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Die Nationalmannschaft ist entführt worden. Und niemanden im Land scheint es zu interessieren. Außer die Wilden Kerlen Die wollen, dass die Nationalmannschaft wieder auf dem Rasen steht und die Fans sie unterstützen, so wie es mal war bei den großen Siegen – mit Herz, Stolz und Leidenschaft. Doch die Entführer fordern gar kein Lösegeld, sie wollen was anderes, nämlich die richtigen Antworten auf drei Fragen: 1. Wo liegen die Wurzeln des Fußballs und wo wird dieser Sport immer wieder neu geboren? 2. Wo schlägt das Herz des Fußballs? 3. Wie alt ist jeder Fußballspieler, der mit seinem Herzen kickt? Nur bei richtiger Beantwortung würden die Nationalspieler freikommen. Werden die Wilden Kerle die richtigen Antworten finden? Und was haben Joshua Kimmich, Thomas Müller, Giulia Gwinn, Ilkay Gündogan und Rudi Völler damit zu tun? Ein Fußball-Krimi, in dem die Wilden Kerle die Seele und das Herz des Fußballs und der Nationalmannschaft suchen. Ein Buch über die wahren Werte des Fußballs.
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Seitenzahl: 52
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Joachim Masannek
Die Wilden Kerle
Nationalmannschaft
entführt
Die letzte Straßenfußballmannschaft der Welt
Count Down ins Paradies
Neun. Acht. Sieben. Sechs. Fünf“, zählte ich. Ich bin Markus, der Unbezwingbare, und strich den fünftletzten Tag auf dem selbstgemalten Kalender an der Wand meines Kinderzimmers durch: „Morgen sind es nur noch vier. Vier Tage bis zum Start der Europameisterschaft.“ Ein Lächeln ließ meine Augen erstrahlen, floss über meine Wangen hinab zum Mund und zauberte ein breites Grinsen auf meine Lippen.
„Gute Nacht, Mama. Gute Nacht, Papa!“, rief ich durch die nur angelehnte Tür Richtung Wohnzimmer. Dann löschte ich das Licht und kuschelte mich in mein Bett, das wie ein Fußballtor aussah. „Traum, du kannst kommen“, flüsterte ich, legte mein Gesicht auf meine Torwarthandschuh behandschuhte Hand und schloss glücklich die Augen.
Wenige Augenblicke später war es soweit. Mein Herz schlug bis zum Hals. Vor mir öffnete sich ein riesiges Tor. Das gleißende Licht dahinter blendete mich. Jemand schubste mich an. „Hey, es geht los“, lachte Thomas Müller, und dann rannte ich ins Licht und in den tosenden Applaus von knapp 70.000 fußballbegeisterten Menschen.
Das Stadion kochte. Die schottischen Fans sangen aus vollem Hals: „A Flower of Scotland”. Ich bekam Gänsehaut. Riesige Fahnen wehten und schwenkten an langen Stangen. Sie verdeckten den Himmel über uns. Und dann stand nicht Manuel Neuer, sondern ich, Markus, der Unbezwingbare, neben Toni Kroos in der Reihe der Nationalmannschaft und sang gemeinsam mit dem Team und den zig Tausenden Menschen auf den Rängen um uns und über uns. die deutsche Nationalhymne.
Es war Freitagabend. Das Eröffnungsspiel war kaum angepfiffen, da flog der Ball zum ersten Mal auf das deutsche Tor zu. Ein Schuss aus der zweiten Reihe. Unverhofft. Ansatzlos und von Kimmich verdeckt. Ich sah das Leder erst spät. Zu spät. Der Ball gewann stetig an Höhe. Fast glaubte ich, er hob sich übers Tor. Da senkte sich die Kugel – perfekt angeschnitten – kurz vor dem Kreuzeck. Die schottischen Fans sprangen auf. Der Ball passte perfekt. Allen in der Arena stockte der Atem. Und Millionen überall in Europa und vielleicht auf der ganzen Welt. Ich spürte den Sog. Ich spürte die Spannung. Ich spürte die Kraft, und mit ihr lief ich los, ich sprang, ich hob ab, ich flog durch die Luft und kratzte das Leder mit den Fingerspitzen aus dem Winkel heraus.
Die Schotten stöhnten vor Schmerz und Enttäuschung. Die Deutschen schrien vor Erleichterung. Sie lachten und klatschten tosend Applaus. Und plötzlich stand Joshua Kimmich vor mir, der ich immer noch auf dem Boden lag. Er reichte mir die Hand, half mir auf die Beine zurück und umarmte mich kurz. „Danke“, flüsterte er. Dann grinste er breit und sagte: „Aber mit dir kommen wir ganz bestimmt ins Endspiel nach Berlin.“
Freier Fall in die Hölle
Ich strotzte vor Kraft. Ich rannte raus aus dem Tor. Ich rammte mir meinen Weg durch die dort auf die Flanke lauernden schottischen Stürmer, ich sprang mit ihnen hoch und stieg höher als sie, obwohl mich ihre Ellenbogen rammten und ihre Hände zu halten versuchten. Ich taumelte rückwärts, aber ich fischte das Leder dabei aus der Luft. Dann rollte ich mich auf dem Rasen ab, sprang wieder auf, warf den Ball in die Luft und kickte ihn mit Volldampf knapp hinter der Strafraumgrenze blind und zentral nach vorn weit über den Mittelkreis hinaus. Dort wartete Niclas Füllkrug. Er behauptete sich gegen zwei stämmige Schotten und verlängerte meinen Abschlag mit der linken Schulter nach rechts zu Leroy Sane. Der nahm den Ball im Sprint kopfhoch aus der Luft, drehte sich wie ein Wirbel an einem schottischen Verteidiger vorbei und schoss den Ball volley nach links in den Strafraum.
Das Stöhnen der deutschen Fans war unüberhörbar. Dort, wohin Leroy gepasst hatte, war kein deutscher Spieler zu sehen. Ein klassischer Fehlpass. Unser Konter verpuffte. Da erschien Müller. Er kam wie aus dem Nichts. Oder besser gesagt: Niemand hatte gesehen, wo er vorher gewesen war, von wo er jetzt kam. Doch jetzt tat er das, was er am besten konnte: Er schob den Ball mit Brust, Knie und Fuß irgendwie ins Tor. Das Netz bauschte sich auf. Ich reckte die Fäuste hoch in die Luft. Ich ging auf die Knie. Da ertönte der Pfiff des Schiedsrichters.
Es war urplötzlich still. Kein Applaus. Kein Jubel, kein Tosen. Ich schaute verdutzt zu den Rängen empor. Die waren leer. Wie von Geisterhand leergefegt– genau wie der Rasen um mich herum. Alle Spieler waren verschwunden, als wären sie niemals dagewesen. Und ich kniete allein im Stadion. Ich war kein großer Fußballheld mehr. Nein, ich war nur noch ein kleiner verzweifelter Junge, im Schlafanzug, mit einem hochroten Kopf und einem Zahnpastaklecks auf der Nase.
Meine Fäuste fielen kraftlos zu Boden. Ich musste mich stützen. Ich taumelte und spürte die Tränen in meinem Gesicht. Ich las die Bekanntmachung auf der Anzeigetafel:
Was? Wie konnte das sein? Schottland hatte den Sieg ohne Spiel zugesprochen bekommen? Das durfte nicht wahr sein! Ein Alptraum!
Ich wachte auf. Und dampfender Teufelsdreck! Ich kniete tatsächlich. Aber, nicht im Strafraum vor dem Tor sondern in meinem Bett. In meinem Zimmer. Tränen flossen über mein Gesicht. Ich wischte sie trotzig von Wangen und Kinn und sprang aus dem Bett. Ich lief in die Küche. Dort schaltete ich den Fernseher ein und wollte nicht glauben, worüber in den Nachrichten berichtet wurde:
Die deutsche Nationalmannschaft war entführt worden.
Vier Tage vor dem Eröffnungsspiel. Und niemanden in Deutschland schien das zu stören.
„Dann fällt das ganze Spektakel halt aus.“
„Es geht denen doch nur noch um nur noch mehr Kohle:“
„Und trotzdem reißen die nichts. Wie in Katar damals oder Moskau.“
„Die sollen lieber mal arbeiten gehen. Wie ehrliche Leute.“
Camelots Traum
Ich bin auf Camelot!“, rief ich meiner Mutter zu, die gerade mit einem Pfund vor Anti-Aging-Dressing triefendem Salat im Gesicht aus dem Badezimmer in die Küche schlafwandelte. „Ich hab’s auch an den Kühlschrank gepinnt“, ergänzte ich zur Sicherheit. Das machte ich immer für den Fall, dass sie mir wie jetzt und sonst auch nie wirklich zuhörte. Dann war ich weg.