Parker und die "Stimmen aus dem Jenseits" - Günter Dönges - E-Book

Parker und die "Stimmen aus dem Jenseits" E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Besuch um diese Zeit?« Mißtrauisch blickte Agatha Simpson von der Pralinenschachtel auf, die noch eben ihre volle Aufmerksamkeit beansprucht hatte. »Falls Mylady keine Einwände erheben, würde man sich zur Haustür begeben und nachsehen, wer geläutet hat«, bot Josuah Parker an. »Aber lassen Sie niemand herein, Mister Parker«, wies die ältere Dame ihn an. »Ich möchte noch ein Stündchen meine Ruhe haben.« »Selbstverständlich wird man bemüht sein, Myladys Wünschen in vollem Umfang gerecht zu werden«, versicherte der Butler und lenkte würdevoll seine Schritte in Richtung Haustür. Der Mann mit dem glatten, undurchdringlichen Gesicht eines professionellen Pokerspielers erinnerte äußerlich an einen hochherrschaftlichen Butler des 19. Jahrhunderts. Aber auch seine Umgangsformen und seine Höflichkeit schienen aus vergangenen Zeiten zu stammen. »Es handelte sich lediglich um den Briefboten«, meldete Parker, als er gleich darauf in den Salon zurückkehrte. Auf dem silbernen Tablett, das er in der Hand hielt, lag ein großer, weißer Umschlag aus luxuriösem Büttenpapier. »Wer schreibt mir?« wollte die Hausherrin neugierig wissen. Wunschgemäß drehte der Butler den Brief um. Der Absender war nicht – wie Myladys Anschrift – mit der Hand geschrieben, sondern in altertümlich verschnörkelten Buchstaben gedruckt. »Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte«

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Butler Parker – 230 –

Parker und die "Stimmen aus dem Jenseits"

Günter Dönges

»Besuch um diese Zeit?« Mißtrauisch blickte Agatha Simpson von der Pralinenschachtel auf, die noch eben ihre volle Aufmerksamkeit beansprucht hatte.

»Falls Mylady keine Einwände erheben, würde man sich zur Haustür begeben und nachsehen, wer geläutet hat«, bot Josuah Parker an.

»Aber lassen Sie niemand herein, Mister Parker«, wies die ältere Dame ihn an. »Ich möchte noch ein Stündchen meine Ruhe haben.«

»Selbstverständlich wird man bemüht sein, Myladys Wünschen in vollem Umfang gerecht zu werden«, versicherte der Butler und lenkte würdevoll seine Schritte in Richtung Haustür.

Der Mann mit dem glatten, undurchdringlichen Gesicht eines professionellen Pokerspielers erinnerte äußerlich an einen hochherrschaftlichen Butler des 19. Jahrhunderts. Aber auch seine Umgangsformen und seine Höflichkeit schienen aus vergangenen Zeiten zu stammen.

»Es handelte sich lediglich um den Briefboten«, meldete Parker, als er gleich darauf in den Salon zurückkehrte. Auf dem silbernen Tablett, das er in der Hand hielt, lag ein großer, weißer Umschlag aus luxuriösem Büttenpapier.

»Wer schreibt mir?« wollte die Hausherrin neugierig wissen. Wunschgemäß drehte der Butler den Brief um. Der Absender war nicht – wie Myladys Anschrift – mit der Hand geschrieben, sondern in altertümlich verschnörkelten Buchstaben gedruckt.

»Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte«, las Parker vor. Die Straße, in der diese Gesellschaft ihren Sitz hatte, lag im piekfeinen Londoner Stadtviertel Chelsea.

»Was für eine Gesellschaft?« fragte Agatha Simpson überrascht.

»Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte«, wiederholte Parker.

»Außersinnliche Kontakte?« Die ältere Dame runzelte die Stirn. »Bitte öffnen Sie den Brief, Mister Parker, und lesen Sie vor, was diese komische Gesellschaft mir mitzuteilen hat.«

»Wie Mylady wünschen.« Parker setzte das Tablett ab, nahm den vergoldeten Brieföffner zur Hand und schlitzte den Umschlag auf. Er enthielt lediglich eine gedruckte Einladungskarte. Allerdings ließ schon die aufwendige Aufmachung – goldgeprägte Lettern auf dunkelblauem Samt – ahnen, daß die »Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte« keine arme Gesellschaft war.

»Hochverehrte Damen und Herren!« las der Butler vor. »Die schwierigen Zeiten, in denen unsere Nation steht, sind auch an den Spitzen der britischen Gesellschaft nicht spurlos vorübergegangen. Gerade Menschen, die erhöhte Verantwortung tragen, fragen sich tagtäglich, was die Zukunft in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht bringen mag.«

»Das kann ich wirklich nur bestätigen«, unterbrach die Hausherrin. »Lesen Sie bitte weiter, Mister Parker.«

»Wer möchte da nicht die Fähigkeiten eines Hellsehers besitzen!« fuhr der Butler fort, aus der Einladung zu zitieren. »Sie, hochverehrte Damen und Herren, gehören zu den Auserwählten, die in die Zukunft sehen können, wenn Sie nur wollen.«

»Das stimmt!« bestätigte Lady Agatha sichtlich geschmeichelt. »Der Absender scheint mich zu kennen.«

»Der Text ist aber noch nicht zu Ende, falls man sich diesen kleinen Hinweis erlauben darf«, wandte Parker ein und las weiter vor: »Wir schätzen uns überglücklich, Ihnen gegen einen bescheidenen Unkostenbeitrag bieten zu können, was normalen Sterblichen verwehrt ist. Sie haben die einmalige Gelegenheit, einen der größten Seher unseres Jahrhunderts über Ihr persönliches Schicksal zu befragen. Giancarlo Augurelli, der von dem begnadeten Hanussen in der Stunde seines Todes in alle Geheimnisse des Übersinnlichen eingeweiht wurde, weilt für kurze Zeit in London.«

»Wer ist für kurze Zeit in London?« fragte Lady Agatha, die einen Moment nicht zugehört hatte.

»Ein gewisser Mister Augurelli, der angeblich über die Fähigkeit verfügt, in die Zukunft zu sehen«, gab der Butler Auskunft. »Die Gesellschaft schreibt auch noch, daß Mister Augurelli bereit sei, Gespräche mit verstorbenen Angehörigen zu vermitteln.«

»Wirklich?« fragte Lady Agatha gedehnt und schob sich die letzten beiden Pralinen gleichzeitig in den Mund, »Wie macht er das?«

»Bedauerlicherweise ist meiner Wenigkeit kein Verfahren bekannt, das es erlauben würde, mit Verblichenen in Kontakt zu treten«, entgegnete Parker.

»Wahrscheinlich ist es auch besser, die Toten ruhen zu lassen«, stimmte Mylady zu. »Aber was dieser – wie hieß er noch, Mister Parker?«

»Mylady geruhen offensichtlich, Mister Augurelli zu meinen«, half der Butler nach.

»Richtig, Gaurunelli! Das wollte ich doch sagen ...«, behauptete die Dame des Hauses. »Also – was dieser Raugunelli über meine wirtschaftliche Zukunft zu sagen hat, werde ich mir auf jeden Fall anhören. Gerade als alleinstehende Dame muß man heutzutage umfassend orientiert sein, damit man nicht irgendwann mittellos dasteht.«

Jeder andere als Josuah Parker hätte über Myladys Befürchtungen gelächelt, denn ihr Vermögen war ebenso unermeßlich wie ihr Geiz. Aber auf dem glatten Gesicht des Butlers zeigte sich keine Regung.

»Mylady beabsichtigen, Mister Rander zu entlassen und sich eines anderen Vermögensberaters zu bedienen?« erkundigte er sich gelassen.

»Das habe ich damit nicht gesagt«, entgegnete die passionierte Detektivin. »Aber man sollte sich immer aller Informationen bedienen, die einem Menschen zugänglich sind.«

»Mylady haben mit dieser Feststellung mitten ins Schwarze getroffen, falls man sich einmal dieser volkstümlichen Ausdrucksweise bedienen darf«, kommentierte Parker höflich. »Auch meine bescheidene Wenigkeit ist stets bemüht, nach dieser Maxime zu leben.«

»Daß Sie sich darum bemühen, Mister Parker, will ich Ihnen ja zugestehen«, räumte Mylady großzügig ein. »Aber im Ernstfall fehlt es Ihnen dann doch an Erfahrung und Urteilsvermögen. Einer Detektivin meines Ranges werden Sie kaum das Wasser reichen können.«

»Nie würde meine Wenigkeit es wagen, dieser Äußerung zu widersprechen«, versicherte Parker durchaus wahrheitsgemäß.

»Und wann hält dieser Mister Pirelli seinen Vortrag?« kam die Hausherrin zum Thema zurück.

»Soweit der Einladung zu entnehmen ist, handelt es sich nicht um einen Vortrag, sondern um eine Séance«, wandte der Butler ein.

»Eine was?« fragte Agatha Simpson entgeistert.

»Eine Séance ist eine spiritistische Sitzung, falls man sich diesen Hinweis erlauben darf«, gab Parker Auskunft.

»Sie tun gerade so, als ob mir das nicht bekannt wäre, Mister Parker!« entgegnete die Hausherrin entrüstet. »Natürlich weiß ich, was eine Melange ist! Ich habe Sie nur nicht verstanden, weil Sie so undeutlich gesprochen haben.«

»Man bittet Mylady in aller Form um Vergebung für diese phonetische Nachlässigkeit«, erklärte der Butler. »Man wird sich in Zukunft einer noch klareren Aussprache befleißigen.«

»Und was verstehe ich unter einer spiritistischen Sitzung, Mister Parker?« wollte die Detektivin wissen.

»Mylady denken vermutlich an eine Zusammenkunft, die dazu dient, Geister zu beschwören«, antwortete Parker.

»Genau das ist es«, bestätigte Lady Agatha. »Wann findet diese Geisterbeschwörung statt, Mister Parker?«

»Morgen abend um zehn Uhr, soweit man der Einladung Glauben schenken darf«, informierte der Butler die Lady.

»Dann sorgen Sie dafür, daß mein Wagen rechtzeitig startklar ist, Mister Parker«, befahl die ältere Dame. »Dieses Ereignis werde ich mir nicht entgehen lassen.«

*

Als Parker sein hochbeiniges Monstrum vor dem Sitz der »Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte« ausrollen ließ, war es 22.30 Uhr vorbei. Mylady hatte für die kleine Verspätung gesorgt, weil die Auswahl der passenden Garderobe doch eine gewisse Zeit in Anspruch nahm.

Schließlich hatte sie sich nach langem Hin und Her für das rustikale Tweedkostüm entschieden, das ihre beängstigende Körperfülle noch am sichersten zu bändigen wußte. Dazu passend trug Mylady derbe Schnürschuhe mit zünftigen Profilsohlen und eine Kopfbedeckung, die sie hartnäckig als Hut zu bezeichnen pflegte, obwohl das Gebilde eher einem gründlich mißratenen Napfkuchen ähnelte, in dem zwei stählerne Bratspieße steckten.

»Ohne mich wird er ja wohl nicht anfangen«, meinte Agatha Simpson zuversichtlich, während sie ächzend und mit Parkers unauffälliger Hilfe ihre wogende Fülle durch die Autotür ins Freie bugsierte.

Die in klassizistischem Stil errichtete Gründervilla machte einen düsteren Eindruck. Nur das Portal mit den marmornen Stufen war schwach beleuchtet. Parker registrierte nur wenige repräsentative Fahrzeuge vor dem Haus. Die Einladung schien an einen kleinen, erlauchten Kreis ergangen zu sein.

Ein Diener in dunkelblauer Livree öffnete ihnen die Tür und geleitete sie in die Eingangshalle, wo ein zweiter Mann Mylady mit ausgesuchter Höflichkeit begrüßte. Er war ähnlich gewandet wie Parker, balancierte aber einen beeindruckenden Bauch vor sich her und schien mindestens zehn Jahre jünger.

»Die Gesellschaft zur Förderung außersinnlicher Kontakte ist überglücklich, Sie an diesem Abend begrüßen zu dürfen, Mylady«, versicherte er. »Darf ich Sie höflich darauf aufmerksam machen, daß der Meister gerade mit seinen ersten Demonstrationen beginnen will? Ich würde Sie deshalb bitten, mir unverzüglich in den Sitzungsraum zu folgen.«

Er ging schon voran, und Mylady folgte ihm. Doch als auch Parker sich anschloß, hob der Mann mit einer abwehrenden Geste die Hände. »Dienstboten haben zu den Sitzungen keinen Zutritt«, erklärte er, an Mylady gewandt. »Sie verstehen: die Diskretion!«

»Natürlich«, stimmte Agatha Simpson spontan zu. »Mister Parker, Sie dürfen hier auf mich warten.«

»Wie Mylady wünschen«, sagte der Butler mit einer steifen Verbeugung. Während seine Herrin und der Mann im Covercoat hinter einer schweren Mahagonitür verschwanden, drehte Parker gemessenen Schrittes eine kleine Runde durch die weitläufige Eingangshalle. Der Diener hatte neben der Haustür Posten bezogen und würdigte ihn keines Blickes.

Parker hatte seine kurze Inspektion noch nicht beendet, als die Mahagonitür wieder geöffnet wurde und der schwarzgekleidete Mann heraustrat. »Sie können dort auf Ihre Herrin warten«, erklärte er und zeigte auf eine Bank in der Nähe der Haustür.

»Meine bescheidene Person würde es vorziehen, sich ein wenig im Haus umzusehen, falls man diesen Wunsch äußern darf«, entgegnete Parker.

»Im Haus umsehen?« Der Mann sah Parker ungläubig an. »Das geht nicht. Außerdem gibt es hier auch gar nichts zu sehen.«

»Man darf doch wohl von der Annahme ausgehen, daß Ihre geschätzte Gesellschaft über eine Bibliothek mit einschlägiger Fachliteratur verfügt«, gab Parker zur Antwort. »Auch Angehörige der dienenden Stände sollten keine Gelegenheit verstreichen lassen, sich weiterzubilden.«

»Schön und gut – aber wir sind erst vor kurzem in dieses Haus eingezogen«, entgegnete der Mann mürrisch. »Die Bibliothek befindet sich noch an einer anderen Stelle.«

»Ein Umstand, den meine Wenigkeit außerordentlich bedauert«, versicherte Parker. »Dann wird man die Gelegenheit wahrnehmen, ein wenig die eindrucksvolle Architektur dieses Gebäudes zu studieren.«

»Was wollen Sie?« fragte der Mann ärgerlich. »Architektur studieren? Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Setzen Sie sich brav auf die Bank und warten Sie, bis Ihre Herrin wiederkommt. Sonst zwingen Sie mich noch, ungemütlich zu werden!«

Wenn der Mann geglaubt hatte, Parker durch diese Drohung einschüchtern zu können, sah er sich gründlich getäuscht. Als habe er nichts gehört, schritt der Butler zu der breiten Treppe, die ins Obergeschoß führte. Gerade wollte er die rote Absperrkordel aushaken, da platzte dem Mann der Kragen.

»Halt!« rief er und stürmte hinter dem Butler her, so schnell sein hinderlicher Bauch dies erlaubte. »Jetzt ist aber Schluß!«

Aus den Augenwinkeln registrierte Parker, wie der Mann im Laufen eine Stahlrute zog. Der blitzschnelle Schlag, den er mit diesem gefährlichen Instrument ausführte, saß präzise. Allerdings hatte der Angreifer nicht einkalkuliert, daß Parkers schwarzer Bowler, den manche Zeitgenossen auch »Melone« nannten, mit solidem Stahlblech gefüttert war.

Beim Aufschlag auf diesen unvermutet widerstandsfähigen Untergrund federte die Rute derart heftig zurück, daß der Mann vor Schmerz jaulte wie ein getretener Hund. Jammernd ließ er die Schlagwaffe fallen und musterte wütend die schmerzende Hand.

»Unbesonnenheit war noch selten ein guter Ratgeber, falls man sich diese Anmerkung erlauben darf«, belehrte der Butler ihn und rückte seinen Bowler zurecht, der nur etwas verrutscht war.

Doch der Mann war – noch – nicht bereit, Parkers wohlgemeinte Lehren anzunehmen. Im Gegenteil! Mit Schaum vor dem Mund stierte er den Butler haßerfüllt an. Dann bückte er sich überraschend, um die am Boden liegende Waffe wieder in die Hand zu bekommen.

Parker, der mit dieser feindseligen Geste schon gerechnet hatte, ließ prompt seinen altväterlich gebundenen Universal-Regenschirm vom angewinkelten Unterarm senkrecht in die Höhe steigen. Im nächsten Moment hatte er die Spitze in der Hand und ließ den bleigefüllten Bambusgriff einen Halbkreis beschreiben, dessen Endpunkt durch die Knöchel seines Gegners markiert wurde.

Unwiderstehlich schmiegte sich der Griff um die Fußgelenke des Mannes und riß ihm buchstäblich die Beine unter dem schwergewichtigen Leib weg. Parkers Angriff kam für den Mann so überraschend, daß er einen Moment waagerecht in der Luft schwebte – wie ein Schwimmer, der gerade einen perfekten Startsprung absolviert hat. Auf Dauer konnte er sich der Wirkung der Schwerkraft jedoch nicht entziehen.

Klatschend landete er auf den spiegelblank polierten Marmorfliesen, wobei ihm sein sonst hinderlicher Bauch als Polster zugutekam. Mit ausgebreiteten Armen und Beinen rutschte er noch ein Stück durch die geräumige Eingangshalle, bevor er es sich auf dem kühlen Boden zu einem Schläfchen bequem machte.

Für den Diener an der Haustür war der kleine Zwischenfall das Signal, sein scheinbares Desinteresse aufzugeben. Mit hastigen Schritten, die gar nicht zu seiner würdevollen Livree passen wollten, kam er auf den Butler zu und griff unterwegs nach einem schweren Bronzeleuchter.

Allerdings schaffte er es nicht mehr, sein Wurfgeschoß in Parkers Richtung zu schleudern. Der Butler, der seinen Universal-Regenschirm inzwischen wieder am Griff gefaßt hatte, ließ die bleigefüllte Spitze nur leicht gegen das Handgelenk des Dieners tippen.

Wie“ von einem Stromschlag getroffen, zuckte der Mann zusammen. Achtlos ließ er den Leuchter fallen und rieb wimmernd sein schwellendes Handgelenk.

»Der kleine, aber leider unvermeidliche Schmerz wird sofort nachlassen, falls man sich diesen Hinweis erlauben darf«, erklärte der Butler und hielt dem Diener ein Sprühfläschchen unter die Nase.

Ein Druck auf den Knopf, und der Mann verdrehte erstaunt die Augen. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Einige Schritte torkelte er noch ziellos hin und her. Dann ging er allmählich in die Knie und bettete sich mit einem erlösten Seufzer neben seinen Kollegen. Bevor er endgültig die Augen zu einem Nickerchen schloß, warf er Parker noch einen dankbaren Blick zu.

»Die Herren werden sich auf dem kühlen Boden noch eine Erkältung zuziehen«, stellte der Butler mißbilligend fest, doch seine außer Gefecht gesetzten Gegner schienen an wohlgemeinten Ratschlägen nicht interessiert. Deshalb lud Parker sich zunächst den Diener auf die Schulter und plazierte ihn sorgfältig auf der Bank an der Tür, so daß er nicht herunterrutschen konnte. Anschließend ließ er auch den Mann im Covercoat am Traumspray schnuppern und setzte ihn dann in einen der ledernen Sessel, die in Gruppen in der Eingangshalle standen.

Beide wirkten ausgesprochen friedlich, als Parker sich lautlos auf den Weg machte, um das Innere der Villa näher in Augenschein zu nehmen.

*

Im Obergeschoß, so stellte der Butler schnell fest, gab es tatsächlich nichts Interessantes zu sehen. Die Räume waren leer und offenbar seit längerem nicht bewohnt. Deshalb ging Parker nach kurzer Inspektion wieder ins Untergeschoß. Die Männer saßen immer noch so, wie er sie hingesetzt hatte. Beide wirkten, als hätten sie ihre dienstlichen Pflichten vergessen und seien von Müdigkeit übermannt worden.

Lauschend blieb der Butler vor der Tür stehen, hinter der Mylady verschwunden war. Außer undeutlichem Raunen waren jedoch keine Geräusche zu vernehmen. Auch ein Blick durchs Schlüsselloch brachte wenig Aufschluß, da der Raum hinter der Tür nur schwach beleuchtet war.