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Adam Sladek ist ein erfolgreicher Dichter, wenn auch mit einem recht enigmatischen Werk. Gelockt von viel Geld und der Aussicht auf die Gesamtausgabe seiner Gedichte, nimmt er eine Auftragsarbeit an. Bestellt wurde eine Dichtung, die schlafende Götter wecken und die Menschenwelt verwandeln soll. In Luxus und Abgeschiedenheit wird Sladek nur die beste ästhetische Kost vorgesetzt – Filme, Fotografien, Bücher. Stutzig macht ihn die eine oder andere Erscheinung. Ist die junge Jägerin, die ihm begegnet, eine Reinkarnation der berühmten waghalsigen Fliegerin Amelia Earhart (wie sie selbst zu glauben scheint) oder ein Avatar der Göttin Artemis? Der Verdacht wächst, daß hinter der Auftragsarbeit eine ganz andere Absicht steckt. Und hinter dem Auftraggeber eine Macht, die Sladek in Lebensgefahr bringt. Dietmar Daths neuester großer Wurf: Ein Roman über den Wettkampf zwischen Kunst und Kommerz. Ein Dichter und ein Millionär streiten sich über den Stellenwert der Poesie. Der eine sieht in ihr die Bedingung für Politik, Wissenschaft und alles Schöne. Der andere will beweisen, daß es sie gar nicht gibt. Dann kommt Liebe ins Spiel. Aber wird deswegen alles gut? »Dietmar Dath stürmt auf sieben Gummistiefeln in die Zukunft, den großen, den allergrößten Menschheitsfragen entgegen.« Iris Radisch, Die Zeit »Dath dichtet eben nicht hilflos einer öden Wirklichkeit hinterher. Er dichtet mutig voran.« Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung »Ein irrwitziges und witziges Buch.« Wiebke Porombka, die tageszeitung »Sprachbewusst, ironisch, sinnlich, beiläufig, hochpolitisch!« U-Mag. Das Magazin der Popkultur und Gegenwart »Der produktivste und radikalste Schriftsteller Deutschlands.« Thomas Lindemann, Die Welt »Ein erfrischend durchgeknallter Roman voller großartiger Weltmaschinen.« Jutta Person, Süddeutsche Zeitung
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Seitenzahl: 400
Adam Sladek ist ein erfolgreicher Dichter, wenn auch mit einem recht enigmatischen Werk. Gelockt von viel Geld und der Aussicht auf die Gesamtausgabe seiner Gedichte, nimmt er eine Auftragsarbeit an. Bestellt wurde eine Dichtung, die schlafende Götter wecken und die Menschenwelt verwandeln soll. In Luxus und Abgeschiedenheit wird Sladek nur die beste ästhetische Kost vorgesetzt – Filme, Fotografien, Bücher. Stutzig macht ihn die eine oder andere Erscheinung. Ist die junge Jägerin, die ihm begegnet, eine Reinkarnation der berühmten waghalsigen Fliegerin Amelia Earhart (wie sie selbst zu glauben scheint) oder ein Avatar der Göttin Artemis? Der Verdacht wächst, daß hinter der Auftragsarbeit eine ganz andere Absicht steckt. Und hinter dem Auftraggeber eine Macht, die Sladek in Lebensgefahr bringt.
Dietmar Dath, geboren 1970, Schriftsteller und Übersetzer, lebt in Freiburg und Frankfurt am Main. Er war Chefredakteur der Spex (1998-2000) und Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2001-2007). Seine Romane, Sachbücher und Artikel unterwandern, überfliegen und durchkreuzen Gattungs- und Vorstellungsgrenzen, und zwar mit System.
Dietmar Dath
Sämmtliche Gedichte
Roman
Suhrkamp
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4215.
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2009
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
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Umschlagabbildung: Joshua Middleton 2009
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-73302-8
www.suhrkamp.de
THOMAS M. DISCH 1940-2008
IN LIEBENDEM UND EHRENDEM GEDENKEN
»Die Entwicklung der Sprache aber, die Wertschätzung, die sie genießt, hängt nicht von den fürsorglichen Bemühungen ab, die Pädagogen ihr angedeihen lassen, sondern davon, ob sie im entscheidenden Moment die richtigen Worte findet.«
Wolfgang Pohrt1987
»I always tell the truth in my poems.«
Elizabeth Bishop1966
»Kann man so malen, so viel sagen wie ein Schriftsteller?«
Maria Lassnig1985
Sie nahm die Milch und hielt das Schälchen fest
Und ließ die Erdbeerstücke rot drin schwimmen
Daß der Geschmack ins Weiße schoß: ein Test.
Sie schrieb: »Johanna Rauch«, das schien zu stimmen,
Mitten aufs Bild | so ging die Signatur,
Und machte sich danach ans Rändertrimmen.
Dann tat sies in den Umschlag | letzte Spur
Von zwanzig Jahren Arbeit an den Bildern.
Jetzt gings ums Leben | nicht mehr um Kultur.
»Dem lieben Gott wird’s bei seiner Schöpfung ganz ähnlich gegangen sein. Ich denk’ mir das so: Er wollte vielleicht zunächst nur diesen Garten machen. Damit das Getier es behaglich hat, war wohl auch gleich eine Sonne vorgesehen, dazu Wölkchen, Gräser, ein paar klare Bächlein ...«
»Getier, pföh.«
Das Halbdunkel in der Künstlerinnenstube ist freundlich warm; man spürt die Nacht leis kichern, auch wenn das kein Geräusch ist, das man hören kann. Es riecht von Kerzen her nach Blutorangen. Der Dichter sammelt sich und sagt: »Getier, ja. Du weißt schon: lustige Eidechsen, Mäuse, die eine oder andere Giraffe. Aber dann gerät die Schöpferei völlig außer Kontrolle, und plötzlich hat er ein ausgewachsenes Universum am Hals, streicht sich durch den Bart und murmelt: Tja, ist jetzt doch ’ne ganze Ecke größer geworden.«
Johanna nickt und lächelt mild; der Vergleich findet ihre Billigung.
Adam fährt fort: »Schöpfungen sind erst wirklich welche, wenn sie über den Plan hinauswachsen. So auch in dieser Geschichte, die ich dir erzählt hab’ und die du so lustig findest. Sie hat ihre tragische Seite, und ihre komische, aber sie bringt uns außer Schrecken und Gelächter auch Hoffnung.«
»Hoffnung.«
»Klar. Ich meine, wenn eine junge, frische, aus einem ordentlich zur Kunst erzogenen Kopf in die Welt gepurzelte Schöpfung ... wenn ein ganz neues Gedicht, also kein Kleinod aus dem Familienerbe der Menschheit von irgendeinem Pindar, Rilke oder Creeley, sondern eins aus dem Jahr 2009, so gegenwärtig wie du und ich und diese Tasche da drüben, noch Anlässe für Messerstechereien bietet, dann sollten wir das Abendland vielleicht nicht vorschnell verloren geben. Denn zwar versteht der Messerstecher das Gedicht falsch, wenn er sich davon zum Stechen aufgefordert fühlt. Aber das kleine Kunstwerk, das ihn zur Weißglut treibt, hat doch auch, entschuldige, daß ich das Offensichtliche ausspreche, etwas sehr Ernstes in ihm ausgelöst, wenn er da rumsticht. Mit dem Messer. Voller Wut. Das Wort, die Tat ... ein erstaunliches Phänomen, vorsichtig ausgedrückt. Und ist nicht eben dies das Abendland, wie es sich der Weltgeist immer gewünscht hat: die Gegend, wo wegen Kunstgebilden, ja, wegen Ideen, gestochen wird, oder geschossen, meinetwegen auch mal gebombt?«
Die Frau, von der er glaubt, daß sie ihm zuhört, summt versonnen. Sie hört ihm wirklich zu, aber nicht so, wie er glaubt: Sie mag die Melodie, den Sinn der Worte sucht sie längst nicht mehr herauszuhören; es ist, vermutet sie nicht ganz verkehrt, schon seit einigen Sätzen immer weniger drin – mit Sinn, merkt sie, hält es der Gute mitten in der Nacht wie das Wasser mit sich selbst, wenn es heiß wird: Das Material verdampft.
Der Mann ist während der letzten vier Stunden tief in den ihn jetzt umgebenden sienaroten Sessel gesunken; eine Insel Atlantis, im Laufe der Jahrhunderte verschluckt vom Meer der Metaphern. Er hat die Hände vor dem nicht übermäßig umfangreichen Bauch zusammengefaltet, das läßt ihn, der sehr groß ist und ein breites Kreuz hat, wie einen Pfarrer aussehen, der einem Schäfchen weise Ratschläge erteilt. In Wirklichkeit kommt Adam Sladek mehr vom Soldatenwesen her und wäre vor rund zwanzig Jahren mal fast hochbezahlter Berufsuniformträger bei einem Fallschirmjägerbataillon in Zweibrücken geworden, das sowohl im Rahmen einer Luftlandebrigade wie als selbständiger Gefechtsverband zum Einsatz kommen sollte. So einen Einsatz gab es nie; die Vorbereitung darauf beschäftigte die Soldaten hinlänglich. Weil er sich bei dieser Arbeit aber zunehmend verkehrt untergebracht fühlte, überraschte er sich lieber selbst, fing aus Liebe zur Literatur ein Germanistikstudium an, schloß das als Deutschlehrer ab und wurde nach seinem Referendariat, weil er dabei lernen mußte, daß er Kinder noch mehr haßte als Befehle, schließlich Dichter. Er schüttelt jetzt den schwergesoffenen Schädel, um sich so ein bißchen von dem zu distanzieren, was er da eben erzählt hat – nicht zu sehr, gerade halbherzig genug, um weiterreden zu können, wenn ihm noch mehr von dem Unfug einfällt, der Johanna Rauch so offensichtlich amüsiert.
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