Schafe brauchen auch mal Urlaub - Wolfgang Pein - E-Book

Schafe brauchen auch mal Urlaub E-Book

Wolfgang Pein

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Beschreibung

Die Abenteuer von Bunglass und McGregor sind legendär. McGregor ist auf der Fahndungs-Liste der NSA. Hier handelt es sich aber um die National Sheep Attack, die Vereinigung der Britischen Metzger. Das Schicksal der Schafe nimmt eine dramatische Wendung, woran auch das Britische Königshaus beteiligt ist. Und den Wettstreit der Schaf-Teams und den Metzgern hätten Sie bestimmt nicht für möglich gehalten. Ein "Muss" für alle Tier-, Irland- und Schottland-Freunde.

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... und dies sind die Helden des Romans:

... den Schotten „McGregor“ erkennt man doch sofort an seinem schottischen Kilt.

... das irische Schaf „Bunglass“ trägt seinen warmen Pullover und - natürlich - seine irische Paddy-Kappe.

Das Foto zeigt die beiden Freunde bei einer Wanderung in den schottischen Highlands.

Inhaltsverzeichnis

... den friedlichen Schafen

... ein geheimnisvoller Passagier

Irland – Grafschaft Donegal

Schottland / Loch Erboll

Fanad Head / Irland

Glencolumbkille / Irland

... der nächste Morgen in Glencolumbkille

...zurück in Deutschland - im Münsterland

Münsterland, Samstag vor Ostern, 9.12 Uhr

... einige letzte Worte

... den friedlichen Schafen

Auch wenn Sie nicht gleich ein Schaf bei sich zu Hause aufnehmen (...weil es vielleicht ihr Mietvertrag nicht erlaubt), sie werden ab sofort diese wolligen Tierchen mit ganz anderen Augen betrachten!

Die menschlichen Freunde in diesem Roman sind allesamt echt.

Die Handlung ist frei erfunden, entspricht jedoch neben Fantasie und Humor auch einigen tatsächlich statt gefundenen Ereignissen, die belegbar sind.

Auch wenn meine Schafe von vielen als sehr drollig empfunden werden,

dieser tierische Roman ist in erster Linie kein Kinderbuch.

... ein geheimnisvoller Passagier

Das unauffällige kleine irische Fischerboot stampfte durch die See. Die Wellen waren heute ziemlich heftig, denn es herrschte eine hohe und nicht zu unterschätzende Windstärke. „Der Sturm dürfte an die „10“ herankommen, wenn nicht sogar mehr“, brüllte der Kapitän seiner Besatzung zu, denn mit normaler Lautstärke war hier und heute nichts zu machen.

Er brauchte es nur einem Matrosen seines Vertrauens zuzubrüllen, denn außer diesem und dem Kapitän war niemand an Bord. Die Mannschaft war bewusst „klein gehalten“ worden. Diese Fahrt war eine geheime Kommandosache.

Von Irland kommend hatte man die Äußeren Hebriden bereits passiert, hatte sich an der Isle of Lewis vorbei gekämpft und befand sich jetzt mit Kurs auf die Orkney Inseln. Ganz so weit soll die Fahrt dennoch nicht gehen, das genaue Ziel liegt seemännisch noch ein ganzes Stück davor.

Der Kapitän brauchte keine Karte. Er wusste in diesem Augenblick, dass sein Schiff den nördlichsten Teil der schottischen Highlands umfuhr und dass es nach „Cap Wrath“ nicht mehr lange dauert, bis man in den „Loch Erboll“ einfährt, einen tiefen fjordähnlichen Einschnitt.

Genau in diesem Augenblick machte sich auf dem Festland ein Passagier bereit, der auf das Fischerboot wartete.

Historiker, die mit der schottischen Geschichte vertraut sind, denken jetzt sicher sofort an die Flucht von „Bonnie Prince Charlie“. Der war nach der Niederlage in der Schlacht vom 16. April 1746 bei Culloden in Schottland ebenfalls letztendlich mit einem Boot geflüchtet. Und dass eine Höhle auch eine Rolle spielt, dass macht die Sache noch zweifelhafter. Allerdings befindet sich die Höhle von „Bonnie`s“ Flucht auf der Isle of Sky, und wir sind hier in dieser Geschichte noch immer im Norden der Highlands.

Der Passagier hier ist ein Schaf, genau gesagt – ein schottisches Schaf und sein Name ist „McGregor“.

Am Loch Erboll liegt die Höhle „Smoo Cave“. Hier war ein geschäftiges Treiben im Gange. Nicht nur der abzuholende Passagier McGregor befand sich dort, sondern auch eine kleine Schafherde. Mit dieser Herde hatte es etwas „Besonderes“ auf sich. Diese hatte friedlich und zufrieden in den unteren Gefilden Schottlands auf einer Farm gelebt.

Dessen Besitzer - ein wirklicher Tierfreund - war verstorben. Ein neuer Besitzer ließ sich damals nicht finden, und so trat die „National Sheep Attack“ (NSA) - die Vereinigung der Britischen Metzger - auf den Plan. McGregor gelang mit vielen seiner Familie die Flucht.

Diese Flucht in höchster Not führte sie in den höchsten Norden von Schottland, die „Oberen Highlands“.

Die Metzger waren höchst böse darüber, dass einem Großteil der Schafe die Flucht gelungen war. Bis heute haben sie dies nicht vergessen und McGregor zur Fahndung ausgeschrieben – mit einer ungewöhnlich hohen Belohnung. Der Frust muss wohl sehr groß sein. Und diese Gefahr für McGregor und seine Familie hat zur Folge, dass alle Ereignisse, die diese Schafe betreffen, streng geheim sind.

Dazu gehört auch das Kommando-Unternehmen mit dem Fischerboot, das in Kürze am vereinbarten Treffpunkt anlegen wird, um McGregor an Bord zu nehmen.

Irland – Grafschaft Donegal

An der Westküste Irlands, am Atlantischen Ozean, liegt der kleine Ort „Glencolumbkille“. Glencolumbkille hat ein Besucherzentrum, wo das frühere Leben in Irland gezeigt wird. Hier leben nur eine Handvoll Menschen, dafür aber an mehrfacher Zahl irische Schafe. Eines der Schafe ist „Bunglass“. Er hat seinen Namen von den nahen „Cliffs of Bunglass“, ebenfalls eine gut besuchte Touristenattraktion.

Bunglass erfreut sich großer Beliebtheit bei den Mitgliedern seiner Herde. Eine besonders herzliche Beziehung hat er aber zu „Molly Wolli“, mit der er besonders verbunden ist. Nach einer kalten und dafür besonders anschmiegsamen Nacht wurde nach Ablauf des biologischen Entwicklungszeitraumes ein Lamm geboren. Besonders weiß war es und schwebte wie leichte Schneeflocken über die Weide – so erhielt es den Namen „Flöckchen“.

Bunglass hatte somit inmitten seiner großen Herde eine eigene kleine Familie. Bunglass war heute besonders aufgeregt. Er freute sich schon auf ein Wiedersehen mit einem ganz besonderen Freund – McGregor.

Nicht nur er, auch Molly Wolli, Flöckchen und die gesamte Schafherde von Glencolumbkille kannten McGregor. Der war zusammen mit Bunglass schon einmal hier, nachdem die beiden einen langen Aufenthalt in Deutschland hinter sich hatten.

Die beiden Freunde wollten einfach mehr von der Welt sehen, als bis nur kurz hinter den Zaun. Bunglass und McGregor hatten eine lange Zeit in Deutschland in einer Gastfamilie – bei Helga und Wuulfgeng – verbracht und einige tolle Abenteuer erlebt. Möglich war dies, da Bunglass von vielen Besuchern im Besucherzentrum von Glencolumbkille ein wenig die deutsche Sprache gelernt hatte.

Die hatte er auch McGregor beigebracht, und inzwischen sprachen natürlich auch Molly Wolli und Flöckchen ein brauchbares Deutsch. Dass Bunglass und McGregor die Kunst beherrschten, mit nur zwei Beinen auf ihren Hinterhufen zu gehen, machte sie zum Star, wo immer sie auch hin kamen. Alle Schafe in Glencolumbkille wussten seit diesem Besuch vom Schicksal der McGregor-Herde und der damaligen abenteuerlichen Flucht in die Highlands. Somit freuten sich wirklich ohne Ausnahme alle auf das Wiedersehen mit McGregor.

Einige Schafdamen der Herde hatten dabei einen besonders glänzenden Blick. Kein Wunder, McGregor ist aber auch ein besonders stattlicher Typ von einem Schaf, eben ein Held der schottischen Schafe – ein „Wallace der schottischen Schafe“.

Die „Männlichkeiten“ der Herde erinnerten sich noch allzu gut an die spezielle Abschiedsfeier, bevor Bunglass und McGregor nach Deutschland zurück trabten, neuen Abenteuern entgegen.

Es floss reichlich ein besonderer Saft, das Gras schmeckte damals besonders gut, und mit einem „Schaf-Tattoo“ zu Ehren der „Gäste“ ging die Feier mit Lagerfeuer und gälischem alten Gesang zu Ende. Mann, war das schön! „So ein Fest ist eine Wiederholung wert! Das werden wir zum Empfang von McGregor ja wohl noch einmal hinbekommen, was meint ihr?“ rief Bunglass seinen Freunden zu. Ein riesengroßes „Määähhh“ war die Antwort, was so viel hieß, wie – aber klar doch!

Bunglass verabschiedete sich von Molly Wolli, Flöckchen und seiner Herde. Er würde nur kurz weg sein, vielleicht zwei oder drei Tage. Bunglass hatte sich vorgenommen, McGregor ein Stück des Weges entgegen zu traben. Er konnte kaum noch abwarten, ihn zu sehen.

Bei einem langjährigen und verschwiegenen Tierfreund hatte er eine Mitfahrgelegenheit an die Nordküste Irlands ergattert. Dieser würde ihn auf eine Halbinsel bringen. Am nördlichsten Punkt dann – am „Fanad Head“ - würde er darauf warten, dass das Fischerboot mit seinem geheimnisvollen Passagier dort anlegt, Bunglass an Bord nimmt und man gemeinsam die Fahrt bis nach Glencolumbkille fortsetzt.

Bunglass fuhr also von Glencolumbkille aus los. Bevor dies alles verabredet war, auf geheimnisvollen Kanälen, so eine Art Buschtrommel, da war das Wetter auf See noch nicht so rau gewesen.

Bunglass hatte von Anfang an nicht vor gehabt, die gesamte Abholseereise mitzumachen, da er nicht allzu seefest ist, aber ein Stück davon wollte er sich nicht nehmen lassen. Er hoffte inständig, dass sich das Wetter einigermaßen beruhigen würde und sich die Wellen seiner erbarmen. Was erduldet man nicht alles für einen Freund!

Bunglass griff in den kleinen Rucksack, den er mitgenommen hatte. Darin hatte er auch eine kleine Ingwer-Wurzel, auf deren Wirkung er angesichts der beängstigend hohen Wellen vertraute. Stürmische See war er ja vom Strand in Glencolumbkille gewohnt. Aber was nützte ihm dies im Augenblick? Schließlich musste er hinaus auf die tosende See, wenn auch mit und auf einem Schiff.

Vorstellen konnte sich Bunglass das trotzdem noch nicht so richtig. Würde das alles gut gehen?

Zumindest kaute er jetzt schon einmal vorsichtig auf der Ingwer-Wurzel, von der man sagt, sie wäre gut gegen die Seekrankheit; hatte er jedenfalls mal von einem Matrosen gehört, der als Tourist das Besucherzentrum besuchte, das nahe der Schafweide liegt.

„Sollte der damit recht haben, so wäre wohl ein Stoßseufzer mit einem herzlichen Dank angebracht“, rief Bunglass laut in seinem Selbstgespräch hinaus, den Wellen entgegen.

Schottland / Loch Erboll

Das Fischerboot ankerte unweit vom Ufer, um den Weg vom sicheren Strand zum bedrohlich schwankenden Schiff so kurz wie möglich zu halten. Der Kapitän hatte die Lichter löschen lassen, eigentlich dem Seerecht nicht entsprechend.

Aber weit und breit war kein anderes Schiff zu sehen, und außerdem war dies hier ja wirklich so geheim, dass schon ein kleines Licht Aufmerksamkeit erregen könnte. McGregor schaute auf das unaufhörlich schwankende kleine Ruderboot, das sich tapfer dem Strand entgegen kämpfte. Da sollte er einsteigen? Wie sollte er die weite Fahrt überleben, wenn schon die paar Meter vom Strand zum Fischerboot fast unüberwindlich erschienen?

Das Ruderboot erreichte den Strand, jedem Argwohn zum Trotz. McGregor nahm sein Herz in die Hand, begrüßte den Matrosen, der wie wild mit den Rudern kämpfte, um halbwegs nicht zu stranden, dann wendete dieser samt seinem Passagier und hielt Kurs auf das Fischerboot zu. Nach kurzem Kampf mit den Wellen, der aber auch in McGregors Magen statt fand, erreichten die unfreiwilligen Wellenreiter das Hauptschiff.

An Bord des Schiffes herrschte ein reges auf und ab, mehr, als McGregor lieb war. „Solche Reisen sind einfach keine Schafangelegenheiten, jedenfalls nicht bei einem solchen Wetter“, rief er dem Kapitän zu.

Rufen war reichlich untertrieben, eigentlich brüllte er seine Worte dem Kapitän zu, wegen dem immer noch heftig tobenden Sturm. Der Kapitän nickte nur, um seine Stimme zu schonen, der Bordmatrose verzog das Gesicht zu einem Grinsen; er war dies alles gewohnt, es schien ihm nichts auszumachen.

Vielleicht dachte er zur Ablenkung aber auch viel an den versprochenen Lohn für diese besondere Fahrt. Er würde eine Kiste Whisky vom besten schottischen Single Malt bekommen. Darauf freute er sich schon sehr und wollte allein deswegen schon auch ohne weitere Entlohnung mit dabei sein.

Der Kapitän beugte sich dicht an McGregors Ohren heran. „Wir müssen mal sehen, ob wir mit unserem Diesel auch auskommen, oder ob wir noch Treibstoff nachbunkern müssen. Der Sturm ist derart stark, dass wir viel mehr verbrauchen, als ich dies gedacht habe! Wir haben einen enormen Gegenwind!“ „Was bedeutet das für unsere Reise und für unseren Zeitplan?“ fragte McGregor zurück.

„Keine Angst, deinen Freund Bunglass werden wir genau nach Plan am Fanad Head an Bord nehmen. Ob wir es dann noch bis Glencolumbkille schaffen, das werde ich mir dann noch überlegen. Ich habe gute Verbindungen zum sogenannten „König von Tory Island“.

Das ist sozusagen dort der „Inselkönig“, wirklich wahr! An dieser Insel kommen wir ohnehin direkt vorbei. Dort kann unser Schiff auch dann noch Treibstoff bekommen, wenn ich der Meinung bin, dass dies wirklich nötig ist.“

McGregor nickte nur, hoffend, dass die Reise unter diesen Wetterumständen nicht wirklich noch länger dauern würde. Außerdem konnte auch er es gar nicht mehr abwarten, Bunglass, Molly Wolli, Flöckchen und die Herde von Glencolumbkille wieder zu sehen. McGregor beschloss, sich so gut wie möglich vom Seegang abzulenken.

Er legte den Kopf schief, zog die Stirn in Falten und beobachtete, wie es seine Mitstreiter auf dem Schiff mit der Balance auf Deck so hielten.

Der Kapitän brauchte keine zusätzlichen Haltepunkte, er glich Welle um Welle durch seine Körperbeherrschung aus. Ihm schien das alles gar nichts auszumachen. Der Matrose an Bord schien auch mit allem Atlantikwasser gewaschen zu sein.

Auch der schwankte nur so eben, wie es Flachländer schon bei einem leichten Windhauch hin bekamen. „Ein typischer irischer Seebär“, dachte McGregor – rote Haare, standfest bei jedem Wetter. Er musste dabei lächeln.

Nebenbei hatte er vom Kapitän erfahren, dass sein Matrose auch schottische Wurzeln hatte. Daher kam wohl seine große Freude bei der Erwähnung der Belohnung in Form von schottischem Single Malt.

McGregor musste erneut lächeln. „Die beiden sind jedenfalls sehr sympathisch“, dachte er. „Und was die beiden für diese spezielle Fracht auf sich nehmen, alle Achtung, scheinen echte Patrioten zu sein!“

„Land in Sicht“, diese Worte des Kapitäns unterbrachen McGregors Gedankengang. Fanad Head war in Sichtweite. Würde sein Freund wirklich dort sein?

Fanad Head / Irland

Für Bunglass war die Fahrt von Glencolumbkille nach Fanad Head ohne Besonderheiten verlaufen. Pünktlich, soweit man das bei diesem Wetter und dem erwarteten Eintreffen des Schiffes überhaupt sagen konnte, stand Bunglass am Strand. Ihm gingen viele Dinge durch den Kopf - wie er McGregor kennen lernte, von seinem Schicksal erfuhr, mit ihm zusammen nach Deutschland trabte und wie schließlich McGregor wieder zurück in seine Highlands gelangte, ein sehr gefährlicher Weg für ihn – wegen der Metzger. Und jetzt stand das Wiedersehen kurz bevor. Bunglass ließ eine Träne seine Wange hinunter kullern – er konnte nichts dafür, dass er nichts dafür konnte. Diesen Spruch hatte er irgendwann einmal gehört und ihn so gut gefunden, dass er ihm jetzt wieder in den Sinn kam.

Dann sah Bunglass, wie sich der Bug des Fischerbootes um die Landzunge schob, stark mit den Wellen kämpfend. Die Gischt traf das kleine Boot von fast allen Seiten. Der Wind drehte offensichtlich, wie er wollte. In manchen Augenblicken war das Schiff gar nicht mehr zu sehen. Die sehr starke Brandung machte die Sache auch nicht leichter.

„Bei allen Schafvorfahren“, rief Bunglass laut aus, obwohl ihn nun hier wirklich niemand hören konnte. „Wie soll ich jemals auf dieses schwankende und tänzelnde Schiff gelangen?“

Bei allen Überlegungen, die er anstellte, konnte er sich nicht erinnern, jemals so etwas Schwankendes gesehen zu haben, nicht einmal bei der wüstesten Feier, die seine Schafe in Glencolumbkille je veranstaltet hatten.

Wieder kämpfte der Matrose im Ruderboot einen aussichtslos erscheinenden Kampf mit den Wellen, gerade wie bei der vorherigen Landung, wo er McGregor in Schottland aufgenommen hatte. Aber auch hier war er der Sieger – oder hatte die Natur vielleicht auch nur ein „Einsehen“, weil hier so etwas Besonderes statt fand?

Natürlich ging es nicht ohne nasse Hufe für Bunglass beim Einsteigen in das heftig schaukelnde Beiboot ab. Aber er sah McGregor an Bord des Fischerbootes winken, und dies war für ihn so ein Ansporn, dass ihm auch noch höhere Wellen keine Angst eingejagt hätten, so sehr freute er sich, McGregor endlich wieder auf die Schultern klopfen zu dürfen.

Der Matrose half Bunglass beim Einsteigen. „Wie schafft der das denn alles nur?“ dachte Bunglass. „Er muss das Beiboot vor dem Kentern bewahren, hat die Ruder fest im Griff und hilft mir noch an Bord.“ Wie als Antwort auf diese Gedanken rief der Matrose Bunglass zu: „Herzlich willkommen an Bord! Keine Angst, es wird schon alles gut gehen, denn hier in der kleinen Nussschale bin ich der Kapitän.

Für das Fischerboot ist dann wieder der Kapitän zuständig, dass er uns heil an unser aller Ziel bringt. Kannst übrigens „Duncan“ zu mir sagen – der Kapitän heißt „Mac“. Alles klar?“

Was vorher noch unklar schien, war jetzt für Bunglass beseitigt. Die Helfer, ohne die diese Aktion nicht möglich gewesen wäre, verstanden offensichtlich ihr Handwerk. Kein Freizeitkapitän wäre bei so einem Wetter hinaus gefahren. Und auf keinem Ausflugsschiff hätten die Spezial-Beutel gereicht.

Bunglass klammerte sich, mit allem was möglich war, an der kleinen Bank im Ruderboot fest, die nur aus einem schmalen Brett bestand, den Blick fest auf das Fischerboot gerichtet, auf dem McGregor immer noch winkte, obwohl auch der sich an der Reling festhalten musste.

„Das ist ein Bild für die Götter oder eher für Neptun – der hat so etwas wohl noch nicht erlebt – ein Schaf im Ruderboot, ein anderes, dass uns zuwinkt, kaum zu glauben“, sprach der Matrose laut vor sich hin und weiter: „Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt für einen tiefen Schluck.“

Auf dem Fischerboot stand der Kapitän weiter am Ruder, um den Standort einigermaßen halten zu können. Das Ruderboot kam nur langsam voran, die Brandung schmiss es immer wieder ein Stück zurück.

Den „Schluck“ hat sich der brave Matrose sicherlich mehr als verdient, wenn er und Bunglass endlich bei McGregor ankommen. Dann war es soweit – McGregor warf dem Beiboot ein Seil zu, das der Matrose sicher fing. Durch diese Hilfe konnte er das kleine Boot an die Reling des großen Bootes heran ziehen. Dann half er Bunglass, diesmal beim Aussteigen und beim Einsteigen, bzw. beim Umsteigen.

Den letzten Griff legte dann McGregor an, indem er einen der Vorderhufe von Bunglass umklammerte und ihn hoch an Bord zog. Der Kapitän stand immer noch im Ruderhaus, der Matrose vertäute das Beiboot sicher am Fischerboot, dann kam auch er an Bord, ziemlich nass von der Gischt, die unablässig am Schiff hoch spritzte.

Bunglass und McGregor umarmten sich, klopften sich unablässig auf die Schultern und freuten sich jetzt nicht nur über das Wiedersehen, sondern auch darüber, dass sie dies hier alles überlebt hatten.

Beinahe wären sie trotzdem noch über Bord gegangen, weil der Kapitän mit dem Fischerboot eine derart heftige Wende hinlegte, um endlich aus der Brandung raus auf die freie See zu gelangen, auch wenn diese immer noch heftig tobte.

Einige hundert Meter weiter stieß auch der Kapitän zu den beiden Schafen, nachdem er das Schiff in den Wind gedreht und der Matrose jetzt das Steuer übernommen hatte.

Bevor der Kapitän jedoch etwas sagen konnte, rief ihm Bunglass zu: „Eigentlich müssten wir dieses „an Bord kommen“ ja noch einmal wiederholen. Ich habe mal in einem Film gesehen, dass es da eigentlich klare Regeln gibt, indem man den Kapitän erst fragen muss, ob es erlaubt ist, an Bord kommen zu dürfen.“

Matrose und Kapitän sahen sich nur kurz an und brachen in heftiges Lachen aus. „Hör sich nur einmal diese Landratten – äh - Landschafe an. Die kennen sich ja sehr gut mit den Regeln auf See aus, Respekt!“ sagte der Kapitän.

Der Matrose bat um die Gnade, diese stürmischen Manöver nicht wiederholen zu müssen. Auch ihm wurde diese Bitte gewährt. Er erinnerte sich an seinen Gedanken mit dem fälligen „Schluck“. Und keiner der Anwesenden an Bord hatte etwas dagegen, schon jetzt eine der Belohnungsflaschen mit Single Malt zu öffnen. Eine Promillegrenze an Bord eines Schiffes war Bunglass und McGregor nicht bekannt, zumindest für Schafe nicht.

Alle hatten sich diese Belohnung verdient, da wird es wohl keinen Widerspruch geben, auch wenn es nicht bei dem einem Schluck blieb. Seeleute können schon etwas vertragen, und Bunglass und McGregor brauchten ja auch nicht ans Steuerrad. Trotzdem achtete man darauf, des Guten nicht zu viel werden zu lassen, was ja auch lobenswert ist.

„Na ihr beiden“, rief Mac Bunglass und McGregor zu. „Haltet euch nur gut an den Seilen an der Reling fest, damit eure Körper vom Sturm nicht so heftig durch geschleudert werden. Auch hilft es manchmal, wenn man den Blick „weit voraus“ richtet, eben auf ein fernes Ziel – wie den Horizont zum Beispiel.“

McGregor und Bunglass sahen sich an, nickten zwischendurch dem Kapitän nur zu – für Worte war es im Augenblick zu laut. Sturm und Wellen schienen zurzeit nur die Stimmbänder zu schonen, alles andere am und im Körper war in höchster Alarmbereitschaft.

Dennoch flüsterte McGregor Bunglass zu: „Sag mal, wo ist denn eigentlich heute der Horizont, auf den wir blicken sollen?“

„Das kann ich dir auch nicht sagen“, erwiderte Bunglass. „Ich sehe genau wie du nur eine dunkle Wand um uns herum, man kann vor lauter Gischt ja nur ein paar Meter weit sehen. Aber dann lass uns wenigstens den Rat befolgen und uns an den Seilen fest halten.“

So saßen die Schafe mittig ineinander eingehakt, an den Enden tief in die Seile verschlungen, genug davon waren ja an der Reling vorhanden und fügten sich, was sollten sie auch sonst tun?

Schließlich galt es noch einen ziemlich weiten Seeweg zurück zu legen, der es noch in sich haben konnte, bei diesem Wetter vor allem.

Gerade meinte Bunglass: „Freunde, ich habe soeben einen hellen Blitz gesehen, habt ihr das auch bemerkt?“ McGregor antwortete ihm sofort: „Ich glaube, du kannst wohl auf hoher See nicht so viel vertragen, wie auf deiner Weide in Glencolumbkille!“

Im nächsten Augenblick waren alle auf dem Fischerboot geblendet. „Gütiger Himmel“, rief Bunglass. „Lass es bloß nicht der Suchscheinwerfer eines Patrouillenbootes sein, womöglich noch von einem Boot, dass dich sucht, McGregor!“

Der Kapitän beruhigte zunächst einmal unsere beiden Schafe: „Es ist doch alles so geheim gehalten worden. Wer sollte denn von dieser Aktion erfahren haben? Und seit wann können Metzger mit Booten umgehen, sich bei diesem Wetter überhaupt aufs Wasser trauen?“

Gut, dass dies mit dem Scheinwerfer ein Irrtum war. Alle an Bord hatten seit langem nur einen dunklen Himmel gesehen, und wer weiß, vielleicht hat auch der Whisky seinen Teil dazu beigetragen. Jedenfalls klärten sich die gestellten Fragen nicht nur in den Köpfen und Gesichtern der „Mannschaft“ auf, auch der Himmel beteiligte sich.

Es war gar kein Suchscheinwerfer, der alle in diese helle Aufregung gebracht hatte.

Es war schlicht und ergreifend ein wunderbarer Sonnenstrahl, der erste seit langem, der sich am Rande einer tiefschwarzen Wolke entwickelte und sich seinen Weg in die Gesichter der tapferen Vier bahnte.

Die Sonne hatte den Kampf um die Vorherrschaft zwischen hell und dunkel gewonnen. War es zuerst nur der vereinzelte Strahl, der Bunglass geblendet hatte, so war es jetzt ein ganzes Orchester an Sonnenstrahlen, die auf das Fischerboot herab glitten und auf den Wellen zu Reiten schienen, auf und ab – im Takt der Wellen und des Schiffes.