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Wir alle lieben unsere Pferde und wollen das Beste für sie, aber manchmal merken wir gar nicht, wie sehr wir uns wie Nervensägen oder Dauernörgler dem Pferd gegenüber präsentieren. Genauso schnell ist es passiert, dass wir - den Pferderücken gerade erst erklommen - unsere Pferde nicht reiten, sondern so bedienen als wären sie Motorräder: Gas geben, Bremsen, Lenken. Wir vergessen nur allzu schnell, dass unsere Pferde denkende Wesen sind, die in der Lage sind, sehr selbstständig gestellte Aufgaben zu erledigen. Dieses unterhaltsame Buch gibt Anleitungen, wie Sie in die Haut Ihres Pferdes schlüpfen können, um dann festzustellen: Sie fühlen genauso wie wir. Den erhobenen Zeigefinger werden Sie jedoch weniger finden, denn das Buch versucht vielmehr auf unterhaltsame Art kleine Geschichten zu erzählen, die Ihr Verhältnis zu Ihrem Pferd nachhaltig verändern werden.
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Seitenzahl: 70
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Wir alle lieben unsere Pferde und wollen das Beste für sie, aber manchmal merken wir gar nicht, wie sehr wir uns wie Nervensägen oder Dauernörgler dem Pferd gegenüber präsentieren. Genauso schnell ist es passiert, dass wir - den Pferderücken gerade erst erklommen - unsere Pferde nicht reiten, sondern so bedienen als wären sie Motorräder: Gas geben, Bremsen, Lenken. Wir vergessen nur allzu schnell, dass unsere Pferde denkende Wesen sind, die in der Lage sind, sehr selbstständig gestellte Aufgaben zu erledigen.
Dieses unterhaltsame Buch gibt Anleitungen, wie Sie in die Haut Ihres Pferdes schlüpfen können, um dann festzustellen: Sie fühlen genauso wie wir.
Den erhobenen Zeigefinger werden Sie jedoch weniger finden, denn das Buch versucht vielmehr kleine Geschichten zu erzählen, die Ihr Verhältnis zu Ihrem Pferd nachhaltig verändern werden.
Die Autorin Nicola Steiner wurde am 23.10.1965 geboren und lebt mit ihren beiden erwachsenen Kindern im Bergischen Land bei Köln. Sie arbeitet als Natural Horsemanship-Trainerin und hilft ihren Kunden dabei, das eigene Pferd besser zu verstehen. Gelernt hat sie aber das Handwerk der Redakteurin und ist Diplom-Medienwirtin. Da das Schreiben und Geschichten erzählen ihre Leidenschaft ist, hat sie zwei Blogs: Einen Horsemanship- und einen Turnierblog.
„The horse knows ...
He knows if you know ...
he also knows, if you don't know.“
Ray Hunt
Einführung: Pferde vermenschlichen - ein No-Go?
Der Horseman's Handshake oder die Frage nach der Erlaubnis
Die Nachteile des Halsrings – was ist die richtige Ausrüstung?
Bodenarbeit, die Pferd und Mensch Spaß macht
Die Geschichte vom Kopierer
Jeden einzelnen Schritt herausreiten oder lieber doch nicht?
Warum ein Klaps nicht dasselbe ist wie ein Klaps
Wenn es ums nackte Überleben geht
Sinnlos von A nach B geschickt werden versus Milchwagenspiel
Ich arbeite nur mit positiver Verstärkung – sinnvoll oder nicht?
Statt Pferde clickern mal Kinder clickern
Warum Ignorieren nicht der Weisheit letzter Schluss ist
Wenn das Führen fast zum Würgen wird
Sinn und Unsinn von Stimmkommandos
Join up versus Catching Game nach Parelli
Der Pferdeanhänger als Käfig auf vier Rädern
Um jeden Preis durchsetzen oder die Sache mit den Mietpferden
Die Sache mit der Aufsteighilfe
Statt Nachwort – einer meiner Artikel für ein Pferdeportal: Umgekehrte Psychologie bei Pferden
Empfehlung: Das Erstlingswerk von Nicola Steiner: Die Lüge vom Sozialstaat – eine Satire
Danksagung
Das hört der Pferdemensch doch landauf, landab, dass er Pferde nicht vermenschlichen soll. Zumindest dann nicht, wenn es darum geht, dass man Pferde vor allem deswegen im Winter im warmen Stall unterbringt, weil wir selbst im Winter so frieren.
Ich möchte also vorweg schicken, dass ich kein Freund davon bin, Pferde im Winter in Decken einzupacken, denn Pferde fühlen sich bei Temperaturen zwischen 5 Grad und 15 Grad am Wohlsten. Erst ab minus 15 Grad setzt die Thermoregulation ein1. Außerdem können sich die Haare unter einer Decke nicht aufrichten und so fällt es dem Pferd damit eher schwerer, sich selbst warm zu halten. Alles in allem: Da wo das Pferd eine andere Anatomie hat als der Mensch, sollten wir das Vermenschlichen tunlichst vermeiden. Das gilt übrigens auch für das Gebiss. Auch hier wird gesagt, man solle sich vorstellen, man selbst hätte einen Metalllöffel im Mund. Aber ich unterstelle jetzt einfach mal, dass wir uns das genauso wenig vorstellen können, wie das Gefühl bei Minusgraden ohne Kleidung zu sein. Wir haben ja keinen zahnfreien Bereich im Mund und wenn ich mir einen Löffel im Mund vorstelle, berührt er zwangsläufig meine Zähne – das ist bei Pferden anders.
Auch plädiere ich dafür, dass wir die Pferde so behandeln, wie es ihrer Art entspricht und wir als Mensch die Pferdesprache so gut lernen, wie es uns möglich ist. Genau das wird ja auch von den Vertretern des Natural Horsemanship propagiert: ein natürlicher Umgang mit dem Pferd, indem wir lernen wie Pferde zu denken. Wenn wir also nicht unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche aufs Pferd übertragen wollen, was bleibt denn dann übrig vom „Pferde vermenschlichen – aber richtig?“
Es geht um Empathie, denn im Großen und Ganzen empfinden Pferde sehr ähnlich wie wir. Es gibt zudem viel, was wir Menschen von Pferden lernen können, denn durch die Zivilisation haben wir viele Fähigkeiten und Empfindungsmöglichkeiten in die Tiefen unseres Bewusstseins gestoßen und haben beispielsweise die Sprache verlernt, die eigentlich allen Säugetieren – ja, vielleicht sogar allen Lebenwesen – gemeinsam ist: Die energetische Sprache. Damit ist nicht nur die Körpersprache gemeint. Wir müssen es auch (ernst) meinen, um vom Pferd auch ernst genommen zu werden. Dabei verlassen wir uns doch viel lieber auf unsere Stimme oder etwa nicht?
Nach einer Studie von Albert Mehrabian2 beruht der Gesamteindruck, den wir auf andere haben nur zu 7 Prozent auf dem gesprochenen Wort, zu 38 Prozent auf unserem Tonfall und zu 55 Prozent auf der Körpersprache. Jeder von uns fühlt doch auch, wenn er belogen wird. Wir treffen auch manchmal Entscheidungen nach Bauchgefühl und spüren, wenn etwas nicht stimmt. Und genau das möchte dieses Buch vermitteln: Fühlen und einfühlen in den Partner „Pferd“, denn wenn man gewisse Dinge quasi am eigenen Leib erlebt, dann sieht man einiges mit anderen Augen.
Ich möchte in diesem Buch auch einmal Strategien hinterfragen, die entweder allgemein anerkannt sind oder „neumodisch“ als pferdegerecht gelten wie das Clickern, das Positiv-Verstärken oder das Halsringreiten. Dabei liegt es mir sehr am Herzen, dass ich keine einzige Methode verteufeln möchte noch eine andere als Allheilmittel betrachte. Alle Methoden habe eine Berechtigung: aber besser im Nebeneinander als in Konkurrenz zueinander. Ich plädiere ohnehin eher für Fall-zu-Fall-Entscheidungen: Weg von allen Extremen hin zu: Wie würde ich mich fühlen, wenn...
Denn bei ganz vielen Begebenheiten und langjähriger Erfahrung mit unterschiedlichsten Pferden konnte ich beobachten, dass Pferde uns ähnlicher sind, als wir allgemein annehmen. Deswegen gebe ich zu einigen meiner kleinen Beispielgeschichten Anleitungen oder empfehle kleine Spielideen, um nicht nur in Gedanken, sondern auch körperlich einfach einmal in die Haut des Pferdes zu schlüpfen.
Beginnen wir nun mit unserer ersten Begegnung mit dem Partner Pferd: Die Begrüßung.
Die Autorin Nicola Steiner mit Paintstute Fancy auf einem Turnier
1 Zitiert nach Michael Geitner: http://www.pferde-ausbildung.de/eiskalt-erwischt-2/
2 Albert Mehrabian: Silent Messages. 1. Auflage. Wadsworth, Belmont, CA 1971, ISBN 0-534-00910-7
Stellt Sie sich vor, Sie sitzen gerade am Frühstückstisch, kauen soeben den letzten Rest vom Brötchen hinunter und auf einmal kommt Ihr Chef, packt Sie an der Hand oder gar an Ihrer Krawatte und bringt Sie wortlos zu Ihrem Arbeitsplatz. Er ist dabei nicht gewalttätig, aber irgendwie ist das ja schon unhöflich so ohne ein Wort der Begrüßung. Jetzt haben Pferde ja keine Worte, um sich zu verständigen. Das gebrüllte „Guten Morgen“ fällt flach und der Chef würde Sie wohl kaum am „Schlawittchen“ oder der Krawatte packen, um Ihnen zu sagen, dass jetzt Arbeitsbeginn ist. Er würde sprechen, wenn er höflich ist. Stellen Sie sich vor, er kommt rein in den Frühstücksraum und brüllt ein: „An die Arbeit“, ohne vorher guten Morgen gesagt zu haben: Trotz Worten doch nicht höflich.
Aber so ähnlich passiert es uns gelegentlich mit unseren Pferden, weil wir nach einem langen Arbeitstag in Eile und froh darum sind, wenigstens noch ein kleines Stündchen reiten zu können: Wir gehen hin, halftern unser Pferd auf und bringen es zum Sattelplatz.
Wenn ich jetzt das Vermenschlichen (also das Einfühlen) und die Kommunikation in der Pferdesprache unter einen Hut bringen will, gibt es ein sehr schönes Begrüßungsritual, wie man seinem Pferd quasi zur Begrüßung die Hand schütteln kann: Der Horseman's Handshake. Wenn Sie beim Händeschütteln respektvoll sind, packen Sie Ihr Gegenüber ja auch nicht an der Hand, sondern halten sie hin und der Andere ergreift sie. Genau so sollte die pferdische Begrüßung vonstatten gehen: Ich halte meinem Pferd den Handrücken hin und das Pferd entscheidet, ob es mich mit seiner Nase berühren will oder nicht. Für den Fall, dass es mir nicht seine Nase entgegen reckt, habe ich es wenigstens angeboten3.
Würde ich in der Haut des Pferdes stecken, würde diese Art der Begrüßung für mich einen großen Unterschied machen. Es ist einfach höflicher.