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Sie wollen Ihrem Kind beim Lernen im Fach Mathematik helfen? Das können Sie umso erfolgreicher, je mehr Sie verstanden haben, was bei diesem Prozess passiert und wie Sie ihn fördern können. Mit diesem Buch haben Sie die Möglichkeit, diese Kompetenz zu erwerben. Sie erfahren darin, was Rechnen bedeutet, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit es gelingen kann und wie typische Lernschwierigkeiten behoben werden können. Zudem wird Ihnen gezeigt, wie Sie Ihr Kind die Welt der Zahlen so entdecken lassen können, dass es ihm Spaß macht. Ob Zählen, Addition, Subtraktion oder Einmaleins, in leicht verständlicher Sprache werden anhand von Fallbeispielen sowie mithilfe von zahlreichen Abbildungen konkrete Unterstützungsmöglichkeiten nachvollziehbar und umsetzbar dargestellt. So lernen Sie auch die typischen Fehler Ihres Kindes zu analysieren und erfahren, wie Sie diese reduzieren können. In einem Folgeband wird auf gleiche Weise die praktische Anwendung von Mathematik im Bereich Grundschule behandelt, z. B. Geldeinheiten, Geometrie, Uhrzeiten, Umrechnungen von Maßeinheiten sowie generell das Verständnis von Textaufgaben. Ein Buch für Sie als Eltern, wenn Sie Ihr Kind beim Erwerb der mathematischen Grundfähigkeiten verstehen und die passende Unterstützung geben wollen. Aber auch Lehrer finden in diesem Buch wertvolle Tipps, die sie in ihren Unterricht einbauen können.
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Seitenzahl: 240
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Herzlichen Dank an alle Eltern, die sich bereit erklärt haben, Fotos ihrer Kinder für dieses Buch zur Verfügung zu stellen, und herzlichen Dank an alle Kinder, die bereit waren, sich fotografieren zu lassen.
Vorwort
Kapitel 1: Mathematische Grundlagen
Mathematik ist etwas Wunderbares
Wesentliche Grundlagen
Sortieren und Klassifizieren
Muster, Symmetrie und Reihenfolge
Messen, Wiegen und Vergleichen
Raum, Form und Zeit
Zahl und Zahlenmenge
Kapitel 2: Ziffern und Zahlen
Ziffern
römische Ziffern
Probleme mit den römischen Ziffern
Arabische Ziffern
Die Ziffer 0
Ziffern entdecken
Probleme mit den Ziffern
Zählen lernen
Probleme beim Zählen lernen
Mit Spielen üben
Rückwärtszählen
Zehnerübergänge beim Zählen
Grund- und Ordnungszahlen
Probleme bei Grund- und Ordnungszahlen
Mit Spielen üben
Mengenerfassung
Mengenvorstellung
Probleme beim Mengenbegriff
Mit Spielen üben
Simultanerfassung
Probleme bei der Simultanerfassung
Mit Spielen üben
Form und Mengenkonstanz
Menge einer symbolischen Zahl zuordnen
Probleme bei der Form- und Mengenkonstanz
Mit Spielen üben
Ziffern schreiben
Ziffern bis 10 schreiben und erkennen
Probleme beim Zahlenschreiben
Mit Spielen üben
Schreiben der Zahlen von 10 bis 100
Probleme beim Schreiben der Zahlen von 10 – 100
Schreiben der Zahlen über 100
Probleme beim Schreiben der Zahlen über 100
Mit Spielen üben
Kapitel 3: Das Stellenwertsystem
Das Stellenwertsystem allgemein
Das Dezimalsystem (Zehnersystem)
Probleme beim Rechnen im Zehnersystem
Mit Spielen üben
Kapitel 4: Der Rechenvorgang
Rechenzeichen
Rechenvorgang verstehen und ausführen
Addition und Subtraktion
Addition
Addieren bis 10
Verschiedene Methoden
Probleme beim Addieren bis 10
Mit Spielen üben
Addieren bis 20 – Zehnerübergang
Der Zehnerübergang
Den Zehnerübergang mit mehreren Sinnen begreifen
Probleme beim Zehnerübergang
Addieren bis 100
Probleme beim Addieren bis 100
Addieren über 100
Probleme beim Addieren über 100
Subtraktion
Subtrahieren bis 10
Verschiedene Methoden
Probleme beim Subtrahieren bis 10
Subtrahieren bis 20
Probleme beim Subtrahieren bis 20
Subtrahieren bis 100
Probleme beim Subtrahieren bis 100
Subtrahieren über 100
Probleme beim Subtrahieren über 100
Mit Spielen üben
Tausch- und Umkehraufgaben
Probleme bei Tausch- und Umkehraufgaben
Schriftliche Addition und Subtraktion
schriftliche Addition
Probleme beim schriftlichen Addieren
Schriftliche Subtraktion
Probleme mit der schriftlichen Subtraktion
Verwechslung von plus und minus
Rechnen mit der Null
Probleme beim Rechnen mit der Null
Kapitel 5: Diverses
Hundertertafel
Probleme mit der Hundertertafel
Mit Spielen üben
Rechenmauern und Rechendreiecke
Rechendreieck
Probleme mit dem Rechendreieck
Mit Spielen üben
Rechenmauern
Probleme mit den Rechenmauern
Mit Spielen üben
Zahlenrätsel
Probleme mit Zahlenrätseln
Mit Spielen üben
Zahlenreihen
Probleme mit Zahlenreihen
Mit Spielen üben
Zahlenstrahl
Probleme mit dem Zahlenstrahl
Mit Spielen üben
Nachbarzahlen
Probleme mit den Nachbarzahlen
Mit Spielen üben
Runden – Überschlag
Probleme mit Runden und Überschlag
Kapitel 6: Einmaleins
Einmaleins allgemein
Rechenzeichen
Malrechnungen verstehen
Multiplikation mit der Null
Einmaleinsreihen lernen
Probleme mit dem kleinen Einmaleins
Spielerisch üben
Einmaleins mit größeren Zahlen
Probleme beim Einmaleins mit größeren Zahlen
Die halbschriftliche Multiplikation
Probleme mit der halbschriftlichen Multiplikation
Die schriftliche Multiplikation
Probleme bei der schriftlichen Multiplikation
Division
Probleme bei der Division
Die Null bei der Division
Probleme mit der Null
Die halbschriftliche Division
Probleme bei der halbschriftlichen Division
Division mit Rest
Die schriftliche Division
Probleme bei der schriftlichen Division
Quellenverzeichnis
Spruch
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Als Lerntherapeutin habe ich es häufig mit Kindern zu tun, die mit dem Fach Mathematik Schwierigkeiten haben – und das schon in der Grundschule. Es sind nicht nur Kinder mit einer Rechenschwäche, auch viele andere Schüler und Schülerinnen scheitern schon an den grundlegenden Rechenaufgaben. Und obwohl Sie als Eltern mit dem Kind üben und üben, kann es vielleicht immer noch nicht zählen, verwechselt plus mit minus, kann Aufgaben nicht umstellen, verrechnet sich, bringt unsinnige Ergebnisse heraus oder kann sich das Einmaleins nicht merken, Haben Sie an einem Tag den Eindruck, dass ihr Kind ein Thema endlich verstanden hat, sitzt es am nächsten Tag wieder mit „einem Brett vor dem Kopf“ an den Hausaufgaben. Diese Situation belastet Kind und Eltern und beginnt zu eskalieren: Die Nerven sind überstrapaziert, das Kind blockiert, die Mutter schimpft; der Lehrer weiß auch keinen Ratschlag mehr. Das ganze Familienleben ist beeinträchtigt.
Indem Sie dieses Buch zur Hand nehmen, haben Sie schon den Entschluss gefasst, es nicht so weit kommen zu lassen. Und wenn es schon so weit ist, etwas Mutiges zu unternehmen: dem Kind selbst zu helfen. Um Ihnen diese Aufgabe zu erleichtern, ist dieser Band so aufgebaut, dass Sie nach dem Eingangskapitel die entsprechenden Schwächen Ihres Kindes im Band direkt nachschlagen können. Hat es zum Beispiel Schwächen beim Subtrahieren, können Sie gleich zum Kapitel „Rechenvorgang – Subtrahieren“ gehen; klappt es schon mit dem Zählen selbst nicht, beginnen Sie mit dem Kapitel „Ziffern und Zahlen – Zählen“. In jedem Kapitel finden Sie neben verschiedenen Vorgehensmöglichkeiten auch Fehlerbeispiele von Schülern mit anschließenden spielerischen Übungsmöglichkeiten.
Alle vorgestellten Methoden sind in der Praxis erfolgreich erprobt. Führen Sie diese konsequent und engagiert durch, doch bleiben Sie dabei gelassen; auch wenn sich der Lernfortschritt nicht so zeitnah wie gewünscht einstellt: Sagen Sie Ja zu Ihrem Kind! Seien Sie glücklich und zufrieden mit Ihrem Kind. Es soll spüren: Das Leben besteht nicht nur aus Schule und Hausaufgaben. Und dass seine Eltern es auch unabhängig von seinen schulischen Leistungen lieben. So schaffen Sie die beste Grundlage dafür, dass die vorgestellten Methoden optimal wirken. Und vergessen Sie nicht, das Lernen mit Spielen und Freude zu verbinden. Lernen Sie mit dem Kind in entspanntem Zustand.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Kind viel Erfolg im Fach Mathematik! Holen Sie Ihr Kind da ab, wo es ist.
Agatha Müller
PS:
Alle Fallbeispiele in diesem Buch sind aus meiner eigenen Praxis. Aus Datenschutzgründen wurden die Namen der Kinder geändert. Aus Gründen der Leseflüssigkeit wurde jeweils nur die weibliche bzw. männliche Form verwendet. Es sind aber immer jeweils beide Geschlechter gemeint.
Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entzündet werden wollen
(Francois Rabelais)
Das Wunderbare an der Mathematik sind die Aha-Momente. Ich knoble an einer Aufgabe und plötzlich merke ich „Aha, so geht das! Jetzt passt alles, die Gleichung geht auf, das Bruchstück passt hinein.“ Mathematik ist ein Werkzeug zum Denken, ein Spiel mit bestimmten Regeln. Mathematik durchdringt fast alle Lebensbereiche; es ist eine eigene Welt, eine Kulturwissenschaft, die die Menschheit schon lange fasziniert.
Mathematiker und Naturwissenschaftler sagen:
„Eine mathematische Aufgabe kann manchmal genauso unterhaltsam sein wie ein Kreuzworträtsel, und angespannte geistige Arbeit kann eine ebenso wünschenswerte Übung sein wie ein schnelles Tennisspiel.“ (George Polya 1887 – 1985)
„Die Mathematik ist eine wunderbare Lehrerin für die Kunst, die Gedanken zu ordnen, Unsinn zu beseitigen und Klarheit zu schaffen.“ (Jean-Henri Fabre 1823 – 1915)
„Die Mathematik ist das Instrument, welches die Vermittlung bewirkt zwischen Theorie und Praxis, zwischen Denken und Beobachten: sie baut die verbindende Brücke und gestaltet sie immer tragfähiger. Daher kommt es, dass unsere ganze gegenwärtige Kultur, soweit sie auf der geistigen Durchdringung und Dienstbarmachung der Natur beruht, ihre Grundlage in der Mathematik findet.“ (David Hilbert 1862 – 1943)
„Mathe ist ein lebendiges und fröhliches Gebiet.“
„Mathe ist wie ein Diamant. Hart, wertvoll und schön.“
(Günter M. Ziegler, geb. 1963)
Einige Schüler sagen:
„Mathe ist scheiße!“
„Warum soll ich Mathe lernen, das brauche ich nie mehr im Leben?“
„Mathe macht überhaupt keinen Spaß, es macht nur Kopfschmerzen.“
„Ich hasse Mathe!“
„Mathe macht überhaupt keinen Sinn!“
„Ich schreibe sowieso wieder eine fünf. Mathe werde ich nie kapieren.“
„Immer diese blöden Mathehausaufgaben!“
„Mathe sollte man abschaffen!“
Die Schüler, von denen diese Aussagen stammen, haben offensichtlich ein Problem mit diesem Schulfach. Nur deshalb sind sie so frustriert. Aber Mathefrust muss nicht sein. Da lässt sich viel dagegen tun. Mathematik ist auch nicht nur ein Schulfach. Es ist etwas, das einem im Alltag überall begegnet. Mathematik ist nicht nur der Umgang und das Rechnen mit Zahlen, sondern viel mehr. Mathematik fängt schon ganz früh im Leben an. Es ist Sortieren und Ordnen, hat etwas zu tun mit Formen, Mustern, Symmetrien, Körpern, Räumen, Lagebezeichnungen, Zählen, Messen usw. Der Wecker, der morgens um eine bestimmte Zeit klingelt, die Reihenfolge beim Anziehen, das Decken des Frühstückstisches, usw., all das gehört zur Mathematik. Durch die Mathematik können wir zu vielen Fragen und Problemen Lösungen finden. Sie ist für die Wissenschaften unersetzlich.
Um Mathematik wirklich zu verstehen und ein solides und stabiles Verständnis vom Zahlensystem zu entwickeln, braucht das Kind eine bestimmte Basis an Erfahrungen und Fähigkeiten. Die Grundsteine für diese Fähigkeiten werden bereits von klein auf gelegt. An ihnen muss aber weiter aufgebaut werden. Ein Kind lernt zunächst einmal mithilfe der verschiedenen Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken, Bewegen, Gleichgewicht) das Verständnis der Mathematik. Danach macht es den Schritt von der sinnlichen Welt in die abstrakte mathematische Welt (Logik, Symbole, Regeln), die sich nicht mehr anfassen lässt. Das gelingt dem Kind nur, wenn es zwischen diesen beiden Welten eine Verbindung schaffen kann. Ich möchte das einmal bildlich darstellen:
Die sinnliche Welt des Kindes endet an einem breiten Fluss. Die abstrakte mathematische Welt befindet sich am gegenüberliegenden Ufer des Flusses. Um im Fach Mathematik Erfolg zu haben, braucht das Kind eine Brücke, um von dem einen zum anderen Ufer zu gelangen. Diese Brücke wird von mathematischen Pfeilern getragen, die das Kind selber bauen muss. Es baut gleichzeitig an den gelegten Grundsteinen die verschiedenen Brückenpfeiler und macht dabei seine eigenen Erfahrungen. Wenn das Kind schließlich die Brückenpfeiler miteinander verbindet, kann es über die Brücke gehen und so einen Bezug zur Mathematik herstellen.
Schauen wir uns die einzelnen Pfeiler näher an:
Gegenstände haben unterschiedliche Eigenschaften. Wenn wir Knöpfe anschauen, sehen wir, dass sie sich sowohl in der Form (eckig, rund, oval) unterscheiden, als auch in der Farbe (braun, rot, blau…), in der Oberfläche (glänzend, matt), im Material (Plastik, Metall, Holz) und in der Anzahl der Löcher (vier, zwei). Das Kind entdeckt diese Verschiedenheit und fängt an, die Gegenstände nach Farbe, Größe, Form und Beschaffenheit zu sortieren.
Je älter das Kind wird, desto mehr Kategorien berücksichtigt es. Es beginnt, Dinge im Freien zu sammeln und zu sortieren. Es lernt, Dinge durch Abwägen, Sortieren und Vergleichen abzuschätzen. Jedes Aufräumen ist im Prinzip ein Sortieren, denn beim Aufräumen lernt das Kind, Zuordnungen zu erkennen. Es sucht z. B. aus einer Krimskramschachtel heraus, was zusammengehört und ordnet es nach bestimmten Kategorien, z. B. Nägel, Stifte, Knöpfe oder Büroklammern, oder beim Einräumen des Besteckes werden die Gabeln, Messer und Löffel sortiert.
Aber nicht nur Dinge lassen sich in Kategorien einteilen, sondern auch Menschen. Bei Mannschaftsspielen kommen z. B. alle Mädchen in eine Gruppe und alle Jungs in die andere Gruppe; im Kindergarten kommen die Vorschulkinder in eine Gruppe und die Drei- bis Vierjährigen in die andere Gruppe. Wenn ein Kind Kategorien bilden und innerhalb dieser Kategorien Beziehungen zwischen unterschiedlichen Dingen herstellen kann, hat es einen großen Schritt in der Entwicklung zum mathematischen Denken gemacht. Durch das Sortieren und Klassifizieren lernt das Kind, aus einer Menge unterschiedlicher Dinge zusammenpassende Dinge auszuwählen. Es lernt, Begriffe zu bilden, wird mit ebenen und räumlichen Figuren vertraut und bringt Gedanken und Dinge in eine feste Reihenfolge.
Überall lassen sich Muster entdecken: in der Natur, im Tagesablauf, beim Spielen, beim Kochen und auch in der Musik. Das Kind nimmt diese Zusammenhänge wahr, entdeckt eigene Muster und eine eigene Logik. Es lernt dabei, Regelmäßigkeiten zu erkennen und stellt fest, dass es bestimmte Reihenfolgen und Muster selber bilden kann. Es steckt z. B. einen grünen Würfel, zwei blaue und zwei weiße aneinander. Anschließend wieder einen grünen, zwei blaue und zwei weiße. Und schon hat es ein Muster, eine Reihenfolge geschaffen. Es erkennt Muster aus Objekten, aus Tönen und Bewegungen, beschreibt diese und setzt sie fort. Es erkennt, dass ein Rhythmus in einem bestimmten Takt geklopft wird und klopft diesen nach oder es tanzt zu einem bestimmten Rhythmus. Es bemerkt Symmetrien und beschäftigt sich damit. Es beschreibt Eigenschaften und nimmt Beziehungen wahr. Überall entdeckt es neue Muster und hat Spaß daran. Es experimentiert mit Reihenfolgen und Symmetrien, entdeckt darin eine Ordnung. Es erkennt, dass im Tagesverlauf das erste Essen das Frühstück ist, danach gibt es Mittagessen und schließlich Abendessen. Auch das Anziehen läuft nach einer bestimmten Reihenfolge ab. Durch das Entdecken und Bilden solcher Reihenfolgen wird beim Kind die Einsicht auf das Zahlenverständnis und die Zahlreihe, die immer einer bestimmten Reihenfolge, einem bestimmten Muster folgt, unterstützt.
In einem bestimmten Alter fangen Kinder an zu vergleichen. Das kleine Mädchen auf dem Foto merkt, dass ihr Bruder größer ist als sie. Ihr Bruder misst ab, wie weit sie ihm reicht. Daraufhin vergleicht er sich mit seiner großen Schwester und entdeckt dabei, dass er zwar wesentlich größer ist als seine kleine Schwester, aber kleiner als seine große Schwester.
So fängt ein Kind an, verschiedene Dinge oder Personen miteinander zu vergleichen. Es stellt fest, dass ein Kürbis z. B. größer und schwerer als ein Apfel ist. Es merkt, dass sich viele Dinge wiegen, messen oder vergleichen lassen. Ihm wird bewusst, dass manche Dinge länger dauern und andere weniger lang. Seine Sprache erweitert sich durch Begriffe wie „mehr, weniger, größer, kleiner, länger, kürzer“. Und schon sind wir bei der Mathematik.
Im Alltag gibt es unzählige Möglichkeiten, Formen und geometrische Figuren zu entdecken und zu unterscheiden. Es gibt z. B. rechteckige, dreieckige, quadratische oder runde Bauklötze in verschiedenen Farben. Auch beim Frühstück kann das Kind unterschiedliche Formen entdecken: die Vesperbrettchen und die Käsescheiben sind rechteckig, die Marmeladen- und Honiggläser sind rund oder sechseckig, die Brotscheiben sind oval und die Toastscheiben sind quadratisch.
Das Kind sieht, dass es unterschiedliche Körperformen gibt. Es gibt dicke und dünne, große und kleine Menschen. Eine Blume wächst, wird größer. Das Kind entdeckt, dass z. B. der Kindergarten weiter von seiner Wohnung entfernt ist als die Kirche.
Das Kind nimmt die geometrische Form zunächst als kompaktes Ganzes wahr. Später erkennt es aber die einzelnen Eigenschaften geometrischer Formen. Um Geometrie zu verstehen, muss das Kind räumlich denken und sich im Raum orientieren können. Der Wortschatz des Kindes wird ergänzt durch Begriffe wie „innen, außen“ und „vorne, hinten“ sowie „oben, unten“.
Beim Bauen oder Puzzeln erkennen Kinder, was vor, hinter, über, unter, zwischen, innen und außen ist und können damit räumliche Beziehungen beschreiben.
Raum und Form brauchen Kinder auch, um Konstruktionen nachzubauen, z. B. aus Lego, oder anhand einer Schatzkarte einen Gegenstand zu finden. Das räumliche Denken und die räumlichen Beziehungen spielen eine wichtige Rolle, genauso wie das Erkennen und Beschreiben geometrischer Formen. Auch die Zeit schafft Ordnung: der Ablauf eines Tages, einer Geschichte, einer Handlung. Kinder nehmen die Zeit immer bewusster wahr. Sie lernen Begriffe wie „vorher, jetzt, nachher“
Kleine Kinder brauchen noch keine Zahlen, um zu zählen. Sie zählen mit den Fingern, d.h., wenn z. B. 10 Kühe auf der Weide stehen, dann sind das zwei Hände voll. Wenn sie die Kühe später noch einmal zählen und die zwei Hände nicht mehr voll sind, dann wissen sie, dass eine Kuh fehlt. Sie müssen dazu den Begriff der Zahl „zehn“ oder „neun“ nicht kennen. Wenn dem Kind Zeit, Material und Gelegenheit gegeben wird, dann kann es seine eigene mathematische Denkweise entwickeln, bevor es mit abstrakten Zahlen konfrontiert wird. Und das ist enorm wichtig.
Zahlen sind Symbole für Mengen. Das Kind lernt, mechanisch zu zählen. Doch erst wenn es die Zahlen mit echten Objekten in Verbindung bringt, werden sie für das Kind verständlich. Ansonsten bleiben sie nur leere Symbole. Das Kind lernt, eine Menge durch Zählen zu bestimmen. Es stellt Beziehungen her. Ich sage z. B.: „Dort drüben stehen zwei Pferde.“ Das Kind sieht die zwei Pferde und verbindet sie mit der Zahl zwei. Die Zahl zwei ist dann Teil des logisch-mathematischen Denkens, das vom Kind selber konstruiert werden muss. Wenn das Kind viel abzählt, begreift es, dass es pro zu zählendem Gegenstand nur ein Zahlwort gibt und dass die Zahlenreihe immer um eins fortgesetzt wird, wenn ein Gegenstand dazukommt und um eine Zahl zurückgeht, wenn ein Gegenstand entfernt wird.
(Pythagoras 576 – 496)
In der Mathematik unterscheiden wir zwischen Ziffern und Zahlen. Man kann sagen, dass Ziffern bei Zahlen das sind, was Buchstaben bei Wörtern sind. Die Zahl 473 besteht also aus den Ziffern 4, 7 und 3. In unserem Dezimalsystem gibt es genau 10 Ziffern: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9. Wir benutzen heute die arabischen Ziffern, eigentlich die indisch-arabischen Ziffern. Sie werden so genannt, weil sie ursprünglich aus Indien kommen. Sie lösten zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Westeuropa die Römischen Zahlen nach und nach ab. Das arabische Zahlensystem setzte sich gegenüber dem römischen Zahlensystem durch, weil es sich mit ihm viel leichter rechnen lässt. Die wesentlich einfachere und übersichtlichere Schreibweise sowie die Null ermöglichten die Weiterentwicklung der komplexen Mathematik und der Naturwissenschaften.
Die Form der Ziffern hat sich im Laufe der Zeit mehrfach verändert. Die Ziffern, wie wir sie heute schreiben, gehen auf Albrecht Dürer (1471 – 1528) zurück. In Deutschland wurde dieses Zahlensystem durch die Rechenbücher von Adam Ries (1492 – 1559) bekannt. Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass die römischen Ziffern durch die indisch-arabischen Zahlzeichen ersetzt wurden und gilt als „Vater des modernen Rechnens“; deshalb auch der Ausdruck: „Das macht nach Adam Riese…“.
Das römische Zahlensystem wurde bei uns bis vor wenigen hundert Jahren verwendet. Heutzutage wird es nur noch selten benutzt. Man findet römische Zahlen manchmal auf Zifferblättern der Uhr, als Aufzählungszeichen, in Büchern zur Abgrenzung der einzelnen Kapiteln und Abschnitte und bei der Kennzeichnung von berühmten Menschen, die den gleichen Namen tragen, z. B. Benedikt XVI. Deshalb werden diese Zahlen in der Schule auch kurz gestreift.
Das römische Zahlensystem besteht aus sieben verschiedenen Großbuchstaben, die aus dem Lateinischen kommen. Jeder Buchstabe steht unveränderbar für eine bestimmte Menge.
Schon allein das ist für viele Kinder verwirrend. Warum sind Buchstaben jetzt plötzlich Zahlen? Wieso soll ich für die 10 plötzlich ein X schreiben und für die 9 muss ich ein I und ein X schreiben. Wenn Ihr Kind Schwierigkeiten hat, sich die Reihenfolge der Buchstaben (römischen Zahlen) merken zu können, geben Sie ihm eine Eselsbrücke, z. B. folgende:
„ICH – VATER XAVER – LASS CÄSAR DAS MACHEN.“
Bei den römischen Ziffern werden jeweils nur drei gleiche Buchstaben nebeneinander geschrieben. Deshalb kann man für 4 nicht IIII schreiben, sondern man muss IV (5 - 1) schreiben. Wenn kleinere Buchstabenwerte links von einem größeren Buchstabenwert stehen, zieht man sie ab, rechts zählt man sie dazu. Komplexere Zahlen kann man nur durch Addition und Subtraktion darstellen. Das Jahr 2017 schreibt man mit römischen Zahlen so: MMXVII (1000 + 1000 + 10 + 5 + 1 + 1). Beim Schreiben der Zahlen muss also immer mitgerechnet werden. Die Anzahl der Buchstaben sagt nichts über die dargestellte Menge aus. Deshalb ist es schwer, Zahlen miteinander zu vergleichen. Die Zahlen lassen sich auch nicht in Spalten untereinander schreiben. Somit ist dieses System für schriftliche Berechnungen ungeeignet.
Rechenschwache Kinder kommen mit dem römischen Zahlensystem oft nicht zurecht. Es ist für sie sehr kompliziert. Deshalb ist es wichtig, dieses System gut zu erklären, langsam vorzugehen und die römischen Ziffern mit Anschauungsmaterial zu legen, welches man ganz einfach selber aus Karton herstellen kann. Dem Kind fällt es leichter, die römischen Zahlen zu lesen, wenn es sie zuvor gelegt hat. Man fängt mit den einfachen Zahlen an und steigert langsam den Schwierigkeitsgrad. Wenn das Kind z. B. die Zahl acht legen will, dann muss es überlegen: Es könnte 10 – 2 oder 5 + 3 schreiben, denn bei den römischen Zahlen gibt es eine zehn und eine fünf. Für alle Zahlen dazwischen gibt es kein Symbol. Da aber erst bei der kleineren Zahl dazugezählt wird, bevor von der größeren abgezogen wird, muss es die fünf, also das V legen und noch drei Einser, also drei I dazulegen.
Emely
Emely legt mir ihre Klassenarbeit vor, bei der sie römische Zahlen in arabische Zahlen umwandeln musste. „Ich habe das nicht so richtig verstanden,“ meint sie.
Ja, Emely hat das römische Zahlensystem nicht richtig verstanden. Sie erkannte immer nur eine Zahl: bei der ersten Aufgabe die zehn (X), bei der zweiten die 1000 (M) und bei der dritten die 100 (C ). Die anderen Zahlen hat sie wohl geraten. Die römischen Zahlen müssen nach der Klassenarbeit nicht noch einmal wiederholt oder gefestigt werden, denn sie sind für die weitere Schulmathematik nicht mehr relevant und werden im Alltag nur wenig oder gar nicht gebraucht.
Ronald
Ich übte mit Ronald die römischen Zahlen. Er schrieb über dieses Thema eine Klassenarbeit. Ich ließ ihn die Zahlen schreiben. Bis acht schrieb er alle Zahlen richtig. Die Neun beschriftete er nicht mehr, weil ich komisch geschaut hatte, die Zehn strich er ganz durch. Ich ließ ihn dann noch die Zwanzig schreiben. Das verwirrte ihn komplett.
Bei der Neun hat Ronald nicht beachtet, dass es für die Zehn ein römisches Zeichen gibt, deshalb hat er zwei Fünfer geschrieben. Bei der Zwanzig wollte er 50 – 30 machen, hat aber die 50 mit der 500 verwechselt. So ganz hat er das System nicht verstanden.
In der Klassenarbeit kamen folgende Aufgabe dran:
Die neun hat Roland wieder falsch geschrieben, auch mit zwei V und einem I, aber in einer anderen Reihenfolge als beim Üben. Da er am Tag zuvor die zehn auch mit zwei V und I geschrieben hat, ich ihn darauf hingewiesen habe, die Zahl mit X und I zu schreiben, er es in der Klassenarbeit auch gemacht hat, sehe ich, dass er das, was ich ihm gestern erklärt habe, überhaupt nicht aufgenommen hat. Ich hätte ihm zum Üben Anschauungsmaterial geben sollen. Dann wäre die Chance höher gewesen, dass er die Aufgaben in der Klassenarbeit richtig gelöst hätte.
Interessant ist auch, wie er die untere Zahl schreibt. Die 17 hat er erkannt, die zweitausend nicht.
Üben Sie rechtzeitig mit Ihrem Kind, so, dass es den Stoff schon versteht, wenn er in der Schule durchgenommen wird. Vor der Klassenarbeit muss dann nur noch wiederholt werden.
Widmen wir uns nun den arabischen Ziffern, welche wir in der heutigen Zeit zum Rechnen verwenden. Sie lauten:
Diese Ziffern können zu verschiedenen Zahlen zusammengesetzt werden. Dabei verändern sie immer wieder ihren Stellenwert. Bei der Zahl 496 hat die 4 den Stellenwert 400, bei der Zahl 947 hat die 4 den Stellenwert 40 und bei der Zahl 784 hat die 4 den Stellenwert 4.
Die Ziffer Null ist eine ganz besondere Zahl.
Der Aphoristiker und Publizist Joachim Panten sagte: „Die Null ist kein mathematisches Geheimnis. Sie steht für das Nichts, aber auch für das Ausmaß der Unendlichkeit.“
Die Null gab es anfangs bei den arabischen Ziffern überhaupt nicht. Sie kam erst später dazu. Die Null unterscheidet sich von den anderen Ziffern, denn allen anderen Ziffern ist ein bestimmter Wert zugeordnet, der Ziffer Null nicht. Null bedeutet eigentlich Nichts. Doch die Null ist nicht nur die Ziffer für nichts, sondern auch ein Lückenfüller. Und als Lückenfüller kann sie Zahlen sehr groß, aber auch sehr klein machen, je nachdem, wo sie steht.
Lange Zeit wurde die Ziffer Null nicht benötigt. Früher rechnete man mit dem Abakus und mit einem Brett mit Rillen, auf dem Tonmurmeln hin- und hergeschoben wurden. Diese Murmeln stellten je nach Anordnung auf dem Brett Einer, Zehner oder Hunderter dar. Die geschriebenen Zahlen dienten nur zum Festhalten der Ergebnisse, nicht zu deren Berechnung. Deshalb brauchte man keine Zahl für die Menge „nichts“. An den Stellen, an denen beim Abakus keine Murmel war, gab es eben nichts. In der Zeit 2000 v. Chr. schrieb man statt 403 nur 4 3. Es war nicht immer deutlich, ob der Abstand zwischen den Zahlen gewollt war oder ob die Zahlen nur etwas weiter auseinander geschrieben wurden. Also machte man einen Punkt zwischen die beiden Zahlen (4.3). Dieser Punkt entwickelte sich mit der Zeit zu einem Kreis und daraus entstand die Null.
Die Null als Ziffer wurde notwendig, als unser Stellenwertsystem eingeführt wurde, denn bei diesem System hängt der Wert einer Ziffer von ihrer Position in der Zahl ab. Jede Stelle der Zahl ist das Zehnfache der jeweils rechts von ihr stehenden wert. Die Ziffer 1 kann somit 1, 10, 100, 1000 usw. darstellen. Je mehr Nullen nach der Ziffer stehen, desto größer ist sie. Dadurch lassen sich Zahlen leicht miteinander vergleichen, können untereinander geschrieben und schriftlich addiert oder subtrahiert werden.
Die Null wird als Platzhalter zwar geschrieben, aber nicht ausgesprochen. Wir schreiben 607, sprechen aber sechshundertsieben und nicht sechshundertnullsieben. Alle anderen Zahlen werden aber gesprochen.
Die Null macht sehr vielen Schülern Probleme. Ich werde später noch genauer darauf eingehen. Raimond, einer meiner Schüler, hat die Bedeutung der Null verstanden. Ich erzählte ihm, dass das Buch, das ich schreibe, 300 Seiten haben wird. Er sagte daraufhin: „Ich habe auch ein Buch geschrieben.“ Ich war erstaunt und fragte: „Wie viele Seiten hat dein Buch?“ Er antwortete: „Mein Buch hat drei Seiten. Wir haben beide ein Buch mit einer Seitenanzahl von einer drei und zwei Nullen geschrieben. Du hast die Nullen hinter die drei gesetzt und ich habe sie vor die drei gesetzt.“
"Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information." (Albert Einstein)
Die ersten Erfahrungen, die das Kind mit Ziffern macht, sind von entscheidender Bedeutung. Das Kind muss die Ziffern auf eine Art lernen, die dem kindlichen Denken entgegenkommt. Es braucht dabei Raum für eigene Fantasie, muss die Ziffern entdecken können, im individuellen Lerntempo durch eigenes Ausprobieren und mit Freude. Die Freude am Lernen ist so wichtig.
Ziffern müssen ganzheitlich und ganz vertiefend gelernt werden. Ganzheitlich bedeutet, die Ziffern mit allen Sinnen über mehrere Kanäle zu lernen. Ganz vertiefend bedeutet, die Ziffern richtig fest im Gehirn verankern. Wenn die Ziffern nicht fest verankert sind, kann das Kind sie nicht richtig anwenden, vor allem nicht, wenn es in Stress kommt. Ich nehme hier immer einen Baum als Vergleich. Sind die Zahlen fest im Gehirn verankert, dann ist der Baum fest verwurzelt und kein Sturm kann ihm etwas anhaben. Sind die Zahlen im Gehirn jedoch nicht fest verankert, dann gleichen sie einem Baum, der zwar kleine Wurzeln hat und steht, aber bei einem stärkeren Wind sofort umgeblasen wird.
Für jede neu zu lernende Ziffer braucht das Gehirn erst einmal viel Speicherplatz. Deshalb ist das Kind zu Beginn des Ziffernlernens nicht in der Lage, mehrere Ziffern gleichzeitig im Gedächtnis zu behalten. Jede Ziffer hat eine andere Form. Die 1 hat nur gerade Striche mit einer Dachform oben, die 2 hat oben einen Bogen wie ein Schwanenhals und unten einen geraden Strich, die 3 besteht aus zwei Halbkreisen usw. All die Bogen und Striche müssen auch noch in der richtigen Form und im richtigen Winkel angebracht werden. Der Kurzzeitspeicher eines Kindes ist mit einer einzigen neu zu lernenden Ziffer schon voll, denn die Ziffer ist eine ganz neue Information für das Gehirn und braucht erst einmal viel Platz. Es ist deshalb nicht sinnvoll, mehrere Ziffern hintereinander zu lernen. Das Kind muss erst einmal mit einer Ziffer intensiv arbeiten, mit ihr spielen, sie festigen, sie richtig kennenlernen, sie zu seinem Freund machen. Hat das Kind mit einer Ziffer längere Zeit geübt, verschmelzen die einzelnen Teile zu einem Element und die gelernte Ziffer braucht nicht mehr so viel Speicherplatz. Jetzt hat das Gehirn Platz für die nächste Ziffer, welche zunächst wieder den