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Wenn aus einer heißen Affäre echte Liebe wird.
Der coole, gutaussehende Wyatt Hennington lässt in Bell Buckle, Tennessee nichts anbrennen. Als er auf die vernünftige, unabhängige Angie trifft, fliegen die Funken. Doch als Angie ungeplant schwanger wird, macht er zu ihrer Überraschung keinen Rückzieher. Dabei sucht sie gar keinen Vater für ihr Kind. Aber er lässt nicht locker und erreicht, dass sie drei Monate zu ihm zieht, auf Probe. Angies einzige Bedingung: kein Sex. Ob sie seinem Charme widerstehen kann?
Moderne Romance mit Herz! Die leidenschaftliche Trilogie um drei attraktive Brüder aus Tennessee, die alle Herzen höherschlagen lassen - von New York Times Bestsellerautorin Corinne Michaels.
Band 1: Say you'll stay - Mein Herz in deinen Händen
Band 2: Say you want me - Mein Herz will dich
Band 3: Say I’m yours - Mein Herz sagt ja
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Seitenzahl: 401
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Der coole, gutaussehende Wyatt Hennington lässt in Bell Buckle, Tennessee nichts anbrennen. Als er auf die vernünftige, unabhängige Angie trifft, fliegen die Funken. Doch als Angie ungeplant schwanger wird, macht er zu ihrer Überraschung keinen Rückzieher. Dabei sucht sie gar keinen Vater für ihr Kind. Aber er lässt nicht locker und erreicht, dass sie drei Monate zu ihm zieht, auf Probe. Angies einzige Bedingung: kein Sex. Ob sie seinem Charme widerstehen kann?
CORINNE MICHAELS
SAY you
WANT ME
M E I N H E R ZW I L L D I C H
Aus dem amerikanischen Englisch vonMichaela Link
Liebe Leser*innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb finden Sie auf Seite 332 eine Triggerwarnung.
Aber Achtung: Diese enthält Spoiler, die den gesamten Inhalt des Buches betreffen können.
Für die Gründer von Netflix: Ihr seid schuld, wenn ich meine Abgabetermine nicht einhalte. Wir sollten getrennte Wege gehen, aber das schaffe ich offensichtlich nicht. Sei’s drum.
Spring – und du wirst lernen, wie man fliegt.
(Ray Bradbury)
»Wie lange fühlen Sie sich schon so, Angie?«
Lange genug, um endlich herzukommen.
Ich hasse Ärzte. Es dauert, bis ich mich überwinde, eine Arztpraxis zu betreten. In der gleichen Zeit schafft es der Kongress ohne Probleme, ein Gesetz zu verabschieden. Das liegt an meiner Sturheit und mehr noch an meiner Angst. Meine beiden Cousinen haben mit Anfang dreißig die Diagnose Krebs erhalten, und meine Mom hat einen Eierstockkrebs überlebt. Wann immer bei mir ein Check-up ansteht, erwarte ich, die Nächste zu sein.
Es ist verrückt und irrational, aber die Angst lässt sich nicht vertreiben. Ich weiß, durch welche Hölle die drei gegangen sind.
»Keine Ahnung. Seit ein paar Monaten …« Vor zwei Monaten bin ich mit einer schweren Erkältung von einem Besuch bei Presley, meiner Schwägerin, zurückgekehrt. Ihre neue Liebe und jetziger Verlobter hatte mich gebeten, dabei zu sein, wenn er ihr einen Antrag machte. Und obwohl ich sehr ungern fliege, bin ich seiner Bitte gefolgt. Ich wusste, dass es ihr und meinen Neffen viel bedeuten würde. Dabei brauche ich eigentlich keinen Vorwand, um sie zu besuchen. Presleys Jungs Cayden und Logan sind beinahe wie eigene Kinder für mich. Ich verwöhne sie nach Strich und Faden. Und ich kann mich nur schwer damit abfinden, dass ich sie jetzt kaum noch zu Gesicht bekomme.
Schuld daran ist mein Bruder Todd, der vor zwei Jahren beschloss, sich das Leben zu nehmen, und damit unser aller Leben auf den Kopf gestellt hat.
»Was haben Sie sonst noch für Symptome?«, fragt mich der ältere Arzt.
Ich ziehe meinen blonden Pferdeschwanz zur Seite und spiele damit herum, während ich ihm meine Beschwerden aufzähle. Dass Presley gedroht hat, mich eigenhändig umzubringen, wenn ich mich nicht untersuchen lasse, braucht er nicht zu wissen. Dabei sind es alles nur Kleinigkeiten, aber sie beeinträchtigen meinen Alltag. In dieser Woche war es am schlimmsten. Ich musste mich immer wieder übergeben, so heftig, dass ich zwischenzeitlich dachte, ich müsse sterben.
»Wir machen ein Blutbild und nehmen eine Urinprobe, dann schauen wir uns die Ergebnisse an. Aber zuerst werde ich Sie untersuchen.«
Die Untersuchung dauert nicht lange, aber ich bin, muss ich zugeben, eine ziemliche Mimose. Dass er währenddessen nur herumdruckst, macht mich ganz kirre. Entweder er sagt, was Sache ist, oder er hält den Mund. Als er fertig ist, kommt die Krankenschwester mit den Röhrchen herein.
Wunderbar.
Die zweitschlimmste Sache.
»Hallo, Angie.« Die Krankenschwester lächelt. »Ich bin Nicole, und ich werde Ihnen jetzt Blut abnehmen.«
Ich erwidere ihr Lächeln und nicke.
»Ihnen gehört das For Cup’s Cake, nicht wahr?«, fragt sie.
»Ja.« Ich kann mir ein stolzes Lächeln nicht verkneifen. Ich liebe meinen Cupcake-Laden, und in letzter Zeit läuft das Geschäft wie geschmiert. Ein lokaler Nachrichtensender hat vor sechs Monaten eine große Story über uns gebracht, und das hat meine Welt verändert. Ich habe eine neue Geschäftspartnerin gefunden, und wir überlegen, eine Filiale zu eröffnen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es so kommen würde.
Presley und ich hatten damals zusammen die Idee, den Laden zu eröffnen, damit sie etwas zu tun hatte, wenn Todd als Finanzguru oft bis spät in die Nacht arbeitete. Und es hat uns wirklich Spaß gemacht. Bis Todds Selbstmord alles zerstörte, was wir aufgebaut hatten. Nach nicht einmal vier Monaten waren wir pleite. Presley blieb nichts, bis auf die Schulden, die Todd ihr hinterlassen hatte.
Obwohl das Geschäft praktisch nichts wert war, habe ich ihr ihren Anteil abgekauft, und sie ist nach Tennessee gezogen.
»Ich liebe den Laden«, schwärmt Nicole. »Ist zwar nicht gerade vorteilhaft für meine Figur, aber es schmeckt alles unglaublich lecker. Und besonders. Wie schaffen Sie es, so schlank zu bleiben?«
Ich schnaube. »Sie wissen ja nicht, wie viel ich vorher gewogen habe. Ich habe ordentlich zugenommen. Beim Probieren kann ich mich nie beherrschen.«
»Na, das ist kein Wunder.« Sie konzentriert sich darauf, die Röhrchen zu füllen.
»Unsere Konditorin ist fantastisch. Und sie verrät nie, welche Sorten es am nächsten Tag geben wird. Früher hat mich das in den Wahnsinn getrieben, inzwischen find ich’s lustig. Wenn wir zur Arbeit kommen, hat sie bereits die Spezialitäten des Tages auf die Speisekarte gesetzt.«
Wir plaudern noch ein Weilchen, dann klebt Nicole mir ein Pflaster auf und geht.
Ich hole mein Handy hervor und schicke Presley eine Nachricht.
Ich: Es ist furchtbar hier.
Presley: Stell dich nicht so an. Du brauchst wahrscheinlich nur ein Antibiotikum, weil du nicht schon vor einem Monat hingegangen bist. Nicht alles lässt sich mit Ibuprofen kurieren.
Ich: Ich muss eben daran denken, dass es bei Mom so angefangen hat. In der einen Minute war sie erschöpft, und in der nächsten hatte sie Krebs.
Ich drücke auf „Senden“ und versuche, die Tränen zurückzudrängen. Als Mom die Chemotherapie begann, war ich fünfzehn. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit. Ihr war übel, sie war müde und buchstäblich mit Gift vollgepumpt, aber in ihrem Blick lag so viel Liebe, wenn sie mich oder meine Brüder ansah. Wir waren der Grund, warum sie weiterkämpfte. Bis die Krankheit sie besiegte. Seitdem habe ich nie wieder dieselbe Liebe in ihren Augen gesehen.
Ich will niemals durch dieselbe Hölle gehen müssen wie meine Mutter. Denn ich habe nichts, wofür ich kämpfen kann.
Presley: Ganz gleich, was der Arzt sagt, ich bin für dich da.
Ich: Irgendwo in Tennessee!
Presley: Ich hätte noch ein Zimmer frei.
Ich: Nur über meine Leiche!
Nie und nimmer ziehe ich nach Tennessee, und wenn sie mich an den Haaren dorthin zerren würde. Ich liebe Presley, aber ein Leben da unten kommt für mich nicht infrage. Zugegeben, die Landschaft ist zauberhaft, die Häuser sind wunderschön. Aber der Hauptgrund, warum ich niemals nach Tennessee ziehen werde, ist, dass es dort keine Starbucks-Cafés gibt. Der zweite, nicht minder bedeutsame Grund heißt Wyatt Hennington. Sein Südstaatenakzent, sein knackiger Hintern und seine honigfarbenen Augen lassen mich bei jedem Treffen wieder zu einem sechzehnjährigen Schulmädchen werden. Ich kann ihm einfach nicht widerstehen. Und meine beste Freundin weiß nicht, dass ich nicht nur einmal in seinem Bett gelandet bin, nein, ich Idiotin hab es auf eine Wiederholung ankommen lassen – mit einem peinlichen Ende.
Presley: Ich wette, Wyatt würde dir sein Bett anbieten.
Ich verdrehe die Augen. Ständig versucht sie, mich zu verkuppeln.
Ich: Nein. Ich bin wieder mit Nate zusammen.
Presley: Seit wann?
Seit er mich heute Morgen angerufen und zum Abendessen eingeladen hat. Vielleicht lässt sie mich dann endlich mit Wyatt in Ruhe.
Ich: Es ist noch sehr frisch. Man kann nie wissen, vielleicht klappt es diesmal.
Presley: Klar. Beim letzten Mal hat es ja sooo gut funktioniert. Er ist nicht dein Typ.
Ich: Er ist ein guter Kerl. Wir mögen dieselben Restaurants, und keiner von uns isst gern allein.
Presley: Oh, bitte. Du magst ihn nicht einmal!
Das stimmt. Ich mag ihn nicht genug, um ihn zu heiraten, und im Bett hat es auch nicht wirklich gefunkt – deshalb werden wir es auch kein zweites Mal probieren. Aber er ist süß, und wir verstehen uns gut. Er arbeitet als Kardiologe im Kinderkrankenhaus und hat viel zu tun. Wir sehen uns nur selten. Für uns ist das völlig in Ordnung so.
Presley: Schläfst du mit ihm?
Ich: Nein. Ich versuche es mal mit Keuschheit.
Presley: Witzig. Sieht so aus, als hätte Wyatt dich verdorben, hm?
Ich: Das wünscht er sich wohl! Es war gut, aber nicht so gut.
So ein Blödsinn. Es war nicht einfach nur gut, es war der unglaublichste Sex, den ich jemals hatte. Niemand könnte je diesem Mann und dem, was er mit mir angestellt hat, das Wasser reichen. Er hat jede meiner Saiten zum Klingen gebracht. Jede Berührung, jeder Kuss, jede Liebkosung seiner Zunge diente nur dazu, mir Vergnügen zu bereiten. Er hat meine Welt erschüttert – und dann hat er sich aus dem Staub gemacht, noch bevor ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug.
Wir können ja nicht alle die Hauptfigur einer romantischen Liebesgeschichte sein, so wie Presley. Ich glaube, sie hat sich schon in Zachary Hennington verliebt, als sie noch im Bauch ihrer Mutter steckte. Schon in ihrer Kindheit fanden sie heraus, dass sie füreinander bestimmt sind, haben sich vor dem College verlobt und sich dann getrennt, als Zach die Chance bekam, Profibaseballer zu werden. Er hat einen Vertrag unterschrieben und Pres verlassen. Damals hat sie dann meinen Bruder kennengelernt. Todd hat sich auf den ersten Blick in sie verliebt. Ich habe gedroht, nie wieder mit ihm zu reden, wenn er auch nur daran dächte, mit meiner besten Freundin auszugehen, weil ich sie nicht verlieren wollte, wenn mein Bruder die Sache vermasselte. Aber ungeachtet meiner Drohungen – die ich für sehr überzeugend hielt – haben sie am Ende geheiratet und Zwillinge bekommen.
Dann hat Todd alles zerstört.
Ich habe ihm seinen Selbstmord noch immer nicht verziehen, und dafür hasse ich mich. Aber seine Tat hat ein Loch in mein Herz gerissen, das niemals wieder geflickt werden kann. Er war mein bester Freund und hat uns ohne ein einziges Wort verlassen.
Nach einigen Minuten summt mein Handy wieder.
Presley: Tut mir leid, ich musste Zach helfen. Ich hab dich lieb, Angie. Du schaffst das schon. Ich warte auf deinen Anruf.
Ich: Hab dich auch lieb. Ich melde mich, sobald sie mir die Schicksalsnachricht mitgeteilt haben.
Presley: Wie dramatisch.
Ich kichere, als es an der Tür klopft.
»Also schön, Angie. Ich habe einen Schnelltest gemacht, um Ihren Eisenwert zu überprüfen. Der ist ein wenig niedrig, was sich aber leicht in Ordnung bringen lässt. Ihre Zuckerwerte sind gut, und die übrigen Blutproben schicken wir ins Labor. Das ist es jedoch nicht, was Ihre Übelkeit verursacht hat.« Der Arzt schaut auf, und ich erstarre.
Tränen steigen mir in die Augen. Ich weiß, welche Botschaft er mir gleich überbringen wird. »Haben Sie etwas in meinem Blut gefunden, oder ist es etwas anderes?« Mein ganzer Körper verkrampft sich, als ich versuche, die Angst zu verdrängen, die mir die Kehle zuschnürt. »Etwas Abnormales?«
Der Arzt geht mit einem warmen Lächeln auf dem Gesicht einen Schritt auf mich zu. »Entspannen Sie sich, Angie.«
»Bitte«, flehe ich. »Bitte, sagen Sie es einfach!«
»Sie sind schwanger.«
Mir klappt der Unterkiefer herunter, während ich versuche, seine Worte zu verarbeiten. »Was?«
»Sie sind schwanger«, wiederholt er.
Nein.
Nein, nein, nein. Unmöglich. Ich weigere mich, das zu glauben. Ich kann nicht schwanger sein. Ich hatte in den letzten sechs Monaten nur mit einer einzigen Person Sex. Oh Gott.
Ich schüttele den Kopf und versuche, Sinn in die Worte des Arztes zu bringen. »Ich hatte meine Tage«, sage ich schließlich mit schriller Stimme. »Letzten Monat! Ich kann nicht schwanger sein. Ich habe seit Monaten mit niemandem geschlafen. Der Test irrt sich. Sie irren sich.«
Wenn es jemanden auf dieser Welt gibt, der keine Kinder haben sollte – dann bin ich es. Unter meiner Obhut sind Pflanzen eingegangen ebenso wie unzählige Goldfische, meine Katze ist weggelaufen, und ich habe noch nie meine biologische Uhr ticken gehört.
Der Arzt legt mir eine Hand auf den Arm. »Es ist nicht ungewöhnlich, noch ein- oder zweimal seine Tage zu bekommen. Wir haben Ihr Blut und Ihren Urin untersucht. Sie sind schwanger. Herzlichen Glückwunsch.«
Er tätschelt mir die Schulter und lässt mich dann allein im Sprechzimmer zurück.
Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich kann nicht schwanger sein. Nun ja, scheinbar bin ich es, aber das ist nicht gut. Überhaupt nicht gut.
Ich sollte nicht mit Mitte dreißig schwanger sein. Das war so nicht geplant.
Presley: Vergiss nicht, mich anzurufen, wenn du etwas weißt.
Ich schaue auf mein Handy und überlege, was ich antworten soll. Aber eine solche Neuigkeit überbringe ich ihr lieber persönlich, außerdem muss ich es erst Wyatt erzählen. Mit zittrigen Fingern tippe ich:
Sieht so aus, als würde ich nach Bell Buckle kommen. Jetzt kannst du doch das Bett im Gästezimmer beziehen.
»Meine Damen und Herren, da wir einige Turbulenzen erwarten, bitten wir Sie, Ihre Plätze einzunehmen und sich anzuschnallen.«
Ich zurre den Gurt so fest, dass mir fast schwarz vor Augen wird. Dann lockere ich ihn wieder, weil mir noch rechtzeitig einfällt, dass ich damit dem Baby schaden könnte. Ich habe Flugangst. Der Mensch ist nicht dafür gemacht, durch die Luft zu schweben. In diesem Flugzeug fühle ich mich wie in einer Todesröhre.
Beruhig dich, Angie. Du schaffst das. Es ist auch nicht schlimmer, als gesagt zu bekommen, dass man schwanger ist.
»Geht es Ihnen gut, meine Liebe?«, fragt mich mein Sitznachbar freundlich. Auf seinen Knien liegt ein großer Cowboyhut.
Ich nicke, denn meine Stimme versagt. Meine Kehle brennt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Gesicht gerade aussieht wie das von Casper, dem kleinen Geist.
»Sind Sie sicher? Sie wirken ziemlich mitgenommen.« Vor Sorge wird sein Tonfall noch schleppender. »Sie werden mir doch nicht ohnmächtig, oder?«
»Nein.« Ich lächle schmallippig. »Mir geht nur gerade viel durch den Kopf.«
Die Untertreibung des Jahres. Nachdem ich die Arztpraxis verlassen hatte, habe ich noch drei weitere Schwangerschaftstests gemacht, weil ich wirklich dachte, der Arzt hätte sich geirrt. Hat er nicht. Also gab ich mir selbst die Erlaubnis, mich über eine ganze Packung Eiscreme herzumachen. Die Schwangerschaft erklärt wohl auch meinen seltsamen Gefühlsausbruch, als ich mir letzte Woche Verrückt nach Mary angeschaut habe. Ohne den geringsten Schimmer, warum, hatte ich einfach dagesessen … und geflennt. Kein Wunder, da bin ich schon eine von Hormonen gesteuerte Irre gewesen.
Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Angst gehabt. Keine Ahnung, wie ich das schaffen soll. Zuerst muss ich es Wyatt sagen. Deshalb diese Reise. Aber soll ich einfach damit herausplatzen? Oder ihm lieber einen Hut mit der Aufschrift Daddy kaufen? Vielleicht sollte ich sagen: »Hey, Partner … Wir kriegen ein Kind, und wir sind beide fast vierzig, also lern rechtzeitig zum Highschool-Abschluss, mit deiner Gehhilfe klarzukommen.« Nicht, dass er so reden würde. Ich habe keine Ahnung, wie er reagieren wird. Aber es steht fest: Wir bekommen ein Baby. Bei dem Gedanken daran möchte ich am liebsten weinen.
Außerdem sollte ich mich schon mal auf das Leben als alleinstehende Mutter vorbereiten. Ich war Erin noch nie dankbarer als in dem Moment, als ich ihr von dem Baby erzählt habe. Sie hat sofort gesagt, ich solle mir einige Tage freinehmen und nach Tennessee fahren. Vielleicht würde es ja gar nicht so schlimm.
»Das verstehe ich«, sagt der attraktive Fremde neben mir. »Besuchen Sie Verwandte?«
»Ja. Ich fliege zu meiner Schwägerin und meinen Neffen.« Und zu dem Vater meines Kindes. »Sie leben in einer winzigen Stadt mitten in Tennessee«, erkläre ich.
»Davon gibt es jede Menge.« Er lächelt. »Stammen Sie aus Philly, oder sind Sie nur auf der Durchreise?«
»Nein, ich lebe dort. Seit fast zwanzig Jahren.«
»Ich habe eine Woche dort verbracht, interessante Stadt. Wissen Sie, ich bin ein typischer Südstaatenjunge. Ich reise nicht viel, aber mein Bruder hat in Philly einen Job gefunden, und ich habe ihm beim Umzug geholfen.« Während er mir seine Geschichte erzählt, normalisiert sich mein Puls langsam wieder. »Man kann es definitiv nicht mit Nashville vergleichen, so viel steht fest.«
Ich kichere. »Das glaube ich. Aber bei uns gibt es Starbucks.«
Wir reden noch ein Weilchen, dann landet das Flugzeug. Gleich werde ich meiner besten Freundin gegenüberstehen, und ich werde zugeben müssen, was passiert ist und warum ich hier bin. Dann ist es nicht mehr mein Geheimnis.
Alle werden es erfahren.
Erst jetzt wird alles wirklich real.
»Danke, dass Sie mich beruhigt haben«, sage ich zu dem süßen Cowboy.
»Es bietet sich nicht jeden Tag die Gelegenheit, einer schönen Dame beizustehen.«
Als sich die Tür des Flugzeugs öffnet, schnappt er sich seine Tasche aus dem Gepäckfach.
»Moment«, sage ich, als er sich in Bewegung setzt, »Sie haben mir gar nicht Ihren Namen verraten.«
Er lächelt, hebt die Hand und tippt sich an den Hut. »Ich heiße Wyatt.«
Wie auch sonst.
Wenige Minuten später steige ich aus dem Flugzeug und begebe mich in die Gepäckhalle. Presley wird mir eine ganze Menge Mut zusprechen müssen, denn ich stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
Mit jedem verstreichenden Jahr ist auch mein Wunsch nach einer eigenen Familie immer weiter in den Hintergrund gerückt. Die Männer, mit denen ich zusammen war, waren zwar immer attraktiv und gut aussehend, waren aber am Ende nicht das, was ich brauche. Sie waren selbstsüchtig und narzisstisch, und ich habe nie eine auch nur annähernd feste Beziehung geführt. Bis auf diesen einen Typ nach dem College, aber nach sechs Monaten habe ich zufällig mitbekommen, wie er erzählte, er schlafe mit einer anderen, daher habe ich ihm den Laufpass gegeben. Danach waren es nur noch x-beliebige Dates mit gelegentlichem Sex.
All die Jahre war ich damit zufrieden, die Freundin zu sein, die niemals heiratet – die ewige Brautjungfer und niemals die Braut. Ich genieße es, hingehen zu können, wohin ich will, wann ich will. Aber jetzt sind meine Tage der Ungebundenheit gezählt.
Und das alles wegen einer einzigen großartigen Nacht.
»Angie!« Freudestrahlend läuft Presley mir entgegen. »Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe!«
Beim Klang ihrer Stimme kommen mir die Tränen, und sobald sie die Arme um mich schließt, schluchze ich auf. Ihre Berührung entfesselt die Flut von Gefühlen, die ich seit meiner Heimfahrt vom Arzt, während des völlig kopflosen Packens für die Reise und dann während des Flugs unterdrückt habe. Aber jetzt kann ich das nicht länger.
»Angie? Was ist los?« Sie tritt zurück und schaut mir in die Augen.
Ich sehe die Furcht in ihrem Blick, aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich im Moment empfinde. Ich kann es nicht so einfach sagen, obwohl ich weiß, dass sie wahrscheinlich denkt, es sei etwas Schlimmeres als ein Baby. »Ich bin … ich bin … Ich bin einfach so froh, dich zu sehen!« Es gibt keinen Grund, es länger zu verheimlichen. Aber ich bin einfach noch nicht bereit.
Sie lacht verhalten. »Ich freue mich auch, dich zu sehen!« Aufmerksam studiert sie mein Gesicht mit durchdringendem Blick. »Bist du dir sicher, dass das alles ist? Natürlich bin ich gerührt, dass dich unser Wiedersehen so überwältigt, aber da stimmt doch was nicht. Was hat der Arzt gesagt?«
»Es ist kein Krebs.«
Sichtlich erleichtert lässt sie die Schultern sinken. »Gott sei Dank. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht, als du deinen Besuch so ohne weitere Erklärung angekündigt hast. Hat er etwas anderes Ernstes diagnostiziert?«
Wahrscheinlich hat sie Zach vor Sorge in den Wahnsinn getrieben, aber ich wollte es ihr nicht am Telefon erzählen. Und auch jetzt, da wir einander gegenüberstehen, kann ich mich nicht dazu durchringen. Dabei brauche ich ihre Unterstützung so sehr. Trotzdem sollte ich es zuerst Wyatt beibringen.
»Der Arzt hat mir eine kleine Pause empfohlen. Stress und all das.« Ich wedele mit der Hand, als wäre es nichts.
Presley schürzt die Lippen und stemmt eine Hand in die Hüfte. »Das kauf ich dir nicht ab.«
»Egal. Ich finde, ausgerechnet du solltest mich nicht der Heimlichtuerei beschuldigen.« Ich ziehe tadelnd die Brauen hoch. Sie weiß ganz genau, was ich meine. Die größten Katastrophen in ihrem Leben hat Presley immer allein mit sich ausgemacht. Nachdem mein Bruder sich umgebracht hatte, hat sie dafür gesorgt, dass nur vier Menschen die wahre Todesursache erfuhren. Um ihre Jungs zu schützen, doch so hatte sie niemanden, dem sie sich hätte anvertrauen können – bis Zach kam.
Doch selbst dann war sie nicht gleich offen und ehrlich gewesen. Ihre Geheimniskrämerei hätte beinahe ihr Leben zerstört.
Diese Karte jetzt auszuspielen ist ein ziemlich harter Zug, aber ich hoffe, es verschafft mir ein wenig Zeit. Schließlich muss ich den Mut finden, ihr zu beichten, dass ich mich von ihrem besten Freund und künftigem Schwager habe schwängern lassen.
Schweigend nimmt Pres meine Tasche.
»Tut mir leid«, murmele ich und fühle mich schrecklich. »Das war nicht so gemeint.«
»Ich weiß. Und ich werde die Erste sein, die dich daran erinnert, dass Geheimnisse Schaden anrichten.« Sie nimmt meinen Arm und schaut mich beunruhigt an. »Ich hab dich lieb, und ich mache mir Sorgen. Irgendetwas ist doch im Busch. Etwas, das du mir erzählen willst, sonst wärst du nicht hier. Deine Stressgeschichte kannst du jemandem auftischen, der dich nicht seit fast zwanzig Jahren kennt. Also, versuch’s noch mal.«
»Gib mir ein paar Stunden.«
»Wie wär’s, wenn wir uns etwas von Starbucks holen, bevor wir nach Bell Buckle fahren?«
»Scheint so, als würdest du mich kennen.« Ich lächele. Das ist das Beste an unserer Freundschaft. Wir wissen, wann wir ein Thema fallen lassen und uns unserem Lieblingsgetränk Kaffee widmen müssen.
Ich bestelle mir – von ihr unbemerkt – einen entkoffeinierten Kaffee (eine Sünde für jeden Kaffeeliebhaber), und wir machen uns auf den Weg nach Bell Buckle. Auf der Fahrt plaudern wir, und sie erzählt mir alles über ihre Hochzeitspläne. Es ist erstaunlich, wie weit die Organisation in der kurzen Zeit bereits fortgeschritten ist. Was mich nicht überraschen dürfte, ich weiß ja, wie sie ist, und habe mit ihr zusammengearbeitet. Kaum hatte sie mir das Konzept für unseren kleinen Cupcake-Laden unter die Nase gehalten, hatten wir auch schon einen Pachtvertrag unterzeichnet. Presley ist klug, fleißig und hat das größte Herz von allen.
Als wir das Ortsschild von Bell Buckle passieren, kehrt meine Anspannung zurück. Wann werde ich wohl Wyatt begegnen? Momentan bin ich überhaupt noch nicht bereit, ihm gegenüberzutreten.
Natürlich wird er Fragen haben, und wenn es so weit ist, muss ich die Antworten parat haben. Meine Eltern und mein Bruder Josh leben in Florida, Presley lebt hier in Tennessee, ebenso der Vater des Babys … in Media, dem Vorort von Philadelphia, in dem der Laden liegt, habe ich niemanden, abgesehen von meinen Angestellten. Es ist schon für verheiratete Paare schwer genug, ein Baby großzuziehen, aber als alleinstehende Mutter ohne unterstützendes Netzwerk wird es schier unmöglich sein.
Eine einzige fantastische, unvergessliche Nacht hat mein Leben verändert.
»Angie?«, hakt Presley nach und lenkt meine Aufmerksamkeit vom Beifahrerfenster weg, aus dem ich die ganze Zeit hinausgestarrt habe.
»Was?«
»Ich habe gefragt, ob du heute Abend mit Grace und Emily ausgehen willst? Sie würden dich schrecklich gern wiedersehen.«
Ich seufze, als mir klar wird, dass ich nicht mehr so einfach ausgehen und Alkohol trinken kann. »Ich weiß nicht. Ich bin vollkommen erledigt. Und wirklich müde.« Momentan bin ich die ganze Zeit müde.
Presley sieht mich an, und die Verwirrung steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Ähm … Ich kenne dich nun schon ewig, und du hast noch nie Nein zu einem Abend in der Stadt gesagt. Fühlst du dich krank? Du siehst eigentlich gesund aus.«
Der Drang, einfach mit der Wahrheit herauszuplatzen, wird immer stärker. Mir kommen die Tränen, als ich wieder aus dem Fenster schaue, um ihrem Blick auszuweichen. Alles wird sich verändern. »Nein, mir geht es gut. Ich würde einfach lieber zu Hause bleiben. Vielleicht morgen?« Presley ist eine fantastische Mutter, und ich weiß, dass sie die Neuigkeiten großartig finden wird.
Es ist ja nicht so, dass ich Kinder nicht mögen würde, aber mich selbst habe ich nie als Mutter gesehen. Ich bin mit meiner trendigen Wohnung im Stadtzentrum von Philadelphia, dem Cupcake-Laden und meinem bescheidenen Liebesleben ganz zufrieden. Das alles macht – mich aus.
Dann trifft es mich plötzlich mit voller Wucht. Niemand wird jetzt noch ein Date mit mir wollen.
Ich werde die alleinstehende Mom sein, die alle bemitleiden.
Ich werde allein sein.
Ich halte mir die Hand vor den Mund, als mir die Tränen kommen.
»Angie.« Presley hält das Auto am Anfang der Schottereinfahrt an. »Angie, sieh mich an.«
Ich schüttele den Kopf. »Es geht mir gut. Es geht mir gut.«
»Was hat der Arzt gesagt?«
Ihre Stimme ist so voller Liebe und Mitgefühl. Tief in mir habe ich das Gefühl, dass sie Bescheid weiß.
Ich umklammere meinen Bauch und drehe mich zu ihr um. »Ich bin schwanger. Ich bin …«
»Du liebe Güte! Du bist schwanger?« Jetzt schlägt Presley sich die Hände vor den Mund.
»Sieht so aus.«
Ich kann nur ahnen, was ihr alles durch den Kopf geht. Meine Brust hebt und senkt sich hektisch, als ich über diesen Riesenschlamassel nachdenke. Ich war schon früher in einigen problematischen Situationen, aber damit ist ein neues Level erreicht. Ich werde mich um ein Lebewesen kümmern müssen, das mich braucht, um zu überleben. Das schaffe ich niemals. Ich kriege kaum mein eigenes Leben geregelt. »Oh mein Gott! Ich kann das nicht!«
Presley nimmt mich in die Arme, während ich weine. »Es wird schon alles gut werden.«
»Nein.« Ich löse mich von ihr. »Wird es nicht. Ich kann kein Baby bekommen! Ich kann nicht einmal meine Zimmerpflanze regelmäßig gießen. Und ich stehe vollkommen allein da. Wie soll ich das schaffen?«
»Du bist stark und trägst so viel Liebe in dir. Im wievielten Monat bist du?«
Ich schaue ihr in die Augen, und die Antwort kommt mir nur mit Mühe über die Lippen. »Im zweiten Monat.«
»Das bedeutet …« Ich kann geradezu sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehen, während sie nachrechnet. »Oh! Oh mein Gott! Vor zwei Monaten warst du hier! Als Zach mir den Antrag gemacht hat!«
»Genau.« Meine Stimme ist voller Verzweiflung.
»Wyatt?«
»Ja. Der verdammte Wyatt. Warum bin ich so dumm? Warum muss es von allen Menschen auf der Welt ausgerechnet er sein? Der Mann, der sich sein ganzes Leben lang nach dir verzehrt hat. Der elende Kerl, der mitten in der Nacht abgehauen ist, damit ich selbst den Weg aus seinem Bett finde. Ich meine, konnte es nicht einer in Philly sein, damit nicht mein ganzes Leben zusammenbricht?«
Presley lächelt mich strahlend an, und ihre Augen leuchten vor Zärtlichkeit. »Ich weiß, du schiebst Panik. Das ist auch kein Wunder, aber du bekommst das schon hin. Du wirst sehen, es wird schön. Ihr zwei werdet ein Baby bekommen! Und vielleicht gibt es einen Grund, warum er dich in dieser Nacht allein gelassen hat … wovon du mir übrigens nie erzählt hast.«
»Wie? Wie soll ich das hinkriegen?«
»Es war vielleicht nicht geplant, aber ich bin mir sicher, Wyatt wird einen tollen Dad abgeben.«
Ich schüttele den Kopf. »Bisher bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob ich es ihm sagen soll. Vielleicht behalte ich es nicht oder bekomme es erst gar nicht.«
Sie kennt mich gut genug, um darauf nicht zu reagieren. Auch wenn ich im Moment nicht gerade glücklich über die Schwangerschaft bin, weiß ich doch, dass ich das Kind behalte. Presley weiß das ebenfalls. Aber gerade ist mir einfach alles zu viel. Es gibt so vieles, worüber ich nachdenken muss. Es Presley zu erzählen war der leichte Teil – schwierig wird es, mit Wyatt darüber zu sprechen. Er hat ein Recht, es zu erfahren, aber es wird eine Lawine von Fragen und Problemen auslösen. Von Dingen, für die ich selbst noch keine Lösung gefunden habe.
»Das ist deine Entscheidung, Liebes. Ich kann dir nur sagen, dass das nicht du bist.«
Ich stöhne. »Es ist deine Schuld, dass das überhaupt passiert ist!«
Presley sieht mich mit großen Augen an. »Meine Schuld?«
»Ja«, sage ich und zeige mit dem Finger auf sie. »Wenn du mich nicht dazu gebracht hättest, euch zu besuchen, hätte ich nicht mit ihm geschlafen. Wenn du dich nicht wieder in Zach verliebt hättest, wäre ich nicht hier.«
»Nun, da wir gerade bei Schuldzuweisungen sind. Wenn du nicht in Maine aufs College gegangen und meine Mitbewohnerin gewesen wärst, hätte ich Todd nicht kennengelernt. Wenn ich Todd nicht kennengelernt hätte, hätte ich nicht geheiratet und in Pennsylvania gelebt. Wenn all das nicht passiert wäre, wäre ich nicht nach Bell Buckle zurückgekehrt. Also, wessen Schuld ist es nun wirklich?«
Störrisch verschränke ich die Arme vor der Brust und grummele: »Ich hasse dich.«
Sie lacht und legt den Gang wieder ein. »Ich hab dich auch lieb.«
Als wir vor dem Haus halten, hüpfen dort bereits die Jungs und winken. Die Traurigkeit und die Angst, die ich vor wenigen Sekunden noch verspürt habe, lösen sich in Luft auf, als ich eilig aus dem Wagen steige. »Cay! Logan!«
»Tante Angie!«
Ich schließe sie fest in die Arme und drücke sie an mich. Sie sind so tolle Kinder. Obwohl sie in ihrem jungen Leben schon so Schlimmes erleben mussten, können sie immer noch lachen. Das verdanken sie wohl ihrer Familie. Und dazu gehört auch Wyatt.
»Meine Jungs! Was macht die Schule?«, frage ich und weiß, dass sie bei dem Thema murren werden.
»Es ist toll. Logan hat eine feste Freundin!« Cayden kichert.
»Tatsächlich?«
»Hab ich nicht!« Logan boxt seinen Bruder. Ich kichere ebenfalls und fühle mich sofort leichter.
»Angie!« Zach steht auf der Veranda und begrüßt mich mit einem Lächeln. »Es freut mich so, dass du hier bist. Pres braucht jemanden, der sie bei diesem Hochzeitskram bremst.«
»Ich weiß nicht, ob ich dabei eine große Hilfe sein werde.« Lächelnd umarme ich ihn.
Es gibt Zeiten, da vermisse ich Todd mehr als irgendwen sonst, und dies ist so ein Moment. Wenn er noch am Leben wäre, würde ich diesen Mann jetzt nicht umarmen. Ich läge gemütlich auf dem Sofa – nicht schwanger –, zusammen mit meiner Schwägerin und meinem Bruder. Wir würden Wein trinken und über die Jungs reden und darüber, dass ich aufhören muss, so zu leben, als sei ich zwanzig. Todd würde brummen, dass niemand gut genug für mich sei, um im nächsten Atemzug festzustellen, dass ich allein sterben würde, wenn ich nicht jemand halbwegs Anständiges finde. Schließlich würden wir lachen, und ich würde irgendwann auf dem Sofa einschlafen. Zum Frühstück würde ich Donuts essen, mit Todd über die Morgennachrichten plaudern und dann nach Hause fahren. Ich wünschte, er wäre derjenige, den ich umarme.
Zach lächelt noch immer. »Du siehst toll aus.«
Dabei fühle ich mich furchtbar. »Danke. Das hier ist umwerfend geworden!« Ich deute auf ihr neuerrichtetes Haus.
»Wir sind hier so glücklich«, sagt Presley und legt Zach einen Arm um die Taille.
Als ich das letzte Mal hier war, sind gerade die Mauern hochgezogen worden, und überall wuselten Bauarbeiter herum. Doch nun ist es wunderschön. Das Haus ist riesig, mit Blick über den See, der auf Zachs Land liegt. Von der breiten Veranda, die um das ganze Haus verläuft und mit Schaukelstühlen bestückt ist, hat man eine perfekte Aussicht. Ich nehme alles in mich auf und freue mich für meine Freundin. Ungeachtet meines eigenen persönlichen Dramas verdient Presley ein Leben mit allem, was sie sich wünscht.
»Es ist perfekt. Ich …«
»So, so«, erklingt eine Stimme, die ich überall erkennen würde. »Wenn das nicht das Großstadtmädchen ist.«
Ich drehe mich um, sehe das strahlende Lächeln, das braune Haar und die honigfarbenen Augen, von denen ich geträumt habe. Wyatt Hennington steht in hautengen Jeans und einem schwarzen Hemd vor mir, und er sieht mich mit loderndem Blick an. Alles in mir krampft sich zusammen. Er ist wirklich verdammt heiß. Ich unterdrücke den Drang, in seine Arme zu springen, und versuche, die Erinnerung an unseren letzten Kuss zu verdrängen. Ein Schauder überläuft mich, als unsere letzte magische Nacht in meinem Gedächtnis aufblitzt. Warum reagiere ich so auf ihn?
Er streckt die Hand aus und streicht mir mit den Fingern über die Wange, so zart, dass er mich kaum berührt. Meine Haut brennt, als er seine Finger zu meinen Lippen wandern lässt. Ich stehe da wie eine Statue und starre ihn an. Er dürfte eigentlich nicht in der Lage sein, mich sprachlos zu machen, doch es gelingt ihm immer wieder.
»Warum bist du hier?«, frage ich.
Sein Blick hält mich gefangen, während er noch näher kommt.
»Du siehst wunderschön aus.« Der intensive Ausdruck in seinen Augen lässt mein Herz für einen Moment aussetzen.
»Warum gehen wir nicht hinein?« Presley rettet mich, und ich stoße einen Seufzer der Erleichterung aus.
»Klingt toll.«
»Komm mit, Tante Angie, ich zeige dir mein neues Zimmer!«, sagt Cayden, dreht sich um und läuft ins Haus. Logan folgt ihm.
Okay, das läuft nicht so, wie ich es geplant habe, aber andererseits – was läuft bei mir schon nach Plan? Ich muss es nur schaffen, ins Haus zu gehen, zu essen und darauf zu warten, dass er sich verabschiedet. Dann kann ich ausflippen. Ich brauche ein klein wenig mehr Zeit. Und einen neuen Plan. Wirklich dringend.
»Na, dann kommt mal mit«, sagt Presley mit hörbarer Erheiterung.
»Wir treffen euch drinnen«, sagt Wyatt, und ich beobachte erschrocken, wie Presley und Zach hineingehen und die Tür hinter sich schließen.
Mir klappt der Unterkiefer herunter. Ich kann nicht mit ihm allein sein. Ich bin nicht bereit, ihm irgendetwas zu erzählen. Auch wenn ich genau deswegen hergekommen bin. Aber jetzt ist es zu früh.
»Ich denke, ich sollte hineingehen«, sage ich und setze mich in Bewegung.
Wyatt umfasst meinen Arm und hält mich fest. »Ich möchte nur kurz mit dir reden.«
Ich drehe mich um und schaue auf seine Finger, die meinen Arm umschließen, und dann in seine Augen. »Es gibt nichts zu bereden.«
»Wie geht es dir?«
»Ganz wunderbar. Danke der Nachfrage. Ich gehe jetzt rein.« Ich mache Anstalten zu gehen, aber er lässt mich nicht los.
Es ist mir ein Rätsel, dass er nie geheiratet hat. Nach allem, was Presley sagt, ist er ein großartiger Mann. Freundlich, loyal, rücksichtsvoll und sehr sexy, aber er weigert sich, eine ernsthafte Bindung einzugehen. Ich frage mich oft, wie viel davon der Tatsache geschuldet ist, dass er in meine Schwägerin verliebt war. Er hat sie sein ganzes Leben lang geliebt und mit angesehen, wie sie seinen Bruder liebte.
Ich habe ausführlich mit ihr darüber gesprochen. Es hat ihr das Herz gebrochen, als er ihr vor langer Zeit erzählt hat, was er für sie empfindet. Sie waren beste Freunde, als sie klein waren, und sind es immer noch, aber sie hat seine Gefühle nie erwidert. Wyatt ist der Mann, der Zach zurück in ihre Arme gestoßen hat. Er hat sie so sehr geliebt, dass er sie gehen ließ.
»Sei nicht so.« Er streicht mit dem Daumen über mein Handgelenk.
Ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert. Ich dachte, ich würde ein oder zwei Tage Zeit haben, bevor ich ihn sehe. Was offensichtlich nicht der Fall ist. Ich habe kaum den Mut aufgebracht, es Presley zu erzählen, und jetzt muss ich mir überlegen, wie ich es ihm sage.
»Ich will einfach hineingehen, Wyatt. Ich muss wirklich mit Presley reden.« Die letzten Worte klingen nach einer jämmerlichen Ausrede. Wenn ich nur etwas Abstand zwischen uns schaffe, kann ich wieder einen klaren Kopf bekommen. Ich bin nur ein paar Tage hier. Und ich hatte gedacht, wir würden fünf Minuten reden, bevor ich wieder abreise, und dann könnte ich fröhlich meiner Wege gehen.
»Nun, ich finde, wir sollten über deinen letzten Besuch hier reden.« Seine Stimme verdunkelt sich.
»Ich denke nicht, dass das einen Sinn hat.« Ich entziehe ihm meine Hand und verschweige, wie unser »Gespräch« bei meinem letzten Besuch hier den Lauf unseres Lebens verändert hat.
»Ich finde, es hat einen Sinn.«
»Worüber würdest du denn gern reden, Wyatt?«
»Wir könnten das Reden auch überspringen, wenn dir das lieber ist. Presley und Zach hätten sicher nichts dagegen, ihr Haus für sich allein zu haben.« Er greift wieder nach meinem Handgelenk und zieht mich an sich. »Und du könntest dich wieder an mich heranschmeißen. Diesmal werde ich mich auch nicht so sehr dagegen wehren.«
Elender Schuft.
»Ich glaube, da irrst du dich.« Nicht ich bin hinter ihm her, er ist hinter mir her gewesen. »Du wolltest mich vom ersten Moment an. Du hast immer genau hingesehen, wenn ich mich vorgebeugt habe, du konntest einfach nicht anders, was?« Die Luft zwischen uns hat sich gerade um ungefähr hundert Grad erhitzt. »Du wolltest mich, Wyatt Hennington. Du warst derjenige, der mich verführt hat. Ich war wegen meiner Freundin hier, und du hast alles dafür getan, mich ins Bett zu kriegen.«
Nur Zentimeter trennen unsere Lippen jetzt noch voneinander. Es wäre so leicht, ihn zu küssen. Verlangen verdrängt allen Ärger und Frust. Es hat die Oberhand gewonnen. Ich atme ihn ein. Die Hitze, die er verströmt. Seinen perfekten Geruch.
Küss mich, Wyatt.
Nein. Das will ich doch gar nicht. Das sind nur die Hormone.
»Du kennst mich nicht richtig«, sagt Wyatt, als unsere Nasenspitzen einander fast berühren. »Du hast überhaupt keine Ahnung, was ich da getan habe.«
»Ich weiß, was du nicht getan hast.« Ich weiche zurück. »Du hast dich nicht wie ein Gentleman benommen.«
Er grinst. »Wenn ich mich recht erinnere, hast du nichts für Gentlemen übrig.«
»Vielleicht mag ich sie danach!«
Er hat recht. Es hat mir sehr gefallen, dass er im Bett kein Gentleman war. Doch als ich am nächsten Morgen feststellen musste, dass er einfach so gegangen war, fühlte ich mich schrecklich. Als habe er erwartet, dass ich allein den Weg hinausfinden würde, wie ein Flittchen. Dieser Gedanke lässt mich für eine Sekunde innehalten. Ich weiß nicht … vielleicht war ich ja eines. Tatsächlich habe ich ziemlich schnell nachgegeben. Vermutlich ist an dem Sprichwort »Warum die Kuh kaufen, wenn man die Milch umsonst bekommt« wirklich etwas dran. Dennoch bin ich sauer auf ihn.
»Du hast echt Nerven.« Ich entreiße ihm den Arm.
»Warum bist du so sauer?«
Unfassbar dieser Mann. »Du hast mich allein gelassen! Als ich aufgewacht bin, warst du weg!« Dass ich ihm das überhaupt erklären muss! »Ich habe dreißig Minuten auf dich gewartet. Danach war klar, dass du wirklich weggegangen bist und ich allein den Weg rausfinden musste. Was ich dann getan hab. So viel zum Thema Südstaatencharme.«
»Frauen. Ihr seid die verwirrendsten Wesen auf dem Planeten.« Wyatt kommt wieder näher und umfasst meine Taille.
»Ihr Männer seid nicht besser! Du bist zwei Jahre lang hinter mir her, sagst mir dauernd, wie fantastisch es beim letzten Mal gewesen sei und was du alles beim nächsten Mal mit mir anstellen willst – und kaum hast du bekommen, was du wolltest, verschwindest du einfach.« Seine Hand bleibt, wo sie ist, selbst als ich versuche, mich aus seinem Griff zu lösen, also rede ich einfach weiter. »Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, machst du dir danach nicht mal die Mühe, mich anzurufen.« Wütend kneife ich die Augen zusammen. »Und sag jetzt bloß nicht, du hättest meine Nummer nicht gehabt, Wyatt Hennington. Ich war es dir einfach nicht wert.«
»Schätzchen.« Er beugt sich dichter zu mir herunter.
»Nenn mich nicht ›Schätzchen‹.«
»Liebling.« Er grinst. »Ich arbeite. Jeden Tag.«
»Was soll das heißen?« Ich verschränke die Arme vor der Brust und warte auf seine Erklärung.
Wyatt ignoriert meinen schnippischen Ton »Hör mal, den Pferden ist es egal, ob Sonntag ist. Sie brauchen ihr Futter. Und da ich für die Townsends arbeite, bin ich für ihre Farm verantwortlich. Ich wollte dich nicht allein lassen, und auch nicht, dass du gehst, aber ebenso wenig wollte ich dich um fünf Uhr morgens wecken … außer für eine weitere Runde.«
Auf den Gedanken, er müsse zur Arbeit, bin ich gar nicht gekommen. Ich hatte einfach angenommen, dass er genug von mir hatte. Auf einmal bin ich verlegen. Keine Ahnung, warum. Nicht, dass es eine Rolle spielen würde.
»Was soll das alles bedeuten?«, frage ich gen Himmel.
Wyatt berührt meine Wange. »Es bedeutet, dass ich nicht wollte, dass du gehst, Angie Benson. Es bedeutet, dass es mir gefallen hat, dir nahe zu sein. Es bedeutet, dass du das nächste Mal, wenn du mit deinem blonden Haar auf meinem Kissen in meinem Bett liegst, dort bleiben solltest. Es bedeutet, dass ich wollte, dass du bleibst.«
Die Verbindung zwischen uns ist so stark, dass es mir Angst macht. Ich kenne diesen Mann kaum. Er lebt in Tennessee und reitet den ganzen Tag auf einem Pferd durch die Gegend. Er ist in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von mir. Dennoch wünsche ich mir in diesem Augenblick so sehr, ihn zu küssen. Schnell rufe ich mir ins Gedächtnis, dass er nicht weiß, dass unser Leben wegen jener Nacht für immer miteinander verbunden sein wird. Wir haben ein Leben geschaffen, und das wird alles verändern.
»Sag etwas«, drängt er mich.
Ich sage das Einzige, das jetzt noch eine Rolle spielt: »Ich bin schwanger.«
Wyatt
Sie ist was?
»Entschuldige bitte.« Ich schüttele den Kopf. »Du bist was?«
»Ich bekomme ein Kind von dir.« Warum hört sie sich an, als hätte gerade jemand ihren Hund überfahren?
»Bist du dir sicher?«
»Ja, bin ich. Meine Güte, das ist der Grund, warum ich hier bin! Herzlichen Glückwunsch, Dad.« Sie redet weiter, aber ich höre nichts mehr.
Sie ist schwanger.
Ich werde Vater.
Im Geiste gehe ich jene Nacht durch, um herauszufinden, wie zur Hölle das passieren konnte. Wir haben aufgepasst. Soweit ich weiß, ist nichts schiefgegangen. Die Kondome waren in Ordnung. Okay, wir haben es ziemlich krachen lassen, aber ich war nicht mal betrunken.
Das kann gar nicht sein. Ich bin immer vorsichtig. Extrem vorsichtig. Es kann nicht von mir sein.
»Angie«, sage ich, nachdem ich jetzt klarsehe. Ihr Blick fliegt zu mir. »Es tut mir leid.« Ihre Lippen öffnen sich, als sie nach Luft schnappt. »Aber es ist nicht mein Kind. Ich verstehe, wie du dich gerade fühlst, aber es kann unmöglich von mir sein.«
»Willst. Du. Mich. Verdammt. Noch. Mal. Verarschen?« Angie schreit jedes Wort einzeln heraus. »Nicht von dir?« Ihre Stimme wird noch lauter. »Ich hatte mit niemandem sonst Sex! Ich bin im zweiten Monat. Rechne mal nach, du Genie.«
Ich beobachte, wie sie mit dem Fuß auf den Boden klopft, während sie wartet.
»Wir haben ein Kondom benutzt.«
Ich kann förmlich den Dampf aus ihren Ohren qualmen sehen. »Erzähl mir was Neues! Es hat nicht funktioniert!«
»Bist du dir vollkommen sicher?«, frage ich noch mal. »Ich meine, hundertprozentig?«
»Ja, Wyatt. Ich bin hundertprozentig schwanger.« Sie seufzt, dann fügt sie hinzu: »Mit deinem Baby«, als wolle sie noch mal klarstellen, dass ich tatsächlich Vater werde.
»Mist.«
Theoretisch wäre es möglich. Und ich bezweifle, dass sie die ganze weite Reise hierher auf sich genommen hätte, nur um mich an der Nase herumzuführen. Schließlich mag sie mich nicht mal besonders. Wenn sie im zweiten Monat ist, passt das genau zu ihrem letzten Besuch hier. Außerdem kann ich davon ausgehen, dass meine künftige Schwägerin Bescheid weiß, und sie würde nicht lügen – nicht bei so etwas.
»Sag ich ja. Also … Wir bekommen ein Baby. Du bist der Vater.« Sie mustert mich mit einem bohrenden Blick. »Was jetzt?«
»Okay.« Ich gehe auf und ab, während mein Verstand erst einmal verarbeiten muss, was gerade passiert ist. »Du bist schwanger. Okay. Ich meine, es ist nicht ideal, aber es ist auch nicht das Ende der Welt. Wir kriegen das schon hin.“
»Hinkriegen? Was willst du hinkriegen?« Angies Augen werden feucht. »Da gibt es nichts mehr hinzukriegen, Wyatt.«
Plötzlich überkommt mich das Bedürfnis, es in Ordnung zu bringen. Ich bin ein Mann. Ein Mann, der Dinge in Ordnung bringen kann. Also werde ich genau das tun. »Doch, sicher. Du ziehst hierher. Wir heiraten. Ich baue das Haus aus. Alles wird sich klären. Du kannst für meinen Bruder arbeiten. Und ich werde wieder Teilhaber, damit wir …«
»Hey! Immer langsam, Freundchen!«, brüllt Angie. »Bist du komplett verrückt? Heiraten? Hierherziehen? Nein. Nie und nimmer!« Sie schüttelt den Kopf und ringt nach Luft.
Ich lege ihr einen Arm um die Schulter. »Ganz ruhig. Atme.« Sie holt einige Male tief Luft, und ich führe sie zur Treppe. »Setz dich. Du musst dich beruhigen.«
Angie schaut mich an, und ich kann alle ihre Gefühle in ihren dunkelblauen Augen lesen. In ihrem Blick steht die Angst geschrieben. Und gleichzeitig kann ich nur daran denken, wie unglaublich schön sie ist. Ich wollte sie schon, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe. Verrückt, da ich sonst auf grünäugige Brünette stehe. Aber Angie ist anders.
Ihr abweisendes Verhalten macht sie nur noch unwiderstehlicher. Nach unserem ersten Mal wusste ich, dass ich es nicht dabei belassen wollte. Und als sie vor zwei Monaten zu Zachs und Presleys Verlobung hergeflogen kam, bot sich die Gelegenheit für Runde zwei. Der Sex war gigantisch, aber da war mehr als das … Ich fühlte mich zu ihr hingezogen wie noch zu keiner anderen Frau.
Sie hat ein Feuer in mir entfacht und es dann brennen lassen. Niemand kann mir einen Vorwurf machen. Ja, ich habe nicht angerufen, aber sie hat sich ebenso wenig gemeldet. Als ich damals nach meiner Arbeit auf der Ranch zurückkehrte, war sie einfach fort. Von Presley erfuhr ich, sie habe einen früheren Flieger nach Hause genommen – und das war das Ende unserer Affäre. Als Zach mir sagte, sie würde zu Besuch kommen, war mir sofort klar, dass es noch ein paar Kleinigkeiten zu klären gab. Deshalb bin ich hier. Natürlich hatte ich keinen Schimmer, dass ich sie geschwängert habe.
»Ich heirate dich nicht.« Ihr Trotz ist furchtbar süß.
»Du wirst deine Meinung schon noch ändern.«
»Ich ziehe auch nicht hierher.« Angie verschränkt die Arme vor der Brust.
Und ob sie das wird. »Wir werden eine Lösung finden.«
»Ich meine es ernst. Ich bin schwanger, aber das bedeutet nicht …«
»Es bedeutet alles«, unterbreche ich sie und greife nach ihrer Hand. »Für mich bedeutet es alles. Ich will nicht, dass du unser Kind in Pennsylvania großziehst. Und das bedeutet, dass sich alles ändern wird.«
Sie seufzt und entzieht mir ihre Hand. »Vor einer Minute hast du noch nicht mal geglaubt, dass es deins ist. Jetzt willst du mich plötzlich heiraten?«
»Ich wollte dich nicht verletzen, Angie. Aber du tauchst hier nach Monaten der Funkstille auf und sagst, du seist schwanger. Ich weiß nicht, was du erwartest.«
Sie steht auf und stößt einen Seufzer aus, bevor sie mich wieder ansieht. »Ich erwarte gar nichts.«
»Nun, jetzt kannst du von mir erwarten, dass ich wie ein Mann die Verantwortung übernehmen werde, was bedeutet, dass wir heiraten werden, du umziehen wirst und ich mich um dich kümmern werde.«
»Du bist ja verrückt!« Sie fasst sich an den Kopf. »Vielleicht funktioniert das in Bell Buckle so, aber nicht da, wo ich herkomme. Ich heirate dich nicht einfach, nur weil ich schwanger bin. Wir sind keine sechzehn mehr und nicht in der Highschool. Ich brauche niemanden, der sich ›um mich kümmert‹.« Sie zeichnet mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, als sie das sagt. »Auf keinen Fall sollten wir aus Pflichtgefühl heiraten. Das ist weder uns noch unserem Kind gegenüber fair. Ich werde schon allein zurechtkommen.«