, wo eh alle Gefühle fake sind und nur die Einschaltquote zählt. Doch Gannon King könnte die Ausnahme von der Regel sein...
Die überarbeitete Ausgabe
Lucy Score
Roman
Aus dem Amerikanischen von Uta Hege
Forever by Ullsteinforever.ullstein.de
Deutsche Erstausgabe bei Forever Forever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Juni 2018 (2) © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018 Copyright © 2017. Mr. Fixer Upper by Lucy Score Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-218-9
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Titelei
Die Autorin / Das Buch
Titelseite
Impressum
FRÜHLING
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SOMMER
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HERBST
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WINTER
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Epilog
Anhang
Anmerkungen der Autorin
Danksagungen
Wer ist Lucy?
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
FRÜHLING
Für Adam und Abbie. Hoffentlich bin ich eines Tages in der glücklichen Lage, dass ich euch eure Collegeausbildung bezahlen kann. Oder wenigstens einen wirklich schönen Urlaub.
Paige schlug ihre langen Beine rastlos unter dem schimmernden Holz des Konferenztisches übereinander und stieß einen stummen Seufzer aus. Sie war einfach nicht für Marathonbesprechungen mit mehrseitigen Tagesordnungen geschaffen, und je länger sich die Powerpoint-Präsentation des Anzugträgers mit den deutlich sichtbaren Geheimratsecken hinzog, umso kribbeliger wurde sie. Sie hatte alle Hände voll zu tun, und ihren Chefs bei der Produktionsfirma dabei zuzuhören, wie sich die Einschaltquote einer Serie, die bereits ein echter Quotenschlager war, noch weiter steigern ließe, brachte sie bei ihrer eigenen Arbeit nicht voran.
»Was wir wirklich brauchen, ist, dass Gannon mehr Gefühle zeigt«, verkündete der Anzugträger und rief eine neue Folie auf, auf der das Gesicht von Sexgott Gannon King neben einem Säulendiagramm zu sehen war.
»Das ist es, was die Frauen wollen«, fügte er hinzu und Paige war ziemlich sicher, dass die Handvoll Frauen, die im Raum versammelt waren, nicht wie gebannt auf das Diagramm, sondern ausschließlich auf das Foto sahen.
»Damit wir uns recht verstehen: Sie sprechen nicht von den Gefühlen, die er für gewöhnlich zeigt. Korrekt?«, hakte der Mann zu ihrer Rechten nach. Eddie Garraza war der Produktionsleiter der Reality-Show Kings of Construction, und mit seiner Khakihose, die sein Markenzeichen war, dem knitterigen Hemd und den ausgelatschten Mokassins, die unablässig auf den Boden wippten, hob er sich deutlich von den Maßanzügen und Designerschuhen der anderen ab, die wahrscheinlich mehr gekostet hatten als das erste Auto vieler anderer Menschen.
Paige verbarg ihr leises Kichern hinter einem Hustgeräusch.
Das einzige Gefühl, das Gannon King normalerweise zeigte, war eine heiße Wut, an der sich jeder, der ihm näher als zehn Meter kam, verbrannte. Er war gelernter Bauhandwerker, aber seine große Liebe galt dem Holz, und die Möbel, die er baute, waren einmalige Kunstwerke, die praktisch und robust, zugleich aber auch herrlich anzusehen waren. Die Zuschauerinnen ihrer Sendung beteten vor allem seinen makellosen, manchmal nackten Oberkörper an. Paige selber aber reservierte ihr Verlangen für die Möbelstücke, denn das aufbrausende Temperament, die Streitsucht und die Sturheit dieses Mannes führten häufig zu Verzögerungen bei den Dreharbeiten und machten ihr ein ums andere Mal das Leben schwer.
»Wir wollen, dass er sich endlich einmal menschlich zeigt. Cat ist bei den Zuschauern total beliebt und sie werden begeistert sein, wenn Gannon auch ein bisschen weicher wird.«
Cat King war Gannons Zwillingsschwester und genauso attraktiv und talentiert wie er. Sie war zwei Minuten jünger und hatte wie ihr Bruder braune Augen mit unglaublich langen, dichten Wimpern. Doch im Gegensatz zu seinen dunklen, für gewöhnlich kurz geschorenen Haaren, waren ihre blonden Haare lang und wild gelockt. Wo er rau war, war sie glatt, und wo er stritt, suchte sie eher den Kompromiss, sodass vielleicht ihr Aussehen, aber ganz bestimmt nicht ihr Verhalten auf ihre Verwandtschaft schließen ließ.
»Paige.« Der Mann in dem zu engen Hugo-Boss-Anzug – Raymond? Ralph? – winkte ihr mit der Fernbedienung zu. »Sie und Gannon haben sich doch schon des Öfteren gefetzt. Wir hätten gern, dass Sie ihn auf die Palme bringen und dass das dann jemand filmt. Sie wissen, dass der Mann für Kinder eine ganz besondere Schwäche hat. Versuchen Sie, ihn damit dranzukriegen, ja? Wenn Sie ihn dazu bringen, dass er Tränen vor der Kamera vergießt, ist ein 5.000-Dollar-Bonus für Sie drin.«
Ohne wirklich zuzustimmen, gab sie durch ihr Nicken zu verstehen, dass sie gehört hatte, worum der Mann sie bat. Tatsächlich hatte es am Set während der ersten Staffel ihrer Show, in der sie Häuser renovierten, mehr als einmal zwischen ihr und Gannon King geknallt. Er schien instinktiv zu spüren, was er für Knöpfe bei ihr drücken musste, damit sie – zumindest innerlich – vollkommen aus dem Gleichgewicht geriet. Sie hätte noch jede Menge Zeit, um dem vorlauten Kerl ein paar Gefühlsausbrüche zu entlocken, denn nach dem unglaublichen Erfolg der ersten Staffel fingen bald die Dreharbeiten zu der zwölfteiligen zweiten Staffel an.
Und nach dem Vorschlag, den ihr Raymond-Ralph soeben unterbreitet hatte, waren dabei offenkundig alle Mittel recht.
Doch so sehr sie die 5.000 Dollar brauchen konnte, war sie ganz sicher nicht bereit, Gannon bis aufs Blut zu reizen und nur zum Spaß dafür zu sorgen, dass er aus dem Gleichgewicht geriet. Er war ein Arschloch, aber ein sehr talentiertes Arschloch, und in der Tiefe ihres Herzens konnte sie den unverhohlenen Hass, den er auf all die »Sesselfurzer, die nur auf die Quoten sahen«, verspürte, durchaus nachvollziehen.
Aber erzählen würde sie ihm das ganz sicher nicht.
Eddie pikste sie unter dem Tisch mit seinem Kugelschreiber an. »Wir werden unser Bestes geben«, versprach er mit ausdrucksloser Miene, während Paige die Finger schon über die Tasten ihres Laptops fliegen ließ.
Die Augen hinter seiner zwanzig Jahre alten Brille mit dem Drahtgestell verrieten nicht, was er tatsächlich dachte, doch er wusste aus Erfahrung, wann sich eine Auseinandersetzung lohnte und wann nicht. Deshalb konnte Eddie es sich leisten, trotz der Tätigkeit in einer Branche, in der jeder darauf aus war, möglichst jung zu wirken, einen dichten Schopf aus grauen Haaren und Falten, die man in seinem Alter nun mal hatte, wenn er nicht zur Botoxnadel griff, unverhohlen zur Schau zu stellen.
Endlich wandte Raymond-Ralph sich einem anderen Thema zu und Paige sah durch die Glasfront des Besprechungszimmers auf die Hochhäuser der Stadt. Der Konferenzraum lag im sechsten Stock mitten in New York City, wo die Produktionsfirma angesiedelt war. Summit-Wingenroth Productions klang nach einem alten, ehrwürdigen Unternehmen, doch in Wahrheit war der Laden, den ein einstiger Reality-Star gegründet hatte, gerade mal fünf Jahre alt, und bisher wurde überwiegend Geld mit Dutzenden von Serien ohne echte Drehbücher verdient.
Kings war das einzige Format des Unternehmens, das aus Sicht von Paige nicht völlig unerträglich war. Sie halfen Menschen, die in Not geraten waren, und das war es, worum es – ihr – am Ende ging. Für Summit-Wingenroth war Kings einfach der kitschiger Zuschauerköder, mit dem man gute Einschaltquoten machte und mit dem sich Werbezeit verkaufen ließ.
Plötzlich drehten alle ihre Köpfe, denn die Flügeltüren des Konferenzraums gingen auf und Gannon King persönlich kam hereinmarschiert. Cat kam direkt hinter ihrem Bruder aus dem Flur gefegt und schaute sich mit einem warmen Lächeln um. Eilig klickte Raymond - oder Ralph - die nächste Folie an und das Gesicht des Stars verschwand hinter dem nächsten Säulendiagramm.
Paige lenkte ihren Blick zurück auf ihren Laptopmonitor und weigerte sich standhaft, Gannon anzustarren.
Er war die Art von Mann, die beim Betreten eines Raumes automatisch alle Blicke auf sich zog. Er war gebaut wie ein nordischer Gott, und seine breiten Schultern und die muskulöse Brust verjüngten sich zu einem derart straffen Bauch, dass seine Twitterfangemeinde sich vor Freude überschlug, sobald er vor der Kamera sein Hemd auszog. Jetzt aber spannte sich ein graues Henley über der muskulösen Brust und schmiegte sich an seinen ausnehmend beeindruckenden Körper. Dazu hatte er drei Lederbänder um sein linkes Handgelenk gewickelt und sein Haar, das er ein wenig länger als während der Dreharbeiten trug, war souverän zerzaust.
Paige biss sich auf die Lippe, denn, verdammt noch mal, sie war kein liebeskranker Teenie, sondern arbeitete mit dem Kerl zusammen, und mit seinem elenden Narzissmus hatte er ihr arbeitstechnisch immer mal wieder das Leben schwer gemacht.
»Da sind ja unsere Stars.« Der Anzugträger klang so heuchlerisch, dass Paige es nur mit Mühe schaffte, nicht die Augen himmelwärts zu rollen.
»Tut mir leid, dass wir hier einfach reinplatzen«, erklärte Cat in alles andere als reumütigem Ton. »Aber wir waren gerade in der Gegend und da dachten wir, wir schauen mal kurz vorbei.«
»Bitte nehmt doch Platz. Wir gehen gerade die Zuschauerdemografien durch.«
Und suchen nebenher nach einem Weg, um deinen Bruder vor der Kamera zum Heulen zu bringen, klärte Paige sie in Gedanken auf.
Ohne auf das höfliche Geplänkel einzugehen, schenkte sich Gannon einen Becher schwarzen Kaffee ein und lehnte sich an die Tischplatte. Cat wählte einen Platz am Kopfende des Tischs und blickte so entzückt zu Raymond-Ralph, bis ihm das Wort »Einschaltquoten« nur noch unter Mühen über die Lippen kam.
Paige fing an zu grinsen. Cat war eine Meisterin der Manipulation. Was wie ein hübsches Lächeln und wie ehrliches Interesse wirkte, war in Wahrheit eine sorgsam kalkulierte Taktik zur Entwaffnung ihres Feindes und Erreichen ihres jeweiligen Ziels. Je mehr die anderen sie unterschätzten, umso besser kam sie damit durch, bevor die Opfer auch nur merkten, dass sie überlistet worden waren.
Paige fragte sich, was Cat wohl dieses Mal im Schilde führte, und mit einem Lächeln auf den Lippen blickte sie in Gannons Richtung und verfluchte sich für diesen Fehler, als sein ausdrucksloser Blick sie traf. Ihr Lächeln wirkte offenbar wie eine Einladung auf ihn, denn er kam an den Tisch und setzte sich dort auf den freien Stuhl links neben ihr.
Seine zerrissene, abgewetzte Jeans berührte ihren Oberarm und eilig riss sie ihren Arm von der Stuhllehne und legte ihre Hand in ihren Schoß. Dann schob er seine langen Ärmel hoch, entblößte eine neue Tätowierung auf dem Unterarm und legte diesen auf der Lehne ab.
Er roch nach Sägemehl und hatte seine verschrammten Arbeitsschuhe an. Wahrscheinlich hatte er den Vormittag in seiner Werkstatt in Brooklyn zugebracht, bevor ihn Cat gezwungen hatte, mitzukommen, um ihr bei was auch immer beizustehen.
Warum nur sah er so fantastisch aus und war dazu noch derart talentiert? Das war einfach nicht fair.
Er schob sich neben sie und flüsterte ihr zu: »Was ist nicht fair?«
Sein warmer Atem traf auf ihren Hals und Paige drehte den Kopf und stellte fest, dass er ihr viel zu nahe war. Konnte er jetzt etwa obendrein auch noch Gedanken lesen oder was?
Er nickte mit dem Kopf in Richtung ihres Monitors.
Das ist nicht fair. Das ist nicht fair.
Verflixt. Verlegen biss sie sich von innen in die Wange, zuckte mit den Achseln, wackelte mit ihren Fingern und erklärte knapp: »Tippen ist gut für die Karpaltunnel.«
»Na klar, Prinzessin«, stimmte er mit einem Grinsen zu, das deutlich machte, dass er ihr nicht auf den Leim gegangen war.
Die »Prinzessin« hatte er sich natürlich nicht verkneifen können. So nannte er sie permanent, seit sie beim Dreh der letzten Staffel unverhofft in einen Regenguss geraten war. Eine freiwillige Helferin hatte den Sportbeutel der Tochter dagehabt, ihr als Ersatz für ihre hoffnungslos durchweichten Kleider knappe Shorts sowie ein viel zu enges, weißes T-Shirt mit »Prinzessin«-Aufdruck ausgeliehen, und nachdem der Blödmann mitbekommen hatte, wie empfindlich sie auf diesen Namen reagierte, sprach er sie beharrlich damit an.
Paige löschte die Zeilen auf dem Monitor und versuchte, sich erneut auf Raymond-Ralph zu konzentrieren, der endlich zum Hauptpunkt ihres Treffens kam, nämlich den Familien, denen sie sich in der zweiten Staffel widmen würden.
»Als Erstes fahren wir zu den Russes.« Er rief eine Aufnahme von einem älteren Paar und Kindern jeden Alters auf dem Bildschirm auf. »Phil und Delia Russe haben drei Kinder und neun Enkel.«
Eilig klickte er die nächste Folie an, auf der man die Fassade eines unscheinbaren Geschäftsgebäudes sah. »Die beiden haben vor zwanzig Jahren eine Suppenküche aufgemacht und seither über eine Million warmer Essen an Bedürftige verteilt. Auch die Kinder und die Enkel arbeiten dort ehrenamtlich mit.«
Wieder tauschte er die Folie aus und zeigte ein Büro im angesagten Shabby-Chic, in dem das Ehepaar von zwei Männern im Anzug einen dicken Scheck entgegennahm. »Vor fünf Jahren haben sie dazu noch eine Jobvermittlung aufgemacht, das heißt, wir haben neben ihren Kindern und den Enkeln auch noch jede Menge Leute, die durch sie der Obdachlosigkeit entkommen sind und die es kaum erwarten können, uns bei dem Projekt zur Hand zu gehen. Es wird ein Tränenfest werden. Der perfekte Start für unsere neue Staffel, finden Sie nicht auch?«
Paige schrieb eifrig mit, ließ allerdings das »Tränenfest« aus.
»Bisher wissen wir noch nicht genau, wie umfangreich die Renovierungsarbeiten dort werden, doch sobald das feststeht, schicke ich einen Projektplan raus«, bot sie an.
Gannon räusperte sich kurz und alle wandten sich ihm zu.
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wandte sich dem Bildschirm zu. »Meine Jungs haben schon mal die einheimischen Bautrupps und das Bauamt kontaktiert. Der Platz hinter dem Haus reicht für ein zusätzliches Schlafzimmer im Erdgeschoss, und vorne haben wir an ein offenes Konzept gedacht. Hauptproblembereiche sind das Dach und die Elektrik, denn die sind inzwischen vierzig Jahre alt. Beides muss rundum erneuert werden, aber die Genehmigungen dafür sind ganz sicher kein Problem.«
Gannon sprach in einem Meeting. Freiwillig. Und konstruktiv. Paige kam aus dem Staunen nicht heraus. Aber natürlich stand sie selbst dadurch mit einem Mal wie eine ahnungslose Vollidiotin da.
Die drei anderen Frauen am Tisch hingen an seinen Lippen und das halbe Dutzend anderer Männer nickte nachdenklich, als wäre seine Ansprache nicht weniger bedeutsam als die weltberühmte Gettysburg Address.
Paige sah ihn von der Seite an, und er zog eine Braue hoch und hob die Hände in die Luft.
»Tja, Prinzessin, wenn ich will, kann ich auch nett sein«, klärte er sie leise auf.
»Ich habe nie was anderes behauptet.«
»Aber ich kann hören, was du denkst.«
Idiot. Das hatte er ganz sicher nicht gehört.
»Wenn du mich nicht mehr Prinzessin nennst, gebe ich zu, dass ich bisher vielleicht nicht völlig frei von Vorurteilen war.«
Wieder beugte er sich zu ihr vor. Und kam ihr dabei viel zu nah.
Die goldenen Sprenkel in den braunen Augen schimmerten im Licht und mit der Narbe, die die linke Braue teilte, sah er ausnehmend verwegen und gefährlich aus. »Das hättest du wohl gern.«
Als das Meeting endlich vorbei war, hörte Paige das laute Knurren ihres leeren Magens, doch vor allem war sie froh, Gannon zu entfliehen. Sie hatte eine knappe halbe Stunde Zeit, um was zu essen, bevor sie mit Eddie und dem Drehortmanager zusammenkäme, um die Einzelheiten der drei ersten Sendungen durchzugehen.
Sie stand auf, um ihren Laptop und ihre Papiere einzupacken, während Gannon weiter sitzen blieb. Sie versuchte, seinen Blick zu ignorieren, aber schließlich hielt sie es nicht länger aus und fragte spröde: »Kann ich irgendetwas für dich tun?«
Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Ich habe dich noch nie in einem Rock gesehen. Aber der steht dir durchaus …«, er ließ seinen Blick über sie gleiten: »… gut.«
Tatsächlich kannte Gannon sie im Grunde bisher nur in der normalen Uniform der Renovierungscrew aus T-Shirt, Jeans und allem, was sich drüber- oder drunterziehen ließ. Beim Filmen hatte sie schon Glück, wenn sie genügend Zeit zum Tuschen ihrer Wimpern fand, bevor sie noch vor Morgengrauen zum Drehort fuhr. Es hatte eben eindeutig auch Vorteile, hinter der Kamera zu stehen.
Das Kribbeln ihrer Haut verriet, dass ihre Beine unter seiner eingehenden Musterung errötet wären, wenn das physikalisch möglich wäre, doch sie widerstand dem Drang, an ihrem Bleistiftrock zu zupfen, bis zumindest ihre Knie nicht mehr sichtbar wären. »Freut mich, dass du mit meinem Outfit einverstanden bist«, gab sie in kühlem Ton zurück. »Wir sehen uns dann am Drehort.«
Sie verließ den Raum in einem Tempo, das ihm zeigen sollte, dass sie viel beschäftigt war, ohne den Eindruck zu erwecken, dass sie vor ihm floh, obwohl sein Blick sich weiterhin bei jedem Schritt in sie hineinzubohren schien.
»Paige!«, fing Cat sie an der Tür des Konferenzraums ab. »Wollen wir was zusammen essen?«
Paige warf einen Blick auf ihre Uhr. »Was für ein Essen können wir in einer knappen halben Stunde verdrücken?«
Cat zog nachdenklich die Nase kraus, aber dann hellte ihr Gesicht sich wieder auf.
»Etwas vom Hot-Dog-Stand«, sagten die beiden Frauen im Chor.
Paige lachte. »Und was ist mit deinem Bruder?«
Sie erstarrte, denn im selben Augenblick drang seine Stimme aus dem Konferenzraum an ihr Ohr und sprach einen ihr abgrundtief verhassten Namen aus. »Meeghan Traxx.«
»Er muss noch was erledigen«, winkte Cat ab. »Also lass uns irgendwelche grauenhaften Sachen essen und du erzählst mir, wie‘s dir in der letzten Zeit ergangen ist.«
Paige deponierte ihre Unterlagen und die Laptoptasche kurzerhand auf einem freien Schreibtisch und sie fuhren mit dem Lift ins Erdgeschoss. Um die Ecke gab es einen Stand, und kurz darauf, Hot Dogs in den Händen, gingen sie weiter in den Park. Es wurde langsam Frühling und Paiges Stimmung hellte sich bei dem Spaziergang in der warmen Sonne merklich auf.
»Oh mein Gott, das schmeckt einfach fantastisch.« Cat rollte genießerisch mit ihren braunen Augen, und den Mund voll wunderbarem Sauerkraut murmelte Paige ein zustimmendes »Allerdings.« Dann aber stieß sie knurrend aus: »Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie du bei deiner Art zu essen noch so aussehen kannst.« Paige selbst war 1,70 Meter groß, und ihre Freundin war fünf Zentimeter größer mit einer Figur wie eine Tänzerin.
»Das sagt gerade die Richtige.«
»Aber im Gegensatz zu dir quäle ich mich nachher zur Strafe für den Hot Dog eine halbe Ewigkeit im Fitnessstudio ab. Während du nach Hause fahren und noch drei Kilo Fettuccine futtern wirst.«
Cat tätschelte grinsend ihren flachen Bauch. »Ich habe einfach gute Gene und ich lasse mir das Fett absaugen, ehe es dort hängenbleiben kann.«
»Du bist eine elendige Lügnerin«, hielt Paige ihr vor.
»Aber mir wurde schon versichert, dass sich meine Art zu essen eines Tages rächen wird, und wenn es so weit ist, werde ich ein genauso süßes Tönnchen sein wie meine Nonni«, klärte Cat sie fröhlich auf.
»Das wäre nur gerecht.«
Während sie im Gehen aßen, feuerte die Freundin ein Reihe Fragen ab. »Also, wie war deine Drehpause? Hattest du schöne Ferien?«
»Auf jeden Fall. Und wie war es bei dir?«
»Verrückt und hektisch, aber wunderbar. Triffst du dich zurzeit mit jemandem?«
Paige rollte mit den Augen.
»Das werte ich als dickes, fettes Nein.« Cats platinblonder Pferdeschwanz wippte rhythmisch hin und her. In ihren engen Jeans, den Stiefeln und dem Tunikapullover sah sie aus, als wäre sie direkt von einem Fotoshooting in den Park spaziert.
»Du kennst doch meinen Terminkalender. Da bleibt einfach keine Zeit für einen Mann.« Paige zerknüllte die Serviette, die sie nicht mehr brauchte, warf sie im Vorbeigehen in einen Mülleimer, und Cat schob sich den letzten Bissen ihres Hot Dogs in den Mund.
»Du setzt deine Prioritäten falsch.«
»Mit all dem Zeug in deinem Mund kann ich dich nicht verstehen«, zog Paige sie auf.
»Oh!« Cat klatschte mit ihr ab. »Das hast du gut pariert. Aber jetzt zurück dazu, dass du dir endlich wieder einen Typen suchen oder dich zumindest wieder mal flachlegen lassen sollst. Du bist eine wunderschöne, junge Frau, und es ist ein Verbrechen, wenn du derart zugeknöpft« – sie tippte auf die hochgeschlossene Bluse, die Paige trug – »durchs Leben gehst.«
»Red doch keinen Unsinn, und erzähl mir bitte, dass du selber gerade keinen Typen hast.« Cat hatte die unselige Angewohnheit, sich spontan in irgendwelche unwürdigen Männer zu verlieben und nach ungefähr drei Wochen zu erkennen, dass sie ihr das Herz gebrochen hatten oder einfach dämliche Idioten waren. Und wenn das während der Dreharbeiten vorkam, hatte das verheerende Folgen für das ganze Team.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich mache gerade eine Trockenperiode durch. Willst du vielleicht lesbisch werden?«
»Wenn wir unterwegs sind, wäre das natürlich praktisch«, überlegte Paige. »Auf welcher Seite des Bettes schläfst du?«
»In der Mitte.«
»Dann wird nichts aus uns. Ich hasse es, wenn‘s unter der Decke eng wird.«
Cat seufzte. »Also gut, dann wende ich mich eben doch wieder den Männern zu. So wenig man ihnen auch trauen kann und so verwirrend sie auch sind.«
»Apropos Verwirrung. Warum sind du und Gannon überhaupt eben bei der Besprechung reingeplatzt?«
»Wir wollen höhere Gagen für das Produktionsteam und für unsere Crew.«
»Wofür mein Konto euch von Herzen dankbar ist.«
Cat und Gannon hatten eiserne Prinzipien, wenn‘s um die Verteilung der mit ihrer Sendung eingefahrenen Gewinne ging. Die Produktionsfirma hatte ihnen beiden astronomische Erhöhungen ihrer Gagen für die zweite Staffel zugesagt, und Paige war alles andere als überrascht darüber, dass ihnen die Erhöhung auch der Gagen aller anderer am Herzen lag.
»Auf dem Weg nach draußen habe ich gehört, wie Meeghans Name fiel.«
Bei der Erwähnung dieses Namens machte Cat ein würgendes Geräusch. »Mir wird schon schlecht, wenn jemand dieses aufgeblasene, jämmerliche Weibsbild nur erwähnt.«
Mit ihrem superblonden Haar, den supergroßen Brüsten und dem übertrieben großen Ego war sie der mit Abstand größte Star der Produktionsfirma mit zwei eigenen Design-Shows, und zugleich die Frau, mit der Cats Bruder angeblich zusammen war.
Die Filmcrews redeten, und Paige wusste, dass Meeghan sowohl am Set als auch abseits als wahres Monster galt. Und egal, wie unausstehlich Gannon manchmal war, nicht mal er hatte so jemanden verdient.
»Bringt er sie zu Familienfeiern mit? Hat sie an Thanksgiving eine vergoldete Designer-Süßkartoffel-Beilage zu eurem Truthahn mitgebracht?«
Cat schnaubte laut. »Gott, nein! Wir haben sie bisher noch nie gesehen und er erwähnt sie nie auch nur mit einem Wort. Was wirklich gut ist, denn wenn er auf die Idee käme, mir von ihr vorzuschwärmen, würde ich ihn umgehend einweisen lassen, weil ich sicher wäre, dass er auf den Kopf gefallen ist.«
Paige lachte fröhlich auf. »Jetzt merke ich, wie sehr du mir gefehlt hast.«
Cat schlang einen Arm um ihre Schulter und erklärte grinsend: »Du mir auch, Baby.«
»Oh mein Gott! Sie sind es wirklich!«, kreischte plötzlich eine Frau in einem pinkfarbenen Jogginganzug und fuhr aufgeregt mit beiden Händen durch die Luft. »Das glaubt mein Mann mir nie! Cat King läuft wie ein ganz normaler Mensch hier durch den Park.« Sie wühlte hektisch in der riesengroßen Tasche, die sie bei sich trug.
Cat zwinkerte der Frau zu. »Es ist immer schön, einen Fan unserer Show zu treffen. Sollen wir ein Foto machen?«
Triumphierend zog die Frau ihr Handy aus den Tiefen ihrer Tasche und reichte es Paige. »Das wäre wunderbar! Ihren Bruder haben Sie nicht zufällig dabei?« Die Frau sah sich so eilig um, dass Paige befürchtete, sie zöge sich ein Schleudertrauma zu.
»Heute leider nicht.«
Die Frau stieß einen Seufzer aus. »Aber wahrscheinlich ist es besser so. Wenn ich ihn treffen würde, würde ich wahrscheinlich ohnmächtig werden.«
Paige grinste, als sich Cat, gutmütig wie sie war, von der wildfremden Frau umklammern ließ, und als sie ein paar Fotos von den beiden machte, achtete sie darauf, dass sie Cat von ihrer besten Seite zeigte und die Aufregung des Fans zu sehen war.
Die Frau entließ den Star aus ihren Armen und sah sich sofort die Bilder an. Glücklich juchzte sie: »Wie aufregend!« Ohne sich noch einmal umzudrehen, eilte sie davon.
Cat sah ihr grinsend hinterher. »Wie lange wird‘s wohl dauern, bis ihr einfällt, dass sie nicht mal Tschüss gesagt hat?«
»Zehn Minuten«, prophezeite Paige. Erst im Verlauf der ersten Staffel waren die beiden Kings zu Stars geworden und sie hatten sich noch nicht daran gewöhnt, berühmt zu sein.
»Macht‘s dir noch immer Spaß, erkannt zu werden?«, fragte Paige.
Cat ließ die Schultern kreisen. »Ich habe mich auf diese Sache eingelassen, also muss ich jawohl akzeptieren, wenn mich jemand anspricht, weil er mich im Fernsehen gesehen hat.«
»Du gehst damit auf alle Fälle besser um als dein Bruder.« Gannon hatte sich bereits mit einem aggressiven Fotografen angelegt, der Cat bei einer Preisverleihung einfach nicht hatte in Ruhe lassen wollen. Jemand anderes hatte diesen Zwischenfall gefilmt, und obwohl die meisten ihn dafür gefeiert hatten, dass er seine kleine Schwester hatte schützen wollen, hatte es auch einen kleinen Fleck auf seiner weißen Weste hinterlassen, der der Produktionsfirma alles andere als gelegen kam.
»Gannon hat ganz einfach ein Problem damit, seinen Beschützerinstinkt in den Griff zu kriegen«, antwortete Cat. »So war es immer schon.« Sie schaute auf die Riesenuhr an ihrem schmalen Handgelenk. »Am besten schaffen wir dich jetzt zurück, damit du die nächsten aufregenden Meetings absolvieren kannst.«
Paige seufzte, machte sich dann aber selbst Mut. »Ich schätze, dass die zweite Staffel mindestens so gut, wenn nicht gar besser als die erste wird.«
Stunden später, nach drei weiteren Besprechungen und einem Konferenzgespräch am Telefon, trat Paige erschöpft durch ihre Wohnungstür, stieg aus ihren hochhackigen Schuhen und schleuderte sie achtlos Richtung Couch. Becca, ihre Mitbewohnerin, war wegen eines Shootings unterwegs, und deshalb zog sie schon im Flur auch Rock und Bluse aus und schleppte sich ermattet in ihr Zimmer, das zwar winzig, aber trotzdem ihr Zuhause war.
Sie warf sich bäuchlings auf ihr Bett und streckt sich genüsslich darauf aus.
Die Dreharbeiten fingen nächste Woche an. Sie würden nach Columbia, South Carolina fliegen, einen Tag mit Vorarbeiten und der Überprüfung der verschiedenen Bau- und Drehgenehmigungen verbringen, und dann würde wie jedes Mal das Chaos ausbrechen.
Es war ein anstrengender Job mit langen Arbeitstagen, aber die Erfahrungen, die sie dort machte, waren von unschätzbarem Wert, und es wäre gelogen, zu behaupten, dass sie keine feuchten Augen hatte, wenn die Arbeiten beendet waren und die Familie die Schlüssel ihres Hauses wieder in die Hand gedrückt bekam. Auch wenn es ihren Chefs bei der Serie nur um Einschaltquoten und Gewinne ging, bekamen durch ihre Arbeit Menschen, die es eindeutig verdienten, ein Zuhause, das weit mehr war als einfach ein Dach über dem Kopf.
Natürlich sorgte sie dafür, dass niemand je etwas von ihrer Rührung mitbekam. Sie war am Set, um ihren Job zu machen, und sie machte ihre Arbeit gut. Es war für Eddie wichtig, dass sie dafür sorgte, dass die Dinge niemals aus dem Ruder liefen und die Kosten sich im Rahmen hielten, was bei einem Bauleiter wie Gannon King nicht gerade einfach war.
Sie seufzte in ihr Kissen. Nicht mehr lange, und sie könnte die Erfahrung, die sie bei der Serie machte, nutzen, um ein wichtiges, persönliches Projekt zu starten. Weit, weit weg von Gannon King.
Die Russes wirkten auf Paige wie Mrs und Mr Weihnachtsmann. Sie hatten beide feines, weißes Haar, rote Apfelbäckchen und ein permanentes Lächeln im Gesicht. Sie trugen ihre Fröhlichkeit anscheinend in den Genen, denn auch ihre Kinder und die Enkel strahlten pausenlos gute Laune aus. Trotzdem kämpfte Paige gegen das Chaos an, denn mit einem derart vollen Haus hatte sie es bisher noch nie zu tun gehabt.
»Also morgen früh«, erklärte sie und drückte Phil und Delia Kopien der laienfreundlich verfassten Ablaufpläne des Drehtags in die Hand, »tauchen wir gegen sieben hier bei Ihnen auf und bereiten alles vor, damit der Dreh um acht beginnen kann. Das heißt, Sie alle«, fuhr sie fort und ließ den Finger kreisen, um zu zeigen, dass das ganze überfüllte Wohnzimmer des Hauses angesprochen war, »müssen spätestens halb acht hier drin versammelt sein, denn dann klopfen die Kings bei Ihnen an die Tür.«
Die »Überraschungsszene« war nicht wirklich echt, denn die Familien wussten schon im Vorfeld, dass sie in die Sendung aufgenommen worden waren. Sie hatten bereits stundenlang am Telefon verschiedenen Produzenten oder Assistenten die Geschichte der Familie, von ihrer Arbeit in der Suppenküche und von den Problemen, die es in dem Haus zu lösen galt, erzählt, und in den vierundzwanzig Stunden vor Beginn der Dreharbeiten hatten sie mit anderen Mitgliedern des Teams alles zusammengepackt, was für die Dreharbeiten nicht nötig war und eher dabei störte, um es außerhalb zu lagern, bis die Renovierung ihres Hauses abgeschlossen war.
Trotzdem hatten die Familien strenge Anweisung von Paige, zur vorgegebenen Zeit daheim zu sein, die Tür zu öffnen und dann angemessen überrascht und hoch erfreut zu reagieren. Wobei ein Minimum an Überraschung dahingehend erhalten blieb, dass die Familien den Kings zum ersten Mal vor laufender Kamera begegneten und dass die Menge freiwilliger Helfer, die im Hintergrund erschien, hauptsächlich aus Freunden und aus Leuten aus der Nachbarschaft bestand.
Das war ein hohes Maß an Vorbereitung für die kurze Szene an der Tür, die meist ein Dutzend Mal gedreht wurde, bevor der Regisseur damit zufrieden war.
»Also, Kinder«, wandte Paige sich jetzt den Enkeln zu. »Wir müssen morgen eure besten Überraschungsgesichter sehen.« Sie zeigte auf ein Mädchen mit verschrammtem Ellbogen und sommersprossenübersäter Stupsnase und forderte die Kleine auf: »Los, Molly, zeig uns mal, wie überrascht du gucken kannst.«
Molly riss schockiert die Augen auf und während Paige ihr applaudierte, zog ein kleiner Junge mit kornblumenblauen Augen nachdrücklich an ihrer Hand.
»Sie reparieren Pop-Pops Haus?« Mit seinen riesengroßen Augen und den runden Wangen war er derart telegen, dass er auf jeden Fall im Bild erscheinen müsste, dachte Paige, während sie vor ihm in die Hocke ging.
»Genau das haben wir vor, Trevor. Gibt‘s irgendwas Besonderes, von dem du denkst, dass unsere Truppe es auf alle Fälle reparieren muss?«
Er nickte ernst. »Pop-Pop isst gerne Popcorn.«
Paige spitze nachdenklich die Lippen, nickte aber zustimmend. »Okay. Wir werden dafür sorgen, dass dein Pop-Pop Popcorn essen kann.«
Lachend trat eine brünette, junge Frau in einem South Carolina Gamecocks-Sweatshirt auf sie zu. Paige durchforstete ihr Hirn nach einem Namen. Susan, fiel ihr ein. Phil und Delias zweites Kind. »Wenn Trevor hier bei Pop-Pop und bei Grammy übernachtet, gibt es immer Popcorn und sie sehen zusammen einen Film. Aber letzten Monat hat Dads alte Popcornmaschine den Geist aufgegeben und seither gibt‘s nur noch Mikrowellenzeug.«
»Das total eklig schmeckt.« Das Kind stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
»Dann will ich sehen, ob das Problem sich vielleicht lösen lässt. Also, was passiert, wenn du die Kameras entdeckst?«
»Ich tue so, als wären sie nicht da.«
»Genau. Dann bleibt jetzt nur noch eins – und das ist wirklich wichtig: Ich muss sehen, wie überrascht du gucken kannst.«
Er riss entgeistert Mund und Augen auf.
»Ja, okay. Jetzt bist du ängstlich überrascht. Aber was machst du für ein Gesicht, wenn du dich über eine Überraschung freust?«
Paige schaffte es vor elf zurück in ihr Motel und beschloss, dass alles ganz hervorragend gelaufen war. Sie hatte die Familie gebrieft, alles, was während der Dreharbeiten störte, hatten sie in Bob‘s klimatisiertes Mietlager geschafft, und der einheimische Bautrupp stand für die erforderlichen Abrissarbeiten bereit. Sie waren so gut vorbereitet, wie es ging, obwohl sie aus Erfahrung wusste, dass es keinen Dreh ohne unvorhergesehene Katastrophe gab.
Sie tauschte ihre Jeans und ihren Pulli gegen Schlafshorts und ein Tanktop, schlug die Bettdecke zurück, lehnte sich mit ihrem Laptop an die Kissen, ging noch mal den Drehplan durch und las verschiedene, nicht eilige E-Mails, die während des Tages für sie eingegangen waren. Dann sah sie auf die Uhr und schrieb eine kurze Textnachricht an Cat.
Bist du inzwischen im Motel?
Die Antwort kam umgehend.
Angekommen und bereit zu feiern!
Vielleicht solltest du stattdessen schlafen gehen. Früher Drehbeginn morgen.
Ja, Mom.
Grinsend dachte Paige, dass ihre Tätigkeit nach Meinung mancher Menschen auch nicht anders sei als die eines Babysitters. Im Grunde aber kümmerte sie sich um sämtliche Details des Drehs und deshalb ging sie noch mal alle Unterlagen durch und brachte ihre eigenen Notizen auf den neusten Stand, bevor das Knurren ihres Magens sie bei ihrer Arbeit unterbrach.
Das Hühnchensandwich, das sie innerhalb von zwei Minuten hatte runterschlingen müssen, war inzwischen längst verdaut. Trotzdem ignorierte sie das Knurren ihres Magens und stand auf, um noch einmal den Inhalt ihrer Drehorttasche durchzugehen. Handyladekabel, Pflaster, eine Kamera mit Ladekabel, Kugelschreiber und Papier, iPad und Ladekabel, 50 Dollar in bar und die Kreditkarte des Unternehmens, alles lag am vorgesehenen Platz.
Sie seufzte, denn inzwischen tat ihr Magen vor lauter Hunger weh. Ein Snack aus einem Süßigkeitenautomaten gleich am ersten Abend machte wenig Hoffnung für ihre Ernährung während dieser Staffel, aber ohne was im Bauch, bekäme sie kein Auge zu.
Entschlossen schnappte sie sich ihren Zimmerschlüssel und ein bisschen Kleingeld und folgte dem Übelkeit erregenden Orange und Rot des Flurteppichs bis zu der Nische, in der neben einem Eisspender der Automat mit Süßigkeiten stand.
Sie musste sich entscheiden, ob ihr eine Packung Erdnussbuttercracker oder eine kleine Tüte Popcorn lieber war, und in Gedanken an Trevors Großvater drückte sie den Popcornknopf. Sie hatte bereits eine E-Mail nach New York geschrieben, um zu sehen, ob das Budget noch Raum für einen Popcornautomaten, wie sie in den Kinos standen, ließ.
Sie beugte sich ein wenig vor, um die Tüte aus dem Schlitz zu zerren.
»Bist nicht du diejenige, die immer sagt, dass alles, was aus diesen Automaten kommt, hochgiftig ist?«
Sie fuhr auf und drehte sich erschrocken um.
In Lederjacke, T-Shirt, gut sitzenden Jeans und mit inzwischen wieder kurz geschorenen Haaren lehnte Gannon in der Tür.
Stirnrunzelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust, denn plötzlich fühlte sie sich unbehaglich nackt. »Bist du etwa gerade erst gekommen?«
Gannon war dafür berüchtigt, dass er immer deutlich später an den Drehorten erschien, als es nach dem von ihr entworfenen, strengen Zeitplan vorgeschrieben war.
»Hauptsache, ich bin jetzt da, oder? Und lenk bitte nicht vom Thema ab.« Er schlenderte gemächlich auf sie zu, nahm ihr die Tüte ab, riss sie entschlossen auf, schüttete sich eine Handvoll Popcorn in die Hand und gab ihr dann den Rest zurück. »Ich habe dich dabei erwischt, wie du dir nach allen deinen Vorträgen im letzten Jahr über die Gefahren der Ernährung aus den Süßigkeitenautomaten in Hotels selber was aus einem solchen Automaten holst.«
Sie war so anständig, verlegen auszusehen. »Es ist schon spät am Abend und ich hatte einfach keine Zeit, mir irgendetwas zu besorgen, was nicht giftig ist.«
Fröhlich warf sich Gannon ein Stück Popcorn in den Mund. »Schön zu wissen, dass auch du ein Mensch bist. Gute Nacht, Prinzessin.« Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, marschierte er davon.
»Du musst morgen spätestens um acht am Drehort sein«, rief Paige ihm hinterher. »Sieh bloß zu, dass du pünktlich bist!«
Er war zu spät. Nicht so spät, als dass jemand auf ihn warten musste, aber spät genug, damit Paige ihn abermals mit ihrem berühmten Eisprinzessinnenblick bedachte, als er lässig mit zwei Dutzend Donuts für das Team an ihr vorbeiging. Dann kehrte sie ihm schlecht gelaunt den Rücken zu, stürmte davon, und als er das empörte Rascheln ihrer Windjacke vernahm, hätte er am liebsten breit gegrinst.
Natürlich war er nicht das Riesenarschloch, als das er sich gerne ausgab, aber diese Frau herauszufordern, machte ihm ganz einfach Spaß. Er ertrug die Dreharbeiten in der Eiseskälte eines frühen Morgens oder während stundenlanger Regengüsse, all den Staub während der Trockenbauarbeiten und den allgemeinen Schwachsinn, den die Produktionsfirma ein ums andere Mal verzapfte, einfach besser, wenn er ab und zu das leichte Zucken ihres Wangenmuskels und das böse Funkeln ihrer blauen Augen sah.
Es faszinierte ihn, dass sie nie laut wurde, egal, was auch geschah. In seiner eigenen, italienischstämmigen Familie stritten sie sich regelmäßig laut und voller Leidenschaft und warfen, wenn sie sich nur noch auf diese Art zu helfen wussten, notfalls sogar mit Geschirr. Paige hingegen unterdrückte systematisch alle Emotionen, während sie ihn mit kalter Effizienz, wie eine Marionette für sich tanzen ließ.
Er blieb kurz stehen, um sich die Vorderfront des Hauses, das sie praktisch vollständig entkernen würden, anzusehen. Das zweigeschossige, verwitterte Gebäude war zwischen zwei anderen Häusern eingequetscht und haargenau die Art Projekt, in das er sich mit Vorliebe verbiss. Aufgrund der durchhängenden Regenrinnen, der schmuddeligen Verkleidung und der fehlenden Schindeln auf dem Dach war dem Haus sein Alter deutlich anzusehen, und den Innenaufnahmen zufolge, die er schon gesehen hatte, zollten die Bewohner mit der Einrichtung auf grauenhafte Art den 1970ern Tribut.
Die Enge auf der Baustelle wäre natürlich ein Problem, aber die Nachbarn links und rechts hatten sich als große Fans der Russes erboten, bei der Renovierung mitzuwirken, deshalb würden sie sich sicher nicht über den Lärm der Arbeiten beschweren. Um ganz sicher zu gehen, hatte Paige mal wieder ihren Zauber wirken lassen, und bei ihren Bossen die Genehmigung erwirkt, während der einwöchigen Dreharbeiten nicht nur die Familie, sondern auch die Nachbarn, wenn sie wollten, in einem Hotel einzuquartieren.
Gannon stieß zu seiner Schwester, die in Sweatshirt und in Jacke eingehüllt mit einem Eiskaffee auf einem Stuhl in einer Ecke saß. Während das Drehteam rund um sie herum Kabel verlegte und mehrere Pavillons errichtete, blätterte sie gleichmütig den Drehplan durch.
»Morgen, Cat.« Er öffnete den Deckel einer Donutschachtel und begeistert wählte sie ein mit Vanillecreme gefülltes Teilchen aus.
»Du bist einfach der beste Bruder, den es gibt.« Sie biss herzhaft in das kalorienhaltige Gebäck und sah auf ihre Uhr. »Aber du bist zu spät.«
Als er grinste, blickte sie ihn fragend an. »Du warst doch schon fertig, als ich losgefahren bin. Warum bist du nicht einfach mitgefahren?«
Mit einem unschuldigen Achselzucken antwortete er: »Ich musste erst noch in die Bäckerei.«
»Es ist der erste Tag der Dreharbeiten für die zweite Staffel und schon jetzt quälst du die arme Paige«, hielt Cat ihm vor. »Warum machst du ihr das Leben derart schwer?«
»Sie ist einfach zu zugeknöpft. Eines Tages werde ich sie derart triezen, dass ihr gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als laut zu schreien und mir ins Gesicht zu sagen, dass ich ein borniertes Arschloch bin, statt es nur zu denken und die Eisprinzessin rauszukehren.«
»Du bist total in sie verknallt.«
»Ganz sicher nicht.« Auf keinen Fall. Er lenkte seinen Blick dorthin, wo Paige mit einem Assistenten und mit einem einheimischen Handwerker zusammenstand. Unter einer abgewetzten Baseballkappe lugte ihr zu einem Pferdeschwanz gebundenes, kinnlanges, seidig weiches, braunes Haar hervor. Dazu hatte sie Arbeitsstiefel, Jeans und einen unförmigen Anorak an. Wahrscheinlich über einem ihrer heiß geliebten T-Shirts.
Cat zog skeptisch eine Braue hoch. »Nun, wahrscheinlich ist es besser so, denn es sieht so aus, als hätte sich der Sohn des Bauunternehmers, der euch bei der Arbeit helfen soll, in sie verguckt. Und wenn sie Lust hätte, sich von ihm flachlegen zu lassen, würde ich mich riesig für sie freuen.«
Gannons Kopf schoss herum und reglos folgte er mit seinem Blick dem jungen Typen in zerrissenen Jeans und einem Fleecepulli des väterlichen Unternehmens, der lässig dorthin schlenderte, wo Paige mit Clawson Senior sprach. Er konnte nicht verstehen, was er sagte, aber Paige fing an zu lachen und sah zu ihm auf, als hätte er den besten Witz der Welt gemacht.
»Nur gut, dass du nicht auf sie stehst.« Cat sprang von ihrem Stuhl und tätschelte ihm aufmunternd den Arm.
Gannon knurrte eine unverständliche Antwort und machte sich entschlossen auf den Weg, um an der Unterhaltung teilzunehmen. Er war schließlich seine Show und sollte über alles im Bilde sein. Er stieg über diverse Kabel und umrundete die beiden Assistenten ihres kleinen Teams.
»Hi. Sie sind Mike, nicht wahr?«, wandte er sich dem Chef der einheimischen Handwerkstruppe zu. »Ich bin Gannon. Wir haben schon telefoniert.«
Mike schüttelte ihm gut gelaunt die Hand, zog seine Riesenpranke dann zurück und stellte mit dem gut gelaunten Grinsen eines echten Morgenmenschen fest: »Schön, dass wir uns jetzt persönlich kennenlernen, Mr King.«
»Bitte nennen Sie mich einfach Gannon.«
»Ich habe gerade Paige erzählt, wie aufgeregt wir alle wegen dieser Renovierung sind. Wir sind mit den Russes befreundet und ich kann Ihnen versichern, dass sie wirklich anständige Leute sind.«
»Und Paige wird dafür sorgen, dass wir anständige Arbeit leisten.« Als er einen Arm um ihre Schulter legte und sie an sich zog, erstarrte sie, blieb aber stehen. »Sie lässt nicht einmal im größten Durcheinander je die Fäden aus der Hand.«
»Das, was wir bisher gesehen haben, hat uns echt beeindruckt«, stimmte Mike ihm zu. »Das ist übrigens mein Sohn Brandon«, meinte er und zeigte mit dem Daumen auf den jungen Kerl im Fleecepulli.
»Brandon.« Gannon reichte ihm die Hand und drückte extra etwas fester als gewöhnlich zu. »Paige und ich freuen uns schon auf die Zusammenarbeit mit Ihnen beiden. Nach allem, was ich weiß, hat Clawson einen wirklich guten Ruf.«
»Was zum Teufel sollte das?«, fuhr Paige ihn leise an und tauchte unter seinem Arm hervor, sobald die beiden anderen Männer dorthin liefen, wo ihr Trupp versammelt war.
»Was zum Teufel sollte was?«, fragte Gannon unschuldig zurück.
Sie würdigte ihn keiner Antwort, denn in diesem Augenblick drang eine Stimme durch ihr Headset an ihr Ohr und entschlossen schob sie sich das Mikro vor den Mund.
»Bin sofort da«, erklärte sie und wandte sich noch einmal Gannon zu. »Benimm dich«, warnte sie und pikste ihm drohend mit dem Zeigefinger in die Brust.
Sie hielten vor Beginn der Dreharbeiten noch eine Besprechung mit dem Team der Produktionsfirma, Gannons Crew und Clawsons Leuten ab. Regisseur Andy Sanders klärte alle über die geplanten Schritte dieses Morgens auf und Paige nahm ihren Trupp im Anschluss kurz beiseite, um noch mal die Einzelheiten durchzugehen. Sie waren ein gutes, grundsolides Team. Wurden wie in ihrem Fall die Folgen einer Serie an verschiedenen Schauplätzen gedreht, konnte sich die Produktionsfirma Umstände und Kosten einer großen Crew nicht leisten, deshalb spielten viele Mitglieder des Filmteams nicht nur eine, sondern mehrere verschiedene Rollen.
Sie hatten drei Leute für die Kameras – Tony, Louis und Ricardo, der bei allen Rico hieß. Felicia kümmerte sich um den Ton und machte diesen Job bereits seit zwanzig Jahren, wogegen Mel und Sam als Neulinge hinzugekommen waren, um als Produktions- und Kameraassistenten und ganz allgemein als Laufburschen für alle zu fungieren.
Paige selbst verknüpfte alle restlichen losen Enden, indem sie neben ihrem eigentlichen Job noch Andy Sanders assistierte und die Koordination der Dreharbeiten übernahm. Andy sagte gern im Scherz, sie wäre eine bessere Regisseurin als er selbst und hätte seinen Posten übernehmen sollen. Im Grunde war das allerdings gar nicht witzig. Noch immer war die Branche praktisch eine reine Männerwelt, auch wenn sich Paige nicht daran hindern lassen würde, einen Platz dort zu erobern, wenn sie so weit war.
Inzwischen war die Sonne aufgegangen und die Großfamilie Russe war eingetroffen und bereit, die Sache anzugehen. Im Bewusstsein, dass jetzt alle wussten, was sie zu tun hatten, betrat Paige das Wohnzimmer, in dem der Clan versammelt war und ihr nervös entgegensah.
Der kleine Trevor war in Tränen aufgelöst. »Aber ich will das anziehen!«
Durch sein Geheul wurde die Anspannung der anderen noch verstärkt und Andy fragte durch Paiges Headset: »Was zum Teufel ist da drinnen los? Ich bitte dich, St. James, hör auf, das Kind zu drangsalieren.«
»Moment«, murmelte sie und schaltete ihr Mikro wieder aus.
Das Kind entglitt dem mütterlichen Arm und stürzte auf sie zu.
»Hallo, Kumpel. Und, bist du bereit?«
»Mom sagt, dass ich das nicht anziehen darf, aber das brauche ich!« Trevor tastete mit seinen Händchen nach dem Spielzeug-Werkzeuggürtel, den er um die Hüften trug. »Ich will helfen, wenn ihr Pop-Pops Haus neu macht.«
»Wow, du bist ja echt gut vorbereitet«, staunte Paige.
»Er hatte das Ding unter der Jacke«, stieß die Mutter seufzend hervor und strich dem Kind über das Haar. »Aber wir werden darauf achten, dass er es vor den laufenden Kameras nicht trägt.«
Bei diesen Worten brach Trevor abermals in lautes Schluchzen aus.
Paige kniete sich auf den orangefarbenen, wollenen Teppichboden, dessen letztes Stündchen schon geschlagen hatte. »Dieser Werkzeuggürtel ist echt super und ich bin mir sicher, dass er auch auf Gannon Rieseneindruck machen wird.«
Trevor fuhr sich mit den Handrücken über die Augen und lehnte sich schmollend an das Bein der Mutter an. »Ach ja?«
Paige nickte nachdrücklich. »Auf jeden Fall. Aber hör zu, da es so aussehen soll, als würden wir euch überraschen, musst du so tun, als würdest du nicht wissen, wer gleich kommt. Und wenn du das nicht weißt, wirkt es vielleicht ein bisschen seltsam, wenn du jetzt schon deinen Werkzeuggürtel trägst.«
Er runzelte die Stirn und sah sie nachdenklich aus seinen blauen Augen an.
»Aber wenn wir Gannon und Cat durchs Haus führen, wäre es natürlich toll, wenn du den Gürtel anziehen würdest, bevor du den beiden alle Zimmer zeigst.«
Jetzt fing Trevor an zu strahlen und seine Mutter murmelte so leise, dass er es nicht hören konnte: »Gott sei Dank.«
»Klingt das gut?«, erkundigte sich Paige und er nickte vehement.
»Super! Warum gibst du mir den Gürtel nicht, damit ich ihn dir sofort geben kann, sobald die Tour durchs Haus beginnt?«
Seine kleinen Finger öffneten den Gürtel und begeistert warf er ihn ihr hin. »Juhu! Ich darf den Leuten bei der Arbeit helfen. Molly!«, brüllte er und rannte auf der Suche nach der Schwester aus dem Raum.
Seufzend sah ihm seine Mutter hinterher. »Ich danke Ihnen. Aber falls es ein Problem ist-»
»Ein Gesicht, wie das von Trevor, wenn er Gannon seinen Werkzeuggürtel zeigt?« Paige schüttelte den Kopf. »Einen besseren Start für diese Staffel gibt es nicht.«
Sie ging zu Phil und Delia, die auf dem verblichenen gelb-braunen Sofa kauerten und ihr ängstlich entgegensahen. Die alte Dame hielt ein paar zerknüllte Taschentücher in der Hand, während die Hand ihres ältesten Sohns tröstend auf ihrer Schulter lag. »Wie geht es Ihnen beiden? In ein paar Minuten kann es losgehen«, versprach Paige.
Delia blies geräuschvoll in ein Taschentuch. »Ich kann einfach nicht glauben, dass unsere Familie zum letzten Mal in diesem Haus versammelt ist.«
Mit einem mitfühlenden Lächeln ließ sich Paige neben der alten Dame auf das Sofa sinken, denn genauso hatten praktisch sämtliche Familien, denen sie bisher geholfen hatten, reagiert. Wobei sie selbst die innige Verbundenheit, die Menschen gegenüber einem Haus empfinden konnten, immer wieder überraschend fand. Sie hatte zu dem ausladenden Haus im Tudorstil auf Long Island, in dem sie aufgewachsen war und in dem ihre Mutter immer noch lebte, nie einen wirklichen Bezug gehabt. Ja, sie war dort groß geworden, aber wie ein wirkliches Zuhause hatte es sich niemals angefühlt.
Sie drückte Delia aufmunternd die Hand. »Ich verspreche Ihnen, dass Gannon, Cat, ihr Team und auch das Team von Clawson sicherstellen werden, dass dies Ihr Zuhause bleibt. Sie werden hier auch weiter zahlreiche Erinnerungen sammeln, wenn die Renovierung abgeschlossen ist.«
Delia erwiderte den Händedruck der jungen Frau. »Danke, Paige. Das haben Sie schön gesagt.«
»Los, St. James, schwing endlich deinen Hintern hier her«, forderte Andy sie über das Headset auf. »Wir sind so weit.«
Der Drehbeginn einer neuen Staffel war ein unvergleichlicher Moment. Das spürten die Filmleute und Handwerker und die Familie, die ein neues Heim bekam. Es war die Aufregung des Neuanfangs. Im Grunde erzählten sie eine Geschichte, dachte Paige, als sie Cat und Gannon in dem aufgemotzten Chevy, den ein großzügiger Werbekunde Ihnen überlassen hatte, in die Einfahrt biegen sah.
Das Erzählen dieser Geschichte und die Wertschätzung, die die Familien und das, was sie Besonderes leisteten, erfuhren, war der Grund, weshalb sie ihren Job ertrug. Während die Produktionsfirma und die Werbekunden ihre Freude an der Arbeit regelmäßig trübten, hielt sie wegen der Familien, der freiwilligen Helfer und der einheimischen Handwerker, die ihnen bei den Renovierungsarbeiten zur Seite standen, durch.
Gannon drückte auf die Hupe, was sein Markenzeichen war, und begeistert, wie die Kinder einer Grundschulklasse zu Beginn der großen Pause, kam die Russesche Großfamilie aus dem Haus gestürzt. Paige sah, dass Andy grinste, was ein gutes Zeichen war. Trotzdem wiederholten sie die Aufnahme noch aus verschiedenen Winkeln, bis er vollkommen zufrieden war, und begannen erst dann mit der Führung durch das Haus.
Brandon löste sich vom Rest des Clawson-Teams, das etwas abseits stand, und trat unter das Vordach, unter dem sie stand. »Und, sind Sie bereit?«, fragte sie ihn.
Grinsend blickte er auf sie herab und klopfte auf den Hammer, der an seinem Gürtel hing. »Das bin ich schon, seitdem ich auf die Welt gekommen bin.«
Jetzt entwand auch Trevor sich dem mütterlichen Griff und rannte auf sie zu. »Paige! Geht es los?«
»Du kommst genau im rechten Augenblick.« Paige nahm seinen Werkzeuggürtel von ihrer Schulter und legte ihn ihm wieder an.
»He! Der sieht genauso aus wie deiner«, wandte sich der Junge Brandon zu, bevor jemand vom Bautrupp Brandons Namen rief.
»Sorry, Kleiner, aber ich muss los.« Er zerzauste Trevors dickes Haar und das Kind sah ihm traurig hinterher.
Paige entdeckte Gannon, der an einem Klapptisch in einem der Zelte stand, um stirnrunzelnd die Pläne für die Renovierung durchzugehen. »He, warum erzählen wir Gannon nicht, dass du ihn auf der Tour durchs Haus begleiten wirst?«, schlug sie dem Kleinen vor.
»Au ja!« Trevor packte ihre Hand und zerrte sie dorthin, wo Gannon stand. Den meisten Menschen gegenüber verhielt er sich wie ein arroganter Klotz, sobald er allerdings auf Kinder traf, gab er sich lustig, freundlich und charmant. Was eine seiner ausgeprägten guten Eigenschaften war.
»Na du«, sagte er, als es dem Kind im letzten Augenblick gelang zu stoppen, ehe es mit ihm zusammenstieß. »Gehörst du zu Clawsons Trupp? Denn ich habe eine Frage wegen dieser Pläne.«
Trevor schüttelte den Kopf und starrte ihn aus Augen groß wie Untertassen an.
Amüsiert zog Gannon eine Braue hoch und wandte sich an Paige. Wirklich schade, dass das Arbeitsschutzgesetz es nicht erlaubte, ständig Kinder zu den Dreharbeiten mitzuschleppen, dachte sie.
»Das ist mein Freund Trevor«, stellte sie den plötzlich ungewöhnlich scheuen Jungen vor. »Er wird euch dabei helfen, euch das Haus von seinem Pop-Pop und von seiner Granny anzusehen.«
Jetzt fand Trevor seine Stimme wieder und fing an, jedes Plastikwerkzeug zu erklären, das er an seinem Gürtel trug. Gannon hörte voll Interesse zu und nickte, ohne dass er seine Rede unterbrach.
Jetzt erklang Sams Bariton in ihrem Ohr. »Also, Sklaventreiberin, du wirst drinnen verlangt, und bring auch unseren Oberhandwerker mit.«
Paige berührte leicht ihr Ohr und nickte Richtung Haus, um Gannon zu bedeuten, dass es Zeit war, reinzugehen.
»Weißt du, Kumpel, etwas fehlt in deinem Werkzeuggürtel«, wandte Gannon sich dem Jungen zu.
Während Trevor aufgeregt an sich herunterblickte, um sich zu vergewissern, dass nicht eins der Werkzeuge herausgefallen war, zog Gannon einen dicken Schreinerbleistift hinter seinem Ohr hervor. »Du brauchst auf jeden Fall noch einen von diesen Dingern hier.«
»Wow!« Aufgeregt, als hätte ihm der Weihnachtsmann persönlich ein besonderes Geschenk gebracht, nahm Trevor Gannons Bleistift an. »He! Mom! Guck mal, was Gannon mir gegeben hat!«
Er sprintete auf seine Eltern zu und Paige murmelte leise: »Gott sei Dank, dass du ihm nicht was Schärferes, wie einen Meißel oder so, gegeben hast.«
»Na los, Prinzessin. Ich glaube, wir werden am Set gebraucht.«
Dafür, dass die meisten Leute, die gefilmt wurden, Laien waren, verlief der erste Drehtag überraschend glatt. Die Mischung aus Nervosität und gespannter Erwartung, mit der die Familie die Tür geöffnet hatte, war perfekt gewesen, und wie zuvor schon Paige hatte auch Cat auf ihre glamouröse Art versprochen, dass die Russes nach ihrer Rückkehr in das Haus dort weitere Jahrzehnte lang würden Erinnerungen sammeln können, weil es auch in Zukunft ein Zuhause sein würde. Und Trevor, der mit seinem neuen Bleistift hinter einem seiner kleinen Ohren Gannon an der Hand genommen hatte, um ihn durch das Haus zu führen, würde die Zuschauerherzen reihenweise schmelzen lassen, wenn die erste Folge ihrer Sendung ausgestrahlt wurde.
Die Aufnahme der Führung endete um vier. Die Familie wurde Mel und Sam, den beiden Assistenten, überlassen, die ihnen noch mal versicherten, dass sie sich keine Sorgen machen müssten, weil die Baustelle bei Cat und Gannon in den besten Händen war, und schließlich brachen Phil und Delia zu der einwöchigen Kreuzfahrt, die ihnen die Kinder und die Freunde der Familie spendiert hatten, auf.
Um sechs ging Paige zusammen mit Mike Clawson abermals die Abrisspläne durch, und eine Armee von freiwilligen Helfern packte die restlichen Möbel und Besitztümer der Russes ein.
»In diese Räume können wir noch nicht, denn um die Abrissarbeiten zu filmen, brauchen wir genügend Licht. Und die Leute sind immer ganz wild darauf, das Auseinandernehmen der alten Küche und des Bads im Fernsehen zu sehen«, erklärte Paige. »Aber wenn Ihre Leute heute Abend schon einmal die beiden Gästezimmer und das Gästeklo im Erdgeschoss in Angriff nähmen, wäre ein gutes Stück geschafft.«
»Sie kriegen umgehend von mir Bescheid, falls einer unserer Kontrolleure etwas findet, was vielleicht Probleme macht«, versprach ihr Mike.
»Das wäre nett. Sie haben meine Handynummer, oder?«
Neben ihrer Handynummer hatte er sich auch die Nummer des Hotels und ihre E-Mail-Adresse notiert.
Tony und Louis durften gehen, Paige aber ging noch mal den in der Mittagspause ausgeteilten Drehplan für den nächsten Morgen durch und bat Sam, den »Interviewplatz« herzurichten, bevor sie auch ihn und Mel entließ. Rico und Felicia würden bleiben, um noch ein paar Interviews mit freiwilligen Helfern aufzunehmen, denn die ersten der gut zehn Gespräche, die auf ihrer Liste standen, führte Paige am liebsten schon am ersten Abend, wenn die Leute noch voller Schwung und Freude bei der Sache waren. Und wenn sie bei den Interviews auf eine Story stieß, die mehr Sendezeit verdiente, bliebe noch der Rest der Drehzeit, um sie auszubauen und in die Haupthandlung zu integrieren. Auf diese Weise dehnte sich der erste Drehtag jedes Mal bis in die späten Abendstunden aus, aber das war es wert.
Sie richtete sich provisorisch in dem kleinen Pavillon neben dem Catering- und dem Sponsorenzelt ein. Abendliche Drehs vermittelten dem Publikum den Eindruck, dass alle erschöpfter und dadurch sensibler waren als im hellen Morgenlicht. Sie wollte gerade los, um ihren ersten Interviewpartner zu suchen, als ein wutschnaubender Gannon auf sie zutrat und ihr ein Papier unter die Nase hielt.
»Was zum Teufel ist das?«
Sie nahm ihm den Zettel ab und sah ihn sich kurz an. »Das ist der morgendliche Drehplan.«
»Warum reißt Clawson das verdammte Badezimmer nicht schon heute Abend ab?«
»Weil wir die Magie des Fernsehens nicht zerstören wollen«, erwiderte sie ruhig.
Sie hatten diesen Streit schon häufiger geführt. Gannon war ein echter Handwerker, weshalb die Abfolge der Dreharbeiten während ihrer Sendung seiner Meinung nach totaler Schwachsinn war.
»Wir wären morgen früh schon deutlich weiter, wenn das Bad schon heute Abend abgerissen würde. Müssen wir tatsächlich noch mal sehen, wie ich mit einem Hammer auf einen verdammten Spiegel losgehe oder wie Cat eine Toilettenschüssel zum Container schleppt?«
»Wenn ihr dabei nicht so toll aussehen würdet, würden es die Zuschauer nicht sehen wollen. Aber eure Abrissarbeiten sind eins der Highlights unserer Show, und von der Reihenfolge her macht es sich einfach besser in der Sendung, wenn ihr euch zuerst das Haus anseht und es so wirkt, als fingt ihr danach umgehend mit den Abrissarbeiten an.«
»Aber es macht, verdammt noch mal, nicht den geringsten Sinn, die Arbeiten in dieser Reihenfolge anzugehen.« Seine handwerkliche Ehre war eindeutig angegriffen, aber trotzdem hatte Paige nicht das geringste Mitgefühl mit ihm.
»Wenn du dir den Drehplan angesehen hättest, als du ihn bekommen hast, hätten wir vielleicht noch etwas daran ändern können, aber jetzt ist es zu spät.«
»Du kriechst wieder mal der Produktionsfirma in den Arsch. Du willst die Dinge gar nicht richtig machen, denn im Grunde geht‘s dir nur darum, wo du was einsparen und wie du die Einschaltquoten in die Höhe treiben kannst. Aber damit vergeudest du nur unser aller Zeit.«
Jetzt baute sie sich so dicht vor ihm auf, dass ihre Nasen sich berührten, und auch wenn sie äußerlich die Ruhe selbst war, hätte sie am liebsten den verdammten Hammer aus dem Werkzeuggürtel dieses Hornochsen gezerrt und ihm damit einen Schlag gegen die Stirn verpasst. »Nein, du vergeudest unsere Zeit. Entweder wir drehen die Szenen wie geplant, du bietest eine Lösung an oder du verschwindest und tobst dich woanders aus, damit ich selbst mit meiner Arbeit weitermachen kann. Wir sind ein Team, wir hatten alle einen langen Tag, und die Dreharbeiten aufzuhalten, hilft uns nicht. Und jetzt entschuldige mich bitte, denn ein paar von uns haben noch ein paar Stunden zu tun.«
Da sie sicher keinen besseren Abgang hinbekäme, drehte Paige sich auf dem Absatz um, stapfte davon, und leise pfeifend folgte Rico ihr mit seiner Kamera.
»Hau nur ab, Prinzessin«, rief ihr Gannon hinterher. »Geh los und finde jemand anderen, den du ausbeuten kannst.«
Sie hörte einen Knall und wusste, dass sein Zollstock an der Wand des Zelts gelandet war. Aus welchem Grund auch immer zauberte sein Wutausbruch ein Lächeln auf ihr zuvor regloses Gesicht. Denn jeder seiner Ausraster, bei dem sie selbst es schaffte, Ruhe zu bewahren, zählte für sie als Sieg.
Sie ging die letzten Punkte ihrer Liste durch und dachte nicht mehr über Gannon oder dessen Hang, sich wie ein Arschloch zu verhalten, nach. Es wurde dunkel und so schnell und effizient, wie sie es sich durch jahrelange Übung angeeignet hatte, brachte sie die Interviews mit den ersten Helfern hinter sich. Angefangen hatte sie als Assistentin einer Datingshow, und deshalb wusste sie genau, auf welche Fragen Menschen voller Emotionen reagierten und worauf sich eine gute Story aufbauen ließ. Wobei es hauptsächlich um die Einschaltquoten ging. Und erschöpfte freiwillige Helfer, die den Menschen, denen sie mit ihrer Sendung halfen, wohlgesonnen waren und ihnen nach vielen Rückschlägen im Leben endlich einmal etwas Gutes wünschten, waren stets für ein paar Tränen gut.
Wobei Paige selbst vor allem daran lag, weniger das Drama als vielmehr die Wahrheit zu enthüllen, die sich hinter den Geschichten der Familien verbarg. Und diese Wahrheit klang immer ein bisschen anders als die Horrorstories, die hinterher zusammengeschnitten wurden. Die freiwilligen Helfer dieses Abends waren voll des Lobes für die Russes, und versorgten sie mit derart vielen anrührenden Hintergrundgeschichten, dass eine Verfälschung der tatsächlichen Geschichte sicher nicht mehr nötig war.
Sie saß hinter der Kamera, während Mariel, die nach zwei Jahren Obdachlosigkeit erst in die Russesche Suppenküche und von dort aus dann in einen Job vermittelt worden war, ihr auf einem Hocker gegenübersaß. Wegen der abendlichen Kälte hatte sie unter dem leuchtend grünen Kings-of-Construction-