OPERATION LOCH NESS - William Meikle - E-Book

OPERATION LOCH NESS E-Book

William Meikle

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Beschreibung

DIE KREATUREN RUHEN NICHT – ZEIT FÜR DAS S|SQUAD! "Einer der besten Geschichtenerzähler unserer Zeit." - Famous Monsters of Filmland Froh darüber, endlich wieder in heimischen Gefilden zu sein, übernimmt das S|SQUAD einigermaßen sorglos den Auftrag, Berichten über seltsam verstümmelte Tierleichen in den schottischen Highlands nachzugehen. Was soll da schon schiefgehen? Doch es dauert nicht lange, bis das S|SQUAD feststellen muss, dass auch ihr Heimatland nicht immun ist … Irgendetwas fällt mir räuberischer Gier über Tiere und schließlich auch die Bewohner der schottischen Highlands her, und seine Spur führt zu einem ganz bestimmten, mythenumrankten Ort – den dunklen Gewässern von Loch Ness … Monster. Riesige Kreaturen. Kugeln. Und Flüche … jede Menge Flüche. "Schottlands bester Horrorautor." - Ginger Nuts of Horror

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Operation Loch Ness

William Meikle

This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com Title: OPERATION LOCH NESS. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2018. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.

Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.

Impressum

überarbeitete Ausgabe Originaltitel: OPERATION LOCH NESS Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Philipp Seedorf Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-643-6

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Inhaltsverzeichnis

Operation Loch Ness
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Über den Autor

Kapitel 1

Die Überreste – ein Mischmasch aus Blut, Gedärm, Knochensplittern und Fell – waren über einen Kreis mit zehn Metern Durchmesser verstreut auf den Felsen oberhalb des Tauchbeckens, aber andere Teile fielen vor allem durch ihre offensichtliche Abwesenheit auf. Der Schädel lag mit einem erstaunten Ausdruck auf dem nach oben gerichteten Gesicht zwischen ein paar Felsen, aber ein Vorderbein, ein Hinterbein und ein Großteil der inneren Organe waren verschwunden.

»Wo ist der Rest davon?«, fragte Captain John Banks.

Der Mann neben ihm betrachtete weiter die blutigen Überreste und sagte dann tonlos, als wären ihm alle Emotionen verloren gegangen: »Was Sie hier sehen, ist alles, was wir heute Morgen gefunden haben. Wo die andere Hälfte steckt … keine Ahnung.«

Banks fiel auf die Schnelle auch keine Erklärung ein. Außerhalb des Schlachtfeldes hatte er weder bei Mensch noch Tier je eine solch blutige Zerstörung eines Körpers gesehen. Damit rechnete man nicht an einem solch ruhigen Ort im schottischen Hochland.

»Ein Hunderudel vielleicht?« Die Frage war mehr an ihn selbst gerichtet.

»Red’ keinen Unsinn, Cap«, sagte Wiggins hinter ihm. »Welcher irre Köter würde so was hier anrichten? Wir sind ja nicht in Sibirien.«

Banks stand neben der Sauerei aus zerfetzten Körperteilen – der einzige Überrest eines männlichen Eisbären – und versuchte, nicht zu genau darüber nachzudenken, wie groß oder wild das Biest gewesen sein musste, das den armen Zoobären zerlegt hatte. Wiggins hatte allerdings recht. Sie waren nicht in Sibirien, auch wenn der Highland-Wildlife-Park in Ivernessshire mehrere Tiere beherbergte, die in dem seltsamen, verfluchten Zoo, in dem sie damals waren, nicht fehl am Platz gewesen wären. Die Einrichtung in Kingcraig war stolz darauf, so viele Tiere versammelt zu haben, die in Schottland in der Wildnis heimisch sind oder es in früheren Zeiten waren.

Zumindest bis zu den Ereignissen der vorherigen Nacht.

»Die Bullen vor Ort haben keine Ahnung und haben uns gefragt, ob wir ein wenig Licht in die Sache bringen könnten«, hatte der Colonel gesagt, als er Banks an diesem Morgen auf der Basis in Lossiemouth zu sich bestellt hatte. »Ihr Jungs vom S-Squad seid doch fast so was wie Experten für solchen verrückten Scheiß. Also macht euch auf den Weg, checkt die Lage und seht mal, ob das alles irgendeinen Sinn ergibt. Ihr habt natürlich keine rechtlichen Befugnisse und ich rechne auch nicht damit, dass ihr da irgendwas ausrichtet, aber seht mal, was ihr herausfinden könnt und beratet die Leute vor Ort. Taucht aber nicht mit voller Kampfmontur da auf und seid nett zu den Einheimischen. Das ist mehr so eine Art PR-Manöver.«

»Und über was für verrückten Scheiß reden wir diesmal?«, hatte Banks gefragt.

»Tote und verstümmelte Tiere«, hatte der Colonel gesagt, »unten im Wildlife-Park in Kingcraig. Irgendwas ist da reingekommen. Angeblich eine ziemlich blutige Schweinerei.«

Banks wurde es etwas flau im Magen, noch bevor er das Büro seines Vorgesetzten wieder verlassen hatte. Das Gefühl hatte angedauert, während er das Team zusammengetrommelt hatte und es blieb ihm die ganze Fahrt im SUV erhalten.

Das vierköpfige Squad mit der üblichen Besetzung aus Banks, Hynd, McCally und Wiggins hatte die etwas über eine Stunde lange Fahrt größtenteils schweigend verbracht. Es war früh am Morgen, keiner hatte einen Kaffee oder Frühstück gehabt und sie waren noch nicht wirklich wach. Wiggins war sogar auf dem Rücksitz eingeschlafen, sein Schnarchen war lauter als das Geräusch der Reifen auf der Straße und er war erst aufgewacht, als sie die Straße verlassen hatten und in den Wildpark gefahren waren.

Sie durchfuhren ein Tor, das von einem säuerlich dreinblickenden Mann geöffnet wurde, der unhöflich und wortkarg war. Der Weg führte über eine Schotterpiste quer durch raues Marschland. Selbst hier war offensichtlich, dass etwas nicht stimmte. Kleine Gruppen von Wildparkmitarbeitern standen um Bereiche herum, in denen das normalerweise um diese Jahreszeit vertrocknete und braune, sumpfige Grasland großflächig rot gefärbt war.

Der Parkmanager, ein drahtiger Mann im mittleren Alter, der aussah, als könne er von einer starken Windbö davongetragen werden, wartete auf dem Parkplatz auf sie. Er war blass und hatte rotgeweinte Augen. Er führte sie einen felsigen Weg Richtung Norden entlang zum Hauptbereich mit den Tiergehegen.

»Das Schlimmste ist hier oben«, sagte er.

Banks sah nach links, wo ein Areal mit einem hohen Zaun abgegrenzt war. Ein Luchsgehege. Das Tier selbst war in ein Dutzend Teile zerrissen, die auf der hohen Schlafplattform verstreut lagen, die das Gehege überblickte. Eine ganze Seite des Käfigs war weggerissen und zur Seite geschleudert worden – ein verbogenes Rechteck aus Metall, Zaunstücken und Draht, genauso zerfetzt wie das Tier, das dahinter nicht sicher gewesen war. Die Därme des Tieres hingen wie Reihen luftgetrockneter Würste in etwa fünf Meter Höhe vom Ast einer Kiefer.

»Verfluchte Scheiße«, murmelte Wiggins. »Wenn das hier noch nicht das Schlimmste ist, will ich gar nicht wissen, wie der Rest aussieht.«

»Glauben Sie mir, das wollen Sie auch nicht«, sagte der Zooleiter und das flaue Gefühl in Banks’ Magen verschlimmerte sich deutlich.

Und nun standen sie hier und betrachteten die ausgeweidete und teilweise gehäutete Hülle, die als Einziges von dem Bären übrig war. Banks’ Magen revoltierte.

Das wird mal wieder übel.

Der Zooleiter, er hatte sich als David Lang vorgestellt, hatte seit ihrer Ankunft kaum etwas gesagt und schien nun erneut den Tränen nahe. Er musste sich vom Kadaver des Bären abwenden. Banks trat neben ihn.

»Okay, also das hier und der Luchs, den wir gesehen haben und was immer draußen in den Hügeln war, auf unserem Weg hierher«, sagte er. »Wie viel Schaden wurde insgesamt angerichtet?«

»Wir haben den Bären verloren, den Luchs, acht Rotelche, drei Bisons und sechs Karibus«, sagte Lang tonlos, als hätte er es sich eingeprägt, um nicht jedes Mal wieder darüber nachdenken zu müssen, wenn man ihn danach fragte.

»Sonst noch etwas?«

Lang schluchzte.

»Genügt das denn nicht?«

»Was haben Sie sonst noch hier?«

»Eine Wagenladung weitere Elche und Bisons, ein paar Pferde, ein Pärchen Braunbären, vier sibirische Tiger, ein Wolfsrudel mit zwölf Tieren, Wildschweine, Otter, Biber und eine Menge kleinerer Tiere und Vögel, Wasservögel und Greifvögel.«

»Und die sind alle okay?«

»Alle sind nervös wie der Bräutigam in der Hochzeitsnacht«, sagte Lang. »Aber diejenigen, die nicht aus den Käfigen entkommen sind, sind noch am Leben. Was zur Hölle aber ist mit denen hier passiert?«

»Ich hatte gehofft, das könnten Sie mir sagen«, erwiderte Banks. »Hat jemand irgendwas gesehen oder gehört?«

»Der Nachtwächter war in der kleinen Hütte am Tor. Er hat zuerst gegen Morgen die Wölfe gehört, die geheult und gebellt haben, aber das ist normal, wenn eines der Weibchen rollig ist. Dann hat er den Eisbären gehört. Er meinte, es hat sich angehört, als würde jemand ihm einen glühenden Schürhaken in den Arsch schieben – seine Worte, nicht meine. Er hat vielleicht

30 Sekunden gebraucht, um seine Schrotflinte zu holen und sie zu laden. Dann ist er hier hochgerannt, aber bis er da war, sah alles schon so aus wie jetzt. Wenn Sie sich zwischen den Einzelteilen umsehen, entdecken Sie noch die Stelle, wo ihm das Essen wieder hochkam.«

»Er hat sonst nichts gesehen? Irgendwelche Eindringlinge.«

»Sie glauben, das waren Menschen? Welcher Mensch würde so etwas tun?«

Banks antwortete nicht. Er wusste ganz genau, welche Sorte Mensch zu so etwas fähig war. Er hatte in den vergangenen Jahren viele von ihnen durch das Visier seines Gewehrs gesehen. Aber das hier sah nicht aus, als wäre es das Werk von fanatischen Irren gewesen. Es sah aus, als hätte das ein anderes Tier angerichtet, aber er verfügte noch nicht über genug Informationen, um einzuschätzen, was das getan haben konnte.

»Irgendeine Idee, wie, was immer das getan hat, hier reingekommen ist?«, fragte er.

»Das ist der einfache Teil. Kommen Sie mit hier rüber und ich zeige es Ihnen.«

Sie folgten Lang einen Abhang hinab. Das Wolfsgehege auf der linken Seite grenzte an eine höhere Barriere – dahinter lag der offene Teil des Wildparks. Ein langer Abschnitt des Drahtzaunes lag flach auf dem Boden und einige der eisernen Pfosten waren verbogen.

»Verfluchter Mist, Cap«, sagte Wiggins neben Banks. »Ich habe keine Lust, mich mit dem anzulegen, was das angerichtet hat.«

Banks antwortete nicht. Er ging in die Hocke und betrachtete den Boden, suchte nach Spuren, aber das ganze Areal war so nass und aufgewühlt, dass man nur schwer sagen konnte, was den Zaun zerstört hatte.

Banks machte eine ausschweifende Geste in Richtung des offenen Geländes.

»Das ganze Areal vor uns ist ein Teil des Parks?«

»Aye«, sagte Lang. »Oder war es zumindest. Es gibt einen weiteren Zaun auf der Nordseite, in dem ein genauso großes Loch ist. Und der Rest der verdammten Elche und Bisons, die in diesem Gehege waren, sind da hindurch und abgehauen. Das dauert Tage, die Mistviecher alle zusammenzutreiben – wenn es überhaupt machbar ist.«

»Sind irgendwelche der Raubtiere entkommen?«

»Zum Glück nicht. Das Letzte, was die Leute in Kingussie brauchen, wäre, mal kurz vor die Tür zu gehen, um eine zu rauchen und plötzlich einem sibirischen Tiger in der Einfahrt gegenüberzustehen oder ein Wolfsrudel, das am nächsten Fish-’n-Chips-Stand auftaucht.«

»Ein ganz normaler Samstagabend in der Stadt«, sagte Wiggins und verstummte, als ihn Banks scharf ansah, um ihn daran zu erinnern, dass sie im Dienst waren.

»Das andere Loch. Wie weit ist das entfernt?«

»Fast eine Meile durchs Moor«, sagte Lang. »Aber da gibt es nichts zu sehen, was Sie hier nicht auch vor sich haben. Wenn Sie es sich unbedingt ansehen wollen, können Sie mit Ihrem Wagen hinfahren, einfach vor dem Parkplatz nach links abbiegen. Normalerweise kann da jeder entlangfahren. Wir haben Glück, dass die Saison schon fast vorbei ist. Wir müssen wochenlang zumachen, um uns um den ganzen Mist hier zu kümmern.«

»Okay, Männer«, sagte Banks. »Zurück zum SUV. Sehen wir uns die Sache mal an.«

Lang wollte sie nicht begleiten, das sah Banks an seinem Blick. Er nahm an, es lag daran, dass es dort in dem offenen Areal weitere tote Tiere zu sehen gab und mit dieser Vermutung lag er richtig, wie sich fünf Minuten später zeigte, als Wiggins den Wagen mit den vier Männern die Schotterstraße entlangfuhr, die um den offenen Bereich des Parks herumführte.

Das Loch im nördlichen Zaun war nicht zu übersehen, genauso wenig wie die Kadaver weiterer abgeschlachteter Tiere, die dahinter verstreut lagen. Sie waren nicht zu identifizieren, bis Banks aus dem SUV stieg und näher heranging. Das Rotwild war nur an den Geweihen und dem roten Fell zu erkennen. Und anhand des riesigen pelzigen Kopfes und den breiten Hörnern konnte er sehen, dass auch ein Bison hier gerissen worden war. Aber das Fleisch war mit fast chirurgischer Präzision von den Knochen entfernt worden und es war kaum mehr übrig als blutige Skelette und die Schädel.

»Meine Fresse, Cap«, sagte Hynd. »Da hat aber irgendwer Hunger gehabt. In was sind wir da wieder reingeraten?«

»Ich weiß nicht, Sarge«, entgegnete Banks. »Aber was immer es war, es ist hier langgekommen. Machen wir mal einen kleinen Ausflug durch den Zaun und gucken mal, ob es noch was zu sehen gibt.«

Der Colonel hatte ihnen gesagt, sie sollten nicht in voller Kampfmontur in der Öffentlichkeit herumlaufen und Banks war dem bisher nachgekommen. Aber durch die Wildnis zu laufen, war nicht öffentlich und er fühlte sich viel sicherer mit einer Waffe in der Hand, besonders, wenn es immer noch eine hungrige Bestie in der Gegend gab.

»Cally, mach mal den Kofferraum auf und wir holen uns die Pistolen. Wenn wir auf die Jagd geben, sollten wir bewaffnet sein.«

Corporal McCally gab jedem eine Dienstpistole und zwei Magazine. Die Waffenausgabe hatte gemeint, jede hochkalibrige Bewaffnung müsse von ganz oben abgesegnet werden und das war bisher nicht der Fall. Die Pistole fühlte sich in Banks’ Hand zu leicht an, nicht ausreichend, wenn sie etwas erledigen wollten, das mit Leichtigkeit eiserne Pfosten verbog und einen Eisbären tötete.

Es war offensichtlich, dass die anderen Männer der gleichen Meinung waren.

»Vielleicht sollten wir zum Wachmann gehen und uns seine Schrotflinte ausleihen?«, meinte Wiggins.

»Nee. Wir haben schon genug Zeit mit Rumlatschen verschwendet«, entgegnete Banks. »Wir sehen uns mal schnell auf der anderen Seite des Zauns um und wenn wir nichts finden, dann ab zurück in die Einsatzzentrale für ein Stück Pastete und ein Bier.«

»Ich schätze, dass wir nichts finden«, meinte Wiggins und verstummte dann, als Banks ins Gelände voranging, über den matschigen Boden auf die zerfetzten und verbogenen Überreste des Zauns zu.

»Können wir eine rauchen, Cap?«, fragte Wiggins, als sie dem verbogenen Zaun näherkamen. »Die Lunge pfeift schon.«

Technisch gesehen waren sie im Dienst, aber Banks nickte und nahm auch eine, als der Soldat seine Schachtel herumgehen ließ. Er hatte es sich wieder angewöhnt, als sie am Amazonas gewesen waren und trotz mehrerer Versuche, hatte er es in den Monaten seitdem nicht geschafft, das Laster wieder loszuwerden. Nun hatte es ihn wieder in den Fängen und das Bedürfnis war so stark wie eh und je. Er gab sich ihm mit nur geringem Bedauern hin und zündete sich die Zigarette mit einem Zippo an, das er normalerweise in einer Schreibtischschublade hatte. Das »Klick-Ratsch-Klack«, wenn man es öffnete, entzündete und wieder schloss, war ein weiterer Teil des fast beruhigenden Rituals. Er nahm einen tiefen Zug, genoss die Wirkung auf leeren Magen und widmete seine Aufmerksamkeit dann erst dem beschädigten Zaun, der das Areal abgrenzte.

Er war genauso zerfetzt wie der Zaun innerhalb des Parks. Die Pfosten waren verbogen und das Drahtgeflecht niedergetrampelt. Dieses Mal war noch etwas zu sehen neben den Blutspuren auf dem zertrampelten Boden. Man sah deutliche Spuren, mehrere davon, aber Banks konnte sie sich nicht erklären. Sein Sergeant ging neben ihm in die Hocke, um sie sich genauer anzusehen.

»Was zur Hölle haben wir denn hier, Cap? Ist da vielleicht ein weiterer großer Bär entkommen, von dem die uns nichts erzählt haben?«, fragte Hynd.

Die Spuren sahen auf jeden Fall nach etwas Ähnlichem wie einem Bären aus, aber sie waren riesig, jede Spur so groß wie zwei ausgestreckte Hände nebeneinander mit den Daumen aneinandergelegt und beinahe kreisrund, eine große Fläche mit vier deutlich unterscheidbaren Zehen an der Spitze und einer angedeuteten fünften. Jeder Zehenabdruck hatte an der Spitze eine klar erkennbare, scharf umrissene Linie, wo lange Klauen sich in den Matsch gegraben hatten.

»Hast du schon mal einen so großen Bären gesehen?«, fragte Banks.

»Nun«, meinte Wiggins hinter ihm, »das war das eine Mal, als die Frau vom Sarge einen Bikini anhatte.«

Hynd salutierte mit zwei Fingern in Richtung Wiggins und drehte sich wieder zu Banks um.

»Im Ernst, Cap, wonach suchen wir hier?«

»Im Moment können wir nur sicher sagen, dass es aussieht wie irgendein großes, ein sehr großes Säugetier. Es hat vier Beine, wenn ich die Spuren richtig lese und es ist ein Raubtier«, entgegnete Banks.

»Na, Gott sei Dank«, meine Wiggins mit einem Grinsen. »Ich hatte schon Sorge, wir hätten es mit einem riesigen Känguru zu tun. Die sind tödlich gefährlich.«

Ein Blick von Banks war genug, um den Soldaten zum Schweigen zu bringen. Banks führte das Squad an, stieg über den zerstörten Zaun hinweg und ließ den Blick über das wilde Moor dahinter schweifen.

Sie standen auf einer Anhöhe und vor ihnen erstreckte sich eine Senke, die etwa eine Meile breit und mit schwarzen, sumpfigen Pfützen übersät war. Mückenschwärme zogen träge dahin, aber sonst bewegte sich nichts. Die Spuren, die sie gesehen hatten, führten hinab in die Senke, wo sie sich erneut im nassen, aufgewühlten Schlamm verloren. Banks schätzte seine Position anhand des Sonnenstands ab.

»Die Spuren führen fast direkt nach Nordwesten. Da gibt es nichts weiter als unebenes Gelände bis zu den Hügeln und Loch Ness dahinter.«

»Und wenn wir durch den Sumpf kommen, gibt es dahinter noch genug Büsche und Wäldchen, wo sich ein wildes Tier verstecken könnte«, meinte Hynd. »Wir sind nicht für einen Gewaltmarsch oder eine Jagd ausgerüstet, Cap.«

»Mach dir da mal keine Sorgen, Sarge«, erwiderte Banks. »Unsere Befehle lauteten nur, Aufklärung zu betreiben und die Einheimischen nicht in Aufregung zu versetzen. Beides haben wir erledigt. Wir fahren zurück, erzählen dem Colonel, dass wir keinen Plan haben, und dann gibt’s Pastete und Bier, wie ich erwähnt habe.«

Banks wusste genau, dass es nicht so einfach werden würde – das war es in dem Job nie –, aber sie würden nichts erreichen, wenn sie mit der falschen Ausrüstung durch einen nassen Sumpf marschierten und ein vermutlich gefährliches Tier jagten.

»Zurück zum SUV, Männer«, sagte er. »Wir melden uns beim Parkleiter und sehen mal, ob sich was getan hat, dann fahren wir zurück und essen was.«

Kapitel 2

Der Parkleiter hatte nichts Neues zu berichten und schien nicht einmal mitzubekommen, als sie abfuhren. Er stand mit einer brennenden Zigarette in den Fingern, die er nicht einmal zu bemerken schien, an der Tür des verlassenen Besucherzentrums und starrte mit leerem Blick auf den Parkplatz hinaus, der leer war, abgesehen vom SUV des Squads und vier anderen Wagen. Banks nahm an, dass sie den Angestellten gehörten, die noch in der Einrichtung waren. Banks konnte es aus der Entfernung nicht sicher sagen, aber es sah so aus, als hatte Lang erneut geweint.

»Vielleicht sollten wir bleiben und sehen, ob wir helfen können, Cap?«, fragte McCally, während Wiggins den Wagen vom Parkplatz fuhr und den Hügel hinab auf die Hauptstraße zusteuerte.

»Die zivilen Behörden wollen sicher nicht, dass wir unsere Nase da reinstecken«, entgegnete Banks, »und der Colonel auch nicht. Glaubt mir, Männer. Das ist wieder ein riesiger Haufen Scheiße, der sich demnächst über irgendwen ergießen wird und die werden jemandem die Schuld geben wollen. Also Kopf einziehen und Klappe halten, ihr kennt ja den Ablauf. Wir können uns glücklich schätzen, dass die Presse noch keinen Wind davon bekommen hat. Sonst wären wir in den Abendnachrichten aufgetaucht und die Kacke wäre erst so richtig am Dampfen.«

»Ruhm – endlich«, sagte Wiggins mit einem Grinsen und musste dann auf die Straße achten, als sie an der schmalen Abzweigung auf die Hauptstraße ankamen und zwei Kleinbusse an ihnen vorbeiwollten. Einer der Fahrer hupte heftig und Wiggins zeigte ihm den Mittelfinger, beschimpfte ihn als Wichser und fuhr weiter, ohne anzuhalten. Der zweite Van, der in die Straße einbiegen wollte, musste scharf bremsen, um nicht auf den ersten aufzufahren, und dann hatte Wiggins den Wagen vorbeigesteuert und hinter ihnen setzte ein Hupkonzert ein.

»Verfluchte Amateure«, murmelte Wiggins.

Banks sah nach hinten, um zu überprüfen, ob sie nicht einen Unfall verursacht hatten. Beide Vans fuhren vorsichtig in die Abzweigung und er konnte sie von der Seite sehen und das Logo darauf. Einer war von BBC Schottland, der andere von einer örtlichen Zeitung.

Gerade noch rechtzeitig rausgekommen.

»Holt mir schon mal ein Stück Pastete und ein Bier«, sagte Banks zu Hynd, als sie wieder in Lossiemouth waren und den SUV abgestellt hatten. »Ich bin gleich bei euch. Muss nur dem Boss Bericht erstatten und das wird nur eine Minute dauern.«

Es dauerte viel länger als erwartet. Der Colonel war am Telefon und Banks musste zehn Minuten warten, bis das Gespräch zu Ende war, bevor man ihn eintreten ließ. Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass er noch nicht einmal gefrühstückt hatte, aber er blieb im Stuhl gegenüber der Sekretärin des Colonels sitzen. Wenn sein Vorgesetzter wusste, dass er zurückgekommen war und noch keinen Bericht abgeliefert hatte, wären seine Eier in der Pastete und kein Hammelfleisch.

Irgendwann ließ man ihn ins Büro des Colonels. Der Offizier hörte ihm zuerst schweigend zu, sog dann geräuschvoll die Luft durch die Zähne, bevor er antwortete.

»Das gefällt mir gar nicht, John.«

»Es ist schlimm für den Wildpark, das stimmt auf jeden Fall, Sir. Der ganze verlorene Umsatz, weil sie schließen müssen und das kommt noch zum Verlust der Tiere an sich dazu«, entgegnete Banks. »Aber, wie Sie mir heute Morgen gesagt haben, liegt das nicht in unserer Zuständigkeit. Die brauchen da draußen auf den Hügeln ein paar Wildhüter, um die geflohenen Tiere einzufangen und herauszufinden, was die anderen getötet hat, nicht ein paar Soldaten, die rumlaufen und etwas suchen, worauf sie schießen können.«

»Wenn es nur der Park wäre, würde ich mir keine solchen Sorgen machen«, sagte der Colonel und Banks hatte erneut dieses flaue Gefühl im Magen und wusste, er würde nicht so bald zu seiner Pastete und dem Bier kommen, da sein Vorgesetzter fortfuhr. »Deswegen hing ich vorhin an der Strippe, als Sie reingekommen sind. In der Gegend geht schon seit ein paar Wochen Verdächtiges vor sich. Die örtliche Polizei und die Kreisverwaltung haben versucht, das unter den Teppich zu kehren, aber die Bauern in der Gegend haben sich schon bis an die Zähne bewaffnet, die Gerüchte machen die Runde und jetzt die Sache im Park …«

Er verstummte. Banks hatte den Bus der BBC gesehen und vermutete, dass die Neuigkeiten sich schon in der ganzen Stadt herumgesprochen hatten, oder das zumindest bald der Fall war. Er zögerte, die nächste Frage zu stellen, und ging davon aus, sich damit Ärger einzuhandeln, aber die Stille zog sich in die Länge, also beendete er sie.

»Inwieweit verdächtig, Sir?«

Der Colonel erzählte es ihm und er ging, um dem Squad zu sagen, dass sie mit dem Trinken noch etwas warten mussten. Sie waren wieder im Dienst.

»Verschwundene Schafe? Verstümmelte Rinder?«, meinte Wiggins, als sie sich nach einem kurzen Briefing bereitmachten. »Was zur Hölle soll der Scheiß jetzt wieder? Die schottische Version von Akte X? Wieso müssen wir immer bei diesem verrückten Mist antreten?«

»Weil der Colonel weiß, dass dir das so gut gefällt«, entgegnete Hynd.

»Und keine Sorge, Wiggo«, ergänzte McCally, »wenn irgendwelche kleinen grünen Männchen auftauchen, passen wir auf, dass sie dir keine Sonde in den Arsch schieben. Zumindest nicht zu lange. Wir wissen doch alle, dass dir das gefällt.«