Westernreiten zwischen Witz & Wissenschaft - Nicola Steiner - E-Book

Westernreiten zwischen Witz & Wissenschaft E-Book

Nicola Steiner

3,9

Beschreibung

Ob zum Thema 'Wann einreiten?' oder 'Wohin gehört der Pferdekopf': Nicola Steiner macht sich auf die akribische Suche nach Experten im jeweiligen Fachgebiet und stellt manche Tradition dabei auf den Kopf. Der Autorin gelingt es, selbst Doktorarbeiten in verständliche Worte zu fassen, wodurch die Wissenschaft rund ums Pferd zum Abenteuer wird. In diesem Sammelband erscheinen die Artikel der Autorin, die nicht das Natural Horsemanship thematisieren sowie amüsante Glossen zum Westernreiten und zum Pferd schlecht- hin, z.B. unter den Titeln 'Westernbasics im Gelände' und 'Reining meets Natural Horsemanship', in der die erste Begegnung der Autorin mit Reining-Trainer Elias Ernst augenzwinkernd aufs Korn genommen wird. Außerdem gibt es einen Best-of-Turnierblog mit Witzigem & Spritzigem sowie im Anhang Presseartikel über die Tochter der Autorin, die mit (nur) einem Pony Vize-Landesmeisterin in der Reining wurde und sich zwei Jahre in Folge für die deutschen Meisterschaften im Westernreiten qualifiziert hat (ihre Disziplinen waren: Superhorse, Reining, Westernriding).

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Meinem Sohn Janik gewidmet, der mich tatkräftig bei allen meinen Büchern unterstützt: durch Mut machen, Lektorieren und konstruktive Kritik.

Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit

TEIL: Glossen & Witziges

Reining meets Natural Horsemanship (NHS)

Westernbasics im Gelände

TEIL: Best-of-Turnierblog

Dank Trailkurs Sinn & Zweck von Frühschoppen verstanden

Queenie Houdini will frei sein

Von den Socken auf Q 16 – wildes Rind & wilder Trail

Was Reining-Reiten mit dem NHS gemeinsam hat

TEIL: Wissenschaft & Journalismus

Interview mit Michael Grewe

Wohin gehört der Pferdekopf und wohin nicht?

Jungpferdeausbildung – wann Einreiten?

Die Suche nach guten Trainern für Pferd und Mensch

Presseberichte über meine Tochter

MEHR BÜCHER VON NICOLA STEINER

ANHANG & Verzeichnis der Quellen / Literatur

ZUM GELEIT:

Die 12-Oaks-Sammelbänder „Best-of-Blog & Fachartikel“

Die hier abgedruckten Artikel der Autorin für die Pferdeportale 4my.horse, hufgefluester.eu und artgerecht-pferd.de sollten ursprünglich in ihr Lehrbuch „Westernreiten meets Natural Horsemanship“ integriert werden.

Da dieses aufwändige Lehrbuch aufgrund der Anleitungsfotoserien (sowie die Links zu über einem Dutzend Lehrvideos) über 200 Seiten hat, erwies es sich als sinnvoller, diese Artikel auf zwei kleine handliche und kostengünstige Sammelbänder aufzuteilen.

Der erste Band betrifft das Natural Horsemanship: Nicht nur Fachartikel, sondern auch der Florida-Blog der Autorin. Ihre Tochter wurde von über Tausend Bewerbern für einen kostenlosen Platz in einem so genannten Level-4-beyond-Kurs bei Pat Parelli persönlich ausgesucht. Mutter und Tochter haben nicht nur viel gelernt, sondern auch einiges erlebt bei den 12-Oaks-Adventure-Tours durch den Sunshine-State im Regen. Der Titel ist „Inspirationen aus dem Parelli-Land.“

Im diesem Sammelband Nr. 2 werden die Artikel veröffentlicht, in denen es nicht ums Natural Horsemanship geht. Außerdem gibt es einen Best-of-Turnierblog mit Witzigem und Spritzigem, z.B. wie Jungpferd Queenie bei ihrem ersten Kurs eine Reitanlage mehr oder weniger in Schutt und Asche legt. Auf S. → finden Sie auch die bereits veröffentlichten Bücher der Autorin. Nicht nur Pferdebücher, sondern auch eine sozialkritische Satire, die sich liest wie ein Krimi. Geplant sind weitere Sammelbände zu den 12-Oaks-Blog-Themenmonaten.

Die Autorin bittet um Verständnis dafür, dass das Format der einzelnen Artikel und Blogbeiträge weitgehend beibehalten wurde, so dass das Format des vorliegenden Buches nicht zu 100 Prozent einheitlich ist. In den Fußnoten finden Sie gelegentlich Videos der Autorin – passend zum jeweiligen Thema.

1. TEIL: GLOSSEN & WITZIGES

Reining meets Natural Horsemanship - mein ganz persönlicher Erfahrungsbericht

Was tut man nicht alles für sein Kind? Tochter Larissa will Reining reiten und Pony scheint auch nicht abgeneigt, herjemine. Sollen wir wirklich zu einem richtigen Reining-Trainer fahren? Ich war vor drei Jahren ziemlich hin- und her gerissen. Nicht, dass ich selbst irgendetwas Schlimmes erlebt hätte – es ist nur, na ja, eben all das, was man so hört und liest: In der Facebook-Gerüchteküche brodelt es ja manchmal ganz gewaltig. Ich bin ja von ganzem Herzen Natural Horsemanship-Fanatikerin: Freundschaft und Beziehung zum Pferd steht ganz oben und das Pferd soll eben auch Spaß haben an der Arbeit (vorausgesetzt der Respekt stimmt). Was aber sagt Facebook über Reining-Trainer? Die Pferde werden als Sportgeräte missbraucht, fristen ausgebunden ein Dasein in dunklen Boxen und haben die berühmt-berüchtigten toten Augen. Da es bessere Informationsquellen als Facebook gibt, haben wir uns probeweise auf den Weg gemacht und erlebten quasi unser blaues Wunder. Hier mein Erfahrungsbericht im Reportage-Stil: Nach einer Dreiviertelstunde endete die Fahrt vor einem Schild auf dem „Ernst Performance Horses“ drauf stand. Wäre das Schild nicht gewesen, hätten wir wohl auch nicht hingefunden, denn es ging mitten in den Wald hinein. Als der sich lichtete, eröffnete sich der Blick auf unendliche Weiden auf denen Stuten friedlich grasten und sich Fohlen tummelten.

Unser neuer Trainer ritt schon auf dem riesigen Reitplatz und wir standen erst mal etwas schüchtern am Rand, wurden aber alsbald herzlich begrüßt. Auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass man sportliche Höchstleistungen erzwingen kann – ein wenig beäugt habe ich unseren neuen Trainer ja schon. Der uns aber nicht und fragte nett, was wir denn machen wollen. Obwohl er Reining-Trainer ist, hatte er kein Problem damit, dass meine Tochter für die Western Riding üben wollte. Hut ab vor seiner Bescheidenheit: Er sagte, dass Westernriding nicht sein Spezialgebiet sei, aber ein kleines bisschen könne er bestimmt helfen. Unser Pony Lucky hatte nämlich auf einem Turnier im Vorjahr beim Wechsel ausgetreten und manchmal sprang Lucky nicht „durch“. Wer jetzt erwartet zu hören, dass da ein ordentlicher Klaps hilft, der irrt. Unser neuer Trainer Elias sah sich das Galoppwechsel-Drama fünf Minuten an und sagte: „Ich weiß, woran es liegt.“ Die Lösung war so einfach wie genial: Larissa musste das Pferd im Kopf einfach gerade halten und dann klappt das auch mit dem Nachbarn .. äh .. dem Wechsel. Dann war ich an der Reihe und aufgrund meines Sprachfehlers nicht „Nein“ sagen zu können, antwortete ich auf die Frage: „Und Du? Willst du auch wechseln?“ mit „Ja“. Das war schneller rausgerutscht als gedacht und trieb mir nun den Angstschweiß auf die Stirn: Beim fliegenden Wechsel wird unser Painthorse Fancy immer ganz schön schnell.

Als es erwartungsgemäß nicht auf Anhieb klappte und ich in gewohnter Manier meine Tochter Larissa aufs Pferd setzen wollte, intervenierte Elias: „Dann lernst DU das ja nicht.“ Gesagt, geschwitzt: Am Ende hat es doch geklappt. Was mich endgültig aus den Schuhen gehauen hat, war dass Elias gesehen hat, dass Fancy hochsensibel ist und mir dann sagte: „Bei der müssen wir etwas anders vorgehen – und zwar mit wenig Druck und viel Ruhe.“

Meine Tochter Larissa ist ja die kritischste Traineraussucherin, die man sich nur vorstellen kann.

Bei fast jedem von den Dutzenden, die wir in den letzten Jahren aufgesucht haben, hatte sie was zu mäkeln. Nur unser vorheriger Trainer Marko fand Gnade in ihren Augen. Als der verstorben ist (R.I.P.), habe ich neben der Trauer auch nach einigen Tagen gedacht: „Jetzt geht die Suche wieder von vorne los, wo keiner in Larissas Augen gut genug ist“, und erwartete somit auf der Rückfahrt einen Vortrag darüber, was ihr nicht gefiel. Weit gefehlt, denn sie sagte: „Hier fahren wir aber noch mal hin.“ Kluge Entscheidung, denn nach wenigen Wochen präsentierte unser kleiner Ponywallach Lucky einen Spin, als wäre er ein Großer. Im Winter hat Elias’ Bruder Emanuel sogar einmal mitten aus dem Galopp angehalten und übers Pony gesagt: „Boah, der kann ja drehen!“ Jahrelang hatten wir am Spin rumgedoktort und der war immer nur lahm und unspektakulär. Dabei war es noch nicht einmal eine Frage, ob oder wie viel Druck man ausübt, sondern vielmehr ein „Gewusst-Wie“ – wobei man ganz ohne Druck natürlich auch nicht auskommt. Irgendwie muss man dem Pferd ja mitteilen, ob es einen guten Job macht oder es sich mehr anstrengen soll. Diese Form der Korrektur ist sehr verwandt mit dem, was wir im Natural Horsemanship machen: Man arbeitet mit Komfort und Diskomfort. Für gute Arbeit gibt es eine Pause, ein mäßiger Job führt zu mehr Arbeit. Als Elias mir als Horsemanship-Trainerin dann auch noch erklärte, dass man den Druck in Phasen aufbauen sollte, fiel mir das Lächeln aus dem Gesicht. Zwar arbeite ich als Horsemanshiplerin ja auch mit Phasen, aber von einem Reining-Trainer hätte ich diesen Rat so gar nicht erwartet – auch nicht, dass er oft zu mir sagt, dass ich meine Hilfen noch netter geben soll, isbd. in der ersten Phase, wenn ich meinem Pferd also eine Frage stelle.

Wenn sie sich aufs Bein nicht lenken ließ und ich mit dem Bein geklopft habe, um meinen Hilfen mehr Nachdruck zu verleihen, wurde das genauso gerügt wie ein versehentliches Rucken am Zügel. Im ersten Fall soll ich einfach den Sporen mit passiver Beharrlichkeit am Pferdebauch lassen und nur etwas stärker drücken, im zweiten Fall die Zügel allmählich anheben – auf keinen Fall ruckartig und bloß nicht die Hand zum Lenken zur Seite nehmen beim Einhändig-Reiten, sonst verwirft sich mein Pferd. Völlig entgleisende Gesichtszüge hatte ich spätestens als wir das erste Mal mit unserer Jungstute dort aufkreuzten – voll motiviert natürlich.

Und was sagt Elias zu unser aller Überraschung?

„Heute würde ich sie nur gucken lassen und gar nicht trainieren, sonst verliert sie den Spaß an der Arbeit.“ Als wir die „Kleine“ das nächste Mal mit dabei hatten (noch motivierter natürlich), fragte Elias wieder, was wir machen wollen, wobei ich (dieses Mal) wie aus der Pistole geschossen sagte: „Fliegende Galoppwechsel“, worauf Elias erst mal schmunzelte: „Galoppwechsel ist das schwerste Manöver und daher das Letzte, was sie lernen sollte.“ Wer hätte das gedacht? Los ging es also mit dem Spin und unser Halb-Cutting-Jungpferd hatte auch nichts gegen Spins einzuwenden, aber bitte laaaaangsam. Wie wir es auch bei unseren Ponys schon erlebt hatten: Es kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem das Pferd auch einmal rigoros „Nein“ sagt. Das Eine verweigerte den Trab, das Andere den Galopp und Fancy war von der Gangart Schritt erst mal überhaupt nicht zu überzeugen. Bei Queenie war es der Spin bzw. der schnelle Spin, bei dem sie uns eine klare Absage erteilte – noch kritischer stand sie der Volte vor dem Spin gegenüber, denn da wurde sie ja versammelt. Viel zu anstrengend, fand sie. Als bekennende Left-Brain-Introvert-Stute nach Parelli (siehe Bericht im 12 Oaks-Sammelband 1 zu den Pferdepersönlichkeitstypen) blieb sie einfach stehen und wenn man dann Bewegung von ihr verlangte, bockte oder stieg sie zwischenzeitlich sogar. Für mich ein klarer Fall von: Hier sollte ich den Druck symbolisch verdoppeln. Elias hatte aber eine viel pfiffigere Idee: „Wir sollten es erst einmal über den Rollback versuchen, weil der fürs Pferd mehr Sinn macht“. Mir klingelte es schon wieder in den Ohren – das ist nämlich mein Spruch: Dass eine Übung einen Zweck haben soll, ist doch auch schon wieder aus dem Natural Horsemanship. Ich hätte niemals erwartet, dass es zwischen zwei Systemen, die auf den ersten Blick so unterschiedlich wirken so viele Parallelen gibt. In beiden wird das Pferd zwar nicht mit rosa Wattebällchen beworfen und gelegentlich darauf bestanden, dass ein Pferd eine Übung nicht nur irgendwie macht, sondern dass es sich auch Mühe dabei gibt – aber wenn man das „Immer-der-Reihe-nach“ beherzigt, kann man recht sicher sein, das Pferd nicht zu überfordern. Es wird viel positiv verstärkt, manchmal negativ verstärkt, aber eben nie bestraft.

Facebook beklagt ja auch die in ihren Boxen ausgebundenen Pferde mit den toten Augen – gefunden habe ich sie nicht. Im Gegenteil: Als unser Pony einmal in der Stallgasse beschlagen wurde, stand ein Pferd in der Box, das mit seinen Zähnen ständig den Strick aufknotete und sich dabei köstlich zu amüsieren schien.

Auch die Berittpferde von Elias wirkten sehr aufgeweckt auf mich, bissen ihm z.B. in den Steigbügel, wenn er uns etwas erklärte: Genau wie unsere Pferde eigentlich, die ja auch immer gerne unsere Mützen und Handschuhe stehlen. Dieser Artikel wurde ja ursprünglich für artgerecht-Pferd