Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Der dritte Band des Handbuches zur neueren Geschichte Österreichs! In diesem dritten Band des Handbuches zur neueren Geschichte Österreichs werden die Anfänge der Moderne, der Reformkomplex seit Maria Theresia und auch Refeudalisierungstendenzen, die Ausprägung des Absolutismus, die Aufklärungsbewegung, der Josephinismus, die Französische Revolution und ihre Folgen, die Restauration und die Politik Metternichs, der Vormärz und die Revolution 1848/49 unter mehreren Schwerpunkten dargestellt: Allgemeine Charakterisierung der Epoche, Gesellschaft, Wirtschaft, Staat, Politik, Kultur, Ideen und Mentalitäten. Es geht dabei vorrangig um Prozesse und Strukturen und um Hauptkräfte und Bewegungen. Auch Ideen und ihre Umsetzungen spielen eine zentrale Rolle.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 411
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Helmut Reinalter
Reform, Restauration und Revolution(1740–1848/49)
Handbuch zur neueren Geschichte ÖsterreichsHerausgegeben von Helmut ReinalterBand 3
Helmut Reinalter
Darstellung –Forschungsüberblick –Quellen und Literatur
StudienVerlag
Innsbruck
Wien
In diesem aus Anlass des Österreichischen Millenniums strukturgeschichtlich konzipierten fünfbändigen Werk zur neueren und neuesten Geschichte Österreichs geht es vorrangig um eine moderne sozialgeschichtliche Darstellung, die auf der Grundlage neuester Forschungsergebnisse die Entwicklung der Gesellschaft, des Alltags, der Wirtschaft, des Staates, der Staatensysteme, der Politik, Kultur und Mentalitäten analysiert und bewertet.
Gesellschaft ist hier durch Wirtschaft und Bevölkerung, das System der sozialen Ungleichheit, politische Herrschaftsordnungen, durch Kultur- und Geistesleben geprägt.
Prozesse und Strukturen stehen im Zentrum der Darstellung. Jeder Band ist in drei Teile gegliedert:
• komprimierte Überblicksdarstellung
• ausführlicher Forschungs- und Literaturbericht und
• ausgewählte Bibliographie.
Die Geschichte Österreich von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart richtet sich nicht nur an Fachhistoriker und Lehrer, sondern auch an Studierende und an historischen Themen interessierte Personen.
Helmut Reinalter(Herausgeber)
Band 1
Markus Reisenleitner, Frühe Neuzeit, Reformation und Gegenreformation (schon erschienen)
Band 2
Harm Klueting, Absolutismus, Barock und die Herausbildung moderner Staatlichkeit (1648–1740) (in Vorbereitung)
Band 3
Helmut Reinalter, Reform, Restauration und Revolution (1740–1848/49)
Band 4
Ellinor Forster, Das Zeitalter des Nationalismus und das Ende der Monarchie (1850–1918) (in Vorbereitung)
Band 5
Gerhard Botz, Österreich im 20. Jahrhundert (1918 bis zur Gegenwart) (in Vorbereitung)
Vorwort
Teil 1: Darstellung
1. Zum Charakter der Epoche: Aufklärung – Französische Revolution – Restauration – Vormärz – Revolution 1848/49
1.1 Die Aufklärung
1.2 Die Französische Revolution
1.3 Restauration, Vormärz und Revolution
2. Wirtschaft
2.1 Die wirtschaftlichen Maßnahmen unter Maria Theresia
2.2 Bauernschutz und Landwirtschaft
2.3 Wirtschafts- und Merkantilpolitik
2.4 Wirtschaftsreformen unter Joseph II.
2.5 Die josephinische Wirtschaftspolitik
2.6 Die wirtschaftliche Entwicklung unter Leopold II.
2.7 Die franziszeische Zeit
2.8 Die wirtschaftliche Entwicklung im Vormärz
3. Gesellschaft
3.1 Die langsame Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft
3.2 Die Bedeutung des Beamtentums
3.3 Die theresianisch-josephinischen Sozialreformen und die Sozialpolitik in der Restauration und im Vormärz
3.4 Soziale Krisen
3.5 Soziale Folgen der Industrieentwicklung
3.6 Bauernstand und Landwirtschaft
3.7 Öffentliches Gesundheitswesen
3.8 Weitere Reformen unter Leopold II. und Franz II. (I.)
3.9 Soziale Unruhen und Protestbewegungen im Vormärz
3.10 Frühes Vereinswesen
3.11 Soziale Probleme im Vormärz
4. Staat und Politik
4.1 Der theresianisch-josephinische Reformkomplex
4.2 Der Josephinismus
4.3 Der Aufgeklärte Absolutismus
4.4 Die franziszeische Reaktion
4.5 Die österreichischen Jakobiner
4.6 Die Politik Franz II. (I.) und Ferdinand I.
4.6.1 Die politische Entwicklung zur Zeit der Restauration und im Vormärz
4.6.2 Die Julirevolution 1830 und ihre Folgen
4.6.3 Kaiser Ferdinand I. und die Staatskonferenz
4.6.4 Die Revolution 1848/49
4.7 Die Außenpolitik von Maria Theresia bis Ferdinand I.
4.7.1 Der Österreichische Erbfolgekrieg, die Umkehr der Bündnisse und der Siebenjährige Krieg
4.7.2 Die Außenpolitik Joseph II.
4.7.3 Außenpolitische Pläne Leopold II.
4.7.4 Die Koalitionskriege
4.7.5 Der Wiener Kongress 1814/15
4.7.6 . Die Außenpolitik Franz I. und Ferdinand I.
5. Kultur, Kunst, Bildung und Religion
5.1 Schule, Wissenschaft, Kunst und Kultur
5.2 Kirche und Religion
5.3 Das Biedermeier
Teil 2: Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
1. Unterschiedliche Interpretationen der Aufklärung und des Aufgeklärten Absolutismus
2. Der Josephinismus in der neueren Forschung
3. Forschungsperspektiven der Französischen Revolution und des Jakobinismus
4. Das Kaisertum Österreich, der Vielvölkerstaat und das Nationalitätenproblem
5. Der Wiener Kongress
6. Die Nachwirkungen des Josephinismus
7. Ideologische Bewegungen im Vormärz und die ersten politischen Parteien
8. Die Julirevolution 1830 und die Revolution 1848/49 215
Teil 3: Quellen und Literatur
1. Zur Bibliografie
2. Quellen
3. Gesamt- und Überblicksdarstellungen
4. Lexika
5. Handbücher
6. Herrscherbiografien
7. Wirtschaft
8. Soziales, Gesellschaft
9. Politik
10. Kultur, Kunst, Bildung und Religion
11. Forschungsperspektiven
Der dritte Band dieses auf fünf Bände geplanten Handbuchs zur neueren Geschichte Österreichs befasst sich mit dem Zeitraum von Maria Theresia bis zur Revolution 1848/49. Die inhaltliche Konzeption entspricht ganz dem Handbuchcharakter, wie er am Beginn der einzelnen Bände erklärt wird. Sie lehnt sich stark dem Gesellschaftsbegriff des deutschen Soziologen Max Weber (†) und der Gesellschaftsgeschichte des Historikers Hans Ulrich Wehler (†) (Wirtschaft, Soziales, Politik und Kultur) an, dem der Verfasser viel an Einsicht in die Historische Sozialwissenschaft verdankt.
Die Überblicksdarstellungen sind vor allem den Bänden des „Oldenbourgs Grundrisses der Geschichte“ verpflichtet, die für Studierende, Lehrer und interessierte Leser geschrieben wurden. Im Vergleich zu bisherigen Darstellungen der Geschichte Österreichs unterscheiden sich die vorliegenden Bände des Handbuchs nicht nur durch die zeitliche Einschränkung auf die Neuzeit und Gegenwart, sondern auch durch besondere Akzente, Schwerpunktsetzungen, Gewichtungen, Einordnungen und Beurteilungen auf der Basis neuerer und neuerster Forschungen (vgl. die Quellen und das Literaturverzeichnis).
Der Verfasser des dritten Bandes dankt seinen Assistentinnen, Mitarbeiterinnen und Sekretärinnen Brigitte Abram, Sabine Robic, Hannah Lüfter und Brigitte Egger für diverse Recherchen, Schreibarbeiten, Korrekturen sowie seinen ehemaligen Studentinnen und Studenten für kritische Fragen. Vereinzelte Teile des Textes hat der Autor aus seinen früheren Veröffentlichungen leicht geändert übernommen und zitiert.
Die noch offenen Bände zwei (Harm Klueting) und vier (Ellinor Forster) sind in Vorbereitung und werden 2024 erscheinen, der fünfte Band voraussichtlich 2026.
Innsbruck, im August 2023
Helmut Reinalter
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann allmählich auch in Mitteleuropa, die technisch-industrielle Entwicklung die altständisch-aristokratische Ordnung mit ihren ausgeprägten personalen Herrschaftsbindungen abzulösen und den nationalen, bürokratisch-institutionellen Flächenstaat auszubilden. Die auf diese Weise entstehende neue Gesellschaft war mit Problemen der wachsenden Bevölkerung, der Landflucht und Teuerung von Agrarprodukten konfrontiert. Die Grenzen zwischen dem noch dominierenden Hof- und Beamtenadel, dem aufstrebenden Bürgertum und den wohlhabenden bäuerlichen Schichten wurden fließender, so dass sich die alten Gesellschafts-, Herrschafts- und Wirtschaftsstrukturen durch eine stufenweise Emanzipations- und Säkularisierungsbewegung auflösten.
Im Vergleich zu den westeuropäischen Großmächten war der Habsburgerstaat zu Beginn der Regierung Maria Theresias in der Entwicklung zu einem modernen Flächenstaat steckengeblieben. Dieses Defizit war besonders durch die militärischen Auseinandersetzungen mit Preußen klar geworden, als sich kurz nach dem Regierungsantritt der Monarchin zeigte, dass Preußen in organisatorischer, militärischer und finanzieller Hinsicht der Habsburgermonarchie überlegen war. Maria Theresia und ihre Ratgeber erkannten, dass sich in der Struktur Europas eine einschneidende Veränderung vollzogen hatte, die ihre Wirkungen auch in der Habsburgermonarchie fühlbar werden ließ: die traditionell immer noch wirksame universale Idee musste nun durch die Staatsidee ersetzt werden.
Zu dieser Zeit entstand mit einiger Verspätung gegenüber den westeuropäischen Staaten auch hier das moderne Bürgertum, das sich jedoch weder ökonomisch noch politisch so stark profilieren konnte, um den feudalabsolutistischen Staat durch eine konstitutionelle Monarchie oder gar durch eine Republik ersetzen zu können. Die zurückgebliebenen sozialen und politischen Strukturen erzwangen in der Habsburgermonarchie, die noch vorwiegend agrar-feudal und ein in zahlreiche Nationalitäten zersplitterter Staat war, Reformen, die in anderen Ländern von der Aufklärung in Bewegung gesetzt wurden. Daher ist in diesem Zusammenhang zu Recht betont worden, dass in der Habsburgermonarchie nicht die Philosophie zur Reform aufrief, sondern die Praxis der Aufklärung für die Durchführung von Neuerungsmaßnahmen entscheidend war. Die Philosophie bildete gleichsam die „geistige Nachhut“ bereits mit Erfolg realisierter Reformen. So übertrugen sich im Habsburgerstaat die Beziehungen zwischen Aufklärung und Reform wegen der herrschenden religiösen und noch weithin halbfeudalen gesellschaftlichen Verhältnisse in einem umgekehrten Sinn als anderswo. Stand die Philosophie der Aufklärung mit dem österreichischen Staatsgedanken daher nur in einem sehr losen Zusammenhang, so zeigte andererseits dieses Denken eine enge Beziehung zur Praxis der Aufklärung.
Mit der Aufklärung bekam die frühe demokratische und liberale Bewegung neuen Auftrieb, weil sie sich u.a. auch mit Problemen der gesellschaftlichen und politischen Ordnung auseinandersetzte, wie z.B. mit der Staatsform und Rechtsordnung, mit dem Gerichtswesen und dem Strafvollzug, mit der Polizei und Wirtschaft, mit dem Verhältnis der Stände zueinander und der öffentlichen Moral. Während der Aufklärung entstanden auch Ansätze zu einer wissenschaftlichen Begründung von Politik. Im späteren 18. Jahrhundert wurde der schon vorher eingeleitete Politisierungsprozess durch die Polarisierung der Öffentlichkeit und die daraus resultierende Aufspaltung in verschiedene ideologisch-politische Strömungen noch verstärkt. Der frühe Liberalismus ging durch seine starken Reformbestrebungen und konstitutionellen Ansätze über den Spätabsolutismus hinaus und die frühen Demokraten und Sozialkritiker fassten die Beseitigung des Spätabsolutismus als Ziel ins Auge. Ein wesentlicher Faktor der Aufklärung und für die frühe demokratische Bewegung war das Entstehen einer politischen Öffentlichkeit. Dazu zählten nicht nur die Zeitschriften, Buchproduktionen und Broschüren, sondern auch die verschiedensten Formen aufgeklärter Sozietäten. Die bürgerliche Welt- und Lebensanschauung manifestierte sich in neuen Geselligkeits- und Vergesellschaftungsformen, wie in den verschiedenen Aufklärungsgesellschaften.
Die Aufklärung setzte sich auch mit Problemen der politischen Ordnung auseinander, wobei die konstitutionelle Monarchie als bevorzugte Staatsform im Vordergrund stand. In Zentraleuropa wurden die Theorien von Montesquieu und Rousseau zumindest in Ansätzen reflektiert, wobei es in erster Linie um die Theorie der Gewaltenteilung, um die Lehre von den Gouvernements und um die Volkssouveränität ging. Auch die Amerikanische Revolution beeinflusste die demokratische Bewegung in Mitteleuropa. Zweifelsohne haben dann auch die Französische Revolution mit ihren Ergebnissen, die nach 1789 als politische Idee Teil der modernen politischen Praxis geworden sind, wie der tatsächlich hohe Grad von Rechtsgleichheit, die Beweglichkeit des Grundbesitzes, die Verfügbarkeit allen Besitzes für die Industrie, die Parität der Konfessionen, die Strukturen einer neuen politischen Kultur sowie die schriftliche Legitimation von Herrschaft in Form geschriebener Verfassungen die demokratische Entwicklung vorangetrieben.
Die Demokratie wurde seit der Französischen Revolution auch in Mitteleuropa als mögliche Gestaltungsform großer Staaten, als ein die Gegenwart unmittelbar bestimmender politischer Machtfaktor angesehen. Sie war nicht mehr nur eine Staatsform, die höchstens in unbedeutenden Randzonen der großen Mächte eingeführt war, sondern eine bedeutsame zentrale geschichtliche Bewegung.
An der Entstehung der Jakobinerbewegung in Mitteleuropa hatte die Aufklärung einen nicht zu unterschätzenden Anteil, da sie die ideologischen Grundlagen für den Politisierungs- und Emanzipationsprozess der literarischen und philosophischen Intelligenz bildete. Der Jakobinismus litt in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz besonders an fehlenden materiellen Voraussetzungen für eine Revolution. Er erhielt seine Impulse in erster Linie aus Frankreich und aus der Einsicht in die Notwendigkeit einer Veränderung der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse. So blieben die verschiedenen jakobinischen Bewegungen Ende des 18. Jahrhunderts und die spontanen Hungerrevolten letztlich regional begrenzt und konnten keine überregionale revolutionäre Umwälzung bewirken.
Zwar hatte der Jakobinismus durch seine Ausrichtung auf Frankreich, auf naturrechtliche Normen der Aufklärung und die eigenen sozialen Erfahrungen ein in Ansätzen ideologisches Gerüst, das aber durch mangelnde organisatorische Voraussetzungen zu keiner allgemeinen Revolutionierung führen konnte. Dazu kamen noch die ökonomische und gesellschaftliche Rückständigkeit und das im Vergleich zu England und Frankreich sich erst mit Verspätung konstituierende Bürgertum. Ein revolutionäres Bewusstsein bestand bei den Volksmassen kaum, da in den zersplitterten Territorien noch schwierige Lebensbedingungen herrschten. So mussten die Jakobiner in Mitteleuropa unter diesen ungünstigen Voraussetzungen erst den Versuch unternehmen, eine Revolution in Gang zu setzen. Wie schwierig diese Aufgabe war, beschrieb Georg Forster 1792. Forster erschien aus der Erkenntnis der politischen, sozialökonomischen Lage unter moralischer Unvollkommenheit des Bürgertums ein Umsturz als ein großes Unglück in Deutschland. Wenn er bedauert, dass Deutschland zur Revolution und Freiheit noch nicht reif sei, so verstand er darunter, dass das Volk noch zu wenig innerlich moralisch frei sei, um die äußere, politische Freiheit durch eine Revolution erreichen zu können.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Hoffnungen der meisten mitteleuropäischen Jakobiner durch die Herrschaft Napoleons endgültig zerstört. Unter den Enttäuschten fanden sich vorwiegend Intellektuelle und Studenten, die sich ab 1815 in Geheimzirkeln zusammenschlossen. Ihr Ziel war, Wege und Möglichkeiten zu finden, ihr Vaterland zu regenerieren. In der nachrevolutionären Phase waren besonders die Universitäten Zentren des demokratischen Radikalismus. Im Ideengehalt dieser Gruppen zeigten sich neue Tendenzen, die sich nicht mehr auf das Gedankengut der Aufklärung, sondern auf das Denken der politischen Romantik stützten. Alle neuen politischen Ansätze wurden aber sehr bald durch die Karlsbader Beschlüsse zum Scheitern gebracht. Diese Reaktion auf „demokratische Umtriebe“, die auch die liberale Verfassungsbewegung, die Universitäten und die Presse betraf, bewirkte eine Änderung der Verfassungsstruktur des Deutschen Bundes. Hatte Metternich zunächst die Form des Staatenbundes prinzipiell nicht abgelehnt, so war er nun bestrebt, diese Souveränität einzuschränken, um die Einheitsbewegung in ihrer Wirkung abzuschwächen.
Nach vorübergehender Blüte der Restauration änderte sich die politische Situation mit der Julirevolution 1830 in Frankreich grundlegend, da diese gesamteuropäische Wirkung erzielte. Für die demokratische und liberale Bewegung war bedeutsam, dass die Revolution fast alle deutschen Teilstaaten und auch die Habsburgermonarchie erfasste, wie die konstitutionslosen Staaten Nord- und Mitteldeutschlands (außer Preußen) mit neoabsolutistischer und bürokratischer Willkür. Auf die Unruhen und bürgerlichen Verfassungsbewegungen folgte eine zweite Verfassungsbewegung, die den süddeutschen Konstitutionalismus ergänzte. In der westmitteldeutschen Kontaktzone zwischen den zollpolitischen Vertragssystemen und dem Südwesten kam es zu politischen und sozialen Protestbewegungen zwischen 1831 und 1834. Diese Konflikte im Vormärz waren die Folgen von Spannungen zwischen Staat und Gesellschaft und zwischen Modernisierung sowie Systemerhaltung.
Auch die Ereignisse in Belgien und Polen riefen starke Reaktionen hervor, wobei besonders die belgische Verfassung auf größere Sympathien in Deutschland stieß. Die Polenfreundschaft des liberalen Bürgertums war ein wichtiger Aspekt des im Zuge der Julirevolution entstandenen und sich gegen das System der Reaktion richtende oppositionelle Protestverhalten in nord- und mitteldeutschen Staaten. Revolutionäre Formen nahmen sie vor allem in jenen Ländern Nord- und Mitteldeutschlands an, wo das Fehlen einer Konstitution und die Willkür der Fürsten und Regierungen besonders stark ausgeprägt waren. Die verschiedenen Aufstandsbewegungen, die von Kleinbürgern, Handwerkern, Arbeitern und ländlichen Unterschichten getragen wurden, entwickelten sich zu sozialen Protesten weiter: Durch die Vermittlung bürgerlicher Kräfte konnten diese schließlich in den Erlass von Verfassungen und in administrative Reformen umgeleitet werden. Nach diesem Schema fanden auch weitgehend die Ereignisse in Braunschweig, Hannover, im Königreich Sachsen und in Kurhessen statt. Im süddeutschen Raum hatte die Julirevolution zunächst eine Verschärfung der Konflikte zwischen den Regierungen und der liberalen Opposition in den Ständekammern zur Folge. Durch die kontroverse Auslegung des Verfassungsrechts wurde die südwestdeutsche Volksbewegung in dieser Zeit vom Nebeneinander parlamentarischer Auseinandersetzungen und neuer Formen des politischen Protests geprägt.
Der radikale Demokratismus änderte sich im Vormärz, weil es zur Aufspaltung in zwei Richtungen kam: zu einem gemäßigt liberalen und radikaldemokratischen Flügel. Der gemäßigt-liberale Flügel wurde auch als bürgerlicher Demokratismus charakterisiert, während die radikal-demokratische Strömung in den Sozialismus einfloss. Darüber hinaus kam es auch zu politischen Oppositionsbewegungen in Württemberg, Nassau, Hessen-Darmstadt, Bayern und Baden, wo allerdings nach 1830 eine vorübergehende Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament auf der Grundlage einer Verfassung zustande kam. Auf der Ruine des Hambacher Schlosses fand im Mai 1832 das „Nationalfest der Deutschen“ statt, das nicht zuletzt auf Grund der sozialen Notlage der pfälzischen Bauern und Kleinbürger und der radikalen Agitation verursacht wurde. Im Rahmen dieses Festes kam es sogar zu einer teilweisen Vereinigung der gemäßigten und radikalen Oppositionellen, doch fehlte ihren Führern die theoretische Fundierung. Ihre demokratischen Vorstellungen bauten weniger auf einer Analyse der bestehenden Klassenverhältnisse und auf dem Verständnis der dem Kapitalismus inhärenten Widersprüche auf, sondern beruhten stärker auf einem moralischen Gerechtigkeitssinn und auf Mitgefühl mit den sozial unteren Schichten. Das Hambacher Fest fand in der deutschen Öffentlichkeit große Resonanz, weshalb die repressiven Reaktionen nicht ausblieben: Kontrolle der landständischen Verhandlungen, Verschärfung der Pressezensur, Verbot politischer Vereine und Volksfeste, Überwachung der Universitäten, Unterdrückung der Burschenschaften und Demagogenverfolgungen.
Durch die Verbindung von örtlichen und landschaftlichen Sozialkonflikten mit dem politischen Radikalismus entstand nach dem Scheitern des Frankfurter Wachesturms erneut in der oberhessisch-kurhessischen Störungszone zwischen Darmstadt, Frankfurt und Marburg eine revolutionäre Bewegung, die vor allem die niederen Volksmassen ansprach. Georg Büchner verfasste 1834 seine berühmte Flugschrift „Der hessische Landbote“, in der harte Kritik an der Ausbeutung des Volkes durch die Fürsten, Regierungen und Landstände geübt wurde. Büchner rief zum Sturz der Tyrannen, zur Beseitigung der Verfassungen und zur Errichtung eines deutschen Freistaates auf. Parallel zu den erwähnten Protestbewegungen nach 1830 lief die Entstehung eines pluralistischen Systems politischer Parteien, wie Konservativismus, Liberalismus, demokratischer Radikalismus, politischer Katholizismus und Sozialismus. Die sozialen Kreise, die Ausdruck des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels waren, und die verschiedenen sozialen Protestbewegungen brachen eine Reihe von Veröffentlichungen über das Problem des Pauperismus hervor und führten zu Bemühungen des Staates, die soziale Frage administrativ, karitativ oder durch erzieherische Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Die revolutionäre Theorie des frühen deutschen Sozialismus vor 1848 war in erster Linie das Ergebnis der ideologischen, von religiösen und philosophischen Überlegungen ausgehenden Diskussionen über die Lehren der französischen Frühsozialisten unter Auseinandersetzung mit den ökonomischen und sozialen Verhältnissen in der industriellen Klassengesellschaft. Bereits vor 1848 gab es in Nordwestdeutschland ein Netz von Stützpunkten der sozialistischen Agitation. Wichtigstes Zentrum war der Kölner Kreis von aktiven Kommunisten und die im Herbst 1847 entstandene Kölner Sektion des „Bundes der Kommunisten“. Vor der Revolution 1848 kam es jedoch zu keiner überregionalen Organisationsgründung innerhalb des Deutschen Bundes.
Im Vormärz entstanden in der Habsburgermonarchie politische und soziale Spannungen und so organisierte sich in einigen Landtagen eine liberale Oppositionsbewegung. In den außerdeutschen Ländern verstärkten sich nationale Bewegungen. Seit 1830 entwickelten sich verschiedene Ständeversammlungen in den Erbländern von Postulatenlandtagen zu kritischen Partnern der Regierung weiter. In diesem Zusammenhang kam auch den verschiedenen Vereinen eine wichtige Rolle zu, weil sich darin die bürgerliche Intelligenz sammelte. Die Forderungen der Stände umfassten Reformen im Schulwesen und in der Selbstverwaltung, Öffentlichkeit der Ständeversammlung und ein Pressegesetz, die Bauernbefreiung und ein stärkeres Mitspracherecht in der Finanzpolitik.
Unter dem Einfluss der Julirevolution in Frankreich kam es nach 1830 zu zahlreichen Protestbewegungen, radikaldemokratische Vorstellungen wurden jedoch nur von wenigen Theoretikern vertreten. Ursache der Protestbewegungen waren auch die Missernten (1845–1847), die verschiedenen lokalen Aufstände und Plünderungen in den Wiener Vorstädten.
Die zahlreichen repressiven Maßnahmen gegen diese Bewegungen konnten aber den Ausbruch der Revolution in Wien nicht mehr aufhalten. In der Schweiz erfolgte durch den Bürgerkrieg des katholisch-konservativen Sonderbundes gegen die liberale Mehrheit 1847 die Grundlage für den erfolgreichen Umbau von einem Staatenbund in einen Bundesstaat.
Wenn man die frühe demokratische Bewegung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit den Entwicklungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vergleicht, lässt sich eine gewisse Kontinuität feststellen. Diese betrifft nicht nur die ideengeschichtliche, sondern auch die biografische und die organisatorische Ebene. Für die ideengeschichtliche Kontinuität sprechen vor allem die gesellschaftspolitischen Vorstellungen der Spätaufklärer, der Jakobiner und die Weiterentwicklung demokratischer Theorien während der Restauration, im Vormärz und in der Revolution 1848/49. Auch die ideologisch-politischen Differenzierungsprozesse beeinflussten diese Entwicklung. Die Aufklärungsgesellschaften, politischen Vereine und die Anfänge der Parteiengründungen zeigen die organisatorischen Kontinuitäten auf.
Im 18. Jahrhundert begann der Prozess der Industrialisierung, die schon im 17. Jahrhundert einsetzte. Diese Entwicklung umfasste nicht nur die Förderung der Industrie, sondern die politische Ökonomie, deren zentrale Aufgabe die Vermehrung der Bevölkerung war. Einer ihrer Betreiber war in der Habsburgermonarchie Joseph Freiherr von Sonnenfels. Zu dieser Aufgabe zählte die Förderung der Einwanderung, und die ökonomischen Grundsätze sollten durch humanitäre Überlegungen ergänzt werden. Die ökonomischen Grundsätze umfassten nicht nur die Förderung der Industrialisierung, sondern auch die Intensivierung der Landwirtschaft, die Toleranzbestrebungen, die Volksgesundheit sowie die Sozial-, Schul- und Justizreformen.
Im Bereich der Landwirtschaft spielte die Bauernschutzgesetzgebung unter Maria Theresia eine wichtige Rolle. Es kam zur Beseitigung der grundherrlichen Steuereinhebung, zu einer Einschränkung der Patrimonialgerichtsbarkeit und zu einer Unterscheidung zwischen bäuerlichem und herrschaftlichem Besitz mit Hilfe des theresianischen Katasters 1751. Begonnen wurde auch mit einer Robotablösung auf den kaiserlichen Gütern. Der Schutz der Arbeit der ländlichen Bevölkerung und des Ertrags der bäuerlichen Wirtschaft wurde in der Regierungszeit Maria Theresias und später Josephs II. besonders wirksam. So führte die Registrierung der Schuldigkeit der Bauern in den sogenannten Urbarien zu einer Regelung der Formen und Bedingungen der Dienste, wobei das Maximum der Robot nun drei Tage in der Woche umfasste. Allerdings gestaltete sich die Agrarpolitik unter Maria Theresia noch relativ zögerlich. Erst unter Joseph II. wurde die völlige Abschaffung der Leibeigenschaft, um das Haupthindernis einer umfassenden und raschen Wirtschaftsentwicklung zu beseitigen, ins Auge gefasst. Ein schnelleres Tempo erfolgte erst durch ihn.
Für die Agrarwirtschaft wichtig wurde auch die langsame Einführung zweckorientierter Betriebsmethoden, die ab 1760 durch „ökonomische Gesellschaften“ gefordert wurden. In diesem Zusammenhang taten sich vor allem fortschrittlich eingestellte Grundherren besonders hervor. Dazu zählten die qualitative Verbesserung des Viehbestandes durch geplante Züchtung und die Propagierung erfolgreicher Getreidesorten sowie besserer Düngung für die Verbreitung der Futterpflanzen und die Werbung des Kartoffelanbaus. Die Kartoffel war nicht nur ein unentbehrliches Volksnahrungsmittel, sondern wurde auch wichtig für die Branntweinproduktion.
Schon unter Maria Theresia erfolgte eine weitere Besiedelung der südungarischen Gebiete durch deutsche Kolonisten. Die großen Siedlungsunternehmen waren ein wichtiger Bestandteil der Populationistik. Bei der erneuerten Ausweisung protestantischer Oberösterreicher nach Siebenbürgen 1752 bis 1757 machten sich allerdings noch gegenreformatorische Bestrebungen deutlich bemerkbar. Nach dem Frieden von Hubertusburg kamen mehr als 50.000 Personen nach Südungarn.
Maria Theresia veranlasste mehrere Reformen, die auch die wirtschaftliche Entwicklung stark beeinflussten. Die wirtschaftlichen Maßnahmen standen ganz im Dienst der Errichtung eines einheitlichen Wirtschaftskörpers. Die Wirtschaftspolitik war geprägt von der drückenden Finanznot des Staates, der wachsenden Population und der zunehmenden Teuerung. Die Staatsschuld betrug 101 Millionen Gulden, während nur ca. 87.000 Gulden an Bargeld zur Verfügung standen. Die jährlichen Steuereinnahmen schrumpften in der ersten Phase des österreichischen Erbfolgekrieges auf die Hälfte zusammen. Die ständischen Kontributionen machten neun Millionen Gulden aus. Dazu kamen noch 300.000 Pfund Sterling an jährlichen englischen Subsidien, die allerdings ein über 100.000 Mann starkes Heer nicht erhalten konnten. Die Haugwitzsche Reform, die die Steuerfreiheit der Dominien aufhob und den Grundherren ein Drittel und den Untertanen zwei Drittel der Steuerleistungen auferlegte, führte zu einer Verdoppelung der bisherigen Einnahmen. Während der Friedenszeit vor dem Siebenjährigen Krieg war der Staatshaushalt halbwegs ausgeglichen – die Staatsschuld erhöhte sich auf 118 Millionen Gulden. 1763 machten die Staatseinnahmen nur mehr 23,5 Millionen Gulden aus, die Ausgaben betrugen jedoch 31 Millionen Gulden. Einige Jahre später stieg die Staatsschuld auf ca. 260 Millionen Gulden, die jährliche Zinsbelastung betrug 4 Prozent, davon an auswärtigen Schulden Millionen Gulden.
Diese prekäre finanzielle Lage sollte durch wiederholte Veränderungen in der Organisation der obersten Finanzverwaltung geändert werden. 1749 wurde die Finanzkonferenz aufgehoben. Nach dem Friedensschluss 1748/49 sollte das „Directorium in publicis et cameralibus“ als Zentralstelle für Finanzen, Wirtschaft und Inneres Abhilfe schaffen. 1760 wurden die Finanzen von der politischen Verwaltung getrennt, 1762 wurde die politische Verwaltung wieder der Hofkanzlei unterstellt. Zugleich kam es zu einer Reaktivierung der „Hofkammer“ für das Finanzwesen und zur Errichtung einer Hofrechenkammer als oberste Rechnungskontrollbehörde. Der Hofkommerzienrat war die beratende Zentralstelle für die gesamte Monarchie. Nach dem Tode ihres Gatten ließ Maria Theresia den Großteil von Franz Stephans Vermögen für die Staatsschuldentilgung verwenden. Zur Konsolidierung der Staatsfinanzen sollte auch die Einführung einer neuen Schulden-, Kriegs- und Interessenssteuer für Kapitalien beitragen, die ohne Mitwirkung der Stände direkt durch staatliche Organe eingehoben wurde. Im Jahre 1767 kam es zu einer großen Staatsschuldenregulierung mit den Ständen, wobei 56 Millionen Gulden als Aerarialschulden und 22 Millionen Gulden als Domestikalschulden Anerkennung fanden. In den letzten Regierungsjahren Maria Theresias nahmen die Staatseinnahmen bis zu 70 Millionen Gulden zu, so dass 1775 erstmals nach langer Zeit ein Überschuss erzielt werden konnte.
Die gewerblich-industrielle Entwicklung stand seit Maria Theresia ganz unter behördlichen Führungs- und Lenkungsbestrebungen. Die Verfügung 1754 für Handwerk und Gewerbe umfasste die Unterscheidung zwischen Polizei- und Kommerzgewerbe, wobei die Polizeigewerbe von der Hofkanzlei und die Kommerzgewerbe vom Kommerzhofrat beaufsichtig wurden, dessen Neugründung 1762 erfolgte.
Schon die Bemühungen Maria Theresias und ihrer Berater waren darauf ausgerichtet, alle Hemmnisse für den Aufschwung der wirtschaftlichen Produktion möglichst zu beseitigen. So wurde auch der Zunftzwang abgeschwächt. Die Industrialisierung wurde zum Teil mit materiellen Zuschüssen unterstützt und in eine bestimmte Richtung gelenkt.
Der Verlust des Großteils Schlesiens führte zu einer Neuorganisation der Verwaltung, was für die Förderung der Industrie durch Maria Theresia bedeutsam war. So bemühte man sich um einen Ersatz für die verlorenen schlesischen Produktionsstätten. Die Politik förderte besonders die böhmische Textilindustrie und die Alpen- und Donauländer. Auch die Entwicklung der chemischen Industrie war Maria Theresia ein Anliegen, wobei es hier vor allem um die Erzeugung von Farbstoffen ging.
Eine tiefgreifende Veränderung der Bevölkerungsstruktur erfolgte vor allem durch die Industrialisierung. So nahm der Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung stark zu, und es bildeten sich neue Bevölkerungsschwerpunkte heraus, die durch den Wandel von Landgemeinden verursacht wurden. Unter Maria Theresia begannen auch vorübergehend wieder koloniale Unternehmungen. Auch die Metallindustrie expandierte, wobei unter den Exportgütern vor allem Eisenwaren eine große Rolle spielten. Nach 1740 entwickelte sich besonders der Handel, vor allem der Außenhandel, erfolgreich, wie seit 1776 Handelsstatistiken der Gesamtmonarchie zeigten. Dabei muss auch die Verbindung der österreichischen Wirtschaft mit Galizien erwähnt werden, das sich ziemlich bald nach der Erwerbung 1772 in den habsburgischen Wirtschaftsraum einfügte. Der Exporthandel war zunächst über die Nord- und Ostseehäfen gelaufen und mit Abschwächung auch über Triest, wobei Triest als Hafenstadt besonders gefördert wurde.
Die Zentralisierung und Vereinheitlichung bei den Reformen manifestierten sich besonders in der Währungspolitik. So wurde unter Maria Theresia 1750 der Konventionsmünzfuß (20 Gulden – 10 Taler auf eine Kölner Mark) eingeführt. Dieser Konventionsmünzfuß wurde von Österreich und Bayern vereinbart. Zum bevorzugten Zahlungsmittel vor allem im Exporthandel wurde der Maria-Theresien-Taler, der für den österreichischen Fiskus eine bedeutende Einnahmequelle darstellte. Zur Finanzierung des Siebenjährigen Krieges wurde es notwendig, 1762 zumindest vorübergehend Papiergeld auszugeben. Die Ausgangssituation des ökonomischen Entwicklungsniveaus der Habsburgermonarchie war 1743 noch relativ ungünstig, durch die Wirtschaftspolitik Maria Theresias und ihrer Berater änderte sich allerdings dann die ökonomische Entwicklung, wie bereits erwähnt wurde, relativ positiv. Die Wirtschaftspolitik Maria Theresias war zweifelsohne ein Teilbereich ihrer gesamten Reformpolitik.
Ein ausschlaggebender Faktor für die ökonomischen Reformen unter Maria Theresia war die kritische Finanzlage der Zentralregierung. Dabei bildete ein effizientes bürokratisches System die Voraussetzung für die zentral gelenkten Wirtschaftsreformen. Diese Entwicklung wurde allerdings durch die föderalistische Struktur der Habsburgermonarchie und die durch die Stände bestimmten lokalen Administrationsorgane behindert.
Joseph II. verfolgte eine merkantilistische Wirtschaftspolitik mit starken physiokratischen Zügen. Er war nach dem Untertanenpatent von 1781 der eigentliche Schutzherr der Bauern. Die Aufhebung der Leibeigenschaft galt zwar für die Länder der Wenzelskrone, sie wurde aber auch in Österreich verkündet. Die Beschränkung der persönlichen Freizügigkeit der Bauern wurde mit dieser Verfügung beendet, der Bauer besaß aber noch kein freies Eigentum an Grund und Boden. Die Herrschaft hatte weiterhin noch obrigkeitliche Befugnisse. Die Urbarialregulierung von 1789 sah die gleichmäßige Besteuerung von Dominikal- und Rustikalland vor, diese Verordnung wurde aber von Leopold II. widerrufen, weil es bei der Umsetzung zu größeren Schwierigkeiten kam.
Die schon unter Maria Theresia eingeführten zweckmäßigeren Betriebsmethoden führte Joseph II. weiter. Unter ihm wurde die Kartoffel zu einem wichtigen Volksnahrungsmittel. Wegen der neueren Industrien und der Bauwirtschaft benötigte man mehr Holz, weshalb der Staat sich um eine sorgfältigere Waldwirtschaft und um Aufforstung bemühte. Unter dem Einfluss physiokratischer Ideen dachte man jetzt nicht mehr vorrangig an die Bevölkerungsvermehrung, sondern mehr an die Verbesserung der Landwirtschaft. Unter Joseph II. kam es auch zur Aufhebung des Zunftzwangs für das Textilgewerbe und die Metallindustrie. Die Industrie wurde vom technisch weiterentwickelten Westeuropa in der Habsburgermonarchie beeinflusst. Fabrikanten, Ingenieure und Facharbeiter kamen aus England, Frankreich, dem Rheinland, der Schweiz und Italien sowie auch aus Belgien nach Österreich. In den Sudetenländern dominierten die Deutschen bzw. Deutsch-Österreicher im Entwicklungsprozess der Industrien. Unter Joseph II. wurde das alte staatliche Versorgungssystem der Lebensmittelund Holzwidmungsbezirke beseitigt. 1785 wurde durch die Gründung einer österreichisch-amerikanischen Handelsgesellschaft Neuland für den österreichischen Handel erschlossen. Auch unter Joseph II. spielten die Eisenwaren unter den österreichischen Exportgütern weiterhin eine große Rolle. Binnenzölle wurden langsam aufgehoben, und die Schutzzölle und Einfuhrverbote verschiedener Produkte sollten die österreichische Industrie vor der Konkurrenz schützen.
Die Wirtschaftspolitik hatte auch unter Joseph II. keinen Systemcharakter, sondern war mehr ein Konglomerat verschiedenster Elemente aus dem Merkantilismus, Kameralismus und Physiokratismus. Joseph II. schlug den Weg einer pragmatischen Wirtschaftspolitik ein. Sein Wirtschaftsprogramm setzte sich aus physiokratischen Ideen und einer allgemeinen Liberalisierung des Wirtschaftslebens zusammen. Seine handelspolitischen Überlegungen waren nicht sehr reformerisch, während er im Rahmen des Produktivsektors mit einer Reduzierung planwirtschaftlicher Strukturen, der Ablehnung von Staatsbetrieben und seiner Kritik an einer aktiven Siedlungspolitik einen Neuansatz versuchte. Die durch Kaunitz forcierte Zentralisierung der Kommerzagenden lehnte Joseph ab, sodass weitere institutionelle Reformen nicht vorgenommen wurden. Erst Anfang 1791 wurden die Wirtschaftsagenden an die rekonstruierte Hofkammer übertragen. Die verfügbaren Instrumentarien zur Steuerung der Volkswirtschaft waren auch unter Joseph II. eher bescheiden. Als effektive Regulierungsmethode galten Zölle, Subventionen, Prämien oder Monopole zur Behinderung bzw. Begünstigung des Warenverkehrs. Von einer spezifischen josephinischen Wirtschaftspolitik kann man allerdings für die josephinische Zeit nicht sprechen.
In der Verkehrspolitik setzte Joseph II. die Aktivitäten Maria Theresias fort. In der Finanzierungsfrage erfolgte aber ab 1781 mit der zum Teil vorgenommenen Reprivatisierung bzw. Verpachtung der Straßenpflege ein Neuansatz, der sich später allerdings nicht bewährte. Mit der vollständigen Beseitigung des ständischen Einflusses und die Übertragung der Baukompetenzen an die landesfürstlichen Behörden schlug man einen fortschrittlichen Weg ein. Technische Probleme rief der Ausbau der Binnenwasserwege hervor, und die industrielle Verwertung der Stein- und Braunkohle setzte billigere Transportmittel, wie den Wasserweg, voraus. Einen Neuansatz bildete die eindeutige Aufteilung der Behördenkompetenzen und weniger die Intensivierung der Bauaktivitäten. Als Hauptproblem bei konkreten Bauvorhaben stellte sich vor allem die Finanzierungsfrage heraus. Die Wirtschaftsprojekte erfuhren auch unter Joseph II. Förderungen. Der gesellschaftliche Disziplinierungsprozess wirkte sich besonders auf die Agrarpolitik, die Warenpolitik und die öffentliche Verwaltung aus. Unter Joseph II. setzte sich die Leitlinie durch, Betriebsneugründungen vor allem in den Land- und Provinzstädten zu unterstützen. Die Wirtschaftspolitik Josephs II. umfasste auch den Verzicht auf die unmittelbare Lenkung der Produktionsqualität und Produktionsquantität, und als Idealzustand wurde die Freikonkurrenz auf dem Inlandsmarkt propagiert. Die Zwangsvorschriften sollten beseitigt werden. Als Ziel der Wirtschaftspolitik galt die Umgestaltung der Monarchie in einen möglichst homogenen Wirtschaftsraum. Ein weiteres Ziel war die Ausschaltung von Vermittlungsinstanzen zwischen Produzenten und Konsumenten. Joseph II. verzichtete auch auf die Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit. 1784 traf er eine Entschließung, in der es hieß: „Jedem soll es erlaubt sein, je nach seiner Art sein Brot zu verdienen“ (Gustav Otruba, Von den ‚Fabriksprivilegien‘ des 17. und 18. Jahrhunderts zum ‚Österreichischen Fabrikenrecht‘ 1838, S. 90 ff.). In einer Verordnung 1797 genehmigte er den Großbetrieben sogar die Berechtigung zum unbeschränkten Handel mit ihren Produkten.
Eine starke Liberalisierung nahm Joseph II. in Bezug auf die Regelung des Detail- und Haustierhandels vor. Die Privatmauten wurden 1783 aufgehoben. Die Ansätze zur Liberalisierung des Außenhandels wurden allerdings von ihm eingestellt. Ab Anfang November 1784 erließ er für in den Erbländern in ausreichender Quantität produzierte Güter, wie Baumwolle, Leinwand, Tuche, Spitzen, Tabak-, Metall- und Glaswaren, Nahrungsmittel, Uhren, Leder, Porzellan oder Fayence, wieder ein absolutes Importverbot. Formal stellten diese Beschränkungen aber kein Einfuhrverbot dar. Am Ende der josephinischen Zeit waren ca. 200 Waren außer Handel gesetzt. Abgabenfrei war die Einfuhr von Getreide, Hanf, Flachs, Heu, Billigweinen und Ziegeln.
Leopold II. hatte die Bestimmungen seines Bruders in der Wirtschaftspolitik zum Teil entschärft. Allerdings gestaltete sich eine vorausplanende Wirtschaftspolitik wegen der öffentlichen Kritik an den späten josephinischen Wirtschaftsreformen und durch das Einsetzen einer Rezensionsphase als sehr schwierig. Im Außenhandel kam es zur Mäßigung einiger Zölle, die besonders Lebensmittel betrafen, während die meisten protektionistischen Bestimmungen in Geltung blieben. Im Binnenhandel kam es zu keinen größeren Veränderungen. 1791 führte Leopold II. wieder Restriktionen auf dem Produktivsektor ein. Man ging allerdings nicht so weit, dass die Modernisierungsansätze der vorhergehenden Jahrzehnte neutralisiert worden wären. Das Ziel der Wirtschaftspolitik räumte den Länderstellen wieder größeren Spielraum ein und wechselte zwischen verschiedenen wirtschaftstheoretischen Grundsätzen. So nahm die Bedeutung der Zünfte wieder etwas zu, und gleichzeitig übte die Bürokratie bei der Vergabe von Fabriksbefugnissen eine restriktivere Vorgehensweise. Auch die aktive Förderung von Manufakturen wurde langsam eingestellt.
Franz II. (I.) hat einiges vom Josephinismus bewahrt und wollte den Primat der absoluten Herrschaft des Staates und des Kaisers noch weiter festigen. Die wirtschaftliche Lage der Habsburgermonarchie war 1792 beim Regierungsantritt problematisch. Franz war bemüht, die industrielle Entwicklung in der Habsburgermonarchie zu fördern, obwohl er 1802 festlegte, die Errichtung von Fabriken in Wien und den Vorstädten einzustellen. Die Regierung bezog ihre Einkünfte vor allem aus direkten und indirekten Steuern, aus königlichen Privilegien, aus außerordentlichen Auflagen und aus der Ausgabe von Papiergeld und Anleihen. Die direkten Steuern bezogen sich vor allem auf Grund und Boden, sie erfolgten aus Erbschafts- und Judensteuern, aus einer Sonderabgabe an der Militärgrenze und einem Subsidium ecclesiasticum sowie aus einer Auflage auf Kirchenbesitz. Die indirekten Steuern setzten sich aus Zöllen, Marktgeldern, einer Verzehrungssteuer auf Nahrungsmittel, einer Branntweinsteuer, Abgaben und Lizenzen, Stempelgebühren, einer Passagegebühr und einer Sonderabgabe zusammen, die schon seit 1760 an allen Mautstellen von Passagieren in Post- oder Privatwagen bestand.
Die königlichen Vorrechte oder Regalien bezogen sich auf die Posteinkünfte, das Salz- und Tabakmonopol, das Einkommen aus staatlichen Bergwerken, Gebühren für Privatbergwerke und eine Steuer auf das Glücksspiel. Die außerordentlichen Auflagen umfassten schließlich die Strafgelder, Konfiskationen, Heimfallsgüter, Kriegssteuern und patriotische Schenkungen. Die Durchschnittsstaatseinnahmen betrugen in den Jahren 1790 bis 1792 zwischen 90.176.427 fl. und 82.486.001 fl., die Staatsausgaben zwischen 123.498.937 fl. und 97.271.875 fl. Das Defizit betrug 1790 27.541.320 fl. und 1792 4.084.990 fl. Die Staatsschuld erreichte die Summen 390.631.000 fl. und 416.860.560 fl. Die Regierung gab daher in den erwähnten Jahren mehr aus als eingenommen werden konnte, und jedes Jahr brachte einen Zuwachs der Staatsschuld. Hofkammerpräsident Johann Rudolf Graf von Chotek legte 1792 zur finanziellen Lage Österreichs einen Überblick vor, der die schwierige Situation des laufenden Finanzetats hervorhob. Er schlug nicht Steuererhöhungen oder Gehaltsherabsetzungen zur Lösung vor, sondern bevorzugte einen Aufruf zu freiwilligen Naturalbeiträgen, die aus den verschiedenen Provinzen kommen sollten. Auch eine weitere Innenanleihe, mit der die knappen Barmittel gesteuert werden sollten, empfahl er nicht, man sollte sich vielmehr wieder an ausländische Bankhäuser wenden.
Der Kaiser war, was die Robotdienste betraf, nicht mehr, wie seine Vorgänger, ein Unterstützer der Bauern, sondern mehr ein Schirmherr der Feudalen und sah im Adel und Klerus die eigentlichen Stützen des Thrones. Neben zunehmenden Klagen über die innere zerrüttete Staatsverwaltung kritisierte Erzherzog Karl die vollständige Desorganisation, die auch die Finanzen betraf. Er wies besonders auf das steigende Defizit hin, sodass sogar die Rede von einem drohenden Staatsbankrott lauter wurde. Als unbedingte Notwendigkeit forderte er ein Zentrum zur Zusammenfassung der staatlichen Administration, nämlich ein Staats- und Konferenzministerium. Auch Erzherzog Johann, der jüngere Bruder des Kaisers, hob in einer Denkschrift 1807 die Hauptprobleme der Regierung hervor und wies auch auf die Erschöpfung der öffentlichen Geldmittel hin.
Die Kritik am inneren Zustand der Monarchie führte dann dazu, dass der Kaiser sich entschloss, neben der Ordnung der Zentralregierung und der Staatsverwaltung auch das Finanzwesen zu reformieren. Er bezeichnete nach dem Preßburger Frieden die Lösung des Finanzproblems als dringendste Aufgabe. Diskutiert wurden in den Beratungen u.a. die dringlichen volkswirtschaftlichen Fragen, wie die Versorgung der Bevölkerung mit billigen Lebensmitteln und die Förderung von Handel und Industrie, wobei die Meinungen der Ratgeber weit auseinanderliefen. 1809 legte der Hofkammerpräsident Graf O’Donnell den Entwurf eines Finanzplanes vor, der aber auf großen Widerstand stieß. Das Finanzwesen sollte nun endlich saniert und der Staatskredit belebt werden. Der Kaiser unterstützte diese Bestrebungen aber nicht besonders. Im Finanzpatent 1811 wurde dem Volk mitgeteilt, „dass der Monarch … ‚unausgesetzt mit der Wohlfahrt unserer Untertanen‘ beschäftigt, sei, um ‚die Menschen vor Verarmung zu retten und den Nationalwohlstand neu zu beleben‘ und sich entschlossen habe, die Bankozettel auf den fünften Teil ihres Nennwertes herabzusetzen. Sie sollten bis zum letzten Jänner des nächsten Jahres in ‚Einlösungsscheine‘, die dann die einzige Währung zu bilden hätten, umgetauscht werden. Vom 15. März, dem Tage der Kundmachung, angefangen, wären alle Steuern und Abgaben im fünffachen Betrag in Bankozetteln oder in den neuen Einlösungsscheinen zu entrichten“ (zit. nach Viktor Bibl, Kaiser Franz. Der letzte Römisch-Deutsche Kaiser, S. 190). Dieses Patent wurde von den Gegnern auch als elendes Machwerk bezeichnet.
Die Unzufriedenheit mit dem Finanzpatent verschärfte sich zusehends. Wegen der großen Enttäuschung mit dem Patent von 1811 übernahm 1814 der frühere Minister des Äußeren, Philipp Graf Stadion, die Leitung der Finanzen. Er verfolgte das Ziel, die Schuldenwirtschaft zu beseitigen und ein gesundes Geldwesen für die Herstellung des Gleichgewichtes im Haushalt vorzubereiten. Das entsprechende Finanzpatent wurde 1816 erlassen. In diesem Jahr kam es auch zur Gründung der Nationalbank. Mit der neuen Finanzpolitik scheiterte aber Graf Stadion, weil das Volk die Umwechslung gegen Münze bei den neuausgegebenen Geldnoten forderte.
Von 1816 bis 1818 gab es eine Reihe von Missernten in der Habsburgermonarchie, die zu einer Lebensmittelknappheit und manchmal sogar zu Hungersnöten führte. Ab 1821 stiegen die Militärauslagen so stark, dass der einigermaßen geordnete Staatshaushalt wieder in Turbulenzen geriet. So war Stadion dazu gezwungen, wieder zum Mittel der Anleihen zurückzukommen. Die Versuche, die Steuerkraft zu heben, um eine Gesundung der Volkswirtschaft zu erreichen und eine Vermehrung der Einnahmen zu erzielen, blieben nur Wunsch. Der Kaiser führte eine neue Grundsteuerregulierung ein, als aus vielen Teilen der Monarchie Klagen über den Steuerdruck geäußert wurden. Das Problem war in diesem Zusammenhang nicht so sehr die Höhe der Steuern, sondern mehr deren ungleiche Verteilung. Die neue Steuerregulierung wurde durch das kaiserliche Patent 1817 angekündigt. Was die Förderung des Handels und der Industrie betraf, hatte die Regierung nicht sehr viel getan. Im Gewerbeleben kam es zu einem Rückgang in verschiedenen Zweigen. Besonders negativ für die Geldverhältnisse dieser Zeit wirkte sich der Mangel an Kapitalien aus.
Durch den franziszeischen Kataster von 1817 konnte eine genauere Bodenaufnahme vorgenommen werden, wobei man sich am josephinischen Versuch orientierte, Besitz, Größen und Bodenertrag genauer festzustellen und damit eine angemessene Grundsteuer einzuheben. Es gab auch weitere Versuche im Vormärz, die Ablöse der bei den Bauern abgelehnten Robot zu erreichen, was aber wegen bürokratischer Bedenken und der Einstellung der Regierungsstellen zu den grundherrlichen Widerständen scheiterte. Erst die Revolution von 1848/49 brachte die Bauernbefreiung.
Positive Auswirkungen auf die Wirtschaft hatte im Vormärz zweifelsohne die nach englischem Vorbild eingeführte Fruchtwechselwirtschaft, die auf die Brache verzichtete und schrittweise auch bei den kleineren bäuerlichen Betrieben die Dreifelderwirtschaft ersetzte. Die Modernisierung der Landwirtschaft und der Ausbau der Verkehrsmittel, wie die Eisenbahnen, konnte die rasch zunehmende Bevölkerung der Industriestädte besser ernähren. Durch die zunehmenden Bedürfnisse der neueren Industrien und der Bauwirtschaft stieg auch der Holzbedarf sehr an. Im Vormärz waren die kapitalschwächeren Handwerker durchaus in der Lage, qualitativ bedeutende Leistungen zu erbringen, insbesondere in verschiedenen Handwerken. Gute Handwerker leisteten Pionierarbeit vor allem bei der technischen Ausgestaltung der gewerblichen und industriellen Produktion. Schon seit Franz I. wurde dem Unternehmertum immer mehr freie Entfaltungsmöglichkeit gewährt.
Die Einrichtung von Handelskammern als Interessenvertretung blieben noch erfolglos, aber nach 1830 wurden Provinzialkommerzkommissionen ins Leben gerufen. Daneben bemühten sich auch Kaufmännische, Gewerbeund Industrievereine um die Wirtschaftsförderung. Die Verschiebung der Rohstoffgrundlage machte sich vor allem bei der Papiererzeugung bemerkbar, weil die alten Papiermühlen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und später durch mechanisierte Papierfabriken ersetzt wurden. Im Vormärz entwickelte sich im Bereich der holzverarbeitenden Industrie besonders die Möbelindustrie im Rahmen der Biedermeierkultur. Die Expansion der Metallindustrie erreichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine eindrucksvolle Dimension, die aber in den Donau- und Alpenländern im Vergleich zu Böhmen und Mähren zurückblieb. Langsam erreichten die technischen Errungenschaften der englischen Stahlerzeugung auch Österreich im Vormärz. Die Produktionszahlen der eisenverarbeitenden Industrie fanden in dieser Zeit auch eine erhebliche Steigerung. Zu den wichtigsten Abnehmern zählten Eisenbahnen, Rüstungsindustrie, Brücken und Maschinenbau. Auch die gute Entwicklung der chemischen Industrie muss hier noch erwähnt werden. Zu den Montanprodukten Eisen, Buntmetalle und Salz erfolgte schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die rasch ansteigende Kohlengewinnung.
Für die Bevölkerung wirkte sich die wirtschaftliche Depression bis ca. 1830 erschwerend aus, die nur langsam abflaute und besonders jene Industriezweige traf, die vorher unter dem Schutz der Kontinentalsperre mühsam aufgebaut worden waren, wie die Textilindustrie und die Metallwaren- und Zuckerfabriken. Nach 1830 kam es dann rasch zu einer wirtschaftlichen Konsolidierung, die die Voraussetzungen für die moderne Großindustrie in Österreich schuf, wenngleich die Habsburgermonarchie eher an der Peripherie der industriellen Revolution lag. Für die spätere Krise war mitentscheidend, dass sich der langsame Industrialisierungsprozess ohne soziales Verständnis vollzog.
Zur vorrevolutionären Krise kam es vor allem durch die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme. Zunächst setzte in Österreich eine schwere Agrarkrise als Folge verhängnisvoller Missernten von 1845 bis 1847 ein, die besonders Lebensmittelpreise ansteigen ließ, während die Löhne eher eine fallende Tendenz aufwiesen. Viehseuchen, Missernten und Kartoffelfäule verursachten zunehmend eine Lebensmittelknappheit unmittelbar vor Ausbruch der Revolution 1848/49. In den Städten kam es zu einem Niedergang der Industrie und zu einer starken Arbeitslosigkeit.
Die Industrialisierung veränderte die Bevölkerungsstruktur in Österreich gravierend. So nahm der städtische Anteil an der Gesamtbevölkerung erheblich zu, und durch die Veränderungen in den Landgemeinden zu Industrieorten entwickelten sich neue Bevölkerungsschwerpunkte. Die Einwohnerzahlen der Städte sind weitgehend stabil geblieben, eine Ausnahme bildete hier nur die Hauptstadt Wien. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Stadt 431.147 Einwohner.
Langsam entstand auch in Österreich das Proletariat als Folge der Industrialisierung, was die Zentralbehörden bedenklich stimmte.
„Der Arbeiter des Vormärz war nicht mehr der gesuchte Spezialist der merkantilistischen Epoche, auch nicht mehr der Heimarbeiter, der während des theresianischen Zeitalters seine Waren in die großen Textilfabriken lieferte, sondern der bei der immer mehr mechanisierten Herstellung von Massenartikeln, die geringe Ausbildung erforderte, beschäftigte Proletarier. Neben den Männern arbeiteten Frauen und Kinder oft unter den ungünstigsten, aller Hygiene spottenden Bedingungen und in unmäßig langer, meist 14stündiger Arbeitszeit. Der Lohn war in der Regel gering, nur in einzelnen Industrien konnten geschickte, hochqualifizierte Facharbeiter mit einer guten Bezahlung rechnen; sie litten auch weniger unter der Eintönigkeit einer abwechslungslosen, geisttötenden Tätigkeit“ (Erich Zöllner, Geschichte Österreichs, S. 372).
Die moderne Fabrikarbeiterschaft entstand nicht in der Stadt, sondern auf dem Land. Im Jahre 1831 gab es wahrscheinlich in Wien ca. 40.000 Arbeiter, 1837 27.000 Hilfsarbeiter bei 23.000 Gewerben und 160 Fabriken. Im Jahre 1840 stieg dann die Zahl der Arbeiter auf 58.600 Personen. 34
Es kam im Vormärz mehrfach zu Hungeraufständen und Protestbewegungen unter den Arbeitern, während eine organisierte politische Arbeiterbewegung vor der Revolution 1848 noch nicht vorhanden war. Erst im Sturmjahr 1848 spielten dann die Arbeiter eine wichtige Rolle.
Ab 1825 erfolgte in der Habsburgermonarchie ein neuer Konjunkturaufschwung, der auch damit zusammenhing, dass das Wasser als Antriebskraft durch die Dampfmaschine abgelöst wurde. Für Ernst Violand war das Grunduntertänigkeitsverhältnis die Ursache des sozialen Übels und die Grundlage der Misswirtschaft.
Nicht nur der Ausbau der Industrien spielte wirtschaftlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine große Rolle, sondern auch die Erweiterung der Verkehrsverbindungen und hier besonders die der Eisenbahnen. Diese Erweiterung beeinflusste sehr stark die raschen Transporte der Rohstoffe und Industrieprodukte. In den Jahren 1827 bis 1832 wurde die Pferdeeisenbahn von Linz bis Budweis errichtet. Als erste Dampfbahn entstand in den Jahren 1836 bis 1847 die Kaiser-Ferdinand-Nordbahn von Wien über Brünn und das nordmährisch-schlesische Industrierevier nach Oderberg. Dort wurde 1848 der Anschluss an das preußische Bahnnetz hergestellt, sodass eine direkte Verbindung von Wien bis Hamburg entstand. Als erster Abschnitt der Südbahn, die Wien mit den Adriahäfen verbinden sollte, entstand 1841 die Strecke Wien–Gloggnitz, um hier die wichtigsten Beispiele zu nennen. 1829 kam es auch zur Gründung der ersten Donaudampfschiff-fahrtsgesellschaft, und 1834 reichte die Rute von Wien bis zur Donaumündung.
Schon im frühen 19. Jahrhundert und dann vor allem bis 1848 nahm die Zahl an Großhändlern und Privatbankiers und privilegierten Fabriksinhabern zu, die auch als Mäzene in Erscheinung traten. Sie waren oft auch an den neuen Industrien stark beteiligt. Seit dem Vormärz haben sich dann große Unternehmerdynastien herausgebildet, sodass langsam das Bürgertum als neue Klasse entstand.
In der Vormärzzeit erfolgten auch große Veränderungen im Nachrichtendienst, insbesondere im Bereich der Post und im Fernmeldewesen. Die nach 1815 erfolgte Erwerbung Veneziens und die Wiedergewinnung der Lombardei beeinflussten das österreichische Exportgüterwesen sehr positiv. So wurde besonders der Hafen von Venedig unter österreichischer Verwaltung gefördert. Im Vormärz zählten zu den wichtigsten Ausfuhrartikeln Rohseide und Textilien, insbesondere Woll- und Seidenwaren, Bergprodukte, Flachs und Leinwaren gingen dagegen zurück.
Durch die Gründung der österreichischen Nationalbank 1816, wie schon erwähnt wurde, konnte in den Finanzen etwas Ordnung geschaffen werden, doch blieb die Finanzlage auch während der Vormärzzeit sehr angespannt, zumal es im Staatshaushalt ein permanentes Defizit gab, weshalb man Anleihen aufnehmen musste, die zum größten Teil durch das Haus Rothschild vermittelt wurden.
Nicht selten werden in der Geschichtsschreibung das Ende der 40er und der Anfang der 50er Jahre des 18. Jahrhunderts in Österreich als Beginn einer neuen Zeit gesehen. Nun wurden endlich durch die Tatsache der Rückständigkeit Österreichs erforderliche Reformen in Angriff genommen. Zum Zeitpunkt Karls VI. konnte man noch nicht von einer bürgerlichen Gesellschaft in Österreich sprechen. Erst unter Maria Theresia begann sich diese langsam zu entwickeln, während sich in Westeuropa das Bürgertum um die Mitte des 18. Jahrhunderts bereits eine wirtschaftliche Führungsrolle erarbeitet hatte. Hinzu kam noch, dass es sich von den Traditionen theologischer Grundlagen langsam loslöste und immer stärker als säkulare Erscheinung hervortrat.
Das Bürgertum begann sich stärker zu säkularisieren und entfaltete eine eigene Mentalität, die von rationaler Erfassung der diesseitigen Lebensbereiche geprägt war. Dieses genoss dabei besonders die Förderung und den Schutz des kameralistisch eingestellten Landesfürsten und des nach den Grundsätzen des Aufgeklärten Absolutismus ausgerichteten Staates. Dazu kam dann noch die Wettbewerbsgesinnung des Bürgers, die auch die Kirche mit ihren Wirtschaftstätigkeiten tangierte und zur Intensivierung der Spannungen zwischen Staat und Kirche beitrug.
Obwohl der Aufgeklärte Absolutismus im Allgemeinen die Entfaltung des Bürgertums begünstigte, entwickelte sich in der Habsburgermonarchie noch kein wirtschaftlich und politisch potentes Bürgertum, das in der Lage gewesen wäre, den feudalabsolutistischen Staat durch eine konstitutionelle Monarchie oder durch eine Republik zu ersetzen. Wenn man bedenkt, dass in Österreich die staatlich verordnete Aufklärung, die unter Maria Theresia und Joseph II. eine starke Ausformung erfuhr, im Vergleich zu anderen Ländern besonders wirksam war, so war dies auf eine Sonderentwicklung zurückzuführen. Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse erzwangen hier Reformen, die in anderen europäischen Ländern von der Aufklärung in Gang gesetzt wurden, weshalb sich in der Habsburgermonarchie die Beziehungen zwischen Aufklärung und Reform wegen der herrschenden religiösen und der noch weithin halb feudalen gesellschaftlichen Situation in einem umgekehrten Sinn als anderswo übertrugen. Robert A. Kann sprach daher davon, dass in den Habsburgischen Gebieten nicht die Philosophie zur Reform aufrief, sondern die Praxis der Aufklärung für die Durchführung von Neuerungsmaßnahmen entscheidend war. Die Philosophie „erfüllte ihre Rolle sozusagen als geistige Nachhut erfolgreich eingeführter Reformen“ (Robert A. Kann, Kanzel und Katheder, S. 127). Ein unbeschränkter Absolutismus in Österreich wurde allerdings erst unter Joseph II. erreicht.
Der Staat bekam zusehends stärkere Verfügungsgewalt über gesellschaft-liche Bereiche. Die Berater Maria Theresias, die alle den Ideen der Aufklärung stark verpflichtet waren und als Reformer galten, befürworteten diese Neuorientierung der Gesellschaft und des Staates und förderten sie stark. Sie alle erweiterten den Bereich des rationalisierten staatspolitischen Handelns, ohne jedoch religiöse Grundlagen ganz auszuschalten, da diese für die Ausübung der weltlichen Herrschaft ethische Prinzipien vermitteln konnten.
Ein wesentlicher Faktor bei der Durchführung der Staatsreformen war auch die durch die Beamtenschaft aufrecht erhaltene Kontinuität, da die neuen Hofräte und Referendare im Direktorium bereits vorher tüchtige Beamte und mit den neuen Regierungsgrundsätzen längst vertraut waren, ehe Haugwitz den Umbau der Verwaltung einleitete. Viel radikaler umdenken mussten dagegen die adeligen Herren mit ihrer ständischen Gesinnung, weil sie die Finanzen und die politische Verwaltung der Länder weiterhin als eine Domäne der Stände ansahen. Die Personalpolitik der Reformer hatte längerfristig gesehen die Ausbildung einer modernen Beamtenschaft zur Folge, die in den neuen Vorstellungen über Staat und Regierungspraxis dachte und auch handelte. Diese bürgerliche und zum Teil großbürgerliche Beamtenschaft wurde später allgemein als „Bürgertum“ bezeichnet, das als Amtsbürgertum seine Funktion im Staatsdienst erfüllte und schließlich eine größere Bedeutung erlangte als das der kapitalistischen Wirtschaft verpflichtete selbstständige Bürgertum. Der Bürger trat also auf diese Weise immer stärker in den Mittelpunkt des ständischen Interesses und wurde somit eine wichtige Säule der Neuerungsbewegung in Staat und Gesellschaft, und nicht selten wurde er sogar als der Hauptträger des im 18. Jahrhundert neu geschaffenen Staatswesens bezeichnet.
Die Reformen Maria Theresias bedeuteten einen Privilegienverlust und einen Verlust an Herrschaftsrechten gegenüber den bevorzugten sozialen Gruppierungen, während die gesellschaftliche Bedeutung der Bürokratie zunahm. So entstand die bürgerliche Gesellschaft, auf deren doppelten Sinn Ernst Bruckmüller hinweist:
„Zum einen wurde aus der feudalen ‚Untertänigkeit‘ (der Bauern) immer mehr eine allgemeine ‚Staatsuntertänigkeit‘. Die Unterwerfung unter die Befehlsgewalt des Herrschers bedeutete real, den neuen bürokratischen Instanzen unterworfen zu sein. Dieser Apparat benötigte ein gleichförmiges Rechtssystem für ein möglichst reibungsloses Funktionieren. Nicht zufällig beginnt daher mit Maria Theresia die große Zeit der Rechtskodifikationen im Bereich des Straf- und Zivilrechtes …. , und mit dem 1811 verkündeten und 1812 in Kraft getretenen ABGB wird der Staatsuntertan endgültig zum ‚Staatsbürger‘“ (Ernst Bruckmüller, Sozialgeschichte Österreichs, S. 197).
In der Habsburgermonarchie bildete sich langsam eine bürgerliche Gesellschaft heraus, die aus einer zahlenmäßig starken Gruppe von Besitz- und Bildungsbürgern, von Unternehmern, Beamten und Lehrern bestand. Eines der Kennzeichen dieser neuen bürgerlichen Gesellschaft war, durch die Zensurlockerung bedingt, eine entstehende Flut von Büchern und Broschüren. Diese neue Gesellschaft blieb allerdings mit der höfisch-bürokratischen Staatsbildung eng verbunden. Diese Entwicklung war aber nicht nur eine Folge von Staatsbildung und Bürokratisierung, sondern auch mit der Industriellen Revolution verbunden.
Besondere Aufmerksamkeit wurde seit Maria Theresia vor allem den Beam-ten gewidmet. Unter Joseph II. sollte der Beamte, dem eine wichtige Rolle im Staatsdienst zukam, mit Eigenverantwortung und selbstständiger Lösungskompetenz ausgestattet werden. Später, im Vormärz, wurde der gehorsame, kaiserliche Beamte durch Weisung Kaiser Franz II. eingeschränkt, weil den Beamten untersagt wurde, ihren eigenen Ideen und Begriffen nachzugehen. Der bürokratische josephinische Geist blieb aber aufrecht. Der Kanon der Pflichten eines Beamten, von Joseph II. festgelegt, blieb auch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Österreich aufrecht, wobei die Leistungsbereitschaft, das Pflichtbewusstsein und die Staatsloyalität zu den tragenden Pfeilern des Beamtentums zählten. Im Vormärz verschärften sich die staatlichen Kontrollen gegenüber der Beamtenschaft, die die Freizeit der Beamten, die sehr eingeschränkten Nebenbeschäftigungen und die verbotene Mitgliedschaft in einer geheimen Gesellschaft umfassten. Die Beamten sollten ihre politische Auffassung nicht nach außen deklarieren. Für die Normierung der Beamtenschaft waren die Verordnungen zur Regulierung der Gehälter, die ein einheitliches Schema vorsahen, besonders wichtig. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschlimmerte sich durch die napoleonischen Kriege und die inflationären Bedingungen die finanzielle Situation der unteren und mittleren Beamten, die unter der permanenten Unterbezahlung leiden mussten.