OPERATION SYRIEN - William Meikle - E-Book

OPERATION SYRIEN E-Book

William Meikle

0,0

Beschreibung

DIE KREATUREN RUHEN NICHT – ZEIT FÜR DAS S|SQUAD! "Einer der besten Geschichtenerzähler unserer Zeit." - Famous Monsters of Filmland Bei dem Versuch, eine Gruppe Archäologen aus einem Kriegsgebiet zu retten, findet sich das S|SQUAD in einer verlassenen Wüstenregion voller vergessener antiker Städte und Tempel wieder. Dort müssen sie schnell feststellen, dass sie nicht allein sind … Zuerst stoßen sie auf Leichen, dann auf die Netze, und schließlich auf hungrige Spinnen. Große, hungrige Spinnen. Monster. Riesige Kreaturen. Kugeln. Und Flüche … jede Menge Flüche. "Schottlands bester Horrorautor." - Ginger Nuts of Horror

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 187

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Operation Syrien

William Meikle

 This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com Title: OPERATION SYRIA. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2018. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.

Impressum

überarbeitete Ausgabe Originaltitel: OPERATION SYRIA Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Philipp Seedorf Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-645-0

Folgen Sie dem LUZIFER Verlag auf Facebook

Sollte es trotz sorgfältiger Erstellung bei diesem E-Book ein technisches Problem auf Ihrem Lesegerät geben, so freuen wir uns, wenn Sie uns dies per Mail an [email protected] melden und das Problem kurz schildern. Wir kümmern uns selbstverständlich umgehend um Ihr Anliegen.

Der LUZIFER Verlag verzichtet auf hartes DRM. Wir arbeiten mit einer modernen Wasserzeichen-Markierung in unseren digitalen Produkten, welche Ihnen keine technischen Hürden aufbürdet und ein bestmögliches Leseerlebnis erlaubt. Das illegale Kopieren dieses E-Books ist nicht erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mithilfe der digitalen Signatur strafrechtlich verfolgt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Inhaltsverzeichnis

Operation Syrien
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Über den Autor

Kapitel 1

Corporal Wiggins erklärte die Regeln.

»Das ist das erste Mal, dass du mit uns auf einem Einsatz bist. Also bau keinen Scheiß. Mach, was ich sage, wenn ich es dir sage, und wir kommen prima miteinander aus. Ich will keine Widerrede hören von euch neuen Rekruten, ist das klar?«

Die drei jüngeren Männer, die ihm im Bauch des Flugzeugs gegenübersaßen, nickten.

Sergeant Hynd betrachtete das Geschehen amüsiert, zwinkerte Captain Banks zu und stellte das Headset auf den privaten Kanal. »Ironie ist an den Jungen verschwendet«, sagte der Sarge. »Vielleicht hättest du ihm keine Beförderung besorgen sollen, Captain.«

Banks grinste.

»Es schmerzt, das zu sagen, aber er verdient es, selbst wenn es nur wegen seiner Unverfrorenheit ist«, erwiderte er. »Abgesehen davon hat er ja nicht jeden Tag das Vergnügen, zum Corporal ernannt zu werden. Soll er doch ein bisschen stolz sein. Wir werden später zu viel zu tun haben, um uns irgendwelche Frechheiten von einem der Jungs gefallen zu lassen.«

Das Flugzeug wurde von einer Turbulenz durchgeschüttelt. Banks drehte sich zum Fenster und warf einen Blick hinaus. Er sah nur Finsternis, aber er wusste, dass sie schon über den Bergen in der Nähe des Ziels sein mussten. Bald wurde das Rotlicht eingeschaltet, ein Zeichen, dass sie bald in die Dunkelheit abspringen würden.

Als er früh an diesem Morgen in das Büro des Colonels gerufen worden war, hatte er eigentlich darum bitten wollen, dass das Squad und er ein paar Tage freibekämen, aber sein Vorgesetzter hatte andere Pläne, und Banks kam kaum zu Wort und konnte erst recht nicht um Urlaub bitten. »Wir brauchen ein schnelles Einsatzteam für eine Rettungsmission«, sagte der Colonel, als die Tür hinter ihm geschlossen worden war. »Ihr Squad ist als Nächstes für einen Einsatz vorgesehen, also bereiten Sie sich vor. Sie brechen in einer Stunde auf.«  

»Wir sind noch nicht einsatzbereit, Sir. Wir haben zu wenig Leute«, sagte Banks. »Wir haben doch Corporal McCally verloren und noch nicht die Männer ersetzt, die in der Antarktis gestorben sind …«

Der Colonel wischte seine Einwände mit einer Handbewegung beiseite, als sei er frustriert und unterbrach ihn.

»Das ist kein Problem. Darum habe ich mich schon gekümmert. Wir haben heute fünf neue Männer aus Leuchars bekommen. Nehmen Sie drei davon mit. Sie können sich aussuchen, wen. Finden Sie heraus, aus welchem Holz sie geschnitzt sind und ob sie den Mumm haben, länger dabeizubleiben. Sie wissen ja, wie es läuft.«

»… und ich brauche einen neuen Corporal«, beendete Banks den Satz.

»Was stimmt denn nicht mit Wiggins?«

Banks hatte gelacht. Eigentlich nichts, abgesehen davon, dass er ständig die Klappe aufreißt und redet wie ein Wasserfall.

Das sagte er jedoch nicht und je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, dass Private ›Wiggo‹ Wiggins wenigstens eine Chance auf den Posten verdient hatte.

Er war mit der Erwartung, Urlaub zu bekommen, in das Büro des Colonels gegangen und mit einem neuen Corporal, drei neuen Squad-Mitgliedern, die ihm unterstellt waren, und dem Befehl, noch in derselben Nacht über der syrischen Wüste mit dem Fallschirm abzuspringen, wieder herausgekommen.

Wiggins hatte er als Erstem von dem Absprung erzählt.

»In der Dunkelheit, auf einen Berghang in der Wüste? Das ist nicht wirklich Urlaub, oder Cap? Können wir wenigstens Kamele reiten?«

»Aye, du hast recht, das wird nicht gerade gemütlich. Aber wenigstens gibts mehr Bezahlung für die Extraarbeit, Corporal Wiggins.«

Wiggins musste das ein paar Sekunden auf sich wirken lassen, dann machte er den Mund auf, aber brachte kein Wort heraus. Hynd lachte. »Ausnahmsweise mal sprachlos«, sagte er.

»Nein, Sarge«, erwiderte Wiggins und hatte sich wieder gefasst. »Ich hab nur meine Lippenfertigkeit trainiert, falls ich deine Frau bald mal wieder sehe.«

Wiggins’ Laune hatte sich weiter gebessert, nachdem er die drei neuen Männer kennengelernt hatte, alles junge Rekruten, die ihren ersten Einsatz kaum erwarten konnten.

»Das werde ich ihnen schnell ausgetrieben haben.«

Beim Einsatz selbst ging es, wie der Colonel gesagt hatte, nicht nur um einen Fallschirmabsprung in der Dunkelheit, sondern auch um eine Rettungsmission. Ein Team britischer Archäologen war in die Auseinandersetzung zwischen zwei rivalisierenden Rebellengruppen im Osten der syrischen Wüste geraten. Man hatte einen Notruf empfangen, aber in den letzten 24 Stunden nichts mehr gehört. Das Squad sollte sich vor Ort umsehen und Überlebende retten, falls es welche gab.

»Wenigstens müssen wir nicht wieder Babysitten«, sagte Wiggins. »Glaubst du, diesmal gibt es ein wenig Action, Cap?«

»Es ist Syrien, was glaubst du denn?«, antwortete Hynd.

Mit dem Wissen über das Gebiet und seine jüngste Vergangenheit als Brutstätte des Fanatismus konnte Banks seinem Sergeant nur zustimmen. Er hatte nicht viel Hoffnung für die Archäologen.

Als es darum ging, seine drei neuen Rekruten auszuwählen, vertraute Banks auf sein Bauchgefühl und nahm die drei, die Augenkontakt aufgenommen hatten, als er sie zur Einsatzbesprechung hereingebeten hatte. Alle fünf Männer hatten den richtigen Lebenslauf – den benötigte man sowieso, um in ein solches Elite-Squad berufen zu werden. Aber er wollte die drei auf der Mission dabeihaben, die das größte Interesse gezeigt hatten. Nur die Zeit würde erweisen, ob er eine weise Wahl getroffen hatte.

Er hatte genügend Zeit für eine kurze Einsatzbesprechung, bevor er sie ins Depot geführt hatte, wo sie ihre Ausrüstung erhielten. Wie immer fiel die Entscheidung schwer, was man mitnehmen sollte und was nicht, aber da es sich bei der Mission um eine Rettungsmission handelte, nahm er nur eine Lampe und Dinge, die sie nicht unnötig verlangsamten. Er war erfreut zu sehen, dass die drei neuen Männer sich schnell und effizient ausgerüstet hatten, dann war keine Zeit mehr, sich zu unterhalten, als sie auf die Landebahn in Lossiemouth eilten, und so schnell wie möglich in das erste von mehreren Flugzeugen stiegen. Wenigstens konnten sie davor noch etwas essen und trinken, was nicht immer der Fall war, bei diesen dringenden Aufträgen und er hatte sogar noch eine Mütze Schlaf nehmen können, doch jetzt näherten sie sich ihrem Zielort und seine Nerven waren vor Erwartung zum Zerreißen gespannt, je näher der Absprung rückte.

Das rot blinkende Licht über ihm unterbrach seine Gedankengänge. Der Lärm im Frachtraum wurde intensiver und ein kalter Windstoß fegte hindurch, als sich die Ladeluke öffnete und sie dazu einlud, sich hinaus in die Leere zu stürzen.

»So, Männer, es geht los«, sagte Banks in seine Kopfhörer. »Bleibt nah zusammen, wenn ihr runtergeht, und haltet Funkstille, außer ihr seid in Gefahr. Wenn ihr unten seid und niemanden seht, geratet nicht in Panik, oder lauft allein los. Wir werden euch finden. Ihr wisst, wie es läuft.«

Sie wuchteten die Ausrüstung zur Luke hinaus und das Team folgte ihr in die Dunkelheit, als sich der Lastfallschirm öffnete. Wiggins sprang als Erster und schrie ›Geronimo!‹. Banks sprang als Letzter, um in der kurzen Phase im freien Fall ein Auge auf die anderen zu haben. Eine kalte Brise streifte seine Wange und zerrte an seiner Kleidung. Die Brille war kurz mit Eis beschlagen, doch es schmolz schnell dahin, als er in wärmere Luftschichten kam. Er zählte im freien Fall, bei 20 Sekunden öffnete er den Fallschirm und als er hinabblickte, war er erleichtert, eine Gruppe sechs weiterer Fallschirme zu sehen.

Der Wind hatte nachgelassen und sie schwebten so sanft und leise dem Boden entgegen, wie die ersten Schneeflocken des Winters. Einige Meilen Richtung Osten sah man die Lichter einer Stadt, aber er wusste, wenn er in diese Richtung trieb, wich er zu weit vom Kurs ab. Er orientierte sich an dem Fluss zu seiner Linken, entdeckte den dunkleren Hügel, der sicherlich ihr Ziel war und folgte den anderen hinab zu ihrem geplanten Landepunkt eine halbe Meile weiter westlich. Auf den Satellitenbildern, die sie bei der Einsatzbesprechung durchgesehen hatten, hatte die Stelle flach ausgesehen, aber Banks wusste aus schmerzlicher Erfahrung, dass man Fotos nicht trauen konnte, wenn es darum ging, das richtige Terrain für eine Landung auszusuchen, besonders auf einem Felsplateau in der Wüste. Er stellte sich auf eine harte Landung ein, bereit sich abzurollen, wenn es sein musste.

Der Boden raste aus der Dunkelheit auf ihn zu und er hatte mehr Glück als Verstand, dass er bei der Landung nicht stürzte. Er befreite sich schnell aus dem Gurtzeug und rollte den Fallschirm zu einem kleinen Ball zusammen, bevor er sich nach den anderen umsah. Der Mond war nicht am Himmel, aber der Sternenteppich über seinem Kopf reichte aus, um zu sehen, dass sie den anvisierten Landepunkt auf wenige Meter genau getroffen hatten und alle sicher gelandet waren. Er lief zügig zu Wiggins hinüber, der die große Tasche mit der Ausrüstung geöffnet hatte.

»Sturmgewehre, Pistolen, Helme, Funkgeräte, Taschenlampen, kleine Beutel mit Feldrationen, Reservemunition und gefüllte Feldflaschen«, sagte er leise. »Wir verstecken den Rest hier draußen, für den Fall, dass wir es später brauchen, aber ich schleppe nicht die ganze Ausrüstung mit, falls es sich vermeiden lässt. Irgendjemand sollte den Feldkocher und Kaffee mitnehmen, vielleicht haben wir die Gelegenheit, einen zu kochen.« Hynd machte sich daran, die Fallschirme und den Rest der Ausrüstung zu verstecken, und ging ungefähr 20 Meter Richtung Norden, um sie zu vergraben. Er war erst wenige Sekunden weg, als er aus den Schatten zweimal pfiff, und Banks schnell zum Sarge lief. »Ich hab das perfekte Versteck gefunden, Cap«, sagte er, »aber jemand – oder etwas – ist uns zuvorgekommen.« Es war hell genug, um zu erkennen, dass Hynd vor einem Brunnen mit einer niedrigen Einfassung stand, wie sie für Wüstengegenden typisch waren. Es gab keinen hölzernen Seilzug mit Eimer, sondern nur ein rundes Loch im Boden. Banks beugte sich darüber, aber sah nur Dunkelheit unter sich, aber ein stechender Geruch stieg ihm in Nase und Rachen.

»Gibt kein Wasser«, sagte er.

»Aye«, sagte Hynd. »Riecht so. Aber darum hab ich dich nicht gerufen.«

Der Sarge beugte sich über den Brunnen, schaltete die Lampe an seinem Sturmgewehr ein, wobei er aufpasste, dass man das Licht nicht von Weitem sah, und leuchtete in die Tiefen des Brunnens. Die ganze Öffnung, abgesehen vom ersten Meter, war mit einer grauen faserigen fadenähnlichen Masse bedeckt, Banks brauchte ein paar Sekunden, um es zu identifizieren.

»Spinnweben?«, sagte er.

»Sieht so aus, Cap«, antwortete Hynd. »Aber schau dir an, wie dick es ist, das muss eine verflucht riesige Spinne sein. Da ist noch etwas.« Er leuchtete mit dem Licht dahin, wo das Gewebe die Wand des Brunnens bedeckte, und stoppte den Strahl an einer Stelle, die heller war, fast komplett weiß. Banks lehnte sich etwas vor, um einen genaueren Blick darauf zu werfen, bevor er realisierte, dass etwas Großes in das Netz eingesponnen war wie in einen Kokon.

»Was zur Hölle ist das? Vielleicht eine Ziege?«

»Ich hoffe es«, antwortete Hynd. »Aber schau mal genauer hin, Cap. Sag mir, dass ich nicht verrückt werde, aber sieht das nicht aus wie ein menschlicher Oberkörper?«

Banks warf einen zweiten Blick darauf. Der Sarge hatte recht und je länger er hinsah, desto sicherer war er. Dort unten im Brunnen war ein Mann im Netz eingesponnen, fest verpackt und für später eingelagert.

Wo zur Hölle sind wir diesmal hineingeraten?

Was auch immer da unten im Brunnen war, es war kein Archäologe, der gerettet werden musste, also schob Banks es zur Seite. Darum konnte man sich, wenn nötig, später noch kümmern. Im Moment war seine Priorität das Felsplateau im Norden, die antike Stadt, wegen der sie hier waren. Er rief sich das Wenige ins Gedächtnis, was ihm der Colonel erzählt hatte: Die Stadt war bekannt als Dura-Europos, in der Antike ein wichtiger Handelsknotenpunkt. Schon vor der Eroberung durch die Römer war es eine alte Stadt gewesen. Sie war Zeuge mehrerer Kämpfe um die Vorherrschaft über die Handelsrouten gewesen, blieb dann viele Jahrhunderte unberührt und war eine Schatzkammer für Artefakte aus einem halben Dutzend Zivilisationen. Vor kurzer Zeit war sie zum Magneten für Aufständische geworden, die nach Raubgut suchten, das sie auf internationalen Schwarzmärkten verkaufen oder gegen Waffen eintauschen konnten. Die Archäologen waren hier, um herauszufinden, ob etwas für die Nachwelt gerettet werden konnte. Jetzt mussten sie selbst gerettet werden.

Banks wandte sich wieder seinem Squad zu. Ihm fiel nicht sofort ein, wie die drei neuen Männer hießen. Der große, schlaksige Schwarze hieß Joshua – nenn mich Joe – Davies aus Glasgow, daran erinnerte er sich noch, sie waren ins Gespräch gekommen, als sie in München beim Umsteigen eine Zigarette rauchten und feststellten, dass sie in der Stadt gemeinsame Bekannte hatten. Die anderen beiden waren während ihrer Anreise so still gewesen, dass er mit keinem von beiden viel geredet hatte. Einer hieß Brock, den Wiggins stets ›Badger‹ nannte, und der andere hieß Wilkins, aber in ihren Tarnanzügen, Splitterschutzwesten und mit Helmen und Nachtsichtgeräten auf dem Kopf konnte er sie in der Dunkelheit noch nicht auseinanderhalten, auch wenn er glaubte, Wilkins war der kleinere, zierlichere Mann. Nicht, dass er sich viel Sorgen machen musste, denn Wiggins hatte seine neuen Rekruten bereits unter die Fittiche genommen und sie waren bereit, auszurücken, als Banks und Hynd wieder zu ihnen stießen.

»Alle anwesend und einsatzbereit, Cap«, sagte Wiggins. »Was war so wichtig da drüben?«

»Sag ich dir später, Wiggo«, meinte Hynd. »Als Erstes müssen wir eine andere Stelle finden, wo wir die Fallschirme verstecken können.«

Sie suchten schnell die Umgebung ab, aber außer Felsen und Sand gab es nicht viel und Banks wollte nur ungern den Brunnen nutzen, weil er wusste, dass ein toter Mann darin war. Schließlich begruben sie die Fallschirme zusammen mit dem Rest der Ausrüstung unter einem Stapel Steine und hinterließen damit eine neue Erhebung auf dem Hügel, von der sie nur hoffen konnten, sie würde keine Aufmerksamkeit erregen, bis sie längst wieder weg waren.

Banks spähte das Terrain zwischen ihnen und der alten ummauerten Stadt aus, die auf dem Felsvorsprung lag. Da war eine einzelne holprige Straße, die aus südlicher Richtung heranführte, aber er ignorierte sie, denn er hatte nicht vorgehabt, hinzugehen und im übertragenen Sinn an die Tür zu klopfen. Im Norden, nahe der Stelle, wo der Stadtrand auf dem Felsvorsprung saß, bevor dieser steil bis zum Euphrat abfiel, war die Stadtmauer schon lange zu einer Ruine verfallen. Dort war ihr Zugangspunkt. Im Dunkeln war das vielleicht eine anstrengende Angelegenheit, aber der Schutt würde ihnen auch wenn nötig Deckung bieten.

»Wiggo, nimm Davies mit, ihr übernehmt die Spitze. Ich gebe euch Rückendeckung. Macht euch auf den Weg zur Lücke zwischen den Türmen im Norden. Niemand schießt, außer wir werden beschossen, und Funkstille, bis wir drin sind. Alles klar?«

Alle gaben ihr Okay, dann ließ er Wiggins mit dem Rest des Squads vornweg gehen, bevor er folgte. Er sah noch einmal zurück, als sie losgingen. Eine Sekunde lang glaubte er, einen nebelhaften, öligen Schimmer in der Dunkelheit über dem alten Brunnen hängen zu sehen, aber als er ein zweites Mal hinsah, waren da nur der felsige Hügel und der glitzernde Nachthimmel über ihm.

Kapitel 2

Man hörte wieder das Kratzen, als sich Margaret ›Maggie‹ Boyd über den fiebrigen Oberkörper von Jim White beugte. Er strahlte Hitze aus und stöhnte. Margaret legte die Hand über seinen Mund, um ihn ruhigzustellen. Sie hielte die Luft an, bis das Kratzen an der Tür verschwand.

Stille senkte sich über die Kammer.

Wie in einem Grab.

Sie musste ein Lachen unterdrücken, denn wenn sie einmal anfing, könnte sie wahrscheinlich nicht mehr aufhören.

Jim Whites Atem wurde langsamer und er verlor das Bewusstsein. Bei seinem Zustand machte es keinen Unterschied, ob er ohnmächtig geworden oder eingeschlafen war. Unter den gegenwärtigen Umständen beneidete ihn Maggie darum, dass er nichts mehr mitbekam.

Die Attacke kam aus dem Nichts und so unerwartet, sie war sich selbst zwei Tage danach immer noch nicht ganz sicher, was wirklich passiert war.

Ich weiß nicht mal, was sie sind.

Zu viert hatten sie in der fünf Quadratmeter großen Kammer gearbeitet, sie hatten etwa einen Meter tief gegraben: sie selbst, Jim White, Jack Reynolds und Kim Chung Won. Der Lärm war von irgendwo draußen gekommen, durch den Korridor wie von einem Trichter eingefangen und verstärkt. Zuerst lautes Schreien, dann Schüsse, die noch lauter gewesen waren, begleitet von Kreischen. Das Echo hallte durch die Kammer und White hatte als Erster reagiert.

»Aufständische«, sagte er. »Bleibt hier und seid leise, ich werde mal nachsehen.«

Die nächsten Minuten fühlten sich an wie Stunden, unterstrichen von Geheul, Geschrei und weiteren Schüssen, aber Maggie und die anderen wussten, es ist besser, sich hier zu verstecken, als zu riskieren, die Kammer zu verlassen, es war ihre Entscheidung, in ein Kriegsgebiet zu gehen, aber sie brauchten nicht auch noch leichtsinnig zu sein. Sie konnten nur dasitzen, lauschen und sich fragen, was mit ihnen passieren würde, sollte jemand anderes als John White zurückkehren.

White war im Laufschritt zurückgekommen, zwei Minuten, nachdem sie den letzten Schuss gehört hatten. Nicht lange danach waren die Schreie verstummt und die darauffolgende Stille war fast genauso furchteinflößend. Er warf zwei Rucksäcke auf den Boden, drehte sich zur schweren Steintür, die den Eingang zu Kammer verschloss, und presste die Schulter dagegen.

»Helft mir. Wir müssen sie schließen. Schnell, helft mir, sie zu schließen!«, schrie er. Er hatte die Augen weit aufgerissen, war blass im Gesicht und Blut lief aus einer Wunde an seinem Schienbein, aber er sagte nichts mehr, bis die Tür geschlossen war. Alle vier mussten mit anpacken, um sie zu bewegen, aber schließlich schloss sie sich mit einem Knirschen von Stein auf Stein und man sah kaum eine Lücke zwischen Tür und Wand. Margaret wusste nicht, wie sie die Tür jemals wieder aufbekommen sollten, aber das war für White im Moment anscheinend unwichtig.

»Waren es Aufständische?«, fragte Maggie, aber als er etwas erwiderte, beantwortete er ihre Frage nicht. Er war verschwitzt und atmete schwer, die Haare standen ihm zu Berge und der Blick aus seinen weit aufgerissenen Augen wirkte fahrig.

Verflucht, was hat er da draußen gesehen?

»Ich habe einen Funkspruch absetzen können«, sagte White und seine Stimme war wenig mehr als ein Krächzen. »Und ich habe uns ein paar Vorräte besorgt. Wir müssen uns hier verstecken, bis die Kavallerie kommt. Da draußen sieht es schlimm aus.«

»Hast du eine Antwort bekommen?«, fragte Maggie. »Wann werden die uns holen?«

Aber das waren Whites letzte Worte gewesen. Seine Augen rollten nach oben und er wurde ohnmächtig. Sie bauten für ihn ein improvisiertes Bett aus den Rucksäcken, nachdem sie sie ausgeleert hatten. Darin waren mehrere Wasserflaschen, zwei Laibe Weizenbrot und ein Beutel Wurst und Käse. Das war alles, was er in der Eile hatte zusammenraffen können.

Danach hatten sie abwechselnd auf White aufgepasst, geschlafen und sich unterhalten, wobei ihre Gespräche sich immer wieder um das Gleiche drehten und sie sich auf nichts einigen konnten. Ihre einzige Lichtquelle waren zwei tragbare LED-Lampen, die sie bei der Ausgrabung verwendet hatten, und auch wenn sie immer nur eine benutzten, ließ ihre Leuchtkraft immer mehr nach. Es würde nicht lange dauern, bis sie in kompletter Dunkelheit saßen. Wenn es so weit war, würde das Kratzen unerträglicher werden.

Das Geräusch hatten sie das erste Mal gehört, eine Stunde, nachdem White ohnmächtig geworden war. Ein raues Schaben, als würde jemand außen mit einem Stock oder Messer am Boden der Tür entlangfahren.

»Wer ist da?«, rief Reynolds, und das Schaben wurde zu einem fieberhaften Kratzen. Maggie hatte eine Katze zu Hause in Edinburgh und die machte ähnliche Geräusche, beim Versuch unter der Badezimmertür hindurchzukommen, wenn Maggie die Dreistigkeit besaß, etwas Zeit für sich haben zu wollen.

Ich bezweifle, dass da draußen eine Katze ist.

Reynolds hatte ausgesehen, als würde er ein zweites Mal rufen wollen, aber Maggie brachte ihn zum Verstummen, indem sie einen Finger auf seine Lippen legte.

»Ich glaube nicht, dass es rein will, um uns zu helfen. Oder?«

Reynolds sah aus, als hätte er darüber gar nicht nachgedacht und als würde es genügen, wenn er den Mund hielt. Nach ein paar Minuten war es wieder still.

»Aufständische«, flüsterte Kim. »Es müssen welche sein. Jim sagte, es sind Rebellen.«

»Klingt das wie beschissene Aufständische?«, erwiderte Reynolds und lachte bitter, bis das Kratzen erneut begann und sie wieder in Schweigen verfielen. Jetzt konnten sie nur noch warten und hoffen. Wenigstens konnten sie atmen, denn Luft strömte in die Kammer, eine frische Brise, die durch einen Riss in der Wand oben in einer Ecke kam. Aber das Brot war aufgebraucht, genau wie das Fleisch. Sie hatten nur noch vier Flaschen Wasser und etwas Käse.

Aber auch das ging zur Neige, weil White das meiste Wasser brauchte, um zu verhindern, dass sein Fieber nicht unkontrolliert anstieg. Seine Wunde eiterte weit mehr, als zu erwarten war, angesichts der Zeitspanne, seitdem er verwundet worden war. Zuerst hatte Maggie gedacht, es sei eine Schusswunde, aber es ähnelte eher einer Schnittwunde von einer gezackten Klinge und die Wundränder wurden bereits schwarz, klafften auseinander und man konnte durch das Fleisch den Knochen sehen.

»Wir sollten es verbinden«, sagte Kim.